Traut euch!

Wer hier öfter mal reinschaut, wird mitbekommen haben, dass mein letzter größerer Post nicht hier veröffentlicht wurde, sondern Ende letzter Woche als Gastbeitrag im Fischblog, dem Blog von Lars Fischer bei den Scilogs erschien. Hintergrund der Aktion war, dass Lars über Twitter Geisteswissenschaftler dazu aufgerufen hatte, Gastbeiträge einzureichen, um damit ihr Fachgebiet einem größeren (und vorwiegend naturwissenschaftlich orientierten) Publikum näherzubringen.

Ich habe diese Aufforderung gerne angenommen, auch weil ich ein regelmäßiger Leser des Fischblogs bin (Untertitel:”Wissenschaft für alle”), wo Themen aus den unterschiedlichsten Spektren unterhaltsam aufbereitet werden, aber zugleich so informativ sind, dass man nach der Lektüre zumindest glaubt, beim nächsten Gespräch darüber mitreden zu können. Als es noch Ranglisten zur Beliebtheit und Reichweite wissenschaftlicher Blogs gab (ich finde jedenfalls keine mehr, die nach September 2011 erschienen ist), war der Fischblog immer mit vorne dabei. Ich sah es daher als eine Herausforderung an, etwas für diesen Blog zu schreiben, und als eine Ehre, falls das dann auch angenommen würde.

Für mich bot sich durch die Aktion auch die Gelegenheit, noch einmal einen Bogen zu schlagen über die Posts, die ich hier vorher veröffentlicht hatte und dabei die Grundlagen darzustellen, auf denen ich meine wissenschaftliche Arbeit aufbaue. Das war nicht gerade einfach – ich hatte eben nur diesen einen Schuss (Gastbeitrag) frei, in dem das gelingen musste. Tatsächlich wurde es so auch der Artikel, an dem ich am längsten gearbeitet habe, als ich mich fertig wähnte, hat Lars noch einige Einwände gehabt, die allesamt berechtigt waren und deren Beherzigung den Artikel noch den letzten Schliff gaben. Letzten Freitag ging der Artikel dann online und ich durfte ihn selbst mitankündigen:

Was lange währt, spuckt endlich Blut – der @fischblog hat tatsächlich meinen Gastbeitrag veröffentlicht – scilogs.de/wblogs/blog/fi…

— jhermes (@spinfoCL) September 14, 2012

Ich bin wirklich froh, den Schritt auf die (für mich) großen Scilogs gegangen zu sein, obwohl ich mich hier, beim (noch) kleinen Schwesterportal de.hypotheses, weiterhin sehr wohl, weil gut betreut fühle.

Mit einem Mal hatte sich meine Reichweite vervielfacht. Während ich hier positiv geschätzt (wenn man das Grundrauschen abzieht) vielleicht 200 Leser bzw. Klicks pro Post habe, waren es jetzt auf den Scilogs mehr als 1500. Seit ich bei de.hypotheses bin, muss ich nicht mehr alleine auf meine Posts aufmerksam machen (was übrigens auch ein guter Grund ist, hierher zu wechseln), von 37 Tweets bzw. Retweets auf Twitter bin ich aber sonst weit entfernt. Zumal eine Reihe von Tweets auch mit lobenden Kommentaren versehen waren, habe ich mich sehr darüber gefreut.

Der Austausch mit Lars, der eine explizit naturwissenschaftliche Position in der Auseinandersetzung auf meinen Text eingenommen hat, war sehr fruchtbar. Sowohl für das Hinterfragen der eigenen Grundlagen, als auch in der Verteidigung unserer Art, Wissenschaft zu betreiben. Hier, bei de.hypotheses ist ein tolles Blogportal entstanden, in dem wir Geisteswissenschaftler in unseren schon sehr heterogenen Forschungsbereichen austauschen können und wo wir uns gegenseitig über die Schultern schauen lassen. Dort, bei den Scilogs, möchte der Fischblog uns die Möglichkeit bieten, unsere wissenschaftliche Arbeit einem größeren, eher naturwissenschaftlich geprägten Publikum, zugänglich zu machen. Ich habe meinen Gastbeitrag mit der Feststellung begonnen, dass Geisteswissenschaft bei vielen Naturwissenschaftlern einen schweren Stand hat und dass ich den gerne verbessern würde. Kann ich aber natürlich nicht alleine – wenn überhaupt (bin ja nur Computerlinguist) habe ich allenfalls eine kleine Stehhilfe bauen können, zumindest waren die ersten Reaktionen positiv. Deshalb fände ich es schön, wenn noch weitere Geisteswissenschaftler diesem Aufruf folgen würden:

Der Gastbeitrag von @spinfocl war ein voller Erfolg. scilogs.de/wblogs/blog/fi… Suche weiterhin Gastbeitrag-willige Geisteswissenschaftler. #blog

— Lars Fischer (@Fischblog) September 17, 2012

Wenn ich die Reaktionen meiner Redaktion hier richtig gedeutet habe, ist sie auch nicht böse, wenn man diese Plattform vorübergehend untreu wird. Schließlich ist ein Blogpost ja auch immer Werbung – für das Blogportal, für den eigenen Forschungsbereich, für den eigenen wissenschaftlichen Ansatz und – natürlich – auch für sich selbst. Also: Traut euch!

Lars Fischer ist ganz einfach über www.scilogs.de oder seinen Twitteraccount @Fischblog zu erreichen.

 

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/506

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Wieder einmal: Datan, Daten, Daten

Wir haben an dieser Stelle schon mehrmals über das Thema Big Data respektive Data Driven History berichtet. Nun gilt es einen Dienst zu vermelden, der für die Geschichtswissenschaften auf den ersten Blick vielleicht nicht so zentral zu sein scheint, aber sich bei genauerem Hinschauen als durchaus interessant erweist: da|ra. da|ra ist eine Registrierungsagentur für Sozial- [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6404

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Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2)


Seit Ende Juni 2012 gibt es bei twitter der Hashtag #gd_dig – meint “Geschichtsdidaktik digital”. Die Diskussion, ob und wie sich historisches Lernen angesichts des digitalen Wandels verändern könnte, hat in den vergangenen Monaten an Fahrt aufgenommen. Der Beitrag knüpft an den Blogpost Geschichtsdidaktik digital | Anmerkungen zu gd_dig (1).

 

Was brauchen Schüler_innen, damit sie sinnvoll mit PC, Tablet oder anderen digitalen Endgeräten im Geschichtsunterricht lernen können? „Informiert euch mal im Internet – dann könnt ihr zum Beispiel eine Power-Point-Präsentation machen!“ Solche Arbeitsaufträge – oft gehört – sind demotivierend und lassen die großen Potenziale digitalen Geschichtslernens brach liegen. Lehr-/Lernkonzepte oder Lernarrangements, die strukturieren, was Schüler_innen in digitalen Lernumgebungen wie lernen sollen und können, sind notwendige Voraussetzung für guten „digitalen“ Geschichtsunterricht.

Kürzlich haben Daniel Bernsen, Alexander König und Thomas Spahn in der neuen Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften den Beitrag Medien und historisches Lernen: Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik veröffentlicht, in dem sie Anforderungen an digitalen Geschichtsunterricht und eine digitale Geschichtsdidaktik diskutieren. Die Autoren stellen fest, dass „die Digitalisierung unsere Welt grundlegend verändert“ und „ jede Beschäftigung mit Geschichte die Bedingungen der digitalen Welt für Arbeitstechniken und Möglichkeiten historischer Erkenntnis, im digitalen Raum gleichsam als deren conditio sine qua non, immer mitdenken“ (S.2) muss. Der Aufsatz dokumentiert im Folgenden den Forschungsstand sowie allgemeine Aspekte zu konkreten Arbeitstechniken und zu neuen Herausforderungen historischen Lernens bezogen beispielsweise auf Kompetenzorientierung, Veränderungen historischer Narrationen oder die Hinwendung zu geschichtskulturellen, die Lebenswelt der Schüler_innen einbeziehenden Zugänge zu Vergangenheit und Geschichte. In Abgrenzung zum von Hans-Jürgen Pandel geprägten Medienbegriff stellen die Autoren fest, dass „in der Geschichtsdidaktik Nachholbedarf nicht nur bezüglich digitaler Medien, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung eines fachspezifischen Medienbegriffs“ besteht (S. 14), „wenn man davon ausgeht, dass Vergangenheit immer nur medial vermittelt zugänglich ist und daher historisches Lernen nur medial erfolgen kann“ (S. 15). Medien sind – so fahren sie fort – nicht nur Unterrichtsgegenstände (wie Quellen, Darstellungen usw.), sondern erstens auch Werkzeuge und zweitens Denkräume historischen Lernens.[1] Das von Bernsen, König und Spahn vorgeschlagene Konzept einer digitalen Geschichtsdidaktik als „integraler Bestandteil der Geschichtsdidaktik“, die „sich mit den Bedingungen und Auswirkungen des digitalen Wandels auf das Geschichtsbewusstsein, historisches Lernen, Geschichts- und Erinnerungskultur“ (S. 16) beschäftigt, rückt diesen erweiterten Medienbegriff in den Mittelpunkt und unterscheidet vier Funktionen digitaler Medien:

  • historisches Lernen an digitalen Medien als Lernobjekte erster Ordnung (z.B. digitalisierte Quellen und Darstellungen);
  • historisches Lernen mit digitalen Medien als Lern- und Denkwerkzeuge (z.B. Blogs; aus „segu-Sicht“ würde ich auch Online-Plattformen für Lernmaterialien hier einordnen);
  • historisches Lernen über digitale Medien als Lernobjekte zweiter Ordnung (z.B. Analyse von Wikipedia-Artikeln);
  • historisches Lernen im digitalen Medium als Lern- und Denkraum. (S. 17ff.)

Der vierte Punkt – in Anlehnung an medienpädagogische Konzepte – versteht sich wohl als (variabel) integratives Konzept der drei erstgenannten Punkte.

Die Ansprüche an das historische Lernen im digitalen Medium werden im Beitrag nur ansatzweise konkretisiert. Wie lassen sie sich in Lehr-/Lernkonzepte übersetzen? In seinem Beitrag „Was ist digitale Geschichtsdidaktik” (Juli 2012) hat König festgestellt, dass eine digitale Geschichtsdidaktik stärker „den Mediennutzer ins Zentrum ihrer Überlegung [rückt]. Sie ist – wie die konstruktivistische Geschichtsdidaktik – eine subjektorientierte Geschichtsdidaktik, welche ‚die Lebenswirklichkeit‘ von Geschichtslernern zum Ausgangspunkt nimmt.“ Lernen im digitalen Medium kann also Chancen für individuelles und differenzierendes Lernen oder z.B. für Projektlernen bieten. Zweitens ist Lernen im digitalen Medium – nach Stand der technischen Möglichkeiten – vielfältig. Noch einmal König: In seinem Beitrag „Geschichtsvermittlung in virtuellen Räumen“ schildert er das Potenzial, Unterricht durch e-Learning-Konzepte zu öffnen (Zusammenfassung Blogpost vom 12.9.2012). Neuere Entwicklungen weisen unter dem Label Web3.0 zum mobilen e-Learning z.B. mittels Smartphones; die Regionalgeschichte könnte in Zukunft stärkeres Gewicht beim historischen Lernen bekommen.

Aus geschichtsdidaktischer Sicht geben die Beiträge Hinweise und es finden sich verschiedene Spuren, wie Lernen im digitalen Medium konturiert sein könnte. Individuelle Lernkonzepte können der individuellen Ausprägung von Geschichtsbewusstsein Rechnung tragen, eine stärkere Fokussierung digital vermittelter Geschichtskultur könnte stärker Lebensbezüge von Schüler_innen berücksichtigen usw. Dennoch scheint eine wichtige Voraussetzung – um das Gefäß historisches Lernen im digitalen Medium aufzufüllen und in Lehr-/Lernkonzepten zu konkretisieren – noch nicht geklärt.  Was zeichnet digitales Geschichtslernen als historisches Lernen aus? Wie lässt sich von der Medien-Reflexion eine tragfähigere Brücke zur geschichtsdidaktischen Theoriebildung und „Grammatik“ (Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, fachdidaktische Prinzipien, historische Kompetenzen) schlagen? Ansätze, die geschichtsdidaktische Theoriebildung zugrundelegen und davon ausgehend Aspekte des digitalen Geschichtslernen konkretisieren, sind noch nicht sehr zahlreich; beispielsweise Beiträge von Jan Hodel (z.B. Geschichtslernen mit Copy and Share) oder von Jakob Krameritzsch (Die fünf Typen des historischen Erzählens – im Zeitalter digitaler Medien); sie lassen sich zudem eher der Kategorie Lernen über digitale Medien zuordnen.

Deshalb offen gefragt: Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja, wie viele? Wer kennt Best Practice-Beispiele? Lassen sich Merkmale guten “digitalen” Geschichtsunterrichts benennen? Bezogen auf welche Kategorien und Begriffe der geschichtsdidaktischen “Grammatik” lässt sich für das Lernen im digitalen Medium ein Zugewinn für das Geschichtslernen ausmachen? Sind Ziele historischen Lernens mit digitalen Medien – auf anderem Wege – nicht auch “analog” zu erreichen? Gibt es Aspekte geschichtsdidaktischer Theoriebildung jenseits des Medienbegriffs, die sich angesichts des digitalen Wandels erweitern oder sogar verändern könnten? Dazu gehört abschließend sicher auch die Frage, welche Ansprüche an historisches Lernen sich mit digitalen Medien ausdrücklich nicht erreichen lassen. tbc.


[1] Mit einem solchen erweiterten Medienbegriff knüpfen die Autoren an den Geschichtsdidaktiker Horst Gies an, der vor Jahren forderte, Medien „nicht nur ‚Mittel‘, sondern auch ‚Mittler‘“ aufzufassen; s. Horst Gies: Geschichtsunterricht. Ein Handbuch zur Unterrichtsplanung. Köln 2004, S. 214 . Gies unterteilt für den Geschichtsunterricht relevante  Medien symbolisch sowohl nach „Hardware“, also Geräte (vom Bleistift bis zum PC), als auch nach „Software“, d.s. Lernobjekte (vom Arbeitsblatt über Filme bis hin zu von Schülern selbst hergestellten Produkten historischen Lernens). Funktional betrachtet sind Medien lt. Gies sowohl Lehrmittel, Lehrsysteme als auch Lernmaterialien.

 

Bildnachweis    C.Pallaske, CC BY SA 3.0

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2). In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 19.9.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/968, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/968

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Herbstschule Information Retrieval 2012

Die DARIAH-DE-Kollegen aus Bamberg kündigen folgenden Workshop an:

Die Fachgruppe Information Retrieval (FG IR) der Gesellschaft für Informatik (GI) lädt ein zur Herbstschule Information Retrieval 2012 vom 1.- 5. Oktober 2012 in Schloss Dagstuhl, dem Leibniz-Zentrum für Informatik.

Suche und Suchmaschinen bilden einen wichtigen Forschungsbereich mit zahlreichen möglichen Anwendungsfeldern. Neben einführenden und grundlegenden Themen des Information Retrieval werden im Rahmen der Herbstschule insbesondere aktuelle Forschungsfragen in kompakten Workshops angesprochen. Teilnehmer und Dozenten wohnen im Leibniz-Zentrum für Informatik und nutzen gemeinsam die Vorzüge des angenehmen Ambientes, der modernen Präsentations- und Arbeitsräume sowie der positiven Atmosphäre von Schloss Dagstuhl.

Themen

Die Herbstschule Information Retrieval 2012 adressiert sieben aktuell in Forschung und Praxis diskutierte Themenfelder, die jeweils von namhaften Experten vorgestellt werden:

  • Die Geometrie des Information Retrieval
    Dr. Ingo Frommholz, University of Bedfordshire
  • Interaktives Information Retrieval
    Prof. Dr. Norbert Fuhr, Universität Duisburg-Essen
  • Trend und Topic Detection / Explorative Suche
    Prof. Dr. Gerhard Heyer, Universität Leipzig
  • IR in den Lebenswissenschaften
    Dr. Wolfgang Müller, Heidelberger Institut für Theoretische Studien
  • Effizienz von IR-Systemen (für Indexierung und Retrieval)
    Dr. Ralf Schenkel, Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
  • Adaptive Similarity Search in Multimedia Databases
    Prof. Dr. Thomas Seidl, RWTH Aachen University
  • Dokumenten Clustering
    Prof. Dr. Benno Stein, Bauhaus-Universität Weimar

Im Rahmen der Herbstschule sind auch verschiedene Zeitfenster für Vorträge bzw. die Präsentation von Postern eingeplant, die von den Teilnehmern zur Vorstellung ihrer eigenen aktuellen Forschungsschwerpunkte genutzt werden können.

Insgesamt richtet sich die Veranstaltung an ein breitgefächertes Spektrum von Besuchern. Die Hauptzielgruppen sind Studierende, junge Wissenschaftler sowie Mitarbeiter aus Institutionen und Unternehmen, die im Bereich Informationssysteme beschäftigt sind.

Weitere Informationen

Weiterführende Informationen und das Anmeldeformular finden Sie im Web unter: http://tinyurl.com/HSIR2012

Faltblatt

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=884

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Essay-Preis der Zeitschrift WerkstattGeschichte und des Klartext-Verlags vergeben

Im Januar haben wir hier über den Essay-Preis der Zeitschrift WerkstattGeschichte berichtet. Der Verein für kritische Geschichtsschreibung, der die WerkstattGeschichte herausgibt, hat die Frage “Was ist kritische Geschichtsschreibung heute?” gestellt; einige Dutzend Historiker/innen haben als Antwort Essays eingesandt, die sich mit dem Thema kritische Geschichtsschreibung auseinandersetzen. Am heutigen Dienstag wurde der Preisträger bekannt gegeben: Achim Landwehr mit dem Essay “Die Kunst, sich nicht allzu sicher zu sein: Möglichkeiten kritischer Geschichtsschreibung”.

Der Preis wird auf dem Historiker/innentag verliehen und der Essay ist jetzt bereits auf der Homepage der Zeitschrift runterzuladen. Das Votum der Jury (Franziska Augstein, Annett Gröschner, Axel Doßmann, Monica Juneja, Silke Törpsch, Michael Wildt, Dietlind Hüchtker), der die Einsendungen anonymisiert vorlagen, war einstimmig.

Die Jury begründete ihre Entscheidung wiefolgt: Der “Essay ist ein Plädoyer für eine kritische Geschichtsschreibung, der es um eine ‘Entselbstverständlichung’ von Geschichte geht. In seinem bemerkenswert unprätentiösen Text führt Landwehr vielschichtig vor, wie Nicht-Eindeutigkeit und Verunsicherung im Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart das Schreiben kritischer Geschichte möglich machen kann.” Ich selbst habe den Essay gelesen und war angetan von der klaren Sprache, in der eine Selbstkritik der Geschichtswissenschaft (“Was ist das Gegenteil kritischer Geschichtsschreibung?”) in produktive Fragen umgewandelt werden kann.

Was kennzeichnet die WerkstattGeschichte, die den Preis verliehen hat? Ein wenig Eigenwerbung, denn der Autor dieses Blog-Eintrags ist Redaktionsmitglied:

Die Zeitschrift WerkstattGeschichte wird von einem Verein getragen. Sie existiert seit 1992, hängt nicht wie viele andere Fachzeitschriften an einem Lehrstuhl oder einem Forschungsinstitut und konzentriert sich auf epochen- und regionenübergreifende Themenhefte zur Alltags-, Geschlechter-, Sozial- und Kulturgeschichte. Die inhaltlichen Linien werden von einem Herausgeber/innenkollektiv entwickelt. Die Redaktion setzt sich aus derzeit 8 Historiker/innen zusammen, die an der Universität, in Verlagen und Redaktionen tätig sind. Sie arbeiten gemeinsam mit den Autor/innen an den Manuskripten und sichern in der kollektiven Diskussion die Qualität der Beiträge. Besonderes Anliegen der Zeitschrift ist es in Debatten- und Werkstatttexten jungen Historiker/innen und innovativen Forschungsansätzen ein Forum zu bieten. Externe Herausgeber/innen können Themen vorschlagen und Hefte zusammen mit der WerkstattGeschichte entwickeln.

Themenhefte, die älter als zwei Jahre sind, können auf der Homepage der Zeitschrift kostenlos heruntergeladen werden. Rezensionen stehen vollständig online zur Verfügung. Eine Erweiterung des Online-Auftritts ist in Planung.


Einsortiert unter:Geschichte, Geschichtspolitik, Linke Debatte, Sozialgeschichte, Uncategorized, Zeitschrift

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/09/19/essay-preis-der-zeitschrift-werkstattgeschichte-und-des-klartext-verlags-vergeben/

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Compas – ein neues Onlinetool zum strukturierten Forschen im Web ist online

Unsere Kollegen drüben von infoclio.ch haben gerade noch rechtzeitig zum Semesterbeginn ein neues Online-Lehrmittel zu den Bereichen Informationskompetenz und Online-Recherche aufgeschaltet, das wir gerne an dieser Stelle empfehlen möchten: »compas – Strukturiertes Forschen im Web« ist ab sofort unter www.compas.infoclio.ch frei verfügbar. Das Lehrmittel ist in drei Kapitel gegliedert: 1. Persönliche digitale Infrastruktur aufbauen 2. [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6393

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Wienwoche

Kommenden Samstag, 22.9.2012 wird die löbliche Veranstaltungsreihe Wienwoche eröffnet, ich möchte zwei Programmpunkte hervorheben:

Die Ausstellung Museum Festung Europa im Österreichischen Volksundemuseum, Eröffnung 22.9.2012, 18 Uhr, Dauer bis 7.10.2012.

Die Ausstellung MATZ AB! Sie schätzen Ordnung? Wir nicht! zur Geschichte des Matzleinsdorferplatz, Eröffnung 23.9.2012, 16 Uhr, Gudrunstraße 196B.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/156262048/

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Eine Kurzbiografie des deutschen Mystikers Johannes Tauler

Neben den deutschen Mystikern Meister Eckhart (1260-1328) und Heinrich Seuse (1295-1366) war Johannes Tauler einer der Hauptfiguren der Deutschen Mystik. Im folgenden Artikel sollen wichtige Stationen seines Leben aufgeführt werden.

Statue des Johannes Tauler in StraßburgJohannes Tauler wurde um 1300 in Straßburg geboren und entstammte einer wohlhabenden Familie.1 Er trat bereits 1315 in den Dominikanerorden ein und absolvierte im Orden ein Studium der Logik und Naturphilosophie. Zusätzlich widmete er sich noch theologischen Studien und erhielt in seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr die Priesterweihe. Nach seinem Studium wurde er sogleich in der Seelsorge eingesetzt, weswegen er, im Gegensatz zu Meister Eckhart, sich Zeit seines Lebens eher praktischen Aufgaben und weniger wissenschaftlichen Arbeiten widmete, obgleich er über einen hohen Fundus an Kenntnis über die Literatur der Christlichen Mystik verfügte.2 Er stellte somit das „rein schulisch angeeignete Gotteswissen der lesmeister […]der erlebten Gottesweisheit der lebmeister, einer praktisch erlebten Gotteserfahrung also, entgegen“.3 Obwohl Tauler Meister Eckhart in seinen Predigten nur einmal namentlich erwähnt (Vetter 64), ist die Prägung durch die Lehre des Meister Eckhart in Taulers Leben und Wirken deutlich erkennbar.4

Im Jahr 1339 mussten die Ordensbrüder Straßburg verlassen, weil der Papst aufgrund politischer Auseinandersetzungen mit Ludwig dem Bayern die Abhaltung öffentlicher Gottesdienste untersagte.5 Tauler widmete sich im neuen Sitz des Dominikanerordens in Basel verstärkt dem Predigtdienst zu. Dort lernte er auch den Priester Heinrich von Nördlingen und „dessen Kreis frommer Frauen sowie die genannten Gottesfreunde kennen“6 und studierte mit ihnen mystische Schriften u.a. von Mechthild von Magdeburg. Obwohl um 1343 die Mitglieder des Dominikanerordens wieder nach Straßburg zurückkehrten, reiste Tauler „zwischen 1344 und 1346 […] im Gebiet von Köln, Straßburg, Medingen bei Dillingen umher“7 und arbeitete als Prediger und Seelsorger in Dominikanerinnenklöster und nahm sich aber auch frommen Frauen wie Drittordensfrauen und Beginen an. Auch pflegte Tauler Kontakt zur Mystikerin Margarethe Ebner aus dem Dominikanerinnenkloster in Medingen.8

Im Jahr 1346 kehrte Tauler vermutlich nach Straßburg zurück und verbrachte seinen Lebensabend bis zu seinem Tod am 16. Juni 1361 vor allem in Straßburg, beschäftigt mit der Volkspredigt und der Seelsorge bei den Dominikanerinnen und weiteren frommen Frauen.9 Obwohl Tauler Zeitzeuge zahlreicher Krisen des 14. Jhr. war, wie der verheerenden Pestepidemie, einem Erdbeben und einer Feuerbrunst in Straßburg und der darauffolgenden Geißelungsbewegungen und Judenpogrome, politischen und militärischen Auseinandersetzungen und er Zeit seines Lebens mit häretischen und scholastischen Lehren konfrontiert wurde, weisen seine Predigten keine besonders politische oder soziale Funktion auf.10

Wer aus Taulers Predigten biografische Hinweise über ihn selbst und seine Person entnehmen möchte, wird nicht fündig werden. Auch zu versuchen, anhand der Predigten ein einheitliches Taulersches theologisches System zu rekonstruieren, ist nicht von großem Nutzen und wäre vermutlich auch von Tauler nicht erwünscht gewesen. Tauler sah sich selbst viel zu sehr als „bescheidener Zeuge des christlichen Glaubens“, der schlichtweg das weitergeben wollte, „was er selbst empfangen“ hat.11 So sollte in der heutigen Betrachtung vielmehr die Art und Weise wie er predigte, worüber er predigte und wie häufig er welche Themen in seinen Predigten aufgriff, eine bedeutend größere Rolle einnehmen. Die nähere Betrachtung seiner zentralen Predigthemen, wie z. B. die der unio mystica, der Lehre vom grunt sowie die der Demut, bieten eine reiche Fülle an praxisbezogenen Lehren, die in ihrer Tiefe und Klarheit nicht nur die mittelalterliche Mystik inspirierten, sondern auch in späterer Zeit spürbaren Einfluss nehmen konnten.

Möchte man nun aber zum besseren Verständnis von Taulers Lehren eine allgemeine Beschreibung von der Struktur seiner Predigten vornehmen, so ist folgendes festzustellen: Tauler beginnt seine Predigten in der Regel mit einer kurzen Einleitung (exordium) und zitiert den Bibeltext, über den er sprechen möchte auf Latein und paraphrasiert ihn dann anschließend auf Mittelhochdeutsch. Die Struktur seiner Predigten erscheint meist recht variabel, wobei er in seinem Hauptteil (tractatio) seine Kernaussagen und die Auslegungen der Lehre entfaltet und im knapp gehaltenen Schlussteil (conclusio) eine Zusammenfassung der Predigt vornimmt. Auffällig sind in Taulers Predigten die häufigen direkten und persönlichen Anreden seiner Zuhörer (liebes kint, kinder oder villieben schwesteren), mit denen er häufig zum nächstfolgenden Abschnitt seiner Predigt überleitet.12 Die Mehrzahl der Zuhörerschaft Taulers bildeten sicherlich die Frauen aus den Dominikanerkonventen von Straßburg, Basel und Köln. Diese waren unterschiedlichen Alters und waren mit unterschiedlichen Aufgaben im klösterlichen Leben betraut. Weiterhin predigte Tauler auch vor den Beginen und vor den Angehörigen der Laienbewegung der Gottesfreunde. Ein Hauptmerkmal seiner Predigten und eine damit verbundene Zielsetzung war es, „beispielhafte Muster und Vorbilder des geistlichen Lebens aus verschiedenen Ständen“ anzuführen, um „alle Menschen, gleich welchen Standes oder Berufs […]“  bei seinen Ausführungen mit einzubeziehen, um sie „zu ernsthaft christlichen Gottesfreunden und Säulen der Kirche“ zu machen.13

Johannes Tauler hinterließ nicht nur eine Predigtsammlung von über achtzig Predigten, verfasst in mittelhochdeutscher Sprache sowie einen Bericht über seine Bekehrung (Meisterbuch), sondern er übte durch sein Leben und Wirken auf die Theologie der damaligen wie der späteren Zeit einen erheblichen Einfluss aus.14 Taulers Lehre behandelte aus dem Bereich der theologischen Anthropologie und Gotteslehre vor allem die Themen „der Selbst- und Gotteserkenntnis“, eine an Meister Eckhart anlehnende Lehre der „inneren und äußeren Armut“, Gelassenheit, die Abkehr von Selbstsucht, und das Thema der sinkenden Demut.15 Die Haltungen, die er in seinen Predigten am häufigsten anpries, waren die Umkehr, das Loslassen und das Empfangen.16 Bereits im 15. Jhr. wurde Tauler im niederländischen Sprachraum „in Kreisen der Windesheimer rezipiert“.17 Einen nicht unerheblichen Einfluss hatten Taulers Lehren auf Luthers reformatorische Tätigkeit, auf die protestantische aber auch katholische Frömmigkeit sowie auf die spanische Mystik.18

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2012): Eine Kurzbiografie des deutschen Mystikers Johannes Tauler. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

Bildquelle: Statue des Johannes Tauler in Straßburg, Urheber: Ji-Elle von Wikipedia


Bibliographie:

  1. Vgl. Gnädinger, Louise: Johannes Tauler: Lebenswelt und mystische Lehre. München 1993. S.10 ; Langer, Otto: Christliche Mystik im Mittelalter : Mystik und Rationalisierung – Stationen eines Konflikts. Darmstadt 2004. S. 374 ; Wrede, Gösta: Unio mystica: Probleme der Erfahrung bei Johannes Tauler. (Studia doctrinae Christianae Upsaliensia ; 14 Acta Universitatis Upsaliensis). Stockholm 1974. S.13 ; McGinn, Bernard: Die Mystik im Abendland, Band 4: Die Mystik im mittelalterlichen Deutschland (1300-1500). Freiburg 2008. S. 414.
  2. Vgl. Haas, Alois M.: Sermo mysticus: Studien zu Theologie und Sprache der deutschen Mystik. Fribourg 1979. S. 261 ; Leppin, Volker: Artikel Tauler, Johannes. In: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 32. Berlin und New York 2001. S. 745–747 ; Langer 2004, S. 374 ; Wrede 1974. S. 14f. ; McGinn 2008. S. 420.
  3. Siehe Gnädinger, Louise: Deutsche Mystik: Hildergard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Meister Eckhart, Johannes Tauler, Rulman Merswin, Heinrich von Nördlingen, Margaretha Ebner, Heinrich Seuse, Christine Ebner, Lieder. (Manesse-Bibliothek der Weltliteratur). Zürich 1989. S. 230.
  4. Vgl. Haas 1979, S. 262 ; Wrede 1974, S. 15 ; McGinn 2008. S. 424.
  5. Vgl. Gnädinger 1989. S. 13.
  6. Siehe Gnädinger 1993. S. 231.
  7. Siehe Gnädinger 1989. S. 231.
  8. Vgl. Wrede 1974. S. 15.
  9. Vgl. Haas 1979. S. 263 ; Leppin 2001. S. 745 ; Gnädinger 1989. S. 15.
  10. Vgl. McGinn 2008. S. 414-416 ; Haas 1979, S. 262f. ; Gnädinger 1989, S. 10f.
  11. Siehe McGinn 2008. S. 425-426
  12. Vgl. McGinn 2008. S. 420.
  13. Siehe Gnädinger 1993. S. 118.
  14. Vgl. Haas 1979. S. 263.
  15. Vgl. Gnädinger 1989. S. 234 ; Langer 2004. S. 376-392 ; McGinn 2008. S. 427.
  16. Vgl. McGinn 2008. S. 455.
  17. Siehe Langer 2004. S. 375.
  18. Haas 1979. S. 247 ; Leppin 2001, S. 747 ; Langer 2004. S. 376.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/09/eine-kurzbiografie-des-deutschen-mystikers-johannes-tauler/

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