Voransicht der Edition (2): Zwei Briefe von Karl Mathy aus München im April und Mai 1849

Die Edition der Protokolle der Provisorischen Zentralgewalt enthält, wie bereits auf diesem Blog berichtet wurde, auch zahlreiche ergänzende Dokumente aus den Nachlässen der Mitglieder des Gesamtreichsministeriums. Um auch davon, ähnlich wie von den Sitzungsprotokollen des Ministeriums, eine Kostprobe zu bieten, werden hier zwei Briefe des Unterstaatssekretärs im Finanzministerium Karl Mathy an den Ministerpräsidenten Heinrich von Gagern präsentiert. Kurz vor seiner endgültigen Demission im Mai 1849 unternahm das Kabinett Gagern noch einmal den Versuch, durch Sondermissionen an den Höfen von Berlin, München, Dresden und Hannover […]

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/717

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Voransicht der Edition: Protokoll der 82. Sitzung des Gesamtreichsministeriums, 1849 Januar 22

Die Edition der Protokolle und ausgewählter Akten der Provisorischen Zentralgewalt für Deutschland soll Ende des Jahres 2014 im Manuskript fertig gestellt sein. Ein Teil der Dokumente ist aber bereits jetzt fertig bearbeitet. Als Kostprobe der geplanten Publikation folgt hier das Protokoll der 82. Sitzung des Gesamtreichsministeriums am 22. Januar 1849 samt zwei Beilagen. Das Nachstehende ist zur Publikation hier leicht umformatiert worden, entspricht aber in den meisten Hinsichten dem Erscheinungsbild, das die fertige Edition haben soll. Rückfragen oder Bemerkungen sind ausdrücklich willkommen! Einige Erläuterungen […]

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/695

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Die Königreiche Bayern und Württemberg und die revolutionären Institutionen in Frankfurt 1848/49

Nach dem Ausscheiden von Sabine Thielitz wurde in der ersten Hälfte dieses Jahres Philipp Hartmann als neuer wissenschaftlicher Mitarbeiter dem Editionsprojekt zugeteilt. Von 2007–2010 studierte Philipp Hartmann an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Bachelorstudiengang Geschichte (Kernfach) und Germanistik, vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft. Im Anschluss folgte ebenfalls an der Universität Bonn das Masterstudium in Geschichte, mit einem Auslandsaufenthalt an der Université de Fribourg (Schweiz), welches er 2013 erfolgreich abschloss. Erste berufliche Erfahrungen sammelte Philipp Hartmann als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit […]

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/672

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Die Revolution von 1848/49 in der Pfalz: Dissertationsprojekt Markus Meyer

Das Dissertationsvorhaben von Markus Meyer ist thematisch eng mit dem DFG-Projekt der Edition der Akten der Provisorischen Zentralgewalt verbunden und wird von der Stiftung zur Förderung pfälzischer Geschichtsforschung gefördert. Ziel der Arbeit ist, die Voraussetzungen und Motive der Erhebung in der Pfalz sowie die politischen Konzepte deren Teilnehmer darzulegen.

Die pfälzische Erhebung im Mai und Juni 1849 ist zwar ohne Zweifel Teil der Reichsverfassungskampagne, doch hatte sie eine ganz spezifische Vorgeschichte. Die Pfalz war nach über zwanzigjähriger Zugehörigkeit zu Frankreich auch nach ihrem Übergang an das Königreich Bayern 1815 ein Bezirk mit Sonderstatus geblieben. Die aus der französischen Zeit stammenden „rheinischen Institutionen“, die nicht nur eine moderne Bürokratie, sondern auch die Verbürgung von Rechtseinheit, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit beschrieben und von Montgelas’ Zentralismus weitgehend unangetastet blieben, galten den Pfälzern als ihre eigentliche Verfassung und machten den Landesteil zu einem der politisch fortschrittlichsten in ganz Deutschland. Als solcher wurde er im gesamten Vormärz zum Agitationsgebiet liberaler Vordenker einerseits und Sorgenkind des bayerischen Monarchen andererseits. Die Ereignisse um das Hambacher Fest 1832 weckten in den Fürstenhäusern ganz Deutschlands Zweifel, ob die Wittelsbacher noch Herr der Lage wären.

Ausgerechnet im fortschrittlichsten Teil Bayerns blieb es von außen betrachtet im Jahr 1848 auffällig ruhig; nach Meinung vieler zeitgenössischer Beobachter deshalb, weil den Pfälzern die meisten der andernorts eingeforderten Rechte bereits gegeben waren. Im Inneren dagegen erwachte durchaus ein reges, wenn auch von den Eliten dominiertes politisches Leben.

In der Darstellung der Vorgänge des Jahres 1848 nehmen die kulturpolitischen Forderungen der pfälzischen Liberalen großen Raum ein. Das ergibt sich einerseits in der bewussten Abkehr von älteren Narrationen, die allein machtpolitischen Instrumenten politische Gestaltungsmöglichkeiten einräumen und korporatives oder publizistisches Handeln geringschätzen und daher die komplette Vereins- und Reformbewegung des Jahres 1848 spärlich beschreiben; andererseits unterscheidet sich die Pfalz gerade darin von der gesamtdeutschen Bewegung.

Über den Hebel des laizistischen Kampfes gegen das ‚papistische System’ glaubte die rationalistische Partei der Pfalz einem egalitäreren Rechtssystem den Boden bereiten zu können. Eine ‚vernünftige’ Staatsverfassung sei nicht zu erzielen, solange kirchlicher Einfluss obwalte: Der Primat des Staates lasse den Atavismus separater kirchlicher Justiz- und Verwaltungsapparate nicht zu. Aus dieser Haltung speiste sich auch die ins Panische hin überzogene Jesuitenfurcht. Der als fortschrittlich erachtete theologische Rationalismus wurde umso deutlicher propagiert, als damit eine bewusste Abgrenzung vom katholischen Altbayern möglich war. In der Rückschau ist der Kampf um die Selbstverwaltung der vereinigten Kirche der Pfalz demnach als Vorspiel für die revolutionäre Erklärung der politischen Autonomie vom Mai 1849 zu sehen. Formuliert wurde Letztere allerdings erst auf dem Höhepunkt der Reichsverfassungskampagne, als Zurückhaltung nicht mehr opportun war.

Im Augenblick erfolgt die ereignisgeschichtliche und vergleichende Beschreibung der Revolutionsmonate Mai und Juni des Jahres 1849. Grundlage dieses Abschnittes sind die Berichte führender Teilnehmer des Aufstandes, aus deren Darstellungen sich die motivationalen Ursachen für das Ausbrechen der Bewegung ergeben.

Die Nationalversammlung galt gerade Liberalen, die in dem Sinne von den entschiedenen Demokraten als gemäßigt abzugrenzen sind, dass sie auf eine Ausweitung der politischen Teilhaberechte des Volkes auf verfassungsmäßigem Weg und damit durch parlamentarische Arbeit vertrauten, als Motor des konstitutionellen Fortschritts. Verschiedene Enttäuschungen und Rückschläge auf innen- und außenpolitischem Gebiet, die Schwerfälligkeit des parlamentarischen Entscheidungsprozesses und die Stabilisierung der monarchischen Gewalten schürten freilich Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit der Legislative wie auch der Frankfurter Exekutive, der Provisorischen Zentralgewalt1. In den zeitgenössischen Darstellungen wird allerdings die Hoffnung deutlich, dass ein Paukenschlag das ganze Projekt der Neuausrichtung Deutschlands hätte retten können: die von der Nationalversammlung erarbeitete Verfassung, die alle Verheißungen manifestieren sollte. Deren Ablehnung durch die Fürsten gab schließlich den Ausschlag zu den Erhebungen in Sachsen sowie kurze Zeit später in Baden und der Pfalz, welche das Werk mit Waffengewalt zur Durchsetzung bringen wollten; folgerichtig werden die Aufstände zusammenfassend als Reichsverfassungskampagne bezeichnet.

Neben den Köpfen der Bewegung wird allerdings speziell den einfachen Teilnehmern an der Reichsverfassungskampagne Beachtung geschenkt. Ihre Beweggründe sollen sich aus den umfangreichen Untersuchungsakten erschließen, die der Formulierung der Anklageschrift im Gerichtsprozess gegen 333 Teilnehmer des Aufstandes im Jahr 1851 dienten. Da die ältere Forschung vielfach individuellen Merkmalen und lokalen Verhältnissen derart viel Gewicht beigemessen hat, dass man versucht sei, „in den Beweggründen für das Zustandekommen jener Geschehnisse mehr ein psychologisches als ein politisches Problem zu sehen“2 (Kurt Baumann), muss abstrahiert, sprich entpersonalisiert werden.

Damit ist allerdings keine Abkehr von der Zielsetzung einer Analyse der Mikroebene, also individueller Motivationen, verbunden; lediglich die Psychologisierung derselben muss unterbleiben. Die aus den Vernehmungs- und Verhörprotokollen hervorgehenden Positionierungen derjenigen Beteiligten, die nicht aus eigenem Antrieb Darstellungen verfasst haben, bleiben von großer Bedeutung. Die Analyse der Gerichtsakten soll das maßgebliche Erkenntnisinteresse der Arbeit befriedigen: Unter Rückgriff auf die theoretische Diskursanalyse sollen die Ziele und Motivationen der Akteure unterschiedlicher sozialer Herkunft extrahiert und mit den Bestrebungen des elitären vormärzlichen Liberalismus abgeglichen werden.

  1. Vgl. etwa ZINN, Christian: Die Erhebung in der Rheinpfalz und die pfälzische Volkswehr in Baden, Strassburg 1850, 6.
  2. BAUMANN, Kurt: Zur Charakteristik der pfälzischen Revolution von 1849, in: Bei uns daheim. Aus Vergangenheit und Gegenwart der Pfalz. Heimatbeilage zur „Pfälzischen Post“, 18. 9. 1929, 93.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/544

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Die Regierungspolitik des Königreiches Bayern gegenüber der Provisorischen Zentralgewalt von 1848/49: Forschungsprojekt Sabine Thielitz

 

Sabine Thielitz studierte seit dem Wintersemester 2005/06 an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für das Gymnasiallehramt. Im Winter 2011/12 legte sie in diesen Fächern das 1. Staatsexamen ab. Seit 2010 war sie am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte als studentische Hilfskraft und Tutorin tätig. Nach dem Abschluss ihres Studiums arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei dem DFG-Projekt „Edition der Akten der Provisorischen Zentralgewalt von 1848/49“. In diesem Rahmen beschäftigt sie sich mit der Regierungspolitik Bayerns gegenüber der Provisorischen Zentralgewalt. Darüber hinaus ist sie seit 2012 als Lehrbeauftragte für Neuere und Neueste Geschichte an der KU tätig.

Als die Provisorische Zentralgewalt im Juni 1848 per Gesetz durch das Frankfurter Parlament dazu berufen wurde, in dem staatsrechtlichen Interim der Revolutionszeit die Regierungsgeschäfte zu übernehmen und für den Vollzug der von der Nationalversammlung erlassenen Gesetze zu sorgen, stellte der für die Regierungstätigkeit notwendige Umgang mit den fürstlichen Partikulargewalten eine grundlegende Voraussetzung dar. Dieser Aspekt soll im Rahmen des Forschungsprojektes im Hinblick auf das Königreich Bayern genauer untersucht werden.

König Maximilian II. von BayernKönig Maximilian II. von Bayern. Photographie von Franz Hanfstaengl, ca. 1860

Ein Blick auf die vielfältige Forschungsliteratur zur Revolution 1848/49 verdeutlicht die Forschungsrelevanz des Themas. Bei der regional- und lokalgeschichtlichen Aufarbeitung der Revolutionsjahre zeigt sich ein starkes Süd-Nord- und West-Ost-Gefälle. Der Revolution in Baden und Württemberg wurde vergleichsweise verstärkte Aufmerksamkeit zuteil, während die Untersuchungen über andere Staaten und Regionen des Deutschen Bundes überschaubar sind1. Hinsichtlich der bayerischen Regierungspolitik liefern für diese Zeit wenige ältere Forschungen einen ersten Einblick2. Das Verhältnis der Münchner Regierung zu der Provisorischen Zentralgewalt wurde dabei nur peripher behandelt. Demnach liegt für diesen Themenkomplex bisher keine modernen wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Untersuchung vor. Das Forschungsprojekt versucht diese Forschungslücke zu schließen.

Mit der Politik des Königreiches Bayern wird das Vorgehen eines Bundesstaates untersucht, welcher sich besonders durch seine ablehnende Haltung in der Reichsverfassungsfrage auszeichnete und sich damit letztlich den revolutionären gesamtdeutschen Gewalten dezidiert und offen entgegenstellte. Es wird versucht, auf reziproker Basis, die Entwicklung der politischen Strategie der bayerischen Regierung gegenüber den revolutionären Institutionen von dem Ausbruch der Februarrevolution des Jahres 1848 in Frankreich bis zu dem Scheitern der Nationalversammlung und der Provisorischen Zentralgewalt im Jahre 1849 zu erhellen: In welchen Bereichen und unter welchen Umständen kooperierte Bayern mit den Frankfurter Institutionen und welchen Aspekten der Politik der Reichsregierung begegnete die bayerische Regierung mit Kritik und Ablehnung? Welche Motive und Ziele verfolgte die bayerische Staatsführung dabei mit ihrer jeweiligen Haltung und mit welchen Mitteln versuchte sie diese Ziele gegenüber der Provisorischen Zentralgewalt und der Paulskirchenversammlung durchzusetzen? Schließlich bleibt die Frage nach dem Erfolg der bayerischen Bemühungen und deren Folgen für das Scheitern der Revolution.

Neben der Erforschung des Verhältnisses der königlich-bayerischen Regierung zu den revolutionären Institutionen sollen auch die diplomatischen Beziehungen zu den anderen Bundesstaaten, vor allem zu den Königreichen Hannover, Sachsen und Württemberg sowie zu den Vormächten Österreich und Preußen, berücksichtigt werden. Dabei stehen besonders die Versuche Bayerns, in dieser revolutionären politischen Situation etwaige Bündnisse und Koalitionen im Sinne der eigenen Politik zu schließen, im Zentrum des Forschungsprozesses.

Das Forschungsvorhaben eröffnet neue Erkenntnisse im Hinblick auf die politischen Wechselbeziehungen der revolutionären gesamtdeutschen Institutionen in Frankfurt mit dem bayerischen Königreich. Den Einzelregierungen kam bei der etwaigen Umsetzung der auf der Gesamtreichsebene durch die Nationalversammlung beschlossenen und durch die Provisorische Zentralgewalt angeordneten Maßnahmen generell eine zentrale Funktion zu. Zudem war die Zentralgewalt in Frankfurt auf die Berichte aus den Einzelstaaten angewiesen, um die politische, wirtschaftliche und soziale Lage vor Ort beurteilen zu können. Daher stellten die bundesstaatlichen Exekutiven eine Schaltstelle zwischen National- und Regionalpolitik dar. Die Untersuchung der politischen Strategie der bayerischen Regierung gegenüber den Frankfurter gesamtdeutschen Institutionen und der Wahl der politischen Mittel zur Durchsetzung der einzelstaatlichen Interessen kann demnach wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Effektivität der Tätigkeit der Gesamtreichsregierung liefern. Auf diese Weise dient eine solche Untersuchung auch der differenzierteren Herausstellung möglicher Gründe für das Scheitern der Revolution von 1848/49. Zudem ist mit weiteren Einsichten in die Bündnispolitik des Königreiches Bayern sowohl zu den deutschen Vormächten Preußen und Österreich als auch zu den übrigen Mittelstaaten zu rechnen.

Im ersten Jahr des Forschungsvorhabens stand zunächst die Erfassung der für die bayerische Regierungspolitik relevanten Quellensammlungen und der Darstellungsliteratur im Vordergrund. Zudem erfolgte die Recherche der privaten und offiziellen Aufzeichnungen der maßgeblichen politischen Akteure. Dabei standen besonders die bayerischen Bevollmächtigten bei der Provisorischen Zentralgewalt sowie die bayerischen Außenminister und Monarchen dieser Zeit im Fokus des Interesses. Derzeit nimmt die Recherche und Aufarbeitung der in München lagernden Gesandtenberichte und Ministerialakten der königlich-bayerischen Regierung breiten Raum ein.

 

  1. An diesem von Rüdiger Hachtmann Ende der 1990er Jahre festgestellten Befund hat sich bis heute kaum etwas geändert: HACHTMANN, Rüdiger: 150 Jahre Revolution von 1848: Festschriften und Forschungserträge, in: Archiv für Sozialgeschichte 39 (1999) 447–493; 40 (2000) 337–401, hier Bd. 39, 465.
  2. DOEBERL, Michael: Bayern und Deutschland, Bd. 1: Bayern und die Deutsche Frage in der Epoche des Frankfurter Parlaments, München – Berlin 1922; DEUERLEIN, Ernst: Bayern in der Paulskirche. Reden und Tätigkeiten der bayerischen Abgeordneten in der ersten Deutschen Nationalversammlung 1848/49, Altötting 1948.

 

 

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/340

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Lieutenant-General Jochmus / Jochmus Pascha / Jochmus Freiherr von Cotignola: der transkontinentale Lebensweg eines Ministers der Zentralgewalt

 

Er zählt nicht zu den bekannten Gestalten unter den Regierungsmitgliedern der Provisorischen Zentralgewalt, und auch die historische Forschung hat von ihm wenig Notiz genommen: August Giacomo Jochmus. Wenige Jahre nach seinem Tod wurden einige in seinem Nachlass druckfertig vorliegende Schriften entsprechend seiner eigenen testamentarischen Verfügung herausgegeben1; sie enthalten eine autobiographische Skizze2 sowie ein kurzes, wesentlich darauf fußendes Lebensbild, das der Editor Georg Martin Thomas erstellte3. Der 1905 veröffentlichte Artikel der Allgemeinen Deutschen Biographie4 fasste nochmals die dort gebotenen Angaben zusammen – und seit dann ist so gut wie gar nichts mehr zu Jochmus erschienen. In neueren Lexika sucht man ihn vergebens, auch sonstige Forschungsliteratur zu ihm ist kaum zu finden, allenfalls hie und da eine beiläufige Erwähnung5. Was heute über seinen Lebensweg bekannt ist, dürfte daher zum überwiegenden Teil direkt oder mittelbar auf seine eigenen Angaben zurückgehen – ein Mangel, dem auch hier nur in wenigen Einzelheiten abgeholfen werden kann.

Zeitgenössische Karte des nordspanischen Kriegsschauplatzes im Feldzug von 1836Zeitgenössische Karte des nordspanischen Kriegsschauplatzes im Feldzug von 1836.

In jedem Fall war es ein ausgesprochen vielfältiges Leben, das er führte – im Hinblick auf Orte, Milieus und Betätigungen. Jochmus war 1808 in Hamburg geboren; über sein Elternhaus ist nicht viel überliefert. Der Vater starb früh. Nach dem Willen seiner Mutter hätte Jochmus den Beruf eines Kaufmanns ergreifen sollen, zog jedoch eine militärische Laufbahn vor6. Bereits mit 19 Jahren ging er nach Griechenland, um sich den Philhellenen anzuschließen, und machte dort die Feldzüge von 1827 bis 1829 mit; danach war er einige Jahre als Hauptmann des Generalstabs im griechischen Kriegsministerium beschäftigt, wobei er unter anderem mit Vermessungs- und Planungsarbeiten befasst gewesen zu sein scheint. Über Vermittlung des britischen Gesandten in Athen schloss er sich 1835 während des Ersten Carlistenkrieges in Spanien der Anglo-Spanischen Legion an, die auf der Seite der Königin Isabella kämpfte. Hier stieg er weiter rasch auf und brachte es bis zum Brigadegeneral und Chef des Generalstabs des spanischen Armeecorps in Kantabrien; zu dieser Zeit gewann er auch die wohlwollende Aufmerksamkeit des britischen Außenministers Henry John Temple, Viscount Palmerston7. 1838 ging er nach England und wurde von dort nach Konstantinopel entsendet, um mit dem britischen Gesandten Lord John Ponsonby (der 1849 als Botschafter in Wien nochmals ein wichtiger Korrespondent Jochmus’ war) die von Großbritannien angeführte Intervention mehrerer europäischer Mächte in Syrien in die Wege zu leiten.

Ibrahim Pascha (Gemälde von Charles-Philippe Larivière)Ibrahim Pascha (Gemälde von Charles-Philippe Larivière)

Dort hatten die Streitkräfte des Ibrahim Pascha, Sohn des faktisch autonomen Gouverneurs von Ägypten Mehmet Ali Pascha, wiederholte Versuche der osmanischen Armee zurückgeschlagen, die Kontrolle des Sultans über die Gebiete an der Ostküste des Mittelmeers wiederherzustellen. Frankreich unterstützte zudem die ägyptische Seite, was den Konflikt auch zum potentiellen Kriegsanlass zwischen den europäischen Mächten werden ließ: zur sogenannten „Orientkrise“ von 1839–18418, parallel zur für die Entwicklung in Deutschland bedeutsamen „Rheinkrise“9. Jochmus erreichte hier, im Alter von wenig mehr als 30 Jahren, den Höhepunkt seiner aktiven militärischen Tätigkeit zunächst als Chef des Generalstabs der kombinierten englischen, österreichischen und osmanischen Landstreitkräfte, dann in der Schlussphase der Kämpfe als deren Befehlshaber. Als solcher verdrängte er im Winter 1840/41 die ägyptischen Truppen aus Syrien und trug damit zur Schaffung der militärischen Voraussetzungen für den „Meerengenvertrag“ von 1841 bei, der die Krise vorerst beilegte10. Jochmus trat in der Folge in das osmanische Kriegsministerium ein, wo er im Range eines Paschas von zwei Roßschweifen bis 1848 beschäftigt blieb. Während seiner Zeit im Osmanischen Reich knüpfte er offenbar auch jene Kontakte zur österreichischen Diplomatie und zu Mitgliedern des habsburgischen Kaiserhauses, die für seinen späteren Weg von großer Wichtigkeit waren; doch sollte er sich auch enge Verbindungen zu England zeit seines Lebens bewahren.

Im April 1848 verließ Jochmus seine Stellung in Konstantinopel und kehrte nach Deutschland zurück – den späteren Darstellungen zufolge anscheinend aus freien Stücken und veranlasst durch die Märzrevolution11. Im diesbezüglichen Erlass des Sultans, der sich in seinem Nachlass findet, ist freilich nicht von einer Resignation die Rede, sondern von einer Neuorganisierung des Ministeriums, durch welche für ihn keine weitere Verwendung bestehe12. Auch die Aktivitäten Jochmus’ während des folgenden Jahres sind weitgehend unbekannt. Im Mai 1849 hielt er sich in Baden auf, als er von Seiten des Reichsverwesers – bezeichnenderweise durch den österreichischen Gesandten bei der Reichsstadt Frankfurt und ehemaligen Bevollmächtigten bei der Zentralgewalt, Ferdinand von Menßhengen – mit der Aufforderung kontaktiert wurde, „ein Reichs-Ministerium zu bilden und daran Theil zu nehmen“13. Seine Heranziehung scheint also von Anbeginn an vor allem durch seine Beziehungen zur österreichischen Diplomatie veranlasst gewesen zu sein. Die Bildung des letzten Ministeriums der Zentralgewalt verlief freilich hektisch und recht konfus, da neben Jochmus noch weitere Persönlichkeiten mit ähnlichen Aufträgen bedacht worden waren und viele potentielle Minister angesichts der denkbar ungünstigen Lage der Zentralgewalt ablehnten14. Letztlich erhielt Jochmus, der zeitweise auch zum Finanz- und Handelsminister vorgeschlagen worden war, das Außen- und ein neuerrichtetes Marineministerium.

Wie das Ministerium insgesamt, dem unmittelbar nach seiner Vorstellung von der Nationalversammlung das Misstrauen ausgesprochen wurde, so stieß auch Jochmus seitens der erbkaiserlichen Partei wie der Linken auf scharfe Ablehnung. Maximilian von Gagern lästerte in Anspielung auf Jochmus’ Karriere in Konstantinopel, die ihm wohl als Söldnertum ausgelegt wurde, angesichts der fortschreitenden Auflösung der Versammlung werde den neuen Minister bald nichts mehr hindern, „statt des Kreuzes auf der Paulskirche die drei Roßschweife mit dem Halbmond aufzupflanzen“15. Selbst sein Ministerkollege Johann Hermann Detmold nannte Jochmus nach einem guten Monat gemeinsamer Tätigkeit einen „Strohkopf“ und freute sich darüber, dass dieser den Reichsverweser auf dessen mehrmonatigem Kuraufenthalt in Gastein begleitete, weil in seiner Abwesenheit „die Sachen viel einfacher und leichter“ gingen16. Dennoch fällt es schwer, sich dem Urteil anzuschließen, von den Mitgliedern des letzten Reichsministeriums habe Jochmus „am wenigsten konkrete Arbeit“ geleistet17.

Eines von mehreren Projekten Jochmus’ zur Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Österreich (Fürstlich Leiningensches Archiv Amorbach, Familienarchiv, Nachlass Fürst Karl zu Leiningen, Karton VI)

Vielmehr scheint er in mehrerlei Hinsicht keine unwichtige Rolle gespielt zu haben: Durch das rasch aufgebaute besondere Vertrauensverhältnis zum Reichsverweser, das sich auch nach dem Ende der Zentralgewalt in einem bis fast an das Lebensende des Erzherzogs fortgesetzten Briefwechsel niederschlug18, dürfte er viel dazu beigetragen haben, jenen trotz seiner immer wieder starken Rücktrittsgelüste zum Verbleiben zu bewegen19. Auch an den Verhandlungen sowohl mit den deutschen Regierungen als auch mit außerdeutschen Mächten über die Auflösung der Zentralgewalt und den Übergang zu einer neuen gemeinsamen Institution der deutschen Staaten war er, obwohl sie formell überwiegend vom Ministerpräsidenten Wittgenstein geführt wurden, maßgeblich beteiligt; dabei spielte er nicht zuletzt seine etablierten Verbindungen zur britischen Diplomatie immer wieder aus20 und legte zudem selbst mehrere Pläne zur Neuordnung Mitteleuropas vor21.

Schließlich sei noch darauf  hingewiesen, dass gerade Jochmus’ Marineressort im Sommer und Herbst 1849 zu den aktivsten Dienststellen der Zentralgewalt zählte, weil es eine Flotte mit einem knappen Dutzend Kriegsschiffen und ein entsprechend zahlreiches Personal unter sich hatte22. Dies stand im Kontrast dazu, dass ab Mai 1849 der Geschäftsgang einiger Ressorts (insbesondere des Justiz- und des Handelsministeriums, aber in beträchtlichem Maße auch des Inneren) nahezu zum Erliegen kam, weil in Abwesenheit eines Parlaments weder Gesetzgebungsprojekte noch zu vollziehende Beschlüsse vorhanden waren und auch die Kooperation der Einzelstaaten hinsichtlich ihrer inneren Angelegenheiten gegen Null ging. In den Sitzungsprotokollen des Reichsministeriums aus diesem Zeitraum tritt Jochmus daher keineswegs als inaktiver Minister in Erscheinung, sondern hatte im Gegenteil häufig über Flottenangelegenheiten zu berichten, unter anderem über die schwierige Suche nach einem sicheren Winterhafen oder über die Auseinandersetzungen um das erbeutete dänische Kriegsschiff „Gefion“. Diese Fregatte war nach dem glücklich verlaufenen Seegefecht vor Eckernförde am 5. April 184923 in deutsche Hände geraten und wurde, obwohl in unbrauchbarem Zustand, unter dem Namen „Eckernförde“ der deutschen Flotte eingegliedert. Nach dem im Juli mit Dänemark geschlossenen Waffenstillstand wäre Preußen nur zu gerne bereit gewesen, den materiell wenig wertvollen Rumpf zurückzugeben; die Schleswig-Holsteiner hingegen waren ebenso wie die von Jochmus vertretene Zentralgewalt entschlossen, die symbolträchtige Trophäe zu halten. Angesichts der drückenden Übermacht der Dänen zur See und der preußischen Truppen zu Lande kam es so weit, dass Jochmus den Befehlshaber der kleinen Reichsflottenmannschaft der „Eckernförde“ anwies, das Schiff im Falle eines Gewaltstreichs in die Luft zu sprengen24. Letztlich fand sich ein Kompromiss, der das Schiff durch Überwinterung in einem preußischen Hafen zwar der Verfügung Schleswig-Holsteins entzog, aber formell der Zentralgewalt und der deutschen Kriegsmarine erhielt.

Nach dem Ende der Provisorischen Zentralgewalt im Dezember 1849 bekleidete Jochmus längere Zeit keine öffentlichen Ämter. Finanziell unabhängig, konnte er es sich leisten, in den 1850er Jahren eine mehrjährige Weltreise zu unternehmen, während der er sich nicht nur neuerlich längere Zeit im arabischen Raum aufhielt, sondern auch Indien, China und Amerika besuchte. Er rühmte sich später auch, mit der einzigen Ausnahme Portugals jedes europäische Land bereist zu haben25. Er veröffentlichte Reiseberichte und Militärhistorisches in der Zeitschrift der Londoner Royal Geographical Society26 und wurde 1858 korrespondierendes Mitglied der Wiener Geographischen Gesellschaft27. Seit 1856 lebte er zumeist in Wien, weil sein Adoptivsohn Carlos dort die Offiziersausbildung begonnen hatte. Sichtlich band sich Jochmus, der bereits im November 1849 für sein Wirken als Reichsminister den österreichischen Leopolds-Orden erhalten hatte28, in diesen Jahren zusehends enger an den österreichischen Staat. Der Österreichisch-sardinische Krieg von 1859 bot eine erste Gelegenheit, bei der die Aufnahme Jochmus’ in die österreichische Armee als Feldmarschallleutnant beabsichtigt war, was jedoch vor dem raschen Ende des Kriegs nicht mehr vollzogen wurde.

Zu Anfang des folgenden Jahres wurde Jochmus in den österreichischen Adel als „Freiherr Jochmus von Cotignola“ erhoben. Das italienisch klingende Adelsprädikat hatte er selbst ausgewählt – wie aus Notizen in seinem Nachlass hervorgeht, hatte er im Vorfeld der Adelserhebung intensive genealogische Nachforschungen angestellt und insbesondere die gewagte Behauptung zu erhärten versucht, die Familie Jochmus (welche nach eigener Überlieferung aus Böhmen nach Norddeutschland gekommen war) stamme von italienischen Adeligen ab und sei insbesondere mit den Sforza-Herzögen von Mailand verwandt, unter deren Ahnen er einen „Giacomuzzo“ ausgemacht hatte29. In seine an die österreichischen Behörden eingereichten Papiere hatte er diese eher hanebüchenen Kombinationen letztlich nicht aufgenommen, sondern nur jenes „Cotignola“, das ihm als Besitzung der Sforza-Ahnen untergekommen war, wohl ohne Erläuterung der Hintergründe vorgebracht30. Diese an sich recht belanglose Episode wirft vielleicht einiges Licht darauf, was einem Mann mit einem so abenteuerlichen bisherigen Lebensweg alles als möglich erscheinen konnte: Wer es von Hamburg über Griechenland, Spanien, Syrien und Konstantinopel bis Frankfurt und Wien gebracht hatte, englischer Offizier, osmanischer Pascha und deutscher Reichsminister gewesen war, sich Freund und Briefpartner eines britischen Ministers, eines österreichischen Erzherzogs, aber auch russischer Adliger und Diplomaten nennen konnte, warum sollte der nicht auch mit italienischen Dynasten verwandt sein?

Für seine letzte Lebensphase scheint sich Jochmus allerdings vorbehaltlos Österreich verschrieben zu haben. In einer Denkschrift an Carlos von 1864 äußerte er sich höchst verbittert über die Entwicklungen in Deutschland seit 1849 und wollte mit der Vorstellung eines deutschen Staates nichts mehr zu tun haben: „[...] als im Jahre 1859 Deutschland sich selbst aufgab, ‘indem es Oesterreich verließ’, habe ich mich besitzlich und staatsrechtlich unverweilt, nach ernstester Erwägung von Deutschland losgesagt. Die höchste Lebensbedingung der Staaten, wie der Individuen ist die Ehre. Mein Entschluß ist gerechtfertigt worden [...] ‘Die deutsche Frage’ – sagte hingegen vor wenigen Wochen, bei Eröffnung des Reichsrath der Abgeordneten deren Präsident Ritter von Hasner – ‘ist die Nichtigkeits-Beschwerde gegen den verlorenen Proceß der Weltgeschichte’. – Verloren in letzter Instanz 1859, denn es ist mindestens gegen die Wahrscheinlichkeits-Berechnung, daß eine spätere Generation den dummen Frevel der Gegenwärtigen wieder gutmachen könne. Dem Finis Poloniae steht das Finis Germaniae ‘als Gesammt-Nation’, historisch begründet, zur Seite. Hauptursachen beider Erscheinungen sind der Mangel an innerer Organisations-Fähigkeit und an Staatszwecks-Gemeinsamkeit gegenüber dem Auslande. Der deutsche Bund bildete weder eine einheitliche Nation, noch eine Regierung. Seinem Wesen nach war er ein Staaten-Verband ‘deutscher Völkerschaften’ und dieser ist durch den thatsächlichen, wenn auch nicht formellen, Bundesbruch Preußens 1859 zerrissen worden; denn die Zerklüftung von 1863 in Frankfurt am Main und von 1864 in Schleswig-Holstein sind nur ‘Folgen’ des ersten Bundesbruches.“31 Die Schuld sah Jochmus also unzweideutig bei Preußen – eine Haltung, die durchaus als logische Fortsetzung seines Wirkens von 1849 verstanden werden kann32.

Der Preußisch-österreichische Krieg von 1866 brachte ihm dann doch noch die Würde eines Feldmarschallleutnanten der österreichischen Streitkräfte; allerdings dauerte auch diesmal die Ernennung so lange, dass der Waffengang bereits entschieden war, bevor Jochmus aktiv werden konnte. Er zog sich danach aus dem öffentlichen Leben zurück und reiste 1870–71 nochmals um die Welt. Seine letzten Jahre verbrachte er, anscheinend von einer langwierigen Krankheit gezeichnet, bei seiner Schwester in Bamberg, wo er auch starb33.

Trotz des Vorhandenseins eines recht umfangreichen Nachlasses und der vier Bände gedruckter Schriften ist es nicht leicht, sich ein Bild von der Persönlichkeit Jochmus’ zu verschaffen. Er hat im Laufe seines Lebens eine außerordentliche Fülle von Rollen gespielt und sich in verschiedenen, zum Teil fast inkompatibel erscheinenden Milieus bewegt. Die Vorstellung, dass einmal sein weltumspannender Lebensweg jenseits des Bereichs der Miszelle quellengestützt aufgearbeitet werden könnte, ist zugleich verlockend und einschüchternd: Ersteres, weil dies Licht in viele Aspekte der Verflechtung Europas mit anderen Weltregionen, insbesondere dem heutigen Nahen Osten, zu bringen verspräche. Potentiale, aber auch Grenzen und Ambivalenzen des globalen wie des innereuropäischen Kulturkontakts im 19. Jahrhundert müssten an Jochmus sichtbar werden: Wie viel verstand er wirklich von den Menschen und Lebensweisen der Länder, die er teils als Beobachter und Forscher, teils und vor allem aber als Soldat im Dienste des Interventionismus europäischer Mächte bereiste? Hat er sich etwa die türkische oder arabische Sprache je angeeignet? Konnten Begegnungen in solchem Kontext für gegenseitiges Verständnis sorgen, oder führten sie eher zur weiteren Ausprägung von Abgrenzungen Europas gegen Außereuropa im wissenschaftlichen wie im politischen Diskurs? – Einschüchternd ist demgegenüber die Vorstellung, wie hoch die Ansprüche an die Bearbeitung einer Jochmus-Biographie wären, die nicht seinen eigenen retrospektiven Aussagen verpflichtet bliebe, sondern seinen diversen Lebensstationen an Ort und Stelle archivalisch nachginge. Die Zahl der zu bereisenden Länder und Institutionen, die verschiedenen zu beherrschenden Sprachen und Überlieferungszusammenhänge, wären von einer einzigen Person kaum oder gar nicht zu bewältigen. Dem kann natürlich auch im Rahmen unseres Eichstätter Projekts nicht abgeholfen werden. Wohl aber verspricht dieses, über die Tätigkeit Jochmus’ in jenem Jahr 1849 einiges bekannt zu machen, das bis jetzt in den Frankfurter Akten vergraben war.

 

  1. THOMAS, Georg Martin (Hrsg.): August von Jochmus’ Gesammelte Schriften, 4 Bde., Berlin 1883–1884.
  2. Ebd., Bd. 3, IX–XII.
  3. THOMAS, Georg Martin: Vorerinnerung des Herausgebers, in: THOMAS, Georg Martin (Hrsg.): August von Jochmus’ Gesammelte Schriften, Bd. 1: The Syrian War and the Decline of the Ottoman Empire 1840–1848 in Official and Confidential Reports, Documents, and Correspondences with Lord Palmerston, Lord Ponsonby, and the Turkish Authorities, Volume 1, Berlin 1883, VII–XXI, hier IX–XV.
  4. CRISTE, Oscar: Jochmus: August Freiherr J. von Cotignola, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 50, Leipzig 1905, 745–746.
  5. Vgl. etwa BERTSCH, Daniel: Anton Prokesch von Osten (1795–1876). Ein Diplomat Österreichs in Athen und an der Hohen Pforte. Beiträge zur Wahrnehmung des Orients im Europa des 19. Jahrhunderts (Südosteuropäische Arbeiten 123), München 2005, 104–105, mit Benutzung einer Quelle aus dem Nachlass Jochmus; GOREN, Haim: Dead Sea Level. Science, Exploration and Imperial Interests in the Near East, London 2011, 91–92, 97–98.
  6. THOMAS, Vorerinnerung, X; leicht abweichende Angaben bei CRISTE, Jochmus, 745.
  7. WEBSTER, Charles: The Foreign Policy of Palmerston 1830–1841. Britain, the Liberal Movement and the Eastern Question, 2 Bde., London 1951, hier Bd. 1, 450.
  8. Eine ausführliche Darstellung aus britischer Sicht bietet WEBSTER, Foreign Policy, Bd. 2, 619–776. Für neuere Bearbeitungen mit genauerem Eingehen auf die Ereignisse in der Levante vgl. FARAH, Caesar E.: The Politics of Interventionism in Ottoman Lebanon, 1830–1861, Oxford – London 2000, 30–51; KARSH, Efraim – KARSH, Inari: Empires of the Sand. The Struggle for Mastery in the Middle East, 1789–1923, Cambridge (Massachusetts) – London 1999, 36–41. Wichtige Aktenstücke finden sich bei HUREWITZ, Jacob Coleman: The Middle East and North Africa in World Politics. A Documentary Record, Bd. 1: European Expansion, 1535–1914, New Haven – London 1975, 267–279.
  9. Zu dieser vgl. GRUNER, Wolf D.: Der Deutsche Bund, die deutschen Verfassungsstaaten und die Rheinkrise von 1840. Überlegungen zur deutschen Dimension einer europäischen Krise, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 53 (1990) 51–78.
  10. Abdruck bei HUREWITZ, Middle East, Bd. 1, 279.
  11. CRISTE, Jochmus, 745. Ausgesprochen vage formulierte Jochmus selbst seine Darstellung des Abgangs: THOMAS (Hrsg.), Jochmus’ Schriften, Bd. 3, X.
  12. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana A II.
  13. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana A II Nr. 42, Menßhengen an Jochmus, 10. Mai 1849.
  14. Fürstlich Leiningensches Archiv Amorbach, Familienarchiv, Nachlass Fürst Karl zu Leiningen, Karton V, Denkschrift „Das Ministerium Wittgenstein“ (wohl von Alexander von Bally verfasst); vgl. JACOBI, Helmut: Die letzten Monate der provisorischen Zentralgewalt für Deutschland (März – Dezember 1849), Frankfurt am Main 1956, 105–110.
  15. PASTOR, Ludwig von: Leben des Freiherrn Max von Gagern 1810–1889. Ein Beitrag zur politischen und kirchlichen Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. Großenteils nach ungedruckten Quellen bearbeitet, Kempten – München 1912, 303.
  16. STÜVE, Gustav (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Stüve und Detmold in den Jahren 1848 bis 1850 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 13), Hannover – Leipzig 1903, 244: Detmold an Johann Karl Bertram Stüve, 4. Juli 1849.
  17. So, ohne nähere Begründung, JACOBI, Letzte Monate, 109.
  18. Zahlreiche dieser Briefe sind publiziert bei THOMAS (Hrsg.), Jochmus’ Schriften, Bd. 4.
  19. Zu dieser Auffassung gelangte bereits VALENTIN, Veit: Geschichte der deutschen Revolution von 1848–49, 2 Bde., Berlin 1930–1931, Bd. 2, 466.
  20. Vgl. die Korrespondenz und Akten bei THOMAS (Hrsg.), Jochmus’ Schriften, Bd. 3.
  21. Er ließ insgesamt vier Projekte in Form von Diagrammen lithographisch vervielfältigen und verbreiten. Exemplare finden sich in seinem eigenen Nachlass sowie in jenem von Karl zu Leiningen: Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana C II Nr. 5; Fürstlich Leiningensches Archiv Amorbach, Familienarchiv, Nachlass Fürst Karl zu Leiningen, Karton VI. Nur die Amorbacher Überlieferung kennend, gelangte Veit Valentin zu der irrigen Annahme, dass die Blätter von Fürst Leiningen herrühren müssten: VALENTIN, Revolution, Bd. 2, 468f., 671. Die Urheberschaft Jochmus’ geht jedoch aus seinen Bemerkungen dazu in Verbindung mit der Münchner Überlieferung ebenso hervor wie aus einem Begleitschreiben zu einer Sendung von Exemplaren der Blätter an Arnold Duckwitz: Staatsarchiv Bremen, 7,183: Nachlass Arnold Duckwitz, Mappe 6, Jochmus an Duckwitz, 19. Dezember 1849.
  22. Eine im Dezember 1849 vorgelegte Übersicht weist für die Flotte eine faktische Mannschaft von 921 Mann bei einer Sollstärke von 1503 Mann aus: BArch, DB 52/16, fol. 91. Hinzu kommt das zivile Personal im Ministerium. Zur deutschen Kriegsmarine von 1848/49 vgl. BÄR, Maximilian: Die deutsche Flotte von 1848–1852. Nach den Akten der Staatsarchive zu Berlin und Hannover dargestellt, Leipzig 1898; HUBATSCH, Walther – BERNARTZ, Hanswilly – FRIEDLAND, Klaus – GALPERIN, Peter – HEINSIUS, Paul u. a.: Die erste deutsche Flotte 1848–1853 (Schriftenreihe des Deutschen Marine-Instituts 1), Herford – Bonn 1981; MOLTMANN, Günter: Die deutsche Flotte von 1848/49 im historisch-politischen Kontext, in: RAHN, Werner (Hrsg.): Die deutsche Flotte im Spannungsfeld der Politik 1848–1985. Vorträge und Diskussionen der 25. Historisch-Taktischen Tagung der Flotte 1985 (Schriftenreihe des Deutschen Marine-Instituts 9), Herford 1985, 21–41; PETTER, Wolfgang: Programmierter Untergang. Die Fehlrüstung der deutschen Flotte von 1848, in: MESSERSCHMIDT, Manfred – MEIER, Klaus A. – RAHN, Werner – THOSS, Bruno (Hrsg.): Militärgeschichte. Probleme – Thesen – Wege (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte 25), Stuttgart 1982, 150–170.
  23. STOLZ, Gerd: Die schleswig-holsteinische Erhebung. Die nationale Auseinandersetzung in und um Schleswig-Holstein von 1848/51, Husum 1996, 121–125.
  24. Jochmus teilte ein umfangreiches Dossier an Akten und Schriftverkehr in dieser Angelegenheit als Zirkularschreiben den Bevollmächtigten sämtlicher deutschen Staaten bei der Zentralgewalt mit, um die Unterstützung ihrer Regierungen für die Position der Zentralgewalt anzurufen: BArch, DB 52/15, fol. 5–27.
  25. THOMAS (Hrsg.), Jochmus’ Schriften, Bd. 3, XI.
  26. JOCHMUS, August Giacomo: Notes on a Journay into the Balkan, or Mount Haemus, in 1847, in: The Journal of the Royal Geographical Society 24 (1854) 36–85; JOCHMUS, August Giacomo: Commentaries (Written in 1830 and 1834.) 1. On the Expedition of Philip of Macedon against Thermus and Sparta; 2. On the Military Operations of Brennus and the Gauls against Thermopylae and Aetolia; 3. On the Battle of Marathon etc.; 4. On the Battle of Sellasia, and the Strategic Movements of the Generals of Antiquity between Tegea, Caryae, and Sparta, in: The Journal of the Royal Geographical Society 27 (1857) 1–53; JOCHMUS, August Giacomo: On the Battles of Sellasia, Marathon, and Thermus, in: Proceedings of the Royal Geographical Society of London 1 (1857) 481–483.
  27. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana A II Nr. 49–50.
  28. Vgl. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana A II Nr. 45.
  29. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana A II Nr. 79. Die Säule im Familienwappen bot zu weiteren Spekulationen in Richtung einer Verwandtschaft mit den Colonna Anlass.
  30. Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adel HAA AR, Karton 210.
  31. Bayerische Staatsbibliothek München, Jochmusiana C II Nr. 5.
  32. Nach THOMAS, Vorerinnerung, XV, soll Jochmus dennoch 1871 bei der Schaffung des Wilhelminischen Reiches Genugtuung empfunden haben: „[...] das hohe, stolze Gefühl, ein Deutscher zu sein, trat nun auch bei Jochmus voll in seine Rechte ein“. Sofern dies keine – nach damaligem Empfinden – Behübschung durch den Herausgeber der (in Berlin erschienenen) Schriften Jochmus’ ist, wäre es ein weiterer Beleg für die außerordentliche Wandelbarkeit seiner Einstellungen.
  33. CRISTE, Jochmus, 746; THOMAS, Vorerinnerung, XV.

 

 

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/201

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Nachlese: Vorträge am 26. und 27. Juni 2013 in Speyer und Rastatt

Wie zuvor angekündigt, haben die beiden Projektmitarbeiter Thomas Stockinger und Tobias Hirschmüller bei zwei Veranstaltungen aus ihren Forschungen im Rahmen des Projekts berichtet. Dabei sprach Thomas Stockinger zum Thema „Ministerien aus dem Nichts. Die Einrichtung der Provisorischen Zentralgewalt“ und Tobias Hirschmüller über „Erzherzog Johann als Reichsverweser 1848/49“.

Vortragsabend im Stadtarchiv Speyer am 26. Juni 2013

Der erste der beiden Abende, den die Hambach-Gesellschaft gemeinsam mit dem Stadtarchiv Speyer veranstaltete, fand am 26. Juni ab 18.30 in den Räumlichkeiten des Letzteren statt. Nach einer kurzen Begrüßung durch Archivdirektor Dr. Joachim Kemper sprach Projektleiter Prof. Karsten Ruppert einleitend über den historischen Stellenwert der Provisorischen Zentralgewalt als erster Regierung (im heutigen Sinne des Wortes) für Deutschland sowie über die Ziele und Tätigkeiten unseres Projekts. Auf die beiden Vorträge folgte eine offene Diskussion, in der unter anderem die Erfolgschancen der Zentralgewalt und die Absichten der Mehrheit in der Frankfurter Nationalversammlung bei ihrer Einsetzung vertieft besprochen wurden.

Ein weiterer Bericht über den Abend findet sich auf der Facebook-Seite des Stadtarchivs. Zudem hat sich Dr. Kemper dankenswerter Weise bereit gefunden, die Powerpoint-Folien zum Vortrag „Ministerien aus dem Nichts“ online zugänglich zu machen.

Der zweite Abend fand am 27. Juni, gleichfalls ab 18.30 Uhr, in den historischen Räumen des Rastätter Schlosses statt, wo die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte untergebracht ist. Wie die Leiterin der Erinnerungsstätte, Dr. Elisabeth Thalhofer, in ihren einleitenden Worten festhielt, fehlte nur ein Tag auf den 165. Jahrestag des Datums, an dem die Frankfurter Nationalversammlung das Gesetz zur Einsetzung der Provisorischen Zentralgewalt beschloss. Im Anschluss an die Vorträge kam es auch hier zu einer angeregten Diskussion, die von Dr. Clemens Rehm, Abteilungsleiter Fachprogramme und Bildungsarbeit im Landesarchiv Baden-Württemberg, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des Fördervereins der Erinnerungsstätte moderiert wurde. Der Förderverein hatte auch den anschließenden kleinen Umtrunk organisiert, bei dem die Gespräche fortgesetzt wurden. Bereits vor Beginn des Programms hatten die beiden Besucher aus Eichstätt es sich angelegen sein lassen, die Dauerausstellung der Erinnerungsstätte zu besichtigen, und dabei unter anderem den Kabinettstisch bewundert, an dem das Gesamtreichsministerium damals seine Sitzungen hielt.

Nochmaliger Dank den Veranstaltern und Gastgebern für die Ermöglichung dieser Vorstellung unserer Forschungen! Da der Zuspruch beträchtlich war, ist an ähnliche Präsentationen durch die weiteren Mitglieder des Projekts im kommenden Jahr gedacht.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/277

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Vortrag: Ministerien aus dem Nichts. Die Einrichtung der Provisorischen Zentralgewalt 1848

Im Rahmen zweier Vortragsabende Ende Juni werden die Projektmitarbeiter Thomas Stockinger und Tobias Hirschmüller aus ihrer Forschungstätigkeit im Rahmen des Projekts „Edition der Akten der Provisorischen Zentralgewalt“ referieren. Der erste dieser Abende wird von der Hambach-Gesellschaft veranstaltet und findet am 26. Juni ab 19 Uhr im Stadtarchiv Speyer statt. Der zweite Abend ist für den 27. Juni ab 18.30 Uhr an der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Rastätter Schloss vorgesehen. Bei beiden Gelegenheiten werden dieselben zwei Vorträge gehalten.

Das folgende Abstract betrifft den Vortrag von Thomas Stockinger; eine entsprechende Ankündigung zu jenem von Tobias Hirschmüller erfolgt in Kürze.

Ministerien aus dem Nichts: Die Einrichtung der Provisorischen Zentralgewalt 1848

Am 28. Juni 1848 wurde nach intensiven Debatten in der Frankfurter Nationalversammlung das Gesetz zur Einsetzung einer vorläufigen Exekutive für den – real noch nicht existierenden – deutschen Bundesstaat beschlossen; der am folgenden Tag gewählte Reichsverweser Erzherzog Johann konnte am 12. Juli angelobt werden, etwa einen Monat später kam das erste vollständige „Reichsministerium“ zustande. Dieses konnte sich zunächst auf eine solide Mehrheit in der Versammlung stützen, vor allem auf das sogenannte „rechte Zentrum“. Die Stellung der Provisorischen Zentralgewalt zwischen dem Paulskirchenparlament, den Regierungen der deutschen Einzelstaaten und den auswärtigen Mächten war trotzdem nie eine einfache, und ihre Versuche, faktische Regierungstätigkeit zu entfalten, stießen rasch an Grenzen. Dennoch sollte die Bedeutung dieser Institution im Revolutionsgeschehen nicht unterschätzt werden.

Auf der politischen Ebene kann das Handeln der Zentralgewalt zumindest in seinen groben Zügen als bekannt gelten; hingegen ist ihrer Verwaltungsgeschichte noch kaum Aufmerksamkeit gewidmet worden. Dies erweist sich allerdings als durchaus interessant, zumal es darum ging, in kürzester Zeit funktionierende Behörden ins Leben zu rufen, wozu die Dienststellen des bisherigen Bundestages nur ganz unzureichende Anknüpfungspunkte boten. Qualifiziertes Personal musste rekrutiert, der gesamte Geschäftsgang geregelt, selbst die elementarsten Ressourcen – bis hin zum Büromaterial – mussten erst beschafft werden. Eine zeitgenössische Karikatur zeigte den neuen Reichsjustizminister Mohl bei seiner ersten „Amtshandlung“: dem Gang zu einem Papierhändler, um Schreibpapier und eine Stange Siegelwachs zu erstehen.

Dass die Ministerialbehörden der Zentralgewalt überhaupt ins Leben treten und eine geregelte Tätigkeit entfalten konnten, erscheint unter diesem Gesichtspunkt bereits als beträchtliche Leistung. Überreste dieser Tätigkeit sind nicht zuletzt die in beachtlicher Zahl angelegten und aufbewahrten Akten der Ministerien, heute im Bundesarchiv Berlin. Auf deren Grundlage soll im Vortrag versucht werden, nachzuzeichnen, welche Probleme bei der Bildung dieser Dienststellen gleichsam „aus dem Nichts“ auftraten und welche Lösungen dafür gefunden oder zumindest angestrebt wurden.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/249

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Robert von Mohl: Der Linksausleger im Reichsministerium – alles andere als ein Demokrat

Die Frankfurter Nationalversammlung wurde schon von zeitgenössischen Beobachtern – selten in freundlicher Absicht – als „Professorenparlament“ bezeichnet; freilich nur teilweise zu Recht, denn Hochschullehrer machten gerade etwas mehr als 8 % der Abgeordneten aus[1], wenn auch einige von diesen „politischen Professoren“ eine herausragende Stellung einnahmen[2]. Unter die Minister der Provisorischen Zentralgewalt gelangte nur ein universitärer Gelehrter von Rang: der gebürtige Württemberger Robert von Mohl[3], der zum Zeitpunkt seiner Wahl zum Abgeordneten für Mergentheim Ordinarius der Staatswissenschaften an der Universität Heidelberg war.

Robert von Mohl im Jahr 1848

Mohl, der aus einer alten württembergischen Juristen- und Beamtenfamilie stammte, hatte zuvor mehr als zwei Jahrzehnte an der Universität Tübingen unterrichtet und war dort auch der Universitätsbibliothek vorgestanden, bevor er sich durch regierungskritische Äußerungen im Zuge seiner Bewerbung um ein Mandat in der Württembergischen Abgeordnetenkammer den Zorn seiner Vorgesetzten zuzog und 1845 einer demütigenden Strafversetzung nur durch Austritt aus dem Staatsdienst entgehen konnte. Diese Ereignisse brachten ihn zumindest vorübergehend in den Ruf eines „Märtyrers“ der oppositionellen Politik und dürften wohl auch seiner Wahl in die Nationalversammlung durchaus förderlich gewesen sein.

Als Gelehrter war Mohl durch Werke über Staatsrecht und Polizeiwissenschaft hervorgetreten, die rasch breite Anerkennung fanden. Er hatte sich damit einen prominenten Rang unter den Theoretikern des Rechtsstaats und des Repräsentativsystems gesichert. Nach eigener Einschätzung ein „Altliberaler“[4], blieb er fest im monarchischen Konstitutionalismus verankert und rang in seinen Schriften lange um die Vereinbarkeit des monarchischen Prinzips mit einem von den „Mittelständen“, die seiner Ansicht nach „die ganze materielle und geistige Kraft der Völker in sich vereinigen“[5], getragenen Parlamentarismus. Seine Begriffe von „Rechtsstaat“ und „Gemeinwohl“ schlossen allerdings auch eine aktive Verantwortung des Staates für das materielle Wohlergehen der Bevölkerung ein, so dass Mohl mit einigem Recht zu den Vorläufern einer staatlichen Sozialpolitik gerechnet werden kann[6].

Ungeachtet dieses Interesses an einer Lösung der „sozialen Frage“ zur Aufrechterhaltung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung war der liberale Theoretiker und Politiker Mohl „nichts weniger als ein Demokrat“[7]. Seiner Abneigung gegen die „Aristokratie“ stand ein mindestens ebenso tiefes Misstrauen gegen die „Prolotarier“ (sic) gegenüber, das ihn vor dem Gedanken einer ausschließlichen Volkssouveränität zurückschrecken und selbst in einer allzu großen Stärkung des parlamentarischen Einflusses gegenüber der Monarchie die Gefahr erblicken ließ, dass „der rohen Gewalt der physischen Mehrzahl ein allzubedeutender Spielraum gegeben“ würde[8]. Auf dem Höhepunkt revolutionärer Unruhe im Frühjahr 1848 widmete er sich der Abfassung einer – letztlich nicht veröffentlichten – Flugschrift „An die Arbeiter!“, in der er vor der Forderung nach einer Republik warnte, welche eine für Deutschland ungeeignete Staatsform sei und nur zu Bürgerkrieg und Elend führen könne[9]. Auch mit dem Gedanken des allgemeinen Männerwahlrechts fand er sich 1848 nur widerwillig ab, kehrte aber rasch zu seiner früheren schroff ablehnenden Meinung zurück; noch 1867 konnte er sich von dessen Einführung im Norddeutschen Bund nichts anderes als die verheerendsten Auswirkungen erwarten, weil es „weit ab von der einzig richtigen Ordnung eines Wahlsystemes“ liege, „nämlich der Auffassung der Betheiligung an dem activen Wahlrechte als eines den dazu Befähigten zu ertheilenden Auftrages“[10].

Innerhalb des südwestdeutschen Liberalismus war Mohl mit diesen Ansichten eher auf dem rechten Flügel positioniert; nach den Maßstäben der Frankfurter Nationalversammlung gehörte er hingegen zum „Linken Centrum“. Seine Fraktion war erst der „Württemberger Hof“, dann dessen rechte Abspaltung, der „Augsburger Hof“ (bekanntlich wurden die Gruppierungen unter den Abgeordneten nach den Gasthäusern benannt, in denen sie sich zu versammeln pflegten). Bei der Bildung des ersten Ministeriums der Provisorischen Zentralgewalt im August 1848 strebten nun die vom Reichsverweser zuerst ernannten Minister, namentlich Anton von Schmerling und Johann Gustav Heckscher, nach einer Verbreiterung der parlamentarischen Basis des Kabinetts, das überwiegend aus Vertretern des „Rechten Centrums“ gebildet wurde. Nach schwierigen Verhandlungen fanden sich Mohl als Justizminister und seine beiden Fraktionskollegen Johannes Baptista Fallati und Christian Widenmann als Unterstaatssekretäre zum Eintritt in das Ministerium bereit.

Die Vorbehalte hinsichtlich dieser Zusammenarbeit waren freilich auf beiden Seiten nicht leicht auszuräumen. Schmerling hielt später in seinen „Denkwürdigkeiten“ fest, dass das „sogenannte linke Centrum“ sich aus seiner Sicht „allerdings schon sehr zur Linken neigte (…) und deshalb mußte man sich begreiflicherweise den Mann, den man aus dieser Fraction des Hauses in das Ministerium berufen wollte, sehr genau ansehen“. Mohl selbst wäre nicht Schmerlings erste Wahl gewesen und wurde von diesem im Rückblick auf die gemeinsame Regierungsarbeit der Verfehlung geziehen, „neben allen Vorzügen auch alle unleidlichen Eigenschaften eines Schwaben, wie insbesondere unglaublichen Eigensinn und Rechthaberei im reichen Maße“ besessen zu haben, „so daß es beständig erhebliche Anstrengungen kostete, um ihn von seinen mitunter extravaganten Ideen abzubringen“[11]. Auch Mohl selbst bezeichnete sich und seine beiden Fraktionskollegen als „das am weitesten links gehende Element des Ministeriums“ und hoffte „als solches Gutes zu wirken“[12]; freilich ging er zugleich davon aus, dass dieses Kabinett „nicht lange halten“ und die Beteiligten danach „auf lange politisch todt“ sein würden[13]. Tatsächlich sollte er freilich trotz wiederholter Spannungen mit seinen Kollegen und mehrerer Rücktrittsangebote bis zum endgültigen Ende des letzten auf eine parlamentarische Mehrheit gestützten Kabinetts im Mai 1849 seinem Ressort vorstehen.

Das Justizministerium war selbst im Verhältnis zu anderen Posten in der Provisorischen Zentralgewalt eine Stellung mit sehr eingeschränkten Wirkungsmöglichkeiten. Schmerling hielt es im Grunde für überflüssig und behauptete, es sei nur eingerichtet worden, weil in der Nationalversammlung und der Öffentlichkeit „so überschwängliche Anschauungen von der Bedeutung Deutschlands und daher auch seiner Regierung“ herrschten, dass die allenfalls nötigen insgesamt drei Minister als für das notwendige Ansehen der Zentralgewalt nicht hinreichend erschienen wären[14]. Mohl selbst nannte sein Ressort insofern „ein Ministerium in partibus, als es keinerlei Behörden, sei es gerichtlicher, sei es andrer Art, unter sich hatte, ihm keine Ernennungen zustanden, ihm jedes Exekutionsmittel fehlte“[15]. Dennoch entfalteten er und sein Unterstaatssekretär Widenmann eine nicht ganz unbedeutende Tätigkeit einerseits im Umgang mit Rechtsfällen, die bisher der Bundesgerichtsbarkeit unterstanden wären – wozu Streitfälle zwischen deutschen Staaten, aber auch Beschwerden von Individuen gegen die Einzelstaaten wegen Rechtsverweigerung zählten –, andererseits in der Vorbereitung und Begutachtung von Gesetzesentwürfen und Staatsverträgen. Gerade in der schwierigen Frage, wie der Verkehr zwischen Zentralgewalt und staatlichen Regierungen zu regeln sei, und in jener der Publikation und Durchsetzung der „Reichsgesetze“ in den Staaten dürften viele der zentralen Texte von Mohl aufgesetzt worden sein. Widenmann übernahm die Verantwortung für die Vorbereitung einiger komplexer Gesetze zu (etwas) weniger kontroversen Materien; namentlich der unter seiner Leitung ausgearbeitete Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland gelangte zwar wegen der Auflösung der Nationalversammlung nicht mehr zur Beschlussfassung, wurde aber in vielen Punkten zum Vorbild für die spätere Regelung dieser Frage im Deutschen Bund[16].

Vielleicht die auffallendste Initiative Mohls war das Gesetz zur Aufhebung der „Spielbanken“ (wie man damals Spielkasinos nannte). Es handelte sich um eine langjährige Forderung von Teilen der Linken, begründet mit ganz ähnlichen humanitären und volkswirtschaftlichen Überlegungen zum Schutz vor Ausbeutung der Spielsucht, wie sie noch heute Forderungen nach Beschränkung des Glücksspiels zugrunde liegen. Die Debatte über entsprechende Petitionen in der Nationalversammlung am 8. Januar 1849 hätte aber wohl zu keinem Ergebnis geführt, wenn nicht Mohl als einzig anwesender Minister aus einem – wie er selbst später einräumte – unüberlegten Impuls das Wort ergriffen und entschieden für eine Aufhebung gesprochen hätte. Der Aufforderung aus der Versammlung, einen Antrag einzubringen, kam er durch Niederschrift eines einzigen Satzes nach, auf dessen Grundlage noch in derselben Sitzung ein Gesetzesbeschluss erfolgte[17]. Die Bestürzung unter seinen Ministerkollegen war danach groß, denn von etlichen staatlichen Regierungen, die selbst aus dem Betrieb solcher Etablissements oder der Verpachtung von Konzessionen Gewinne bezogen, war Widerstand zu erwarten. Anstatt das Rücktrittsangebot Mohls anzunehmen, bedeutete man ihm allerdings, er habe nun für die Ausführung des Beschlusses selbst zu sorgen. Einigermaßen überraschend waren die Ergebnisse, denn es kam zu einem der wenigen unleugbaren Erfolge der Zentralgewalt bei der Durchsetzung von Beschlüssen der Nationalversammlung: Die meisten Staaten fügten sich dem neuen Gesetz, obzwar einige recht unverschämte Entschädigungsforderungen erhoben. Hartnäckig widersetzte sich allein das winzige Hessen-Homburg, das sich auf die Bad Homburger Spielbank existentiell angewiesen wähnte. Die Folge war die einzige von der Zentralgewalt vorgenommene Bundesexekution gegen einen renitenten Einzelstaat: Österreichische Truppen aus der Garnison der Bundesfestung Mainz wurden nach Homburg beordert und erzwangen die Einstellung des Spielbetriebs[18].

In der Schlussphase der Nationalversammlung nach der Ablehnung der Reichsverfassung durch Preußen trat der Gegensatz zwischen Mohl und seinen Kollegen wieder scharf zutage, da er entschiedener als diese dafür eintrat, dass die Zentralgewalt auf deren Durchsetzung auch gegen den Willen der größten deutschen Einzelregierung hinwirken sollte. Die Weigerung des Reichsverwesers verurteilte er heftig und brachte getrennt von den übrigen noch anwesenden Ministern, wenn auch nur wenige Tage vor ihnen, seine endgültige Demission ein[19]. Wie einige andere Mitglieder der Regierung suchte er danach zunächst die Abgeschiedenheit und verbrachte mit seiner Familie einige Monate auf einem Landsitz in Mehlem bei Bonn.

Ein gewisses Maß an Eigenwilligkeit spricht sowohl aus den Selbstdarstellungen Mohls als auch übereinstimmend aus den Einschätzungen seiner Person durch andere. Die von Schmerling gerügte „Rechthaberei“ mag freilich auch aus dem Grund wahrgenommen worden sein, weil die politischen Anschauungen beider Männer recht weit auseinanderlagen. Die höhere Wertung von prinzipiengeleitetem gegenüber taktisch kalkulierendem Handeln war immerhin dem erklärten Selbstverständnis fast aller politischen Akteure gerade im Revolutionsjahr gemeinsam; was aber bei geteilten Zielen als Standhaftigkeit oder Prinzipientreue honoriert wurde, konnte von Beobachtern mit weiter entferntem Standpunkt leicht als Phantasterei, Extravaganz oder eben „Rechthaberei“ abgewertet werden. Mohl zeigte immerhin auch ein ausgeprägtes Gefühl für Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten, das ihm nicht zuletzt erlaubte, nach dem Ende der härtesten Reaktionsphase wieder in der badischen Politik aktiv zu werden und seine Wahlheimat in den 1860er Jahren sogar bei der Bundesversammlung zu vertreten. Nach der Reichsgründung wurde er noch in hohem Alter– durch das ihm selbst so suspekte allgemeine Männerwahlrecht – in den Reichstag gewählt und starb als Abgeordneter desselben 1875 in Berlin.

Mohl hinterließ einen überaus reichen schriftlichen Nachlass, von dem Teile bereits bald nach seinem Tod aufgrund einer testamentarischen Verfügung der Tübinger Universitätsbibliothek übergeben wurden. Ein weiterer größerer Bestand, die sogenannten „Moser-Mohl’schen Familienpapiere“, wurde in den 1920er Jahren von Mohls Sohn, dem Diplomaten Ottmar von Mohl, an die Württembergische Landesbibliothek verkauft. Heute verbergen sich hinter einer einzigen Handschriftensignatur (Cod. hist. 506) etliche Laufmeter Papiere, von denen der größte Teil aus Familienkorrespondenzen besteht. Über die Frankfurter Zeit Mohls geben vor allem seine Briefe an seine Frau Pauline, geborene Becher, in Heidelberg sowie an seinen Bruder, den in Paris lebenden Orientalisten Julius Mohl, wertvolle Aufschlüsse, weshalb einige dieser Stücke auch in unsere Protokolledition als ergänzende Quellen Eingang finden werden. Die Briefe waren offenbar fast vollständig aufgehoben, familienintern sorgsam verwahrt und genauestens sortiert worden – die in die hunderte gehenden Schreiben an Pauline Mohl sind etwa gruppenweise in Bogen mit der Beschriftung „Papa an Mama“ und der Angabe des jeweiligen Anlasses der vorübergehenden Trennung der Eheleute eingeschlagen. So findet sich zwischen diversen Bildungs- und Forschungsreisen Mohls eben auch seine Frankfurter Parlaments- und Ministeriumszeit hier eingereiht.

[1] BEST, Heinrich: Die Männer von Bildung und Besitz. Struktur und Handeln parlamentarischer Führungsgruppen in Deutschland und Frankreich 1848/49 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 90), Düsseldorf 1990, 59.

[2] Vgl. etwa ENGEHAUSEN, Frank – KOHNLE, Armin (Hrsg.): Gelehrte in der Revolution. Heidelberger Abgeordnete in der deutschen Nationalversammlung 1848/49. Georg Gottfried Gervinus – Robert von Mohl – Gustav Höfken – Karl Mittermeier – Karl Theodor Welcker – Karl Hagen – Christian Kapp, Ubstadt-Weiher 1998.

[3] Die maßgebliche Darstellung zu Leben und Werk ist weiterhin die Biographie von ANGERMANN, Erich: Robert von Mohl 1799–1875. Leben und Werk eines altliberalen Staatsgelehrten (Politica. Abhandlungen und Texte zur politischen Wissenschaft 8), Neuwied 1962. Seinen Aktivitäten in der Revolution 1848/49 wird darin jedoch verhältnismäßig wenig Raum gewidmet.

[4] Vgl. NORDBLOM, Pia: Robert von Mohl, in: ENGEHAUSEN – KOHNLE (Hrsg.), Gelehrte, 41–67, hier 41.

[5] MOHL, Robert von: Das Staatsrecht des Königreiches Württemberg, 2 Bde., Tübingen, 2. Auflage 1840, Bd. 1, 534. In der ersten Auflage 1829 findet sich die Passage nicht. – Vgl. URBAN, Nikolaus: Robert von Mohl: Konstitutionelle Monarchie, Repräsentativsystem und Staatswissenschaften, in: FREITAG, Sabine (Hrsg.): Die Achtundvierziger. Lebensbilder aus der deutschen Revolution 1848/49, München 1998, 113–125, 316–318, hier 116f.

[6] STÖCKER, Birgit: Die Gemeinwohltheorie Robert von Mohls als ein früher Ansatz des sozialen Rechtsstaatsprinzips (tuduv-Studien – Reihe Politikwissenschaften 53), München 1992.

[7] MANN, Bernhard: Reichsminister Robert von Mohl und seine Wähler 1848/49. Neunzehn Briefe aus der deutschen Nationalversammlung, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 30 (1971) 327–381, hier 328.

[8] MOHL, Staatsrecht, Bd. 1, 534.

[9] ANGERMANN, Erich: Republikanismus, amerikanisches Vorbild und soziale Frage 1848. Eine unveröffentlichte Flugschrift Robert Mohls, in: Die Welt als Geschichte. Eine Zeitschrift für Universalgeschichte 21 (1961) 185–193.

[10] Vgl. seine diesbezüglichen Ausführungen in MOHL, Robert von: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik, Bd. 3, Tübingen 1869, 715–724; Wiederabdruck bei BEYME, Klaus von (Hrsg.): Robert von Mohl. Politische Schriften. Eine Auswahl (Klassiker der Politik 3), Köln – Opladen 1966, 265–275. Das Zitat ebd. 265.

[11] Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Nachlass Bienerth-Schmerling, Denkwürdigkeiten Kt. 3, Fasz. 1, fol. 30r–v. Das nicht viel vorteilhaftere Urteil Mohls über Schmerling ist nachzulesen in seinen Erinnerungen: KERLER, Dietrich (Hrsg.): Lebens-Erinnerungen von Robert von Mohl 1799–1875, 2 Bde., Stuttgart – Leipzig 1902; Bd. 2, 81–83.

[12] Offener Brief an seine Wähler vom 9. August 1848, abgedruckt bei MANN, Mohl, 340f.

[13] Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. hist. 4o 506/III, Fasz. 20b, Nr. 5, Robert von Mohl an seinen Bruder Julius Mohl, 9. August 1848.

[14] Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Nachlass Bienerth-Schmerling, Denkwürdigkeiten Kt. 3, Fasz. 1, fol. 25r.

[15] KERLER (Hrsg.), Lebens-Erinnerungen Mohl, Bd. 2, 94.

[16] BAUMS, Theodor (Hrsg.): Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland (1848/49). Text und Materialien (Abhandlungen aus dem gesamten Bürgerlichen Recht, Handelsrecht und Wirtschaftsrecht. Beihefte der Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 54), Heidelberg 1982.

[17] Franz WIGARD (Hrsg.), Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main, Bd. 6, Frankfurt am Main 1849, 4480–4493; vgl. die eigene Darstellung Mohls bei KERLER (Hrsg.), Lebens-Erinnerungen Mohl, Bd. 2, 96f.

[18] Freilich erst im zweiten Anlauf. Zunächst war es den Spielpächtern durch eine Einladung an die Offiziere noch gelungen, die Exekutionstruppen von der Ausführung ihrer Befehle abzubringen; dies rief allerdings den Reichsverweser persönlich auf den Plan, der im Sinne seiner paternalistischen Vorstellungen von Sozialpolitik die Schließung befürwortete. Auf seinen scharfen Verweis hin kamen die Offiziere der fraglichen Einheiten schließlich ihrem Auftrag nach.

[19] Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. hist. 4o 506/III, Fasz. 16b, Nr. 2b: Entwurf eines Rücktrittsschreibens, datiert 14. Mai 1849.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/160

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So what was the “Provisional Central Power” – and why should anyone take an interest?

Protokoll der 180. Sitzung des Gesamtreichsministeriums

Minutes of the 180th session of the cabinet of the Provisional Central Power. November 19, 1849

While this blog is – and will remain – predominantly in German, it may be helpful to potential readers from other countries to provide an English-language version of our project’s mission statement, as previously published in German in this post:

When revolutions are over, the aspects most likely to be remembered are those that contrast most starkly with everyday political life: barricades and fighting in the streets. This is certainly true for the Revolutions of 1848–49 in the collective memory of the German public. There is also some awareness that the revolution eventually led to the election of a National Assembly, which convened at Frankfurt. The installation of a provisional executive branch for the as yet nonexistent “German Empire”, however, is a different story: there is more or less no memory of this first parliamentary government for  Germany in its entirety. Very few are aware that an Austrian archduke, granted the title of “Imperial Regent”, presided over this “Provisional Central Power” for roughly one and a half years, and was thus the first head of a German national government to have been appointed by an elected parliament.

In founding the “Provisional Central Power”, the moderate revolutionary movement incarnated by the Frankfurt National Assembly was attempting to assert its position with respect to the existing governmental power of the more than 30 German states organised in the German Confederation. The Assembly’s claim to the right to do so was based squarely on the doctrine of popular sovereignty, whereas none of the various kingdoms and principalities had moved beyond a liberal constitutionalism that recognised the hereditary right of the legitimate monarch as existing independently of any popular claim to participation.

Besides the Imperial Regent, Archduke John, the Provisional Central Power consisted of an “Imperial Cabinet” with a Prime Minister, ministers leading half a dozen departments, and undersecretaries to assist them. This organisation was modelled on the ministerial governments present in many of the larger German states, and was intended to engage in similar activities. Notably, the Central Power published the “Imperial Laws” passed by the National Assembly and attempted, with varying success, to see to it that they were accepted and enforced by the individual states. It laid claim to leadership in joint military operations, especially the conduct of the war against Denmark over the status of Schleswig and Holstein. By dispatching “Imperial Commissioners” and occasionally by mandating military actions, it intervened to contain revolutionary insurrections in multiple states between September 1848 and May–June 1849. It was charged with the creation of the first German navy, a project which initially stimulated widespread nationalist enthusiasm. Last but not least, it made every effort to mediate the escalating disagreement between the Assembly and the state governments over the acceptance of the German Constitution enacted by the former. In all of these tasks, however, it was hampered at every step by its lack of any sort of administrative apparatus, by its very limited sources of real bargaining power – especially when faced with the two crucial German powers, Prussia and Austria –, and by the refusal of diplomatic recognition from nearly all other European governments. After the gradual dissolution of the Frankfurt Assembly in the spring of 1849, the Provisional Central Power remained in existence until the end of the year and, despite its sorely limited means, played a significant role in the power struggle between Prussia, Austria and the smaller German kingdoms over the constitutional framework for a future German national state.

Archduke John of Austria as Imperial Regent of Germany. Lithograph by J. Kriehuber, 1848

Both the secretariat of the cabinet and the offices of the individual ministries – Foreign Affairs, Interior, Justice, War, Finances, Trade and, eventually, Navy – rapidly devised their own record-keeping procedures. After the dissolution of the Provisional Central Power in December 1849, its archives were handed over to its successor institution, the Federal Central Commission. They were subsequently integrated into the archives of the Federal Assembly (the deliberative body of the reinstated German Confederation); when this in turn was suppressed in 1866, the records entered the Frankfurt Municipal Library, in whose care they remained until the creation in 1925 of a Frankfurt branch of the Imperial Archives (later the Federal Archives of the post-World War II Federal Republic). After the reunification of 1991, this branch was given up and its holdings were transferred first to Koblenz, then in 2010 to the Federal Archives in Berlin. The archives of the Provisional Central Power, totalling some 25 metres of shelf space, are remarkably well preserved and complete despite all these vagaries. In the period after World War II, difficult archival work was undertaken in order to restore them as far as possible to their original order, as set out in the filing instructions of the various ministries. Detailed inventories are a product of this process. Microfilms of the entire archives were made some years ago.

Until 1945, these sources had been almost completely ignored by academic historians. They have since been used somewhat more often, but their potential is far from being exhausted. Notably, there has been no publication of the minutes of the cabinet, while editions of this type have been in progress for decades for the governments of the major German states. Our project aims to close this gap, and thereby not only to cast new light on the role of a hitherto underestimated agency within the revolutionary sequence of events, but also to apply recent approaches from the political and social sciences, and especially a culturalist perspective, to Germany’s first parliamentary government and the ways in which it functioned (or failed to do so). That the Provisional Central Power was called upon to create the institutional infrastructure for its governmental activity more or less out of nothingness – by founding new administrative offices, recruiting personnel and obtaining financial means – provides a highly unusual perspective on the history of the growth of state institutions and bureaucracy, one of the great secular processes of the 19th century.

The goal of our undertaking is to publish the minutes of the 185 sessions of the Central Power’s cabinet in full, and to use them as the backbone of a collection of further documents from the archives of the Provisional Central Power chosen to best illustrate the scope of its activity, the difficulties it faced, and the expedients by which it attempted to surmount them. These additional materials will be presented in the form of summaries of their content. Beyond this, given that administrative documents usually do not record the political background of decisions or the atmosphere within an institution, extracts from the personal papers, letters and memoirs of the members of the cabinet will be incorporated into our publication to supplement the official records. Detailed indexes will facilitate use of the book by researchers and other readers with a variety of different interests. Our particular attention is focussed on the following four topics:

1. The Provisional Central Power’s relationships with the National Assembly on the one hand, and with the governments of the German states on the other hand; its means, methods, and degree of success in asserting itself with respect to either of these.

2. The tension, in the legal framework and the governmental reality of the Central Power, between traditional monarchical constitutionalism and parliamentary government based on popular sovereignty.

3. The institutional and administrative history of the Central Power, with particular attention to its unique challenges in rapidly creating governmental infrastructure.

4. The self-perceptions, motives, decisional processes, and emotional experiences of the members of the cabinet, seen from the perspective of a cultural history of politics; as well as their communicative and performative strategies for representing their activity to various audiences.

Text by Karsten Ruppert and Thomas Stockinger. English translation by Thomas Stockinger.

 

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/155

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