Universitätssammlungen bilden eine Brücke zwischen Wissenschaft und Museum und müssen sich dabei mit den Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Problemen beider auseinandersetzen. Dazu gehören auch die Themen Digitalisierung und Social Media. Das Cultural Policy Center an der University of Chicago hat schon 2012 die Publikation „Campus Art Museums in the 21st Century“ veröffentlicht, auf die ich erst kürzlich aufmerksam geworden bin. Sie greift viele damit zusammenhängende Aspekte für die amerikanischen Sammlungen auf und bietet interessante Ansätze auch für jene in Deutschland.
Universitäre Sammlungen und Museen in den USA sind eigenständige Einrichtungen mit eigenen Mitarbeitern, die nicht unbedingt an dem Lehrstuhl angesiedelt sind, dessen Fachbereich sie vertreten. Wie in Deutschland ist es ihre vorrangige Aufgabe, die Lehre zu unterstützen. Dabei beherbergen sie hier wie da nicht selten für die Forschung wichtige Originale. Zudem haben Universitätssammlungen auch die Aufgabe, Wissen an die Öffentlichkeit zu vermitteln – gerade in kleineren Städten, in denen sie vielleicht der einzige Zugang zu dem entsprechenden Thema sind.
Campusmuseen zwischen Lehre und Forschung und Vermittlung
In den USA wurde in den 90ern das College and University Art Museum Program (CUAM) ins Leben gerufen, um die Beziehung zwischen Museum, möglichst mehreren Fakultäten und der Öffentlichkeit zu stärken und auch, um die Forschung mit den Campusmuseen durch Publikationen und Tagungen besser zu verknüpfen. Dahinter steht die Idee, dass ein Museum mehr sein kann als ein Ausstellungsort – ein Ort des Austausches, der zum übergreifenden Denken anregen soll. Deswegen werden die Campusmuseen in den USA z.B. verstärkt für nicht-museale Veranstaltungen genutzt. Zudem sollen sie auf interdisziplinäre Themen in der Lehre und Studenten auf mögliche museale Arbeitsfelder vorbereiten.
Universitätssammlungen sind dabei denselben Herausforderungen ausgesetzt wie alle anderen Museen: Sie müssen ihre Relevanz und Rolle neu definieren, sich an veränderte Erwartungen von Publikum und Geldgebern anpassen. Sind sie einem bestimmten Institut zugeordnet, stehen sie in Deutschland auch stellvertretend für diesen und müssen sich mit ihm zusammen die Unterstützung der Universitäten zusichern.
Zudem bietet sich hier die Möglichkeit, zusammen mit Forschern neue Ergebnisse direkt in Ausstellungen umzusetzen und den Ausstellungsraum als Testlabor für innovative Vermittlungsformen zu betrachten. Diesen Aspekt betont die amerikanische Diskussion um die Campusmuseen besonders. Nun sind in Deutschland die Mitarbeiter der Sammlungen gern an Lehrstühlen angesiedelt und nicht unbedingt in Museums- oder gar Vermittlungsarbeit ausgebildet. Kooperationen mit Lehrstühlen für Medien, Kommunikation, Informatik oder Marketing bieten sich also an, um eine Sammlung zeitgemäß zu verwalten und die Studenten für Tätigkeiten außerhalb der Uni auszubilden.
Digitalisierung und Social Media als nachhaltige Aufgabenfelder
„Campus Art Museums in the 21st Century“ diskutiert in puncto Öffentlichkeit eine Vielfalt an Aspekten: Storytelling als Vermittlungsinstrument, Social Media und Marketing, Besucherzusammensetzung, Programm, Partnerschaften, Organisationsstrukturen oder auch die Konkurrenz zu anderen Sammlungen einer Universität oder in der Stadt. Es wird auch gezeigt, dass die Umsetzung dieser Aspekte in den USA durch die verschiedenen Methodiken und Herangehensweisen der beteiligten Fächer an Ausstellungen, durch bürokratische und akademische Hierarchien erschwert wird – ähnliche Umstände wie hierzulande also. Dies führt aber auch dazu, dass man sich übergreifend mit den Erwartungen verschiedener Arten von Besuchern und Kooperationspartnern auseinandersetzt und sich aktuellen Themenbereichen nähert, wie der visuellen Kommunikation oder dem Wissensmanagement.
Die Veröffentlichung des Berichtes rief beim Center for the Future of Museums eine interessante Anschlussdiskussion hervor. Sie warf einige Fragen und Aspekte zur Zukunftsfähigkeit der Campusmuseen auf, die darauf aufbauen, dass die Zukunft eines Campusmuseum von der Zukunft der Universitäten und des universitären Lernens selbst abhängig ist. Deshalb stand auch und vor allem die Digitalisierung und damit einhergehende neue Lehr-, Lern- und Vermittlungsmethoden im Zentrum der Diskussion. Wichtig ist dies auch in Deutschland, wo Fach und Sammlung noch enger verknüpft sind. So bedeutet die geplante Schließung des Institutes für Archäologie an der Universität Leipzig auch die des zugehörigen archäologischen Museums. Mit der Digitalisierung der Originale und bspw. des Ausstellungsraumes selbst könnte beides Forschung, Lehre und Öffentlichkeit erhalten bleiben. Solche Projekte sind auch in Hinblick auf digitale Lernmethoden, MOOCs und virtuelle Seminarräume zukunftsträchtig. Die Verknüpfung mit anderen digitalen Sammlungen, die Entwicklung neuer Raumkonzepte und Ausstellungsmedien und nicht zuletzt die Kommunikation mit Studenten und Besuchern über die Social Media können das Erfahren des originalen Objektes erweitern. Die Diskussion um den Wert digitaler Besucher, die viele Museen derzeit führen, kann im Kontext der universitären Lehre und Forschung eine neue Qualität erreichen.
Und in Deutschland?
Diese Themen sind in deutschen Universitätssammlungen bisher scheinbar nur bedingt angekommen. Die Tagung „JUNG + NEU. Die Zukunft der Universitätssammlungen“, die im Juli in Tübingen stattfand, befasste sich vor allem mit Finanzierung, Verwaltung und Einbindung in die Lehre des jeweiligen Faches oder der Museologie, in der auch Museumsmanagement, -pädagogik oder -marketing eine Rolle spielen. Das DFG- geförderte Informationssystem Universitätssammlungen in Deutschland dokumentiert Bestände und Geschichte von existierenden sowie nicht mehr vorhandenen Sammlungen von Universitäten in Deutschland. Vermittlung oder Social Media werden auch hier nicht thematisiert. Deshalb möchte ich am Ende einige Fragen stehen lassen, die bei der Beschäftigung mit „Campus Art Museums in the 21st Century“ oder auch dem Bericht des Princeton Art Museum 2013 aufgekommen sind:
Entwickeln Universitätssammlungen in Deutschland neue Formen der universitären Ausbildung und Erwachsenenbildung, etwa mit Multimedia, Apps oder Games? Geben sie ihre pädagogischen Erkenntnisse an die anderen Fächer ihrer Universität weiter? Sind sie experimentell und interdisziplinär bei der Ausstellungskonzeptionen? Reflektieren sie aktuelle gesellschaftliche Fragen und Forschungsergebnisse? Spiegeln sie die kulturelle Vielfalt von Studenten und Universitätsmitarbeitern wider? Vermitteln sie das Management von Museen in Hinblick auf die Generation Y? Sprechen sie die Studenten als Digital Natives an? Erforschen sie ihre Zielgruppen und treten mit ihnen in Dialog?
Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1500