Vorstellung “DH Forschungsverbund” / Working Papers

Der „Digital Humanities Forschungsverbund“ (DHFV)  ist ein Forschungsprojekt, das für zunächst drei Jahre vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) im Rahmen des Programms „Niedersächsisches Vorab der VolkswagenStiftung“ gefördert wird (Förderzeitraum 01.01.2012–31.12.2014). Zudem ist der DHFV das erste Projekt, das vom noch jungen Göttingen Centre for Digital Humanities (GCDH) koordiniert wird. Inhaltlich begleitet wird das Verbundprojekt vom international hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Beirat des GCDH.

Als Verbundprojekt führt der DHFV verschiedene international angesehene Infrastruktur-, Forschungs- und Lehreinrichtungen in Niedersachsen zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: innerhalb von drei Jahren das neue und sich rasch entwickelnde Forschungsgebiet der „Digital Humanities“ exemplarisch so weit zu entwickeln, dass der Mehrwert einer solchen Digital-Humanities-Forschung für die Geistes- und Sozialwissenschaften sichtbar wird.

Dabei profitiert der DH Forschungsverbund von einer bundesweit einmaligen Ausgangslage am Wissenschaftsstandort Göttingen, nämlich der sowohl räumlich als fachlich engen Vernetzung der Institutionen innerhalb und außerhalb der Universität am sog. Göttingen Research Campus. So gehören als Partner zum DH Forschungsverbund nicht nur universitäre Einrichtungen (wie das Archäologische Institut, das Institut für Politikwissenschaft, das Institut für Soziologie, das Zentrum für angewandte Informatik, die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek und das Göttingen Centre for Digital Humanities), sondern auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (wie die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, das Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften und die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung Göttingen).

Ziel des Forschungsverbunds ist die Implementierung der Digital Humanities in Forschung und Lehre der einzelnen Teildisziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften am Wissenschaftsstandort Göttingen. Den Anstoß dazu sollen die Pilotprojekte im Forschungsverbund geben. Zu diesem Zweck werden digitale Infra­strukturen mit ausgewählten Fächern und ihren Fragestellungen in der Absicht zusammengeführt, aufzuzeigen, was in den Geistes- und Sozialwissenschaften möglich ist, wenn computerbasierte Forschungsmethoden und Infrastrukturen ein selbstverständlicher Teil auch dieser Fächergruppen werden würde. Angestrebt wird eine um computergestützte Methoden erweiterte Forschung, die international sichtbar sein soll.

Die Erweiterung der Geistes- und Sozialwissenschaften um digitale, computerbasierte Verfahren und Methoden hat dann ihrerseits in logischer Konsequenz auch Auswirkungen auf die Lehre. Daher wird, die Bestrebungen der Fächer zusammenführend, innerhalb des Förderzeitraums der neue Studiengang „Digital Humanities“ (M. A.) eingerichtet, der voraussichtlich zum WS 2015/16 beginnen wird. Im weiteren Verlauf ist auch eine Doktorandenausbildung in Planung.

Schließlich liegt die Zielsetzung in der Annäherung der „zwei Kulturen“ (vgl. Charles Percy Snow, The Two Cultures and A Second Look, 1963) sowie der letztlichen Überwindung der Kluft zwischen beiden, nämlich der Geisteswissenschaft und Literatur auf der einen und der Naturwissenschaft und Technik auf der anderen Seite.

Ab sofort finden Sie die ersten beiden Working Papers, die aus Forschungsaktivitäten des DH Forschungsverbundes entstanden sind, online unter http://www.gcdh.de/en/publications/

Es handelt sich um die Arbeiten von Dr. Marco Schmitt (Soziologie/SOFI): „Wissenschaftliche Diversität Online. Zur Verknüpfung von Wissenschafts- und Netzwerkforschung im Themenfeld der E-Sciences und Dr. Yana Breindl (Politikwissenschaft): “Internet content regulation in liberal democracies. A literature review.” Beide Autoren planen eine anschließende Veröffentlichung ihrer Artikel in einschlägigen Fachzeitschriften.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1528

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Online-Volltexte zu Johann Friedrich Blumenbach

Seit Juli 2012 stehen die Digitalisate fast aller Publikationen Blumenbachs über die online-Fassung der Blumenbach-Bibliographie (http://www.blumenbach-online.de/fileadmin/wikiuser/Daten_Digitalisierung/Bibliographie/Bibliographie.html) zur Verfügung, die im Rahmen des Projekts “Johann Friedrich Blumenbach – online” der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen entstanden sind. Die Digitalisate sind als pdf-Dateien verfügbar und können direkt von der Bibliographie aus herunter geladen werden.

Außerdem können inzwischen über die Bibliographie 60 Volltexte (im html-Format) wichtiger Werke Blumenbachs genutzt werden. Diese Texte sind z. B. mithilfe der Suchfunktion eines Browsers durchsuchbar und können per „copy & paste“ für Zitate genutzt werden.

Seiten- und Zeilenumbrüche entsprechen den originalen Druckseiten. In dieser Form liegen vor: alle lateinischen Ausgaben von De generis humani varietate nativa und diverse Übersetzungen dieses Werks, alle 12 Originalausgaben des Handbuchs der Naturgeschichte und einzelne Übersetzungen, die Schädeldekaden und die dazu gehörigen Erstabdrucke der lateinischen Texte in den Commentationes der Göttinger Akademie der Wissenschaften sowie deren deutsche Zusammenfassungen in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, die Beiträge zur Naturgeschichte und die Hefte 1 und 6 der Abbildungen naturhistorischer Gegenstände.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1506

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Online-Volltexte zu Johann Friedrich Blumenbach

Seit Juli 2012 stehen die Digitalisate fast aller Publikationen Blumenbachs über die online-Fassung der Blumenbach-Bibliographie (http://www.blumenbach-online.de/fileadmin/wikiuser/Daten_Digitalisierung/Bibliographie/Bibliographie.html) zur Verfügung, die im Rahmen des Projekts “Johann Friedrich Blumenbach – online” der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen entstanden sind. Die Digitalisate sind als pdf-Dateien verfügbar und können direkt von der Bibliographie aus herunter geladen werden.

Außerdem können inzwischen über die Bibliographie 60 Volltexte (im html-Format) wichtiger Werke Blumenbachs genutzt werden. Diese Texte sind z. B. mithilfe der Suchfunktion eines Browsers durchsuchbar und können per „copy & paste“ für Zitate genutzt werden.

Seiten- und Zeilenumbrüche entsprechen den originalen Druckseiten. In dieser Form liegen vor: alle lateinischen Ausgaben von De generis humani varietate nativa und diverse Übersetzungen dieses Werks, alle 12 Originalausgaben des Handbuchs der Naturgeschichte und einzelne Übersetzungen, die Schädeldekaden und die dazu gehörigen Erstabdrucke der lateinischen Texte in den Commentationes der Göttinger Akademie der Wissenschaften sowie deren deutsche Zusammenfassungen in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, die Beiträge zur Naturgeschichte und die Hefte 1 und 6 der Abbildungen naturhistorischer Gegenstände.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1506

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Kaiser Barbarossas Freibrief an Hamburg

Wir befinden uns im Hamburg des Jahres 1265 und begleiten einen Händler auf seinem Weg zu einem Treffen mit den Ratsherren. Wieder einmal gilt es, eine schlechte Nachricht zu überbringen. Doch noch bevor er ihnen sein Leid klagen kann, ahnen die Ratsherren bereits, um was es geht.Schon wieder einmal, wie so häufig in den letzten fünf Jahren, haben Elbanwohner ein gestrandetes hamburgisches Handelsschiff mit wertvollen Gütern geplündert. Jedoch auf die Unterstützung oder gar eine Entschädigung von deren Herrn, dem in Bremen residierenden Erzbischof Hildebold, können die Hamburger nicht hoffen.

Überhaupt ist ihm die florierende, immer mächtiger werdende Stadt ein Dorn im Auge. Denn die Stadt befindet sich seit siebzig Jahren in einem Wirtschaftsboom und hat allmählich den Platz Stades, Hildeboldts bedeutendste Handelsstadt, als wichtigster Warenumschlagplatz an der Unterelbe übernommen. Um dem entgegenzuwirken, verfügte Hildebold am 29. September 1259, dass alle Händler auf der Elbe in Stade Zoll bezahlen und 36 Stunden Halt machen sollen. Dies soll die Händler veranlassen, ihre Ware in Stade und nicht in Hamburg zu verkaufen. Die Hamburger, für die der Elbhandel der wesentliche Wachstumsmotor ist, konnten das nicht akzeptieren. Sie versuchten 1260 zwar, Stades Zugang zur Elbe mit ihrer Flotte zu blockieren, aber dies endete mit einer katastrophalen Niederlage.

Die Ratsherren wissen also, dass eine militärische Lösung des Konflikts zugunsten Hamburgs wenig Erfolg verspricht Daher müssen sie andere Mittel und Wege finden, um ihren Anspruch auf freie Elbschifffahrt und zollfreien Handel durchzusetzen. Da gibt es jedoch ein Problem: Hamburg besitzt zwar seit der Gründung der Neustadt diese Privilegien, aber es existiert keine Urkunde, um das beweisen zu können.

1188: Gründung der Hamburger Neustadt

Das Jahr 1188 markierte einen Wendepunkt in der hamburgischen Geschichte. In diesem Jahr nämlich gründete Graf Adolf III. von Holstein aus dem Geschlecht der Schaumburger die Hamburger Neustadt.  Mit der neuen Siedlung wollte er den Verlust Lübecks ausgleichen, das sein Vater Adolf II. an den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen verloren hatte. Zwar konnte Adolf III.  ihn mithilfe des Kaisers Friedrich Barbarossa, der ebenfalls mit Heinrich in Konflikt stand, aus Lübeck vertreiben, jedoch stellte Friedrich Lübeck daraufhin unter kaiserlichen Schutz. Lübeck war eine freie Stadt geworden und Adolf hatte daher keine Chance, es zurück unter seine Herrschaft zu bekommen. Lübeck wurde die wichtigste Handelsstadt im Ostseeraum, aber an der Nordsee fehlte noch ein ebenso bedeutender Hafen. Hamburg stellte wegen der kürzesten Landverbindung nach Lübeck die ideale Lösung dafür dar.

Aus diesem Grunde beauftragte Adolf III. Händler unter der Leitung von Wirad von Boizenburg mit dem Bau einer neuen Siedlung neben der erzbischöflichen hamburgischen Altstadt. Er verlieh ihnen folgende Privilegien:

-          Marktrecht

-          Das Grundstück war ihr Eigentum und sie durften es weiter vererben

-          Sie mussten keinen Grundzins an den Adolf entrichten

-          Sie durften das Marschland um Hamburg herum als Weideland nutzen

-          Zollfreiheit in der Grafschaft Holstein

-          Sie durften in Hamburg Wochenmärkte und zwei Jahrmärkte abhalten

-          Bei Strafen galt das lübische Recht

Die Händler errichteten ihre Siedlung auf dem Gelände der zerstörten Neuen Burg an der Alster. Dazu teilten sie es in drei Teile. Im Osten errichteten sie auf dem ehemaligen Wall der Burg ihre Häuser, um sie gegen Hochwasser zu schützen. Im Westen entstanden ein Rathaus, eine Kapelle und ein Markplatz. Der dritte Teil blieb unbebaut. Zusätzlich bauten die Kaufleute am Alsterufer noch befestigte Anlegestellen und legten einen Alsterstausee an, mit dessen Wasser sie eine Mühle betrieben. Der Stausee entspricht jedoch nicht der heutigen Alster und befand sich weiter südlich.

Die Wachstumsbedingungen der Stadt waren ideal. Im Gegensatz zu den Jahrhunderten zuvor war Hamburg keine Grenzstadt mehr, die Überfälle durch Wikinger oder Slawen zu fürchten hatte. Seit dem Beginn der Herrschaft der Schaumburger über die Grafschaft Holstein und der Vertreibung slawischer Stämme hatte es immer mehr deutsche Siedler nach Holstein gezogen, wodurch die Bevölkerung und die Wirtschaft wuchsen.

1189: Kaiser Friedrich Barbarossa verleiht der neugegründeten Hamburger Neustadt Privilegien

Im Jahr 1189 sollte es sich für Adolf III. auszahlen, dass er zusammen mit Kaiser Friedrich Barbarossa gegen Heinrich den Löwen gekämpft hatte. Zu dieser Zeit befand sich Friedrich in Neuburg an der Donau und bereitete sein Heer auf den Dritten Kreuzzug vor. Adolf III. begleitete ihn; zudem hatte er auch ein Anliegen. Er wollte nämlich für seine neugegründete Siedlung weitreichende Privilegien erwirken, die Friedrich ihr am 7. Mai 1189 auch gewährte. Darunter befanden sich:

-          Das freie Befahren der Unterelbe

-          Das Recht, Fische auf der Elbe und der Bille innerhalb von zwei Meilen um Hamburg herum zu fangen

-          Weide-, Holzschlag- und Waldmastrechte in Hamburgs Umgebung

-          Befreiung von Zoll und freier Warenverkehr in der Grafschaft Holstein

-          Befreiung von Heerdienst

-          In einem Radius von zwei Meilen durfte niemand eine weitere Burg bauen.

Friedrich und seine Begleiter brachen jedoch bereits vier Tage danach zum Kreuzzug auf, weshalb die Privilegien nicht schriftlich in einer rechtsgültigen Urkunde festgehalten wurden. Es besteht die Möglichkeit, dass es zumindest eine Vorlage für eine solche gab, auf die Adolf III. sich berief, nachdem er aus Palästina zurückgekehrt war.

Hamburger lassen sich ihre Rechte im Nachhinein beglaubigen

Doch nur eine mündliche Zusage nützt den hamburgischen Ratsherren 1265 auch nicht bei der Lösung ihres Problems. Schließlich kommt ihnen eine Idee: um ihren Anspruch auf ihre Rechte durchzusetzen, lassen sie die Urkunde fälschen. Wie wichtig die Rechtssicherheit für die Stadt ist, sieht man an den Kosten von rund 10400 Mark, die die Hamburger dafür auf sich nehmen. Dies entspräche heute ungefähr 1 bis 1,5 Millionen Euro.

Allerdings geben die Kaufleute den größten Teil dieser Summe für ihr leibliches Wohlergehen aus. Nur ein Teil davon geht an den Kalligrafen, der die Urkunde schreibt. Möglicherweise kaufen die Ratsherren einem Schreiber des amtierenden Kaisers Friedrich II. (der 1189 aber noch nicht mal geboren war) noch dessen Siegel ab, um es an die Urkunde zu hängen und den Freibrief für gültig zu erklären.

Wie uns heute bekannt ist, lassen die Ratsherren die Urkunde nicht einfach nur fälschen, sondern sie erweitern sie noch um zusätzliche Privilegien, die Hamburg im Elbhandel bevorteilen. Unter anderem schreiben sie, dass hamburgische Schiffe fremde Ladung in Stade verzollen, aber nicht 36  Stunden dort vor Anker liegen  müssen. Und für die eigenen Waren soll Zollfreiheit auf der gesamten Unterelbe gelten.

Am 4. Januar 1266 überbringen Boten des hamburgischen Rates diese Urkunde dem Kardinallegaten Guido. Er bestätigt die Urkunde und leitet sie an den Erzbischof von Magdeburg weiter, der sie beglaubigt. Damit besitzen die Hamburger nun endlich ein Mittel, mit dem sie sich gegen den Bremer Erzbischof Hildebold zur Wehr setzen können. Beide Seiten treffen sich im September desselben Jahres zu einem Schiedsgericht. Die Abgesandten aus Hamburg präsentieren dort die Urkunde und das Gericht entscheidet zu ihren Gunsten. Hildeboldt akzeptiert schließlich die Bedingungen und muss die Hamburger auf der Elbe gewähren lassen.

Obwohl auch die folgenden Jahrhunderte nicht frei von Konflikten blieben, hatte Hamburg damit einen wichtigen Sieg eingefahren und die Grundlage für seinen späteren Aufstieg zu einer der mächtigsten Hansestädte geschaffen.

Literatur:
  • Gerrit Aust (u.a.): Hamburg – Hafen – Hanse. Ein Streifzug durch die Geschichte der Hansestadt mit Hamburger Gästeführern. Hamburg 1989.
  • Eckhart Kleßmann: Geschichte der Stadt Hamburg. Hamburg 1981.
  • Ernst Christian Schütt (Hg.): Die Chronik Hamburgs. Dortmund 1991.

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=788

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Die Gedenkstätte Bullenhuser Damm

Die Gedenkstätte Bullenhuser Damm erinnert an 20 Kinder und rund 28 Erwachsene, die in der Nacht vom 20. auf den 21. April 1945 im Keller eines ehemaligen Schulgebäudes ermordet wurden. Die jüdischen Kinder, die zwischen 4 und 12 Jahre alt waren, wurden getötet, um zu vertuschen, dass sie zu medizinischen Experimenten im KZ Neuengamme missbraucht worden waren. Der Arzt Dr. Kurt Heißmeyer hatte im Juni 1944 Tuberkulose-Versuche zunächst mit bis zu 100 erwachsenen Häftlingen des KZ Neuengamme begonnen. Im Herbst 1944 forderte er aus dem KZ Auschwitz Kinder für eine Ausweitung der Experimente an.

Je zwei Häftlingsärzte und -pfleger wurden für deren Betreuung ausgewählt. Heißmeyer ließ an den Kindern, 10 Jungen und 10 Mädchen, ähnliche Versuche wie zuvor an den Erwachsenen durchführen. Als das KZ Neuengamme ab April 1945 aufgelöst wurde, da sich die Alliierten Hamburg näherten, wurden die 20 Kinder und ihre vier Betreuer am Abend des 20. April 1945 in das in einem kriegszerstörten Stadtteil gelegene und kurz zuvor geräumte Außenlager des KZ Neuengamme am Bullenhuser Damm gebracht. Hier wurden sie von SS-Männern ermordet. In derselben Nacht erhängten die gleichen SS-Männer sechs sowjetische Häftlinge aus dem KZ Neuengamme sowie weitere Häftlinge aus dem nahe gelegenen Außenlager Spaldingstraße. Die Gründe für diese Morde und auch die Namen dieser Häftlinge konnten bisher nicht geklärt werden.

Gedenkstätte und Ausstellung – Räume mit unterschiedlicher Funktion

Die aus einer privaten Initiative erwachsene Gedenkstätte erinnert seit 1980 an diese Taten. 2011 wurde eine neue, erweiterte Dauerausstellung von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme entwickelt, die das Designbüro „hellauf“ optisch ungewöhnlich gestaltet hat. Jugendliche und Erwachsene sollen dazu eingeladen werden, sich aktiv mit der Geschichte des Ortes, den Biografien der Opfer und den dort stattgefundenen Verbrechen zu befassen.

Häufig sind Besucherinnen und Besucher von der Atmosphäre in den ehemaligen Taträumen beeindruckt. Durch eine räumliche Erweiterung wurde eine Entzerrung der beiden Funktionen einer Gedenkstätte möglich: Der „Lernort“ wurde vom eigentlichen Gedenkort getrennt, um so eine intensivere und damit nachhaltigere Beschäftigung mit Hintergründen, Biografien und Auswirkungen der Tat in weniger „emotional belasteten“ Ausstellungsräumen zu ermöglichen. Die „Taträume“ sollten dagegen im Hinblick auf den Eindruck von Authentizität und als Zeichen der Sprachlosigkeit gegenüber der Tat weitgehend leer bleiben.

Bilder, Texte und Symbole erzählen die Geschichte

Die Ausstellung gibt auf großen zweisprachigen Thementafeln einen Überblick über den Ort und die Geschehnisse. Neben kurzen Einführungstexten sind erläuternde historische Dokumente und Fotografien wie auf einem Archivtisch angeordnet, um den Konstruktionscharakter von Geschichte anzudeuten.

Den Mittelpunkt des ersten Ausstellungsraumes bilden aber 24 farbige Kästen in Form von Koffern, in denen die Biografien der namentlich bekannten Opfer erzählt werden. Diese stehen auf einem geschwungenen Podest, der sich deutlich gegen den kantigen Kellerraum abhebt. In diesen symbolischen Koffern werden mit der Hilfe von Erinnerungsfotos und Dokumenten Geschichten aus dem Leben dieser Menschen, die vor ihrer Deportation in Polen und Jugoslawien, Frankreich, den Niederlanden oder Italien lebten, erzählt.

Neben den Tafeln für den Überblick über die Geschehnisse einerseits und den biografischen Zugängen andererseits gibt es zusätzlich im zweiten Ausstellungsraum die Möglichkeit zu einer individuellen Vertiefung zu eigenen Fragestellungen. Was waren das für Experimente? Was passierte mit den Tätern? Wie wurde in der Nachkriegszeit in Hamburg an diese Verbrechen erinnert? Wie konnten die Namen der hier ermordeten Menschen herausgefunden werden? Welche Nachwirkungen sind in den Familien der Opfer bis in die Gegenwart zu spüren? Schubladen und Türen laden ein, diese zu öffnen und sich mit den dahinter liegenden Quellensammlungen interpretierend zu beschäftigen. Interviews mit Zeitzeugen können angewählt und angesehen werden. Durch eine reflexive und differenzierte Beschäftigung mit einem speziellen Aspekt aus der Geschichte des Nationalsozialismus kann, so ist der Wunsch, auch an diesem besonderen Ort der Umgang mit Geschichte erlernt werden.

Die erste Stimme den Opfern

An den Besuch der Ausstellung schließt sich der Rundgang durch die „Taträume“ an. Eine Zuordnung der Kellerräume zum Tathergang kann nur auf Grundlage der Aussagen erfolgen, die die Täter vor Gericht abgegeben haben. Zitate aus solchen Aussagen, die zum Nachdenken anregen sollen, wurden an die Wände aufgebracht. Um aber den Familien der Opfer die erste Stimme in der Ausstellung zu geben, verweist gleich im Eingangsbereich der Gedenkstätte ein in die Sprachen der an diesem Ort ermordeten Menschen übersetztes Zitat der Mutter der hier getöteten Kinder Eleonora und Roman Witoński auf die Wichtigkeit des Erinnerns und Berichtens.

Dem Bedürfnis, ein Zeichen des Respekts und der Erinnerung für die Opfer an diesem Ort zurück zu lassen, kommt auch der Rosengarten der Gedenkstätte entgegen. Dieser wurde bereits in den 1980er Jahren von der Vereinigung „Kinder vom Bullenhuser Damm“ initiiert. Dort besteht auch heute noch die Möglichkeit, eine Rose im Andenken an die Opfer zu pflanzen oder niederzulegen.

Hinweise:

Gedenkstätte Bullenhuser Damm

Bullenhuser Damm 92 (Eingang über Schulhof)

20539 Hamburg

S-Bahnhof Rothenburgsort

Öffnungszeiten: So, 10-17 Uhr

 

Führungen für Gruppen (deutsch, englisch) nach Vereinbarung unter Tel. 040-4281310 (Museumsdienst Hamburg)

Führungen für Einzelbesucher siehe Programm der KZ-Gedenkstätte Neuengamme (www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de)

Ausstellung zweisprachig (deutsch, englisch), barrierefreier Zugang

Begleitbuch: Iris Groschek, Kristina Vagt: „Dass du weißt, was hier passiert ist…“ Medizinische Experimente im KZ Neuengamme und die Morde am Bullenhuser Damm. Bremen 2012 (Edition Temmen, 164 Seiten, 19.90 Euro)

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=772

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Alte Inhaltsverzeichnisse

Ich bin gerade auf der Suche nach einer Definition in Georg Jellineks Allgemeiner Staatslehre (nach der Auflage von 1928) und bin – mal wieder – ganz begeistert von der Sitte, ausführliche Inhaltsverzeichnisse zu erstellen.
Nicht nur, dass alle Unterkapitel kürzer als 10 Seiten sind und die Gliederung dementsprechend fein ist (22 Kapitel auf insgesamt ca. 800 Seiten mit je etwa 5 Unterkapiteln, teils haben diese auch noch eine Untergliederung), sondern diese kurzen Unterkapitel werden auch im Inhaltsverzeichnis in ein, zwei Sätzen zusammengefasst. Gut, das Inhaltsverzeichnis allein hat etwas über zwanzig Seiten. Aber die Orientierung im Buch erleichtert es ungemein!
Im übrigen erinnert mich das vom Stil auch sehr an meine Outline, an der ich gerade sitze…

Quelle: http://csarti.net/2013/03/alte-inhaltsverzeichnisse/

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Call for Papers: Digitale Bibliothek 2013 – Kulturelles Erbe in der Cloud

Die Veranstaltungsreihe Digitale Bibliothek dient dem Erfahrungsaustausch, der  Koordination und Kooperation zwischen Kultur- und Wissenschaftsseinrichtungen in dem Bereich digitale Bibliotheken. Mit Vorträgen, Workshops und einer Posterausstellung bietet die Tagung ein Diskussionsforum für die spezifischen Herausforderungen, denen sich die Einrichtungen bei der Gestaltung und Etablierung moderner Online-Wissensspeicher stellen müssen.

Die geplanten Themen der Tagung 2013 mit dem Titel Kulturelles Erbe in der Cloud, die am 22./23. November 2013 in Graz stattfinden wirdumfassen folgende Aspekte:

Neue Formen von IT-Dienstleistungen für Kultureinrichtungen
- Typen und Komponenten von Cloud-Computing Systemen
- Technische Grundlagen
- Auswirkung auf Geschäftsprozesse und Arbeitsorganisation
- Standards und Referenzmodelle

Geschäftsmodelle und Nutzungsszenarien
- Beispielhafte Projekte und Kooperationen
- Public Private Partnership-Modelle
- Abgrenzung zu anderen Technologien
- Rechtliche Aspekte

Services, Technologien und Methoden
- Digitalisierungs- und Langzeitarchivierungsservices
- Vokabular-Services
- Semantische Technologien und Linked Open Data
- Netzwerk- und Speichersysteme

Call for Papers [ONLINE] oder als [PDF]

Einsendeschluss für Beiträge (nur Kurzfassungen, max. 800 Wörter): 1. Juni 2013

Senden Sie Ihre Beiträge bitte an: kochg@europeanalocal.at

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1469

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“Digital Humanities: Neue Herausforderungen für den Forschungsplatz Schweiz” (CfP)

Am 28. und 29. November 2013 findet an der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) die Tagung „Digital Humanities: Neue Herausforderungen für den Forschungsplatz Schweiz“ statt. Damit sollen Austausch und Vernetzung gefördert und aktuelle Projekte bekannt gemacht werden.

Der CfP spezifiziert folgende Themen:

• Computerbasierte Forschung in geisteswissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Dissertationsprojekte)
• Data mining in den DH
• Informationsdesign
• Software best practices (nicht kommerziell)
• Best practices in data curation
• Methodische oder epistemologische Studien zum digitalen Wandel in den Geisteswissenschaften
• Sicherung digitaler Forschungsresultate
• Aspekte grösserer Forschungsprojekte in den DH (Forschungsinfrastrukturen) etc.

Deadline für Abstracts ist der 26.04.2013.

Weitere Infos: http://www.infoclio.ch/de/node/31005 .

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1465

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Wald, Bäume und so

Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht!
Da bin ich nun soweit, mit dem Outline für meine Diss zu beginnen – und da wird scholarz.net eingestellt (ist zwar noch online, bin mir aber nicht sicher, wie sich das noch entwickelt). Dahin also meine übersichtliche Notizen-Herumschieben-Software!
Was nun?
Mein ITler-Ehemann brachte mich auf die Kategorie “Outliner” – Und meine Güte, gibt es davon viele (selbst für Windows, will gar nicht wissen, wie es für den Mac aussieht).
Hat da jemand Erfahrung? Besonders auch, was die Kompatibilität mit Citavi angeht?

Quelle: http://csarti.net/2013/03/wald-baume-und-so/

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Aufstieg und Niedergang der City Nord

Die City Nord zählt nicht zu den Touristenmagneten Hamburgs. Die Bewohner der Hansestadt kennen, aber meiden sie, Auswärtige haben vermutlich nie von ihr gehört. So leer die City Nord an manchen Tagen auch sein mag, jedem wird beim Rundgang bewusst, dass sie einst ein Großprojekt war, das tausende Menschen anlocken sollte. Viele der Gebäude werden nicht mehr genutzt, Millionen sind hier versickert.Man mag vermuten, dass die City Nord nach anfänglicher Euphorie schnell ähnlich betrachtet wurde wie die Elbphilharmonie, die inzwischen nicht mehr durch ihre Silhouette, sondern vor allem durch ihre Kosten im Gedächtnis haften bleibt. Welche Visionen standen hinter der riesigen Bürostadt und warum haben sie sich nicht erfüllt?

Am 24. August 1959 beschloss der Senat einen neuen Aufbauplan. Der vorangegangene Plan vom 20. Juli 1950 war bereits „übererfüllt“. Die dringenden Probleme der Nachkriegszeit waren bereits gelöst. Flüchtlinge waren bereits integriert, über 25.000 Wohnungen wurden erbaut um jedem ein neues Heim zu bieten. Hatte Hamburg 1946 erst 1.4 Millionen Einwohner, so waren es 1959 schon 1.8 Millionen. Langfristig wurde die Marke von 2.2 Millionen Hamburgern angepeilt, die allerdings bis heute nicht erreicht werden konnte.

„Aufbau statt Wiederaufbau!“

Die Probleme vor denen die Stadtväter standen, waren also vor allem „Luxusprobleme“. Neuer Wohnraum sollte zwar weiterhin erschlossen werden, doch dies war nicht mehr Priorität. Nachdem fast alle Bürger wieder ein Dach über dem Kopf hatten, wollte der Senat das Stadtbild verschönern. Grünflächen für die Naherholung sollten errichtet, die wuchernden Stadträndern durch kleinere regionale Zentren gezähmt werden, ein Ausbau des Personennahverkehrs die Innenstadt entlasten.

In den Zeiten des Wirtschaftswunders schien vieles denkbar. Das Credo der Stadtplaner lautete damals „Aufbau statt Wiederaufbau!“ Etwas komplett neues sollte entstehen. Hamburg sah sich kühn als wichtigste Stadt Westdeutschlands. Berlin als geteilte Stadt galt nicht als ernstzunehmender Konkurrent. Bausenator Paul Nevermann ließ dem Oberbaudirektor Werner Hebebrand weitestgehend freie Hand. (Uns Studenten sollte er vor allem als Architekt des Audimax bekannt sein.) Dieser hatte in den USA gelebt und sich von der dortigen Architektur inspirieren lassen. In den neuen Visionen nahm vor allem der Durchführungsplan D 100 einen immer größeren Raum ein. Neben der Altstadt sollte eine 2. City Hamburg nach außen hin attraktiver machen.

Mit dem Wohlstand der 50 Jahre überfluteten bald auch viele Autos die Innenstädte. Um den Verkehrsinfarkt abzuwenden, sollten viele Berufstätige in anderen Viertel Arbeit finden. Unter dem Namen „Geschäftsgebiet für Kontorhäuser“ wurden verschiedene Szenarien durchgespielt. Wenn man große Firmen in Hamburg ansiedelte, würde dies zwangsläufig die Innenstadt oder die Elb- und Alsterufer beeinträchtigen. Viele Konzerne drohten jedoch, die Stadt zu verlassen, wenn nicht bald ein neues Areal erschlossen würde. Hamburg konnte sich diese wirtschaftlichen Einbußen nicht leisten, denn im Kalten Krieg stand der Hafen für die Binnenschifffahrt nur noch eingeschränkt bereit, da die Elbe sich weit in die DDR hinein erstreckte.

Aus Fehlern lernen

Klar war, dass man Büroräume und Industriegebiete strikt trennen wollte. Gleichzeitig wollte man eine Zersiedelung dicht bebauter Stadt durch Hochhäuser wie z.B. in Frankfurt am Main verhindern. Hamburg hatte seine Erfahrungen mit dem Unilever-Gebäude gemacht. Das Hochhaus war in der Bevölkerung vor allem deshalb unbeliebt, weil für seine Errichtung mehrere alte Fachwerkhäuser niedergerissen werden mussten.

Die Errichtung einer neuen Bürostadt sollte also möglichst wenig in bereits vorhandene Bausubstanz eingreifen, von außen gut erreichbar sein und für die Verkehrsdichte im Inneren der Stadt gewissermaßen Ventil sein. So wurde auch darauf geachtet, dass die geplante 2. City nah am Flughafen Fuhlsbüttel entstehen sollte. Die Wahl fiel schließlich auf ein Gebiet nördlich des Stadtparks, das sich bereits im Besitz der Stadt befand. Ursprünglich war ein fließender Übergang geplant, doch versperren heute immer noch mehrere Bäume die Sicht vom Erholungsraum auf die Bürostadt. Das Gebiet war jedoch nicht ungenutzt. Hier befand sich eine Kleingärtenkolonie und mehrere Kriegsflüchtlinge lebten immer noch in Baracken. Da das Projekt City Nord jedoch absolute Priorität hatte, sah sich die Stadt Hamburg zu außergewöhnlich großzügigen Entschädigungszahlungen bereit. Viele der Anwohner fanden im nahegelegenen Steilshoop eine neue Bleibe.

Zuerst musste ein Straßennetz entstehen, um das herum dann die Großbauten errichtet werden sollten. Der Überseering definiert das Gelände am deutlichsten. Ungewöhnlich für die Lage in der Innenstadt ist, dass er 3-spurig angelegt wurde. Die übrigen Seitenstraßen wurden nach Sydney, Djakarta, New York, Halifax, Manila, Mexiko, Kapstadt, Dakar und Caracas benannt. Der Anspruch Hamburgs als „Tor zur Welt“ schimmert bei dieser Namensgebung deutlich durch. Die U-Bahn Station Sengelmannstraße wurde extra für die City Nord errichtet. Zu Beginn war geplant, die Station an die U4 anzuschließen, die aber nie gebaut wurde. Die inzwischen realisierte U4 folgt einem anderen Straßenverlauf und steuert vor allem die neu erschlossene Hafen-City an.

Platz für Autos und „Lufttaxis“

Für viele der zuerst errichteten Gebäude zeigt sich ein gemeinsames Schema. Um die City Nord autofreundlich zu gestalten, sollten die Fußwege künftig überirdisch liegen. Wege in ca. 4m Höhe verbinden die Gebäude, Brücken machen Fußgängerampeln überflüssig, so dass der Verkehr nie ins Stocken gerät. Ebenso liegt auch das „Erdgeschoss“ der Gebäude in 4m Höhe, was bedeutet, dass die Tiefgaragen nicht wirklich tief in den Boden reichen. Auch dadurch ließen sich die Baukosten für die Großprojekte begrenzen. Fußgängerbrücken erstrecken sich zwischen den Gebäuden, um ja nicht den Autoverkehr zu stören. Anfangs war sogar ein eigener Hubschrauberlandeplatz angedacht, damit „Lufttaxis“ in Richtung Fuhlsbüttel und Innenstadt starten konnten. Realisiert wurde dies nicht.

1964-1970 entstanden im Bereich Ost der City die ersten Gebäude entstehen. Das Bauunternehmen Claudius Peters AG ließ seine Konzernzentrale errichten, bereits 1965 wurde Richtfest gefeiert. Im gleichen Jahr wurde auch mit den Bauarbeiten für die Landesbank begonnen. Auch die Hamburgischen Elektrizitätswerke und Esso ließen sich 1966 am Überseering nieder. Das HEW-Gebäude gehört heute dem Vattenfall-Konzer. Die Colonia-Versicherung und Mobil Oil zogen ihre Zusagen zurück, stattdessen verlegte BP seine Büros auf das Gebiet.
Die Formvielfalt in der City Nord beeindruckte Presse und Hamburger. BP wollte mit der auf Sechsecken basierenden Gebäudestruktur die chemischen Konturen der Benzolringe nachbilden. Selbst das Pförtnerhäuschen ist ein Hexagon. Mehrere Architekturbüros standen in direkter Konkurrenz zueinander und jedes wollte den Zuschlag für die größten Projekte erhalten. In der Folgezeit stiegen die Grundstückspreise fast auf das doppelte an. Gute Voraussetzungen also, um mit dem Bauabschnitt West zu beginnen.

Dort hatte die Deutsche Post bereits 1965 ein Grundstück erworben, auf dem dann das wohl außergewöhnlichste Gebäude der City Nord entstand. 1970 begannen auch die Treuarbeit und Edeka zu bauen. Im gleichen Jahr lief noch ein Architekturwettbewerb der über die künftige Zentrale des Versicherungsdienstleisters Hamburg-Mannheimer entscheiden sollte. Bis auf kleine Ausnahmen wurden alle Grundstücke auch verkauft.

„Steril und tot“

Die Bauphase West war noch nicht ganz abgeschlossen, als 1975 dann der Norden des Areals bebaut werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt war von der früheren Aufbruchstimmung aber nur noch wenig übrig. In der Bevölkerung sah man nur noch eine „Betonwüste“, das gesamte Areal wirke „steril und tot“, erst recht, wenn man es nach Feierabend oder am Wochenende besuchte. Dennoch gab es keine Planungen gezielt Wohnungen zu errichten, um die City Nord „lebendiger“ zu gestalten. Die Großkonzerne wünschten, dass ihre Gebäude als Einzelstücke herausragten.

Getragen war die Planung vor allem von der Idee des Großraumbüros. Anfangs versprach man sich dadurch ein leiseres Arbeitsklima, weil die Vielzahl der Geräusche zu einem Hintergrundrauschen verschwimmen würden. Die Angestellten lehnten dieses Konzept jedoch überwiegend ab, da sie sich ständig überwacht und eingepfercht wirkten. In der heutigen Zeit gilt das Großraumbüro als veraltet, da der Computer seinen Siegeszug angetreten hat.

Im Zentrum der City Nord entstand ein Gebäudekomplex, der schlicht nur als „Mitte“ bezeichnet wird. Die Planungen verzögerten sich jedoch immer wieder. Bereits 1960 sollte ein Entwurf feststehen, doch dieser wurde wieder verworfen, bald durch einen neuen ersetzt und abermals entworfen. Dass Oberbaudirektor Werner Hebebrand 1965 in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet wurde, trug ebenfalls nicht zu einer Entscheidungsfindung bei. Und so stand lange nicht fest, wie das riesige Grundstück genutzt werden sollte.

Kein Einzelhandel, kein Wasserbecken

Nach einem langwierigen bürokratischen Prozess gelangten die Stadtplaner zu dem Urteil, in einem großen Gebäude verschiedene Einrichtungen wie eine Ladenzeile, das Postamt, ein Parkhaus und auch mehrere Wohnungen zu errichten. Büros sollten ebenso entstehen, allerdings nur für Ärzte, Makler, Anwälte, Notare etc. Ein einzelner Besitzer war also in diesen Vorstellungen nicht vorgesehen und so hatte wie bei den anderen Großprojekten der City Nord keine Firma Interesse an einem repräsentativen Gebäude. Der eigentliche Entwurf der letztendlich veröffentlicht wurde, brachte also nur einen Betonklotz hervor. Direkt am Park wurde zuerst ein Wasserbecken angedacht, das aber schnell in Vergessenheit geriet.

Finanzierungsschwierigkeiten führten zu weiteren Verzögerungen, die erst gelöst werden konnten, als der Investor Helmut Greve zusagte, das Projekt zu tragen. Er verließ sich auf die mündliche Zusage einiger Banken, als Mieter in der „Mitte“ einzusteigen, an die sie sich jedoch bald nicht mehr gebunden fühlten. Nach dieser Wende wurde nun hauptsächlich der Wohnungsbau angepeilt. Bereits nachdem 1969 mit den Bauarbeiten begonnen wurde, fanden weitere Änderungen am Gesamtkonzept statt, die zum eher unfertigen Eindruck der „Mitte“ beitragen.

Der dauerhafte Betrieb der Ladenzeile im Inneren der „Mitte“ ist inzwischen gescheitert. Dies hat mehrere Gründe, so zB. dass die Planungen für die City Nord mit der Zeit immer halbherziger weiterführt wurden die Stadtväter lieber ein Einkaufszentrum in der Hamburger Straße errichteten, das Kunden anlockte. Auch ist die Ladenzeile von außen nicht zu erkennen, die eher tunnelartigen Eingänge dürften ihr Übriges tun, zufällige Laufkundschaft abzuschrecken. Zudem war es gar nicht nötig, Geschäfte für die Mitarbeiter der nahen Konzernzentrale zu errichten, denn dort hatten die Firmen meist selbst für alles gesorgt. Auch dass die Ladenzeile über dem Straßenniveau liegt und daher schlecht mit dem Auto beliefert werden kann, macht es den Inhabern unnötig schwierig. Außerdem wurde die geplante U-Bahnlinie nie errichtet, so dass weit weniger Leute als erwartet, durch die City Nord streiften. Dass das errichtete Hotel in großen Maße Touristen anziehen und eine Flaniermeile mit Bars und Cafes entstehen würde, erscheint aus heutiger Perspektive eher illusorisch.

Literaturtipp: Sylvia Soggia: City Nord. Europas Modellstadt der Moderne

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=663

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