Archivmaterial des französischen Senats zum Ersten Weltkrieg online

commissionsenatDer Sénat, einer der beiden Kammern neben der Assemblée Nationale des Parlamentssystems in Frankreich, mit Sitz im Palais du Luxembourg, hat seine Archivunterlagen zum Ersten Weltkriegs digitalisiert und online zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um die Protokolle seiner Sitzungen und um die Berichte der Kommissionen. Der Zeitraum umfasst die Jahre von 1914 bis 1920. Die Scans werden als pdf zur Verfügung gestellt.

Online zugänglich sind derzeit:

Weitere Informationen zum Digitalisierungsprojekt und zur Arbeit des Senats gibt es hier auf Französisch.

 

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1126

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Fünf Fragen an… Élodie Lecuppre-Desjardin (Lille III)

Élodie Lecuppre-Desjardin im Studenteninterview

Élodie Lecuppre-Desjardin im Studenteninterview (Foto: T. Hiltmann)

Frau Lecuppre-Desjardin, herzlichen Dank, dass Sie sich im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe Zeit für ein Interview nehmen. Wir würden Ihnen gerne einige mehr oder weniger persönliche Fragen bezüglich ihrer Erfahrungen als in Frankreich arbeitende Historikerin sowie zum Inhalt Ihrer Präsentation stellen.

Viele französische Absolventen der Geisteswissenschaften gehen nach dem Studium in den Schuldienst. Warum haben Sie sich für eine akademische Laufbahn entschieden?

Zunächst einmal schätze ich mich sehr glücklich, Beruf und Leidenschaft miteinander vereinen zu können. Ich kann mir jedoch auch Forschung nicht ohne Lehre vorstellen. Es wäre egoistisch, sich mit seiner wissenschaftlichen Arbeit zu isolieren und aus dem Erkenntnisgewinn nur eine persönliche Befriedigung zu ziehen. Der wichtigste Aspekt meines Berufs ist wohl die intellektuelle Herausforderung. Ich bin von Natur aus neugierig und als Historikerin vor allem fasziniert von der facettenreichen Gesellschaft des 14. und 15. Jahrhunderts, die oft als Übergangsgesellschaft verstanden wird. Vielleicht auch, weil ich zu den Menschen des ausgehenden Mittelalters eine professionelle Distanz habe. Zu dieser intellektuellen Herausforderung gehört aber auch der Austausch mit Studierenden, der mir für meine Forschung neue Perspektiven eröffnet. Es liegt in der Natur wissenschaftlicher Arbeit, sich in Details zu vertiefen. Erst die Konfrontation mit meinen Studenten zwingt mich, meine Ergebnisse auf verständliche Weise zu vermitteln. Auch wenn es sich paradox anhört, hilft mir dieser Vereinfachungsprozess persönlich weiter. Die Lehre ist mir also besonders wichtig. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Letztendlich habe ich mich ganz einfach aus meiner Leidenschaft für Geschichte für eine wissenschaftliche Karriere entschieden.

Sie sind Maître de conférences für mittelalterliche Geschichte in Lille. Lässt sich die Arbeit als Forscherin mit sehr hoher Lehrverpflichtung mit Privat- und Familienleben vereinbaren?

In Frankreich hat man als Maître de conférences sehr viel Sicherheit und auch Freiheit, da man verbeamtet ist und keiner direkten Kontrolle unterliegt. Trotzdem investiere ich extrem viel Zeit in die Erneuerung und Verbesserung meiner Lehrveranstaltungen. Zudem hat man als Wissenschaftlerin nie wirklich Feierabend, es gibt immer ein neues Werk oder einen wissenschaftlichen Artikel zu lesen. Man hört ja nie mit dem Denken auf. Ich habe das Glück, mit einem Mediävisten verheiratet zu sein, der das Wesen meiner Arbeit kennt und versteht. Wir haben zwei kleine Kinder und wenn ich um 17 Uhr nach Hause komme, bin ich bis abends natürlich ausschließlich für sie da, ab 21 Uhr sitze ich aber wieder am Schreibtisch. Hätte mein Mann nicht zufällig den gleichen Beruf und das damit verbundene Verständnis für meine Forschung, wäre das alles sicher unmöglich.

Wie sind Sie zu Ihrem Forschungsthema gekommen? Worauf beruht Ihre Faszination für Burgund?

Für mich ist Burgund ein interessantes „Labor“ politischer Erfahrungen, die Konzentration aller politischen Spielräume und Möglichkeiten der Menschen des 15. Jahrhunderts. Die Geschichte der Herzöge von Burgund zeigt, wie ich in meinem Vortrag erläutert habe, wie angreifbar die Idee des modernen Staates in Bezug auf das Mittelalter ist. An Burgund kann man das Durchspielen ganz verschiedener Modelle beobachten – das französischen Modell, das imperiale, das Modell des italienischen Stadtstaates und so weiter. Das Faszinierendste an Burgund sind für mich die vielen Brüche und Widersprüche und die Kultur, in der die politischen Kommunikation eine zentrale Rolle spielt. Anhand dieses einen Untersuchungsgegenstandes kann man den Machtapparat einer ganzen Epoche verstehen und nachvollziehen, wie Hof, Stadt oder auch Justiz in dieser Zeit funktionierten. Nicht zuletzt lässt sich die Problematik des Falls Burgund auch auf die heutige Zeit übertragen: Das Beispiel der EU zeigt, wie es Jürgen Habermas kürzlich angesprochen hat, wie schwierig vor dem Hintergrund der verschiedenen Sprachen, Kulturen und Geschichten noch immer die Konstruktion eines überregionalen Staatsgebildes ist.

Ziel Ihres Projektes ist die Habilitation. Welche Besonderheiten gibt es beim französischen Habilitationsprozess im Unterschied zum deutschen? In Frankreich bleibt man ja während seiner gesamten akademischen Karriere mehr oder weniger beim gleichen Thema. Das ist im deutschen Hochschulsystem ja nicht der Fall.

Voraussetzung für die französische Habilitation ist wie für die deutsche erst einmal die Promotion. In Frankreich muss man für die Habilitation dann aber insgesamt drei Werke präsentieren: eine Sammlung aufeinander aufbauender wissenschaftlicher Artikel, ein neuartiges Forschungsprojekt und zuletzt eine so genannte Égo-histoire, bei der man auf etwa hundert Seiten erläutert, wie und warum man Geschichte schreibt, was man unter Geschichtswissenschaft versteht und wie man sich seinen zukünftigen Beruf vorstellt. Eine Art Karriereplan also. Ich selbst forsche ja am Beispiel Burgunds vor allem zur politischen Kommunikation. Es machte Sinn, nach meiner Dissertation mit diesem Thema und im selben Stil weiterzuarbeiten. Es stimmt nämlich, dass man in Frankreich bei seinem thematischen Schwerpunkt bleibt, denn wenn man sich einmal für Wirtschaftsgeschichte, Kulturgeschichte oder Rechtsgeschichte entschieden hat, ist es schwierig, das noch einmal zu ändern. Trotzdem gibt es genug Abwechslung. So beschäftige ich mich ja am Beispiel Burgund zugleich mit urbaner Geschichte und der Geschichte von Staatlichkeit.

Können Sie abschließend erklären, warum die Idee des Staates in der französischen Mediävistik eine so große Rolle spielt?

Historiker erforschen ja immer auch ihre eigenen Wurzeln. In Frankreich hat das Nachdenken über den Zusammenhang zwischen Staat, Land, Nation und Region eine lange Tradition. Bei meiner Habilitation habe ich oft einen Satz zu Ende geschrieben und dann gedacht: „Nein, das geht nicht. Das ist zu teleologisch, zu französisch.“ Als französische Forscherin ist es besonders schwer, sich von dieser Denktradition der starken Staatsidee zu lösen. Dabei beschäftige ich mich ja auch mit Vergleichender Geschichte, bei der es außerordentlich wichtig ist, sein Untersuchungsobjekt kritisch zu reflektieren. Ebendiese Reflexion hilft dabei, sich vor Enthusiasmus, vor jeder überhöhten Emotionalität gegenüber seinem Untersuchungsgegenstand schützen.

Frau Lecuppre-Desjardin, wir bedanken uns für das Gespräch. 

Gespräch und Redaktion: Helena Kaschel
Unter Mitwirkung von Laura-Marie Krampe, Yannis Krone, Jan Pieper, Jörg Schlarb und Simon Siegemeyer.

Das Interview entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung “Einführung in die französischsprachige Geschichtsforschung – aktuelle Tendenzen (Lektüre, Übersetzung, Diskussion mit französischen Gästen)”, welche die Vortragsreihe begleitet.

Informationen zu Élodie Lecuppre-Desjardin: hier
zur deutschsprachigen Zusammenfassung des Vortrags: hier

Quelle: http://jeunegen.hypotheses.org/840

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Soziale Medien und die Professionalisierung der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert

revue_histo1Für einen Vortrag im Rahmen der leider im Internet fast unsichtbaren Tagung „Den Krieg erzählen / Raconter la guerre” über Darstellungsverfahren in Historiographie und Literatur nach den Kriegen von 1870/71 und 1914/18 am 7./8. Juni 2013 an der Universität Stuttgart beschäftigte ich mich mit der Professionalisierung der Geschichtswissenschaft vor allem in Frankreich am Ende des 19. Jahrhunderts. Das Thema wird im Handbuch „Verfeindung und Verflechtung: Deutschland und Frankreich 1870-1918“, an dem ich aktuell gemeinsam mit Elise Julien arbeite, ebenso eine (kleine) Rolle spielen.

Wie bekannt und gut erforscht ist, führte Frankreich bereits in den 1860er Jahren, vor allem aber nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eine Standardisierung, Professionalisierung und Neustrukturierung der Geschichtswissenschaft an Universität und Schule durch1 . Dabei orientierte man sich zumindest teilweise am „deutschen Modell“, das im internationalen Kontext damals als vorbildlich galt. Gemeint war damit nicht nur die universitäre Lehre, die in Deutschland in Seminaren durchgeführt wurde, die nur für Studierende zugänglich waren und in denen eine entsprechende Arbeitsatmosphäre herrschte. Gemeint war auch die Art und Weise der Geschichtsschreibung, die sich vom bis dahin dominierenden romantisierenden und literarischen Stil lossagte und nach dem Vorbild Rankes streng methodisch in Anlehnung an die Regeln der empirischen Forschung archivgestützte Arbeiten schrieb. In der Folge änderte sich das Verhältnis zur Öffentlichkeit und zum Publikum: Zum einen waren die interessierten Bürger nun von den bis dahin öffentlichen Vorlesungen ausgeschlossen. Zum anderen schrieb man explizit als Experte für andere Experten und grenzte sich damit entschieden von den „Amateuren“ ab.

Eine wichtige Rolle für die Festlegung von Standards spielten ebenso die Fachzeitschriften, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gegründet wurden. Im Rezensionsteil wurde von ihnen die Qualitätssicherung übernommen, indem Standards der veröffentlichten Bücher überprüft und kritisiert wurden. Die Abfassung der Beiträge im Artikelteil erfolgte „im Rahmen vereinbarter sprachlicher Normen und fachspezifischer Rituale (Zitate, Kommentare etc.)“2. Und weiter liest man bei Lutz Raphael:

Dabei haben Redaktionen faktisch die Definitionsmacht darüber, wie ein Fachaufsatz im jeweiligen nationalen bzw. nationalsprachlich geprägten Historikerfeld auszusehen hat, welche Dichte an archivalischen Belegen, welche Breite fachwissenschaftlichen Kontextwissens notwendig, welcher Sprachstil angemessen und welcher Fachjargon von Vorteil ist.

Ja, leider, mag man aus heutiger Sicht hinzufügen. Überhaupt dürfte jedem, der sich mit Blogs und Sozialen Medien in der Wissenschaft beschäftigt, zahlreiche Bezüge zur Gegenwart aufgefallen sein: Denn zum einen sind viele der damals eingeführten Standards samt ihrer Effekte noch heute gültig und spürbar (Sprachstil, Abgrenzung von der Öffentlichkeit und den Amateuren, Rolle der Zeitschriften). Zum anderen wird deutlich, wie sehr die Nutzung von Blogs und anderen sozialen Medien genau gegen diese damals als neuralgisch für eine Professionalisierung wahrgenommenen Punkte gehen, was nicht zuletzt den großen Widerstand erklären dürfte, den die sozialen Medien hervorrufen.

Sicherlich wäre es lohnenswert, dem Thema ausführlicher nachzugehen, könnte man so vielleicht mit einigen überkommenen Vorstellungen aufräumen. „Wissenschaft bleibt Wissenschaft“, lautete neulich eine der fünf Thesen von André Donk in einem Beitrag “Forschungskultur digital? Fünf Thesen zur Digitalisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften” bei L.I.S.A. Dagegen lässt sich argumentieren, dass Wissenschaft nicht immer die Wissenschaft von heute war, sondern vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu dem gemacht wurde, was sie heute ist. Daraus abgeleitet besteht die Hoffnung, dass sie sich weiter entwickelt, dann nämlich, wenn die Community das einfordert oder auch, indem sie Tatsachen schafft und andere Kommunikations- und Publikationswege nutzt, wie es ja in Teilen bereits geschieht. Und so erhält der folgende Absatz, publiziert 2003, heute aus meiner Sicht dann seine Gültigkeit, wenn man gedanklich die Wörter “Zeitschrift” und “Periodika” durch “Blog” ersetzt:

Zeitschriften waren und sind zum einen Trendsetter, verbreiten neue Konzepte und neue Forschungsergebnisse. Dank dieser Funktion sind sie sensible Beobachtungsposten für Veränderungen in der Berufspraxis der Historiker. Zum anderen lassen sich vor allem in den älteren und an ein breites Fachpublikum gerichteten Periodika im langfristigen Vergleich die Kontinuitäten und Beharrungskräfte in einem Historikerfeld untersuchen. Die Geschichte der modernen Geschichtswissenschaft ist insofern ohne eine gründliche Kenntnis der wichtigsten Fachzeitschriften  nicht mehr denkbar, dennoch ist der Forschungsstand auf diesem Gebiet leider höchst unbefriedigend3.

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Abbildung: Titelbild der ersten Ausgabe der Revue Historique, 1976, bei Gallica.

  1. Vgl. z.B. Gabriele Lingelbach, Klio macht Karriere: die Institutionalisierung der Geschichtswissenschaft in Frankreich und den USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Göttingen 2003.
  2. Lutz Raphael, Geschichtswissenschaft im Zeitalter der Extreme : Theorien, Methoden, Tendenzen von 1900 bis zur Gegenwart, München 2003, S. 37
  3. Ebenda, S. 37-38

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1227

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Emotion und Open Access: die Diskussion in den französischen Geisteswissenschaften

oa-badge-2-150x150Seit einigen Monaten tobt in Frankreich eine heftige Debatte um Open Access für geisteswissenschaftliche Zeitschriften. Auslöser war die Empfehlung der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem Programm Horizon 2010 im Juli 2012, dass Forschungsergebnisse, die mit öffentlichen Geldern gefördert wurden, sechs bis zwölf Monaten nach Erscheinen frei zugänglich sein sollten[1]. Während die Diskussion in Deutschland vor allem über das Zweitveröffentlichungsrecht von wissenschaftlichen Aufsätzen läuft (siehe z.B. den lesenswerten Beitrag von Leonhard Dobusch hier), haben sich in Frankreich Akteure mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen seit Anfang des Jahres zu Wort gemeldet.

Die Debatte begann im Januar 2013, als sich die französische Wissenschaftsministerin Geneviève Fioraso auf den 5. Open-Access-Tagen in Paris in ihrer Rede für eine Umsetzung der EU-Empfehlung aussprach. In der Folge wandten sich die Verantwortlichen des von vier Verlagen aufgesetzten Portals für geisteswissenschaftliche Zeitschriften Cairn.info Anfang Februar per Mail an die herausgebenden Institutionen ihrer Zeitschriften. Sie plädierten für eine spezielle Schutzfrist für die Geisteswissenschaften, die so lange, wie von Verlagen und Herausgebern gewünscht, hinter der Paywall bleiben sollten. Ein Treffen wurde einberufen, bei dem ein dunkles Zukunftsszenario entworfen wurde, für den Fall, dass die Empfehlung umgesetzt würde. Trotz des Appells der Open-Access-Befürworter wie OpenEdition, die ihrerseits Ende März zu einer großen Debatte über Open Access einluden, die man hier nachhören kann, unterschrieben bis Anfang April 120 Zeitschriften den Appell von Cairn.info.

Kurz darauf erschien Mitte März in der Zeitung Le Monde ein Aufruf von über 60 Vertreterinnen und Vertretern aus Hochschule und Forschung, die sich für Open Access aussprachen und vor einer Isolierung der Geisteswissenschaften warnten, wenn diese als einzige Disziplin die EU-Empfehlung nicht umsetzen würden. Der Aufruf mit dem Titel “Qui a peur de l’open access?” (Wer hat Angst vor Open Access?”) ist jetzt auf Deutsch veröffentlicht: Argumente für Open Access von Forschungsergebnissen. Die zugehörige Website und Petition “I love Open Access” hat ihrerseits bis Ende April 2.898 Unterschriften (darunter 153 Zeitschriften) gesammelt und sammelt noch weiter. Bei Twitter kann man den OA-Befürwortern unter @iloveopenaccess folgen.

Die Debatte in Frankreich wird emotional geführt: Begriffe wie “Angst” und “Liebe” zeigen das deutlich, teilweise ist gar von “Krieg” die Rede. Woran liegt das? Die Diskussion selbst ist ja nicht neu und wird geführt, seit es die technischen Möglichkeiten zur schnellen und kostenlosen Verbreitung von Forschungsinhalten gibt[2]. Doch die Situation ist komplexer geworden auf der Suche nach dem “richtigen” Weg zum Open Access: grün, gold, platin?

In Frankreich wird stärker als in Deutschland mit Modellen zur Finanzierung von OA experimentiert. Dem Modell, dass der Autor, Förderer oder Institutionen bezahlen, wurde beispielsweise das Freemium-Modell von OpenEdition an die Seite gestellt. Dabei sind im Bereich der Zeitschriften bei revues.org die html-Seiten der ejournals frei im Netz verfügbar. Bibliotheken werden dagegen kostenpflichtige Abonnements angeboten, um ihrer Leserschaft pdf und andere Formate dieser Zeitschriften anbieten zu können. Das so eingenommene Geld fließt zu über 60% an die Zeitschriften zurück, die damit oft zum ersten Mal überhaupt Geld einnehmen. Auf diese Weise können gerade die kleineren Zeitschriften, die zumeist nur aufgrund der Selbstausbeutung einzelner Wissenschaftler/innen existieren, Hilfe für die Redaktionsarbeit bezahlen. Das Modell geht jetzt gerade in das zweite Jahr, 60 Bibliotheken – hier auf einer Karte – haben das Angebot abonniert. Eine erste Bilanz steht noch aus. Entscheidend scheint mir, dass neue Wege ausprobiert werden, die berücksichtigen, dass Open Access von edierten Inhalten etwas kostet.

Vermutlich wird die Debatte jetzt auch emotional geführt, da Open Access “von oben” oktroyiert werden könnte und nicht mehr nur eine freie Entscheidung einzelner Akteure ist.[3]. Das löst Widerstände aus. Dem rhetorischen Griff  “Wer hat Angst vor Open Access?” liegt die Annahme zugrunde, dass es keine sachlichen Gründe gegen Open Access geben kann und daher nur Emotionen den Ursprung des Widerstands bilden können. Das ist interessant. Und abgesehen von manchen Verlagen, die als wirtschaftliche Unternehmen nur ein Ziel kennen, nämlich den Ertrag, könnte das sogar stimmen. Aber wie begegnet man Angst? Genau, mit Liebe (I love Open Access). Ob das jedoch zielführend ist in dem Sinne, dass man damit Open Access-Gegner  in Befürworter umdrehen kann, wage ich zu bezweifeln.

Doch vielleicht zeigt die Aktion ihre Wirkung auf die dritte Gruppe (die vermutlich die größte ist): die Unentschlossenen, die sich heraushalten und diejenigen, die sich bisher noch nicht oder nur wenig mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Für die gibt es neben der “Liebe” in der Petition auch Aufklärung und gute Argumente für Open Access. Grund genug also, die Petition zu unterzeichnen und auf die Aktion aufmerksam zu machen, auch wenn einem die Rhetorik dahinter zunächst nicht gefällt.

 

Links und weitere Artikel

Website und Petition “I love Open Access

Sabine Partouche, Francois Siino, What’s love got to do with Open Access? Un débat sur l’accès libre aux revues de sciences sociales, in: Carnets de l’Iremam, 23.4.2013, http://iremam.hypotheses.org/2529#_ftn5.

Klaus Graf, Open Access hat Zukunft, in Archivalia, 29.3.2013, http://archiv.twoday.net/stories/326527179/.

Radiosendung “La grande table”: Les revues de Sciences Humaines et Sociales, peuvent-elles se permettre d’etre gratuites? von Caroline Broué auf France Culture. Mit André Gunthert, Mathieu Potte-Bonneville und Antonio Casilli, Les revues de Sciences Humaines et Sociales peuvent-elles se permettre d’être gratuites ?

Podcasts der Tagung von OpenEdition auf dem Blog Docteo: http://speakingofscience.docteo.net/2013/03/27/open-access-en-shs-lintendance-suivra/

  1. Englische Fassung der Petition http://www.ec-petition.eu/
  2. Was Open Access ist und warum es wichtig ist, kann man z.B. auf der deutschen Website “Open Access” nachlesen.
  3. Auch die Wissenschaftsminister der G8-Länder haben sich kürzlich für Open Access ausgesprochen: https://www.gov.uk/government/news/g8-science-ministers-statement

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1630

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Fabien Lévy (Chambéry): Vorboten der Italienischen Kriege. Der Platz Genuas in den strategischen Planungen Frankreichs im 15. Jahrhundert

deutschsprachige Zusammenfassung des Vortrages vom 13. Mai 2013: Prodromes aux guerres d’Italie: la place de Gênes dans l’édifice stratégique français au XVe siècle

Mit dem berühmten Zug Karls VIII. 1494 nach Neapel schienen die Italienischen Kriege, in denen sich Franzosen und Spanier auf der italienischen Halbinsel gegenüberstanden, ganz unvermittelt zu beginnen. Ein Unternehmen, dessen Ruhm, Zeugnis der berühmten furia francese, ein katastrophales Abenteuer verschleierte, das mit der schmachvollen Rückkehr nach Frankreich endete. Dabei waren alle typischen „Zutaten“ der Italienischen Kriege bereits vorhanden: das ausgesöhnte Königreich Frankreich, ein ritterlicher König, umgeben von einem turbulenten Adel, den es im Zaume zu halten galt, militärisches Können und Truppen, wie sie nunmehr nur die großen Nationen aufbringen konnten, und schließlich und vor allem die offenkundige Anziehungskraft Italiens. Selbst die Niederlage, rasch in einen epischen Sieg umgewandelt, nahm die vielen weiteren Niederlagen vorweg, welche Frankreich auf der Halbinsel noch erleiden sollte.

Trotzdem war der Zug Karls VIII. nicht das Ergebnis einer plötzlichen Eingebung des Königs. Während des gesamten 15. Jahrhunderts, als es sich vorrangig mit England und Burgund auseinandersetzte, hatte Frankreich die italienische Halbinsel nicht vergessen. Jenseits des Getöses des Hundertjährigen Krieges wurde eine aktive Italienpolitik geführt. Der Weg, den die Franzosen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts immer wieder nach Neapel nahmen, wurde über das gesamte 15. Jahrhundert hinweg vorbereitet und eingeübt. Der bemerkenswerte Platz, den Genua in diesem Abenteuer Karls VIII. einnahm, war kein zufälliger: Die Stadt am ligurischen Golf diente nicht nur als Sammelpunkt für einen Teil der französischen Truppen. Durch einen exorbitanten Kredit des Ufficio di San Giorgio und der Familie Sauli stellte sie auch die Finanzierung der Unternehmung sicher, bevor sie die französische Armee auf ihren Galeeren bis in den Golf von Neapel brachte. Diese strategische Stellung als Durchgangsstelle und maritimes wie finanzielles Zentrum war nicht das Ergebnis einer willkürlichen Entscheidung, sondern einer – wenngleich zögerlichen und diskontinuierlichen – Konstruktion, die über das gesamte 15. Jahrhundert hinweg aus Genua ein entscheidendes Zentrum in den strategischen Planungen Frankreichs machte.

Zwischen 1396 und 1512 stand Genua drei Mal unter französischer Herrschaft: von 1396 bis 1409, von 1458 bis 1461 und schließlich von 1499 bis 1512. Aus diesen Zeiten und den sie verbindenden Zwischenräumen lassen sich klar mehrere Entwicklungen ausmachen.

So fällt zuallererst das zunehmende königliche Interesse an Genua auf. In der Tat lässt sich feststellen, dass das Interesse am Besitz Genuas sich langsam von den Fürsten auf den König verlagerte. Die ersten französischen Herrschaften über Genua waren noch keineswegs der königlichen Macht geschuldet, sondern Konsequenzen der Machenschaften einzelner französischer Fürstenhäuser und ihrer italienischen Interessen. Die komplexe Situation in der Stadt und auf der italienischen Halbinsel ausnutzend, waren es 1396 und 1458 noch die Orléans und Anjous, die Genua in die Hände des Königs trieben. Seit den 1440er Jahren jedoch lässt sich seitens Karls VII. und seiner Nachfolger eine bewusste und zielstrebige Politik ausmachen, Genua in Besitz zu nehmen und zu regieren –  wobei sie nicht zögerten, etwaig störende Fürsten hierbei beiseite zu schieben. Seitdem drängte sich Genau als Stadt mit offensichtlicher strategischer Bedeutung, derer sich die Krone bemächtigen wollte und musste, für sich selbst und um in Italien intervenieren zu können, geradezu auf. Genua wurde in gewisser Weise damit Teil der strategischen Planungen der französischen Krone, um dies fortan auch zu bleiben.

Diese Entwicklung erklärt sich einerseits durch die zunehmende Herausbildung Genuas zu einem maritimen und finanziellen Zentrum. Auch hier ist die Entwicklung chaotisch, stellten die Genueser doch schon seit langer Zeit den Franzosen immer wieder Armbrustschützen und Schiffe zur Verfügung. Während der drei französischen Herrschaftsphasen wurde Genua daher rasch den Anforderungen der Fürsten und später der großen Politik der Krone unterworfen, die bei ihren Unternehmungen unermüdlich immer wieder die gleichen Zielen verfolgte: die Landung in Neapel, der Kampf gegen Engländer und Spanier, die späten Kreuzzüge. Genua erschien hierbei unentbehrlich. Zuallererst durch seine finanzielle Macht: Die Kommune, v.a. aber der Ufficio di San Giorgio finanzierten diese Unternehmungen mehr oder weniger freiwillig. Und dann aufgrund seiner maritimen Kapazitäten: Frankreich ließ zahlreiche Schiffe in Genua chartern und auch bauen, um so seine eigenen Unzulänglichkeiten wettzumachen und mit seinen besser ausgestatteten Feinden zumindest gleichzuziehen.

Genua erweiterte damit die strategischen Möglichkeiten der Franzosen und erlaubte es ihnen, sich auf der italienischen Halbinsel einzubringen. Genua erschien wie ein französischer Brückenkopf in Italien, der über Land und über See einen einfachen Truppentransport ermöglichte. Vor allem lag von Genua aus ganz Italien offen: Mailand, Florenz und, etwas weiter, Rom wurden direkt bedroht, während die Genueser Flotte es gestattete, rasch den Golf von Neapel zu erreichen und Druck auf Venedig auszuüben. So entstand im Verlaufe des 15. Jahrhunderts allmählich ein französischer Weg durch Italien, der von Genua über Mailand, Pisa und die Toskana bis hin nach Neapel führte, und der später auch während der Italienischen Kriege wieder genutzt wurde. Mehr noch: Genua gestattete es der französischen Monarchie, die Halbinsel zu verlassen und seine Kreuzzugsträume zu verwirklichen, indem es ihr mit seiner Flotte und seinen Kontoren die Wege in den Osten öffnete.

Im Endeffekt schlug sich die zunehmende strategische Bedeutung Genuas für Frankreich auch in juristischen und institutionellen Entwicklungen wieder, welche aus Genua eine französische Stadt machen sollten. Im Laufe des 15. Jahrhundert vervielfachte sich die Zahl der juristischen Traktate, welche die Zugehörigkeit Genuas zur französischen Krone bewiesen, und auch im Sprachgebrauch schlug sich nieder, dass aus den Genuesen wahrhafte und gute Untertanen Frankreichs werden sollten.

Der Platz und die Bedeutung Genuas in den strategischen Planungen Frankreichs im 15. Jahrhundert verkörpert damit in perfekter Weise das Vorspiel zu den Italienischen Kriegen. Die Stadt erschien zunehmend als das französische Tor nach Italien, Janua Janua Italiae, deutlich machend, dass die Italienischen Kriege in keiner Weise ein spontaner Prozess, sondern eine von langer Hand vorbereitete und strukturierte strategische Bewegung waren.

Übersetzung: Torsten Hiltmann, Georg Jostkleigrewe

Informationen zu Fabien Lévy: hier

Zum Programm im Sommersemester 2013: hier

Quelle: http://jeunegen.hypotheses.org/728

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Links zu 1848 und zur Politikgeschichte des 19. Jahrhunderts (1)

Schon zu lange hat dieses Blog keinerlei Linkliste – nicht weil das nicht von Anfang an als wünschenswert erschienen wäre, sondern weil der Vorsatz, noch weitere Links zu suchen, bislang der Veröffentlichung des schon Bekannten im Wege stand. Dabei soll es aber nicht länger bleiben. Daher hier eine erste Auswahl sowohl an Webseiten als auch an Blogs von Institutionen und Gruppen, die uns in der einen oder anderen Weise zu den Themen von „achtundvierzig“ relevant erscheinen.

Wer Seiten kennt – oder selbst betreibt! – die auf einer solchen Liste stehen sollten, hier aber nicht aufscheinen, ist herzlich eingeladen, über einen Kommentar Hinweise zu geben. Diese werden dann in einen Teil (2), und womöglich noch weitere, zu diesem Beitrag einfließen.

Blogs

Das 19. Jahrhundert in Perspektive

Eines von mehreren Blogs, die vom oder am Deutschen Historischen Institut in Paris betrieben werden – einer der Institutionen, die für die Initiierung von de.hypotheses.org und für dessen Betrieb maßgeblich waren und sind. Hier werden die Forschungsprojekte und Aktivitäten des DHIP zum 19. Jahrhundert vorgestellt, daneben auch Forschungsvorhaben anderer zur Geschichte Deutschlands, Frankreichs und Europas im 19. Jahrhundert. Außerdem werden Hinweise auf Veranstaltungen und Neuveröffentlichungen des Instituts und anderer Einrichtungen publiziert.

Actualité du XIXe siècle

Blog der Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle (siehe unten). Berichtet wird insbesondere über neue Publikationen, Abschlussarbeiten und Veranstaltungen in Frankreich, namentlich zur Geschichte der Revolutionen, aber auch zu zahlreichen anderen Aspekten der Geschichte dieser Zeit.

Revolution-francaise.fr

Das Blog der Société d’études robespierristes, Herausgeberin der vielleicht berühmtesten revolutionsgeschichtlichen Zeitschrift, der Annales historiques de la Révolution française. Natürlich überwiegend zu den Jahren 1789 ff., aber wer wollte auch nur für einen Augenblick behaupten, dass die für die Geschichte der Revolutionen im 19. Jahrhundert verzichtbar wären?

Webseiten

Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle

Zweifellos in ganz Europa die ausgewiesenste und aktivste Gesellschaft speziell zur Erforschung der Revolution von 1848. Die Société besteht bereits seit 1904 unter wechselnden Namen. In jüngeren Jahrzehnten hat sich das Spektrum der in ihr vernetzten Forschungen zum 19. Jahrhundert vielfach erweitert, ohne freilich das zentrale Interesse an 1848 und den weiteren Stationen der „revolutionären Sequenz“ je aus dem Blick zu verlieren. Die wichtige Zeitschrift der Gesellschaft, die Revue d’histoire du XIXe siècle, ist erfreulicherweise zu großen Teilen online verfügbar.

Hambach-Gesellschaft

Die 1986 gegründete Gesellschaft trägt ihren Namen in Erinnerung an das berühmte Hambacher Fest von 1832. Sie widmet sich der Erforschung der liberalen und demokratischen Bewegungen in Deutschland, aber auch der Gegner der Demokratie, und bekennt sich dazu, dass „die Werte und Ziele des Hambacher Festes gelebt und immer wieder verinnerlicht werden müssen. Die europäische Einigung, eine dauerhafte Friedenssicherung und eine gerechte Sozialordnung sind nicht die Ergebnisse eines abgeschlossenen historischen Prozesses: Daran zu erinnern und für diese Werte einzutreten sind wichtige Ziele“. Hierzu wird neben der Organisation von Veranstaltungen unterschiedlicher Art die Zeitschrift Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft herausgegeben.

Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte

Die Erinnerungsstätte ist eine 1974 gegründete Außenstelle des Bundesarchivs in Rastatt, einem wichtigen Schauplatz revolutionärer Ereignisse besonders im Mai/Juni 1849. Neben der Revolution von 1848/49 beschäftigt sie sich insbesondere auch mit den Freiheitsbewegungen in der DDR und den Ereignissen von 1989. Zu beiden Themen kann dort eine Dauerausstellung besichtigt werden; zudem ist die Erinnerungsstätte Schauplatz von Vorträgen, versteht sich als politisches Diskussionsforum und ist als außerschulischer Lernort anerkannt.

demokratiegeschichte.eu

Die Seite präsentiert die Inhalte der vom Institut für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz konzipierten Ausstellung auf dem Hambacher Schloss, eine Reihe von biographischen Artikeln sowie weitere Informationen und Links zur Geschichte der Revolutionen und der Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland und Europa im 19. Jahrhundert.

Forum Vormärz Forschung

Das Forum widmet sich der Förderung der öffentlichen, wissenschaftlichen und literarischen Rezeption der Literatur des Vormärz. Gerade weil dabei auch besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang von gesellschaftlicher und literarischer Entwicklung gelegt wird, ist keineswegs nur für LiteraturwissenschaftlerInnen, sondern durchaus auch für HistorikerInnen viel Interessantes dabei.

 

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/191

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1871 komplett digitalisierte Handschriften aus Frankreich neu online

BVMM – Bibliothèque Virtuelle des Manuscrits Médiévaux ist ein phantastisch reichhaltiges neues Angebot mit digitalisierten (überwiegend mittelalterlichen) Handschriften und Einzelseiten. Unter den 67 komplett einsehbaren Colmarer Handschriften ist etwa das lateinische Schwesternbuch der Dominikanerinnen von Unterlinden (mehr dazu in Wikisource). Die Stadtbibliothek Straßburg hat Zeichnungen aus dem zerstörten Hortus deliciarum zugänglich gemacht. Das sind nur zwei willkürlich herausgegriffene Beispiele. Leider gibt es auch Kritikwürdiges: Man kann beispielsweise nicht nach den Metadaten der Handschriften suchen, sondern nur nach den Angaben zur Signatur.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/3534

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Antisemitismus im 19. Jahrhundert in transnationaler Perspektive

Die Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten hat in Deutschland zu einer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte des deutschen Antisemitismus geführt. Die Literatur ist mittlerweile in einer Weise angewachsen, dass sie auch von Experten kaum noch übersehen werden kann. Trotz der Vielzahl an Veröffentlichungen ist der Forschungsstand aber durch eine deutliche Fehlstelle gekennzeichnet, denn vergleichende oder transnationale Untersuchungen zum Antisemitismus sind bisher kaum vorgelegt worden.[1] Auch wenn dies angesichts des erheblichen organisatorischen Mehraufwands von Untersuchungen zur Transfer- und Verflechtungsgeschichte zwar nachvollzogen werden kann, so ist dies dennoch umso bedauerlicher, da der festzustellende nationale Tunnelblick zu Überzeichnungen und Ungenauigkeiten führt.[2]

Das Projekt wird an dieser Stelle ansetzen und ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert (Untersuchungszeitraum: 1830er-1890er Jahre) in einer transnationalen Perspektive als Transfer- und Verflechtungsgeschichte untersuchen. Da eine systematische Analyse des Antisemitismus in zwei oder mehr Ländern kaum geleistet werden kann, wird das Projekt am Beispiel des linken politischen Spektrums – und damit eines weiteren Forschungsdesiderats[3] – den Antisemitismus in Deutschland, Frankreich und Belgien in seiner transnationalen Dimension untersuchen.[4] In methodischer Hinsicht wird es sich um einen ideengeschichtlichen Zugang handeln, der um sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte wie den Kulturtransfer und die soziale Reichweite antisemitischer Ideen erweitert wird. Der quantitative und qualitative Stellenwert des linken im Vergleich zum rechten Antisemitismus wird dabei ebenso zu messen sein wie die mögliche gegenseitige Beeinflussung beider politischer Lager. Auch wenn der Antisemitismus in den Programmen linker Parteien und Organisationen bekämpft wurde, schließt das keineswegs aus, dass unter ihren Mitgliedern trotzdem antisemitische Ideen, Bilder und Stereotypen im Sinne eines „kulturellen Codes“ präsent waren.[5]

Charles Fourier 1772-1837

Charles Fourier (1772-1837)

Neben der Untersuchung der gegenseitigen Rezeption zwischen Deutschland und Frankreich (beispielsweise der Rezeption französischer Frühsozialisten in Deutschland), soll auch die Bedeutung von Emigranten in Westeuropa für die Verbreitung antisemitischer Stereotypen herausgearbeitet werden (herausragendes Beispiel hierfür ist sicherlich Michail Bakunin).[6] Belgien in seiner geographischen Mittellage zwischen Deutschland, Frankreich und den Britischen Inseln, als Zufluchtsstätte für politische Emigranten nicht nur aus Osteuropa und mit seiner Bedeutung für die Geschichte der politischen Linken in Europa wird die deutsch-französische Untersuchungsperspektive erweitern. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, welche Rolle Gruppen und Organisationen in Belgien für die Vermittlung antisemitischer Stereotypen zwischen den linken Milieus in Deutschland und Frankreich spielen konnten.[7] Ein weiterer Aspekt, der im Rahmen des Projekts angesprochen werden soll, betrifft die in der Frühzeit der Arbeiterbewegung noch festzustellenden Formen von Gewalt gegen Juden. Hier ist neben der Frage, warum diese Gewalt im Gegensatz zum rechten Antisemitismus verschwand, zu untersuchen, in welcher Weise in den Argumentationslinien und Legitimationsstrategien der Verantwortlichen eine transnationale Dimension nachgewiesen werden kann.[8]

Bakunin Portrait

Michail Bakunin (1814-1876)

Das Projekt wird auf einer breiten Quellenbasis aufbauen. Neben Publizistik aus dem linken Spektrum und Veröffentlichungen in Zeitungen entsprechender Parteien und Organisationen sollen Nachlässe sowie Behördenbestände (beispielsweise Zensur- und Polizeiakten) in Archiven in Frankreich, Deutschland und Belgien sowie im „Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis“ in Amsterdam herangezogen werden. Außerdem werden Karikaturen und gegenständliche Überlieferung, die antisemitisch grundierte Kapitalismuskritik wie Darstellungen des „jüdischen Bankiers“ oder Rothschilds thematisieren, in die Analyse integriert, um eine breitere und vielfältigere Quellengrundlage für das Projekt zu erhalten.[9]

Abbildungen: Charles Fourier, Michail Bakunin, beide public domain

 

[1] Zum Forschungsdesiderat der international vergleichenden Antisemitismusforschung vgl. Thomas Gräfe, Antisemitismus in Deutschland 1815-1918. Rezensionen – Forschungsüberblick – Bibliographie, Norderstedt 22010, S. 217.

[2] Ein besonders markantes Beispiel ist sicherlich die umstrittene These eines nahezu überzeitlichen „eliminatorischen Antisemitismus“ in Deutschland, die Daniel Jonah Goldhagen formuliert hat. Siehe Daniel Jonah Goldhagen, Hitler’s willing executioners: ordinary Germans and the Holocaust, New York 1996. Zum Vergleich siehe einführend Ulrich Wyrwa, Aus der Werkstatt des Vergleichs: Emanzipation und Antisemitismus in Deutschland und Italien, in: Werkstatt Geschichte 46 (2007), S. 65-73.

[3] Siehe jetzt aber Michel Dreyfus, L’antisémitisme à gauche. Histoire d’un paradoxe, de 1830 à nos jours, Paris 22011 [12009]. Siehe außerdem Michel Winock, La gauche et les juifs, in: Ders., Nationalisme, antisémitisme et fascisme en France, Paris 2004 [11982], S. 153-182. Michel Dreyfus spricht in seiner Studie zahlreiche Aspekte an, die für transnationale Fragen von Bedeutung sind, beispielsweise die Rezeption der französischen Frühsozialisten durch die deutsche Arbeiterbewegung.

[4] Vgl. Christoph Nonn, Antisemitismus. Darmstadt 2008, S. 114.

[5] Zum „kulturellen Code“ siehe Shulamit Volkov, Antisemitismus als kultureller Code, in : Dies., Antisemitismus als kultureller Code. Zehn Essays, München 2000 [1. Auflage unter dem Titel: Jüdisches Leben und Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert, München 1990], S. 13-36; J. Friedrich Battenberg, Antisemitismus als kultureller Code in der deutschen Geschichte. Anmerkungen zu Elementen einer antijüdischen Denkweise, in: Der Aufklärung zum Trotz: Antisemitismus und politische Kultur in Deutschland, Frankfurt am Main 1998, S. 15-52.

[6] Reinhard Rürup hat jüngst die Erforschung der Bedeutung französischer Autoren für die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland als wichtiges Desiderat ausgemacht. Vgl. Reinhard Rürup, Antisemitismus und moderne Gesellschaft: Antijüdisches Denken und antijüdische Agitation im 19. und frühen 20. Jahrhundert, in: Christina von Braun/Eva-Maria Ziege (Hgg.), Das bewegliche Vorurteil: Aspekte des internationalen Antisemitismus, Würzburg 2004, S. 81-100, hier S. 87-88.

[7] In seiner Studie verweist Michel Dreyfus auf den Antisemitismus in der belgischen Arbeiterbewegung und auf die hohe Relevanz dieses Untersuchungsgegenstands. Vgl. Dreyfus, S. 344-345.

[8] Siehe Arno Herzig, Judenhaß und Antisemitismus bei den Unterschichten und in der frühen Arbeiterbewegung, in: Ludger Heid/Arnold Paucker (Hgg.), Juden und deutsche Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien und religiös-kulturelle Traditionen, Tübingen 1992, S. 1-18, zu den gegen Juden gerichteten Handwerkerunruhen in Wien 1848 vgl. ebda., S. 11.

[9] Hier ist darauf zu achten, ob diese Darstellungen tatsächlich linken Ursprungs waren oder im linken Milieu nur tradiert wurden. Zur bildlichen Überlieferung in der Emanzipationszeit siehe Peter Dittmar, Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation, München/London/New York/Paris 1992. Dort ist auch eine der frühen Rothschild-Karikaturen unter dem Titel „Seyd umschlungen Millionen!“ zu finden, die im Übrigen eine naturgetreue Übernahme einer 1817 in England entstandenen Darstellung Nathan Rothschilds an der Londoner Börse darstellt. Vgl. ebda., Abb. 116, S. 211. Die englische Vorlage mit dem Titel „A View from the Royal Exchange“ befindet sich im British Museum in London (vgl. Inventar-Nr. AN00675449_001). Zu den Karikaturen siehe außerdem den Klassiker von Eduard Fuchs, Die Juden in der Karikatur. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte, München 1921. Einen sehr guten Einstieg in die dreidimensionale Überlieferung bietet Falk Wiesemann, Antijüdischer Nippes und populäre „Judenbilder“. Die Sammlung Finkelstein, Essen 2005.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/798

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Anregungen aus der französischen Wissenschafts-Blogosphäre

Zum einjährigen Geburtstag von de.hypotheses.org

Heute genau vor einem Jahr ist das deutschsprachige Blogportal de.hypotheses mit einer Tagung in München offiziell an den Start gegangen. Damals gehörten neun Blogs zum Portal. Ein Jahr später sind es 49 aktive Blogs, 25 weitere sind angemeldet und in den Startlöchern. Unsere Bloggenden haben im vergangenen Jahr 941 Beiträge publiziert und 975 Kommentare freigeschaltet. Damit liegt die Kommentarfrequenz mit durchschnittlich einem Kommentar pro Beitrag höher als bei den französischen Kollegen, bei denen rund jeder dritte Beitrag kommentiert wird((1)). Auch die Leserschaft des neu gestarteten Portals ist beachtlich: Insgesamt 157.630 unique user hatten die deutschsprachige Plattform und ihre Blogs im vergangenen Jahr. Dass nicht nur quantitative Ergebnisse vorzuweisen sind, zeigt ein Blick auf die Startseite von de.hypotheses mit ausgewählten Beiträgen sowie auf die frisch gekürten Top-5 der Blogs und Top-5 der Artikel des vergangenen Jahres. Insgesamt ein schöner Erfolg, über den sich Team, Redaktion und Beirat von de.hypotheses.org sehr freuen und für den wir uns bei allen Beteiligten und Bloggenden ganz herzlich bedanken.

Die Anregung für das deutschsprachige Portal stammt bekanntermaßen aus der Beobachtung der französischen Wissenschaftsblogosphäre. Grund und Anlass genug, zum einjährigen Geburtstag von de.hypotheses.org den Blick erneut auf den Nachbarn am Rhein zu richten und zu sehen, was wir dort Weiteres lernen können. Dieser Artikel ist gleichzeitig die schriftliche, leicht erweiterte Fassung meines Impulsvortrags für das diesjährige Scilogs-Bloggertreffen in Deidesheim, das – wie es der Zufall so will – am Geburtstag von de.hypotheses stattfindet.

 

Tour de France der geistes- und naturwissenschaftlichen Blogosphäre

In der französischen Kultur haben Experten einen hohen Stellenwert: Kaum eine Radio- oder Fernsehsendung vergeht, in der nicht ein Wissenschaftler oder eine Forscherin zu einem aktuellen Thema befragt wird. Kaum eine Ausgabe einer Tageszeitung ohne einen Kommentar, ein Interview oder ein Statement einer Spezialistin oder eines Intellektuellen, die ja bekanntlich ohnehin eine französische Erfindung sind. Und das Interesse an Wissenschaft ist groß! Zumindest entsteht dieser Eindruck, wenn man bei einer Metrofahrt die Personen zählt, die ein wissenschaftliches Buch lesen. Popularisierung von wissenschaftlichen Ergebnissen durch public intellectuals und die Kommunikation der Wissenschaft mit der breiten Öffentlichkeit haben in dieser Hinsicht in Frankreich Tradition. Darin könnte ein Grund liegen, warum es in Frankreich mehr bloggende Wissenschaftler/innen und mehr Wissenschaftsblogs gibt als in Deutschland.

Nun soll hier nicht das hohe Lied auf ein vermeintliches Blog-Eldorado Frankreich gesungen werden. Denn auch dort ist wissenschaftliches Bloggen eine marginale Tätigkeit, auch wenn sie verbreiteter ist als in Deutschland. Und so mancher bloggt nur anonym, um sich die Karriereaussichten nicht zu verbauen. In vielerlei Hinsicht gleichen sich hier wie dort die Diskussionen über den Einsatz von Blogs in der Wissenschaft: Die Befürworter befürworten, die Gegner sind dagegen und die Ignoranten ignorieren, und das aus den oftmals gleichen Gründen und in gleichen Proportionen. Doch gibt es einige besondere Merkmale der wissenschaftlichen Blogosphäre in Frankreich, um die es in dieser subjektiven, selektiven und keineswegs vollständigen Tour de France (die ja auch nicht überall vorbei kommt) der geistes- und naturwissenschaftlichen Blogs im Folgenden gehen soll.

 

Erste Anregung: Blogportale

aspDas auffallendste Merkmal an der französischen Wissenschaftsblogosphäre ist das Vorhandensein von Blogportalen. Die Szene hat sich hier früher und stärker organisiert. Warum? Vielleicht, weil in Frankreich Zentralisierung an vielen Stellen vorgelebt wird, so auch im Dokumentations-, Bibliotheks- und Archivwesen (wenn auch nicht immer zur Freude aller). Außerdem wollte sich das kleine gallische Dorf gegen die anglo-amerikanische Blog-Hegemonie zur Wehr setzen und für mehr Sichtbarkeit der französischsprachigen Blogs sorgen, so erzählte mir der naturwissenschaftliche Blogger Antoine Blanchard (Blog La science, la cité, Twitter: @enroweb).

So kam es im Oktober 2005, als man in Deutschland Wissenschaftsblogs noch an einer Tastatur abzählen konnte, in der französischsprachigen Blogosphäre zur Gründung des ersten Bloportals, „Science! On blogue!“, also „Wissenschaft! Wir bloggen!“, wobei das Science! mit Ausrufezeichen vermutlich an Silence! – Ruhe bitte! – erinnern soll. Der Betreiber war die Agence Science-Presse, eine kanadische wissenschaftliche Presseagentur mit Sitz in Quebec, die das Aufkommen der Wissenschaftsblogs in den USA aus der Nähe mitverfolgte und die Idee in den französischsprachigen Raum übertrug. Größere Sichtbarkeit für die Blogs, mehr Austausch und Diskussion, Community-Bildung waren die Ziele dahinter((2)). In den Vordergrund wurden dabei Themenblogs gerückt mit wechselnden Autoren und nicht etwa einzelne Bloggerpersönlichkeiten. Heute teilen sich die Bloggenden mit den Journalisten die Website der Presseagentur, wobei deutlich zwischen beiden unterschieden wird, wie ein Klick auf die Seite „Communauté“ zeigt . Alle wissenschaftlichen Disziplinen sind vertreten, mit einem Übergewicht an Naturwissenschaften. Die gesammelten Blogbeiträge findet man hier.

Naturwissenschaftliches Portal: C@fé des sciences

cafesciencesNur ein Jahr später wurde 2006 mit C@fe des sciences das erste naturwissenschaftliche Blogportal in Frankreich gegründet. Die Initiative ging von sechs jungen Wissenschaftlern aus, die für ihre bereits bestehenden Blogs mehr Sichtbarkeit wollten und begannen, ihre Beiträge auf einer gemeinsamen Aggregator-Plattform anzuzeigen((3)). Gegenseitige Kommentare und enge Verflechtung waren weitere Ziele. Zu diesem nicht-kommerziellen Portal gehören mittlerweile 40 von der Plattform gehostete Blogs sowie 42 Mitgliedsblogs, die von den Autorinnen und Autoren selbst betrieben werden. Nur eine Minderheit von ihnen arbeitet als Wissenschaftler, die meisten sind Journalistinnen, Lehrer, Studierende oder interessierte Laien. Angesprochen wird neben dem Fachpublikum ganz explizit die breite Öffentlichkeit.

Im oberen Bereich der Startseite werden die aktuellen Beiträge der Blogs angezeigt. Ein „Best of“ führt zu ausgewählten Artikeln. Darunter stehen thematisch geordnet die Blogs, die zur Plattform gehören. Folgende Disziplinen sind vertreten: Physik, Chemie, Mathematik, Biologie, Gesundheit, Umwelt, Technologie und Politik. Klickt man auf einen Artikel, gelangt man auf das jeweilige Blog, das individuell und mehr oder weniger professionell gestaltet ist.

Geisteswissenschaftliches Portal: Hypotheses.org

hypoIm Jahr 2008 ging Hypotheses.org als französischsprachiges Blogportal für die Geistes- und Sozialwissenschaften an den Start((4)). Die Blogs wurden und werden hier „carnets de recherche“ genannt, also Forschungsjournale, um potentielle Interessenten nicht abzuschrecken. Stattdessen wird damit das für jeden wissenschaftlich Arbeitenden Selbstverständliche – nämlich das Führen eines Notizbuchs – betont, ähnlich wie bei den SciLogs mit dem Untertitel “Tagebücher der Wissenschaft”.

Hypotheses unterscheidet sich von den bisher vorgestellten Portalen darin, dass die Bloggenden dort ausschließlich aus der wissenschaftlichen Community stammen. Folglich kommen die Blogs überwiegend als Mittel der fachinternen Kommunikation und Publikation zum Einsatz und weniger für die Popularisierung von Forschung, was nicht heißt, dass sie nicht parallel die interessierte Öffentlichkeit ansprechen und von dieser wahrgenommen werden. Auch hier steht die Idee im Mittelpunkt, den wissenschaftlichen Blogs mehr Sichtbarkeit zu verleihen und eine Community aufzubauen. Gleichzeitig wird das Eröffnen und Führen eines Blogs erleichtert, indem den Wissenschaftler/innen die technische Seite eines solchen Unterfangens abgenommen wird. Die Plattform bietet das kostenlose Aufsetzen (oder Migrieren), Hosten, und Archivieren eines Blogs an, führt Schulungen durch und steht den Bloggenden mit Rat und Tat zur Seite((5)). Die Blogs können individuell gestaltet werden. Eine wissenschaftliche Redaktion wählt aus den aktuell publizierten Beiträgen die besten für die Startseite aus.

Mittlerweile sind über 600 Blogs aus allen Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften bei Hypotheses.org vereint und das Portal ist international aufgestellt. Neben der französisch- und deutschsprachigen gibt es auch eine spanischsprachige Einstiegsseite. Eine Stärke der Plattform ist neben der internationalen Ausrichtung der inhaltliche Zugang zu den Blogs über einen Blogkatalog und ein Kategoriensystem. So kann man sich beispielsweise zum Thema Sprache und Linguistik alle Blogs der Plattform sprachübergreifend anzeigen lassen.

Thematisches Portal: Culture visuelle

culturevisuelleEine Besonderheit der französischen Blogosphäre ist die Existenz einer thematischen wissenschaftlichen Blogplattform: Culture visuelle. Das an einer Pariser Universität((6))  angesiedelte Portal hat als Einzelblog angefangen und versteht sich mittlerweile als „Blogfarm“ von Wissenschaftler/innen, Lehrenden, Studierenden, die kollaboratives Schreiben unter Aufsicht eines Editionsteams erproben wollen. Rund 50 Blogs zu allen Themen der visuellen Kultur sind dort versammelt: Bild und Bildlichkeit, Fotos, Film, Kino, Ikonen, Verwendung von Bildern, Anthropologie von Fotos etc. Einige der Blogs sind seminarbegleitend. Die Startseite ist ein „Best of“ von Beiträgen, die aus den aktuellen Blogartikeln ausgewählt wurden. Die zur Plattform gehörenden Blogs sind graphisch einheitlich gestaltet. Die inhaltliche Erschließung der Beiträge erfolgt über 50 festgelegte gemeinsame Tags. Einen weiteren Zugang zu den Blogartikeln gibt es über ein Auswahlmenü nach Textgenres, das mit der Aufteilung nach Rezensionen, Gastbeiträge, Bibliothek jedoch wenig hilfreich ist, wenn man sich das erste Mal auf das Portal verirrt. Da die thematische Kohärenz der Blogs durch das übergeordnete Thema gegeben ist, fällt das nur geringfügig ins Gewicht. Culture visuelle hat bei Facebook über 2.940 Fans, so dass das Publikum über den engeren Kreis der Wissenschaft hinausgehen dürfte.

Exkurs: Wir machen was Eigenes

Auf der Startseite von C@fe des sciences fällt unter der Auswahl der sozialen Medien ein Kürzel auf, das Nicht-Franzosen unbekannt sein dürfte: Knowtex. Dahinter verbirgt sich ein soziales Netz, das von den Betreibern des C@fe des sciences aufgebaut wurde. Das übergeordnete Thema des Netzes sind die Veränderungen, die das 21. Jahrhundert gegenwärtig durch Wissenschaft, Industriedesign und Technologie erfährt. Knowtex funktioniert wie ein Linkshare-Dienst, ähnlich wie früher delicious. Man kreiert ein eigenes Profil und sammelt, speichert und annotiert Webressourcen. Derzeit sind es über 2.600 Mitglieder mit mehr als 39.000 Links, Texten, Videos, Fotos, Terminen etc., die auf der gemeinsamen Startseite von Knowtex angezeigt werden. Die Community ist bunt gemischt und besteht aus Journalisten, Künstlerinnen, Wissenschaftlern, Designerinnen und Bloggenden. Ein permanentes Team ist verantwortlich für die editorische Leitlinie der Plattform. Zu Knowtex gehört auch ein eigenes Blog .

 

Zweite Anregung: Vielfalt an Blogtypen

Bei den wissenschaftlichen Blogs des Portals hypotheses.org gibt es eine Reihe von Blogtypen, über die schon verschiedentlich berichtet wurde((7)). Im Unterschied zu den Portalen, die vorwiegend auf die Popularisierung von Inhalten ausgelegt sind, zeigt sich anhand dieser Typen die Nutzung des Mediums Blogs im wissenschaftlichen Alltag. Einige dieser Blogtypen gibt es auch auf der deutschsprachigen Seite des Portas, so dass im Folgenden aus beiden Ländern Beispiele vorgestellt werden.

Blogs von Forschergruppen

Ein Team von Forschenden bloggt über das Thema (Vorstellung der Forschenden und ihrer Themen, Rezensionen, Artikel, Quellen, Hinweise auf Websites, Konferenzen – vor- und nachbereitend, Interviews…) und gibt damit bereits während des Forschungsprozesses Einblick in die laufende Arbeit. Das Blog dient gleichzeitig als Dokumentation für das Forschungsprojekt. Beispiele sind das Blog des Arbeitskreises Popgeschichte Pophistory, das Blog über Design und Wissenschaft Paris Design Lab sowie das gerade frisch gestartete Blog Urbane Gewalt der gleichnamigen Forschergruppe des Projekts „Europa als Herausforderung“.

Thematisch enggeführte Dissertations- und Forscherblogs

enklaskDiese Blogart hat bei de.hypotheses.org im ersten Jahr den meisten Zulauf erhalten. Es zeigt sich, dass gerade Doktoranden mit einem Blog der Einsamkeit des Forschens entgehen und sich vernetzen wollen. Aufgrund ihrer Themenzentrierung wird auf diesen Blogs teilweise weniger diskutiert. Oftmals widmen sich die Doktoranden auch Metathemen des Bloggens oder methodischen Fragen. Beispiele sind das eindrucksvolle Blog enklask über Krieg, Gewalt und Sozialismus in der Bretagne 1900-1940, Das umstrittene Gedächtnis: Erinnerungspraktiken in Skandinavien, das Blog zur mittelalterlichen Archäologie MinusEinsEbene,  Computerspiel und Ästhetik sowie das Forscherblog TEXperimentales, ein Blog über Computerlinguistik.

Thematische Gemeinschaftsblogs

Bei diesen Blogs ist das Thema das verbindende Element. Forschende aus verschiedenen Institutionen nutzen das Blog für ihre Ankündigungen und schaffen dadurch einen zentralen thematischen Publikationsort für die schnelle und direkte Wissenschaftskommunikation. Beispiele sind Ordensgeschichte, ein interdisziplinäres Gemeinschaftsblog zur Geschichte von Klöstern und Orden, Das 19. Jahrhundert in Perspektive, das Frühneuzeit-Blog der RWTH Aachen sowie Mittelalter, interdisziplinäre Forschungs- und Rezeptionsgeschichte.

Blogs eine Zeitschrift begleitend

In Frankreich sind publikationsbegleitende Blogs bei Zeitschriften ein beliebtes Genre. Auf diesen Blogs wird alles publiziert, was nicht in die Zeitschrift passt, z.B. ein Quellenkorpus zu einem bestimmten Thema, Anzeigen von Büchern, Neuigkeiten rund um das Thema etc. Der Vorteil ist, dass im Blog über die Kommentare ein direkter Austausch stattfinden kann, der in einer Zeitschrift nicht möglich ist. Beispiele sind das Blog von Trivium, das Soziologieblog und Actualité du 19e siècle.

Blogs eine Publikation begleitend

lieuxsavoirDoch nicht nur Zeitschriften, auch Buchpublikation können durch Blogs begleitet werden. Ein Beispiel ist das Projekt „Lieux de savoir“, Wissensorte, eine vergleichende Geschichte und Anthropologie der gelehrten Praxis. In dieser Buchreihe sind bisher vier Bänden in einem französischen Verlag erschienen. Das Blog begleitet die Entstehung der Bände, die intellektuelle Konstruktion, die Publikation und die Rezeption. Außerdem werden Neuigkeiten zum Thema aus der Forschung veröffentlicht. Ein weiteres Beispiel ist Achtundvierzig, das Blog zur Aktenedition der Provisorischen Zentralgewalt für Deutschland in der Revolution 1848/49.

 

Blogs über wissenschaftliche Debatten

Auf deutscher Seite noch kaum vorhanden sind Blogs zu (wissenschaftlichen) Debatten. Auf der französischen Seite gibt es in dieser Kategorie z.B. das Blog Evaluation über Evaluation in den Geisteswissenschaften sowie ein Blog über Einstellungsverfahren und Berufsaussichten von Geisteswissenschaftler, wozu es mit gab_log ein deutsches Pendant gibt.

Blogs über wissenschaftliche Methoden

boiteaoutilEbenso hat die deutsche Seite bisher noch kaum Blogs, die ausschließlich einer Methode in den Geistes- und Sozialwissenschaften gewidmet ist. Ein Beispiel dafür ist Opinion mining et sentiment analysis: Werkzeuge und Methoden. Das Blog wird außerdem begleitend zum gleichnamigen Buch geführt und bietet die Möglichkeit, updates in Echtzeit zu diskutieren. Ein weiteres Beispiel ist Quanti über quantitative Methoden in den Geisteswissenschaften sowie das Blog für angehende Historiker/innen Devenir historien-ne und La boite à outil des historiens, ein außerhalb der Plattform laufendes Blog.

Monitoring Blogs

cleoradarMonitoring Blogs werden zumeist von einer Gruppe von Wissenschaftlern geführt und sind einem bestimmten Thema gewidmet. Die Blogbetreiber schreiben dabei keine eigenen Beiträge, sondern sammeln diese von anderen Blogs ein. Über einen bestimmten Tag in den RSS-Feeds werden fremde Blogbeiträge gekennzeichnet, wodurch diese dann auf dem Monitoring-Blog erscheinen. Auf diese Weise entstehen thematische Sammlungen, die nicht aufwändig zu erstellen sind, wenn die Technik erst mal eingerichtet ist. Ein Beispiele dafür ist Cleo Radar zum Thema elektronisches Publizieren.

 

Und außerdem…

Weitere Blogtypen sind Blogs zu einer Veranstaltung, wie z.B. Rezensieren, Kommentieren, Bloggen, universitäre Seminarblogs, wie z.B. Soziale Medienbildung oder Digitales Geschichtslernen.

Exkurs: Die Medienvielfalt nutzen

Am Beispiel der Arbeitsgruppe Criminocorpus über Justiz-, Rechts- und Kriminalitätsgeschichte wird deutlich, wie man die verschiedenen Medien nutzen und ineinandergreifen lassen kann: Neben der eigenen Website hat Criminocorpus eine Zeitschrift, ein Themenblog, auf dem Kolloquien und Seminare angekündigt, Ausstellungen, Rezensionen, Veröffentlichungen publiziert und Forschung und Forschergruppen vorgestellt werden, sowie ein Monitoring-Blog für die thematische Sammlung von Beiträgen anderer zur Justizgeschichte. Und natürlich ist Criminocorpus in den sozialen Medien aktiv und bringt es bei Facebook beispielsweise auf stolze 2.076 Fans.

 

Dritte Anregung: Vielfalt der Themen

Bei der kurzen Vorstellung der verschiedenen Blogtypen ist bereits die thematische Vielfalt der französischen Blogosphäre jenseits der Generalistenblogs angeklungen. Dies hängt mit der Existenz der Projekt- und Dissertationsblogs zusammen. Da diese auf deutscher Seite ebenfalls stark zulegen, ist auch diesseits des Rheins eine weitere Auffächerung des Themenspektrums bei Einzelblogs zu erwarten. Die behandelten Themen selbst hängen im Wissenschaftsbereich natürlich eng mit der jeweiligen Forschungskultur eines Landes zusammen. Im Folgenden sei zusammenhangslos und ohne Vollständigkeit auf ein paar Themenbereiche hingewiesen, die in Deutschland noch kaum besetzt sind. Die Beobachtungen stützen sich dabei weitgehend auf die Blogplattformen. Weitere Blogideen gibt es übrigens im kürzlich erschienenen anregenden Artikel von Michael Schmalenstroer, Blogs, die noch fehlen.

Geisteswissenschaften

Bei den Geisteswissenschaftlern sind in Frankreich Blogs über Justizgeschichte und Kriminologie wie Regards sur le droit public sowie Blogs zur Ur- und Frühgeschichte zahlreich. Besonders beliebt sind Ausgrabungsblogs von Archäologen, die ihr Ausgrabungsjournal, das sie ohnehin führen müssen, öffentlich machen. Beispiele dafür sind das Blog Arles-Rhone über Unterwasser-Bergungen eines gallo-romanischen Bootes in der Rhone, das bis 2010 geführt wurde. Oder das Blog Cahiers de terrain de Raymond Mauny, bestehend aus den Archiv-Tagebüchern des Afrika-Forschers der Jahre 1942 bis 1962, als er Leiter der Abteilung „Archäologie und Vorgeschichte“ des Institut français d’Afrique noir in Dakar war. Die Einträge werden rückdatiert auf das Datum des tatsächlichen Eintrags publiziert.

Was sich bei den Geisteswissenschaften noch zögerlicher entwickelt als bei den Naturwissenschaften sind Blogs, die sich explizit an die breite Öffentlichkeit wenden. Vermutlich scheuen sich viele Geisteswissenschaftler/innen aus Prestigegründen, ein Blog ausschließlich für die Vulgarisation von Forschungsergebnissen zu führen. Beispiele für diese Art von Blogs sind das englischsprachige Blog The Recipes Project, in dem mittelalterliche Rezepte, Essen, Zauberei und Medizin expressis verbis für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet werden sowie das Blog Olim et Nunc. Histoire et sérendipité, das Zufallsfunden aus dem Bereich Geschichte gewidmet ist. Blogs zur Militärgeschichte dürften mit Blick auf die breite Öffentlichkeit ebenfalls erfolgreich sein, existieren bisher aber auf der Plattform nicht.

Interdisziplinarität bei kontroversen Themen

prismedeteteAuffallend sind in Frankreich außerdem die Blogs zur Wissenschaftsforschung (Science studies) in der Tradition von Bruno Latour. Dabei werden die Einflüsse von Wissenschaft und Technik auf die Gesellschaft aus einem geisteswissenschaftlichen Blickwinkel betrachtet. Pris(m)e de tête. Les sciences et techniques en société (Prise de tête = Kopfzerbrechen) ist so ein kollektives Blog, gegründet 2009 von einigen Bloggenden des C@fe des Sciences. Behandelt werden kontroverse Themen wie Klima, Krankheiten, Ernährung, Umwelt und Nanotechnologie in thematischen Dossiers und aus verschiedenen Blickwinkeln. Bei hypotheses zählen Blogs wie Infuse! Nos rapports aux sciences oder das Gemeinschaftsblogs Espaces Réflexifs dazu, des Weiteren die Blogs zu Gesundheit und Medizin in geisteswissenschaftlicher Sicht wie beispielsweise Corps et Médecine oder Anthropologie et santé mondiale.

 

Naturwissenschaften

matieresBei den Naturwissenschaften kenne ich mich naturgemäß weniger aus und beschränke mich auf einen kursorischen Überblick (mit Dank an Antoine Blanchard für seine Anregungen): Einer der bekanntesten naturwissenschaftlichen Blogger in Frankreich ist der Wissenschaftler Tom Roud, der seit 2006 regelmäßig auf seinem Blog Matières Vivantes über die Themenbereiche Nanotechnologie, Physik und Biologie bloggt. Er ist Professor in den USA. Auf seiner Übersichtsseite gibt er für jedes Jahr die 10 beliebtesten Blogposts an. Darunter waren in den vergangenen Jahren ein Beitrag “Wie gewinnt man bei Wer wird Millionär?” und “Bullshit-Bingo für Umweltskeptiker”. Ebenso bekannt ist Dr. Goulu und sein Blog Pourquoi Comment Combien. Warum steht dabei für Wissenschaft, wie steht für Technik und wie viel steht für Wirtschaft. Das sind die drei Themen, die er auf seinem seit 2004 existierenden Blog verbinden möchte.

Der Blogger Taupo (Pierre Kerner), Wissenschaftler für evolutive Genetik an der Universität Paris VII, führt das Blog mit dem sprechenden Namen Strange stuff funky things. In einem seiner letzten Beiträge erfreute er mit Bildern von fliegenden Kalamaren. Schön auch sein Beitrag zum Cat Content im Web “L’empreinte des chats dans l’histoire” (Katzenspuren in der Geschichte) u.a. mit dem Bild von Katzenabdrücken auf einem mittealterlichen Manuskript, das auch durch die deutsche und englische Blogosphäre geisterte.

Noch ein kurzer Blick auf die Startseite von C@fé des Sciences und die aktuell dort behandelten Themen: In der Physik wird der Frage nachgegangen, ob es eine mathematische Regel für die Verteilung der Buckel auf einer Skipiste gibt. In der Chemie gibt es Teil 8 der Artikelserie „Pflanzen und ihre Gifte“. Aus der Mathematik wird die Entdeckung der höchsten Primzahl am 25. Januar 2013 berichtet. Im Bereich Gesundheit werden die Leser/innen darüber aufgeklärt, dass es keine Willensfreiheit gibt. Teilweise werden in einer Art Bloggewitter Themendossiers erstellt, wie beispielsweise ein Dossier zum Thema „Tod“.

Interessant ist das Gemeinschaftsblog Idées de Physique, das gleichzeitig Teil der Website Pour la Science ist, dem französischen Pendant von Spektrum der Wissenschaft. Die Blogbetreiber sind bei der Zeitschrift verantwortlich für eine monatliche Chronik zu Physik. Auf der Website der Zeitschrift selbst taucht allerdings das Wort „Blog“ nirgends auf, doch Scilogs.fr ist in Vorbereitung und geht demnächst online! 

Exkurs: Sex sells…

Ein bemerkenswertes Blog ist HARDSciences, das der Popularisierung von aktuellen wissenschaftlichen Studien rund um die Themen Sex und Beziehung gewidmet ist. Die Idee dazu hatte eine Studentin, die ihr Studium mittlerweile beendet und das Blog mit zwei weiteren Personen betreibt. In den letzten Monaten ist es etwas stiller auf dem Blog geworden. Im jüngsten Beitrag vom November 2012 geht es um Verführung in der Welt der Tiere, anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in Paris.

… Humor auch

In französischen Wissenschaftsblogs darf es auch mal humorvoll zugehen, was in Deutschland eher selten der Fall ist. Auf der Plattform C@fé des sciences gibt es eigens den Navigationspunkt Humor. Dort findet man beispielsweise das Blog „Freaky Friday Parasite“, auf dem jeden Freitag ein abgefahrenes Parasit vorgestellt wird. Der neueste Beitrag  zeigt einen Wurm, der seinen Wirt ins Wasser und damit in den Selbstmord treibt, wo sich der Wurm dann fortentwickeln kann… (insofern hätte man das auch bei Horror unterbringen können).

 

Vierte Anregung: keine Angst vor Popularisierung

Eine interessante Idee ist die Kennzeichnung der Schwierigkeitsstufe bei Beiträgen, wenn sie sowohl ein Fachpublikum als auch die breite Öffentlichkeit ansprechen. Das Wissenschaftsportal „My Science Work“ beispielsweise gibt bei seinen Artikeln oben in einer Leiste an, für welche Zielgruppe der Beitrag geschrieben wurde: Die Skala reicht dabei in fünf Stufen von „Grand public“ bis „spécialisé“.

kidiscienceDie Naturwissenschaften – das klang bereits an – scheuen sich weniger, wenn es um Popularisierung ihrer Ergebnisse für die breite Öffentlichkeit geht. Die jüngste französische Idee ist das gerade im Februar 2013 gestartete Blogportal Kidi’Science. Eine ideale Seite für alle Eltern, die die Fragen ihrer Kinder nicht beantworten können: Wie wachsen die Arme eines Seesterns? Ist das Universum unendlich? Wie funktioniert der Kühlschrank? usw. Kinder können ihre Fragen selbst auf der Plattform einreichen. Außerdem gibt es eine Linksammlung mit online verfügbaren kostenlosen Quellen zur Astronomie (8-10 Jahre) und Chemie (12-14 Jahre). Wahrscheinlich klicken die Kinder gern auf den Reiter „Experimente für Zuhause“. Dort findet man die Anleitung, wie man in der Badewanne einen Regenbogen erzeugen kann.

 

Fünfte Anregung: andere Genres

stripscienceAus meiner Beobachtung heraus könnte ich nicht sagen, dass in Frankreich generell ein anderer Einsatz von Abbildungen oder Audio und Video bei Wissenschaftsblogs erfolgt. Bis auf eine Ausnahme: Comics! Seit November 2011 gibt es im Land von Asterix und Obelix mit Strip Science ein Blogportal, das zwei getrennte Welten zusammen bringt: die Welt der Comiczeichner und Illustratoren und die der Wissenschaft. Das Portal besteht aus rund 50 Einzelblogs, die zumeist selbst gehostet werden. Ziel des Portals ist es, die Welt der Wissenschaft spielerisch zu erklären und zu zeigen, dass Wissenschaft auch Spaß machen kann und für die breite Öffentlichkeit verständlich und zugänglich ist. Die Beiträge stammen entweder aus einer Hand oder sind in Zusammenarbeit entstanden: ein Blogbeitrag eines Wissenschaftlers, der illustriert, oder eine Idee für eine Bildergeschichte, die dann der Ausgangspunkt für einen Blogbeitrag wurde. Den besonderen Reiz macht gerade diese ungewöhnliche Zusammenarbeit aus. Das Blog HARDscience ist hier schon mehrfach illustriert worden. Außerdem scheinen die bereits erwähnten Parasiten die Illustratoren in besonders hohem Maße zu inspirieren. Zum Selbstmord-Wurm gibt es insgesamt fünf Zeichnungen.

Unter den Comic-Blogs sind zwei, die das Leben als Doktorandin thematisieren (beide von Frauen): Die Beiträge des Blogs PHDelirium reichen thematisch von „Ich konnte nicht arbeiten, es hat geschneit“ über „Ich bin in meinen Doktorvater verliebt“ bis „Das ist nicht Prokrastination, sondern eine Therapie“, alles Themen, die mir auf den ersten Blick ziemlich international erscheinen.

Im Blog Vie de thésarde (Doktorandinnenleben) wird das Leben als Doktorandin der kleinen Nichte erklärt mit über 1.200 Likes für diesen Beitrag bei Facebook. Schön auch der Beitrag „Doctor style“ mit der Zeichnung der Verteidigung der Doktorarbeit vor der Jury, bei der die Kandidatin über dem offenen Feuer geröstet wird.

Dass es sich bei den Betreibern der wissenschaftlichen Comic-Blogs nicht einfach um eine Handvoll Spinner handelt, zeigt das wissenschaftliche Comic-Blogfestival im Sommer 2012, organisiert mit dem CNRS, Frankreichs größtem Forschungsförderer und bedeutendster Forschungsorganisation. Wann wohl die DFG diese Idee aufgreift?

Fazit

Der kursorische Überblick über die französische wissenschaftliche Blogosphäre zeigt eine starke Vernetzung über Blogportale, eine differenzierte Auffächerung an Blogtypen, ein breites thematisches Spektrum, bedingt durch die stärker verbreitete Praktik des forschungsthemenzentrierten Bloggens, die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei kontroversen aktuellen Themen, keine Angst vor Popularisierung, Dialog mit der breiten Öffentlichkeit über Themen, die diese interessieren, sowie das Ausprobieren neuer medialer Formen und Zusammenarbeit. Eine Dynamik ist zu erkennen und man darf auf die Weiterentwicklung gespannt sein.

 

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Foto: look 03.04.09 [63] von timlewisnm, Lizenz CC BY-SA (mit Dank an Inger Brandt für die gelungene Wahl)

 

 

  1. Mareike König, Die Entdeckung der vernetzten Vielfalt. Geschichtsblogs bei hypotheses.org, in: Peter Haber, Eva Pfanzelter (Hg.), Historyblogosphere, München (Oldenbourg Verlag) 2013. Open Peer Review Version: http://historyblogosphere.oldenbourg-verlag.de/open-peer-review/m-koenig/.
  2. 2007 ist ein gleichnamiges Buch entstanden, das die Erfahrungen des wissenschaftlichen Bloggens der ersten Jahre resümierte: Pascal Lapointe, Josée Nadia Drouin, Science! on blogue. Le nouveau monde d’Internet, Québec, MultiMondes, 2007. Leseprobe: http://multim.com/titre/?ID=221
  3. Podcast der Vorstellung der Plattform durch Antoine Blanchard auf der Tagung “Im Netz der sozialen Medien” 2011 am DHIP http://www.dhi-paris.fr/de/home/podcast/digital-humanities-am-dhip-3.html.
  4. Vgl. Mareike König, Blogging tricolore. Geisteswissenschaftliche Blogs in Frankreich, in: Archivalia 11.8.2011 http://archiv.twoday.net/stories/38743431/
  5. Weitere Informationen zum Angebot finden sich hier: http://redaktionsblog.hypotheses.org/413.
  6. Laboratoire d’histoire visuelle contemporaine (Lhivic) an der EHESS, Paris.
  7. Vgl. König, Die Entdeckung der vernetzten Vielfalt http://historyblogosphere.oldenbourg-verlag.de/open-peer-review/m-koenig/.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/993

Weiterlesen

“Wagner et la France”. Ein Tagungsbericht

Richard Wagner. Portrait von Caesar Willich (ca. 1862)

Richard Wagner. Portrait von Cäsar Willich (ca. 1862)

Die Beziehung Richard Wagners zu Frankreich und den Franzosen war alles andere als einfach. Auf die anfängliche Euphorie für das Nachbarland sollte bei Wagner während seines ersten Paris-Aufenthalts bittere Ernüchterung folgen. In seiner Autobiographie bezeichnete der deutsche Komponist rückblickend seinen ersten Paris-Aufenthalt als eine Zeit der Verbannung, nachdem er schon 1850 die Niederbrennung der französischen Metropole gefordert hatte.

Die DHI-Tagung zu „Wagner et la France“, die von Danielle Buschinger (Amiens), Mareike König (DHI) und Jürgen Kühnel (Siegen) organisiert wurde, hat indes gezeigt, dass dieser anfängliche Eindruck von Wagners Frankreichbild zu eindimensional ist. Aus Anlass des 200. Geburtstags des deutschen Komponisten sind im Hôtel Duret-de-Chevry im vergangenen Februar namhafte Künstler und Wissenschaftler aus ganz Europa für die dreitägige Tagung zusammengekommen. Hier wurde alsbald deutlich, wie der 17 jährige Wagner aus der Ferne die französische Julirevolution 1830 voller Begeisterung verfolgte, sich später als Dirigent in Dresden, als Chordirektor in Würzburg sowie als Kapellmeister in Riga von der französischen grand opéra inspirieren ließ und doch von seinem ersten Aufenthalt in Paris zwischen 1839 und 1842 zutiefst enttäuscht war.

Persönliche Zurücksetzung, soziale Benachteiligung sowie ein tiefes Befremden gegenüber den politischen Verhältnissen in Frankreich stünden am Ursprung von Wagners Novellen, die zwischen 1840 und 1841 in verschiedenen Zeitschriften erschienen. Rolf Füllmann (Köln) erinnerte an die Variierung von Topoi der deutschen Vormärz-Novelle bei Wagner, mit denen der Musiker, der als mittelloser Komponist und illegaler Einwanderer nach Paris kam, eine Parabel auf die Künstlerexistenz in der Opernhauptstadt des 19. Jahrhunderts geschaffen habe. Wagner gelang es nicht, in der damaligen Opernmetropole Fuß zu fassen. Auch der Kontakt zum damals erfolgreichen Meyerbeer half ihm zunächst wenig, die in seinem Reisegepäck befindlichen Stücke zur Aufführung zu bringen.

Daniel-François-Esprit Auber

Daniel-François-Esprit Auber 

Möglicherweise resultierte aus dieser Erfahrung eine zutiefst kritische Haltung gegenüber den französischen Zeitgenossen. Für die französische Literatur hatte der Komponist oftmals nur Geringschätzung übrig. Zwar schätzte er den Realismus eines Balzac, konnte sich aber mit Flauberts Madame Bovary keineswegs anfreunden, wie Albert Gier (Bamberg) erklärte. Gegenüber Cosima bemerkte Wagner später, dass ihn der nationale Charakter der französischen Werke abstoße, während er 1871 erklärte, die französische Sprache sei „die unfreie Sprache Mephistos, die deutsche dagegen die Sprache Fausts.“ Etwas gnädiger fiel Wagners Urteil über die französische Musik aus. Oswald Panagl (Salzburg) zeigte während der Tagung, wie Auber Wagner als ein talentierter, wenn auch etwas seichter Komponist erschien. Den Vorbehalten gegenüber Meyerbeer stand die Anerkennung Berlioz‘ gegenüber, auch wenn das persönliche Verhältnis zu diesem schwierig war. Treffend bemerkte Panagl, dass das Scheitern des Paris-Aufenthaltes sich wie ein Grauschleier über Wagners Wahrnehmung gelegt und den „diagnostischen Blick zu einem subjektiven Verdikt“ getrübt habe. Freilich bestätigte auch hier die Ausnahme die Regel, wie Claude Knepper (université de Bretagne occidentale) anhand der Freundschaft von Wagner und Emile Ollivier, einem Schwiegersohn Franz Liszts, zeigte. Nach deren erster Begegnung zwischen 1859 und 1861 überwand der Frankreichskeptiker Wagner viele seiner Vorurteile, während das Engagement Olliviers zugunsten von Wagners künstlerischem Schaffen in Paris zumindest eine kleine Wiedergutmachung der früher erfahrenen Ablehnung gewesen sein dürfte.

Es ist kaum zu übersehen, wie die insgesamt vier Aufenthalte in Paris Wagners Werk nachhaltig beeinflussten. Als Musikkritiker für die Revue et Gazette musicale formte Wagner sein eigenes ästhetisches Denken erheblich aus, so Charles Arden (Paris). Yaël Hêche (Lausanne) zeigte anhand von Wagners „mélodie française“ wie die Pariser Zeit zu einer Schaffensperiode wurde. Große Oktavspannen und musikalische Figuren wie das Tremolo zeugten von einer Variierung des Genres, mit denen Wagner über die reine Auftragsarbeit hinausgegangen sei. Während seines letzten Aufenthalts in Paris fand die Pariser Erstaufführung des „Tannhäuser“ statt, die zu einem Skandal in der Opernwelt wurde und dazu führte, dass Wagner den „Tannhäuser“ frühzeitig zurückzog. In diese Zeit fiel auch die Begegnung mit Jacques Offenbach. Peter P. Pachl (München) machte auf die große Ähnlichkeit zwischen der Venus im „Tannhäuser“ und der Venus in Offenbachs „Orhpée aux Enfers“ aufmerksam und erinnerte an die ambivalente Figur Offenbachs in Wagners Lustspiel „Eine Kapitulation“. Letzteres entstand während des deutsch-französischen Krieges, und  Zeitgenossen wie Liszt hatten Schwierigkeiten, den Humor in dieser Parodie der deutschen Belagerung von Paris zu erkennen. Besonders der Aufstieg Hugos aus der Kloake habe als ein possenhafter Angriff erscheinen müssen, so Frank Piontek, der in dem Stück zugleich eine ernst gemeinte Kritik an der zivilisatorischen Vorherrschaft des Nachbarlandes und an der damit einhergehenden Entfremdung der Kunst zu entdecken meinte.

Hector Berlioz

Hector Berlioz 

Tatsächlich zeugt es von Wagners aufgeschlossener Rezeptionshaltung, wenn der Komponist durch das Zusammenführen verschiedener künstlerischer Strömungen den Grundstein legte zu seinem eigenen kompositorischen Schaffen. So sei Wagner durch die französischen Gattungen Oper und Instrumentalmusik in Verbindung mit einer Besinnung auf die deutsche Tradition zum Musikdrama gekommen, so Hermann Jung (Mannheim). Habe Wagner sich sehr für die Oper Meyerbeers interessiert, so habe er zugleich Beethovens „IX. Symphonie“ als Mittel spezifischer Ausdruckshaftigkeit und die Bedeutung der idée fixe bei Berlioz erkannt. Wagner sollte mit seiner eigenen Leitmotivtechnik darauf und auf weitere Einflüsse aufbauen. Volker Mertens (Berlin) zeigte, dass Wagners Entscheidung zugunsten des mythischen Nibelungenstoffes noch keine endgültige Absage an die historisch-relevante Oper bedeutete. Die in gebrochener Verwendung auftretenden Topoi der französischen Oper wie dem Katastrophenfinale, das in der „Götterdämmerung“ ohne den traditionellen Erlösungsschluss wiederaufgenommen wurde, seien nicht zu übersehen, so Mertens. Zu einem ähnlichen Befund kam auch Mathieu Schneider (Straßburg) mit Blick auf Wagners „Rienzi“, den er mit Aubers „Muette de Portici“ verglich. Zahlreiche Motive und Techniken kehrten bei Wagner wieder, so die Einheit von Musik und Handlung, die handlungsmotivierende Funktion des Chores und die Aufstellung des Orchesters.

Dies änderte aber noch nichts an Wagners frankreichkritischer Haltung. Im Gegenteil erschien ihm die französische Metropole als ein Beispiel der modernen und entfremdeten Gesellschaft, in der die Kunst zur Ware verkommen sei. Dass Wagner in einem Brief an seinen Freund Theodor Uhlig vom Oktober 1850 tatsächlich die Zerstörung von Paris forderte, sei, so Kühnel, ein Indiz für die Radikalisierung der kulturkritischen Ansichten Wagners, der im Niederbrennen der Stadt das Fanal für eine erneute Revolution erblickte, der nach dem Scheitern des Pariser Juniaufstandes 1848 all seine Hoffnungen galten.

Derweil ist es aufgrund der disparaten theoretischen Anleihen nahezu unmöglich, ein einheitliches Bild von Wagners philosophischem und ideologischem Denken zu erhalten. Neben die aufklärerische Kulturkritik trat die vormarxistische Kritik eines Proudhons oder die Rassenlehre eines Gobineaus. Aber auch buddhistische Lehren, mit denen Wagner durch die Lektüre Burnoufs in Berührung kam, beeinflussten sein Werk.

Jürgen Kühnel wies darauf hin, wie Wagners Schrift „Das Kunstwerk der Zukunft“ (1850) stark vom Rückgriff auf den rousseauschen Topoi des idealisierten Naturzustandes geprägt sei. Ronald Perlwitz (Paris) erinnerte ergänzend an den Modellcharakter, den die Gesellschaftstheorie Rousseaus im Europa des 19. Jahrhunderts gehabt habe und die insbesondere von Kant und den Vertretern des deutschen Idealismus rezipiert worden sei. Die Figur des Wotan, so Perlwitz, sei wie eine Antwort auf den Topoi des großen Subjekts im Idealismus: erscheine der mythische Gott aus den Nibelungen doch als ein „Gott der Verträge“, dessen Handeln stets auch das Resultat einer „potentialité déterminatrice“ sei.

Die sich vom 18. zum 19. Jahrhundert wandelnde gesellschaftliche Rolle der Kunst zwang Wagner, unermüdlich nach neuen Antworten zu suchen. So erklärte Michela Landi (Florenz), dass Wagner sich von der von Proudhon aufgeworfenen problematischen Verortung der Kunst zwischen politischen und ästhetischen Prämissen sowie den anarchistischen Ansichten des Franzosen habe beeinflussen lassen. Landi erinnerte an die Figur Siegfrieds, der in seinem Übergehen überkommener Verträge zum Vertreter einer Gemeinschaft werde, deren menschliche Natur von rigorosen moralischen Gesetzen unterdrückt würde.

Dass Wagner über philosophische und politische Ansätze noch weit hinausging und sich von mythischen und religiösen Theorien unterschiedlicher Provenienz inspirieren ließ, machte aus ihm nach Georges A. Bertrands geradezu einen „artiste cosmopolite“. Bertrand wies auf die Christianisierung mythischer Symbole bei Wagner hin und hob die Bedeutung des buddhistischen Regenerationsgedanken hervor, welcher in der ewigen Wiederkehr des Menschen aufgehe, die erst mit der Erreichung des Nirwana ihr Ende finde.  Danielle Buschinger stellte fest, dass der bei Wagner wiederholt auftretende Topos des Mitleidens auf jenes interindividuelle Mitleid zurückgehe, das im Buddhismus als eine Vorstufe zur Erlösung gilt.

Arthur de Gobineau

Arthur de Gobineau 

Es zeugt schließlich von Wagners besonderer Fähigkeit zur Synthese unterschiedlicher Theorien, wenn er nach anfänglicher Zustimmung gerade vor dem Hintergrund des Mitleidgedankens den entscheidenden Vorwand gegen Gobineaus Schrift „Essai sur l’inégalité des races humaines“ zur Geltung brachte. Udo Bermbach (Hamburg) entdeckte im Wagnerischen Mitleiden die Theorie für einen Modus der Vergesellschaftung, der Gobineaus Degenerationsthese, welche auf den fatalen Folgen der Rassenmischung fußte, diametral gegenüberstünde. Pierre-Louis Rey (Paris) machte ergänzend hierzu auf die fundamentalen Unterschiede zwischen Gobineaus „Amadis“ und Wagners „Parsifal“, die beide ungefähr zur selben Zeit entstanden, aufmerksam. Während in Letzterem die Heilsgewissheit für die gesamte Menschheit gültig ist, wird in Ersterem nur Auserwählten das Privileg der Unsterblichkeit zuteil.

Alice Fagard und Naoko Hirata

Alice Fagard und Naoko Hirata

Ein schöner Höhepunkt am ersten Abend der Tagung war die Aufführung der Elsa-Arie aus dem Lohengrin und der Wesendonck-Lieder durch Alice Fagard (Sopran) und Naoko Hirata (Klavier). Die Beiträge der Referenten werden in einem Tagungsband in der von Danielle Buschinger geleiteten Reihe „Médiévales“ in Amiens erscheinen.

Abbildungen:

Portraits: Wikimedia Commons (Wagner, Auber, Berlioz, Gobineau).

Photo Konzert: privat.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/827

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