Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt
Gewalt und Gewaltanwendung werden vor allem dort gelebt wo Menschen wütend und verzweifelt sind und wo sogar der Spaß an der Verletzung anderer, ob körperlich oder psychisch, vorhanden ist. Es sind mitunter Machtspielchen, das Gefühl von Kontrolle über andere und das bloße Bedürfnis sich auf Kosten anderer “abzureagieren”. Nicht nur im privaten Raum, vor vielerlei Augen verborgen, sondern gerade im öffentlichen Raum, wo viele Menschen Zeuge und Beobachter von solchen Gewaltanwendungen werden, häufen sich solche Fälle.
Uns begegnet eine ganze Bandbreite von Akteuren, ob nun die “Krawalltouristen” auf öffentlichen Demonstrationen oder politisch oder religiös rivalisierende Gruppierungen, Ausschreitungen von Hooligans nach Fußballspielen, sogenannte “Kleinkriminelle” auf der Straße und so weiter. Man muss gar nicht stigmatisieren, aber bereits nach einem kurzen Blick in die Tageszeitung stößt man auf die Bezeichnungen der Akteure oder Gruppen, die im öffentlichen (und privaten) Raum, als gewaltausübend eingestuft werden.
Häufig vergessen werden aber dabei diejenigen, die als Freund und Helfer dem Bürger zur Seite stehen sollen und vom Staat dazu beauftragt sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten bzw. sie wiederherzustellen. Denn wie steht es eigentlich um die rechtswidrige Gewaltausübung der Polizei im öffentlichen Raum und wie kann man die von ihr ausgeübten gewaltsamen und damit strafbaren und rechtswidrigen Übergriffe aufspüren und sie womöglich präventiv verhindern?
So wie man besser bei älteren Hamburger Polizeibeamten den Namen „Fritz Sack“ nicht erwähnt, so sollte man bei der Los Angeles Polizeibehörde den Namen „Rodney King“ weglassen. Rodney King ist kein Fritz Sack, aber dennoch haben sie ein gemeinsames Thema: Die Kontrolle der Polizeibehörde. Welche Grenzen sind der polizeilichen Arbeit gesetzt, wo endet Gewalt als Befugnis und wo fängt Gewalt als Repression an?
Rodney King war mit Sicherheit kein Heiliger. Drogenmissbrauch, Drogenschmuggel oder körperlichen Verletzung wurden ihm vorgeworfen; er wurde deswegen strafrechtlich verfolgt und auch belangt.
Dennoch liefern seine eigenen Vergehen keine Entschuldigung oder auch nur annähernd eine Erklärung für die brutale Gewalt der Polizisten ab, die ihm am 3. März 1991 widerfuhr. Rodney King wurde am besagten Tag von der Polizei aus Los Angeles (L.A.P.D.) in seinem Auto angehalten. Da er alkoholisiert war und eine Bewährungsstrafe auf ihm lastete, versuchte er zu fliehen. Doch die vier Polizisten konnten die Verfolgung aufnehmen und King verhaften. Was bei dieser Verhaftung noch passiert ist, nahmen einige Einwohner mit ihren Amateurkameras auf. Aus diesen Aufnahmen ging hervor, dass King ca. 50-mal mit dem Schlagstock traktiert wurde und weitere sechs Tritte erleiden musste. Auch als King bereits am Boden lag machten die Polizisten weiter.1 Zwar wurden die Polizisten vor Gericht gestellt, doch sie wurden in dem darauffolgenden Prozess im Jahre 1992 wieder freigesprochen, weil keine rechtsstaatlichen Anhaltspunkte für diese Tat gefunden werden konnten (obwohl zufälligerweise Bewohner mit Amateurkameras alles aufgezeichnet haben und die ganze Situation rekonstruiert werden konnte). Als besonders belastend empfanden afroamerikanische Einwohner die Tatsache, dass kein einziger Schwarzer in der Jury saß2. Das so etwas zu Frustration und Wut führt ist verständlich. Schon davor haben viele Afroamerikaner kritisiert, dass die Polizisten das racial profiling praktizieren. Rodney King war nur ein weiteres Indiz dafür. Nachdem die Polizisten vor Gericht freigesprochen wurden, wurde die Wut der Bürger immer größer und artete in der brutalsten Massendemonstration aus, die Los Angeles je gesehen hatte. Die Los Angeles Riots 1992 zeigte der LAPD, dass sie was ändern musste. Es gab einige Veränderungen, z.B. wurde ein Gesetz gegen das racial profiling erlassen, in einem zweiten Prozess wurden zumindest zwei Polizisten strafrechtlich belangt und die Bürger wurden mehr in die Polizeiarbeit integriert. Noch aber hat niemand an eine unabhängige Kontrollinstanz gedacht.
Eine Kontrolle der Polizei?
Auch in Deutschland gibt es immer wieder Polizeiskandale. Es kommt zu brutalen und unbegründeten Gewaltakten der Polizei gegen Einzelne. Ob es sich nun um die Tatbestände in Hamburg im PK 11 handelt, wo es zu strukturellen Diskriminierung und Misshandlung von Schwarzafrikanern kam, oder um Fälle wie Stephan Neisius oder Oury Jalloh. Beide sind auf tragische Art und Weise durch Polizeigewalt ums Leben gekommen. Die Umstände des Todes bei Oury Jalloh sind bis heute ungeklärt. Wie genau der Brand zustande kam, warum nichts getan wurde und der Verhaftete in der eigenen Zelle verbrannt ist, weiß die Öffentlichkeit bis heute nicht wirklich. Die Polizisten wurden in erster Instanz freigesprochen. Auch Oury Jalloh war kein “Heiliger”, aber die Personen auf der „anderen Seite“ sind es auch nicht. Viele Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International prangern die nicht vorhandene Transparenz in den Ermittlungen und den “Korpsgeist” innerhalb der Polizei an. Zu Recht.
Das “Vertrauen in unseren Rechtsstaat”, heißt es da, sei dadurch “nachhaltig gestört”3. Zudem ist insgesamt nur schwer Vertrauen aufzubauen, wenn man als Bürger weiß, dass die Kontrollinstanz der Polizei praktisch sie selbst ist. Das hat einen gewissen undemokratischen Beigeschmack. Besonders wenn man weiß, dass in der Polizei der „Korpsgeist“ herrscht. Das ist so als ob die Mafia den Prozess gegen die eigene Familie vorbereiten sollte. Da ist es klar, dass einige Informationen „verloren“ gehen können. Etwas wissenschaftlicher hat es der Kriminologe Werner Lehne formuliert:
„Eine altbekannte Problematik rechtsstaatlich organisierter Polizeien ist die angemessene Reaktion auf polizeiliches Fehlverhalten. In erster Linie resultiert diese Problematik daraus, daß es die Polizei selbst und die mit ihr eng kooperierende Staatsanwaltschaft sind, denen die Aufgabe zukommt, polizeiliches Fehlverhalten zu ermitteln und ggf. zur Anklage zu bringen. Allein das führt zu einem erheblichen Mißtrauen dahingehend, ob solche Ermittlungen mit der notwendigen Neutralität und Intensität geführt werden.“4
Allein aus diesem Grunde wäre eine unabhängige Kontrollinstanz zu befürworten. Doch damit ist den Opfern von Polizeigewalt noch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Wie sollte so eine Kontrollinstanz aussehen und welche Rechte und Pflichten hätte sie?
Solch eine Instanz sollte zum Einen nicht in einer „Gutmenschmanier“ den Polizisten mit erhobenem Finger ständig aufzeigen, was sie falsch machen und warum all diese Fehler ihnen selbst niemals unterlaufen würden. Dass das nicht auf Jubelrufe seitens der Polizei stößt ist selbstverständlich.5 Denn nicht alles was die Polizei macht ist schlecht. Stattdessen sollte sie die Polizeiarbeit kontrollieren und im Falle einer Gewalttat die Situation objektiv analysieren und ggf. eine strafrechtliche Verfolgung möglich machen. Das Ziel dieser Kontrolle sollte so formuliert sein, wie es Amnesty International in Deutschland versucht zu umschreiben: Eine unabhängige Kontrollinstanz soll „die größtenteils sehr gute Polizeiarbeit strukturell unterstützen und verbessern, und letztlich durch mehr Transparenz und Verantwortung bei der Polizei auch das Vertrauen in die Polizei stärken“6 .
Durch solch eine Art von Transparenz könnte das Vertrauen in den Rechtstaat wieder hergestellt werden. Das was Werner Lehne zu Recht als größten Kritikpunkt nennt, wäre mit einer unabhängigen Kontrollinstanz zerschlagen. Das sollte der Polizei auch deswegen am Herzen liegen, als dass es nicht zu solch einer Situation wie in Los Angeles 1992 führen möge. Aber fehlendes Vertrauen und immer größer werdende Abneigung kann sich in Frustration und Wut entladen. Es ginge nicht darum ein mächtigeres Instrument als die Polizei zu erschaffen, sondern auf gleicher Augenhöhe die Arbeit der Polizei zu hinterfragen. Denn wenn wir strafrechtlich fundiert einen Menschen Gewalt antun (ohne aus Notwehr zu handeln) dann sollten wir dafür belangt werden, gleichgültig ob wir eine Dienstmarke tragen oder nicht.
Auch das Beispiel Polizeikommission in Hamburg hatte genau das Ziel – die Polizei effektiv und demokratisch zu kontrollieren – und hat es dennoch nicht erreicht. Warum nicht? Warum scheint das Modell einer Kontrollinstanz nicht zu funktionieren?
Warum gibt es rechtswidrige Polizeigewalt?
Zu aller Erst wäre es wertvoll eine genauere Unterscheidung zu unternehmen, was eigentlich die Polizisten zu dieser Gewaltbereitschaft und Brutalität führt. Ist es ein strukturelles Problem? Das heißt, sind es im Vorhinein gewaltbereite Menschen, die nur die Machtinstitution Polizei nutzen um ihre „Vorlieben“ legal auszuleben7. Oder aber sind es individuelle und unterschiedliche Faktoren die dazu führen, dass einige Polizisten in gewissen Situationen brutal, willkürlich und gesetzeslos handeln. Bei dem Beispiel Rodney King oder auch in den deutschen Beispielen, mag man schnell daran glauben das strukturelle Gewalt das Problem darstellt. Aber wer mit vielen Polizisten spricht, erkennt, dass in den deutschen Polizeischulen nicht der „Rambo“ oder der „Egoshooter“ gesucht wird, sondern der „Grautyp“. 8
Bei Demonstrationen zu unterscheiden, wer „angefangen“ hat, ist schon sicherlich schwieriger. Zum einen sind Demonstrationen bzw. Krawalle sehr emotional und werden durch viele Faktoren, wie zum Beispiel Rufe und Beleidigungen noch weiter aufgeheizt. Und auch Kameras können nicht jede Situation von Anfang an erfassen.
Zudem stehen die Polizisten, medial betrachtet, heute unter ständiger Beobachtung. Was bei den Unruhen 1992 noch nur dem Fernsehen möglich war, kann heute fast jede Person Gewaltexzesse dokumentieren – dank Handy und Video-Plattformen wie YouTube. So veröffentlichte die Internetplattform „Cop Watch LA“9 mehrere brutale Verhaftungsvideos, die später sogar in eine FBI-Untersuchungskommission mündeten.10 Dies ist eine machtvolle Technik, die nicht unterschätzt werden sollte. Allerdings sollte sie auch nicht überschätzt werden. Zum einen kann sie nicht alles beobachten und auch nicht von Anfang an. So gab es auch kritische Stimmen zur Verhaftung von Andrew Meyer, der 2007 zu einer Internetberühmtheit wurde. So soll der damals 21-Jährige seine ruppige Verhaftung selbst provoziert haben, doch das nahmen die Handykameras natürlich nicht auf.11 Des Weiteren kann YouTube nicht als Bürgerrechtsplattform umfunktioniert werden, zum einen gibt es insgesamt sehr viele Videos, von denen viele aufgrund der Gesamtmenge der kursierenden Videos, nur zu leicht übersehen werden und zum anderen werden solche Videos zu oft auch zu Propagandazwecken genutzt. Der Hass auf die Polizei in den USA ist vor allem in solchen Großstädten nicht gerade gering. Vor allem werden Videos gepostet die „Stimmung“ machen sollen, zum Beispiel vor Großdemonstrationen wie dem G-8-Gipfel.
Es gibt auch noch andere Argumente die gegen eine unabhängige Kontrollinstanz sprechen. Zum einen hätte solch eine Institution keinen entsprechenden Zeugenstatus vor Gericht (wenn es zur Anklage von Polizisten käme), nur die Polizei selber hat diesen besonderen Zeugenstatus. Auch hat zumindest die Polizei in Hamburg bereits durch die „Abspaltung“ des D.I.E. (Dezernat Interne Ermittlungen) an die Behörde für Inneres schon etwas für die unabhängige Kontrollinstanz getan. Zudem sind auch gesonderte Staatsanwälte für Amtsdelikte zuständig. Doch das überzeugendste Argument ist, dass man mit einer ganzheitlichen, unabhängigen Institution ganze Strukturen innerhalb der Polizei ändern müsste. Das liegt vor allem daran, dass man für eine Fallaufklärung Zeugen und Spurensicherung braucht – und das ist nun mal Aufgabe der Polizei. Das ist natürlich insoweit gefährlich, als das schon dort „Verschleierungen“ eines Tatbestandes möglich wären. Allerdings stellt sich die Frage nach der Machbarkeit und Sinnhaftigkeit einer unabhängigen Zeugenbefragung und Spurensicherung. Polizisten wissen am besten, dass gerade in bestimmten Milieus bei Ermittlungen, wie zum Beispiel der Drogenszene, die sogenannte Schwarz-Weiß-Zone eher zu einer Grauzone werden kann und dass die für einen Polizisten rechtlich vertretbaren Mittel auch gerne ausgereizt werden sollten. Hierbei ist es aber schwer den ermittelnden Polizisten zu be- und verurteilen.
Um dennoch gegen weitere Fehlverhalten seitens der Polizei entgegenzuarbeiten, wurden als weitere Maßnahme ein Rotationsprinzip eingeführt, welches Polizisten unmöglich macht Jahre bei ein und derselben Dienststelle zu verbringen und einen „Korpsgeist“ zu bilden, gegen den es schwer ist anzukämpfen.
Kontrolle der Polizeigewalt bislang schwer umsetzbar
Insgesamt ist es schwer ein Kontrollgremium einzuführen, welches im vollen Umfang effektiv die Polizei kontrollieren könnte. Zu schwer wiegen die Veränderungen innerhalb der polizeilichen Strukturen.
Zum Schluss sei nur kurz erwähnt, dass der Vergleich mit den Erkennungsmarken an den Polizeihelmen an einigen Stellen zumindest hakt. Man fordert diese Erkennungsmarken an den polizeilichen Helmen und argumentiert sehr oft mit dem (auch logischem) Grund: Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Warum aber funktioniert dieses Argument nicht woanders? Zum Beispiel in der Drogenpolitik. Die wenigsten Menschen sind dazu bereit Urin-, Blut- oder Haarproben abzugeben, damit der Chef sieht, wer eigentlich was konsumiert (und ob überhaupt natürlich). Hier kann man die gleiche Argumentation anbringen. Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Aber auch hier wird schnell das Gegenargument formuliert- es ist ein Eingreifen in die Privatsphäre. Natürlich ist es das. Doch wenden wir den Blick wieder zurück zur Polizei. Denn als weiteres Argument in der Debatte um die Kontrolle der Polizei kann angeführt werden, dass die Polizei als Exekutivorgan aber öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Die Polizei ja, aber nicht die Polizisten nach Feierabend. Wer also das Gut der Unantastbarkeit der Privatsphäre hochhält, der sollte es universell hochhalten, ansonsten droht ein Abstieg in die Heuchelei.
Wenn Polizeikommissionen und unabhängige Instanzen nicht greifen, weil sie die Struktur zu sehr einengen und nicht haltbar sind, muss man wohl etwas kleiner anfangen.
Insgesamt 98% der Ermittlungen in Sachen Polizeigewalt in Hamburg werden eingestellt. Laut der Polizei liegt es daran, dass den Polizisten mehr Glauben geschenkt wird, als dem vermeintlichen Opfer. Diese Glaubwürdigkeit hat sich die Polizei, nach Aussagen der D.I.E. auch hart erarbeiten müssen.
Natürlich ist die Verhältnismäßigkeit relevant. Es verlangt immer das Abwägen von Maßnahmen im öffentlichen Interesse gegenüber den dadurch entstehenden Einschnitten in private Interessen und Grundrechte. Aber was eigentlich bedeutsam ist, ist eine vollkommen andere Sache. Es geht um Transparenz.
Warum werden 98% der Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt? Welche Beweggründe gab es dafür? Nicht alles kann auf Glauben beruhen. Dem Bürger transparent die Gründe darlegen um die Nachvollziehbarkeit hinter der Einstellung des Falles rekonstruieren zu können. Transparent auch dann zu bleiben wenn es zur Anklage kommt und dem Bürger immer den Nachweis bringen, dass er nicht in einer Zwei-Klassen Gesellschaft lebt, in der die Polizisten Straftaten begehen können, ohne dafür belangt zu werden. Dass die Polizei teilweise versucht sich vor der Öffentlichkeit zu hüten bringt Werner Lehne nochmals auf den Punkt:
„Weiter kommt noch ein Phänomen hinzu, das unter dem Schlagwort “Mauer des Schweigens” oder auch “Korpsgeist” diskutiert wird: In einer Institution wie der Polizei besteht leicht die Gefahr, daß sich eine kollektive Haltung herausbildet, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die eigene Institution vor Angriffen aus der “Umwelt” zu schützen ist, indem die einzelnen Beamten sich wechselseitig aufeinander verlassen können und keine Informationen nach außen geben, die gegen Kollegen verwendet werden könnten. Dieser Mechanismus führt nicht nur zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aufdeckung und Aufklärung von Fehlverhalten, er macht es einzelnen Polizeibeamten auch nahezu unmöglich, innerhalb der Bahnen der internen Verarbeitung von Mißständen ihr Wissen konstruktiv einzubringen, ohne dadurch Nachteile zu erleiden und unter erheblichen sozialen Druck zu geraten.“
Hier ist noch ein weiterer Punkt relevant. Polizisten sind als keine besseren Menschen zu sehen. Sie machen Fehler. Wenn sie bewusst Fehlverhalten bejahen, dann haben sie den falschen Arbeitgeber gewählt. Wenn es aber unbewusst passiert, dann müssen sie dazu stehen und auch mit den Konsequenzen leben. Vollkommene Transparenz hierbei würde das Misstrauen auf beiden Seiten (Täter und Opfer) verkleinern und wäre ein wichtiger Schritt zum Abbau von Frustration, Wut und Disharmonie auf beiden Seiten. Wenn die Polizei nicht damit aufhört ihr Fehlverhalten „unter sich“ ausmachen zu wollen, ohne den Bürger zumindest zu erklären, was passiert ist und wie es gelöst werden kann, dann werden in Zukunft noch viel mehr YouTube-Videos zum Thema Polizeigewalt im Internet auftauchen.
Empfohlene Zitierweise: Goździelewska, Agnieszka (2012): Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]
Bibliographie:
Chancer, Lynn S.: High-profile crimes: when legal cases become social causes.
[u.a.]: Univ. of Chicago Press, Chicago 2005.
Friedrichs, Hauke: Schläger in Uniform [aus:] Zeit Online vom 08.07.2010 URL: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty [Abrufdatum: 15.01.2012]
Hagen, Kevin: Das große Schweigen. [aus:] Spiegel Online vom 08.07.2010 URL: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,705422,00.html [Abrufdatum: 15.01.2012]
Jefferson, Andrew M.: State violence and human rights: state officials in the South., Routledge-Cavendish, 2009.
Patalong Frank: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you [aus:] Spiegel Online vom 21.09.2007 URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,506937,00.html [Abrufdatum: 17.01.2012].
Report of the Independent Commission on the Los Angeles Police Department: Chapter 1: The Rodney King Beating. : S. 7. 1991. Als Download unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-20Chistopher%20Commision.pdf [Abrufdatum: 15.01.2012]
Weitere interessante Links:
http://www.amnesty.de/themenbericht/polizeigewalt-im-brennpunkt
- Weitere Informationen zu der Verhaftung Kings unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-%20Chistopher%20Commision.pdf (Abrufdatum: 17.01.2012) ↩
- Anm.: Man hatte den Prozess auf Antrag der Verteidigung in das benachbarte Venturra County verlagert. Dort war der Bevölkerungsanteil von Afroamerikanern sehr gering, weswegen keiner in die Jury einberufen werden musste ↩
- http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty (Abrufdatum: 15.01.2012) ↩
- Siehe http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/IKS/quellenundlinks/ki-21.html(Abrufdatum: 11.02.2012) ↩
- Anm.: In einem Schulprojekt habe ich insgesamt vier Polizisten und einen Polizeiausbilder interviewt und zwei Polizisten haben damals das immer größer werdende Misstrauen der Bevölkerung in der Polizei kritisiert. Dies würde sich vor allem bei Polizisten in diesem Maße äußern, das der Einwohner selber besser wisse, wie der Polizist sich zu verhalten habe. Bei einem Interview kam dann die Kritik des Polizisten, dass es ihm nicht einfallen würde einem Bäcker zu sagen, wie man Brötchen backen muss. ↩
- http://www.amnestypolizei.de/aktuell/taxonomy/term/20 (Abrufdatum: 15.01.12) ↩
- Hierbei könnte man nach der Sublimierungstheorie von Sigmund Freud behaupten, dass Polizisten ihre Position ausnutzen und sich der Sublimation mächtiger Triebe, wie den Sexual- und Aggressionstrieb, bedienen und somit ihre Triebe ausleben. Sublimierung ist charakterisiert durch Umwandlung sexueller Triebenergie in nicht-sexuelle Energien. (Vgl. Stein 1984, S.32). ↩
- Aus einem Interview mit einem Polizisten. Das Interview vom 28.12.2011 liegt der Autorin vor ↩
- Einsehbar unter: www.copwatchla.org ↩
- Frank Patalong: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you (aus:) Spiegel.de vom 21.09.2007 (Stand: 17.01.2012) ↩
- Wobei dennoch die Kritik angebracht wäre, dass Elektroschocks als sinnlose Polizeigewalt klassifiziert werden können, gleichgültig ob jemand provoziert oder nicht. ↩
James Bonds Kollegen: Der deutsch-deutsche Spionagefilm ist ein unbekanntes Kapitel der Popgeschichte
Daniel Craig als James Bond in “Skyfall”.
(Foto: Sony Pictures 2012)
Mit dem Erfolg des jüngsten James-Bond-Film “Skyfall” scheint die “Bonditis” wieder ausgebrochen, die vor 50 Jahren mit dem ersten Bond-Film begann. In den Sixties kämpften auf den Leinwänden auch deutsche Spionagehelden – gegen fiktive Superschurken, aber auch gegen höchst reale Zensoren auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Ein unbekanntes Kapitel deutscher Popgeschichte.
Seine Armbanduhr verbirgt ein Tonbandgerät, sein Koffer ein Schlauchboot und er verfügt über ein Mini-Tauchgerät. Seine Pistole trifft immer ihr Ziel, aber seine Gegner erledigt er lieber mit einem betäubenden Handkantenschlag, stets lächelnd und im tadellos sitzenden Anzug. Er raucht ausschließlich Zigarillos der Marke Monte Christo mit goldenem Mundstück. Frauen sind ebenso machtlos gegen seinen Charme wie Superschurken gegen seine Fäuste. Sein Spitzname: Mister Dynamit.
Auf den ersten Blick sieht der Mann mit dem explosiven Faustschlag und der ungewöhnlichen Begabung des Bauchredners einem bekannten britischen Spionagefilm-Helden zum Verwechseln ähnlich. Wären da nicht die Details. Etwa die geheime Dienstnummer: Es ist nicht die 007 sondern die 18. Mister Dynamit ist auch nicht in London verbeamtet sondern in Pullach. Und sein Name ist nicht Bond, sondern Urban. Robert Urban.
Der wichtigste Unterschied ist jedoch, dass James Bond ein Weltstar ist, Robert Urban jedoch weitgehend vergessen. Dabei war er einst nichts weniger als der deutsche 007. Mitte der Sechzigerjahre für eine Groschenromanreihe konzipiert, hätte der deutsche Held eine ähnlich erfolgreiche Karriere machen sollen wie sein ungleich bekannterer Kollege vom britischen Auslandsgeheimdienst MI6.
“Dr. No” (1962)
James Bond feiert dieser Tage sein 50. Leinwandjubiläum. Noch immer ist er ein „Agent des Zeitgeistes“, wie ihn sein Chronist, der bekennende Fan Werner Greve in einer gerade erschienenen analytischen Hommage genannt hat (Werner Greve: James Bond 007. Agent des Zeitgeistes, Vandenhoeck & Ruprecht 2012). Noch immer schreiben lizensierte Nachfolger die Romanabenteuer fort und noch immer entsteht alle paar Jahre ein Kinofilm. Bonds deutsche Kollegen sind unterdessen weitgehend vergessen. Die „Mister Dynamit“-Hefte erscheinen schon seit Jahren nicht mehr und auch andere harte Männer wie „Kommissar X“ oder „Jerry Cotton“ sind in der Krise. Dabei haben deutsche fiktionale Agenten eine mindestens ebenso brisante Geschichte wie ihr weltbekanntes britisches Vorbild. In den sechziger Jahren kämpften sie auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs — ein weitgehend unbekanntes Kapitel deutsch-deutscher Popgeschichte.
Es beginnt in der Zeit des Kalten Krieges, dessen Frontlinie mitten durch das besiegte Deutschland schneidet. Der Kalte Krieg ist eine symbolische Auseinandersetzung, die nicht nur mit dem taktischen Arsenal der Raketen, Panzersperren und dem Marschtritt der Paradestiefel ausgetragen wurde. In weiten Zügen war er ein Konflikt der Kultur, der die Grenzen zwischen „harten“ und „weichen“ Faktoren aufweichte: Als Bedrohung stationierte Raketen waren of nur Theaterkulissen während Filme und Romane als reale Waffen wirken konnten, deren ideologische Botschaften mitten im Feindesland zündeten. Niemand nahm dies so ernst wie die Zensoren.
Die Abenteuer des James Bond waren in der DDR verboten. Im Westen hingegen wurden sie ähnlich populär wie zuvor die aus Großbritannien schwappende Beat-Welle, die so genannte Beatlemania. Die zwischen in den Jahren 1953 bis 1965 erscheinenden Romane des Ex-Spions und Erfolgsschriftstellers Ian Lancaster Fleming verbreiteten sich zunächst in Buchform, dann als täglicher Comicstrip in Zeitungen, schließlich als Filme, die hunderte Millionen Pfund einspielten. Der „Spy Craze“ umfasste bald viel mehr als nur Romane und Kinofilme. Die Modewelle erstreckte sich auf Armbanduhren, Autos, Herrendüfte und Wodkasorten, die in einem bislang einzigartigen product placement mit dem Namen James Bond verbunden waren. Tatsächlich aber war der von Fleming geschaffene Charakter weder der einzige, noch der erste fiktive Spionageheld mit Dienstwaffe und Codenummer.
In Frankreich etwa veröffentlichte seit 1949 der Autor Jean Bruce die Abenteuer des Geheimagenten OSS 117, erst kürzlich parodistisch neuverfilmt mit Jean Dujardin. Sammler zählen mehr als 200 Agentenfilme allein im Verlaufe der Sechzigerjahre. Die meisten von ihnen zeigten starke Ähnlichkeit mit der Fleming’schen Welt. So entkam 1965 Geheimagent 505 der „Todesfalle Beirut“ und auch die Amerikaner zog es in „Geheimauftrag CIA – Istanbul 777“ in die Türkei. Dazu kamen Fernsehserien wie „Get Smart“, „I Spy“, „The Saint“ oder „Amos Burke – Secret Agent“.
Refugium des Herrenwitzes: Humor aus der prä-feministischen Ära
In den USA spielt Dean Martin die Rolle des Geheimagenten Matt Helm und James Coburn den Agenten Derek Flint, der sich während seiner Anstrengungen zur Rettung der Welt stets mit leicht bekleideten jungen Frauen umgibt. Die meisten westlichen Spionagehelden tragen weniger zur Interpretation des Kalten Krieges als vielmehr zur populären Ausgestaltung des Playboys bei und tragen einen altbackenen Herrenwitz und ausgewachsene Macho-Allüren zur Schau.
Die Deutschen tun zunächst schwer mit dem Anschluss an die angloamerikanisch geprägte „Spy Fiction“. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich das Konzept des deutschen Nationalhelden ohnehin in der Krise. Die militaristischen Flieger-Asse, Frontkämpfer und Kolonialoffiziere hatten als Helden ausgedient. Ein erfolgreicher Versuch das neue Genre zu beerben war neben „Mister Dynamit“ die Verfilmung der „Kommissar X“-Groschenromane, deren rund 500 Titel im Rastatter Pabel-Verlag erschienen waren und es in den Sechzigern auf eine Gesamtauflage von 60 Millionen gebracht hatten. Allein im Jahr 1966 werden drei davon für die Leinwand verfilmt.
Kommisar X – der bundesdeutsche James Bond ist ein Versicherungsagent.
Tom Walker alias Kommissar X kämpft darin gegen geheime Killerorganisationen wie die „Gelben Katzen“, die ihre Opfer mit Karateschlägen töten, doch ist der Titelheld kein Geheimagent, sondern als Versicherungsdetektiv tätig: eine sehr deutsche Variante. Produzent T.M. Werner zufolge unterschieden sich Bond und Walker „beruflich wie ein Sprengmeister von einem Jagdflieger.“ Zuerst noch im Einsatz gegen die weltbedrohende Laserwaffe eines Atomphysikers, zeigt sich Kommissar X auf seinen weiteren Missionen dem Zeitgeist gegenüber äußerst anpassungsfähig und kämpft in den psychedelischen Sixties gegen die Modedroge LSD. Mit der experimentierten nach eigenen Angaben auch seine Schöpfer – was man den Filmen gelegentlich anmerkt.
Einen der aussichtsreichsten Versuche zum internationalisierten Genre aufzuschließen unternimmt eine europäische Co-Produktion, die den Deutschen Horst Buchholz in geheimer Mission nach Istanbul entsendet um dort einen Atom-Physiker aus den Händen einer verbrecherischen Organisation zu befreien. Der ehemalige Halbstarke bewegt sich stilsicher zwischen Spielcasinos, türkischen Bädern und Hafenschlägereien, doch trotz Star-Besetzung mit etablierten deutschen Bösewichten wie Klaus Kinski und Mario Adorf und malerischen Drehorten ist „Estambul 65“ („Unser Mann aus Istanbul“) keine Fortsetzung vergönnt.
“Tpoas” (1969)
Den westdeutschen Beiträgen zum „Spy Craze“ ist mit ihrem Vorbild gemeinsam, dass der Kalte Krieg in der Handlung nur mittelbar eine Rolle spielt. Während Filme von Alfred Hitchcock („The Torn Curtain“, “Topas”) oder John Frankenheimer (“Seven Days in May”) auf den Realismus setzten, der später zum Markenzeichen der spy novels eines John Le Carré werden wird, setzt die popkulturelle Ausgestaltung der „Bonditis“ auf grellbunten Konsum. Mehr noch als Kalte Krieger sind die Geheimagenten, die aus der Popkultur kamen, Snobs und Playboys, die dem Hedonismus weit stärker anhängen als einem platten Antikommunismus.
Für den Ostblock macht sie das umso gefährlicher. Die Angriffe der westlichen Popkultur spürt niemand so deutlich wie die Kulturbehörden der DDR. Die Freie Deutschen Jugend leitet immer wieder Dokumente an die Staatssicherheit weiter, in denen Jugendliche anonym die Vorführung westlicher Agentenfilme fordern. Schließlich entschließt man sich zum cineastischen Gegenschlag. Im Jahr 1963, zwei Jahre nach Bau der Berliner Mauer, kreiert die ostdeutsche Filmproduktion DEFA ein neues Genre: den so genannten Kundschafter-Film. In dem sozialistischen Beitrag zum Spionagegenre tritt der Kundschafter als ideologisch gefestigter Agent des Sozialismus auf. Seine Mission: die Demontage des dekadenten Westens.
“Der Kundschafterfilm: eine Waffe gegen den Imperialismus”
Als Mutter des Genres gilt der Film “For Eyes Only”, den der Regisseur János Veiczi 1963 für die DEFA dreht. Der Schauspieler Alfred Müller spielt darin den DDR-Spion Hansen, der als vermeintlicher Republikflüchtling den Bundesnachrichtendienst unterwandert und einen Plan zur Invasion der DDR verhindert. Wichtiger noch als diese grob gestrickte Rahmenhandlung ist die Darstellung der westlichen Popkultur. Musteragent Hansen ist der westliche Lebensstil zuwider: Er trinkt lieber Milch statt Alkohol, verabscheut obszöne Modetänze wie den Twist und ist ein treu sorgender Familienvater. Nebenbei bietet der Film eine für DDR-Produktionen ungewöhnliche Portion Action. Am Ende kommt es zu einer spektakulären Flucht über die deutsch-deutsche Grenze: von West nach Ost.
DEFA-Presseinformation zu “Eyes Only” (1963)
„For Eyes Only“ wird zum Erfolg. Das Programmheft führte das „außerordentliche Interesse“ bei den Zuschauern auch auf das gewählte Genre zurück: „Der Kundschafterfilm erfreut sich seit jeher besonderer Aufmerksamkeit, vor allem bei einem jugendlichen Publikum.“ Vom westlichen Vorbild man grenzt sich bewusst ab: der Film führe „seinen Helden nicht als einen Supermann vor, wie er bei ähnlichen Filmen aus der bürgerlichen Produktion hinreichend bekannt ist. Die Schwere der Kundschaftertätigkeit wird deutlich, weil er es mit hochqualifizierten Gegnern zu tun hat, die auch über entsprechende technische Möglichkeiten verfügen.
So lösen sich die für ihn auftauchenden Probleme nicht mit einer charmanten Handbewegung, sondern nur durch hohen persönlichen Einsatz, durch entsprechend kluge Reaktionen.“ Dieser Realismus mache ihn zu einem Instrument sozialistischer Erziehung, der „auf hervorragende Weise geeignet ist, an seinem Beispiel über Fragen der patriotischen Erziehung zu sprechen, über die Abwehr imperialistischer Machenschaften gegen die DDR und die sozialistische Staatengemeinschaft“. Die Serie „Das unsichtbare Visier“ beerbt das Genre erfolgreich im DDR-Fernsehen.
Die popkulturellen Waffen des Ostens werden auch im Westen gefürchtet. Eines der dunkelsten Kapitel der Kulturgeschichte des Kalten Krieges ist die Zensur. Nicht nur im Osten, auch im vermeintlich freien Westen werden die fiktionalen Unterhaltungswerke des politischen Gegners unterdrückt. Dafür ist der „Interministeriellen Ausschusses für Ost/West Filmfragen“ zuständig. Die Aufgabe dieser ominösen, im Verborgenen agierenden Kommission war nichts anderes als die Zensur kommunistischer Filme. In dem 1953 auf Initiative des Innenministeriums der Bundesrepublik gegründeten Gremium, das bis 1966 in Kraft war, saßen neben Vertretern der Ministerien auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz: Reale Geheimdienstler verhandelten hier die fiktionalen Agenten.
Es ist schwer vorstellbar, dass man die Leinwandabenteuer eines Mister Dynamit, eines Kommissar X oder eines sozialistischen Saubermannes einst so ernst nehmen konnte, dass sich Behörden mit ihrem Verbot befassten. Diese kulturellen Kämpfe aber nur als Nebenschauplätze der politischen Auseinandersetzung zu begreifen, hieße den Kalten Krieg zu verkennen. Ein Konflikt, der auf der Ebene von Symbolen geführt wurde und im Kern ideologisch war, musste Ideen und Kulturprodukte als reale Waffen betrachten. So antiquiert uns heute die Helden aus jenen Jahren vorkommen mögen: Sie haben zeithistorische Bedeutung. Schließlich waren es keine Minikameras, Abhörprotokolle, Überläufer oder Strategieinformationen aus dem Arsenal der geheimen Dienste, die den Kalten Krieg am Ende entschieden. Den realen Sozialismus besiegten vielmehr die hedonistischen Verheißungen des Kapitalismus: Wohlstand, Konsum und grenzenlose Freizügigkeit. Selten dürften diese Verlockungen besser geschüttelt und schöner gerührt worden sein, als in der Popkultur des 20. Jahrhunderts und die hatte mehr Agenten als nur einen James Bond.
Dieser Essay ist eine gekürzte und überarbeitete Version eines Vortrages, den Bodo Mrozek auf der Konferenz „Cold War Culture. The Global Conflict and its Legacies in Germany since 1945“ der School of History des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und der University of Cambridge am 20. September 2012 hielt. Er wurde gedruckt in der Literaturbeilage der Wochenzeitung Die Zeit (Nr. 45, November 2012, S. 16-17) und erscheint hier erstmals online.
“Für die Kisten produziert” – künstlerische Fotografie in der DDR
Mit der Ausstellung “Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1949 – 1989″ zeigt die Berlinische Galerie erstmals eine umfangreiche Sammlung von DDR-Künstlern, die – ausgehend von Werken über die Nachkriegszeit – vielfältige Spuren des ehemaligen Staates sichtbar machen. Ohne die Geschichte der DDR in den Mittelpunkt zu stellen, widmet sich die Ausstellung ganz den Künstlern – Arno Fischer, Sibylle Bergemann und Christian Borchert u.a. – und ihren Werken.
Wie gelang es den Künstlern, unabhängig von staatlicher Repression zu arbeiten? Zeichnen sich künstlerische Linien ab, die parallel zu westlichen Entwicklungen verlaufen? Und können künstlerische Fotografien aus der DDR gezeigt werden, ohne sich gleichzeitig mit der DDR als historischem Gegenstand zu beschäftigen?
Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” in der Berlinischen Galerie sprechen wir mit Direktor Thomas Köhler über die Fotografie als künstlerisches Medium, die Bedeutung der Fotografie in der DDR und den Vermittlungsauftrag von Museen und Galerien.
Und hier noch die Timeline zum Gespräch
0:41 Berlinische Galerie als gesamt-Berliner Galerie
2:08 DDR-Geschichte steht nicht im Vordergrund, das Werk soll an sich wirken
6:03 die Rolle der Fotografie in der DDR
9:05 eine Liberalisierung über die Jahre ist erkennbar
11:58 es fand ein kreativer Austausch der Fotografen von Ost und West statt
15:08 die Aufarbeitung von Kunst in der DDR ist noch nicht abgeschlossen
18:05 kann es künstlerische Fotografie in der Diktatur geben?
21:00 auch Schulklassen kommen in die Ausstellung
23:00 Montagsradio Fragebogen
Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/11/29/fur-die-kisten-produziert-%E2%80%93-fotografie-in-der-ddr/
Individuelles Lebensgefühl oder ideologische Bildpropaganda?
In der DDR wurde die Fotografie als Kunstform erst in der zweiten Hälfte der 70er Jahre anerkannt. Die Ausstellung “Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1949 – 1989″ in der Berlinischen Galerie zeigt nun Arbeiten, die den Zeitgeist mehrerer Generationen widerspiegeln. Im kommenden MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen wir mit dem Direktor der Berlinischen Galerie, Dr. Thomas Köhler, über Fotografie als künstlerisches Medium und die Rolle der Fotografie in der DDR.
Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/11/26/individuelles-lebensgefuhl-oder-ideologische-bildpropaganda/
Der Ursprung des Anti-Amerikanismus
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| Typische anti-amerikanische Darstellung |
| Man beachte die Sprache. |
Dieser Lesart zufolge habe Deutschland "Kultur" - man muss sich im Geiste dazu Goethe, Mozart und Hegel denken - während die USA zwar die Annehmlichkeiten der "Zivilisation" besitzen - also Kühlschränke, Autos und Telefone - aber eben jegliche geistige Entwicklung vermissen ließen. Verstärkt wurden diese Vorurteile durch Reiseberichte, die im Tenor negativ die neuen Entwicklungen und Trends aus den USA in den Fokus rückten, vor allem den Jazz, Radio und den aufkommenden Massenkonsum. Da diese Entwicklungen zeitverzögert auch in Deutschland ankamen und im konservativ und völkisch geprägten Rechts-Milieu auf Ablehnung stießen, konnte der Anti-Amerikanismus massentauglich werden, war man doch mit dem "amerikanischen Sittenverfall" bereits vor der eigenen Haustüre konfrontiert. Zusätzlich eigneten sich die USA mit ihrer schwarzen Bevölkerung und der vergleichsweise geringen Diskriminierung von Juden als Projektionsfläche für rassistische Ressentiments. Diese Entwicklung verstärkte sich in der Nazi-Diktatur natürlicherweise noch und fand ihren Höhepunkt während des Krieges.
| Anti-amerikanische Demo 1984 |
| Anti-amerikanisches Graffiti in Venezuela |
Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/11/der-ursprung-des-anti-amerikanismus.html
(H-Soz-u-Kult): 0,5 Wiss. Mitarb. “Neuere Geschichte, Zeitgeschichte” (FU Berlin) // 0,5 Assistent/in “Geschichte des Spätmittelalters und der Renaissance” (Univ. Basel)
Die deutsche Einheit, Teil 1
| Brandeburger Tor, Dezember 1989 |
| Michail Gorbatschow, 1986 |
| Khomeinis Rückkehr 1979 löste die 2. Ölkrise aus |
| Abzeichen der Friedensbewegung, einer starken opp. Strömung |
| Grenzbefestigung in Tschechien |
| Der Platz des Himmlischen Friedens |
Bildnachweise:
Brandenburger Tor - DoD photo, USA (gemeinfrei)
Gorbatschow - RIA Novosti archive, image #359290 / Yuryi Abramochkin (CC-BY-SA 3.0)
Khomeini - sajed.ir (GNU 1.2)
Logo - unbekannt (gemeinfrei)
Grenze - Ladin (GNU 1.2)
Platz - LuxTonerre (CC-BY-SA 2.0)
Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/10/die-deutsche-einheit-teil-1.html

