Wenn wir im Jahr 1913 leben würden…

sinousvivionsUnter dem Titel „Si nous vivions en 1913“ sendet der französische Nachrichtensender France Inter seit dem 15. Juli ein tägliches Radiofeature morgens kurz vor 8h00. Der bekannte französische Historiker Antoine Prost, Präsident der „Mission du centenaire de la première guerre mondiale“, die Gedenkveranstaltungen rund um den 100. Jahrestag des Ersten Weltkrieg vorbereitet, schreibt und liest dafür die Texte.

In den knapp 3 ½ minütigen Sendungen widmet er sich dem Alltagsleben der Französinnen und Franzosen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg: Arbeit, Essen, Hygiene, Kino und Kindheit, aber auch Militärdienst und Kolonien werden thematisiert. Der Zugang auf die Vorkriegszeit über gegenwärtige Situationen und Fragestellungen funktioniert, die Beiträge sind kurzweilig und interessant. Die Machart der Sendungen, vor allem Stimme und Art des Erzählens, bei denen die Hörer mit einem “chers auditeurs” angeredet werden, scheinen selbst aus einer anderen Zeit zu stammen. Das verleiht der Chronik einen Retro-Charme, was durchaus positiv gemeint ist.

Die bisher erschienen 27  Sendungen stehen zum Nachhören auf der Website von France Inter bereit. Sie sind darüber hinaus eine gute Gelegenheit, die Französischkenntnisse aufzupolieren. Vor allem Französischlehrer könnten auf ihre Kosten kommen und mit ihren Schülern den Konjunktiv üben… hier eine kleine Auswahl der Sendungen:

Si nous vivions en 1913…

Nous n’écouterions pas la radio

Nous aurions déjà enterré beaucoup de proches

Nous travaillerions beaucoup

Nous nous retrouverions au café

Nous serions peut-être une travailleuse

Nous ne serions pas en vacances

Nous sentirions mauvais

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1144

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Call for Paper: Débuts, commencements, initiations : Les “premières fois” de la Grande Guerre. Tagung des Centre internationale de recherche de l’Historial de la Grande Guerre, 30. Juni – 2. Juli 2014.

"Gas mask, helmet type, canvas with metal fittings and glass eyepieces, British, 1915", Collections numérisées du Science Museum London, http:// collectionsonline.nmsi.ac.uk/ grabimg.php?wm=1&kv=182709

“Gas mask, helmet type, canvas with metal fittings and glass eyepieces, British, 1915″, Collections numérisées du Science Museum London, http:// collectionsonline.nmsi.ac.uk/ grabimg.php?wm=1&kv=182709

Der Hundertjahrestag des Ersten Weltkrieges ist der Anlass für das Centre international de recherche de l’Historial de la Grande Guerre eine internationale Tagung zu organisieren, die in den Räumlichkeiten des Historial in Péronne (Somme) am 30. Juni – 2. Juli 2014 stattfinden wird.

Es sollen die Modalitäten und die Bedingungen des Entdeckens, Wahrnehmens, Verstehens und Deutens des Konfliktes durch die sozialen Akteure untersucht werden. Im Zentrum der Untersuchung des zweitägigen Kolloquiums werden die ersten Erfahrungen der Zeitgenossen mit dem Konflikt stehen.

Das Call for Paper finden Sie hier.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1064

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Call for Paper: Débuts, commencements, initiations : Les “premières fois” de la Grande Guerre. Tagung des Centre internationale de recherche de l’Historial de la Grande Guerre, 30. Juni – 2. Juli 2014.

 

Der Hundertjahrestag des Ersten Weltkrieges ist der Anlass für das Centre international de recherche de l’Historial de la Grande Guerre eine internationale Tagung zu organisieren, die in den Räumlichkeiten des Historial in Péronne (Somme) am 30. Juni – 2. Juli 2014 stattfinden wird. Es sollen die Modalitäten und die Bedingungen des Entdeckens, Wahrnehmens, Verstehens und Deutens des Konfliktes durch die sozialen Akteure untersucht werden. Im Zentrum der Untersuchung des zweitägigen Kolloquiums werden die ersten Erfahrungen der Zeitgenossen mit dem Konflikt stehen. Das Call for [...]

 

 

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1064

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aussichten Nr. 35 [30.04.2012]: Neue Einträge bei aussichten-online.net; Digest 01.04.2013-30.04.2013

Digitalisierte Kochbücher aus dem Ersten Weltkrieg der Wienbibliothek http://www.aussichten-online.net/2013/04/4244/ Die Digitalisate des Angebots des Magistrats der Stadt Wien enthalten eine kulinarische Auswahl aus den Jahren des Ersten Weltkrieges, wobei die Kriegsküche naturgemäß eine prominente Rolle einnimmt. Via Archivalia [16.04.2013], http://archiv.twoday.net/stories/342798366/ ................................................. aussichten, rücksichten und umsichten — der 250. Arti­kel von »aussichten. Perspektivierung von Geschichte« http://www.aussichten-online.net/2013/04/3912/ […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/04/4162/

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Call for Papers: Not all quiet on the Ottoman Fronts “Neglected Perspectives on a Global War, 1914-18″. Internationale Tagung in Istanbul, 09.-12. April 2014

Tim O'brienDie historische Stiftung „Tarih Vakfı“ und das Orient-Institut in Istanbul veranstalten im Rahmen des 100-jährigen Erinnerns an den Ersten Weltkrieg, eine internationale und interdisziplinäre Tagung. Mit kulturwissenschaftlichen Ansätzen, setzt sich die Tagung mit den Ursachen des Kriegsausbruchs auseinander und diskutiert die ursprünglichen Kriegsziele und die „Schuldfrage“. Neben der Schlacht von Gallipoli, wird der Kriegseintritt des Osmanischen Reiches beleuchtet. Besonderes Interesse erfahren diverse Länder wie die Türkei, Australien und Neuseeland, die im Zusammenhang mit diesen Ereignissen stehen. Aber auch die Rolle Deutschlands stellt einen wesentlichen Aspekt der Diskussion dar.

Bewerbungsschluss ist der 01. Juni 2013.

Weitere Informationen finden Sie hier.

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Foto: Istanbul Birds in Flight (Color)von Oberazzi, Lizenz CC BY-NC-SA

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1001

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Call for Papers: Internationale Konferenz „Les mises en guerre de l’État, 1914-1918 en perspective / The state goes to war. Bringing the Great War into perspective”. Paris, Laon, Craonne (Aisne), 1. Oktober 30. November 2014

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Anlässlich zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges, veranstaltet das „Centre de Recherche et d’Information pour le Developpement (CRID)“ eine internationale Tagung zum Thema: „Mises en guerre de l’État / The invention of the War State“ in Paris, Laon und Craonne (Aisne). Die Konferenz befasst sich mit der Transformation des Staates hin zum „Kriegsstaat“ und nimmt dafür wesentliche Faktoren wie relevante Ereignisse, Organisationsmuster, politische und kulturelle Wandlungsprozesse und die Rolle der Öffentlichkeit in den Blick. Dabei werden auch internationale und interdisziplinäre Ansätze und Zugänge, wie beispielsweise aus der Geschichtswissenschaft, der Politikwissenschaft und der Soziologie, berücksichtigt werden. Durch Fallstudien und empirische Forschungen soll die Betrachtung des „Kriegsstaats“ zur Diskussion und wissenschaftlicher Reflexion anregen. Ziel der Tagung ist es folglich, eine Bandbreite an unterschiedlichen Blickwinkeln und Zusammenhängen aufzuzeigen und somit eine interdisziplinäre Betrachtung zu erleichtern.

Bewerbungsschluss ist der 15. Mai 2013.

Weitere Informationen finden sie hier.

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Foto: step up to the mic von Tom Woodward, Lizenz CC BY-NC.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/990

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“Die kaputte Mütze des Opas” – Geschichte gemeinsam erzählen

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Das Jahr 2014 wird schon jetzt zum Erinnerungsjahr der Europäischen Zeitgeschichte erhoben. Es jähren sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal, der des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal, die Revolutionen gegen die kommunistischen Diktaturen zum 25. Mal und die EU-Osterweiterung zum 10. Mal. Eine Initiative, die die Geschichte des Ersten Weltkriegs anhand persönlicher Erinnerungen als europäisches Ereignis darstellt und lebendig werden lässt, ist die Online-Plattform Europeana 1914 – 1918.

In dem zweiten Gespräch des MONTAGSRADIO “Vor Ort” auf der 6. Geschichtsmesse in Suhl sprechen Miriam Menzel und Kaja Wesner mit Frank Drauschke, dem Mitbegründer von Facts & Files – Historisches Institut Berlin, der die Online-Plattform von deutscher Seite betreut. Im Gespräch geht es u.a. um die Resonanz auf das Crowdsourcing-Projekt Europeana 1914 – 1918, das Nachfolgeprojekt Europeana 1989 und die Chancen auf eine länderübergreifende und persönliche Verständigung über die einschneidenden Ereignisse europäischer Geschichte.

Und hier die Kurzübersicht über das Gespräch mit der Timeline:

01:00 Hin zu einer europäischen Erinnerungskultur

02:00 Europeana.eu – Plattform für kulturelles Erbe Europas

03:00 Europeana 1914 – 1918 – Persönliche Erinnerungen zum Ersten Weltkrieg

08:00 Chancen & Grenzen von Crowdsourcing

09:30 Verständigung und Austausch über europäische Geschichte?

11:30 Europeana 1989 – Start im Juni 2014

14:30 Wie europäisch sind die Europeana-Initiativen?

19:00 Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2013/03/14/die-kaputte-mutze-des-opas-geschichte-gemeinsam-erzahlen/

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Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern


Das 2002 begonnene Großprojekt „Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern / German History in Documents and Images“ (DGDB/GHDI) ist abgeschlossen. Bei DGDB handelt es sich um eine digitale Quellensammlung zur Geschichte Deutschlands von 1500 bis zur Gegenwart. Das zweisprachige Projekt umfasst etwa 1.700 Primärtexte (im deutschen Original und englischer Übersetzung) und 2.400 Bildquellen, die von namhaften Fachvertretern zusammengestellt wurden.

Das Projekt ist unterteilt in zehn Zeitabschnitte und bietet neben einer Einführung in die zentralen Entwicklungen der deutschen Sozial-, Politik- und Kulturgeschichte des betreffenden Zeitabschnittes, ausgewählte Quellen – sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache –, ausgewählte Bildquellen der Zeit und solche, die sich auf diese beziehen, und ausgewähltes Kartenmaterial.

Die Dokumente und Bildquellen wurden in Kategorien eingeteilt und sind so durch Stichwort- und Autorensuche leicht zugänglich. Gerade außerhalb Deutschlands bietet DGDB ein Angebot, Dokumente, die sonst kaum verfügbar sind, zu nutzen. Zudem wurden alle deutschsprachigen Dokumente der Quellensammlung für das Projekt ins Englische übersetzt.

2010 erhielt DGDB den James Harvey Robinson Prize der American Historical Association für das beste Lehrmittel im Bereich Geschichte. Die Webseite wird mittlerweile täglich von ca. 10.000 Benutzern aus aller Welt aufgerufen. Ermöglicht wurde das Projekt durch die Unterstützung der Max Kade Stiftung, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und den Friends of the GHI Washington.

Das Angebot ist unter www.germanhistorydocs.ghi-dc.org abrufbar.

Quelle: http://mws.hypotheses.org/1175

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ViFa Geschichte Nr. 10 (2012): Themenportal Erster Weltkrieg

http://www.erster-weltkrieg.clio-online.de/ Fast 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges – oft als ‘Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts’ bezeichnet – gelangt die Forschung zu neuen Analysen eines Themas, das bedeutungsvoller für die europäische Ordnung nicht sein kann. Gesellschaftliche, soziale und kulturelle Aspekte wurden lange zu Gunsten politischen und militärischen Untersuchungen zurückgestellt. Das Themenportal “Erster Weltkrieg” versucht die […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/10/3471/

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Flanderns Programm des “Centenaire” des Ersten Weltkriegs 2014-18 veröffentlicht

Das Grab des Unbekannten Soldaten unter dem Arc de Triomphe, Photo Michael Reeve, 29 Januar 2004
Im November 2011 veröffentlichte die flämische Regierung ein weit ausgearbeitetes Programm der Kommemorationsveranstaltungen zum Ersten Weltkrieg 2014-18, das hier zu finden ist.

 

 
Die „Flanders Fields“ als topografisches und ideelles Fundament

Im Zentrum des flämischen Centenaire-Programms steht eine transnationale Interpretation des Krieges bzw. des Leidens im Krieg. Dieser Interpretationsansatz verdichtet sich in dem emblematischen Ausdruck „Flanders Fields“, entnommen dem Gedicht „In Flanders Fields“ von Colonel John McCrae aus dem Jahr 1915. Als topografische Angabe bezeichnet er eine Region in Flandern als Ort kollektiv erlittenen Grauens und wichtiger Knotenpunkt im Netz der kollektiven Erinnerung. Gleichzeitig steht „Flanders Fields“ synonym für den Schrecken des Ersten Weltkriegs insgesamt.

Das flämische Gedenkprogramm leitet aus dem universellen Leiden auf den “Flanders Fields”  einerseits eine pazifistische Botschaft und eine transnationale Perspektive auf den Krieg ab. Im Zentrum der zahlreichen Bildungs- und Forschungsinitiativen des Programms steht folgerichtig als pädagogischer Auftrag die Vermittlung von Pazifismus und Völkerverständigung.

Starkes internationales Engagement

Was in den französischen und australischen Programmen noch hinter dem nationalen Interesse ansteht, rückt im flämischen klar in den Vordergrund: Die Internationalität des Gedenkens. Das flämische Engagement ist ambitioniert: So stieß die flämische Regierung nicht nur früh eine internationale Koordinierung der Gedenkveranstaltungen der 50 Staaten an, deren Soldaten auf den „Flanders Fields“ kämpften, sondern auch die „Declaration Flanders Fields“. Diese ist ein von der flämischen Regierung formulierter Text, der die im November 2012 unterzeichnenden  50 Staaten an drei gedenkpolitische Ziele binden soll: Dauerhaftes Gedenken an die Flandern-Schlachten, eine Historiografie, die eine globale Perspektive einnehmen soll und schließlich die Verpflichtung, zur „Friedenserziehung“ beizutragen. 2010/11 organisierte das Département Flamand des Affaires Etrangères ein gemeinsames Vorgehen hinsichtlich der Gedenkfeierlichkeiten mit 13 anderen Staaten und schloss bereits bilaterale Abkommen mit Neuseeland und Australien. Im November 2013 soll darüber hinaus ein „Friedenskolloquium“ veranstaltet werden, zu dem Friedensnobelpreisträger eingeladen wurden.

Absage an nationale Deutungen und „Welthauptstadt Flandern“

Das Gedenkprogramm erteilt damit einer nationalen Interpretation des Krieges eine Absage und fordert zu einem gemeinsamen Gedenken jenseits von nationalen Narrativen auf. Die Autoren des Programms appellieren damit nicht zuletzt an die belgische Gesellschaft: Die historischen Selbstwahrnehmung des noch jungen Belgiens im und nach dem Krieg beruhte auf den beiden Hauptnarrativen der Interpretation des Ersten Weltkriegs „Kriegsruhm und Martyrium“, die einen großen Einfluss auf die Identitätsbildung Belgiens ausübte.1  Außerdem müssen die Umstände der innenpolitischen Zerrüttung aufgrund der sprachlich-kulturellen Teilung Belgiens berücksichtigt werden, die in der Staatskrise 2010/11 ihren Höhepunkt erreichte. Der erste Weltkrieg verschärfte den flämisch-wallonischen Konflikt erheblich, nicht zuletzt durch die sprachlich-sozialen Diskriminierungen der flämischen Soldaten durch die frankophone Militäradministration und die „Flamenpolitik“ der Deutschen. Das Martyriums-Narrativ der belgischen Kriegsinterpretation beruht auch auf dieser deutschen Spaltungs-Politik. Im aktuellen Kontext wird es interessant sein zu sehen, wie in den einzelnen Initiativen die nationalitätenpolitischen Aspekte des Weltkrieges in Flandern und Belgien behandelt werden. Die Autoren formulieren jedenfalls Völkerverständigung als klares Ziel: „un des autres objectifs de l’organisation est de conscientiser et sensibiliser les générations actuelles et futures de Flandre à propos de tolérance, le dialogue interculturel et la compréhension internationale réciproque.“ (S. 7).

Angesichts dieser programmatischen Auslassungen erscheint es einigermaßen paradox, dass es nicht gelungen ist, ein regionenübergreifendes, Wallonen und Flamen zusammenbringendes Programm zu entwickeln. Das bislang außerordentlich  souveräne Agieren Flanderns auf der internationalen Bühne stellt jedenfalls andere belgische Initiativen bis jetzt tendenziell in den Schatten. Die mise en scène Flanderns als Zentrum, ja als ‘Welthauptstadt” des Weltkriegsgedenkens gehorcht durchaus auch politischen Repräsentationsinteressen. Dass Belgien mit Paul Breyne und die flämische Region mit Pierre Ruyffelaere eigene Koordinatoren für den Centenaire haben – die wallonische Regierung wird sicher zu gegebener Zeit nachziehen – ist sicherlich einerseits schlichtweg Konsequenz der föderalen Verfassung Belgiens; darüber hinaus mag man darin jedoch auch einen Beleg für eine latente Deutungskonkurrenz sehen. In diesem Sinne erfolgen die postnationale Deutung des Weltkriegs und die Absage an nationale Narrative nicht ohne Hintergedanken.

„Friedenstourismus“

Anstatt auf Opfer- oder Heldendiskurse konzentriert sich das Programm auf die „Friedenserziehung“ und den ökonomischen Aspekt des “Centenaires” als Gelegenheit für Investitionen in touristische Infrastruktur. Beide Ziele verweben die Autoren emblematisch in dem Neologismus „Friedenstourismus“, „tourisme de la paix“ (S. 7).

Die infrastrukturell-touristischen Investitionen werden in großem Rahmen vorgenommen: 44 Projekte werden mit 37 Mio. Euro finanziert. Dazu zählen das Museum In Flanders Fields und die Öffnung des Beffroi von Ypern; „die Verbesserung der Infrastrukturen für den Gästeempfang auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Passchendaele in Zonnebeke, die Schaffung von Gedenkstätten in Poperinge, die Umsetzung einer neuen Dauerausstellung im Turm „Tour de l‘Yser“ in Dixmude, die Renovierung des Denkmals von König Albert I. und abschließend der Aufbau eines historischen Themenzentrums über die  Hochwasserkatastrophe der Yser in Nieuport.“ Das Projekt Patrimoine de la Grande Guerre soll sich im Hinblick auf das Verschwinden sichtbarer Zeugnisse des Krieges der Aufgabe annehmen, die sichtbaren Spuren des Krieges in der Landschaft, auch solchen, die durch Grabungen zutage getreten sind, Dauerhaftigkeit zu verleihen.

Eine internationale Gedenkregion

Das Ziel ist die Schaffung einer touristisch vermarkteten „internationalen Gedenkregion“, die durch die umgesetzten Projekte räumlich abgesteckt und mit der gewünschten Bedeutung aufgeladen wird. Die Initiatoren des Programms planen, sich um eine gemeinsame Aufnahme der “Flanders Fields” und der Schlachtfelder in Frankreich (Verdun, Somme) in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes zu bewerben. Ein Erfolg würde die beschriebene Internationalität des Programms und die transnationale Deutung des Krieges zementieren.

Das flämische Centenaire-Programm zeichnet sich durch seine transnationale Sinngebung des Krieges aus: Es verneint den nationalen Interpretationsrahmen, setzt auf Pazifismus und Völkerverständigung, ersetzt „Kriegsruhm und Martyrium“ durch den Geist der „Flanders Fields“. Im Hinblick auf das bisherige Fehlen einer internationalen Gedenkpolitik zum Ersten Weltkrieg ist dieser transnationale Ansatz wegweisend. Es bleibt abzuwarten, welche Früchte diese Internationalität der „Welthauptstadt Flandern“ für die Entwicklung eines internationalen Weltkriegsgedenkens tragen wird.

 

1Laurence van Ypersele: Belgien. Enzyklopädie des Ersten Weltkriegs.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/745

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