Vortrag: Europäische Geschichtskulturen um 1700 zwischen Gelehrsamkeit, Politik und Konfession

Am 29. Juni 2012 wurde am Historicum der LMU München der Sammelband „Europäische Geschichtskulturen um 1700 zwischen Gelehrsamkeit, Politik und Konfession“ präsentiert. Eingeladen hatten zu dieser Veranstaltung das am Institut für Geschichte der Universität Wien und am Institut für österreichische Geschichtsforschung angesiedelte FWF-Start-Projekt „Monastische Aufklärung und die Benediktinische Gelehrtenrepublik“, der Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte mit dem Schwerpunkt Spätmittelalter an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die Monumenta Germaniae Historica sowie der Verlag De Gruyter. Es sprachen für den einladenden Lehrstuhl Prof. Dr. Claudia Märtl, für den Verlag Julia Brauch sowie zur [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/644

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Sammelband: Europäische Geschichtskulturen um 1700

Anfang 2012 erschien beim Verlag De Gruyter der Band mit den Beiträgen einer 2010 in Wien gehaltenen Tagung zu Geschichtsschreibung und Geschichtsforschung in verschiedenen Ländern Europas in den Jahrzehnten um 1700, an der sowohl junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch namhafte Größen der Gelehrsamkeits- und der Ordensgeschichte aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und den USA teilnahmen (Tagungsbericht). Nicht nur weil das Forschungsprojekt Monastische Aufklärung und die benediktinische Gelehrtenrepublik (angesiedelt am Institut für Geschichte der Universität Wien und am Institut für Österreichische Geschichtsforschung) die Veranstaltung ausrichtete, sondern [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/665

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Varus und Ben Hur – ein update

Was bewirken die Aktivitäten in runden Jahren des historischen Erinnerns? Welchen - neudeutsch formuliert - impact haben Ausstellungen, Dokufictions, Themenhefte und Sachbücher zum jeweiligen Ereignis? Zumal dann, wenn dieses so weit entfernt liegt, zeitlich wie mental, daß von einem ‘Gedenken' nicht gesprochen werden kann und auch der Begriff ‘Jubiläum' unpassend erscheint? Die Varusschlacht war so ein Ereignis: lange her, wissenschaftlich strittig, schwer...(read more)

Quelle: http://faz-community.faz.net/blogs/antike/archive/2012/10/08/varus-und-ben-hur-ein-update.aspx

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Varus und Ben Hur – ein update

Was bewirken die Aktivitäten in runden Jahren des historischen Erinnerns? Welchen – neudeutsch formuliert – impact haben Ausstellungen, Dokufictions, Themenhefte und Sachbücher zum jeweiligen Ereignis? Zumal dann, wenn dieses so weit entfernt liegt, zeitlich wie mental, daß von einem ‘Gedenken’ nicht gesprochen werden kann und auch der Begriff ‘Jubiläum’ unpassend erscheint? Die Varusschlacht war so ein Ereignis: lange her, wissenschaftlich strittig, schwer anschaulich zu machen und vor allem ohne größeres Emotionspotential – wem würde es heute noch einfallen, sich mit einer der beiden ‘Seiten’ oder gar einem der Hauptakteure zu identifizieren? Rainer Wiegels, emeritierter Althistoriker an der Universität Osnabrück, hat kürzlich in seinem Beitrag zu einem etwas disparaten Sammelband mit Recht darauf hingewiesen, warum aus der Varusschlacht doch noch Funken schlagen, wenn auch in einem durchaus begrenzten Rahmen: „Dem einstigen Bemühen um sichtbare Vergegenwärtigung einer historischen Tat, die zum ‘Wendepunkt der Geschichte’ erklärt wurde, und einer zum nationalen Helden erklärten Gestalt mittels nachvollziehbarer und dauerhafter Symbolik in Denkmal oder künstlerischer Verklärung entsprach dasjenige um die Fixierung des Ortes der Schlacht. Es korrespondiert(e) zudem mit der bekannten Neigung, wichti­ge oder als wichtig erachtete historische Vorgänge mit einem epochalen Ereignis und Datum wie einer entscheidenden Schlacht sowie mit einem konkreten Ort zu verbin­den, sie also zeitlich und räumlich gewissermaßen »auf den Punkt« zu bringen. Wie keine noch so gelungene Nachbildung eines Originals die Faszination des Authenti­schen zu ersetzen vermag, so lädt das Wissen um das »Hier« eines geschichtlichen Ereignisses Ort und Region mit dem Faszinosum von Ursprünglichkeit und Einma­ligkeit auf und umgibt sie mit einer Aura des Bedeutungsvollen, ohne damit notwen­digerweise zur Gedenkstätte zu werden.”

Jedenfalls hat das ‘Varusjahr’ 2009 eine große Zahl von Publikationen hervorgebracht, allen voran der dreibändige Katalog zu den Ausstellungen in Haltern, Kalkriese und Detmold, daneben einige Überblicksdarstellungen. All diese Werke hat kürzlich Dieter Timpe in einem umfangreichen Aufsatz eindringlich besprochen und eigene, weiterführende Überlegungen zum historischen ‘Ort’ der Varusschlacht in ihrer Zeit und im Rahmen der Politik des Imperium Romanum vorgetragen. Timpe spricht von einer „erstaunlich regen Beschäftigung mit diesem fernen, dramatischen und folgenreichen Geschehen” und steckt das Feld möglicher Erklärungen in Frageform ab: „Was erklärt im Zeitalter medial gesteuerter Moden und autonomer Forschungsprozesse ein so breitgestreutes Interesse an der clades Variana? Verdankt es sich anerkannter historischer Bedeutung des Schlachtereignisses oder vielmehr dessen strittiger Beurteilung? Dem alten Hermannskult oder eher der Distanzierung von nationalgeschichtlichen Kontinuitätsvorstellungen? Einem festen Besitz des historischen Bewusstseins, der Faszination sensationeller Bodenfunde oder nur dem äußeren Anlass des Bimillenium? Nicht zufällig geben die neuen Publikationen auf solche Fragen keine eindeutige Antwort. Denn der geschichtliche Vorgang des Jahres 9 n. Chr. ist von jeher in einigem Maße ambivalent und für unterschiedliche Deutungen offen: Als Kampfgeschehen verhältnismäßig reich bezeugt, bleibt er doch nach Ursache und geschichtlicher Tragweite umstritten1; allein aus römischer Sicht überliefert, gewann er die größte Nachwirkung als deutscher Nationalmythos, der nach 1945 Gegenstand anhaltenden selbstkritischen Umdenkens wurde; aus naheliegenden Gründen bis in die Gegenwart nicht sicher lokalisierbar, hat er gleichwohl die magische Kraft eines Gedächtnisortes gewonnen, dem die archäologische Forschung nun immer mehr dingliche Anschaulichkeit abringt, aber auch technische Nüchternheit einträgt und unerwartete neue Fragen stellt.”

Die auf den folgenden sechzig Seiten ausgebreiteten Befunde und Reflexionen sind zu reichhaltig und komplex, um hier referiert zu werden. Die Frage nach dem Schlachtort muß weiterhin als offen gelten, denn selbst wenn die Funde in Kalkriese mit dem Geschehen des Jahres 9 n. Chr. zu verbinden wären, sei der Verlauf der Vernichtung des Varusheeres nicht genau zu bestimmen. Tritt man einige Schritte zurück, so bleibt die Frage noch den Zielen, Mitteln und Erfolgen der römischen Politik in Germanien spannend, ferner die nach möglichen Gründen für den Aufstand sowie nach dessen Stellenwert im historischen Prozeß insgesamt. „Insgesamt erwies sich die Einschätzung des Tiberius als tragfähig: Große Kriege und Aufstände blieben in den folgenden Jahrzehnten aus, die Kaiser konnten sich entscheiden, die germanischen Dinge entweder laufen zu lassen oder in Germanien Kriegsruhm zu suchen. Dass Germanien nicht romanisiert wurde, ist nicht gleichbedeutend mit einem Scheitern der römischen Politik.”

Die nachantike Rezeptionsgeschichte spart Timpe weitgehend aus; auf ihren oft seltsamen Wegen hat sie überwiegend Kuriositäten produziert. Gewiß, auch die Varusschlacht ist ohne ihre Spiegelungen und Verzerrungen nicht zu haben, doch diese zu erforschen braucht es eher Ausdauer im Finden und Rubrizieren als Scharfsinn in der Reflexion. In dem genannten Sammelband finden sich Skizzen zum Bild der Varusschlacht in der Geschichtsschreibung des 18. Jahrhunderts, zum Schlachtort in der historischen Erinnerung seit dem Mittelalter und zu den Ausgrabungen in Kalkriese, die zu einem neuen Aufmerksamkeitsschub führten. Die Suche nach dem Ort des Kampfgeschehens begann mit Christian Gottlieb Clostermeiers Schrift „Wo Hermann den Varus schlug” (1822). Die Ausgrabungen in Kalkriese seit 1989 befeuerten die alten Diskussionen u.a. deshalb, weil mit der Gründung der „Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH – Museum und Park Kalkriese” eine neue Institution auf den Plan trat, in der sich wissenschaftliche Forschung, geschichtskulturelle Übertragung und kommerzielle Interessen mischten. Das provozierte Widerspruch, sowohl aus der Fachwissenschaft wie von den Lokalpatrioten im Lipper Land rund um das Hermannsdenkmal.

Überwiegend nur noch exorzistisch wird heute auf den einstigen germanenkundlichen und germanentrunkenen Kontext der ‘Hermannsschlacht’ verwiesen. Gleichwohl bleibt es interessant nachzuvollziehen, wie sich die Darstellung der Germanen zwischen Kaiserreich und NS-Zeit in den Schulbüchern wandelte und welche Faktoren in diesem Prozeß wirksam waren. Ein Aufsatz breitet das auf fast neunzig Seiten aus. Noch lange standen die traditionell an der Hermeneutik und dem Individualitätsprinzip ausgebildeten Schulhistoriker der Vor- und Frühgeschichte mit ihren z.T. naturwissenschaftlichen Argumenten skeptisch gegenüber. Doch die Germanische Altertumskunde galt als eine junge, aufstrebende Wissenschaft; sie hatte erfolgreiche Lobbyisten und unterstützende Denkfiguren auf ihrer Seite, so die Idee einer Kontinuität ‘der Deutschen’ von der Steinzeit bis in die Gegenwart und die ursprungsmythische Vorstellung, alle historische Dynamik sei von Wanderungsschüben aus dem Norden ausgelöst, zuletzt und am wichtigsten in der germanischen Völkerwanderung (ex septentrione lux). Archäologische Quellen zur historischen Rekonstruktion heranzuziehen erschien nunmehr unverzichtbar und modern; deren ethnische Deutung, d.h. die Identifizierung von Völkern aus Artefaktgruppen, war en vogue. Gegen die verbreitete Ansicht von einer weitgehenden Kontinuität, ja Einheit nationalistischer, völkischer und rassistischer Ideologeme im Geschichtsunterricht über die Germanen von Wilhelm II. zu Hitler wird hier allerdings auf Differenzierungen geachtet und werden markante Schübe und Ungleichzeitigkeiten herausgearbeitet.

Zwei weitere Aufsätze des etwas zufällig so zustandegekommenen Sammelbandes sind der Hollywood-Antike gewidmet. Tatsächlich dürften Land der Pharaonen (1955) und Die Zehn Gebote (1956) über Jahrzehnte das Bild vieler Menschen vom Alten Ägypten maßgeblich geprägt haben. Die Ägyptologin Heidi Köpp untersucht die Präsentation der Realien in beiden Epen und kommt zu einem überraschend positiven Fazit: Die Zehn Gebote vermittelt demnach „ein illustratives Bild des ägyptischen Neuen Reiches, das in dieser Tiefe und Anschaulichkeit bis heute unerreicht ist”. Altklug ließe sich hier natürlich einwenden, die Autorin gehe damit einem Kniff des Historienfilms auf den Leim: Genauigkeit im antiquarischen Detail erzeugt eine Aura der Authentizität, die von der Handlung nicht eingelöst werden kann. Sicher. Aber man sollte von einem Ochsen nicht mehr als Rindfleisch erwarten. Der Spielfilm muß seiner eigenen Logik und den Sehgewohnheiten seiner Zeit gehorchen, um überhaupt hinreichend Aufmerksamkeit zu erzeugen und dann – vielleicht – den einen oder anderen eigenen Akzent setzen zu können (wofür allerdings, zugegeben, in diesem Genre der Spielraum noch geringer war und ist als in anderen).

Krešimir Matijević schließlich nimmt sich Wylers Ben Hur (1959) im Vergleich zur Romanvorlage von Lew Wallace vor, wobei letztere deutlich besser wegkommt als die Verfilmung. Der materialreiche Aufsatz unterstreicht auch erneut, wie viele ‘Köche’ ihre Löffel im großen Topf hatten, den eine solche Verfilmung darstellt. So erinnert sich der vor einigen Wochen verstorbene Schriftsteller Gore Vidal, der beauftragt war, das Drehbuch für diesen „prächtigen Schund” zu überarbeiten, an einen eigenen Akzent: Während Kaiser Tiberius im Roman kein Teil der Handlung ist, erscheint er im Film immerhin als Randfigur. „Ich konnte wenigstens den ernsten Tiberius des Tacitus präsentieren und nicht die lächerliche Karikatur Suetons. Mein Tiberius ähnelte dem hart arbeitenden, aber völlig nutzlosen Vorstandvorsitzenden einer miserablen Autofirma wie Chrysler.” Ob das stimmt? Spätestens Ostern im nächsten Jahr wird es vermutlich wieder Gelegenheit, es zu überprüfen.

 

Dieter Timpe, Die „Varusschlacht” in ihren Kontexten. Eine kritische Nachlese zum Bimillennium 2009, in: Historische Zeitschrift 294, 2012, 593-652

Rainer Wiegels, Karl H.L. Welker (Hgg.), Verschlungene Pfade. Neuzeitliche Wege zur Antike. Verlag Marie Leidorf GmbH, Rahden 2011. 239 S., einige Abb., geb, € 29,80.

Eine studentische Webseite mit Studien zu Historienfilmen und einer umfangreichen Literaturliste findet sich hier.

von Uwe Walter erschienen in Antike und Abendland ein Blog von FAZ.NET.

Quelle: http://blogs.faz.net/antike/2012/10/08/varus-und-ben-hur-ein-update-394/

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#kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien


An der PH Ludwigsburg fand vom 2. bis 4. Oktober 2012 die Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik Neue Wege, Themen, Methoden statt, auf der über zwanzig Nachwuchsprojekte vorgestellt wurden (s. tweets unter #kgd_nwt). Die Beiträge behandelten mehrheitlich empirische und pragmatische Forschungsvorhaben; Schwerpunkte waren (lt. Sektionstiteln) geschichtskulturelle Aspekte, historisches Vorwissen, digitale Medien, Inklusion, Filme sowie Aspekte inter- und transkulturellen historischen Lernens.

Die Sektion Vernetzungen – Geschichte in den digitalen Medien und ihre Nutzung für das historische Lernen, die hier kurz zusammengefasst werden soll, eröffnete Manuel Altenkirch (Heidelberg), der sein Konzept zur empirischen Erforschung der Wikipedia vorstellte. Um die Frage zu beantworten, wie Wikipedia-Artikel mit historischen Inhalten, die aufgrund ihrer häufigen Nutzung inzwischen von großer geschichtskultureller Bedeutung sind, zustande kommen und welche Konstruktionsprozesse historischer Narrationen sich vollziehen, hat Altenkirch erstens Wikipedia-Einträge, die Versionsgeschichte und die Diskussionsseiten auf breiter empirischer Basis untersucht sowie zweitens Wikiedia-Autoren typologisiert. Jonathan Peter (Kassel) untersucht in privater Initiative geschaltete französischsprachige Internetseiten, die den Zweiten Weltkrieg beispielsweise mit Blick auf Familiengeschichten, regional bedeutsamen Ereignisse oder Militaria thematisieren. Sein Projekt will deren geschichtskulturelle Bedeutung als „Kampf um Erinnerung im WWW“ untersuchen. Ulf Kerber (Karlsruhe) stellte ein Konzept historischer Medienkompetenz vor und brachte Modelle zu historischen Lernprozessen mit Konzepten aus der Medienpädagogik in Deckung. Seine These, dass es zwar begriffliche Unterschiede, dennoch weitreichende konzeptuelle Überschneidungen gibt, lässt sich in die Diskussion einreihen, ob und wie sich der geschichtsdidaktischen Medienbegriff angesichts des digitalen Wandels verändern könnte. Zweitens stellte Kerber das Projekt an der PH Karlsruhe DisKAver zum mobilen e-Learning vor. Alexander König (Saarbrücken) referierte über sein Projekt zur empirischen Analyse von Webquests, die Aufgabenformate zum Lernen mit Internet-Ressourcen vorgeben. König nimmt unter Zugrundelegung des Kompetenz-Modells nach Gautschi eine qualitative und quantitative Analyse zahlreicher im Netz verfügbar Wequests vor. Schließlich berichtete Christoph Pallaske (Köln) von der Entwicklung der Lernplattform segu und möglichen empirischen Forschungsstrategien zum offenen Geschichtsunterricht.

Das Themenspektrum zeigt erstens, dass – wie Sektionsleiter Marko Demantowsky (Basel) bilanzierte – der digitale Wandel in der Geschichtsdidaktik endgültig angekommen ist. Der Aspekt der Vernetzung wurde in der Sektion nicht thematisiert; dazu ist anzumerken, dass die geschichtsdidaktischen Nachwuchsprojekte und -akteure über Blogs und social media nicht nur gut vernetzt sind, sondern auch in verschiedenen Projekten und Veröffentlichungen kooperieren. Die fünf vorgestellten Projekte zielten auf aktuelle Fragen des digitalen Geschichtslernens: erstens die grundsätzliche Diskussion eines geschichtsdidaktischen Medienbegriffs, zweitens neue Formen historischen Erzählens, drittens eine stärkere Hinwendung zu geschichtskulturellen Themen sowie viertens die durch Lernen mit digitalen Medien stärkere Subjektorientierung und neue methodische Konzepte. In der Sektion wurde auch das auf der Nachwuchstagung häufig gehörte Problem deutlich, zielorientierte empirische Forschungsdesigns zu entwickeln, beispielsweise historische Kompetenzen bezüglich konkreter Forschungsfragen zu operationalisieren und mittels geeigneter Parameter zu messen.

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): #kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien.  In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 4.10.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1214, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1214

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Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2)


Seit Ende Juni 2012 gibt es bei twitter der Hashtag #gd_dig – meint “Geschichtsdidaktik digital”. Die Diskussion, ob und wie sich historisches Lernen angesichts des digitalen Wandels verändern könnte, hat in den vergangenen Monaten an Fahrt aufgenommen. Der Beitrag knüpft an den Blogpost Geschichtsdidaktik digital | Anmerkungen zu gd_dig (1).

 

Was brauchen Schüler_innen, damit sie sinnvoll mit PC, Tablet oder anderen digitalen Endgeräten im Geschichtsunterricht lernen können? „Informiert euch mal im Internet – dann könnt ihr zum Beispiel eine Power-Point-Präsentation machen!“ Solche Arbeitsaufträge – oft gehört – sind demotivierend und lassen die großen Potenziale digitalen Geschichtslernens brach liegen. Lehr-/Lernkonzepte oder Lernarrangements, die strukturieren, was Schüler_innen in digitalen Lernumgebungen wie lernen sollen und können, sind notwendige Voraussetzung für guten „digitalen“ Geschichtsunterricht.

Kürzlich haben Daniel Bernsen, Alexander König und Thomas Spahn in der neuen Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften den Beitrag Medien und historisches Lernen: Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik veröffentlicht, in dem sie Anforderungen an digitalen Geschichtsunterricht und eine digitale Geschichtsdidaktik diskutieren. Die Autoren stellen fest, dass „die Digitalisierung unsere Welt grundlegend verändert“ und „ jede Beschäftigung mit Geschichte die Bedingungen der digitalen Welt für Arbeitstechniken und Möglichkeiten historischer Erkenntnis, im digitalen Raum gleichsam als deren conditio sine qua non, immer mitdenken“ (S.2) muss. Der Aufsatz dokumentiert im Folgenden den Forschungsstand sowie allgemeine Aspekte zu konkreten Arbeitstechniken und zu neuen Herausforderungen historischen Lernens bezogen beispielsweise auf Kompetenzorientierung, Veränderungen historischer Narrationen oder die Hinwendung zu geschichtskulturellen, die Lebenswelt der Schüler_innen einbeziehenden Zugänge zu Vergangenheit und Geschichte. In Abgrenzung zum von Hans-Jürgen Pandel geprägten Medienbegriff stellen die Autoren fest, dass „in der Geschichtsdidaktik Nachholbedarf nicht nur bezüglich digitaler Medien, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung eines fachspezifischen Medienbegriffs“ besteht (S. 14), „wenn man davon ausgeht, dass Vergangenheit immer nur medial vermittelt zugänglich ist und daher historisches Lernen nur medial erfolgen kann“ (S. 15). Medien sind – so fahren sie fort – nicht nur Unterrichtsgegenstände (wie Quellen, Darstellungen usw.), sondern erstens auch Werkzeuge und zweitens Denkräume historischen Lernens.[1] Das von Bernsen, König und Spahn vorgeschlagene Konzept einer digitalen Geschichtsdidaktik als „integraler Bestandteil der Geschichtsdidaktik“, die „sich mit den Bedingungen und Auswirkungen des digitalen Wandels auf das Geschichtsbewusstsein, historisches Lernen, Geschichts- und Erinnerungskultur“ (S. 16) beschäftigt, rückt diesen erweiterten Medienbegriff in den Mittelpunkt und unterscheidet vier Funktionen digitaler Medien:

  • historisches Lernen an digitalen Medien als Lernobjekte erster Ordnung (z.B. digitalisierte Quellen und Darstellungen);
  • historisches Lernen mit digitalen Medien als Lern- und Denkwerkzeuge (z.B. Blogs; aus „segu-Sicht“ würde ich auch Online-Plattformen für Lernmaterialien hier einordnen);
  • historisches Lernen über digitale Medien als Lernobjekte zweiter Ordnung (z.B. Analyse von Wikipedia-Artikeln);
  • historisches Lernen im digitalen Medium als Lern- und Denkraum. (S. 17ff.)

Der vierte Punkt – in Anlehnung an medienpädagogische Konzepte – versteht sich wohl als (variabel) integratives Konzept der drei erstgenannten Punkte.

Die Ansprüche an das historische Lernen im digitalen Medium werden im Beitrag nur ansatzweise konkretisiert. Wie lassen sie sich in Lehr-/Lernkonzepte übersetzen? In seinem Beitrag „Was ist digitale Geschichtsdidaktik” (Juli 2012) hat König festgestellt, dass eine digitale Geschichtsdidaktik stärker „den Mediennutzer ins Zentrum ihrer Überlegung [rückt]. Sie ist – wie die konstruktivistische Geschichtsdidaktik – eine subjektorientierte Geschichtsdidaktik, welche ‚die Lebenswirklichkeit‘ von Geschichtslernern zum Ausgangspunkt nimmt.“ Lernen im digitalen Medium kann also Chancen für individuelles und differenzierendes Lernen oder z.B. für Projektlernen bieten. Zweitens ist Lernen im digitalen Medium – nach Stand der technischen Möglichkeiten – vielfältig. Noch einmal König: In seinem Beitrag „Geschichtsvermittlung in virtuellen Räumen“ schildert er das Potenzial, Unterricht durch e-Learning-Konzepte zu öffnen (Zusammenfassung Blogpost vom 12.9.2012). Neuere Entwicklungen weisen unter dem Label Web3.0 zum mobilen e-Learning z.B. mittels Smartphones; die Regionalgeschichte könnte in Zukunft stärkeres Gewicht beim historischen Lernen bekommen.

Aus geschichtsdidaktischer Sicht geben die Beiträge Hinweise und es finden sich verschiedene Spuren, wie Lernen im digitalen Medium konturiert sein könnte. Individuelle Lernkonzepte können der individuellen Ausprägung von Geschichtsbewusstsein Rechnung tragen, eine stärkere Fokussierung digital vermittelter Geschichtskultur könnte stärker Lebensbezüge von Schüler_innen berücksichtigen usw. Dennoch scheint eine wichtige Voraussetzung – um das Gefäß historisches Lernen im digitalen Medium aufzufüllen und in Lehr-/Lernkonzepten zu konkretisieren – noch nicht geklärt.  Was zeichnet digitales Geschichtslernen als historisches Lernen aus? Wie lässt sich von der Medien-Reflexion eine tragfähigere Brücke zur geschichtsdidaktischen Theoriebildung und „Grammatik“ (Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, fachdidaktische Prinzipien, historische Kompetenzen) schlagen? Ansätze, die geschichtsdidaktische Theoriebildung zugrundelegen und davon ausgehend Aspekte des digitalen Geschichtslernen konkretisieren, sind noch nicht sehr zahlreich; beispielsweise Beiträge von Jan Hodel (z.B. Geschichtslernen mit Copy and Share) oder von Jakob Krameritzsch (Die fünf Typen des historischen Erzählens – im Zeitalter digitaler Medien); sie lassen sich zudem eher der Kategorie Lernen über digitale Medien zuordnen.

Deshalb offen gefragt: Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja, wie viele? Wer kennt Best Practice-Beispiele? Lassen sich Merkmale guten “digitalen” Geschichtsunterrichts benennen? Bezogen auf welche Kategorien und Begriffe der geschichtsdidaktischen “Grammatik” lässt sich für das Lernen im digitalen Medium ein Zugewinn für das Geschichtslernen ausmachen? Sind Ziele historischen Lernens mit digitalen Medien – auf anderem Wege – nicht auch “analog” zu erreichen? Gibt es Aspekte geschichtsdidaktischer Theoriebildung jenseits des Medienbegriffs, die sich angesichts des digitalen Wandels erweitern oder sogar verändern könnten? Dazu gehört abschließend sicher auch die Frage, welche Ansprüche an historisches Lernen sich mit digitalen Medien ausdrücklich nicht erreichen lassen. tbc.


[1] Mit einem solchen erweiterten Medienbegriff knüpfen die Autoren an den Geschichtsdidaktiker Horst Gies an, der vor Jahren forderte, Medien „nicht nur ‚Mittel‘, sondern auch ‚Mittler‘“ aufzufassen; s. Horst Gies: Geschichtsunterricht. Ein Handbuch zur Unterrichtsplanung. Köln 2004, S. 214 . Gies unterteilt für den Geschichtsunterricht relevante  Medien symbolisch sowohl nach „Hardware“, also Geräte (vom Bleistift bis zum PC), als auch nach „Software“, d.s. Lernobjekte (vom Arbeitsblatt über Filme bis hin zu von Schülern selbst hergestellten Produkten historischen Lernens). Funktional betrachtet sind Medien lt. Gies sowohl Lehrmittel, Lehrsysteme als auch Lernmaterialien.

 

Bildnachweis    C.Pallaske, CC BY SA 3.0

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2). In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 19.9.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/968, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/968

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Konferenz-Ankündigung: «httpasts://digitalmemoryonthenet»

Aufgeschreckt durch die Rüge von Kollega Haber trage ich hier pflichtschuldigst einen Hinweis auf eine Tagung nach, die nächste Woche in Berlin stattfindet. Die Bundeszentrale für politische Bildung organisiert unter dem Titel httpasts://digitalmemoryonthenet in Zusammenarbeit mit 3Sat und der deutschen Kinemathek eine internationale Tagung, die sich mit dem Zusammenhang von Internet und Erinnerungskultur befasst. Das [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/5264

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Hitlerblog: Geschichtsblog des Monats Mai 2010

Kann man ein Weblog eines Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschafters als Geschichtsblog bezeichnen? Daniel Erks “Hitlerblog” ist weder ein geschichtswissenschaftliches Unterfangen, noch befasst es sich im herkömmlichen Sinne mit Phänomenen der Vergangenheit. Vielmehr interessiert sich Erk für die geschichtskulturellen Erscheinungsformen des Nationalsozialismus (und seiner Insignien) im Allgemeinen und der Figur Hitlers im Besonderen. Das Weblog belegt [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3892

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