Immer mehr Online-Medien setzen auf plakative, Neugier erweckende oder emotionalisierende Headlines. Diese sogenannten Click-Baits - also Klickköder – die mittlerweile auch als Heftig-Stil bekannt sind, erzielen besonders in Social Media beachtliche Reichweiten. Kulturinstitutionen können hiervon lernen – auch wenn man nicht jeden Tag darüber berichten kann, dass George Clooney vor der Tür steht… Ich dachte, es wird ein ganz normaler Tag im Museum für Naturkunde – doch dann stand plötzlich George Clooney vor der Tür… So hätte die Ankündigung bei Facebook zum Artikel “Hollywood-Fieber vor dem Ostflügel” […]
Ist Geschichtsbewusstsein germanozentrisch?
Auf eine Tagung einzugehen, die man selbst nicht besucht hat, und das nur auf Grund eines Tagungsberichtes, von dem man nicht weiß, ob er der Tagung auch gerecht wird, ist nicht unbedingt zu empfehlen. Gerechtfertig erscheint es mir, wenn man im Tagungsbericht Formulierungen wiederfindet, die man auch andernorts schon gesehen – und nicht verstanden hat.
So wurde ausweislich des Berichts (http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5358) dem Geschichtsbewusstsein vorgeworfen, “dass gängige Theoriedebatten des Geschichtsbewusstseins allzu sehr die dualistischen Denkstrukturen des 19./20. Jahrhunderts spiegeln würden” (und später wird gefragt, “ob eine solche binäre Auflösung [migrantisch vs. biodeutsch; A.F.] nicht bereits in der Theorie des Geschichtsbewusstseins grundgelegt sei”). Themen und Inhalte von Geschichte und Geschichtsunterricht seien eurozentristisch und allein an Fakten und Ereignisse gebunden. Diese Kritik gipfelt in der revolutionären (?) Forderung, “Geschichte könne nicht an Nation gebunden und ebenso wenig nur rückwärtsgewandt sein”. Dabei wird die Frage aufgeworfen, “ob von Theorien, die dem Denken des 19./20 Jahrhunderts verhaftet sind, positive Impulse für aktuelle Debatten um historisches Denken und Lernen ausgehen könnten und nicht stattdessen postmoderne Theorien stärker rezipiert werden müssten”. Kritisiert wird auch, “dass das Individuum bislang zu stark vernachlässigt worden sei”. Ein weiterer Stein des Anstoßes ist die “Normativität gängiger Theorien des Geschichtsbewusstsein”. Der Rüsenschen Konzeptualisierung wird schließlich vorgeworfen, dass sie “stark homogenisierend sei, da diese normierenden Prüfungskategorien beinhalte und zudem einer kulturellen Orientierung diene, welche an einer nationalen Fokussierung festhielte”.
Kritik am Geschichtsbewusstsein ist nicht selten und lässt sich in Variationen auch in den Diskussionen auf Public History Weekly finden. Was kann man da tun?
Hilft der Rückgriff auf empirische Forschung? So wurde offenbar vorgeschlagen, “alle möglichen Modelle und Ebenen des Geschichtsbewusstseins zu operationalisieren und als Kompetenz zu testen, um sich dem Ziel einer bildungsorientierten Geschichtsdidaktik zu nähern”. Aus der Perspektive einer empirischen Forschung ist das nicht sinnvoll, denn Theorie geht vor Empirie; alles andere wäre ein ziemlich naiver Induktivismus und/oder Positivismus.
Wäre es denn eine Alternative, “auf die Kategorie Geschichtsbewusstsein zu verzichten und stattdessen auf ‘historische Mündigkeit’ im schulischen und wissenschaftlichen Diskurs zurückzugreifen”? Das hat den Charme einer klassischen Begrifflichkeit für sich; aber es ist nichts anderes als eine Spielart des Geschichtsbewusstseins aus der ja schon etwas älteren Diskussion. Dass “eher der Prozess der Begegnung mit Vergangenheit, genauer die „eigen-sinnig“ produktive Aneignung von Geschichte und Vergangenheit, in den Fokus rücken müsste”, passt just in diese Diskussionsrichtung. Dazu später mehr.
Ein weiterer Weg aus der postulierten Krise des Geschichtsbewusstseins besteht in der Forderung, “Prozesse historischen Lernens, aber auch die Struktur des Geschichtsbewusstseins, auf Basis einer gegenwärtig relevanten Gesellschaftstheorie abzubilden, da Geschichte immer nur aus der Gegenwart heraus gedacht werden könne”. Welche gegenwärtig relevante Gesellschaftstheorie soll das sein, und wieso ist das zwingend vorgängig? Geht es um eine Theorie der modernen Gesellschaft? Oder doch nur um eine Besinnung auf den eigenen Standpunkt, was ja selbstverständlich wäre – und in den diversen Konzepten des Geshcichtsbewusstseins ja durchaus angelegt?
Vor allem irritiert mich die offenkundig virulente Kritik an den Konzepten von Jörn Rüsen, die ja noch für das FUER-Projekt zumindest auf der argumentativen und der strukturierenden Ebene wegweisend waren – ob sie immer Rüsen entsprachen, kann man diskutieren. Ich habe auch selbst schon Kritik an Rüsen geübt – vgl. mein Beitrag unter dem Titel “Historik oder Wissenschaftstheorie der Geschichtswissenschaft?” in: Erwägen, Wissen, Ethik : EWE = Deliberation, knowledge, ethics 22 (2011) 4, S. 521-524. Mich stört aber eher, dass Rüsens Überlegungen nichts dazu beitragen, den spezifischen Wissenschaftscharakter von Geschichtswissenschaft klar gegen nicht-wissenschaftliche oder sogar unwissenschaftliche Beschäftigungen mit Geschichte abzugrenzen. Dass Rüsens Konzeption des Geschichtsbewusstseins normativ ist, stört mich nicht – wenn sie unterrichtsrelevant sein soll, muss sie das sein. Auch die “Fortschrittsfokussierung des genetischen Erzählens” stört mich nicht, da es nicht Rüsens einziges Modell des Erzählens ist – und auch nicht sein bevorzugtes. (Man mag allerdings darüber streiten, wie hilfreich die Typologie dieser Erzählweisen wirklich ist.) Die Vorstellung, dass die “Rüsensche Theorie des Geschichtsbewusstsein stark homogenisierend sei, da diese normierenden Prüfungskategorien beinhalte und zudem einer kulturellen Orientierung diene, welche an einer nationalen Fokussierung festhielte”, verstehe ich erst recht nicht; da hoffe ich einfach auf Erläuterungen. Ich erkenne bei Rüsen weder eine starke Intention der Homogenisierung noch eine nationale Fixierung.
Doch damit zurück zu dem Gedanken, den ich oben noch zurückgestellt hatte. “Dass sich die Beiträge dabei primär auf Rüsen und Pandel stützen, mag vielleicht eine kleinere Schwäche des Workshops gewesen sein, hätten doch zumindest die Arbeiten von Jeismann und v. Borries (noch) prominenter einbezogen werden können” – so der Bericht, und das möchte ich gerne unterstützen. Die Zielbestimmung von Geschichtsunterricht, die Jeismann 2000 im Anschluss an eigene, weit ältere Beiträge formuliert hat, weist m.E. einen guten Weg:
“Geschichtsunterricht […] muss sich das Ziel setzen, die Heranwachsenden zu befähigen, mit den unterschiedlichen und in Zukunft sich stets wandelnden Angeboten historischer Deutung im Horizont Ihrer Gegenwart sich auseinanderzusetzen und selber in wichtigen Fragen zu einer begründeten geschichtlichen Vorstellung zu finden […].” (Karl-Ernst Jeismann, “Geschichtsbewußtsein” als zentrale Kategorie der Didaktik des Geschichtsunterrichts, in: Ders. (Hg), Geschichte und Bildung. Beiträge zur Geschichtsdidaktik und zur historischen Bildungsforschung, Paderborn 2000, S. 46–72, hier S. 48)
Mit diesem Konzept ist Geschichtsbewusstsein im Grunde angelegt als die Fähigkeit, sich mit historischen Zumutungen der das Individuum umgebenden Welt produktiv und eigen-sinnig auseinanderzusetzen. Das kann man dann auch “historische Mündigkeit” nennen, und in der Tat ist “Geschichts-bewusstsein” keine glückliche Benennung (das “Bewusstsein” stört hier tatsächlich) – aber es ist ein eingebürgerter Terminus, und es spricht zu wenig dafür, auf ihn zu verzichten.
Wäre ein solches (in meinen Augen sehr pragmatisches und alltagstaugliches und zugleich durchaus theoriefähiges) Begriffsverständnis nicht der gleichen Kritik ausgesetzt, wie sie oben schon anklang? Teilweise sicher. Diese Begriffsverwenudng wäre normativ. Darin sehe ich kein Problem. Ich sehe allerdings nicht, wieso dieses Begriffsverständnis (genau so wenig wie Rüsens oder Pandels Konzeptualisierungen) hier Dualismen und binäre Weltordnungen reproduzieren sollten. Sie könnten auch im Gegenteil dazu dienen, solche Dualismen zu zertrümmern. Eurozentrismen sind diesem Begriffsverständnis auch nicht inhärent, es sei denn, man sieht schon in der Orientierung an Grundsätzen moderner Wissenschaftlichkeit einen Ausdruck von westlicher Hegemonie (was ich nicht tue).
Kurzum: Statt “Geschichtsbewusstsein revisited” plädiere ich für “Geschichtsbewusstsein rehabilitated”.
29. Was Sie schon immer mal über unkörperliche Dinge wissen wollten
Das klingt nach einer Frage, die man sich gerne vor Beginn der Fußball WM stellen möchte. Gibt es unkörperliche Dinge? Ich habe nicht viele Argumente dafür. Einige Philosophen haben sich aber intensiv damit auseinandergesetzt und behaupten tatsächlich, es müsse diese Art von Objekten geben. Der berühmteste von ihnen ist sicher Platon mit seinen Ideen. Die platonischen Ideen sind nämlich Ursachen für die körperlichen Dinge, ohne selbst körperlich zu sein. Ja. Und auch mein Autor möchte Beweise für diese Annahme bringen. Paradigmatisch erklärt er, dass die Seele etwas Unkörperliches sei. Warum fragen Sie? Ganz einfach: Wenn die Seele etwas Materielles wäre, schreibt er, müsste sie entweder identisch mit etwas aus unserem Körper sein, oder aber selbst Körper sein, ohne dasselbe wie unser Körper zu sein. Also etwas wie eine Art Nebel oder so. Wenn sie aber ein Teil unseres Körpers wäre, dann müsste jemand, der z. B. durch einen Unfall etwas davon verliert auch quantitativ weniger Seele haben, ebenso wie ein kleiner Mensch weniger Seele haben müsste. Quatsch. Wenn sie aber so etwas wie ein Nebel sein soll, dann, meint Michael Psellos, müsste man erklären, wie diese beiden Dinge, also Seele als eine Art Nebel (oder so) und der Körper zusammenhingen. Seiner Meinung nach müsste man dafür wieder einen unkörperlichen Grund angeben, etwas wie ein Magnetfeld (was auch immer das sein mag) oder etwas Ähnliches. Deshalb müsste die Seele ex negativo etwas Unkörperliches sein. Positiv hat er auch einige Argumente dafür. Oder um genau zu sein (meiner bisherigen Recherche nach) eines: Während körperliche Dinge keine Gegenteile annehmen können, während also ein Apfel zur selben Zeit und in der selben Hinsicht und am selben Ort nicht gleichzeitig rot und grün sein kann, kann die Seele Gegenteile annehmen: Denn das eine Wahrnehmungsvermögen kann eispielsweise sowohl schwarz als auch weiß durch die zwei Sinnesorgane Augen wahrnehmen. Was Gegenteile annehmen kann, darf aber nciht körperlich sein. Das Wahrnehmungsvermögen sei aber das “unterste” seelische Vermögen. Irgendwie würde ein skeptischer Nachwuchsnaturwissenschaftler jetzt ankommen und Psellos einen Chuck Norris Roundhousekick verpassen mit den Worten: “Es gibt nichts Unkörperliches und deshalb auch keine Seele”.
Aber bei einem weiteren Objekt sieht die Sache anders aus. Beim Punkt. Klar, wir malen den Punkt mit einem Stift auf. Aber in Wahrheit darf der Punkt aber keine Ausdehnung haben. Denn sonst wäre er ja mindestens eine Fläche, die aber aus unendlich vielen aneinandergereihten Punkten besteht. Hmm. Wenn der Punkt aber unkörperlich ist, dann besteht alles, was aus Körpern besteht aus Flächen und diese aus Linien und diese wieder aus Punkten, sodass alles Körperliche auf Unkörperlichkeit aufgebaut sein müsste. Hmm. Ich glaube, ich muss mir das alles noch einmal aufzeichnen und noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
In Wahrheit ist das alles übrigens nur eine Strategie, um Fußballergebnisse durch Verwirrung revidieren zu können.
Herzliche Grüße, adeus
Der soziologische Blick der Weltbeobachtung im „Soziologischen Duett“- Ein Beitrag von Nicole Kleindienst
Zwei Wissenschaftler. Ein hochspannender Austausch über aktuelle Forschungsthemen. Und die digitale Aufzeichnung dieses Austausches. So sieht das Konzept des Blogs von Prof. Dr. Udo Thiedecke aus. Der Professor der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz lässt in seiner Audiopodcast-Reihe „Das soziologische Duett“ Wissenschaftler ihre … Continue reading
Aktendigitalisierung für Anfänger. Oder: Die kurze Geschichte einer rasanten technischen Entwicklung
Wie lange wird die Digitalisierung der „Deutschen Nachkriegskinder“-Studie dauern? Durch die schnellen technischen Entwicklungen muss diese Frage stets neu und besser beantwortet werden. Am 5. Juni habe ich zusammen mit einer studentischen Hilfskraft versucht genau das auf dem aktuellen Stand der verfügbaren Technik herauszufinden. Dabei gebe ich auch einen Rückblick auf die bisher bestehenden Möglichkeiten.
Erst wenige Tage vorher habe ich entdeckt, dass in der Universitätsbibliothek Bonn ein sehr hübscher und neuer Buchscanner steht, mit dem jeder kostenlose Scans auf USB-Stick anfertigen kann. Noch vor wenigen Jahren kostete in der gleichen Bibliothek ein rein digitaler Scan genau so viel wie der Ausdruck auf Papier! Glücklicherweise sind diese Zeiten vorbei. Wir haben daher einen Vormittag lang verschiedene Unterlagen gescannt, die Zeit gemessen, Workflows und Einstellungen optimiert und dokumentiert.
Scanner anno dazumal (2009)
Aber gehen wir noch mal kurz zurück ins Jahr 2009, als ich zum ersten Mal mit der Forschungsgruppe „Deutsche Nachkriegskinder – revisited“ in Berührung kam. Damals war ich noch selbst studentische Hilfskraft. In meinem Büro stand ein Scanner zur Verfügung, der per Parallelschnittstelle an den Arbeitsrechner angeschlossen war: ein Kodak i80. Dieser Flachbettscanner kostete seinerzeit wohl eine kleine vierstelllige Summe, war jedoch schon zu meinem Arbeitsbeginn nicht mehr auf dem Stand der Technik und furchtbar langsam. Jeder Scan dauerte damit mindestens eine Minute, vom Einlegen des Blatts bis zum fertigen Scan auf dem Rechner. Meistens dauerte es viel länger. Ein ganzes Archiv damit zu digitalisieren würde einen Menschen sehr viel Lebenszeit rauben.
Smartphone-Scanner (2012)
Seit der Verbreitung von Smartphones mit guten Kameras erschloss es sich mir nicht mehr über eine Minute auf einen Scan zu warten, wenn ich sofort ein digitales Abbild der Akte erhalten kann. 2012 entdeckte ich ein Crowdfunding-Projekt für eine Box, die es ermöglichte mit dem iPhone zu scannen, ohne die Kamera wackelig in der Hand zu halten, teils sogar mit eingebauter Beleuchtung. Ich baute mir zum Testen so selbst einen kleinen Smartphone-Scan-Automaten. Heutzutage gibt es solche fertige Boxen für wenig Geld.
Problematisch beim Smartphone-Scannen ist die fehlende Nachbearbeitung. Bilder sind oft verzerrt sein, die Farben und Lichtverhältnisse nicht korrekt wiedergegeben oder die Bilder sind unscharf, was man erst auf dem großen Bildschirm erkennen kann. Doch mit neuen Apps, die das Foto mit Algorithmen zu einem perfekten Scan zuschneiden, Farben und Licht optimieren, ist all das kein Problem mehr.
Im Alltag benutze ich keinen Scanner mehr, sondern die Scanbot-App der Bonner Entwickler von doo. Die Papierränder werden automatisch erkannt und das Bild automatisch nach der Scharfstellung und Dokumenterkennung ausgelöst. Danach landet das Bild sofort und ebenfalls automatisch in meiner Dropbox. Also muss ich nur noch meine Kamera ausrichten und danach kann ich das Ergebnis auf meinem Rechner begutachten.
Natürlich ist die Qualität dieser Bilder sehr unterschiedlich und hängt trotz aller Algorithmen sehr von den externen Lichtverhältnissen ab. Manchmal wird das Bild auch verzerrt, weil man die Kamera nicht perfekt gerade über das Blatt Papier gehalten hat. Trotzdem, mit der Handykamera und einer optimierten App könnte ich in meinen Tests etwa alle 30 Sekunden einen akzeptablen Scan erstellen.
Scannen mit dem Zeutschel zeta (2014)
Vor einem Jahr ist mir dann zum ersten Mal der Scanner der Firma Zeutschel bei Twitter über den Weg gelaufen. Ich war überrascht, dass eine Buchscanner-Firma mit sozialen Medien arbeitet. Um ehrlich zu sein, gibt es den Zeutschel zetal schon seit 2011 auf dem Markt. Doch erst eine Woche vor diesem Beitrag habe ich ihn dann endlich in der Bibliothek entdeckt und wollte ihn ausprobieren. Einen solchen Buchscanner kann man sich leider nicht selbst basteln und er liegt auch nicht im studentischen Budget. Umso schöner, dass die ULB Bonn ihn angeschafft hat.
Das Design des zeta erinnert ein wenig an Apple, zumindest ist es sehr hübsch für einen Buchscanner, die sonst eher funktionell gestaltet sind. Die einzige, aber dafür enorm störende Schwachstelle ist der Touchscreen, der leider nicht von Apple stammt. Das Betriebsystem ist Windows 7, das bekamen wir bei einem Absturz des Programms zu Gesicht. Wer Multi-Touch-Gesten und eine funktionierende Bildschirmtastatur gewohnt ist, wird enttäuscht. Buchstaben muss man mehrfach drücken, die Tastatur hat keine Umlaute und das Anpassen des Scanbereichs ist nur nach mehrfachem Probieren zu nutzen, trotz Multitouchfähigkeit des Bildschirms ist das wirklich enttäuschend für so ein hochpreisiges Gerät.
Wenn man aber etwas mit dem zeta gearbeitet hat, merkt man, dass einige Algorithmen im Hintergrund die Arbeit des Buchscanners unbemerkt erleichtern. Finger, die das Blatt festhalten, werden aus dem Bild heraus gerechnet und es schien mir, als würde der Scanner eine Wahrscheinlichkeit berechnen, wo die nächste Buchseite ist, damit er die Zuschnitte nicht bei jedem Scan neu festlegen muss.
Die Scans kann man in den Formaten .jpg, .tif oder .pdf speichern, sie haben eine Auflösung von 300 dpi, unter gewissen Einstellungen auch bis zu 600 dpi. Bei PDF-Dateien besteht die Möglichkeit mehrerer Scans in eine Datei zu speichern (Multisite). Auch die Zuschnitte lassen sich per Einstellung optimieren (nur links, nur rechts, automatisch teilen oder nicht teilen).
Der Scanvorgang selbst ist wirklich sehr komfortabel und blitzschnell. Mit den Fingern fixiert man das Blatt, tippt sobald eine grüne LED leuchtet auf die Scanbuttons, die an mehreren Stellen ergonomisch erreichbar sind und kontrolliert danach das Ergebnis auf dem Touchscreen. Sobald der nächste Scan gestartet wird, wird das vorherige Bild auf dem USB-Stick gesichert. Nur beim letzten Scan muss man aufpassen, dass man das Speichern nicht vergisst, bevor man den USB-Stick entfernt.
Nachdem wir alle Einstellungen einmal ausprobiert haben und einen optimalen Workflow zu zweit entwickelten (einer sortiert die Aktenblätter, legt sie auf den Scanner und fixiert sie, der andere scannt, kontrolliert, korrigiert und löst den nächsten Scan aus), haben wir die Zeit gemessen, die wir brauchten um eine Beispielakte zu scannen. In einer Stunde konnten wir 184 Aktenseiten scannen. Die Konzentration lässt mit der Zeit etwas nach, dafür gibt es Übungseffekte, die den gesamten Vorgang beschleunigen.
Scanbeispiele
Ergebnis
Um die Dauer der gesamten Digitalisierung aller Akten abschätzen, müssen wir wissen, wie viele Aktenblätter es gibt. Im Schnitt sind etwa 100 Aktenblätter pro Akte enthalten. Insgesamt haben wir 4095 Akten wiedergefunden, was bedeutet, dass bis zu 409.500 Aktenblätter gescannt werden müssten.

Schätzung der Arbeitsstunden zur Digitalisierung von 409.500 Aktenblätter mit klassischem Scanner, Smartphone und Buchscanner
Nach meiner Schätzung sind also mit aktueller Technik für die Digitalisierung der Nachkriegskinder-Akten 4451 Arbeitsstunden nötig. Das errechnet sich aus 184 Aktenblätter, die pro Stunde mit zwei Personen gescannt werden können, bei einer Anzahl von 409.500 zu scannenden Aktenblätter.
Diese Zahlen sind nur grobe Schätzwerte und können sich durch Übung, bessere Workflows und bessere Technologien in kurzer Zeit wieder verändern. Nicht eingerechnet ist die Zeit für die Verschlagwortung und Anreicherung mit Metadaten, die vermutlich noch einmal das Doppelte der Zeit kosten wird.
Über Anregungen, Erfahrungen, Hinweise auf andere Artikel, best practices und Kommentare, aus denen wir mehr über Digitalisierung lernen können, würden wir uns freuen. Eine Einführung, die ich mir als nächstes genauer anschauen werde, ist die “Checkliste Digitalisierung”, die unter folgendem Link abgerufen werden kann:
http://dx.doi.org/10.12752/2.0.001.1
Ein weiterer Linktipp aus dem Archivamtblog: Marcus Stumpf, Digitalisierungsstrategien in Deutschland – Versuch einer Bestandsaufnahme, 8.5.2014: http://archivamt.hypotheses.org/668
Disclaimer: Es gibt keinen zu erklärenden Interessenkonflikt, da dieser Artikel aus privatem Interesse geschrieben wurde.
Commémorer la Grande Guerre cent après: 100 Jahre Erster Weltkrieg (Paris, 19.06.2014)

Bild: “The Battle of Vimy Ridge” (ca. 1918), kollorierte Fotodruck von Richard Jack | Library and Archives Canada, Reproduction reference no. C-000148/MIKAN IDno. 2837452 | Public Domain
100 Jahre nach seinem Beginn ist der Erste Weltkrieg in den beteiligten Gesellschaften teilweise immer noch sehr präsent. Doch die Erinnerung an den Krieg ist weit davon entfernt, einheitlich zu sein. Die unterschiedlichen Beiträge der Zeitschrift, die dem Gedenken an den „Großen Krieg“ gewidmet sind, setzen sich aus internationaler Perspektive mit der derzeitigen Bedeutung der Erinnerung an 1914-18 auseinander.
Warum sind die Spuren des Konflikts im Sozialen und Politischen in Frankreich, Australien und Großbritannien so gegenwärtig, und warum sind sie, umgekehrt, in anderen Ländern wie Deutschland, Österreich oder den USA verwischt oder verdrängt?
Die Autoren beschäftigen sich mit dieser Frage, indem sie in ihre Überlegungen nicht nur die Erinnerungspolitiken von Staaten und territorialen Kollektiven, sondern auch das Gedenken in den Zivilgesellschaften einbeziehen. Durch diese Methode, angewandt auf 15 Länder weltweit, versucht, „Commémorer la Grande Guerre“ nationale Besonderheiten, aber auch grenz- und gruppenüberschreitende Erinnerungsräume hervorzuheben.
Programm:
Vorstellung der Zeitschrift “Matériaux pour l’histoire de notre temps“ (BDIC/ Association des amis de la BDIC) n° 113 und 114
Koordinatoren: Benjamin Gilles und Nicolas Offenstadt
Diskussionsrunde mit
- Benjamin Gilles, Konservator der BDIC, Bibliothèque de documentation internationale contemporaine, Verantwortlich für die Drucksammlung und die digitale Sammlung;
- Nicolas Offenstadt, Historiker an der Paris 1 Panthéon-Sorbonne,
- Arndt Weinrich, Historiker am Deutschen Historischen Institut (s. r.),
- Joseph Zimet, Direktor der Mission du Centenaire
Die Veranstaltung findet in Französischer Sprache am Donnerstag, den 19. Juni 2014 statt.
Veranstaltungsort- und beginn: Goethe Institut Paris, 17 avenue d’Iéna, 75116 Paris; 19 Uhr,
Der Eintritt ist frei, um Reservierung wird dennoch gebeten (Tel. +33 1 44439230).
IANUS-Ressourcen werden nun persistent refenziert
IANUS, das Forschungsdatenzentrum für die Archäologien und Altertumswissenschaften, hat eine technische Hürde beim Aufbau des Online-Archives erfolgreich gemeistert. Dank einer Kooperation mit da|ra erhalten ab sofort die wichtigsten Ergebnisse des Projektes, die über die Homepage von IANUS veröffentlicht werden, einen Digital Object Identifier (DOI). Damit können die elektronischen Ressourcen vergleichbar mit ISBN-Nummern dauerhaft und eineindeutig zitiert werden. Auch alle zukünftig bei IANUS archivierten Forschungsdaten werden einen solchen persistenten Identifikator erhalten.
IANUS ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes und vom Deutschen Archäologischen Institut koordiniertes Projekt, dessen Ziel der Aufbau eines nationalen Forschungsdatenzentrums für die Archäologien und Altertumswissenschaften in Deutschland ist.
http://www.ianus-fdz.de/news/73
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3633
Bilder aus dem besetzten Warschau (1941, September)
Bei der weiteren Bearbeitung der Fotos wurden vor kurzem diese Motive aus Warschau vom September 1941 gefunden – Marktplatz, Alter Markt, Schloßplatz, Straßenszenen… dazwischen sind immer wieder die Kriegszerstörungen der Stadt sichtbar. Auf der Rückseite der Fotos hat Karl Lutz jeweils das Motiv festgehalten, was den heutigen Bearbeitern natürlich die Identifizierung wesentlich erleichtert!
Die Veröffentlichungsform der Zukunft? Mein Lösungsvorschlag: Ein Aufsatz in Baum- und Ebenenstruktur.
Vorbemerkung der Redaktion:
Wir verstehen dieses Blog gerade auch als Experimentierkasten für eine Mediävistik 2.0, also eine interdisziplinäre Mittelalterforschung unter Einbezug digitaler Medien. Daher freuen wir uns ganz besonders über diesen Beitrag von Christian Schwaderer, der einen Aufsatz zu einem historiographischen Thema des 11. Jahrhunderts in einer für die historische Mediävistik völlig ungewohnten Form präsentieren will. Leider erlaubt die Struktur von WordPress bisher keine direkte Einbindung seiner XHTML-Datei. Öffnen Sie also parallel zur Lektüre seiner unten stehenden Erläuterungen folgende Seite
Christian Schwaderer: Gab es eine hystoria Gebhards von Salzburg?
Wir fänden es sehr erfreulich, wenn sich eine lebhafte Diskussion in den Kommentaren zu diesem Blogpost und dem sicher ungewöhnlichen Aufsatz in Baumstruktur entspannen würde.
Die Idee
Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist es, jedem und jeder genau die Information zu liefern, die er oder sie gerade braucht. Und zwar so schnell wie möglich.
In den Geisteswissenschaften ist es nach wie vor Usus, Ergebnisse in statischer Textform zu veröffentlichen. Dieses Medium – der statische Text als Buch und auf Papier – blickt auf eine jahrhundertelange Entwicklungsgeschichte zurück. Immer wieder wurde versucht, das Medium besser aufzubereiten und schneller erfassbar zu machen: So entstanden Inhaltsverzeichnisse, Zwischenüberschriften und Abstracts.
Nun ist es wieder an der Zeit, Neuerungen einzuführen.
Selbst ein auf klassische Weise gut strukturiertes Buch zwingt zum oft langwierigen Blättern und Überfliegen, wenn man sich nur für einen bestimmten Aspekt interessiert.
Wünschenswert wäre daher, dass Texte so kleinteilig gegliedert werden, dass Haupt- und Nebenpunkte klar erkennbar und ohne Zeitverlust zugänglich sind.
Hierbei müssen wir auf Möglichkeiten zurückgreifen, die uns das Papier nicht bietet, die elektronisch aber einfach umsetzbar sind.
Das alles soll das Lesen und Rezipieren einfacher und schneller machen, während es das Schreiben und Verfassen aufwendiger und fordernder macht.
Die Geisteswissenschaften verdienen ihre Daseinsberechtigung nicht zuletzt dadurch, dass sie kulturelle Zeugnisse, Informationsträger und Dokumente erschließen, auswerten und verfügbar machen.
Wie man die Möglichkeiten digitaler Medien konsequent ausschöpft, wie man Gedanken anders als in klassischer Fließtextform darstellen könnte, ist seit geraumer Zeit Gegenstand langer Diskussionen – aber den entscheidenden Impuls konnten die Geisteswissenschaften bislang nicht setzen,
Auch hier ergibt sich also ein Motivations- und Ansatzpunkt.
Persönlich formuliert: Wenn es dereinst hieße, die Mittelalterwissenschaft des frühen 21. Jahrhunderts habe zwar inhaltlich keine wesentlich neuen Ansätze hervorgebracht, aber die Art und Weise, wie Informationen in Textform gegossen und verarbeitet werden, grundlegend verändert – dann wäre zumindest ich äußerst zufrieden.
Die Umsetzung – ein Lösungsvorschlag
Mein Lösungsvorschlag ist ein Text in Baum- und Ebenenstruktur: Das Dokument enthält viel mehr Zwischenüberschriften und viel mehr Gliederungsebenen als ein Werk klassischen Zuschnitts. Der Clou ist die Ein- und Ausblendbarkeit: Leser_innen können entweder ausblenden, was sie nicht interessiert, oder zunächst alles ausblenden und anschließend nur das einblenden, was sie tatsächlich lesen wollen.
Die einzelnen Ebenen sind durch Einrückung und immer dunklere Hintergrundfarben voneinander geschieden. Wichtiges steht auf höheren Ebenen, Unwichtigeres auf niedrigeren. So ist sofort erkennbar, was zentral ist und was eine (kleinteilige) Begründung der zentralen Punkte darstellt. Platz ist nicht kostbar.
Das Dokument beginnt mit einer klaren Überschrift und einem zweistufigen Abstract: zunächst in allerknappster Form, dann etwas detaillierter. Navigation und Übersicht werden durch zwei Leisten gewährleistet: Durch die Linkleiste links gelangt man zu den einzelnen Kapiteln (jeweilige Ebenen sind ein- und ausklappbar), die Statusleiste oben gibt an, in welchem Kapitel/Abschnitt sich der Mauszeiger gerade befindet. So ist die Orientierung im Dokument stets gewährleistet.
Der Zugriff kann ebenso über Indizes funktionieren. Das Personenverzeichnis funktioniert dabei ganz herkömmlich – mit einer Ausnahme: Statt Seitenzahlen stehen interne Links mit einem „Pfad“, der angibt, wo die jeweilige Person besprochen wird. Link und Pfad machen das Durchforsten des Registers gegenüber dem gedruckten Pendant deutlich schneller: Der Klick auf einen Link führt sofort zum gewünschten Ziel, der Pfad lässt oftmals erahnen, in welchem Kontext eine Person genannt wird. In den meisten Fällen kann eine Leserin hier schon entscheiden, ob die Stelle für ihre Frage überhaupt relevant ist.
Die Personenverlinkung im Text erspart lästiges Scrollen: Ein Klick auf eine Person im Text führt zum Index und damit zu allen anderen Erwähnungen desselben Menschen.
Das I-Tüpfelchen findet sich im Fazit: ein Prozentwert der subjektiven Sicherheit. Während man im Laufe einer geisteswissenschaftlichen Ausbildung nur allzu gut lernt, sich hinter Formulierungen zu verstecken, ist ein Autor durch diese Neuerung gezwungen, Farbe zu bekennen: Wie sicher bin ich mir, dass stimmt, was ich schriebe? Handelt es sich um pure Spekulation, die ich zur Diskussion stellen will? Bin ich überzeugt, wasserdichte Argumente geliefert zu haben? Der Prozentwert (und seine farbliche Visualisierung) soll zusätzlich zum Text hierüber eine klare Angabe machen und so den Lesenden ermöglichen, die vorgetragene These sofort einzuordnen.
Vorteile
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Überschrift und Abstract machen sofort klar, worum es geht.
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Hauptpunkt und wesentliche Thesen sind sofort erkennbar: Sie stehen auf der höchsten oder zweithöchsten Ebene.
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Nebenpunkte können leicht angesteuert werden. Sie stehen nicht versteckt in den Fußnoten, sondern sind mit einer aussagekräftigen Überschrift versehen logisch in die Argumentation eingebettet.
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Als unwichtig oder störend empfundene Abschnitte können ausgeblendet werden. Dann stören sie nicht mehr.
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Die subjektive Sicherheit der These ist transparent.
Nachteil
Der Lesefluss: Die vielen Ebenenwechsel, die Zwischenüberschriften und die Links machen es schwer, das Dokument in einem Zug zur Gänze zu lesen. Der Text lässt sich nicht rezipieren wie ein Kriminalroman. Aber er lässt sich lesen, wie man quellenkritische Aufsätze normalerweise liest: Zuerst Übersicht verschaffen, dann (eventuell) Details sehr genau anschauen und zerpflücken.
Der technische Hintergrund
Das Baumstruktur-Dokument, das Sie sehen, ist ein automatisch erzeugtes Produkt. Das Original-Dokument, in dem der Aufsatz entstand, ist nicht technisch, sondern semantisch strukturiert und ausgezeichnet. Das bedeutet, einzelne Elemente werden vom Autor mit einer „Bedeutung“ versehen. Etwa: „Das ist ein Personenname!“
Als Format für das Original-Dokument dient die XML-TEI-Norm, ein Standard, der ursprünglich für die Dokumentenerschließung (bspw. Transkription und Edition historischer Quellen) konzipiert wurde, sich aber (mutatis mutandis) auch für die Erstellung neuer Texte eignet.
Aus einem solchermaßen strukturierten Dokument können sehr viele Ausgabeformate erzeugt werden. Nach vordefinierten Vorgaben (XSLT-Skript) wird so bspw. aus einem Personennamen ein Hyperlink.
Dafür, dass das Original-Dokument auch so strukturiert ist, dass sich problemlos die Baum- und Ebenenstruktur daraus erzeugen lässt, sorgt eine automatische Kontrolle schon während des Erstellens und Schreibens (Schematron). Falsche Elemente werden markiert und mit einer aussagekräftigen Fehlermeldung versehen. So können Verarbeitungsfehler größtenteils ausgeschlossen werden.
Das Ein- und Ausblenden der einzelnen Abschnitte oder Kapitel funktioniert mittels JavaScript.
Wenn Sie ein Dokument in diesem Format erstellen möchten
Ich würde mich sehr freuen, wenn das von mir vorgeschlagene Format aufgegriffen und weiterverwendet würde. Es bleibt abzuwarten, ob daraus eine eigene Reihe oder Online-Zeitschrift erwachsen wird.
Das Verfassen eines Textes in dem vorgeschlagenen Baumstruktur-Format ist ein klein wenig aufwendiger als etwa in Word oder OpenOffice, erfordert aber kein Informatikstudium.
Sie brauchen einen XML-Editor wie etwa Oxygen (womöglich über Ihre Universität bereits lizenziert) und ein grobes Verständnis des Aufbaus von XML-Dokumenten. Der Rest ist Learning-by-doing.
Weil die Entwicklung des hier vorgestellten Formats noch nicht abgeschlossen ist, kann es momentan noch keine detaillierte Dokumentation geben.
Wenden Sie sich bitte daher direkt an mich (christian.schwaderer@uni-tuebingen.de) und sagen Sie mir kurz, über welche Vorkenntnisse Sie verfügen. Ich werde Sie dann mit den nötigen Dateien und Informationen versorgen.
„Gastarbeiter“ im eigenen Land
Visual History: ARCHIVSOMMER 2023
Die Erstveröffentlichung dieses Artikels erfolgte im Juni 2014
Eine Grundfrage der von Péter Korniss erstellten fotografischen Arbeiten war stets die nach den Möglichkeiten der transgenerationalen Weitervermittlung von Werten innerhalb einer Gemeinschaft. Geht die „alte Welt“, gehen die ländlichen Traditionen in unserer modernen Zeit unwiederbringlich verloren? Werden die Bräuche vom Neuen überlagert? Oder gibt es Spuren des Vergangenen, die erfolgreich mit in die Zukunft übernommen werden können? Bei der Beschäftigung mit Korniss‘ fotografischem Werk fällt auf, dass er im Zuge seiner Arbeit eine Bindung, teilweise sogar Freundschaften, zu den fotografierten Menschen aufbaute und dass er sie über längere Zeiträume hinweg begleitete.
Die ersten Bilder der hier vorgestellten Fotoreihe hat der Fotograf Ende der 1970er-Jahre aufgenommen. Das Konzept des Projekts entwickelte sich im Laufe der Arbeit, wobei zu Beginn keineswegs klar war, ob und in welcher Form das Ergebnis später präsentiert werden würde. „Der Gastarbeiter“ entstand im eigenen Auftrag.
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Quelle: https://visual-history.de/2023/08/16/gastarbeiter-im-eigenen-land/