Das neue Redaktionsmitglied: Eine alte Bekannte

Seit März 2017 bin ich neu in der Redaktion von de.hypotheses, viele kennen mich aber schon als Mitgründerin und Mitherausgeberin des Wissenschaftsblogs Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte. Ich bin eine neue, alte Bekannte.

 Wie ich zum Bloggen kam:

Ganz bodenständig bei Suppe und Bier! Alkoholschwangere Ideen enden meist in einem großen Katzenjammer am nächsten Morgen. Bei mir endete es in der Gründung eines Wissenschaftsblogs. Im Dezember 2012 kurz nach dem Start des deutschsprachigen Portals von Hypotheses war ich zu einem Mittelalter-Kolloquium an der Universität Mannheim eingeladen.

[...]

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/3361

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Das neue Redaktionsmitglied: Eine alte Bekannte

Seit März 2017 bin ich neu in der Redaktion von de.hypotheses, viele kennen mich aber schon als Mitgründerin und Mitherausgeberin des Wissenschaftsblogs Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte. Ich bin eine neue, alte Bekannte.

 Wie ich zum Bloggen kam:

Ganz bodenständig bei Suppe und Bier! Alkoholschwangere Ideen enden meist in einem großen Katzenjammer am nächsten Morgen. Bei mir endete es in der Gründung eines Wissenschaftsblogs. Im Dezember 2012 kurz nach dem Start des deutschsprachigen Portals von Hypotheses war ich zu einem Mittelalter-Kolloquium an der Universität Mannheim eingeladen.

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Inter- und Transkulturalität als Konzepte für die Schreibberatung von L2-Studierenden

Dieser Essay ist als Hausaufgabe zur Nachbereitung von Modul B „Schreiben in der Fremd- und Zw...

Quelle: https://openblog.hypotheses.org/166

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Wollen wir wirklich BeStI(e)n sein? Ein Plädoyer an und gegen „den wissenschaftlichen Nachwuchs“

tldr: Der Begriff des „wissenschaftlichen Nachwuchses“ ist im heutigen Wissenschaftsbetrieb weder brauchbar noch für die meisten der darin Tätigen zutreffend oder angemessen. Er muss ersetzt werden durch einen Begriff, der den Zustand des akademischen Erwachsenwerdens und -seins losgelöst von Dauerstellen und Personalpolitik erreichbar macht. Der erste Schritt ist eine Ablehnung dieser Fremdzuschreibung und eine Neudefinition.

Am 9./10. Februar luden gleich 5 geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fachverbände in das Schader-Forum in Darmstadt zur wissenschaftspolitischen Konferenz „War die Zukunft früher besser? Akademische und außerakademische Berufsperspektiven in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften“ ein. In Streitgesprächen, Workshops, Dialog-Cafés sowie einer Podiumsdiskussion sollte über die Wege und auch Irrwege des heutigen Wissenschaftsbetriebs in Bezug auf die wissenschaftliche Karriere diskutiert und mögliche Lösungsansätze für die zunehmend als gravierender Missstand empfundene Lage des sogenannten „Mittelbaus“ gefunden werden. Ein Storify von Thorsten Thiel (@thothiel) ist hier verfügbar.

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/9774

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Gedanken zum Pressegespräch über die Zukunft des St. Birgitta-Klosters in Altomünster

Heute fand um 11 Uhr ein Pressegespräch im erzbischöflichen Ordinariat der Erzdiözese München-Freising zur Zukunft des St. Birgitta-Klosters in Altomünster statt, an dem ich teilgenommen habe. Die Pressemitteilung ist seit heute Mittag online. Nach dem Interview mit dem Musikologen Dr….

Quelle: https://mittelalter.hypotheses.org/9576

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“Also, watt is en HistoCamp? Da stelle me uns e mal janz dumm.”

“Und da sage me: En HistoCamp, dat is en BarCamp”. BarCamps sind Unkonferenzen, Ad-hoc-Nicht-Konferenzen. Es sind offene Veranstaltungen, bei denen die Teilnehmenden das Programm gemeinsam festlegen und gestalten. Der Ablauf sieht so aus: Nach einer allgemeinen Vorstellungsrunde geben Interessierte ihre Vorschläge für sessions ins Plenum, das darüber abstimmt, welche davon tatsächlich stattfinden sollen. Danach wird das Programm ad-hoc auf Whiteboards oder Pinnwänden für alle festgehalten, auf Räume verteilt und der thematische Teil beginnt. Die Teilnehmenden verteilen sich nach Lust und Laune in kleinere Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen – den sessions. In diesen sessions selbst gibt es keine Vorträge, sondern es wird intensiv diskutiert und miteinander an den Themen gearbeitet. Alle können so zum Gelingen einer session beitragen. Am Ende des BarCamps werden die Ergebnisse der einzelnen sessions bei einer allgemeinen Abschlussrunde wieder zurück ins Plenum gespielt. Ziel dieses Formats ist es, in lockerer und produktiver Atmosphäre in kleinen Gruppen miteinander zu arbeiten.

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Quelle: http://histocamp.hypotheses.org/170

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#histocamp – Die erste über Twitter initiierte und kollaborativ organisierte Veranstaltung

Es begann an einem Samstag im April. Dann stand mein Smartphone nicht mehr still. Unter #histocamp twittern gerade sehr viele Leute, die meine Idee eines BarCamps für Historikerinnen und Historiker (wir haben diese Eingrenzung mittlerweile gekippt!) begeistert und die sie durch ihre wunderbaren Vorschläge und ihr großartiges Engagement mit Leben füllen. Wie ist es dazu gekommen?

Euphorisiert vom StARTCamp „digitales. weiter. denken“ der Kulturkonsorten am 25. April im Literaturhaus in München schrieb ich:



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Quelle: http://histocamp.hypotheses.org/41

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Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München)

Portrait Hartmann Schedels aus BSB, Clm 30

Portrait Hartmann Schedels (Quelle: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 30, f. 2v, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0, bearbeitet)

Im jubiläenreichen Jahr 2014 gesellte sich ein weiterer für die deutschen Humanismusforscher zwar prominenter, von der breiteren Öffentlichkeit jedoch eher wenig gefeierter Jubilar dazu: der Arzt und Sammler Hartmann Schedel (1440–1514). Anlässlich seines 500. Todestags organisierte die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) die Ausstellung „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ in ihrer Schatzkammer in München. Dass die BSB überhaupt in den Besitz dieser außerordentlichen Sammlung, die eine der seltenen geschlossenen deutschen Privatbibliotheken des Spätmittelalters darstellt, gekommen ist, hat sie Melchior Schedel (1516–1571), Hartmanns Enkel und letztem überlebenden Nachfahren, zu verdanken. Wenig an den Büchern seines Großvaters interessiert, überging er dessen ausdrücklichen Willen, dass seine Bücher alle in der Liberey […] beieinander bleiben und den namen der Schedel und [s]einen Kinden und iren nachkommen zu nutz behalten werden sollen1 und verkaufte 1552 die Bibliothek für 500 Gulden an den Augsburger Kaufmann Johann Jakob Fugger (1516–1575). Dieser, in Geldnöte geraten, trat sie wiederum zwei Jahrzehnte später an den bayerischen Herzog Albrecht V. ab, womit Schedels Sammlung trotz einiger Verluste als geschlossener Bestand in die Münchner Hofbibliothek, die Vorgängerinstitution der Bayerischen Staatsbibliothek, integriert werden konnte. Wer Hartmann Schedel heute dort sucht, wird ihn schnell finden, hat er doch in zahlreichen handschriftlichen und gedruckten Codices sein Monogramm HA. S. D.  – Hartmann Schedel doctor – hinterlassen. Von den über 370 Handschriften und 460 Drucken zeigt die Ausstellung eine repräsentative Auswahl von 40 Bänden, darunter fünf Ausgaben der Weltchronik aus dem 15. Jahrhundert und einige Leihgaben, die wichtige Stationen in Schedels Leben und sein ungewöhnlich vielschichtiges Sammelinteresse dokumentieren.

Die Ausstellung ist auf zwei Räume verteilt. In der Schatzkammer stehen Hartmann Schedels Biographie und seine Sammlung im Vordergrund. Schedel steht auch physisch prominent im Zentrum des kleinen Raumes, denn dort ist das Arzneibuch des süditalienischen Arztes Mattheus Silvaticus aus Salerno ausgestellt; weniger wegen des Inhalts als seiner Bedeutung für Schedels Biographie ist es bemerkenswert: Es enthält das bekannte, zeitgenössische Portrait Schedels aus der Zeit seiner ersten Heirat 1475, das nachträglich aus dem Familienbuch Schedels herausgelöst und in den Codex inseriert worden ist. Es zeigt ihn im langen roten Mantel des gelehrten Arztes und mit roter Kopfbedeckung. Wie ein Gravitationszentrum scheint er so die rundherum angeordneten Schaukästen zusammenzuhalten.

Die Ausstellung beginnt mit zwei wichtigen Handschriften aus Schedels Besitz, seinem persönlichen Exemplar der lateinischen Weltchronik, das nicht nur auf Grund seiner prächtigen Ausstattung, sondern auch wegen der zahlreichen Beigaben und handschriftlichen Zusätze des Autors wertvoll ist, und der Abschrift des Familienbuchs für seinen Enkel Melchior (um 1552). Dieser Liber genealogiae et rerum familiarium ist im Original bis auf das bereits genannte Portrait verloren und nur durch zwei frühneuzeitliche Abschriften, die Johann Jakob Fugger nach dem Ankauf der Bibliothek anfertigen ließ, zu rekonstruieren. Beide sind als Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz und aus Privatbesitz im ersten Ausstellungsraum zu sehen. Bereits hier ist die konzeptionelle Klammer zum letzten Exponat der Ausstellung aufgemacht, der Familienchronik und der Autobiographie des Melchior Schedel (um 1570), für die Hartmanns Enkel das Familienbuch als Quelle benutzte. Sie ist als Leihgabe der Landesbibliothek Coburg im zweiten Ausstellungsraum in einem eigenen Schaukasten zu besichtigen.

Im Uhrzeigersinn führen die weiteren Schaukästen durch Schedels Studienzeiten in Leipzig (1456–1463) und Padua (1463–1466). Dazwischen verklammern Wandtafeln mit Basisinformationen die Schaukästen. Ausgewählte Studien- und Fachliteratur zeigen Schedel als vielseitigen Studenten, der bald ein ausgeprägtes Interesse am Humanismus entwickelte und seine Büchersammlung dahingehend auch systematisch erweiterte. Neben medizinischer Fachliteratur ist zum Beispiel auch seine älteste Studienhandschrift (1456–1459) zu sehen, die Einblick in das Grundstudium gibt, das er in Leipzig absolvierte; ein Liederbuch dokumentiert wiederum nicht nur sein Interesse an Musik, sondern stellt auch eine selten überlieferte Quelle des 15. Jahrhunderts dar; mit dem Wechsel nach Padua für das Medizinstudium konnte Schedel auch seinen humanistischen Neigungen besser nachgehen. So erwarb er zahlreiche „Klassiker“ des italienischen Humanismus, zum Beispiel den ausgestellten Druck der Commedia Dantes. Ein kleines Elementarlehrbuch der griechischen Sprache zeigt außerdem, dass er nicht nur Latein beherrschte, sondern sich in Padua auch an einer weiteren, in dieser Zeit kaum mehr verbreiteten Fremdsprache versuchte. Dass er sie mit recht beachtlichem Erfolg gemeistert hat, wird im Liber antiquitatum cum epitaphiis et epigrammatibus deutlich. Darin hatte Schedel zahlreiche Inschriften, darunter auch viele griechische gesammelt. Dieses epigraphische Großwerk ist monumentaler Ausdruck von Schedels lebenslanger, antiquarischer Sammelleidenschaft.

Schön gelungen ist, dass neben Schedel auch andere Familienmitglieder und sogar seine akademischen Lehrer durch die ausgestellten Bücher immer wieder in Erscheinung treten. So geben ein Rechenbuch und ein venezianisch-nürnbergisches Sprachbuch Einblick in die kaufmännische Ausbildung des jüngeren Bruders Johannes, eine Bibelhandschrift führt zu den Grabners, der Familie von Schedels Mutter, schließlich wird Hermann Schedel, Hartmanns Vetter, durch eine vererbte Handschrift des Petrus de Abano sichtbar und etwas später findet man auch seine Söhne in einer astronomisch-astrologischen Handschrift, in die Schedel die Horoskope anlässlich ihrer Geburt eingetragen hat. Seine Professoren und Vorlesungen in Padua hielt Schedel in einer Liste am Ende des repräsentativen Codex Clm 13 fest. Zweien widmete er darin jeweils eine Seite mit Epigramm und den Portraits der Mediziner; über seinen hochverehrten Doktorvater Matteolo Mattioli verfasste er zudem eine sehr persönliche Biographie in der Weltchronik, die nicht nur dessen Fachexpertise, sondern auch seine Gelehrsamkeit in den Sieben Freien Künsten und in der Theologie rühmte. Diese ist allerdings nicht eigens ausgestellt.

Von der medizinischen Praxis Schedels zeugen das ausgestellte Rezeptarium, das ebenso als eine Art Kartei seiner Nördlinger und Amberger Patienten gelesen werden könnte. Für seine Nürnberger Zeit existiert ebenfalls ein Rezeptbuch, in das Schedel außer den ärztlichen Aufzeichnungen ein in mehrere Gruppen geordnetes Inventar seiner Bücher eingetragen hat. Es steht am Ende der Ausstellung und erinnert den Besucher daran, dass es hier um weit mehr als die 40 ausgestellten Bücher geht, nämlich um eine so immense Sammlung, die einen systematischen Katalog erforderlich gemacht hatte, um die benötigte Fachliteratur schnell zu finden.

Während seiner praktischen Tätigkeiten versorgte sich Schedel natürlich weiterhin mit aktueller medizinischer Fachliteratur, beschaffte sich zum Beispiel das erste deutsche Lehrbuch der Chirurgie oder Ausgaben von Hans Folz’ medizinischen Reimpaargedichten. Nebenbei hielt er sich über allerlei Neuerscheinungen in Italien und Deutschland auf dem Laufenden, wie die gedruckten Bücheranzeigen und manche „Bestellliste“ aus seinem Besitz dokumentieren. In diesem Teil der Ausstellung deutet sich schon der Übergang vom handschriftlichen Codex zum gedruckten Buch an, der sich auch in Schedels Bibliothek niedergeschlagen hat und der nun zum zweiten Teil der Ausstellung, der Weltchronik, überleitet.

Nach dem Durchgang durch Schedels Leben ist der Raum vor der Schatzkammer der Weltchronik gewidmet. Thematisiert werden ihre Hauptquellen, aber auch die Nachdrucke und erste Initiativen zur Überarbeitung und Ergänzung der Informationen. Hervorzuhaben sind darunter vielleicht Schedels Hauskalender für die Jahre 1502–1510, in denen er Familiennachrichten und wichtige Ereignisse wie seine eigene Erkrankung oder den Tod des langjährigen Freundes Hieronymus Münzer (1437–1508) eintrug, und ein eigenhändiger Brief des Johannes Trithemius (1462–1516) von 1502, mit dem er eine ausgeliehene Handschrift an Schedel zurücksandte. Dem, dass Schedel nur auf Grund seiner umfangreichen Büchersammlung in so kurzer Zeit die monumentale Weltchronik hat zusammenstellen können, wird man leicht zustimmen, nachdem im Raum vorher diese gelehrte Fachbibliothek vor dem geistigen Auge des Betrachters wiedererstanden ist. Wer weitere visuelle Hilfe braucht, dem bietet sich eine PC-Station, an der man die virtuelle Bibliothek Schedels durchstöbern kann.

Zusammenfassend kann man die Ausstellung durchaus als gelungen bezeichnen. Schon der geringe Platz macht eine Auswahl an Exponaten nötig. Dazu ist eine Ausstellung in einer Bibliothek über Bücher mit dem naheliegenden Problem konfrontiert, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen. Doch ist der Platz gut genutzt, die Auswahl der Exponate sehr treffend und auch der Medieneinsatz sorgt in dem kleinen Rahmen für eine sinnvolle Informationsfülle. In den wenigen, aber sorgfältig ausgewählten und präsentierten Büchern werden pointiert Lebensstationen Schedels gezeigt. Die großen Aufsteller zur Weltchronik geben über das bloße Buch hinaus Einblick in den Produktionsprozess eines spätmittelalterlichen Bestsellers. Beeindruckend für den aufmerksamen Betrachter ist hier sicher die Information, dass die Financiers mit einem Kapital von 1000 Gulden einstanden, während vorher bereits Schedels jährlicher Grundverdienst als Stadtarzt in Nördlingen mit 40 Gulden beziffert wurde. Für den Fachwissenschaftler gibt es außerdem Highlights wie die Familienbücher, die Rezeptbücher, das Handexemplar der Weltchronik, den Liber antiquitatum und natürlich auch die Leihgaben. Wer der Faszination des Originals weiterhin erliegt, den stört es auch nicht, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen.

Zur Ausstellung ist ein sehr schöner Katalog erschienen. Die Konzeption folgt dem Aufbau der Weltchronik. Das erst alter verfolgt den Aufstieg und Niedergang der Nürnberger Familie Schedel, anschließend werden Schedels Studienzeit in Leipzig und Padua, seine Tätigkeit als Stadtarzt in Nördlingen, Amberg und Nürnberg, seine Sammelinteressen und die Bibliothek, die Weltchronik und schließlich, im sibend alter, seine Bücher und ihr Schicksal behandelt. Jeweils ein einführender Aufsatz umreißt knapp und präzise die Lebensstation bzw. den Ausstellungsbereich. Es ist absolut empfehlenswert direkt mit dem Katalog durch die Ausstellung zu gehen. Denn die Wandtafeln und Schilder geben zwar einige Basisinformationen zu den jeweiligen Exponaten, doch sind diese im ersten Fall sehr knapp, im zweiten bibliographischer Natur, d.h. sie geben Titel, Material, Entstehungsort und –datum, Signatur, Folioangaben etc. an. Schön ist dabei, dass jeweils zusätzlich über die aufgeschlagenen Seiten informiert wird. Über den historischen Kontext und konkreten Entstehungszusammenhang, die Überlieferungsgeschichte und andere Besonderheiten, kurz: „den Sitz im Leben“ der jeweiligen Handschrift, geben nur die Artikel im Katalog fachkundig Auskunft. Durch ein eigenes PC-Symbol wird auch auf bereits digitalisierte Bände hingewiesen.

Dass Schedel nicht ohne sein Monumentalwerk der Weltchronik gezeigt werden kann, ist verständlich, umso schöner ist es, dass eine Woche nach der Eröffnung der Ausstellung in München am 28. und 29. November im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die Jahrestagung der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft zur Erforschung von Renaissance und Humanismus e.V. zum Thema „Hartmann Schedel (1440–1514). Leben und Werk“ stattfand, wobei die Biographie und das Umfeld Schedels im Vordergrund standen. Wie eng die Kooperation und Abstimmung zwischen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Pirckheimer-Gesellschaft war, zeigt nicht nur der Umstand, dass die Kuratorin Dr. Bettina Wagner als Referentin eingeladen war, sondern auch, dass die Vorträge die in der Ausstellung behandelten Themen aufgriffen, vertieften und auch sinnvoll erweiterten. Schedels Bücher bildeten bei vielen Vorträgen selbstredend die Basis der Ausführungen, doch kam hier wieder verstärkt der Mensch hinter den Büchern hervor. Erst wenn also das zugehörige Jahrbuch der Gesellschaft erscheinen wird, wird der Interessierte rundum informiert sein über die bekannteste Büchersammlung an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. März. Es sind zwei Youtube-Videos und eine Bildergalerie verfügbar.

Zitationsempfehlung/Suggested citation: Karoline Döring: Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München), in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 19. Februar 2015, http://mittelalter.hypotheses.org/5303 (ISSN 2197-6120).

  1. Vgl. den Ausstellungskatalog: Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514), hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2014, S. 155

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/5303

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Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München)

Portrait Hartmann Schedels aus BSB, Clm 30

Portrait Hartmann Schedels (Quelle: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 30, f. 2v, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0, bearbeitet)

Im jubiläenreichen Jahr 2014 gesellte sich ein weiterer für die deutschen Humanismusforscher zwar prominenter, von der breiteren Öffentlichkeit jedoch eher wenig gefeierter Jubilar dazu: der Arzt und Sammler Hartmann Schedel (1440–1514). Anlässlich seines 500. Todestags organisierte die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) die Ausstellung „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ in ihrer Schatzkammer in München. Dass die BSB überhaupt in den Besitz dieser außerordentlichen Sammlung, die eine der seltenen geschlossenen deutschen Privatbibliotheken des Spätmittelalters darstellt, gekommen ist, hat sie Melchior Schedel (1516–1571), Hartmanns Enkel und letztem überlebenden Nachfahren, zu verdanken. Wenig an den Büchern seines Großvaters interessiert, überging er dessen ausdrücklichen Willen, dass seine Bücher alle in der Liberey […] beieinander bleiben und den namen der Schedel und [s]einen Kinden und iren nachkommen zu nutz behalten werden sollen1 und verkaufte 1552 die Bibliothek für 500 Gulden an den Augsburger Kaufmann Johann Jakob Fugger (1516–1575). Dieser, in Geldnöte geraten, trat sie wiederum zwei Jahrzehnte später an den bayerischen Herzog Albrecht V. ab, womit Schedels Sammlung trotz einiger Verluste als geschlossener Bestand in die Münchner Hofbibliothek, die Vorgängerinstitution der Bayerischen Staatsbibliothek, integriert werden konnte. Wer Hartmann Schedel heute dort sucht, wird ihn schnell finden, hat er doch in zahlreichen handschriftlichen und gedruckten Codices sein Monogramm HA. S. D.  – Hartmann Schedel doctor – hinterlassen. Von den über 370 Handschriften und 460 Drucken zeigt die Ausstellung eine repräsentative Auswahl von 40 Bänden, darunter fünf Ausgaben der Weltchronik aus dem 15. Jahrhundert und einige Leihgaben, die wichtige Stationen in Schedels Leben und sein ungewöhnlich vielschichtiges Sammelinteresse dokumentieren.

Die Ausstellung ist auf zwei Räume verteilt. In der Schatzkammer stehen Hartmann Schedels Biographie und seine Sammlung im Vordergrund. Schedel steht auch physisch prominent im Zentrum des kleinen Raumes, denn dort ist das Arzneibuch des süditalienischen Arztes Mattheus Silvaticus aus Salerno ausgestellt; weniger wegen des Inhalts als seiner Bedeutung für Schedels Biographie ist es bemerkenswert: Es enthält das bekannte, zeitgenössische Portrait Schedels aus der Zeit seiner ersten Heirat 1475, das nachträglich aus dem Familienbuch Schedels herausgelöst und in den Codex inseriert worden ist. Es zeigt ihn im langen roten Mantel des gelehrten Arztes und mit roter Kopfbedeckung. Wie ein Gravitationszentrum scheint er so die rundherum angeordneten Schaukästen zusammenzuhalten.

Die Ausstellung beginnt mit zwei wichtigen Handschriften aus Schedels Besitz, seinem persönlichen Exemplar der lateinischen Weltchronik, das nicht nur auf Grund seiner prächtigen Ausstattung, sondern auch wegen der zahlreichen Beigaben und handschriftlichen Zusätze des Autors wertvoll ist, und der Abschrift des Familienbuchs für seinen Enkel Melchior (um 1552). Dieser Liber genealogiae et rerum familiarium ist im Original bis auf das bereits genannte Portrait verloren und nur durch zwei frühneuzeitliche Abschriften, die Johann Jakob Fugger nach dem Ankauf der Bibliothek anfertigen ließ, zu rekonstruieren. Beide sind als Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz und aus Privatbesitz im ersten Ausstellungsraum zu sehen. Bereits hier ist die konzeptionelle Klammer zum letzten Exponat der Ausstellung aufgemacht, der Familienchronik und der Autobiographie des Melchior Schedel (um 1570), für die Hartmanns Enkel das Familienbuch als Quelle benutzte. Sie ist als Leihgabe der Landesbibliothek Coburg im zweiten Ausstellungsraum in einem eigenen Schaukasten zu besichtigen.

Im Uhrzeigersinn führen die weiteren Schaukästen durch Schedels Studienzeiten in Leipzig (1456–1463) und Padua (1463–1466). Dazwischen verklammern Wandtafeln mit Basisinformationen die Schaukästen. Ausgewählte Studien- und Fachliteratur zeigen Schedel als vielseitigen Studenten, der bald ein ausgeprägtes Interesse am Humanismus entwickelte und seine Büchersammlung dahingehend auch systematisch erweiterte. Neben medizinischer Fachliteratur ist zum Beispiel auch seine älteste Studienhandschrift (1456–1459) zu sehen, die Einblick in das Grundstudium gibt, das er in Leipzig absolvierte; ein Liederbuch dokumentiert wiederum nicht nur sein Interesse an Musik, sondern stellt auch eine selten überlieferte Quelle des 15. Jahrhunderts dar; mit dem Wechsel nach Padua für das Medizinstudium konnte Schedel auch seinen humanistischen Neigungen besser nachgehen. So erwarb er zahlreiche „Klassiker“ des italienischen Humanismus, zum Beispiel den ausgestellten Druck der Commedia Dantes. Ein kleines Elementarlehrbuch der griechischen Sprache zeigt außerdem, dass er nicht nur Latein beherrschte, sondern sich in Padua auch an einer weiteren, in dieser Zeit kaum mehr verbreiteten Fremdsprache versuchte. Dass er sie mit recht beachtlichem Erfolg gemeistert hat, wird im Liber antiquitatum cum epitaphiis et epigrammatibus deutlich. Darin hatte Schedel zahlreiche Inschriften, darunter auch viele griechische gesammelt. Dieses epigraphische Großwerk ist monumentaler Ausdruck von Schedels lebenslanger, antiquarischer Sammelleidenschaft.

Schön gelungen ist, dass neben Schedel auch andere Familienmitglieder und sogar seine akademischen Lehrer durch die ausgestellten Bücher immer wieder in Erscheinung treten. So geben ein Rechenbuch und ein venezianisch-nürnbergisches Sprachbuch Einblick in die kaufmännische Ausbildung des jüngeren Bruders Johannes, eine Bibelhandschrift führt zu den Grabners, der Familie von Schedels Mutter, schließlich wird Hermann Schedel, Hartmanns Vetter, durch eine vererbte Handschrift des Petrus de Abano sichtbar und etwas später findet man auch seine Söhne in einer astronomisch-astrologischen Handschrift, in die Schedel die Horoskope anlässlich ihrer Geburt eingetragen hat. Seine Professoren und Vorlesungen in Padua hielt Schedel in einer Liste am Ende des repräsentativen Codex Clm 13 fest. Zweien widmete er darin jeweils eine Seite mit Epigramm und den Portraits der Mediziner; über seinen hochverehrten Doktorvater Matteolo Mattioli verfasste er zudem eine sehr persönliche Biographie in der Weltchronik, die nicht nur dessen Fachexpertise, sondern auch seine Gelehrsamkeit in den Sieben Freien Künsten und in der Theologie rühmte. Diese ist allerdings nicht eigens ausgestellt.

Von der medizinischen Praxis Schedels zeugen das ausgestellte Rezeptarium, das ebenso als eine Art Kartei seiner Nördlinger und Amberger Patienten gelesen werden könnte. Für seine Nürnberger Zeit existiert ebenfalls ein Rezeptbuch, in das Schedel außer den ärztlichen Aufzeichnungen ein in mehrere Gruppen geordnetes Inventar seiner Bücher eingetragen hat. Es steht am Ende der Ausstellung und erinnert den Besucher daran, dass es hier um weit mehr als die 40 ausgestellten Bücher geht, nämlich um eine so immense Sammlung, die einen systematischen Katalog erforderlich gemacht hatte, um die benötigte Fachliteratur schnell zu finden.

Während seiner praktischen Tätigkeiten versorgte sich Schedel natürlich weiterhin mit aktueller medizinischer Fachliteratur, beschaffte sich zum Beispiel das erste deutsche Lehrbuch der Chirurgie oder Ausgaben von Hans Folz’ medizinischen Reimpaargedichten. Nebenbei hielt er sich über allerlei Neuerscheinungen in Italien und Deutschland auf dem Laufenden, wie die gedruckten Bücheranzeigen und manche „Bestellliste“ aus seinem Besitz dokumentieren. In diesem Teil der Ausstellung deutet sich schon der Übergang vom handschriftlichen Codex zum gedruckten Buch an, der sich auch in Schedels Bibliothek niedergeschlagen hat und der nun zum zweiten Teil der Ausstellung, der Weltchronik, überleitet.

Nach dem Durchgang durch Schedels Leben ist der Raum vor der Schatzkammer der Weltchronik gewidmet. Thematisiert werden ihre Hauptquellen, aber auch die Nachdrucke und erste Initiativen zur Überarbeitung und Ergänzung der Informationen. Hervorzuhaben sind darunter vielleicht Schedels Hauskalender für die Jahre 1502–1510, in denen er Familiennachrichten und wichtige Ereignisse wie seine eigene Erkrankung oder den Tod des langjährigen Freundes Hieronymus Münzer (1437–1508) eintrug, und ein eigenhändiger Brief des Johannes Trithemius (1462–1516) von 1502, mit dem er eine ausgeliehene Handschrift an Schedel zurücksandte. Dem, dass Schedel nur auf Grund seiner umfangreichen Büchersammlung in so kurzer Zeit die monumentale Weltchronik hat zusammenstellen können, wird man leicht zustimmen, nachdem im Raum vorher diese gelehrte Fachbibliothek vor dem geistigen Auge des Betrachters wiedererstanden ist. Wer weitere visuelle Hilfe braucht, dem bietet sich eine PC-Station, an der man die virtuelle Bibliothek Schedels durchstöbern kann.

Zusammenfassend kann man die Ausstellung durchaus als gelungen bezeichnen. Schon der geringe Platz macht eine Auswahl an Exponaten nötig. Dazu ist eine Ausstellung in einer Bibliothek über Bücher mit dem naheliegenden Problem konfrontiert, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen. Doch ist der Platz gut genutzt, die Auswahl der Exponate sehr treffend und auch der Medieneinsatz sorgt in dem kleinen Rahmen für eine sinnvolle Informationsfülle. In den wenigen, aber sorgfältig ausgewählten und präsentierten Büchern werden pointiert Lebensstationen Schedels gezeigt. Die großen Aufsteller zur Weltchronik geben über das bloße Buch hinaus Einblick in den Produktionsprozess eines spätmittelalterlichen Bestsellers. Beeindruckend für den aufmerksamen Betrachter ist hier sicher die Information, dass die Financiers mit einem Kapital von 1000 Gulden einstanden, während vorher bereits Schedels jährlicher Grundverdienst als Stadtarzt in Nördlingen mit 40 Gulden beziffert wurde. Für den Fachwissenschaftler gibt es außerdem Highlights wie die Familienbücher, die Rezeptbücher, das Handexemplar der Weltchronik, den Liber antiquitatum und natürlich auch die Leihgaben. Wer der Faszination des Originals weiterhin erliegt, den stört es auch nicht, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen.

Zur Ausstellung ist ein sehr schöner Katalog erschienen. Die Konzeption folgt dem Aufbau der Weltchronik. Das erst alter verfolgt den Aufstieg und Niedergang der Nürnberger Familie Schedel, anschließend werden Schedels Studienzeit in Leipzig und Padua, seine Tätigkeit als Stadtarzt in Nördlingen, Amberg und Nürnberg, seine Sammelinteressen und die Bibliothek, die Weltchronik und schließlich, im sibend alter, seine Bücher und ihr Schicksal behandelt. Jeweils ein einführender Aufsatz umreißt knapp und präzise die Lebensstation bzw. den Ausstellungsbereich. Es ist absolut empfehlenswert direkt mit dem Katalog durch die Ausstellung zu gehen. Denn die Wandtafeln und Schilder geben zwar einige Basisinformationen zu den jeweiligen Exponaten, doch sind diese im ersten Fall sehr knapp, im zweiten bibliographischer Natur, d.h. sie geben Titel, Material, Entstehungsort und –datum, Signatur, Folioangaben etc. an. Schön ist dabei, dass jeweils zusätzlich über die aufgeschlagenen Seiten informiert wird. Über den historischen Kontext und konkreten Entstehungszusammenhang, die Überlieferungsgeschichte und andere Besonderheiten, kurz: „den Sitz im Leben“ der jeweiligen Handschrift, geben nur die Artikel im Katalog fachkundig Auskunft. Durch ein eigenes PC-Symbol wird auch auf bereits digitalisierte Bände hingewiesen.

Dass Schedel nicht ohne sein Monumentalwerk der Weltchronik gezeigt werden kann, ist verständlich, umso schöner ist es, dass eine Woche nach der Eröffnung der Ausstellung in München am 28. und 29. November im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die Jahrestagung der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft zur Erforschung von Renaissance und Humanismus e.V. zum Thema „Hartmann Schedel (1440–1514). Leben und Werk“ stattfand, wobei die Biographie und das Umfeld Schedels im Vordergrund standen. Wie eng die Kooperation und Abstimmung zwischen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Pirckheimer-Gesellschaft war, zeigt nicht nur der Umstand, dass die Kuratorin Dr. Bettina Wagner als Referentin eingeladen war, sondern auch, dass die Vorträge die in der Ausstellung behandelten Themen aufgriffen, vertieften und auch sinnvoll erweiterten. Schedels Bücher bildeten bei vielen Vorträgen selbstredend die Basis der Ausführungen, doch kam hier wieder verstärkt der Mensch hinter den Büchern hervor. Erst wenn also das zugehörige Jahrbuch der Gesellschaft erscheinen wird, wird der Interessierte rundum informiert sein über die bekannteste Büchersammlung an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. März. Es sind zwei Youtube-Videos und eine Bildergalerie verfügbar.

Zitationsempfehlung/Suggested citation: Karoline Döring: Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München), in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 19. Februar 2015, http://mittelalter.hypotheses.org/5303 (ISSN 2197-6120).

  1. Vgl. den Ausstellungskatalog: Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514), hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2014, S. 155

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/5303

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Die Dynamik des Polemischen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit (Erfurt, 16. – 18. Mai 2013) – Eine Workshop-Reflexion

 

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(Foto: Karoline Döring)

Als mich Anne Weinbrecht (Universität Erfurt), die zusammen mit Matthias Rekow (Forschungszentrum Gotha) den Workshop “Die Dynamik des Polemischen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit” organisierte, kurz nach Weihnachten eingeladen hatte, kam mir eigentlich sofort ein passendes Vortragsthema in den Sinn: Ich wollte die Gruppe der im 15. Jahrhundert gedruckten Türkentraktate im Spannungsfeld von Wissen, Diskurs und Medien vorstellen. Als Beispiel wählte ich Jörg von Nürnbergs „Geschicht von der Turckey“, einen Text der eine ziemlich interessante Druckgeschichte hat. Die sehr anregenden Diskussionen des Workshops haben mich dazu veranlasst, einige meiner Gedanken zusammenzufassen. Im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis, die konsequentes Anzweifeln aller Ergebnisse zum Prinzip erhoben hat, will ich mein Forschungsthema „Türkenkrieg und Medienwandel im 15. Jahrhundert“1 und auch meinen Vortrag rückblickend auf die von Matthias Rekow zu Beginn des Workshops gestellten sechs Fragen hin abklopfen.

  1. Worin liegt die Dynamik des Polemischen begründet?

Was den Türkendiskurs des 15. Jahrhunderts betrifft, muss die Dynamik wohl in der Beschleunigung2 der Verbreitung anti-türkischer Texte gesucht werden. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts stand mit der neuen Technik des Druckens mit beweglichen Lettern ein neues Medium zur Verfügung, um Texte schneller und in höherer Auflage herstellen und verbreiten zu lassen. Spätestens ab 1480, dem Krisenjahr des europäischen Türkenkriegs, in dem Sultan Mehmed II. den Großmeistersitz der Johanniter auf Rhodos belagerte und die süditalienische Küstenstadt Otranto eroberte, kamen in immer kürzeren Abständen gelehrte und nicht-gelehrte Traktate zu Türken und Islam in Druck. Neben Religionstraktaten und Erfahrungsberichten zeitgenössischer Autoren wurden auch „Klassiker“ der hochmittelalterlichen Wissensliteratur, Kreuzzugshistorien oder ältere Anti-Islam-Traktate für den Druck herausgegeben, oft nachgedruckt und in meist hohen Auflagen verbreitet. Gerade nicht gedruckt – und hier würde ich eine Folge der Dynamik des Polemischen sehen wollen – wurden Texte, die einen anderen Zugang zur Türkenproblematik verfolgten. Die Koranübersetzung des spanischen Kardinals Juan de Segovia, die er zusammen mit einem muslimischen Rechtsgelehrten angefertigt hatte und die heute bis auf das Vorwort verloren ist, setzten genauso wie die “Cribratio Alchoran” und “De pace fidei” des deutschen Kardinals Nikolaus von Kues auf den friedlichen Weg der Konversion. 1482/83 wurde die „Geschicht von der Turckey“ des Jörg von Nürnberg gedruckt. Der Büchsenmeister hatte als Kriegsgefangener das Osmanische Reich bereist und dort Karriere gemacht. Nach seiner Rückkehr beschrieb er die Kriegszüge seines Herrn Mehmeds II. und gab auch Einblick in die Religion der Türken. Seinen späteren Herausgebern war der Text aber offenbar zu neutral formuliert, sodass sie ihn nachgerade zurechtstutzten, mit anderen polemischen Schriften, die ebenfalls im Druck kursierten, gruppierten und ihn für einen dezidiert anti-türkischen Rezeptionshorizont „aufpolierten“.3 Die Druckgeschichte von Jörgs Text zeigt, wie sich im Laufe des 15. Jahrhunderts durch den gezielten Einsatz der neuen Drucktechnik ein Pool an Wissen über die osmanischen Türken herausbildet, auf den Autoren, Drucker, Herausgeber und natürlich auch Leser zurückgreifen konnten. Dass dieser Pool aber nur eine einzige kohärente, antitürkische Geisteshaltung reflektierte, war jedoch nicht die Folge einer Disziplinierung der Wahrnehmung durch das neue Druckmedium, sondern die Folge des zeitgenössischen Türkendiskurses, der das über die Türken Sagbare und damit auch Druckbare regulierte.

  1. Kann Polemik als Katalysator und Antriebsmittel gesellschaftlicher Wandlungsprozesse gelten?

Die Erfindung des Druckens mit beweglichen Lettern hat in Verbindung mit der fast dauerhaften Aktualität der osmanischen Expansion zu einer Ausweitung der bekannten Formen der mittelalterlichen Öffentlichkeit(en) geführt. Die Produktionsphasen von Türkendrucken korrespondierten mit dem Verlauf der osmanischen Expansion: Ein aktueller Vorfall zog meist unmittelbar einen Anstieg der Produktion von Türkendrucken nach sich. Im Vergleich mit der gesamten Drucküberlieferung des 15. Jahrhunderts ergaben sich verschiedene Hochphasen, darunter das Jahr 1480, das nicht nur der Türkenkriegspropaganda einen Schub gab, sondern offenbar auch eine Nachfrage nach mehr Wissen über die Türken bewirkte. Diese wurde durch die verstärkte Produktion von Traktaten und Erfahrungsberichten bedient. In Bezug auf die Antriebskraft von Polemik für gesellschaftliche Wandlungsprozesse würde ich diesen Befund dahingehend interpretieren, dass nach dem Krisenjahr 1480 ein anderes Bedürfnis nach Information und Kommunikation zu den osmanischen Türken einsetzte, das weniger auf „Sensationslust“ und „Türkengräuel“, sondern mehr auf Sachwissen abhob. Denn auch wenn die Traktate nicht unserer heutigen Auffassung von informativer Lektüre entsprechen, versammeln sie doch das damals bekannte Wissen über Türken und Islam. Neben der kriegerischen Option gewann die „wissenschaftliche“ Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich, seinen Bewohnern und vor allem seiner Religion offenbar desto mehr Gewicht, je erfolgloser sich die Kreuzzugspläne gestalteten.

IBZ Erfurt (Foto: Karoline Döring)IBZ Erfurt
(Foto: Karoline Döring)

  1. Welche Rolle spielt Polemik in der Herstellung von Differenz in der Konstruktion von Identitäten und Alteritäten?

Von allen Fragen war diese für mich am leichtesten zu beantworten. Ich habe Konstruktionen von Identität und Alterität vor allem in den sogenannten „Türkenreden“ untersucht.4 Das Vorrücken der osmanischen Türken, das mit der Eroberung von Konstantinopel 1453 einen ersten Höhepunkt erreicht hatte, gab im 15. Jahrhundert vielfach Anlass zum Reden. Sei es bei den großen „Türkenreichstagen“ der Jahre 1454/1455, dem Kongress von Mantua 1459 oder vor den Päpsten in Rom, es gab immer wieder Gelegenheit über – oder besser: gegen – die Türken zu sprechen. Das Reden bei solchen Gelegenheiten war ein integraler Bestandteil des politischen Prozesses. „Rhetorische Blockbildung“ durch Differenzierung und Aus-/Abgrenzung war ein gemeinschaftsstiftender Vorgang, der die Überlegenheit der Christen betonen, und angesichts der prekären außenpolitischen Lage unzerbrechliche Einheit unter ihnen schaffen sollte, um den Türkenkrieg voranzutreiben. „Die Türken w[u]rden zum traumatischen Auslöser und zum Wetzstein ‘europäischer’ Identität“5 Es ist kein Zufall, dass in dieser Zeit Konzepte von Europa als kultureller, religiöser und auch politischer Einheit mit anti-türkischer Polemik zusammengebracht werden. Die ausgedehnte Druckverbreitung und Textrezeption vieler „Türkenreden“ lässt auf einen großen Wirkungskreis schließen. Er geht über die Anwesenden auf dem deutschen Reichstag oder im päpstlichen Konsistorium hinaus. Mit der Drucklegung solcher Reden wird ein, nun nicht mehr physisch präsentes, sondern anonymes, absentes Publikum erreicht, das auf Grund von sozialer Stellung und politischem Rang sonst wohl nicht erfasst worden wäre, das aber nun Teil einer sich vor dem Hintergrund der Türkengefahr neu formierenden Öffentlichkeit wurde.

Stadtführung (Foto: Karoline Döring) Stadtführung
(Foto: Karoline Döring)

  1. Was sind die Erfolgsbedingungen von Polemik? Ist Polemik ohne Reaktion auch gleich erfolglose Polemik?

Voraussetzung für diese Fragen ist zunächst zu klären, wer in meinem Fall überhaupt mit Hilfe von Polemik zu einer Reaktion bewegt werden sollte und was für eine Reaktion respektive was für einen Erfolg die Polemik haben sollte. Erwartet man wie bei religiösen und konfessionellen Kontroversen der Frühen Neuzeit eine Gegenpolemik wird man – es ist fast überflüssig zu sagen – enttäuscht, denn die türkische Gegenseite bleibt im europäischen Druck bis 1500 stumm. Ein Traktatkrieg wie in der Konziliarismusdebatte oder der Reformationszeit wurde nicht ausgefochten. Einzig die sogenannten Sultansbriefe,6 das sind fiktive Briefwechsel zwischen osmanischen Sultanen und europäischen Fürsten und die “Tragedia de Thurcis et Soldano” (1497) des süddeutschen Humanisten Jakob Locher, in der der Sultan als mahnende Figur auftritt, erwecken den Eindruck einer Reaktion. Doch waren solche Texte natürlich nur osmanische Pseudo-Antwort, die entweder dem literarischen Geist eines Humanisten oder der kanzlistischen „Schreibwerkstatt“ entstammten. Ganz zu schweigen von den hochmittelalterlichen Vorlagen, die sie ausschrieben. Polemik provozierte in meinem Fall also nie eine Reaktion der Gegenseite. Zwingend erfolglos war sie deswegen noch nicht, denn das Publikum, das mit der Polemik erreicht werden sollte, war nicht die Gegenseite, sondern vielmehr die eigene Seite. Durch drastische Schilderungen der „Türkengräuel“, negative Stereotypisierungen des Gegners und rhetorisch hochpolierte Argumentationsstrategien, sollten die Fürsten zum gesamteuropäischen Türkenkrieg bewegt werden. Gemessen am Ergebnis – der gesamteuropäische Türkenkrieg blieb bis auf wenige Einzeloperationen im 15. Jahrhundert Postulat – war die anti-türkische Polemik hier aber tatsächlich erfolglos. Über die verschiedenen Kontexte, in denen Polemik auftrat, wäre sicher auch etwas über die Erfolgsbedingungen zu erfahren – sicher die spannendere der beiden Fragen – doch im Moment für mich nicht zu beantworten.

  1. Wer sind die Initiatoren und Akteure polemischer Prozesse? Welche Rolle spielen Gruppierungen und Rezipientenkreise?

Durch Marc Mudraks Vortrag zu einem Familien-Flugschriftenstreit aus der frühen Reformationszeit ist mir einmal mehr klar geworden, dass eine Drucklegung nicht automatisch eine Ausweitung des Streits auf eine Öffentlichkeit nach sich ziehen musste, die den Ball dann aufnahm und sich ebenfalls positionierte. Denn nachdem eine der beiden Streitparteien gestorben war, hattedies den Abbruch der Polemik zur Folge, obwohl der familiennahe Adressatenkreis der Flugschriften durch die Drucklegung bereits ausgeweitet war. Polemik bleibt also stark an den Akteur oder die Akteure gebunden. Dem Türkenthema war jedoch eine dauerhafte Aktualität im 15. Jahrhundert beschieden, dieser Ball wurde also immer wieder von verschiedenster Seite aufgegriffen. Zum einen lag das am Fortschreiten der osmanischen Expansion, die immer wieder eine Beschäftigung und Reaktion vor allem der kirchlichen und weltlichen Hierarchie herausforderte. Zum anderen würde ich hier den Einfluss des Rezipienten sehen. Es bildeten sich „Expertengruppen“, die zu einer kontinuierlichen Textproduktion beitrugen und den Wissenspool beständig auffüllten. Neben den Theologen als traditioneller Deutungsmacht der Türkengefahr nahmen die Humanisten als „neue“ Experten immer wieder Stellung zur osmanischen Expansion. Vereinzelt taten dies auch Augenzeugen, die das Osmanische Reich bereist hatten. Dies sorgte dafür, dass auch unabhängig von der aktuellen politischen Situation die Türkenfrage im Druck spätestens nach 1480 nie an Aktualität verlor.

  1. Stadtführung (Foto: Karoline Döring) Stadtführung
    (Foto: Karoline Döring)

    Kann man von einer Objektivität der gewonnenen Positionen in einem dynamischen Prozess des Polemischen sprechen?

Gegenfrage: Kann eine Position, die zu Polemik greift, überhaupt objektiv sein bzw. es werden? Die Türkenkriegsdiskussion im 15. Jahrhundert wurde jedenfalls politisch, religiös, gesellschaftlich und auch emotional zu einem großen Teil von viel älteren Diskursen (Autorität, Feinbild, Heilsgeschichte, Wissen etc.) bestimmt. Die Gegenseite blieb, wie gesagt, stumm. Eine Dynamik gewinnt die verbliebene Position nun allenfalls durch das Hinzukommen neuer Akteure und neuer Mittel. Die Humanisten brachten den angeblichen Bildungshass und die Legenden von der skythischen, barbarischen Herkunft der osmanischen Türken sowie ein identitätsstiftendes Europa-Konzept als neue Argumentationsstrategien in die Diskussion ein. Verbreitet wurden diese Ideen schließlich durch die neue Drucktechnik, womit wir wieder beim Anfang und bei der Frage wären, worin das Dynamische und Prozesshafte des Polemischen im Türkendiskurs begründet lag: in der Beschleunigung der Verbreitung von Texten.

 

Zum Workshop erscheint in Kürze ein Tagungsbericht von Teresa Baier auf HSozKult, der hier nach Erscheinen verlinkt wird. Das Programm gibt es hier.

1Vgl. meinen Blogbeitrag vom 12. Mai 2013

2Zu den Gesetzen der Medienkommunikation: Ulrich Saxer, Mediengesellschaft: Eine kommunikationssoziologische Perspektive, Wiesbaden 2012.

4Karoline Döring, Rhetorik und Politik im 15. Jahrhundert: die „Türkenreden“ und ihre Verbreitung im Druck, in: Rhetorik in Mittelalter und Renaissance: Konzepte – Praxis – Diversität (Münchner Beiträge zur Geschichtswissenschaft 6), hrsg. von Georg Strack und Julia Knödler, München 2011, 429-453.

6Zu den Sultansbriefen bereite ich eine eigene Studie vor, die die Überlieferung zusammenstellen und diese nach rezeptionsgeschichtlichen Aspekten auswerten wird.

 

 

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1487

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