Es wäre nicht ungerecht zu sagen, dass die Digital Humanities zuweilen einen ausgeprägten projektorientierten Charakter aufweisen. In ihrem Arbeitsalltag arbeiten die Digital HumanistInnen oft in eigenen Projektinseln. Sie beschäftigen sich mit fach- und projektspezifischen Fragestellungen und versuchen, Lösungs- und Forschungsansätze für die jeweiligen Projekte zu entwickeln und zu implementieren. Häufiger werden diese Projektinseln in einemgeisteswissenschaftlichen Fach verortet. Während immer mehr Digital Humanities Zentren gegründet werden, um die unterschiedlichen Lösungs- und Forschungsansätze zu bündeln, arbeiten viele Digital HumanistInnen auf ihrer Insel dennoch in der Isolation. Es gibt ein gewisses Selbstverständnis, eine unausgesprochene Übereinkunft darüber, dass die geisteswissenschaftlichen Fragestellungen fachspezifisch sind und daher jeweils eigener Methoden zur Lösung erfordern; unabhängig davon, dass oft ähnliche Technologien benutzt werden.
Abgesehen
von der Diskussion, ob Digital Humanities Aktivitäten immer auf bestimmten
Inseln stattfinden sollten, muss man verstehen, dass das Arbeiten in der
Isolation für Digital HumanistInnen gewisse Konsequenzen hat. Zum einen erzeugen
die Projektorientierung und die engen Rahmbedingungen eine Situation der
definitorischen Problematik, die der Identitätsbildung des Faches entgegensteht.
Zum anderen kommt es häufiger vor, dass mehrere Digital HumanistInnen auf die
gleichen Probleme in unterschiedlichen Fachkontexten stoßen, ohne zu wissen,
dass das Problem nicht nur sie allein betrifft, und dass die Lösungen, wenn
auch nicht generalisierbar und spiegelbildlich implementierbar, möglicherweise
in pragmatisch-philosophischer Form auf einer anderen Insel schon erarbeitet
worden sind (Thaller 2012).
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Quelle: https://dhd-blog.org/?p=11622