Ausstellungsrezension: Ritterturnier – Geschichte einer Festkultur im Schaffhauser Allerheiligenmuseum

Für Archivalia habe ich die sehr gelungene Schaffhauser Ausstellung “Ritterturnier – Geschichte einer Festkultur” besprochen, die hier im Blog bereits kurz angekündigt wurde. Ich habe diese zuerst im Rahmen einer Proseminarexkursion mit über 20 Studierenden, dann noch einmal als Individualtourist besucht. Besonders gelungen ist die sorgfältige Auswahl der Ausstellungsstücke und deren Einbindung in ein Gesamtkonzept, das kultur-, sozial- und alltagshistorische Erzählstränge ebenso berücksichtigt, wie die Entwicklung der Turniersachkultur. Dass man einen nachgebauten Turnierhelm auch mal anprobieren kann, hat nicht nur meine Studierenden, sondern auch mich selbst sehr beeindruckt.

Die ganze Ausstellungsbesprechung findet sich bei Archivalia, Ausschnitte seien hier zitiert:

“Man kann darüber streiten, ob die im Begleittext [zu Ausstellung und begleitendem Ritterturnier] gewählten Formulierungen „originalgetreu”, „höchstmögliche Authentizität” oder „lebendig und historisch korrekt” sinnvoll gewählt sind,1 die Ergänzung der Ausstellung durch das Reenactment eines Turniers weisen aber auf einen äußerst gelungenen Aspekt der Schaffhauser Ausstellung hin: die praktische Erfahrbarkeit des Turnierwesens für den Ausstellungsbesucher. So finden sich im Verlauf der Ausstellung zahlreiche Objekte, die von den Besucherinnen und Besuchern angefasst und anprobiert werden können, beispielsweise verschiedene Turnierhelme und fein geplättelte Turnierhandschuhe.

Damit ist ein zentraler Fokus der Ausstellung angesprochen: Die Entwicklung der Turnierrüstung. So beginnt die Ausstellung im ersten Raum mit der Präsentation von Rüstungselementen und Helmen aus der Antike, die eigenen Beständen des Allerheiligenmuseums entnommen sind, um dann – das Frühmittelalter wird weitgehend ausgespart – die Entwicklung von Helmen, Rüstung und Waffen bis in die Frühe Neuzeit in den Blick zu nehmen. Die Objekte sind sorgsam ausgewählt und verfügen fast ausnahmslos über qualitativ hochwertige Beschreibungen – ein großer Pluspunkt der Schaffhauser Ausstellung!

Auf diese Weise kommt die Ausstellung völlig ohne die sonst ubiquitären Audioguides aus. Die einzelnen Objektbeschreibungen werden durch längere – aber nicht zu lange – Texte zu den thematisch konzipierten Räumen der Ausstellung ergänzt. Für Kinder sind in jedem Raum kurze Texte angebracht, in denen Fragen zu den Ausstellungsstücken des Raums formuliert werden. Die thematische Gliederung der Ausstellung in Sinnabschnitte, die zumeist in eigenen Räumen unter Formulierung eines Leitmottos präsentiert werden, gibt der Schaffhauser Ausstellung einen klaren roten Faden. Auf die Entwicklung von Rüstungen und Waffen (besonders interessant: die Helmhaube Erzherzog Sigismunds von Tirol), folgt der anhand des Schaffhauser Turnierberichts von 14362 sowie des Turnierbuchs von René d’Anjou geschilderte Ablauf eines Turniers. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Rolle der Frauen als handelnde Subjekte geschenkt. Zur Illustration des Turnierablaufs wurden Darstellungen aus Handschriften in einer Filmsequenz stark vergrößert.”

[…]

Zum Abschluss des Rundgangs durch 600 Jahre Turniergeschichte, werden die Besucherinnen und Besucher durch einen großen Raum geführt, in dem lebensgroße Rüstungen (Stechzeug Erzherzog Sigmunds von Tirol) ausgestellt, Turnierszenen aus Maximilians Freydal nachgebaut (inklusive eines “Stechsattel im Hohen Zeug” von Anfang des 15. Jahrhunderts) sowie Helme und Handschuhe zum Anprobieren bereitgestellt werden. So wird unter anderem nochmal der Unterschied zwischen Stech- und Rennzeug deutlich zu machen. Der Raum kann somit sinnbildlich für die gesamte Ausstellungskonzeption gelten, die das Turnierwesen auf vielfältige Weise “erfahrbar” machen will. Insofern ist die Schaffhauser Ausstellung eine sinnvolle Umsetzung der oft eingeforderten „Wenden“: material und performative turn.3

“Insgesamt beeindruckt die Schaffhauser Ausstellung nicht nur durch die vielfältig aufgezeigten Perspektiven auf das Turnierwesen, sondern auch aufgrund der gelungenen Darstellung. Sucht man nach Verbesserungsvorschlägen, so ist vor allem die Kontextualisierung im Rahmen der Entwicklung des Adels in Hoch- und Spätmittelalter sowie Früher Neuzeit anzuführen. Insbesondere für interessierte Laien wäre es hilfreich gewesen, begleitend zur ausführlichen Entwicklung des Rüstungswesens zu Beginn der Ausstellung auch die Wandlungsprozesse des Adels und das Aufkommen eines Rittertums seit dem Hochmittelalter vorgestellt zu bekommen.4 Schließlich sind diese für das Entstehen des ritterlichen Turniers zentral. Das Turnier ist eben kein Phänomen des Mittelalters an sich, sondern insbesondere eines des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit. In diesem Sinn wären auch Angaben in den Objektbeschreibungen zu präzisieren, die den generischen Singular „im Mittelalter“ aufweisen (so bsw. auch in der Beschreibung von Sporen des 17. Jahrhunderts), gerade weil diese „statischen“ Beschriftungen mit dem sonst so deutlich in der Ausstellung verankerten Konzept konkurrieren, das darauf abzielt, die Entwicklung und Veränderungen des Turnierwesens aufzuzeigen.

Von dieser Kritik unbeachtet, ist es der Schaffhauser Ausstellung auf beeindruckende Weise gelungen, ein facettenreiches Bild des Turnierwesens in Spätmittelalter und Früher Neuzeit zu entwerfen. Gerade im Vergleich zu sonstigen Großausstellungen der vergangenen Jahre sticht die sinnvoll in eine Gesamtkonzeption der Ausstellung eingebettete Auswahl der Ausstellungsobjekte hervor. Ebenso gut gelungen: Die Konzeption der Ausstellung ist ohne Audioguide erfahrbar, ohne die Besucherinnen und Besucher mit einem Übermaß an Texten zu erschlagen. Die Objekte sind fast durchweg sehr gut beschrieben und schlagen eine gelungene Brücke zwischen der Entwicklung der materiellen Turnierobjekte und der Schilderung des Turnierwesens in kultur- und sozialhistorischer Perspektive. Die Ausstellung wird durch einen Katalog abgerundet, der Essays zur Geschichte und Entwicklung des Turniers aufbietet, (leider nur) die wichtigsten Objekte der Ausstellung vorstellt, sowie zentrale Quellen zu Ablauf und Charakter des Turniers in deutscher Übersetzung versammelt.5

Für den Rest ihrer Laufzeit, bis zum 21. September 2014, ist der vom Direktor des Allerheiligenmuseums, Peter Jezler, kuratierten Schaffhauser Ausstellung großer Zuspruch zu wünschen: Sie ist für Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler, interessierte Laien und Kinder gleichermaßen lehrreich.”

  1. Vgl. meinen Beitrag: Ausstellung und Tagung zu Ritterturnieren in Schaffhausen, in: Mittelalter am Oberrhein, 17. März 2014
  2. Vgl. Karl Stehlin: Ein spanischer Bericht über ein Turnier in Schaffhausen im Jahr 1436, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 14 (1915), S. 145-176, wiederabgedruckt auch im Katalog der Ausstellung: Ritterturnier. Geschichte einer Festkultur, hg. von Peter Jezler, Peter Niederhäuser und Elke Jezler, Luzern 2014, S. 231-235.
  3. Jay Winter, Introduction. The performane of the past. Memory, history, identity, in: Performing the past. Memory, History, and Identity in modern Europe, hg. von Karin Tilmans, Frank van Vree und Jay Winter, Amsterdam 2010, S. 11-31; Jan Keupp/ Romedio Schmitz-Esser, Einführung in die „Neue alte Sachlichkeit“: Ein Plädoyer für eine Realienkunde des Mittelalters in kulturhistorischer Perspektive, in: Blog: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte: http://mittelalter.hypotheses.org/3904 13.06.2014.
  4. Auch der von Peter Jezler verfasste Beitrag “Grundlagen” im Katalog schildert zwar sehr gelungen, die Entwicklung von Rüstungen, Turnierablauf und Turniercharakter, geht aber auf die allgemeinen sozialgeschichtlichen Wandlungsprozesse weniger ein: Vgl. Peter Jetzler, Grundlagen, in: Ritterturnier. Geschichte einer Festkultur, hg. von Peter Jezler, Peter Niederhäuser und Elke Jezler, Luzern 2014, S. 15-23.
  5. Ritterturnier. Geschichte einer Festkultur, hg. von Peter Jezler, Peter Niederhäuser und Elke Jezler, Luzern 2014.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/534

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„Zürcher Erklärung zur digitalen Kunstgeschichte“ veröffentlicht

Wie hier im Blog bereits angekündigt, hat die Tagung „Digitale Kunstgeschichte: Herausforderungen und Perspektiven“ vom 26. und 27. Juni 2014 in acht Workshops fachspezifische Positionen und Forderungen zu drängenden Fragestellungen im Zeichen des digitalen Wandels erarbeitet und als Endergebnis die „Zürcher Erklärung zur digitalen Kunstgeschichte“ veröffentlicht, die den Anliegen der kunstwissenschaftlichen Community Ausdruck gibt.

Weitere Informationen und die Möglichkeit die Erklärung zu unterzeichnen gibt es unter: http://sik-isea.ch/Aktuell/Veranstaltungen/DigitalArtHistory/tabid/359/Default.aspx

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Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3801

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DARIAH-DE – Workshop “Forschungsdaten für Andere”

Lizenzen, so könnte man es positiv formulieren – sollen es ermöglichen Daten(sätze)und Datafakten innerhalb der Grenzen der geltenden Gesetze so öffentlich verfügbar zu machen wie möglich. Demgegenüber stehen die Unsicherheiten und die Unkenntnis darüber, was überhaupt lizensiert werden kann und darf, was die diversen Lizenzen auf dem Markt zu leisten vermögen, wie sich die jeweiligen Lizenzen in welchem Punkt unterscheiden. Auch herrscht meist Unklarheit darüber, wie Schutzkraft von Lizenzen einzuschätzen ist. Was schließen die jeweiligen Lizenz ein und was schließen sie aus? Wo liegen die jeweiligen Stärken und Schwächen, Chancen und Grenzen der Lizenz und wie komme ich überhaupt an diese? Angesichts möglichst freier, überregionaler und langfristiger Zugriffe auf Daten zu gewährleisten, sind gerade Lizenzen ein unumgänglicher Teil im Prozess der globalen Austausches. Allerdings erscheinen Lizenzprozesse und -entscheidungen für viele Wissenschaftler ein kaum zu bewältigendes und überschaubares Minenfeld zu sein. Dies führt teilweise zu falschen Entscheidungen in Bezug auf die Lizenzierung, so dass eine freier, überregionaler und langfristiger Zugang schwierig ist, oder es wird keine Lizenz vergeben, ohne zu bedenken, dass ohne eine explizierte Lizenz die Weiterverwendung stark beschränkt ist.

Durch das enorm gewachsene Interesse am offenen Zugang zu Forschungsdaten bzw. deren Bereitstellung in den historisch arbeitenden Wissenschaften, wird es immer dringlicher eine Regelung für die offene Frage der Urheber- und Verwertungsrechte an Forschungsdaten zu finden, da Forschungsdaten Grundpfeiler wissenschaftlicher Erkenntnis darstellen und Grundlage weiterer Forschung sind.[1] Zudem ergeben sich aus Projekten (wie z.B. WissGrid) und durch die gesteigerten Anforderungen durch Geldgeber immer mehr Notwendigkeiten sich mit dem “Datenmanagement” zu beschäftigen, welches auch die Beschäftigung mit Datenlizenzierung und Entscheidungsprozessen für eine Lizenz mit impliziert.

Diese und andere Problemkonstellationen waren Anlass am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz zusammen mit dem Deutschen Archäologischen Institut in Berlin als Partner in DARIAH-DE am 12./13.06. 2014 ausrichtete. Der Workshop war explizit zur Lizensierung von Forschungsdaten und Datafakten für die historisch arbeitenden Wissenschaften gedacht. In theoretischer und praktischer Perspektive wurden die Lizensierungsmöglichkeiten, die Lizensierungsprozesse und -entscheidung in den Blick genommen und diskutiert.

Am ersten Tag (12.6) wurde mit Experten in Input-Talks auf die Grundlagen der Forschungsdatenlizensierung eingegangen und die Themenkomplexe Urheberrecht, Nutzungsrechte und Datenschutz behandelt. Einzelne Projekte und Einrichtungen stellten ihre Modelle und Lösungen mit Lizenzierungsentscheidungen und -prozessen für den nationalen und internationalen Datenaustausch vor.

Zunächst stellte WIBKE KOLBMANN (Berlin) das Infrastrukturprojekt DARIAH-DE vor und verdeutlichte die Notwendigkeit an und von europäischen Infrastrukturprojekten zur Schaffung von Interoperabilität von Datenbeständen bzw. Datafakten sich stärker als bisher mit Fragen rund um die Lizensierung von Forschungsdaten zu beschäftigen.

JOHANNES PAULMANN (Mainz) als Direktor des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte unterstrich in seinem Grußwort die Dringlichkeit der Fragen nach den sozialen und wissenschaftlichen Regeln für Bereitstellung und Nutzung von Daten. Er verwies dabei auf die Notwendigkeit des freien Zugangs zu Forschungsdaten und Publikationen in Form von Open Access und Open Data. Er verwies dabei auf die eigenen Erfahrungen mit dem Projekt Europäische Geschichte Online und den in diesem Projekt bereitgestellten Metadaten zu Beiträgen und Multimediaelementen. So wies er darauf hin, dass die Beiträge zumeist unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht würden und dadurch potentiellen Nutzern die Bedingungen für die (Weiter-)Nutzung deutlich gemacht würden und müssten.

Der Jurist und Kulturmanager PAUL KLIMPEL (Berlin) gab einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Daten. Er machte nochmals deutlich, dass zunächst wissenschaftliche Daten nicht grundsätzlich einem urheberrechtlichen Schutzbereich angehören und damit diese nicht per se geschützt sind. Vielmehr tritt hier die Notwendigkeit von Lizenzen und Lizensierungsprozessen zutage, denn in juristischer Hinsicht sind Lizenzen rechtsverbindliche Verträge, die den Gebrauch und Nutzung von Daten(-beständen) eindeutig regeln. So machte Klimpel auch darauf aufmerksam, dass der Lizenzhinweis ein wichtiges Element darstelle, insbesondere dann, wenn dieser maschinenlesbar ist (z.B. als RDF), da dieser dann als rechtlich Metadatum gelten könne.

Die Leiterin des Arbeitspaketes “Standards und Richtlinien” im Projekt APEx (ArchivPortal Europa Exzellenznetzwerk) am Bundesarchiv SUSANNE WAIDMANN (Berlin) vertiefte den Aspekt zur Angabe des Lizenzhinweises anhand von archivischen Daten im Kontext des Archivportals Europa und dem Europeana-Projekt. Sie erläuterte anhand der Aufarbeitung der archivischen Daten in XML-Dateien das Format EAD (Encoded Archival Description) und die anschließende Konvertierung in das Europeana Daten Modell (EDM), wobei in diesem Schritt die Rechteinformationen mit in die Dateien eingebaut würden. Auch in Bezug auf die Metadaten kann METS (Metadata Encoding and Transmission Standard) als Containersystem für digitale Objekte und deren Präsentation in Kombination mit METSRights eine Einbindung von Rechteinformationen über digitale Objekte erreicht werden. Allerdings gäbe es keine Einigkeit über die Nutzung von Lizenzen (so z.B. bei Europeana CC) bei Erschließungsangaben bzw. Informationen, was allerdings teils auch an den nationalen Gesetzgebungen, so dass auf CC-By-Lizenzen zurückzugreifen wäre, wie es auch das Bundesarchiv mit CC BY-NC-SA mache. Es könne aber keinen generellen Aussagen darüber gemacht werden, wann und wie Lizenzen genutzt werden, sondern hänge immer noch stark vom jeweiligen Einzelfall ab, was ein zeit- und kostenintensives Unternehmen ist. Es müsse von daher ein valider Workflow entwickelt werden, der Arbeitsaufwand und Nutzen in ein rechtes Verhältnis setze.

ALINE DEICKE und ANNA NEOVESKY (Mainz) von der Digitalen Akademie verdeutlichten in ihrem Vortrag zu OpenAccess im Akademienprogramm zunächst die Rahmenbedingungen von OpenAccess und Lizensierungen unter der spezifischen Perspektive der Akademieprogramme. Sie berichteten aus den aktuellen Projekten im Umgang mit dem Einsatz von Lizenzen und stellten sowohl grundlegende Gedanken an und brachten diese in Zusammenhang mit gewonnenen Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag. Sie machten darauf aufmerksam, dass es keinen Automatismus zwischen der Online-Verfügbarkeit und OpenAccess gäbe, insbesondere wenn die zur Verfügung gestellten Daten unter keine Lizenz gestellt wurden, da die Unklarheit der rechtlichen Lage zur Nicht-Nutzung führen würden. In den Projekten in den Akademieprogrammen würden sich Tendenzen zu CC-Lizenzen in der Form von CC-BY-SA abzeichnen, aber die Entscheidung über Lizenzen würde immer wieder an die Erfordernisse  des Projektes abgestimmt. Einige Projekte haben für eine Entscheidung die General Public License genutzt, um zu einem Ergebnis zu kommen. Für Deicke/Neovesky sei es allerdings offen, wie es mit Lizenzen, Entscheidungen und Prozessen angesichts von kollaborativen Projekten umgegangen werden müsse und wie die Lizensierung sich auch auf die Möglichkeiten der Langzeitarchivierungsstrategien auswirken würden.

MICHAEL KAISER (Bonn) von der Max-Weber-Stiftung in seinem Beitrag “Wissen, Bewusstsein, Praktikabilität” auf die rechtlichen Implikationen des digitalen Publizierens hin. Er zeigte dies an dem von ihm betreuten Projekt perspectivia.net und betonte, dass im Durchlaufen der Phasen von der Konzeptionierung bis zum Alltagsbetrieb die lizenzrechtliche Klärung immer ein wichtiges Element darstelle. Auch die Rollenverteilung zwischen den beteiligten Akteuren auf jeder Ebenen in allen Phasen der Konzeption und Durchführung von “digitalen” bzw. hybriden Projekten spiele eine wichtige Rolle. Er konstatierte, dass die Akzeptanz von und das Bewusstsein für Lizenzen auf allen Ebenen und Dimensionen der Projektphasen noch steigerungsbedürftig seien, wobei oft der Aspekt des Designs der Lizenzierung allzu oft in den Hintergrund gerät und das Spektrum der angebotenen Lizenzen bei weitem nicht genutzt wird. Er machte am Schluss seiner Ausführung darauf aufmerksam, dass auch die Internationalisierung von Lizenzen bisher noch unzureichend bedacht und umgesetzt ist, so dass sich Probleme bei dem Umgang mit der Mehrsprachigkeit und den Konflikt mit ausländischen Rechtsnormen noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt würde, wenngleich dies nicht zu einem Alarmismus führen sollte.

Am zweiten Tag (13.6) wurden verschiedene Tools zur Lizenzentscheidung und -erstellung vorgestellt.

THOMAS KOLLATZ (Essen) stellte die Creative Commons Lizenzen mit Chancen und Grenzen vor und deren Lizensierungsportal Choose a license vor. Er zeigte auf, wie die CC-Lizenzen in verschiedenen Datenformaten Verwendung finden können (z.B. TEI, (x)html, EDM XML).

NIKO BEER (Paderborn) stellte das Licensing decision tool als Teil des OER IPR Support Project vor. In diesem Projekt werden umfangreiche Informations- und Hilfsmaterialien, sowie Werkzeuge zur Verfügung gestellt und verschiedenste Wege der Offenheit der Daten und ihrer Lizensierung mit bedacht werden kann.

WIBKE KOLBMANN (Berlin) stellte wiederum den Public Domain Calculator des Projektes Europeana Connect vor. Dieser entstand im Zuge der Suche nach einem Europeana Licensing Framework und soll die Klärung der Rechtslage und Empfehlung für Datenanbieter im Hinblick auf die Lizenzierung ihrer Daten für Europeana fördern. Er ist ein Instrument zur Bestimmung, ob Schutzfristen für ein Werk ausgelaufen sind, ob andersweitige Fakten vorliegen oder ob es sich um ein neu entstandenes Werk handelt, welches freiwillig als gemeinfrei veröffentlich werden kann. Allerdings wies Kolbmann in ihren Ausführungen nochmals darauf hin, dass der Anwendungsbereich des Tools durch die Auswahl der Medienformate eingeschränkt und zudem nicht für die Evaluierung von Metadaten geeignet sei.

Abschließend testeten die Teilnehmer an eigenen Rechnern die vorgestellten Tools, die sie bei der Lizenzentscheidung und -erstellung unterstützen können anhand ihrer eigenen Daten. Jeweilige Anwendungsfragen konnten direkt mit den jeweiligen BeraterInnen von DARIAH-DE diskutiert und gelöst werden.

In der Abschlussdiskussion wurde nochmals deutlich, dass es einen enormen Bedarf an Aufklärungs- und Beratungsarbeit in Bezug auf die Entscheidungsprozesse für oder wider eine Lizenzart gibt. Es war allgemeiner Konsens, dass es eine zentrale Stelle geben sollte, um sich bei Fragen der Lizensierung von Daten und Datafakten in den historisch arbeitenden Wissenschaften beraten zu lassen. Grundsätzlich wurde aber die Notwendigkeit für die Verwendung und den Nutzen der Lizenzierung von Forschungsdaten nicht mehr in Frage gestellt, was wiederum auch ein wichtiges Ergebnis des Workshops darstellt.

Workshopübersicht

Begrüßung Johannes Paulmann (Mainz)

Einführung Wibke Kolbmann (Berlin), Lizenzen als Thema von Infrastrukturprojekten – DARIAH-DE

Theorie und Praxis – Perspektiven und Herausforderungen der Datenlizenzierung

Paul Klimpel (Berlin), Rechtliche Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Daten – Ein Überblick

Susanne Waidmann (Berlin), Rechteangaben rund um archivische Daten im Archivportal Europa und Europeana

Aline Deicke / Anna Neovesky (Mainz), OpenAccess im Akademienprogramm – Anwendung und Herausforderungen

Michael Kaiser (Bonn), Wissen, Bewusstsein, Praktikabilität – rechtliche Implikationen des digitalen Publizierens

Methoden und Tools ? Praktische Perspektiven der Datenlizenzierung

Thomas Kollatz (Essen), creative commons 4.0

Niko Beer (Paderborn), OER Licensing Decision Tool

Wibke Kolbmann (Berlin), Public Domain Calculator

Fragen und Perspektiven

Hands-on-Session mit den vorgestellten Tools anhand von eigenen Daten und Datafakten und anschließender Diskussion mit Teilnehmern und Veranstaltern.

[1] So die Wissenschaftsallianz in ihren Grundsätzen zum Umgang mit Forschungsdaten. Die DFG sieht hierin auch die Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3773

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DAI- und IANUS-Sektion „Wohin mit meinen Daten?“ am 08.10.2014 in Berlin

Das endgültige Programm für die vom Deutschen Archäologischen Institut und IANUS gemeinsam durchgeführte Sektion „Wohin mit meinen Daten? Zum langfristigen Umgang mit Forschungsdaten in den Altertumswissenschaften“ auf dem 8. Deutschen Archäologiekongress in Berlin steht nun fest. Programm und weitere Informationen finden Sie veröffentlicht unter: http://www.ianus-fdz.de/wohin-mit-meinen-daten

Die Sektion wird am Mittwoch, den 8. Oktober 2014 ab 9 Uhr im Henry-Ford-Bau Hörsaal C stattfinden.

Im ersten Teil werden geladene Sprecher vom Data Archiving and Networked Services (DANS), Archaeology Data Service (ADS), Journal of Open Archaeology Data, OpenContext und PANGAEA – Data Publisher for Earth & Environmental Science Lösungen und Erfolgsbeispiele zu Archivierung, Bereitstellung und Nachnutzung von Forschungsdaten vorstellen. In zweiten Teil am Nachmittag werden Ansätze, Anforderungen und Angebote im deutschsprachigen Raum vorgestellt und diskutiert.

Die Anmeldung zum Kongress erfolgt über die Homepage des Mittel- und Ostdeutschen Verbands für Altertumsforschung e.V. (MOVA), der bis zum 31.07.2014 einen Frühbucherpreis anbietet.

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Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3767

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CfP: EVA Berlin 2014

von Susanne Hauer, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.

Bereits zum 21. Mal wird vom 5. – 7. November 2014 die EVA Berlin Konferenz zum Thema „Elektronische Medien & Kunst, Kultur und Historie“ im Kunstgewerbemuseum Berlin am Kulturforum Potsdamer Platz (Matthäikirchplatz 8, 10785 Berlin) stattfinden.

Im Rahmen der Vorbereitung laden die Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD Interessierte ein, sich aktiv zu beteiligen.

Beiträge können zu folgenden Schwerpunkten und Themen eingereicht werden (s. Flyer für weitere Informationen):

  • 3D-Scanning: Dokumentation und Präsentation
  • Sound und Video: digitale Reproduktionstechniken
  • Big Data: Innovation und Kontrolle
  • Online-Portale: Attraktivität, Resonanz, Portfolio Management
  • Semantic Web: Open Linked Data
  • Partizipation, Social Web und Shareconomy
  • Augmented Reality: Museum als Schau- und Hörraum
  • Europeana und Deutsche Digitale Bibliothek

Weiterführende Informationen zu der Konferenz und dem Call for Papers können Sie dem Flyer und der EVA Berlin Webseite entnehmen.

Die EVA Konferenz bietet zu diesen aktuellen Themen ein praxisnahes Diskussionsforum. Sie fordert den Austausch der Gedächtnisinstitutionen mit Technologieanbietern, Informationswissenschaftlern und öffentlichen Verwaltungen. Es werden innovative Beitrage für die Konferenz und Vorschläge für anwendungsorientierte Workshops erwartet. Konkrete Verfahren, Techniken, Projekte und Produkte können zeitgleich zur Konferenz ausgestellt werden.

Termine:
14.07.2014      Einreichen von Beiträgen
11.08.2014      Mitteilung über die Annahme von Beiträgen
03.10.2014      Eingang der Manuskripte für den Konferenzband

Beiträge bitten wir elektronisch über die Webseite oder unter folgendem Kontakt einzureichen:

Constanze Fuhrmann
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD
Fraunhoferstr. 5
64283 Darmstadt, Germany
T + 49 6151 155-620
F + 49 6151 155-139
constanze.fuhrmann@igd.fraunhofer.de
www.igd.fraunhofer.de

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3762

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Call for Papers: 5. Digitale Bibliothek, Graz (A), 23 – 24 Februar 2015

Unser digitales Gedächtnis – Langzeitarchivierung von kulturellem und wissenschaftlichem Erbe

Die Themen der Konferenz „Unser digitales Gedächtnis sind:digbib-logo-2015-textv03-15

Forschungsdaten

  • Typen von Forschungsdaten
  • Erfordernisse bei der Archivierung von Forschungsdaten
  • Visualisierung von Forschungsdaten

Best-Practice Projekte

  • Beispielhafte Projekte und Kooperationen
  • Public Private Partnership-Modelle
  • Rechtliche Aspekte

Datenzentren und Infrastruktur

  • Digitalisierungs- und Langzeitarchivierungsservices
  • Netzwerk- und Speichersysteme
  • Big Data und Cultural Analytics

 

Wir freuen uns über Beiträge, die sich mit den theoretischen Grundlagen oder praktischen Lösungen für diese Themenbereiche aus der Perspektive von Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen auseinandersetzen.

Alle fristgerecht eingereichten Beiträge werden vom Programmkomitee begutachtet. Beiträge und ihre Inhalte werden vertraulich behandelt; angenommene Beiträge bis zur Bekanntgabe der Annahme gegenüber dem Autor/der Autorin.

Einsendeschluss für Beiträge (nur Kurzfassungen, max. 800 Wörter):

30. September 2014

Bitte geben Sie bei Ihrer Einsendung bekannt, ob Sie Ihren Beitrag als Vortrag (20 min) oder Poster (5 min Vorstellung im Plenum + Ausstellung) gestalten wollen.

Benachrichtigung der Autor/inn/en über Annahme/Ablehnung eingereichter Beiträge:

31. Oktober 2014

Tagungssprache ist Deutsch. Beiträge sind aber auch in englischer Sprache möglich.

Senden Sie Ihre Kurzfassungen bitte an Frau Mag. Gerda Koch.

Veranstalter:

Universität Graz, Zentrum für Informationsmodellierung, Austrian Centre for Digital Humanities
EuropeanaLocal Austria, AIT Forschungsgesellschaft mbH

link

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3744

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Resilienz und die Kommunikation mit Maschinen

Kommunikation mit Maschinen – so hieß die Tagung des neuen Human Dynamics Centre der Universität Würzburg. Hier lud die Philosophische Fakultät II vom 26. bis 28. Juni Philosophen, Soziologen, Psychologen und Ingenieure ein, um interdisziplinär über das Thema zu diskutieren.

Aus Sicht des Forschungsverbunds liegt es nahe, die einzelnen Beiträge daraufhin zu untersuchen, welche Rolle die Resilienz darin spielt. Dabei stellen wir uns zwei Fragen: Welche Systeme werden als resilient dargestellt? Was erzeugt diese Resilienz?

Der Beitrag “Zeigen als Technik – Bilder als Werkzeug” von Lambert Wiesing (Bildtheorie und Phänomenologie, Uni Jena) bildete den Auftakt der Tagung am Donnerstag Abend. Als eine erstaunlich resiliente Zeigetechnik erweist sich die Zentralperspektive, die über verschiedene Kulturen hinweg das dominante Darstellungsmittel geworden ist (im Gegensatz z.B. zur Bedeutungsperspektive). Der allergrösste Teil der von uns verwendeten Bilder ist in Zentralperspektive dargestellt (abgesehen von Kinderzeichnungen). Die Zentralperspektive ist keiner Beeinflussung von Weltanschauung, Religion oder Genderzugehörigkeit verdächtig. Was macht sie so erstaunlich resilient? Eine These ist, das die Verbreitung der Fotografie, einer Technik die es einfach macht, Bilder in Zentralperspektive zu erstellen, zu einer Dominanz der Zentralperspektive beigetragen haben könnte. Lambert Wiesing schlägt alternativ vor, dass die Zentralperspektive zwar vereinfachen und Details weglassen kann, aber dabei nichts darstellt was nicht richtig wäre.

Nach einem 1:0 für Deutschland im Spiel gegen die USA und einem zünftigem fränkischen Essen startete am nächsten Morgen Nicole Krämer (Sozialpsychologie, Uni Duisburg) mit ihrem Beitrag “Falsche Freunde? – Sozial-emotionale Wirkungen der Interaktion mit Maschinen”. Sie berichtete über die aus Ihrer Sicht erstaunliche Resilienz des sozialen Verhaltens von Menschen, die selbst auf computergesteuerte Avatare so reagieren, als wären sie soziale Wesen. So ist die Sprechangst vor einem ablehnend reagierenden virtuellen Publikum aus Avataren größer als vor einem freundlich gestimmten. Wir wählen andere Filme aus, wenn diese von einem virtuellen Agenten empfohlen werden, als wenn wir sie einfach aus einer Liste auswählen. Je häufiger ein Avatar lächelt, desto häufiger lächeln wir. Wenn ein Roboter gequält wird, leiden wir mit. Und da nützt es gar nichts, dass wir wissen, dass wir es in all diesen Fällen nicht mit sozialen Wesen sondern mit vorprogrammierten Maschinen zu tun haben – wir verhalten uns trotzdem so. Was macht unser Sozialverhalten so resilient und damit manipulierbar für Maschinen? Die Antwort könnte darin liegen, dass das Sozialverhalten sich im Laufe der Evolution entwickelt hat und damals eben noch keine Computer und künstliche Personen vorhanden waren. Aber ist das nicht zu einfach? Auch gegenüber Plüschtieren und Puppen zeigen wir uns emphatisch. Wieviel Realismus und Ähnlichkeit ist nötig? Nicht viel meint das Publikum, denn bereits Heider und Simmel (1944) konnten in ihren Studien zeigen, dass sogar Dreiecke und Kreise die sich bewegen von uns als mit sozialen Intentionen ausgestattete Individuen wahrgenommen werden.

Stephan Schwan (Leibniz-Institut für Wissensmedien, Tübingen) schließt an mit einer Betrachtung von “Digitalen Schnittstellen des Denkens und Lernens”. Sein Vortrag verweist darauf, dass das Externalisieren unserer Kognitionen unser Denken und Lernen resistenter machen kann. Klassisch geschieht das zum Beispiel mit Hilfe von Vorlesungsmitschriften oder Spickzetteln (wobei bei normalen Prüfungen die ersteren den letzteren überlegen sind). Computer können uns stupide oder hochkomplexe Rechenoperationen abnehmen und Daten grafisch darstellen. Damit befreien sie unser Denken für kreatives Problemlösen. Jedoch heißt eine Aufgabe zu vereinfachen nicht immer auch, sie leichter erlernbar zu machen. Ein gewisses Schwierigkeitsniveau ist nötig, sonst bleibt nichts im Gedächtnis hängen. Wie und wofür die Maschinen eingesetzt werden bestimmt also, ob unser Denken und Lernen mit ihnen resilienter wird.

Kurz vor der Mittagspause spricht Elena Esposito (Soziologie, Universität Modena und Reggio Emilia) über “Interaktion mit Algorithmen”. Sie erinnert uns daran, dass bereits ein Viertel aller Twitternachrichten und vier Fünftel der Bewegungen an Aktienmärkten von Algorithmen verursacht werden. Dies wirft die Frage nach der Resilienz unserer Kommunikation auf. Können wir überhaupt noch von Kommunikation reden, wenn wir mit Algorithmen interagieren? Denn Algorithmen denken nicht selbst. Sie bedienen sich parasitär der menschlichen Intelligenz indem sie unsere Aussagen nur noch nach Häufigkeiten sortieren und Verknüpfungen zwischen ihnen  aufbauen (vgl. Googles Page Rank). Die wahre Semantik muss immer noch von uns kommen. Also Entwarnung? Oder werden wir uns doch verändern?

Den ersten Beitrag am Nachmittag liefert Werner Rammert (Techniksoziologie und – philosophie, TU Berlin) zu “Interaktionen mit technischen Dingen und Daten”. Er erinnert daran, dass unser Eindruck von Autonomie im Alltag, und insbesondere bei der Nutzung von Technik, eine sehr resiliente Illusion ist. In einem Mensch-Machine-System sind beide Partner weitaus mehr aufeinander angewiesen, als es zunächst den Anschein hat. Genauso illusionär wäre es anzunehmen, dass auch eine Maschine völlige Autonomie haben kann (z.B. ein Autopilot im Flugzeug). Warum die Autonomie-Illusion dennoch so resilient ist, liegt daran, dass sie Verantwortungszuschreibungen ermöglicht. Wir halten daran fest, nicht nur weil es nützlich für die juristische Praxis ist, sondern auch um die anthropologische Differenz zu anderen Lebensformen zu erhalten und um Spielräume für kreatives Handeln zu ermöglichen.

Der letzte Vortag des Tages gehörte Andrea Kübler und Elisa Holz (Interventionspsychologie, Uni Würzburg), die über “Gehirn-Computer Schnittstellen” zur Verbesserung der Lebensqualität gelähmter Menschen referierten. Bei einer fortschreitenden Erkrankung wie der Amyothrophen Lateralsclerose (ALS), die für die Patienten zu schwersten Lähmungen führt und im Locked-In Syndrom endet, stellt sich die Frage, wie die Lebensqualität dieser Patienten aufrechterhalten lässt. Am Beispiel von zwei schwerst gelähmten Künstlern wurde gezeigt, wie Algorithmen, die Hirnstromsignale in die Steuerung eines Malprogramms übersetzen, den Künstlern ermöglichten selbst wieder Kunstwerke herzustellen und diese sogar auf Ausstellungen zu verkaufen. Die Auswirkungen auf Selbstwert, Lebensqualität und Teilhabe am Leben zeigten sich deutlich positiv. Der Vortrag lieferte ein besonderes Beispiel dafür wie es moderne Technik erlaubt, selbst unter extremen Bedingungen eine erhöhte Resilienz zu zeigen.

Der erste Vortrag am Samstag wurde von Lena Pint (Philosophie, Uni Würzburg) gehalten. Aus ihrem Vortrag zu “Körper und Leiblichkeit im digitalen Raum” nimmt man mit, dass trotz aller Verarmung der Interaktionen im Internet ein resilientes Bestreben vorhanden ist, den Körper wieder zu zeigen, sei es als Smiley-Icon in E-Mail Nachrichten, Selfie-Bildern auf sozialen Webseiten oder selbst gestalteten Avataren in Online-Games. Ähnlich wie in Nicole Krämers Vortrag zeigt sich, dass bisherige Kommunikationspraktiken sich auch in der ästhetisch reduzierten Kommunikation mit und durch Maschinen sehr resilient fortwirken können.

Die Tagung wurde beschlossen von einem Vortrag von Rüdiger Rupp (Neurorehabilitation, Universitätsklinikum Heidelberg). In seinem Vortrag “Lokomotionsrobotik in der Neurorehabilitation” ging es darum, wie querschnittsgelähmte Menschen durch den Einsatz von Robotertechnik wieder das Laufen erlernen können. Resilienz entsteht durch die Maschinen nicht nur individuell, sondern auch gesellschaftlich, wenn sie auf die Resilienz von Rehabilitationseinrichtungen wirken, deren Mangel an Physiotherapeuten in der Zukunft verschärfen wird.

Auch wenn es die Vortragenden nicht explizit benannt haben – das Konzept der Resilienz spielte in jedem Vortrag eine Rolle. Liegt es am Thema “Kommunikation mit Maschinen”, das zu Resilienzbezügen auffordert oder ist Resilienz ein allgegenwärtiges Phänomen? Evolutionspsychologen würden behaupten, dass Resilienz der Selbsterhaltung dient und deswegen eine zentrale Fähigkeit lebender Systeme beschreibt. Aus den Vorträgen von Rupp, Kübler/Holz und Schwan lernen wir, dass Technik auf verschiedenartige Weise zu unserer Resilienz beitragen kann. Beim Eintreten in solche Mensch-Maschine-Systeme sollte uns jedoch bewusst sein, dass, obwohl es nötig sein könnte anders zu kommunizieren (Esposito), unsere kommunikative Grundausstattung uns daran hindern könnte zu erkennen, dass wir von Maschinen manipuliert werden. Verschiedene Resilienz-Mechanismen, die uns zunächst die Kommunikation mit Maschinen erleichtern, wurden angesprochen: die Illusion von Autonomie (Rammert), Körperlichkeit (Pint) und unser soziales Verhalten (Krämer). Schließlich zeigt Wiesings Beitrag, dass es sich auch lohnt zu untersuchen, wie Technik(en) selbst resilient gegenüber gesellschaftlichem Wandel werden können.

(Gerhild Nieding und Jörn Hurtienne gehörten zum Organisationsteam der Tagung)

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/184

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Workshop Offene Kulturdaten beim Open Knowledge Festival

Von Helene Hahn, Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.

Die weltweite Open Knowledge Community trifft sich dieses Jahr beim Open Knowledge Festivals vom 15-17. Juli 2014 in der Kulturbrauerei, Berlin! Diskutiert mit uns zu Themen rund um Transparenz, Beteiligung und offenes Wissen.

Diesen Termin sollte man sich merken:

Am 15. Juli von 09.30-13.00 Uhr findet in Kooperation mit der OpenGLAM Initiative, dem DM2E Projekt, der Open Knowledge Foundation Deutschland und Wikimedia Deutschland ein Workshop zu offenen Kulturdaten statt.

Während des Workshops stellen sich verschiedene Projekte aus Deutschland vor, die bereits mit offenen Kulturdaten arbeiten wie Wikidata, die Deutsche Digitale Bibliothek und Coding da Vinci, der Kultur-Hackathon. Gemeinsam mit internationalen OpenGLAM-Aktiven und Kulturinstitutionen diskutieren wir über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Öffnung von Kulturdaten und darüber, wie man diese Hindernisse überwinden kann.

Angelehnt an erfolgreiche OpenGLAM-Initiativen aus der Schweiz und aus Finnland, die über ihre Erfahrungen bei der Datenöffnung im Kulturbereich berichten werden, wollen wir gemeinsam mit Euch eine OpenGLAM-Arbeitsgruppe in Deutschland gründen.

Alle Interessierten, bereits Aktive und Vertreter von Kulturinstitutionen sind herzlich eingeladen, den Workshop und die OpenGLAM-Arbeitsgruppe mitzugestalten.

Die Teilnahme ist kostenlos. Wir bitten um eine vorherige Registrierung.
Veranstaltungsort: Wikimedia Deutschland, Tempelhofer Ufer 23-24, 10963 Berlin
Weitere Infos: http://okfn.de/openglam/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3741

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Kleine Kabinettausstellung: „Das Verbrechen von Sarajevo“ – Öffentliche Wahrnehmungen des Attentats auf Erzherzog Franz Ferdinand am 28.6.1914

1. Juli bis 30. Oktober 2014

In der Reihe „kOSTproben

Plakat kOSTprobe Sarajevo

 

Wie „das Verbrechen von Sarajevo“ (Reichspost, Wien, 29.6.1914) in den Tagen des Attentats und in den darauf folgenden Wochen wahrgenommen wurde und in welcher Weise sich der kommende Krieg für die europäischen Öffentlichkeiten abzuzeichnen begann, lässt sich anhand von Zeitungen sowie anderen Druckerzeugnissen unterschiedlicher politischer und geografischer Provenienz gut erkennen.

 

 

Die Bayerische Staatsbibliothek bietet hierfür auf der Basis einer der größten zeitgenössischen Weltkriegssammlungen im deutschen Raum einen reichhaltigen Fundus, aus dem sich die vorliegende kleine Kabinettausstellung der Osteuropaabteilung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (Regensburg) speist.

Ort:

Bayerische Staatsbibliothek, Eingangsbereich des Ostlesesaals (3. OG)

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag  9 – 17 Uhr
August  9 – 12.30 Uhr
An Feiertagen geschlossen

Eintritt frei

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Welch weltweite dramatische Folgen die Ermordung des habsburgischen Erzherzogs und Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gattin Sophie Chotek nach sich ziehen sollte, ahnte im Frühsommer des Jahres 1914 kaum jemand. Allerdings rechneten zeitgenössische Beobachter doch mit gravierenden Konsequenzen. Der bayerische Gesandte etwa schrieb am 30. Juni aus Wien, dass sich nun schwerwiegende Fehler in der Außen- und Innenpolitik rächen würden; die Weiterentwicklung der Zustände im Innern der österreichisch-ungarischen Monarchie bezeichnete er gar als unberechenbar.

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Die Schüsse von Sarajevo setzten bekanntlich eine folgenschwere Kettenreaktion in Gang, die im Blutbad des Ersten Weltkrieges, der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ endete. Damit läutete das in Sarajevo verübte Attentat vom 28. Juni 1914 eine Zeitenwende ein, in deren Folge es zur Auflösung dreier multinationaler Imperien – Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich, Zarenreich – und zum Ende der Herrschaft vier traditionsreicher Dynastien (Habsburger, Hohenzoller, Osmanen, Romanovs) kam. Dies konnten die Zeitgenossen in den ersten Stunden und Tagen nach den Schüssen nicht ahnen, wiewohl die aufkommende Julikrise das vorhandene Konfliktpotential aufgrund der divergierenden geopolitischen Vorstellungen der Großmächte offen legte. Nach und nach wurde ein großer europäischer Krieg als Folge der Zuspitzung des Konflikts zwischen Österreich-Ungarn und Serbien von immer mehr Akteuren und Beobachtern als reale Möglichkeit erachtet.

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In dieser spannungsreichen Phase nahm die internationale Presse das Attentat von Sarajevo und dessen mögliche Bedeutung für die weitere Gesamtentwicklung in Europa ganz unterschiedlich wahr. Dabei spielte das Massenmedium Zeitung selbst in der politischen Agitation eine wichtige Rolle. Die Verlautbarungen waren sowohl ein Indikator für die öffentliche Meinung als auch für offiziöse wie offizielle Anschauungen und Intentionen. Gleichzeitig waren die Presseorgane gefordert, komplexe Sachverhalte und Bündnissysteme der Leserschaft verständlich zu machen. Dabei bedienten sie sich zusehends einfach gestrickter Freund-Feind-Schemata und griffen mit der eskalierenden Julikrise verstärkt auf bereits bestehende Stereotype und Feindbilder zurück. Ein prägnantes Beispiel hierfür sind die von Teilen der deutschen Presse befeuerten Ängste bezüglich einer „slawischen Gefahr“ aus dem Osten, gegen die man in einer um sich greifenden Propagandaschlacht zu Felde zog.

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In der Kabinettausstellung sind 15 Titelseiten von europäischen Zeitungen zwischen dem Attentat von Sarajevo und der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien zu sehen. In zwei Vitrinen sind zudem folgende Stücke ausgestellt.

 

Quelle: http://ostbib.hypotheses.org/435

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Von Daten zu Erkenntnissen: Digitale Geisteswissenschaften als Mittler zwischen Information und Interpretation

Vom 23.-27.2.2015 findet die zweite Jahrestagung des Verbandes der “Digital Humanities im deutsprachigen Raum” organisiert durch das Zentrum für Informationsmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities an der Universität Graz statt.

In Workshops, Vorträgen, Panels und Diskussionen soll dabei den zentralen Fragen nachgegangen werden,

(a) welcher Mehrwert sich für Erkenntnisprozesse in den Geisteswissenschaften durch den Einsatz von digitalen Methoden in der Forschung ergibt,

(b) welche Bedeutung Daten in der Generierung von Wissen in den Geisteswissenschaften in der Zukunft spielen werden und

(c) welche disziplinübergreifenden Synergien für die Theoriebildung aus den in den Digitalen Geisteswissenschaften entwickelten Methoden, Techniken und Infrastrukturen zu erwarten sind.

Besuchen Sie die Konferenzwebsite unter dhd2015.uni-graz.at!

 

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3736

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