Bilder der Erinnerung

Plakat der Kampagne „Operation Last Chance II“ des Simon-Wiesenthal-Centers

1986 stellte die US-amerikanische Historikerin Sybil Milton fest, dass die visuelle Repräsentation des Holocaust aus einem wiederkehrenden Repertoire an Bildern schöpfe, das sich bemerkenswerterweise vom historischen Quellenbestand gelöst habe. Obwohl mehr als zwei Millionen Fotografien überliefert seien, so Milton, würden in der populären und wissenschaftlichen Literatur immer wieder dieselben Bilder genutzt, um die Geschichte des Holocaust zu veranschaulichen.

Ihrer Beobachtung folgten Arbeiten, die sich verstärkt der medialen Visualisierung des Holocaust in der Erinnerungskultur zuwandten und die fotografische Repräsentationsgeschichte als Gegenstand der wissenschaftlichen Analyse entdeckten. Unter dem Aspekt der Tradierung verweist dieses sich wiederholende Set an Bildern auf ein kollektives Bildgedächtnis an den Holocaust. Es besteht aus Fotografien, die zu Ikonen geworden sind: das Torhaus von Auschwitz-Birkenau, das Foto mit dem Jungen aus dem Warschauer Ghetto oder das Porträt von Anne Frank, genauso wie aus Zeichen: den Stacheldraht und den „Gelben Stern“, und Motivgattungen: z.B. die strukturierten Reihen der Deportationen und Lagerappelle, mit denen die Geschichte für die Gegenwart symbolisiert wird.

Bislang ist aber nur wenig darüber bekannt, in welcher Art und Weise diese bildsymbolische Ordnung die Wahrnehmung des Holocaust im sozialen Alltagsgedächtnis beeinflusst.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2015/08/10/bilder-der-erinnerung/

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Der Mythos vom mediatisierten Zentrum


Nick Couldry: Media, Society, World. Social Theory and Digital Media Practice. Cambridge: Polity Press 2012.

couldryDie Idee Medialisierung ist Nick Couldry suspekt. Erstens sei es kaum möglich, gesellschaftlichen Wandel direkt auf Medien zurückzuführen, wenn man wisse, wie viele Prozesse miteinander zusammenhängen und sich überschneiden (S. 133, vgl. Nassehi 2015). Zweitens würden die Medien selbst sich ändern (erst recht in der Gegenwart, S. 136), und drittens könne man nicht im Ernst von einer einzigen Medienlogik ausgehen, diese dann zum Dreh- und Angelpunkt von Medienwirkungen machen und auch noch annehmen, dass eine solche Logik überall die gleichen Folgen habe (S. 136).

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Quelle: https://medialogic.hypotheses.org/378

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Krieg gegen den unsichtbaren Feind


Feindbilder des August Jasper

Katharina Peterdamm

Im Zentrum der Kriegseuphorie standen im Ersten Weltkrieg vor allem die veröffentlichten Feindbilder, mit denen sich die Bürger in der Heimat wie auch die Soldaten an der Front konfrontiert sahen.[1] Hinter diesen Feindbildern standen jedoch keine inhaltlich klar definierten Konzepte des Feindes, sondern vielmehr versteinerte Vorurteile.[2] Die angebotenen Feindbilder wurden oftmals angenommen, ohne jemals gründlich reflektiert zu werden, aber auch ohne wirkliche Hassgefühle gegenüber dem Feind zu entwickeln.[3]

Auch der Soldat August Jasper bediente sich in seinen Briefen an seine Frau Bernhardine Jasper solcher nationalistisch aufgeladener Charakterisierungen, blieb bei der jeweiligen Benennung aber überwiegend bei der einzelnen Nationalität. So waren für ihn „die Belgier feige“,[4] „die Franzosen“ wiederum „kriegen was aufs Fell“[5] und der „Engländer was auf die Decke“.[6] In seinen Briefen finden nicht nur die Feinde von der Westfront, an der er im Einsatz war, Erwähnung, sondern auch Russen, Italiener, Amerikaner sowie Bulgaren und Rumänen. Sie tauchen immer dann auf, wenn sich August Jasper mit seiner Frau über größere Kriegsziele Deutschlands oder Kriegshandlungen an anderen Fronten austauscht.



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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/660

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S wie Sensible Sammlungen


Was sind eigentlich sensible Sammlungen? Und warum sind sie sensibel?

Handelt es sich um Objekte, die sehr zerbrechlich sind und deswegen konservatorisch besonders geschützt werden müssen? Nein, es geht um etwas anderes: Sensibel meint in diesem Zusammenhang, dass der Umgang mit diesen Objekten vielleicht etwas problematischer oder anspruchsvoller ist als der mit anderen Objekten – in der Hauptsache deswegen, weil es Menschen außerhalb der Sammlungen gibt, die davon betroffen sein könnten. Meist geht es dabei um Objekte, deren Aufbewahrung, Präsentation oder Beforschung im Museum nicht unumstritten ist. Welche Objekte genau sensibel sind, ist häufig schwer zu definieren und kann vom Einzelfall abhängen.

Besonders prominent in der Debatte der vergangenen Jahrzehnte sind vor allem human remains, also Körperteile von Menschen. Dazu gehören sowohl Schädel und Knochen, als auch Haar- und Hautproben, präparierte Weichteile (Beispiel: anatomische Sammlung) oder (natürlich oder künstlich) konservierte Körper wie zum Beispiel Mumien oder Moorleichen. Doch nicht alle menschlichen Überreste sind gleichermaßen umstritten: in den meisten archäologischen Sammlungen ist die Präsentation von Skeletten oder einzelnen Schädeln durchaus üblich und wird auch in der Bevölkerung meist wenig hinterfragt.

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Quelle: http://sensmus.hypotheses.org/117

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(9) Ohne jüdische Akteure kein Preußen

Die brandenburgisch-preußische Judenpolitik war seit dem Edikt von 1671 auf Wandel und Handel ausgerichtet. Neben anderen Einwanderungsgruppen wurden insbesondere jüdische Familien, wegen ihrer Handelserfahrungen und ihres Kapitals angeworben. Brandenburg-Preußen zwang seine jüdischen Familien durch eine vielfältige Steuern- und Abgabenpolitik dazu. Dazu wurden jüdische Familien statistisch erfasst, sozial kategorisiert und kontinuierlich durch Edikte, erneuerte Privilegien und Ordnungen um weitere oder höhere Sonderabgaben belangt, die dann letztmalig 1750 unter Friedrich II. allgemein gültig und detailliert festgeschrieben wurden. Diese Bestimmungen und Forderungen führten zu großen finanziellen Belastungen, sozialen Krisen und Existenzängsten der jüdischen Familien. So bedeuteten die nach dem 7-jährigen Krieg (1756-1763) geforderten Zwangsbeiträge und Zwangsexporte für viele jüdische Familien den sozialen Abstieg und somit auch die Aufhebung ihres Schutzes in Preußen.

Die Verarmung vieler jüdischer Gemeinden zum Ende der Regierungszeit Friedrich II. soll allerdings um Schenk zu widersprechen nicht zum Anlass genommen werden die gesamt-wirtschaftliche Bedeutung durch die jüdische Einwanderung zu unterschätzen (vgl.

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Quelle: http://germanjews.hypotheses.org/102

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#scicomm4.0 What is Science 4.0 and Why Is It Necessary?

https://theamazingworldofpsychiatry.wordpress.com/2012/05/19/what-is-science-4-0-and-why-is-it-necessary/ Der Beitrag stellt science 4.0 als ein Konzept vor, welches ein Bundle an Merkmalen enthält wie z.B. Lizenzierungen, Programmierungen, Rechenkapazität und Vernetzung. Es stellt darüber hinaus einen Entwicklungssprung nach dem Web 2.0 und der daraus abgeleiteten science 2.0 dar.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/08/6104/

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Rationales Entscheiden und historische Erklärung

Seit langem beschäftige ich mich mit der Frage der handlungstheoretischen Grundlegung der historischen Erklärung. Aktuell stoße ich dabei auf die Selbstbeschreibung des SFB 1150 „Kulturen des Entscheidens“ in Münster. Auf der Homepage findet sich eine Zusammenfassung des Forschungsprogramms, in der es u.a. heißt: “Damit soll zum anderen ein Anstoß dazu gegeben werden, Entscheiden zu einem zentralen Problem der Historischen Kulturwissenschaften zu machen […].” Dem kann ich ich nur anschließen – würde aber ergänzen, dass Entscheiden immer schon ein zentrales Problem der Historischen Kulturwissenschaften war.

Was mich aber verwundert, ist der in der Geschichtswissenschaft immer noch anhaltende Impuls, sich gegen ein Modell von Handlungsrationalität zu wenden, das eigentlich von niemandem mehr vertreten wird – das hat etwas vom Kampf gegen selbstgebaute Strohpuppen. Zugleich werden Theorieentwicklungen der letzten 20-30 Jahre souverän ignoriert. Es erinnert ein wenig an die Begeisterung der Historiker/innen für Clifford Geertz zu einem Zeitpunkt, als die Ethnologie ihn schon nach heftiger Kritik zu überwinden begann.

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Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/334

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