Ein Anfang fast von Null für das DHI Moskau

Im Gespräch mit Michail Bojcov und Nikolaus Katzer

In der Nacht zum 31. Januar 2015 wurde das Deutsche Historische Institut (DHI) Moskau durch einen Großbrand schwer beschädigt. Es gab keine Personenschäden, große Teile des Gebäudes, in dem auch die Bibliothek für Gesellschaftswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften (INION) untergebracht war, wurden jedoch zerstört.

Amtsübergabe des Präsidenten der Max Weber Stiftung Foto: © Jennifer Zumbusch

Nikolaus Katzer und Michail Bojcov am 27. Februar in Bonn.

Wie ist die Situation des DHI Moskau vor Ort, welche Auswirkungen hat der Brand auf den laufenden Betrieb und die aktuellen Forschungsschwerpunkte des Instituts? Und wie sehen Ihre weiteren Planungen für das DHI aus?

[...]

Quelle: http://mws.hypotheses.org/27459

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Sensation, Provokation, Illusion? Plädoyer gegen den Zeitschriftenvergleich

Vor Kurzem hatte die geisteswissenschaftliche Blogosphäre einen Grund, sich selbst zu feiern! Klaus Graf veröffentlichte am 10. Februar 2015 im Frühneuzeit-Blog der RWTH Aachen, einem Blog der hiesigen Plattform, seine Analyse eines Handschriftenfundes. Das wird deswegen als bemerkenswert betrachtet, weil der Fund in seiner Wichtigkeit – Sensation – für Forscher vom Fach nicht zu umgehen ist und weil er in seiner Wichtigkeit die Kommunikationsform adelt, in der die Analyse öffentlich gemacht wurde. Am 28. Februar 2015 kommt es mit leichten Überarbeitungen auf dem Mittelalter-Blog zu einer erneuten Publikation, die auch eine 43-seitige PDF-Version bereitstellt. Beide unter einer CC BY 3.0 DE-Lizenz, die vor allem zur Namensnennung verpflichtet.

Wie Mareike König im Redaktionsblog kommentiert, wird (inner-)wissenschaftliches Bloggen vor allem als Möglichkeit zur Diskussion von work in progress betrachtet. Das macht es der Print-Community leicht, wissenschaftliches Bloggen zu übersehen oder zu ignorieren. Deswegen wertet sie Grafs Blogeinträge sowohl als “Geschenk” für die Plattform hypotheses.org und das wissenschaftliche Bloggen allgemein, als auch als “Provokation” an die Print-Wissenschaft, weil dieser wichtige Fund bzw. seine Beschreibung und Analyse nicht in einer gedruckten Fachzeitschrift veröffentlicht wurde.

Natürlich entfacht sich in den anschließenden Kommentaren gleich eine Diskussion darüber, wie provokativ der Blogeintrag Klaus Grafs vor dem Hintergrund anderer Blogprojekte und ihrer Veröffentlichungen von wichtigen Funden und Erkenntnissen wirklich sei und ob er sich nicht vielmehr einreihe in eine – gerade für die Geschichtswissenschaft recht rege – Bloggingpraxis, die wesentliches zu disziplinären und gegenstandsbezogenen Diskursen beitrage.

König stellt im oben erwähnten Eintrag des Redaktionsblogs aber die Vorzüge des Publizierens im Blog heraus:

“Das Blog ermöglichte die schnelle Publikation, die frei zugänglich ist und keine Beschränkungen (Inhalt, Textlänge, Verlinkungen, Abbildungen) aufweist. Eine Zweitpublikation in einer Fachzeitschrift oder das Einstellen in einem Repositorium (Vorschlag Eric Steinhauer) kann auch später noch erfolgen, sofern überhaupt gewünscht. Denn das Frühneuzeit-Blog der RWTH ist bibliothekarisch gesehen eine vollwertige fortlaufende Publikation, sie besitzt eine eigene ISSN, die Inhalte werden von OpenEdition archiviert.”

Ein Blogeintrag steht also einer Zeitschriftenpublikation in nichts nach? Publikationsgeschwindigkeit, Open Access, Darstellungspotenzial, Archivierbarkeit, mit paginierter PDF sogar einfach zu zitieren… das alles spricht für sich selbst. Zumindest scheinbar. Im Diskussionsverlauf wird auch gleich der Vergleich zwischen Blogeinträgen und Peer-Review-Artikeln gezogen. Gewissermaßen das Zünglein an der Wage.

Mag die Stilisierung der betreffenden Publikationsformenwahl gerechtfertigt sein oder nicht; Einträge in Weblogs werden über kurz oder lang keine vollumfänglich gleichwertigen Veröffentlichungen darstellen, wie Beiträge in Zeitschriften oder Sammelbänden. Und es schiene mir auch absurd, sie in gleicher Weise “bei Berufungsverfahren [zu] berücksichtig[en]” (König, s.o). Wollte man das, müsste man sie wohl ihrer medialen Spezifik berauben, ihre Offenheit, Flexibilität und Heterogenität zähmen, indem man sie in die Publikations- und Organisationsinfrastrukturen des innerwissenschaftlichen Diskurses einfädelte. Was bliebe dann noch vom Bloggen übrig?

Ich frage mich auch, in wie weit die Wahl zum Blog als bevorzugten Publikationsort einer originären Arbeit dieses Gewichts nicht wesentlich auch deswegen möglich wurde, weil Klaus Graf nun mal ein schon gestandener Historiker ist. Hätte ein solcher wissenschaftlicher Artikel auch von einem Nachwuchswissenschaftler in einem vielleicht noch recht frischen Blog gepostet werden können und dabei dieselbe Aufmerksamkeit genossen und dasselbe Vertrauen gewonnen?

Viel plausibler scheint es mir da zu sein, dem in der Diskussion ebenfalls erwähnten Credo zu folgen:  “Vergesst die wissenschaftliche Anerkennung von Blogs!” Wenn man versuchen wird, Blogs und ihre Einträge in die Anerkennungs-, Vergleichbarkeits- und Qualitätssicherungsmaschinerie der Wissenschaft einzufädeln, werden ihre spezifischen und noch nicht ausgeschöpften diskursiven Potenziale massiv verschoben, wenn nicht aufgehoben werden. Artikel wie der von Klaus Graf zeigen: Fertige Arbeiten werden anders kommentiert als work in progress.

Weblogs mit Zeitschriften zu vergleichen, erscheint mir immer unfruchtbarer, je länger ich an meiner Diss sitze und analysiere, wie ihr Potenzial ‘hier und da’ und auf welche Weise ausgenutzt wird. Weblogs mehr zu behandeln, als ‘wären’ sie Tagungen oder Workshops, scheint mir ihnen gerechter zu werden. Der SozBlog bspw. ist voller Versuche, eine solche Auffassung mal mehr, mal weniger explizit in die Tat umsetzen.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/906

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Wissenschaftliches Bloggen mit Monty Python / #wbhyp

Während meines Nebenfach-Studiums der Älteren Deutschen Philologie an der Uni Bayreuth1 habe ich ein Seminar über Monty Python besucht.2 Aus irgendeinem Grund erinnere ich mich in Bezug auf dieses Seminar besonders an den „Upper-Class Twit of The Year“ Sketch, der nicht das Geringste mit dem Mittelalter zu tun hat, also mit dem primären Gegenstand dieses Fachs. Dass sich (Geistes-)Wissenschaftler nicht nur mit auf den ersten Blick „wissenschaftlichen Themen“ beschäftigen müssen, zeigt das erwähnte Seminar. Auch Popkultur kann zum Untersuchungsgegenstand wissenschaftlicher Betrachtung werden. Ebenso können […]

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/2609

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Eristik des Konsens. Zur Spezifik chinesischer Rezensionen

“Wenn man eine Publikation bewertet, sollte man deshalb nicht nur an die Schwäche einer Arbeit denken, sondern vor allem an ihren zu schätzenden Wert.” (Liang 1991: 304)

Im Rahmen einer interessanten Analyse eines nachwuchswissenschaftlichen Blogeintrages habe ich einen kleinen Ausflug in linguistische Analysen wissenschaftlicher Rezensionen gemacht. Im Zug (Köln-Siegen) habe ich gerade den sprach-/kulturvergleichenden Aufsatz von Yong Liang (1991) gelesen, der deutsche und chinesische Rezensionen untersucht und spannende Spezifika der jeweiligen sprachlichen Bewertungsmuster anhand 8 deutscher und 8 chinesischer Texte herausarbeitet.

Den für mich interessantesten Punkt habe ich im obigen Zitat herausgestellt. In Liangs (1991) Untersuchung zeigt sich nämlich eine diametral entgegengesetzte Gewichtung positiver und negativer Bewertungshandlungen. Während nämlich die deutschsprachigen Rezensionen davon geprägt sind, dass kritische Auseinandersetzungen mit dem rezensierten Werk innerhalb der Besprechung einen gewichtigen Teil ausmachen und mit Bezugnahmen auf den Forschungsstand begründet werden, sind chinesische Rezensionen davon geprägt, das rezensierte Werk in seinen Leistungen zu würdigen. Daraufhin wird auch die Einordnung in den Forschungsstand funktionalisiert, die dazu dient, daran ‘das Neue und Wertvolle’ zu kennzeichnen und zu charakterisieren.

Auch in den abschließenden Resümees zeigte sich diese Gewichtungsasymmetrie. Während deutschsprachige Rezensionen vorwiegend abschließend positive Bewertungen vornehmen und diese sich pauschal und recht unbegründet auf das Gesamtwerk beziehen, nutzen chinesische Rezensenten das Resümee, um vereinzelte negative, zu kritisierende Aspekte anzusprechen, ohne diese oft allgemeinen Aspekte aber zu begründen.

“Im Chinesischen zeichnet sich die Stärke wissenschaftlichen Rezensierens vor allem dadurch aus, das Positive im Rahmen des Gültigen zu entdecken und hervorzuheben. Deshalb ist dort die Würdigung der Objektpublikation weitgehend dominant. Die Meinungsverschiedenheit spielt nur eine untergeordnete und stark eingeschränkte Rolle und kann nur dann repräsentiert werden, wenn die Harmonie dadurch nicht beeinträchtigt wird [...]. In deutschen Rezensionstexten spielt hingegen die Meinungsverschiedenheit eine dominierende Rolle.” (Liang 1991: 309)

Liang (1991: 304) begründet diese Spezifik chinesischer Rezensionen einerseits mit der traditionell auch alltäglich äußerst wichtigen “Höflichkeitsmaxime” und andererseits mit dem “Respekt vor der vertikalen akademischen Pyramide, also vor der Autorität”. So würden “kategorisch negative Bewertungen [...] das Ansehen des Rezensenten bei Fachkollegen [sogar] eher schwächen als stärken”.

Dies wirft interessante Fragen zur chinesischen Wissenschaftskultur auf. Während die europäische Wissenschaftstradition am Dissens interessiert ist, um sich der Wahrheit zu nähern, scheint das – wie Liangs (1991) Arbeit ahnen lässt – in der chinesischen Tradition ganz anders auszusehen und sich in den sprachlichen Verfahren der Erkenntnisdarstellung und -besprechung niederzuschlagen. Von dort aus ist es nicht weit, um zu ahnen, dass das auch die Erkenntnisproduktion betrifft. Ich stecke da zu wenig drin, um genaueres herauszustellen. Ich werde in nächster Zeit aber nach Überblickswerken ausschau halten, die mir die Zusammenhänge und (historischen) Hintergründe dieser Wissenschaftstradition durchsichtiger werden lassen. Für Hinweise bin ich immer offen!

Für einen zentralen Begriff meiner Dissertation, für den Begriff der Eristik nämlich, und für die Frage, wie dieser zu Konzeptualisieren ist, bin ich aber abermals in der Idee bestärkt, dass er nicht nur auf streitende, d.h. kritische Sprechhandlungen bezüglich der Geltung wissenschaftlichen Wissens beschränkt werden kann, sondern ebenso affirmative Bezugnahmen auf bestehendes Wissens umfassen muss. Es geht also nicht nur um die sprachliche Verhandlung von Dissens, sondern auch um die sprachliche Verhandlung von Konsens. Damit wird es dann möglich, ‘eristische Strukturen’ (Ehlich) nicht nur als Menge sprachlicher Mittel zu betrachten, sondern ihm einen wissenschaftsspezifischen Zweck zuzuordnen, der in der Modellierung einer forschenden Position im verfügbaren wissenschaftlichen Wissen bestünde. Liangs (1991) Arbeit zeigt eindrücklich, in welcher Weise dieser Zweck neuzeitlicher Wissenschaftskommunikation kulturvariant bearbeitet werden kann.

*

Liang, Yong (1991): Zu soziokulturellen und textstrukturellen Besonderheiten wissenschaftlicher Rezensionen. In: Deutsche Sprache 19, S. 289-311.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/694

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Wissenschaft. Und der Rest der Welt

Naturwissenschaft – so scheint der Konsens in Deutschland zu lauten – ist gleichzusetzen mit “Wissenschaft”. Die im Englischen übliche Differenzierung von Science und Humanities scheint also vollständig in die deutsche Sprache und Wissenschaftskultur eingesickert zu sein.

In den vergangenen drei Tagen besuchte ich die Summerschool “Wissenschaft kommunizieren” im Haus der Wissenschaft in Braunschweig. Um es kurz zu machen: Als Geisteswissenschaftlerin fühlte ich mich dort völlig deplatziert — aber warum?

Im Nachhinein – man ist zu diesem Zeitpunkt gemeinhin schlauer! – bin ich ziemlich blauäugig an die ganze Sache herangegangen. Ich bin Wissenschaftlerin mit hoher Web 2.0-Affinität, ich befasse mich gerne und oft mit Sprache, Kommunikation fand ich schon immer super und ich habe in der Vergangenheit schon einige PR-Projekte erfolgreich umgesetzt. Dies waren meine Kriterien, den Claim “Wissenschaft kommunizieren” als direkt als auf meine Person maßgeschneidertes Angebot wahrzunehmen.

Braunschweiger Löwe

Brüllt einsam. Braunschweiger Löwe (Kopie der Bronze aus dem späten 12. Jh.)

Diese Annahme wurde eigentlich sofort enttäuscht und es liegt weder primär an den ReferentInnen, noch an den OrganisatorInnen und nicht einmal an den TeilnehmerInnen. Nein.  Es handelt sich, wie ich denke, um ein strukturelles Problem. Die Naturwissenschaften mit ihrem nachgeordneten unmittelbaren Nutzen für verschiedene Industriezweige, angefangen von der Pharmazie bis hin zur Weltraumtechnik, die bekanntlich auch Innovationen wie Thermos-Kannen und Klettverschlüsse ins tägliche Leben bringt:  sie alle bewegen mehr Kapital. Es fließen höhere Fördersummen, weil ein Output erwartet wird, der sich langfristig quantifizierbar im Bruttosozialprodukt niederschlägt. Die Politik hat hieran ein höheres Interesse und fördert “Wissenschaftskommunikation”, wie man an den Geldgebern und Kooperationspartnern des Veranstalters , wissenschaft-im-dialog ersehen kann. Nicht zuletzt fand die Veranstaltung an einem Technologiestandort statt.

Schon, wenn ich das schreibe, komme ich mir wie ein lebendes Fossil vor. Welche Relevanz hat das, was ich tue für die Welt? Wenig bis gar keine?

Dabei wird es komplizierter: Mit meinem Weggang von Österreich bin ich nun von der Kunstgeschichte in den Fachbereich “Kunstwissenschaften und Medientheorie” gewechselt. Kunstwissenschaft lässt sich nicht ins Englische übertragen: “Science of Art” oder “Art Science” sind undenkbare Sprachkonstrukte. Einer der Pioniere, welche die Kunstgeschichte aus der Historiographie heraus näher heran an die empirisch operierenden Fächer rücken wollten, war aber Hans Sedlmayr. Sedlmayr favorisierte einen datenbasierten ahistorischen Zugang. Er scheiterte, das Verfahren ist problematisch. Valide Daten und harte Fakten, das sind Werte, die mir beispielsweise per se Wahrheit suggerieren. Auch ich würde gerne nur mit reinen Fakten operieren, aber ich werde gleich schildern, warum das nicht geht.

Daten  sind, wie ich meine allesamt – und das schließt meines Erachtens auch die Naturwissenschaften mit ein – abhängig von den Parametern, in denen sie generiert werden sowie ihrer jeweiligen Interpretation. Die Objektivität ist oft eine vermeintliche. Es ist allerdings ein philosophisches Problem zu definieren, ab wann wahre Aussagen produziert werden, darauf möchte ich mich jetzt gar nicht einlassen, weil das auch zu weit führt.

Wissenschaftskommunikation und auch Wissenschaftsjournalismus , so mein Eindruck, betrifft in der Regel naturwissenschaftliche Inhalte. Die Geisteswissenschaften finden im Feuilleton statt. Daher auch der Eindruck meiner KollegInnen (VertreterInnen der dominanten Gruppe, nämlich aus den Naturwissenschaften stammend), nur in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur würde “gerecht”, also objektiv (!) berichtet werden, während man sich nur in der “Wissenschaft” mit dieser fiesen Ökonomie der Aufmerksamkeit herumzuschlagen habe.

Ich sage es an dieser Stelle frei heraus:

Das “Wissenschaft” in der Öffentlichkeit und in der Community so derartig einseitig definiert wird, ist nicht hinnehmbar!

Hier muss man sofort ansetzen und Lobbyarbeit seitens der Dachverbände der Disziplinen starten, um zu kommunizieren, dass es uns gibt, wer wir sind und was wir warum wie machen.

Ich habe drei Tage lang meine eigene Relevanz befragt und kann daher Einiges dazu sagen:

Ich versuche zu verstehen, wie die Kultur in der wir leben, funktioniert. Dafür habe ich mir als konkretes Untersuchungsobjekt eine Person ausgesucht, die einerseits die Kunstgeschichte als Disziplin mitgeprägt hat, andererseits aber auch die öffentliche Meinung über das was Kunst ist und sein kann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflusst hat. “Verlust der Mitte” wird von der Generation der kulturinteressierten 60-Jährigen in Deutschland gekannt. Das Buch transportiert aber nicht nur die persönliche Meinung seines Autors, sondern einen Diskurs, also eine gewisse Menge an Meinungen. Als Diskurs bezeichnen wir – mit Foucault – die Art und Weise wie Wissen produziert und tradiert wird. Diese Struktur ist nicht offensichtlich, sondern sie kann durch Analysen offengelegt werden. Foucault kann deshalb als Poststrukturalist bezeichnet werden, weil er Strukturen dekonstruiert, indem er sie offenlegt, aufzeigt, transparent macht. Ich will zeigen, wann dieser modernekritische Diskurs entstanden ist, wie er sich bei Sedlmayr manifestiert und auf welche Art und Weise er bis heute existiert. Das ist ein unbequemes Thema, weil ich zeigen kann, dass Paradigmen in der Kunstgeschichte und darüber hinaus im Kunstdiskurs herumgeistern, die längst überwunden geglaubte totalitaristische Ressentiments weiter transportieren. Ich hoffe, damit einen Beitrag zur Selbstreflexion der Gesellschaft insgesamt zu leisten. Als Einzelperson muss ich mich auf einen relativ kleinen Bereich konzentrieren – aber das ist in den meisten naturwissenschaftlichen Studien auch so.

In meiner Summerschool, in der ich zunehmend eine Verweigerungshaltung entwickelte, habe ich mir überlegt, diesen Blogartikel zu verfassen. Ich habe einige Ideen, für weitere Blogartikel in petto und ich habe mir vorgenommen, Twitter wieder stärker zu nutzen. Mir ist ein großes Defizit bewusst geworden, denn es besteht in der Wissenschaft und insbesondere in den Geisteswissenschaften eine große Kommunikationsskepsis. Selbstermächtigung – eigenes, unautorisiertes, wildes Publizieren wird nicht oder selten goutiert.

Die Chance für einen Dialog zwischen den Wissenschaftskulturen wurde in Braunschweig versäumt. Ich bin es nicht mehr gewöhnt, frontal unterrichtet zu werden. Dass sich außerhalb der Kaffeepause keiner der überwiegend männlichen Referenten für die zu 90% weiblich Teilnehmerschaft und ihre Motivation, ihnen zuzuhören, interessiert, bin ich im postgradualen Feld in dieser Form nicht mehr gewöhnt. In Arbeitsgruppen eingeteilt wurde ich zuletzt … ja wann eigentlich? Im Kindergarten? Dem einschränkend ist hinzuzufügen, dass ich mit dieser Meinung eine Einzelposition vertrete, die dominante Gruppe, auf die das Ganze zugeschnitten war, übte positives Feedback. Mir persönlich bleiben aber zu wenig greifbare Facts auf viel Unbehagen. Das ist nicht schlimm, es ist oft der erste Schritt in etwas Neues.

Quelle: http://artincrisis.hypotheses.org/558

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Über die Gefahr ‚unterwegs im Malfeld abzusaufen‘…

Stuhlkreis

Sinnfällige Metapher oder ironische Anspielung?

… diese Formulierung hat eine Freundin einmal gefunden, um die Schwierigkeiten zum Ausdruck zu bringen, die mit dem fünften der funktional-pragmatischen Felder einhergehen. Und in der Tat rühren diese Schwierigkeiten daher, dass dieses Feld noch wenig bestellt ist.

Ich habe mich an diese Formulierung erinnert, als ich letztens wieder einmal über die Beobachtungsgabe Erving Goffmans staunen musste. Sie geht freilich einher mit einer Gabe, zu schildern, was er beobachtete.

“First, there are overlayed “keyings.” The published text of a serious paper can contain passages that are not intended to be interpreted “straight,” but rather understood as sarcasm, irony, “words from another’s mouth,” and the like. However, this sort of self-removal from the literal content of what one says seems much more common in spoken papers, for there vocal cues can be employed to ensure that the boundaries and the character of the quotatively intended strip are marked off from the normally intended stream. (Which is not to say that as of now these paralinguistic markers can be satisfactorily identified, let alone transcribed.) Thus, a competent lecturer will be able to read a remark with a twinkle in his voice, or stand off from an utterance by slightly raising his vocal eyebrows. Contrariwise, when he enters a particular passage he can collapse the distance he had been maintaining, and allow his voice to resonate with feeling, conviction, and even passion. In sensing that these vocally tinted lines could not be delivered this way in print, hearers sense they have preferential access to the mind of the author, that live listening provides the kind of contact that reading doesn’t.” (Goffman 1981: 174f.)

Hier handelt es sich um einen Auszug aus Goffmans kursorischem Gang durch die Spezifika von Vorlesungen; und was er dort berührt, ist ein nicht uninteressanter Aspekt von Hochschul- und noch mehr von (interner) Wissenschaftskommunikation. Dabei kennzeichnet die Eingangspassage schon eine erste Schwierigkeit, die sich mit diesen Aspekten verbindet. Bei der Umsetzung in die Schriftlichkeit mögen Spuren der von Goffman beobachteten Aspekte noch übrig bleiben. Diese aber identifizieren zu können, gestaltet sich als äußerst voraussetzungsreiche Aufgabe.

Um was für Aspekte handelt es sich dabei aber? Und warum sind diese für mich, sprich für mein Promotionsprojekt1 eigentlich interessant?

Beginnen wir mit dem eingangs erwähnten Malfeld oder vielleicht besser mit der sog. Fünf-Felder-Lehre der Funktionalen Pragmatik: Karl Bühler (1934/1984) hat in seiner Sprachtheorie zwei sprachliche Aufgabenfelder unterschieden. Das Zeigfeld und das Symboldfeld. Das Zeigfeld betrifft die Organisation von Aufmerksamkeit. Indem mit verschiedenen Wörtern und anderen Zeighilfen in unterschiedlichen Verweisräumen gezeigt wird, wird die Aufmerksamkeit von Sprecher und Hörer synchronisiert. Ich, jetzt, hier, her, hinda, dort, jener, dieser, du. Das sind Beispiele für deiktische Ausdrücke. Nonverbale Deixeis spielen selbstverständlich eine ebenso wichtige Rolle (vornehmlich in der Kommunikation unter Anwesenden). Das Symbolfeld betrifft den begrifflichen Haushalt einer Sprache. Symbolfeldausdrücke sind dazu in der Lage begriffliche Gehalte im Hörer zu aktualisieren oder sie veranlassen ihn dazu, in seinem Wissen danach zu suchen. Die Substantive, Adjektive und Verben bzw. ihre Stämme sind die einfachsten Beispiele für Symbolfeldausdrücke. Hören wir diese Stämme geht es nicht darum unsere Aufmerksamkeit auf etwas im Wahrnehmungs-, Rede-, Text- oder Vorstellungsraum zu richten, sondern wir aktualisieren ein begriffliches Wissen; man könnte auch sagen: einen spezifisch strukturierten Frame mit charakteristischen Anschlussstellen (siehe z.B. Busse 2012).

In Auseinandersetzung mit Bühler hat die Funktionale Pragmatik drei weitere sprachliche Aufgabenfelder ausgemacht (vgl. überblickend Ehlich 2010). Die einzelnen sprachlichen Felder benennen dabei Zweckbereiche sprachlichen Handelns unterhalb der Ebene des Sprechakts. Auf dieser Ebene sprachlichen Handelns wird davon gesprochen, dass “Prozeduren” ausgeführt werden, um spezifische Zwecke zu bearbeiten. Bspw. deiktische Prozeduren mit sprachlichen Mitteln wie ich oder hier zum Zweck der Aufmerksamkeitssynchronisation. Prozeduren sind also Handlungseinheiten, deren Zweck sie zu einem Feld zuordenbar macht. In den verschiedenen Sprachen wurden die sprachlichen Mittel, die diese fünf Aufgabenfelder bearbeiten, jeweils unterschiedlich funktionalisiert. Mit Prozeduren werden sprachliche Akte und Handlungen, also Handlungseinheiten höherer Stufe gebildet.

Die drei weiteren Felder, die die Funktionale Pragmatik unterscheidet, sind die Folgenden: das Bearbeitungsfeld, das Lenkfeld, das Malfeld. Zum Bearbeitungsfeld werden sprachliche Mittel gezählt, die das Verhältnis anderer Ausdrücke zueinander verstehbar machen (operative Prozeduren). Damit erfüllen sie eine spezifische Funktion bei der Konstitution propositionaler Gehalte aus einfachen, aneinandergereihten Ausdrücken. Zum Lenkfeld gehören sprachliche Mittel, die einen ‘direkten’ Eingriff ins hörerseitige Handeln nehmen (expeditive Prozeduren). Hörerseitige Interjektionen beispielsweise geben auf subtile aber äußerst präzise und ökonomische Art und Weise dem Sprecher einen Eindruck davon, wie sein Gesagtes verstanden wird, das er auf diese Verstehenssignale hin anpassen kann. Vokativ und Imperativ gehören ebenso in diese Kategorie.

Was leistet nun diese Kategorie der sprachlichen Prozeduren, versammelt in unterschiedlichen sprachlichen Feldern?

“Es sind nun die sprachlichen Prozeduren, die die sprachliche Realisierung von Handlungen [...] tragen, Scharniere, in denen sich die sprachlichen Funktionen, wie sie sich in den mentalen Prozessen hörerseitig niederschlagen, formal erfassen lassen und damit den bekannten linguistischen Analyse-Instrumentarien öffnen.” (Rehbein 2001: 937)

Mit der Kategorie der Prozeduren wird es also möglich die kleinsten grammatischen Strukturen handlungstheoretisch zu begreifen und zu fragen, was diese Mittel interaktional und kommunikativ leisten. Die Feldzugehörigkeit einzelner Ausdrücke und anderer sprachlicher Mittel ist nicht zwangsläufig eine einfache, d.h. einzelne Ausdrücke können durch Aspekte zweier Prozeduren bestimmt sein und in ihrer Funktionalität gerade davon abhängen. Zudem ist die Feldzugehörigkeit, also die Funktionalität (einzelner) sprachlicher Mittel historisch (und auch subkulturell) veränderlich – wie das bei Sprache immer der Fall ist.

Nun zum letzten Feld, dem Malfeld. Sprachliche Mittel dieses Feldes werden ausgeführt, um expressive Prozeduren zu realisieren. Zum Malfeld heißt es an unterschiedlichen Stellen z.B.:

“Mittels der malenden Prozedur drückt der Sprecher eine affektive Befindlichkeit aus, die er so dem Hörer kommuniziert, um eine vergleichbare Befindlichkeit bei ihm zu erzeugen.” (Ehlich 2010: 541f.)

“Abgleichung der S+H-Einschätzungen” (Ehlich 2009: 435)

das Malfeld mit Ausdrücken zum Vollzug malender Prozeduren, d.h. im weiten Sinne zur expressiven Verbalisierung von Atmosphärischem und Emotionen, was im Deutschen vor allem durch  intonatorische Modulation, kaum durch einzelne Wörter geschieht” (Redder 1998: 67)

“die expressiven Prozeduren des Malfeldes wie Imitationen, geheimnisvolle oder expressive Intonation (wie Toll!), die bei H eine Bewertung bewirken” (Rehbein 2001: 937)

“Solche Prozeduren haben es mit der Kommunikation von situativer “Atmosphäre” und psychophysischer Befindlichkeit, von Stimmung und Emotion  zu tun.” (Redder 1994: 240)

Das Malfeld erweist sich in diesen Charakterisierungen wahrlich als ein weites Feld, dessen Bestimmung offenbar noch nicht präzise greifbar ist: Befindlichkeit, Einschätzung, Atmosphärisches, Emotionen, Bewertung. Das scheint mir eine äußerst heterogene Liste zu sein, die andeuten könnte, dass das Malfeld als – wie es sich bisher darstellt – Restkategorie des Subjektiven vielleicht grundlegend überdacht werden sollte.2 Dass sich das so darstellt, liegt auch daran, dass Untersuchungen dazu noch recht rar sind. Redders (1994) Analyse einer Nacherzählens stellt dazu einen ersten Schritt dar. Zu den sprachlichen Mitteln des Malfeldes schreibt sie:

“Es dominieren eindeutig Formen der Modulation. Allerdings sind auch vereinzelte lexikalische Formen verwendet, namentlich ‘ach Gott!’ [...] und das Kompositumelement ‘Riesen-’ [...]. Eine einzig syntaktisch zu nennende Form fällt auf, nämlich die rhythmische Isolierung syntaktisch ansonsten verbundener Ausdrücke [...]; ich habe sie als Parallelismus interpretiert.” (Redder 1994: 253)

Das bringt uns zurück zum obigen Zitat von Goffman, in dem er eine Reihe kommunikativer Mittel hervorhebt, mit denen bewertet, eingeschätzt, eine Befindlichkeit gegenüber dem Gesagten zum Ausdruck gebracht wird. Er beschreibt unterschiedliche intonatorische, modulatorische aber auch nonverbale Mittel der Distanzierung und der Approximation an das Gesagte. Sein Beispiel stammt selbstverständlich aus einem spezifischen Kommunikationsbereich. In der Wissenschaft besteht eine große Notwendigkeit solche Verhältnisse zum  Zitierten, um das es hier ja hauptsächlich geht, herzustellen. Genauer: Es besteht essentielle Notwendigkeit eine Positionierung zum bisherigen Forschungsstand darzustellen. Und Goffman hat hier quasi die virtuosen Mittel herausgegriffen, die diesen Zweck auf äußerst subtile und differenzierte Art und Weise bearbeiten und er hat nicht einfache Formulierungsmuster im Blick, die das Zitierte oder Referierte in bestimmter Weise qualifizieren, indem dieses in Matrixsätze wie X betont zu recht, dass oder Y hat sehr treffend herausgearbeitet, dass eingebettet wird (Steinseifer 2010: 95). Das sind gewissermaßen neuralgische Punkte, an denen sich eristische Handlungen manifestieren dürften (vgl. da Silva 2014),3 da die Qualifizierung fremder Erkenntnisse für die Konturierung der eigenen Position – ich bin geneigt zu sagen: der eigenen eristischen Origo – wesentlich ist.

Wie wir alle aus eigener Erfahrung wissen, wir die Beherrschung der Mittel, die dem Hörer oder Leser solche Hinweise geben, mit zunehmender Sozialisation im Wissenschaftsbetrieb immer zahlreicher, immer subtiler und auch (mehrfach) adressierbar.4 Und wie Goffman zeigt, geht es dabei nicht nur um Einschätzungen des Wahrheitsgehaltes vorgängiger Forschung. Wissenschaft ist ja gewissermaßen eine Lebensentscheidung. Zwangsläufig bleiben Befindlichkeiten und Emotionen nicht aus. Fraglich ist nur, wie stark sie einerseits Eingang in die traditionellen Publikationsinfrastrukturen finden DÜRFEN und andererseits, ob sie überhaupt Eingang finden KÖNNEN in diese Verdauerung wissenschaftlicher Kommunikation. Nicht ohne Grund schreibt Goffman:

“In sensing that these vocally tinted lines could not be delivered this way in print, hearers sense they have preferential access to the mind of the author, that live listening provides the kind of contact that reading doesn’t.” (Goffman 1981: 174f.)

In der Tat sind die Mittel, die Redder (1994) herausgearbeitet hat, nicht einfach in die Schriftlichkeit überführbar, ja sie scheinen nicht einmal einfach ‘übersetzbar’ zu sein, wenn man bedenkt, welche stilistischen, ja normativen Anforderungen an den wissenschaftlichen Ausdruck geknüpft sind. Nichtsdestotrotz haben wir alle schon Texte von Kolleg_innen gelesen, die wir gut und lange kennen, mit deren Auffassungen und deren Stil wir vertraut sind. Mit diesem Hintergrundwissen meint man, Spuren malender Prozeduren in einzelnen Texten ganz sicher ausmachen zu können, man ‘hört’ den_die Autor_in und seine_ihre Befindlichkeiten gewissermaßen beim Lesen selbst sprechen. Welche Mittel das sind, die uns diesen Eindruck gewinnen lassen, ist freilich nicht so ohne Weiteres zu sagen. Ist doch schließlich auch das höchst individuell.

Das Problem linguistischer Analysen diesen Zuschnitts ist, dass sie mit zunehmendem Hintergrund-, ja mit zunehmenden Feldwissen zunehmend komplex und detailliert; aber auch zunehmend idiosynkratisch werden. Gerade für das Malfeld, das in weiten Bereichen sicherlich auf gruppenspezifisches Hintergrundwissen aufbaut oder anders: das die detaillierte Kenntnis gemeinsamer oder zumindest geteilter Kommunikationsgeschichte bedarf, um umfänglich verstanden zu werden – gerade für das Malfeld also bedeutet das, dass dessen Rekonstruktion äußerst voraussetzungsreich ist. Genauso verhält es sich mit der titelgebenden Phrase und der gewählten Illustration. Es schließt sich die Frage an, ob es sinnvoll erscheint, diese Voraussetzungen für die Analyse z.B. interner Wissenschaftskommunikation restlos einzuholen. Mir scheint nicht. Sind doch die Mitglieder der akademischen Gemeinschaft, die am Diskurs teilnehmen, i.d.R. auch nicht umfänglich über die Hintergründe verständigt, die die jeweiligen Anspielungen vielleicht nur von den Mitgliedern einer Schule oder gar nur von einer kleinen Gruppe von Kollegen lesbar werden lassen.

Die illokutiven Horizonte5, die wissenschaftliche Texte bergen, weil ihre Autor_innen damit befasst sind, kontinuierlich, konkurrenziell und kooperativ um die Wahrheit zu ringen, sind also mit unterschiedlichen Wissenshintergründen auch unterschiedlich tief zu erschließen. Selbiges kennzeichnet aber auch die Situation des durchschnittlichen Wissenschaftlers, was diese hermeneutische Herausforderung nicht zu einem Spezifikum der Forschungssituation macht, sondern auch die alltägliche Situation der Akteure selbst kennzeichnet.

Literatur

Bühler, Karl (1982): Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Ungekürzter Nachdruck der Ausgabe von 1934. Stuttgart: Gustav Fischer.

Busse, Dietrich (2012): Frame-Semantik. Ein Kompendium. Berlin, Boston: De Gruyter.

Ehlich, Konrad (2009): Interjektion und Responsiv. In: Hoffmann, Ludger (Hg.): Handbuch der deutschen Wortarten. Berlin, New York: De Gruyter, S. 423–444.

Ehlich, Konrad (2010): Prozedur. In: Glück, Helmut (Hg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar: Metzler, S. 541–542.

Goffman, Erving (1981): The Lecture. In: Erving Goffman: Forms of Talk. Philadelphia: University of Pennsylvania Press, S. 160–196.

Pohl, Thorsten (2007): Studien zur Ontogenese wissenschaftlichen Schreibens. Tübingen: Niemeyer.

Redder, Angelika (1994): “Bergungsunternehmen” – Prozeduren des Malfeldes beim Erzählen. In: Brünner, Gisela/Graefen, Gabriele (Hg.): Texte und Diskurse. Methoden und Forschungsergebnisse der funktionalen Pragmatik. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 238–264.

Redder, Angelika (1998): Sprachbewusstsein als handlungspraktisches Bewusstsein – eine funktional-pragmatische Diskussion. In: Didaktik Deutsch 3 (5), S. 60–76.

Rehbein, Jochen (2001): Das Konzept der Diskursanalyse. In: Brinker, Klaus/Antos, Gerd/Heinemann, Wolfgang/Sager, Sven F. (Hg.): Text- und Gesprächslinguistik. Linguistics of Text and Conversation. Berlin, New York: De Gruyter (HSK, 16.2), S. 927–945.

Silva, Ana da (2014): Wissenschaftliche Streitkulturen im Vergleich. Eristische Strukturen in italienischen und deutschen wissenschaftlichen Artikeln. Heidelberg: Synchron.

  1. Wobei ich betonen möchte, dass ich nicht nur aus Promotionsprojekt bestehe! ;-) 
  2. Überdacht vor allem deswegen, weil die expressiven Prozeduren, im Vergleich zu allen anderen Prozeduren, gewissermaßen omnipräsent sind. D.h. es muss angenommen werden, dass Ausprägungen expressiver Prozeduren überall und immer in unterschiedlicher Markiertheit vorhanden sein müssen, da immer eine Befindlichkeit, Stimmung, Emotionalität in verschiedenen Graden rekonstruiert werden kann. Ein Anschluss an die Diskussionen der linguistischen Stilistik (z.B. die Arbeiten von Fix oder Sandig) erschiene hier sinnvoll.
  3. Ich bin gerade über Ana da Silvas (2014) Dissertation. Sie ist ganz frisch erschienen und ich freue mich schon auf ihre Analysen.
  4. Pohl (2007) scheint mir zum Thema der Ontogenese wissenschaftlicher Schreibfähigkeit äußerst reichhaltig und ertragreich zu sein. Dem muss ich bei Gelegenheit noch mehr Aufmerksamkeit widmen.
  5. Ana da Silva (vgl. 2014: 45f.) spricht von ‘illokutiven Strata’.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/645

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Verwaschene Texte

Artikel zum Voynich-Manuskript (VMS) ziehen meist auch Kommentare an, in denen sich die Kommentarist|inn|en darüber äußern, welche Theorie sie sich mal so überlegt haben, was das VMS sein könnte und wie der Text interpretiert werden kann. In den allermeisten Fällen muss man die Ausführungen nicht ganz ernst nehmen, da sich ein fundiertes Gespräch zu diesem mehr oder weniger komplexen Thema schlecht in Kommentaren führen lässt. Die Darstellung eigener Hypothesen benötigt mehr Platz, einen gegliederten Text und eventuell Abbildungen. Das alles können Kommentarspalten nicht so recht bieten. Es besteht natürlich die Möglichkeit, auf externe Seiten zu verlinken. Ich sehe mir diese dann auch meist an und gebe ein kurzes Feedback. Eine wirklich ausgearbeitete und nachvollziehbare Theorie ist mir dabei allerdings noch nicht untergekommen. Beispiele gefällig? Voilà: [1] [2] [3] [4] [5]

Ein Kommentar in der Nacht

Für einen Kommentar, der in der Nacht zum Sonntag unter meinem Gast-Post bei den Ruhrbaronen landete, muss ich allerdings eine Ausnahme machen, ist der Absender doch Thomas Ernst (wenn er denn wirklich dahinter steckt und mir nicht jemand einen Streich spielen möchte. Es fällt mir aber niemand ein, der Ernsts Stil so gut nachzuahmen verstünde). Traurigerweise werden sich jetzt nicht wenige der Leserinnen und Leser hier fragen, wer denn dieser Thomas Ernst sei. Seine Heldensage ist leider noch immer weithin unbekannt, das hat wohl auch mein Blogpost über dieses Husarenstück nicht wirklich geändert. Mit der Entschlüsselung der Steganographia III hat er sich unsterblich gemacht, seine Darlegung zum Thema ist mehr als lesenswert und sei jedem zur Lektüre empfohlen. Es ist ein Krimi, verborgen im Pelz einer vor amüsant vorgetragener Gelehrsamkeit strotzenden wissenschaftlichen Abhandlung. Mir fehlen die Worte, um hier festzuhalten, wie sehr ich Ernst dafür bewundere. Wenigstens einen New-York-Times-Artikel hat er dafür bekommen.

Die geheimnisumwitterte Steganographia von Johannes Trithemius.

Und nun äußert dieser Thomas Ernst – wenn ich das richtig verfolgt habe – zum ersten Mal seine Hypothese zum VMS, was ich allein für sich genommen schon ziemlich sensationell finde. Gewissermaßen vermutet auch er, beim VMS sei ein Kopist am Werke gewesen. Dieser sei jedoch kein Autokopist, der immer wieder Zeichenketten von sich selbst abschreibt und verfremdet, sondern ein Fremdkopist, der ein Werk abschreibt, dessen Zeichen ihm nicht geläufig sind und dessen Inhalt er dementsprechend nicht versteht. So sehr ich ihn sonst bewundere – hier liegt Ernst meiner Meinung nach falsch. Der Text des VMS weist einfach zu viele Eigenschaften auf, die mit dieser Hypothese nicht in Deckung gebracht werden können. Ich greife mir hier zwei dieser seltsamen Merkmale heraus, die sich in der gegebenen Kürze erklären lassen.

Entropie: Zuwenig Information an Bord

Über das Maß der Entropie lassen sich Aussagen über den Informationsgehalt einer Nachricht machen, und das, ohne den Inhalt (die Semantik) der Nachricht zu kennen. Dafür muss man lediglich die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Zeichen kennen (um die Zeichenentropie – H0 – zu errechnen) sowie die Häufigkeit, mit der bestimmte Zeichen auf bestimmte andere folgen (um die Verbundentropie – H1 – zu errechnen). Da H1 abhängig ist vom Umfang des zugrundeliegenden Alphabets, sollte man – um Texte mit unterschiedlich vielen verschiedenen Zeichen zu vergleichen – die Differenz zwischen H0 und H1 heranziehen. Dies tut z.B. Dennis Stallings in seiner Analyse zum VMS und kann damit aufzeigen, dass sich der Text des VMS hinsichtlich dieses Differenzwertes signifikant von allen bekannten natürlichen Schriftsprachsystemen unterscheidet. Das VMS scheint viel weniger Information (d.h. mehr Redundanzen) zu enthalten, als alle vergleichbar langen natürlichsprachlichen Texte, die man bisher untersucht hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um Zeichen-, Silben- oder Alphabetschriften handelt.

Wortlängen: Zeilen als funktionale Einheit

Zeilen scheinen im VMS so etwas wie funktionale Einheiten zu bilden, d.h. sie scheinen auf irgend eine Weise gleich zu funktionieren. Bei natürlichen Sprachen ist dies auch zu beobachten, z.B. in der Lyrik oder bei Spruchsammlungen. Ein Text, bei dem auf 200 Seiten die Zeilen so aufgebaut sind, dass ihr jeweils erstes Wort – im Vergleich zur durchschnittlichen Wortlänge – signifikant länger, das jeweils zweite Wort aber signifikant kürzer ist, ist mir allerdings (abgesehen vom VMS, was Elmar Vogt schön ausführt) nicht untergekommen. Dazu wirken die Zeilen wie in Blocksatz gesetzt, ohne dass etwas darauf hindeutet, dass Wörter am Zeilenende getrennt worden wären oder dass der Abstand zwischen den Wörtern merklich differieren würde. Stattdessen scheint der Schreiber bzw. die Schreiberin einfach am Ende der Zeile ein Wort eingefügt zu haben, das längenmäßig passte. Ein solches Gebahren lässt sich meiner Ansicht nach nicht mit der Abschrift eines natürlichsprachlichen Textes in Deckung bringen.

Bloß ein starker Waschgang?

Die beiden kurz ausgeführten Indizien sind nicht die einzigen, die gegen die Hypothese sprechen, dem Text liege ein unverschlüsselter, natürlichsprachlicher zugrunde. Auch wenn man annimmt, der Text sei durch eine verständnislose, fehlerhafte Abschrift unter Zeitnot quasi einem Waschgang unterzogen worden, der ihn nahezu unkenntlich gemacht hat, kann das meiner Meinung nach diese Eigenschaften nicht erklären. Vielmehr deuten die Entropiewerte darauf hin, dass – wenn der Text des VMS eine Botschaft enthält – diese ein gutes Stück kürzer ist, als das die Länge des Textes suggeriert. Das heißt, dass die kleinsten Informationseinheiten des VMS länger sind als unsere Schriftzeichen. Das seltsame positionsabhängige Wortlängengebahren scheint mir auf einen Auswahlprozess irgendeiner Art hinzudeuten. Insofern denke ich, dass die Hypothesen, die

  1. von Gordon Rugg (Text ist ohne Inhalt und mithilfe eines Cardangitters und einer Morphemtabelle hergestellt)
  2. von Torsten Timm (Text ist wahrscheinlich ohne Inhalt und durch Kopie und Abwandlung einiger initialer Zeichenketten entstanden)
  3. von mir (Text ist das Resultat einer Verschlüsselung, bei der einzelne Buchstaben durch ganze, in Verschlüsselungstabellen aufgeführte Wörtern substituiert wurden)

aufgestellt wurden, in Vergleich zu der Ernst’schen die vorzuziehenden sind. Wie man sie gegeneinander evaluieren kann, darüber denke ich demnächst mal nach. Aber vielleicht nimmt mir das ja jemand ab.

 

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1155

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Infografik zum Thema: Wozu brauchen Kulturinstitutionen eigentlich Infografiken?

Infografiken sind anstrengend – für denjenigen, der sie seinem Publikum zur Verfügung stellen möchte. Die Erstellung einer Infografik braucht Zeit, muss gut durchdacht sein und ist damit oft aufwändiger als das Verfassen eines Textes. Aber: Infografiken kommen gut an – bei demjenigen, der sich als Rezipient nicht durch lange Texte quälen möchte. Das „Lesen“ einer Infografik fällt im Idealfall leicht, schließlich wird der Inhalt direkt visualisiert und kann so schneller aufgenommen und verstanden werden. Es gibt also gute Gründe, manchmal auf einen schwer verdaulichen […]

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/1659

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Gesellschaftliche Innovationen: Wissenstransfer Universität – Gesellschaft

Wissenschaft hat strenge Regeln und die unterscheiden sich auch noch von Disziplin zu Disziplin. Zumeist werden die Ergebnisse in Fachzeitschriften veröffentlicht und diskutiert. Ob und wie sie im konkreten gesellschaftlichen Umfeld realisiert werden, welchen Einfluss sie auf Entwicklung und Veränderung haben – das zeigt sich in den meisten Fällen nur in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Anwendungen. Gentechnik und Nanotechnologie, Elektromobilität oder Laseranwendungen – das sind Themenfelder, die z.T. als Fortschritt bejubelt, z.T. aber auch verteufelt und bekämpft werden.

Was aber ist mit sozial- und geisteswissenschaftlicher Forschung? Wie finden deren Ergebnisse ihren Weg in die Gesellschaft? Kann man von “sozialen Innovationen” sprechen? Ist solch ein Wandel wissenschaftlich induziert oder untersucht umgekehrt die Wissenschaft Ursachen, Hintergründe und Folgen von sozialen Veränderungen?

In der LMU werden diese und andere Fragen am 14. und 15. Juli diskutiert. Nicht nur interessante Vorträge und Präsentationen, auch Workshops werden angeboten und erlauben es, die eigenen Fragen und Überzeugungen im kleineren Kreise einzubringen.

 

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/177

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10 Thesen zur guten Wissenschaftskommunikation in den sozialen Medien #zehnthesen

Zur Vorbereitung auf den Workshop Wissenschaftskommunikation “Image statt Inhalt?”, organisiert von der VolkswagenStiftung, haben Tobias Wulf, Gesche Schifferdecker und Sascha Foerster zehn Thesen zur guten Wissenschaftskommunikation in den sozialen Medien aufgestellt. Diese Thesen sollten eigentlich der internen Vorbereitung auf den Workshop dienen, wir möchten diese aber heute als Beitrag zur Diskussion um die Standards qualitätsvoller Wissenschaftskommunikation veröffentlichen und diskutieren, ja sogar bearbeiten lassen. Mit sozialen Medien meinen wir Twitter, Facebook, Google+ und andere Dienste, aber besonders Blogs in ihren verschiedenen Formen. Grundlage der Thesen ist die Annahme, dass Wissenschaftskommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und sogar Wissenschaftspraxis in den sozialen Medien nicht mehr einfach auseinander zu halten sind.
Diese 10 Thesen befinden sich auch in diesem Etherpad, in dem sie kollaborativ von jedem ergänzt, verändert und korrigiert werden können.

https://etherpad.mozilla.org/06nDt3TJy7

  1. In den sozialen Medien gelten einerseits die gleichen Regeln für gute wissenschaftliche Praxis wie in allen anderen Publikationsorganen. Andererseits können sich aus Rezipientenperspektive hier private, dienstliche und wissenschaftliche Kanäle vermischen. Dies kann ein Vorteil sein, muss aber bedacht bzw. strategisch geplant werden.
  2. In den sozialen Medien macht es Sinn, die Persönlichkeit des Autors in den Vordergrund zu stellen – vor allem, wenn diese einen Zusammenhang zu den Inhalten herstellt. In der Ansprache der Zielgruppe(n) ist ein persönlicher Ton durchaus erwünscht und angemessen. Dies impliziert jedoch keine Abwertung der wissenschaftlichen Inhalte.
  3. Statistiken können die Reichweite der verschiedenen Postings deutlich machen, aber Reichweite allein ist kein Kriterium für die Qualität eines Postings. Andererseits bedeutet ein Posting ohne Reichweite verfehlte Kommunikation.
  4. Die Stärke der sozialen Medien ist, dass Wissenschaftler selbst ohne weitere Zwischenschritte (wie institutionalisierte Fach- oder Publikumsmedien) zum Sprachrohr werden und so ihre Inhalte direkt kommunizieren können.
  5. Soziale Medien sind niedrigschwellig und können schon zu einem frühen Zeitpunkt im Wissenschaftsprozess genutzt werden. So wird der gesamte Prozess abgebildet und nicht nur das wissenschaftliche Ergebnis.
  6. Soziale Medien sind eine neue (nachgelagerte) Form der Filterung – die die alten Formen wissenschaftlicher Qualitätssicherung nicht ersetzen will, aber als zusätzliches Instrument angesichts immer unüberschaubarer werdender Massen von Inhalten im Netz für diesen Bereich neben sie tritt.
  7. Soziale Medien intensivieren im besten Fall die Kommunikation von Wissenschaftlern untereinander und mit der interessierten Öffentlichkeit. Dafür ist aber eine interaktive Nutzung nötig anstelle von einseitigem Senden.
  8. Gute Wissenschaftskommunikation in den sozialen Medien arbeitet Hand in Hand mit den klassischen Medien, denn jedes Medium hat seine Stärken und Schwächen, die sich im Idealfall ergänzen.
  9. Soziale Medien bedeuten Kommunikation auf Augenhöhe, sie sind mehr Dialog als Monolog. Diese Arbeitsweise verändert auch Prozesse in Organisationen.
  10. Die sozialen Medien und die Kommunikation in denselben verändern sich ständig, deswegen sollte man aktuelle Trends und Entwicklungen verfolgen und auf diese eingehen.

Weiterführende Links:

Nach #woem und #siggeneraufruf: Redet miteinander! Über gute Wissenschaftskommunikation, Mein tumblr: http://t.co/kgeETiV1be

— Jens Rehländer (@Jens_Rehlaender) June 18, 2014

Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien. Empfehlungen vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen
http://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2014_06_Stellungnahme_WOeM.pdf

Siggener Aufruf
http://www.wissenschaft-im-dialog.de/wissenschaftskommunikation/weiterentwicklung/siggener-aufruf.html

Quelle: http://gab.hypotheses.org/1336

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