Das Kloster als Paradies

1702 feierte die Schweizerische Benediktinerkongregation ihr 100-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass erschien als Festschrift die „IDea saCRæ CongregatIonIs heLVeto-beneDICtInæ“ (Sankt Gallen 1702), verfasst von dem Sankt Galler Mönch Mauritius Müller. Sein Mitbruder Gabriel Hecht entwarf die emblematischen Stiche, auf denen die einzelnen Klöster der Kongregation zu sehen sind. Gleich zwei von ihnen werden durch Paradies-Motive symbolisiert. Ein emblematisches Medaillon zeigt eine Insel in einem Fluss. Zwischen den Bäumen weiden friedlich verschiedene Tiere: Hirsche, Rinder, Schafe, ein Dromedar, auch ein Storchenpaar ist zu erkennen, ein [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/3295

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Ausstellung: "Merkur & Co. – Kult und Religion im römischen Haus"

Abb. 1: Lebensbild, Kulthandlung am Hausaltar
Das Historische Museum Baden (Schweiz) präsentiert vom 1. Februar bis zum 26. Mai 2013 die Sonderausstellung "Merkur & Co. - Kult und Religion im römischen Haus".

Anhand von 150 Originalfunden aus der Schweiz wird die römische Religion im privaten Rahmen vermittelt.

Abb. 2: Gorgo
Die Ausstellung ist eine Wanderausstellung des Museums für Urgeschichte(n) Zug, die durch Funde aus Baden ergänzt wird. 
Besondere Beachtung verdienen die Götterfiguren eines Hausheiligtums, welche 1871 in Baden gefunden wurden. 
Ergänzt wird die Ausstellung von einer Fotoserie des Badener Stadtfotografen André Urech, der sich auf die Suche nach Religion und Kult in heutigen Haushalten gemacht hat. 
Die Sonderausstellung wird durch ein Rahmenprogramm und Veranstaltungen für Schulen erweitert.


Abb. 1 u. 2: Historisches Museum Baden

Quelle: http://provinzialroemer.blogspot.com/2013/03/ausstellung-merkur-co-kult-und-religion.html

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Archäologie im Thurgau – Literaturdownload

Auf der Seite der Kantonsarchäologie Thurgau werden vergriffene Publikationen zum freien Download angeboten, u.a. "Arbon - Arbor Felix. Das spätrömische Kastell" und ein Katalog zu Holzgegenständen aus Vitudurum und Tasgetium. Der Downloadbereich teilt sich in die drei Bereiche "Archäologie im Thurgau"
Ausstellungskataloge und Fachartikel.

Quelle: http://provinzialroemer.blogspot.com/2013/03/archaologie-im-thurgau-literaturdownload.html

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XI Konferenz “Kultur und Informatik”

Vom 23. bis 24. Mai 2013 findet die 11. Veranstaltung der Reihe „Kultur und Informatik“ im Pergamon Musum in Berlin statt. Die Veranstaltung stellt Best-Practice-Beispiele, Heraus­for­derungen und Ent­wick­lungs­ten­den­zen im Bereich von Visualisierungen und Interaktionen in den Mittelpunkt. Die Konferenz richtet sich einerseits an Kulturpolitiker, Mitarbeiter der Kultur- und Kreativwirtschaft, an Kommunikationswissenschaftler, Kultur- und Kunstakteure sowie andererseits an Informatiker und Techniker, die zu kulturellen Themen forschen und entwickeln.

Fünf zentrale Fragen stehen im Mittelpunkt der verschiedenen Vorträge und Präsentationen:

  • kulturpolitische Rahmenbedingungen,
  • die Verflechtung und gegenseitige Beeinflussung von Kultur und Informatik,
  • Einfluss von Kunst und Kultur auf die Gestaltung der Zukunft,
  • die mediengerechte Aufbereitung von Informationen sowie
  • die intuitive Benutzung von Mediensystemen.

Diese zentralen Fragestellungen sollen vorrangig anhand von Best-Practice-Beispielen für die Kultur- und Kreativ­industrie analysiert, demonstriert und diskutiert werden.

Call for Paper bis 31. Januar 2013:

Themenvorschläge für Vorträge, Plakate oder Demonstrationen können bis 31. Januar 2013 als Abstract in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden. Vorschläge zu folgenden Gebieten sind gewünscht:

  • Visualisierungs- und Interaktionstechniken,
  • Informations-, Visualisierungs- und Kommunikationssysteme in öffentlichen Räumen,
  • Interaktive Multimedialösungen für Museen, Theater, Konzerthäuser, Ausstellungen etc.
  • Interaktive Systeme in der Kultur- und Kreativwirtschaft,
  • Stadt- und Tourismusinformationssysteme,
  • Digitale Messen, Science Center, Museen, Galerien und Ausstellungen,
  • Virtuelle Rekonstruktionen,
  • Augmented Reality,
  • Media Architecture, speziell digitale Erweiterung realer Gebäude und Stadtquartiere,
  • Positions- und kontextsensitive Dienste,
  • Dokumentieren, Visualisieren und Interagieren in Museen und Archiven,
  • Spielbasierte Aufbereitung von Informationen,
  • Digitales Story Telling,
  • Multimedia-Guides,
  • weitere mit der Themenstellung “Visualisieren, Erkunden, Interagieren” verbundene Fragestellungen

Die Einreichung (1-3 Seiten DIN A4) sollte den Umfang des Beitrages, Vorteile, Theorien und/oder Anwendungen und Ergebnisse enthalten. Des Weiteren sollte der Beitrag so strukturiert sein, dass das Programmkomitee in der Lage ist, die Originalität und den Wert der Leistung zu verstehen.

Eine Einsendung impliziert den Willen, sich für die Konferenz zu registrieren und den Beitrag, insofern dieser akzeptiert wird, auf der Konferenz zu präsentieren.

Die Einsendung der Themenvorschläge erfolgt online als PDF über das Konferenzmanagementsystem der Forschungsgruppe INKA. Erstbenutzer registrieren sich bitte vorab.Sollten Sie hierbei Probleme haben, wenden Sie sich bitte an die Veranstalter.

Alle angenommenen Beiträge werden in den Konferenzband aufgenommen. Der Verlag wird derzeit bestimmt und im Januar 2013 hier veröffentlicht. Eine TeX Vorlage zur Einreichung des finalen Beitrages wird hier im Januar 2013 bereitgestellt.

Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Internetseite des Veranstalters hier.

Quelle: http://dss.hypotheses.org/817

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Handyverbot oder “Wie ich trotz Jeans in die Gemäldealerie Alte Meister gelassen wurde”

Versucht man in der Galerie Alte Meister  sich mit Hilfe eines Telefons Notizen zu machen, wird man schnell aber bestimmt darauf hingewiesen, dass die Benutzung von Telefonen oder Tablets dort nicht gestattet ist. Wiederkehrendes Argument ist: “Das ist wie eine Kirche hier.” Was ist damit gemeint und wieso das Verbot?

Bringen  Telefone oder Rechner Aktivitäten in die heiligen Hallen des Museums, die ohne technische Unterstützung nicht möglich wären? Fotografieren:  ist ohnehin verboten. Lautes Sprechen: wäre auch analog möglich und verbietet sich durch die Etikette. Übersetzen von Wörtern: können nicht-deutschsprachige Besucher mit mitgebrachten Wörterbuchern erledigen. Einholen von Informationen: geschieht, wie vielfach zu beobachten ist, qua Audioguide, Reiseführer in Buchform oder freundliche Mitarbeiter des Museums.

Wenn also all diese Aktivitäten keineswegs durch die Technik in das Museum gebracht werden, sondern dort schon praktiziert werden, wo ist dann das Problem mit den Geräten? Schäden an den Bildern oder Irritationen der Überwachungstechnik  durch Strahlung oder Elektrosmog sind schließlich nicht zu befürchten, das bestätigt sogar das Museumspersonal.

Nein, der Grund ist, “es ist wie eine Kirche hier.” Das Museum wird zu einem sakralen Ort erklärt, dessen besonderer Status gewahrt bleiben soll. Von Telefonen und Tablets wird vermutet, dass sie per se mit dieser quasi-Transzendenz unvereinbar sind. Die Angst ist, dass die bloße Anwesenheit von Technik die Außeralltäglichkeit der Galerie zerstört: “Wenn einer anfängt, dann benutzen das hier alle.” Dieser Auffassung wiird allerdings nicht konsequent gefolgt, da für die Ausstellung Die Sixtinische Madonna. Raffaels Kultbild wird 500 eine App angeboten wurde.

Eine weitere Befürchtung sind Verstöße gegen das Urheberrecht. “Nicht alle Besucher”, so erfährt man, “wissen, dass sie Fotos nicht einfach ins Internet stellen können, ohne Rechte zu verletzen.” Da das Fotografieren allerdings ohnehin verboten ist und die Rechtsverstöße ja in der individuellen Verantwortung der Besucher liegen, ist das vorbeugende Verbot bestimmter Geräte wenig nachvollziehbar.

Grundlegend für das Technik- und Selbstverständnis der Alten Meister scheint jedoch der Einwand, die Technik würde die Konzentration auf die Kunst vermindern. Anders als Audio-Guides (die bei Maximallautstärke eine erhebliche Lärmbelästigung darstellen können) und Führungen, deren Teilnehmer dem nichts ahnenden Betrachter der Werke unvermittelt den Blick verstellen können, würden Telefone und Tablets auch nicht-kunstbezogene Beschäftigungen erlauben. Ganz anderer Fall als das Gespräch eines Pärchens, dass sich von den Bildunterschriften der Renaissance-Gemälde Inspiration für die Namensgebung ihres Nachwuchses inspirieren lassen wollte–

Was in der Gemäldegalerie Alte Meister zur Zeit mit Strenge durchgesetzt wird, ist eine Einschränkung der Freiheit, mit Hilfe von Technik auf Informationen zuzugreifen, die  nicht von den Ausstellungsmachern bedacht und ausgewählt wurden. Das wenig überzeungende Argument ist eine Störung der Sakralität dieses “Heiligthumes der Kunst”. Da von den Besuchern  analoge (d.h. gedruckte oder menschliche) Informations- und Störquellen durchaus in Verwendung genommen dürfen, bleibt nach dem Besuch des Museums der Eindruck, dass es sich um eine rein ästhetische Entscheidung handelt.

Beim Hinausgehen auf die Straße war ich daher nachträglich verwundert, dass ich mit Jeans bekleidet überhaupt in die heiligen Hallen vorgelassen worden war.

 

Quelle: http://dss.hypotheses.org/659

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Handyverbot oder “Wie ich trotz Jeans in die Gemäldealerie Alte Meister gelassen wurde”

Versucht man in der Galerie Alte Meister  sich mit Hilfe eines Telefons Notizen zu machen, wird man schnell aber bestimmt darauf hingewiesen, dass die Benutzung von Telefonen oder Tablets dort nicht gestattet ist. Wiederkehrendes Argument ist: “Das ist wie eine Kirche hier.” Was ist damit gemeint und wieso das Verbot?

Bringen  Telefone oder Rechner Aktivitäten in die heiligen Hallen des Museums, die ohne technische Unterstützung nicht möglich wären? Fotografieren:  ist ohnehin verboten. Lautes Sprechen: wäre auch analog möglich und verbietet sich durch die Etikette. Übersetzen von Wörtern: können nicht-deutschsprachige Besucher mit mitgebrachten Wörterbuchern erledigen. Einholen von Informationen: geschieht, wie vielfach zu beobachten ist, qua Audioguide, Reiseführer in Buchform oder freundliche Mitarbeiter des Museums.

Wenn also all diese Aktivitäten keineswegs durch die Technik in das Museum gebracht werden, sondern dort schon praktiziert werden, wo ist dann das Problem mit den Geräten? Schäden an den Bildern oder Irritationen der Überwachungstechnik  durch Strahlung oder Elektrosmog sind schließlich nicht zu befürchten, das bestätigt sogar das Museumspersonal.

Nein, der Grund ist, “es ist wie eine Kirche hier.” Das Museum wird zu einem sakralen Ort erklärt, dessen besonderer Status gewahrt bleiben soll. Von Telefonen und Tablets wird vermutet, dass sie per se mit dieser quasi-Transzendenz unvereinbar sind. Die Angst ist, dass die bloße Anwesenheit von Technik die Außeralltäglichkeit der Galerie zerstört: “Wenn einer anfängt, dann benutzen das hier alle.” Dieser Auffassung wiird allerdings nicht konsequent gefolgt, da für die Ausstellung Die Sixtinische Madonna. Raffaels Kultbild wird 500 eine App angeboten wurde.

Eine weitere Befürchtung sind Verstöße gegen das Urheberrecht. “Nicht alle Besucher”, so erfährt man, “wissen, dass sie Fotos nicht einfach ins Internet stellen können, ohne Rechte zu verletzen.” Da das Fotografieren allerdings ohnehin verboten ist und die Rechtsverstöße ja in der individuellen Verantwortung der Besucher liegen, ist das vorbeugende Verbot bestimmter Geräte wenig nachvollziehbar.

Grundlegend für das Technik- und Selbstverständnis der Alten Meister scheint jedoch der Einwand, die Technik würde die Konzentration auf die Kunst vermindern. Anders als Audio-Guides (die bei Maximallautstärke eine erhebliche Lärmbelästigung darstellen können) und Führungen, deren Teilnehmer dem nichts ahnenden Betrachter der Werke unvermittelt den Blick verstellen können, würden Telefone und Tablets auch nicht-kunstbezogene Beschäftigungen erlauben. Ganz anderer Fall als das Gespräch eines Pärchens, dass sich von den Bildunterschriften der Renaissance-Gemälde Inspiration für die Namensgebung ihres Nachwuchses inspirieren lassen wollte–

Was in der Gemäldegalerie Alte Meister zur Zeit mit Strenge durchgesetzt wird, ist eine Einschränkung der Freiheit, mit Hilfe von Technik auf Informationen zuzugreifen, die  nicht von den Ausstellungsmachern bedacht und ausgewählt wurden. Das wenig überzeungende Argument ist eine Störung der Sakralität dieses “Heiligthumes der Kunst”. Da von den Besuchern  analoge (d.h. gedruckte oder menschliche) Informations- und Störquellen durchaus in Verwendung genommen dürfen, bleibt nach dem Besuch des Museums der Eindruck, dass es sich um eine rein ästhetische Entscheidung handelt.

Beim Hinausgehen auf die Straße war ich daher nachträglich verwundert, dass ich mit Jeans bekleidet überhaupt in die heiligen Hallen vorgelassen worden war.

 

Quelle: http://dss.hypotheses.org/659

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Unterwegs: München

Nach meiner Archivrecherche Anfang 2011 hatte ich letzte Woche wieder die Gelegenheit zu einem München-Besuch. Ich bin gleich mal über einen Fingerabdruck gestolpert. Bei der Ausstellung Spuren des Märchenkönigs – Ludwig II. und die Bayerische Staatsbibliothek, die noch bis zum 20.1.2012 zu sehen ist, wurde versucht, auch das Wort Spuren zu illustrieren; da kommt dann schnell mal ein Fingerabdruck raus – ich bezweifle aber mal, dass das der Fingerabdruck Ludwigs II. ist.

Grund für meinen München-Besuch war ein Vortrag, den ich im Rahmen des Oberseminars von Prof. Szöllösi-Janze gehalten habe. Wer sich für die Präsentation interessiert, wird hier fündig: Klassifizieren, ordnen, archivieren – Erkennungsdienstliche Techniken zur Identifizierung von StraftäterInnen an der Wende zum 20. Jahrhundert

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=3865

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Objekt des Monats: Die Fingerabdrücke von Marcel Frydmann-Prawy

Der Hinweis darf hier natürlich nicht fehlen:
Anlässlich zur Ausstellung “Marcell Horace Frydmann Prawy. Neues aus dem Nachlass” (1.12.-29.2.) präsentiert die Wienbibliothek als Objekt des Monats Dezember die Fingerabdruckkarte von Marcell Frydmann-Prawy, der im Februar 1941 aus Wien floh und in Kalifornien im “Bureau of Identification” seine Fingerabdrücke abgeben musste.

Die Karte vermittelt einen ganz guten Eindruck von der Praxis der Identifizierung mittels Daktyloskopie. Oben sind die gerollten Einzelfinger zu sehen, und unten gedrückt alle Finger gleichzeitig. Die gerollten Fingerabdrücke wurden dann verformelt. Die handschriftlichen hinzugefügten “w” bei jedem Finger zeigen an, dass Marcell Frydmann-Prawy an allen Fingern Wirbelmuster (Whorl) hatte. Oben rechts ist die Klassifikationsnummer zu sehen, die aufgrund der Musterverteilung errechnet wurde. Die Fingerabdruckformel wurde dann mit dem bestehenden Register verglichen und führte in diesem Fall zu keinem Treffer, wie der Stempel unten rechts (“No Fingerprint Record”) anzeigt.

 

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=3760

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Bibliotheken – Eine Ausstellung über ihre Architektur, Geschichte und Zukunft

Bibliothèque nationale de France, site Richelieu (salle ovale)

Jahrhundertelang waren Bibliotheken und Archive die wichtigsten Speicher des Geschriebenen. Vor allem die Bibliotheken waren die zentralen Sammelpunkte für das abstrakte Wissen und die Kondensate menschlichen Denkens. Doch mit dem Web haben diese Einrichtungen eine Konkurrenz bekommen. Man könnte sagen, die Basiliken der Bücher werden unaufhaltsam vom digitalen Basar abgelöst.

Anlass genug, um über die künftige Rolle von Bibliotheken neu nachzudenken. Da kommt die Münchener Ausstellung  Die Weisheit baut sich ein Haus. Architektur und Geschichte von Bibliotheken gerade recht. Sie widmet sich der Geschichte von Bibliotheken zunächst aus architekturgeschichtlicher Sicht.

Dabei lassen sich auch neue Ideen gewinnen, wie Orte aussehen können, an denen Wissen für alle bereitgestellt werden soll. Und am Ende ging ich mit dem Gedanken hinaus, dass nicht nur das Web die Bibliotheken, sondern auch die Bibliotheken das Web verändern werden.

1. Versuche, die Welt zu ordnen

Diderot - Œuvres complètes, éd. Assézat, XIII - 175

Die schematische Darstellung der menschlichen Wissensgebiete der Enzyklopädisten wurde oft zum Modell einer Bibliotheksordnung erkoren

Die erste Abteilung der Ausstellung macht dem Besucher klar, wie intensiv sich der Architekt (seltener: die Architektin) einer Bibliothek mit der „Ordnung der Dinge“ (Michel Foucault)  auseinandersetzen muss. Natürlich haben die „Baumeister“ der Bibliotheken viele praktische Probleme zu lösen: Licht, Zugänge, Deckenbelastungen. Aber die Architektur der Bibliotheken ist von Beginn an eng mit dem Welt- und Menschenbild der Bauherren und Architekten in ihrer Epoche verzahnt. Das kommt schon in den Raumkonzepten oder in den  Bildprogrammen zum Ausdruck.

Bibliotheken versuchen dabei nicht nur den jeweils aktuellen Kenntnisstand zu erfassen und zu ordnen, sie weisen auch immer über ihre Zeit hinaus. Man könnte sagen, Bibliotheksbau ist immer eine Weltinterpretation oder eine Weltaneignung mit einem Fahrplan wohin die Reise gehen soll und einer Idee, wie diese Reise zu organisieren ist. Der Bibliotheksbau ist ein ganz besonderer Erkenntnisweg für die Beteiligten.  Wenn man beispielsweise als Architekt des 17. Jahrhunderts davon ausgeht, dass die Welt einer göttlichen Ordnung entspricht, dass sie ein „Kosmos“ ist, den es zu entdecken gilt, dann wird der Bau einer Klosterbibliothek zur Gottsuche.

Ich glaube, dass die anhaltende Attraktivität von Bibliotheken – gerade die der modernen und bürgerlichen – viel damit zu tun hat, dass sie verallgemeinerbare Utopien zum Ausdruck bringen. Man findet zumindest in den in Bibliotheken seit dem Mittelalter mehr als nur Wissen. Man muss sich nur umsehen.

In jedem Fall eröffnet sich ein interessantes Forschungsgebiet für diejenigen, der sich ideologiekritisch an das Thema heranwagen. Und dieses Forschungsgebiet ist sogar sehr relevant, weil sich täglich Milliarden von Menschen in der größten Bibliothek der Welt – dem Web – aufhalten. Diese digitale Bibliothek nutzen und ergänzen sie jeden Tag, verändern und ordnen sie; wenn auch nicht mit den Methoden der Bibliothekare der Papier-Bücher. Hier wird jeden Tag konkret bestimmt, was Wissen ist, was wichtig und was aufhebenswert. Dieser Gedanke schwingt bei Blick auf die historischen Bibliotheken in dieser Ausstellung immer mit.

Das Web aktualisiert damit die alte Utopie einer umfasssenden Universalbibliothek. Seit der Bibliothek von Alexandria träumt die Menschheit von einer kompletten Sammlung des Wissens, zumindest träumt sie davon, Zugriff auf dieses Wissen an einem einzigen Ort zu haben. Doch das wurde spätestens mit  Erfindung des Buchdrucks völlig unmöglich. Das rapide Anwachsen des globalen Buchbestands hat noch jeden Versuch, diesen an einem Ort verfügbar zu machen, ad absurdum geführt.

Schon Gottfried Wilhelm Leibniz Leibniz (1646-1716) erwog in der Not die Einrichtung einer „Kernbibliothek“ mit den wichtigsten Werken. Paul Otlet (1868 – 1944) und Henri La Fontaine (1854 – 1943) gründeten 1894 das Mundaneum, das bis 1930 über sechzehn Millionen bibliographische Einträge aufwies. Und auch Vannevar Bush (1890 – 1974) griff mit dem Hypertext-Konzept Memex die Idee auf, dass man den Wissensbestand der Menschheit wenigstens verzettelbar machen könnte.

Und nun scheinen diese Utopien des Vollzugriffs über das Web wirklich erreichbar. Dabei könnte man aus der langen Geschichte der Bibliotheken den Schluss ziehen, sich nicht mit Vollständigkeitsvorstellungen und der Suche nach universalen Ordnungsmustern zu belasten. Es ist einfach sinnvoller, die Wissensproduktion in Bewegung zu denken. In diesem Sinn will die heutige Bibliotheksordnung vor allem „praktisch“ sein. Winfried Nerdinger plädiert in der Aufsatzsammlung zur Ausstellung für eine dynamische, stets in Bewegung befindliche und der Bibliothek angemessene Ordnung (S. 31).

Bei der Betrachtung der dynamischen Wissensproduktion und der Bücherbewegungen sind nicht zuletzt die Lücken interessant. Worüber wird nicht gesprochen? Welches Wissen wird nicht in Büchern festgehalten und bereitgestellt? Welche Disziplinen und Themen treten wann und warum in den Hintergrund? Was ging dabei verloren? Die wissenschaftlichen Ordnungsversuche und Lernprozesse sagen erstaunlich viel über die Gesellschaft, über Kulturen und Klassen einer Epoche aus. Damals wie heute.

2. Weltaneignung und kulturelle Hegemonie


Der zweite Teil der Ausstellung ist sicher der visuell interessanteste. Hier rekonstruieren Baumodelle und erstklassige Aufnahmen die Entwicklungsgeschichte von Bibliotheken seit der Antike. Nur langsam entwickelte sich aus Archiven erste Bibliotheken.

Auch wenn der Fokus der Ausstellung auf der Baugeschichte liegt, erfährt man vor allem in der Aufsatzsammlung immer wieder Interessantes in Nebensätzen. Die Palastbibliothek des Assyrischen Herrschers Assurbarnipal (668-627 v.Chr.) hatte den Zweck, sich die Kultur der unterworfenen Babylonier anzueignen (S. 263). Auch in Rom waren größere Büchersammlungen zuerst Beutestücke aus Kriegen im Osten. Die Geschichte von Bibliotheken erweist sich nicht selten als Geschichte einer Sammlung von Herrschaftswissen, ist Ergebnis von Beutezügen oder Aneignung fremder Kulturgüter – von der Antike bis heute.

Im europäischen Mittelalter waren Bücher vor allem Gebrauchsgegenstände. Sie wurden dort aufgestellt, wo sie täglich benötigt werden. Die Idee, mit Bibliotheken ein kulturelles Gedächtnis zu schaffen, entwickelte sich in der frühen Neuzeit. Es entstanden Kloster-, Universitäts- oder Fürstenbibliotheken. Sie dienten unter anderem der Repräsentation der Auftraggeber, brachten ihren Herrschaftsanspruch und ihre Ordnungsvorstellungen zum Ausdruck.
Bibliothek.Admont gesamt

Das machen nicht zuletzt die barocken Kloster-Bibliotheken deutlich. Sie wurden als palastartige Anlagen geplant und waren im Unterschied zu ihren mittelalterlichen Vorläufern zentrale Gebäude im gesamten Bau-Ensemble.

Heinfried Wischermann meint allerdings in seinem Aufsatz, Barockbibliotheken wären gar keine Demonstration der Macht gewesen. Die Bücherbestände der barocken Klosterbibliotheken hätten einerseits eine praktische Funktion für Studium, Seelsorge, Predigt und Schule gehabt. Sie wurden andererseits als „Heilmittel“ für „Gemüths-Kranckheiten“ und „für die Seele“ betrachtet. (S.113) Ich glaube Wischermann hat recht, wenn er darauf drängt, in der Interpretation nicht zu kurz zu springen. Aber sein Hinweis provoziert gleich weitere Fragen: Heilmitttel wovon? Aus welchen Verhältnissen konnte man dort ausbrechen? Welche Funktion haben Klosterbibliotheken im 18. Jahrhundert? Im Zeitalter von Konfessionskriegen und Aufklärung? Die historischen Gegenbewegungen bleiben wie so oft ausgeblendet.

Es ist eine Schwäche der Ausstellung, dass die sozial- und kulturgeschichtlichen Einordnungen sehr blass bleiben. In der Aufsatzsammlung scheinen zwar Zusammenhänge durch, doch man findet nur wenige Ansatzpunkte, welche Auseinandersetzungen die Geschichte der Bibliotheken vorantrieb und welche Rolle die inhaltlich sehr unterschiedlichen Bibliotheken mit ihren jeweiligen Trägern und spezifischen Sammlungsschwerpunkten darin spielten.

Ist das von einer Ausstellung über Architektur auch zu erwarten? Eigentlich schon. Denn die großen Anstrengungen, Bibliotheken zu bauen und betreiben, erklären sich nicht aus der Zeit heraus („in der Zeit des Humanismus“) oder aus der Laune eines Fürsten. Die Errichtung der Laurenziana in Florenz, der Bibliotheca Apostolica Vaticana in Rom oder des Bibliotheksaals im Escorial waren sehr konkrete Maßnahmen in einer anhaltenden Geschichte des Kampfes um kulturelle Hegemonie und politische Herrschaft.

Annahof corvinus stadtbibliothek allein

Nicht zufällig betrat mit dem Annahof in Augsburg die erste öffentliche kommunale Bibliothek die weltgeschichtliche Szenerie (S. 176ff.). Mit dem städtischen Bürgertum waren in der frühen Neuzeit neue Eliten, Kulturen und Klassen entstanden, die sich aus unterschiedlichen Motiven vom Wissensmonopol der Kirche emanzipierten. So auch in Augsburg. Eigene Bibliotheken ermöglichten diese Emanzipation. (Die Bedeutung der Sammlung des Wissens in Bibliotheken für die Rationalisierung der Herrschaft,  für eine effizientere Verwaltung, Ökonomie und Kriegsführung wäre Mal ein eigenes Thema.)

Die frühneuzeitlichen Bibliotheken popularisierten in jedem Fall den Gedanken, dass Wissen ohne Ständeschranken verfügbar sein sollte. Wissen als etwas „Öffentliches“? Nun meinte öffentlich in der frühen Neuzeit nur für das Bürgertum zugänglich, und es bedeutete schon gar nicht im Besitz der Öffentlichkeit. Dennoch werden die Traditionslinien bis zur heutigen Auseinandersetzungen um „Open Access“ im Web erkennbar: Hier wurde ein Programm formuliert, das bis heute nicht realisiert ist.

Und für das Thema „öffentliches Wissen“ ist der Beitrag über die Pluralisierung des Wissens von Dietrich Erben (S.169ff.), aber auch der Beitrag Wissen für alle: Von der Volksaufklärung zur öffentlichen Bibliothek von heute von Peter Vodosek (S.195ff.) lesenswert. Sie setzen sich mit den Entwicklungen in der Neuzeit und Zeitgeschichte auseinander und lenken den Blick weg von den Bildungseliten. Vodosek erinnert unter anderem daran, dass während der Revolution von 1848/49 erstmals die Forderung nach Volksbibliotheken für die breite Masse erhoben wurde. Die später Bücherhallenbewegung griff den Gedanken auf und erweiterte die Forderung, dass Bibliotheken für alle Stände gleiche Inhalte haben müssten. Sie wandten sich gegen eine Zwei-Klassen-Bildung und die Bevormundung durch eine Bildungselite. Und natürlich gehören auch die Arbeiterbildungsvereine um die Sozialdemokratie in die Geschichte öffentlicher Bibliotheken.

3. Ausblick und Zukunft der Bibliotheken im Web 2.0

IKMZ

Der dritte Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit der Zukunft. Hier setzt das Web die neuen Maßstäbe. Das Web ist der Ort, an dem zuerst recherchiert wird. Und es ist der Ort, an dem zuerst publiziert wird. Inhalte, die dort nicht zu finden und zu lesen sind, haben das Problem, überhaupt noch rezepiert zu werden. Deswegen werden Zeitschriften und Bücher digital zur Verfügung gestellt.

Durch die digitale Erschließung der heutigen Bibliotheken wird das Web inhaltlich reicher. Physikalisch müssen auch die digitalen Bücher irgendwo liegen, aber sie sind an keinen räumlichen Aufstellungsort mehr gebunden. Sie sind potenziell überall verfügbar.  Kategorisierungen und Gewichtungen werden nicht von wenigen Bibliothekaren, sondern über einen größeren Kreis engagierter Nutzer vorgenommen.

Für die Zukunft der Bibliotheken aus Stein und Beton sehen Caroline und Johann Leiß drei Trends:

  • Die extrovertierte Bibliothek. Hier verstehen sich die Bibliotheken als soziale Integrationsorte. Ihre Räume bieten sich etwa mit Cafés auch als Location für kulturelle Veranstaltungen (Lesungen, Konzerte, Workshops) an. Dort ließen sich beispielsweise auch Zukunftswerkstätten organisieren.
  • Die introvertierte Bibliothek. Als Gegenwelt zur Konsumgesellschaft schließt dieser Typus an eine jahrhundertelange Tradition des Umgangs mit dem Buch an. Lesen und stille Beschäftigung mit dem Buch stehen hier im Mittelpunkt. Sich vertiefen zu können, ist hier Luxus oder aber auch Befriedigung eines Bedürfnisses nach Einkehr und Orientierung.
  • Die virtuelle Bibliothek. Die Bibliotheken lösen sich von ihrer Örtlichkeit und werden immer mehr zu virtuellen Dienstleistern. In die Lesesäle ziehen Laptops ein. Print und Digital entwickeln ein produktives Nebeneinander.

Es geht also weiter.

LOC Main Reading Room Highsmith

Aber werden die digitalen und nicht-digitalen Bibliotheken dann warenförmig organisiert? Wird der Leser zum Kunden? Gibt es auch im Netz eine Verwertung des Intellectual Porperties? Das sind die Konflikte von heute. Und deshalb werden aktuell wieder Bibliotheken und Sammlungen errichtet. Digitale und nicht-digitale. Freie und unfreie. Und vielleicht steht am Ende dieses Konflikt ein Wertewandel, dass als intellektuelle Leistung nur etwas wert ist, was über die digitalen Bibliotheken überall verfügbar ist und letztlich allen gehört.

Ausstellung: Die Weisheit baut sich ein Haus. Architektur und Geschichte von Bibliotheken. Ausstellung des Architekturmuseum der TU München in Kooperation mit der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin in der Pinakothek der Moderne. 14. Juli bis 16. Oktober 2011.

Der gleichnamige Tagungsband, hg. v. Winfried Nerdinger, erschien im Prestel-Verlag


Einsortiert unter:Ausstellung

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2011/09/03/bibliotheken-eine-ausstellung-zu-ihrer-architektur-geschichte-und-zukunft/

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