Archiv für Mai 2013

Sven Lewandowski: Die Pornographie der Gesellschaft. Beobachtungen eines populärkulturellen Phänomens. Bielefeld: transcript Verlag 2012.

Sven Lewandowski versucht mittels der ungewöhnlichen Kombination von Psychoanalyse und Systemtheorie der Relevanz pornographischer Inhalte innerhalb der Gegenwartsgesellschaft nachzuspüren. Neben dem Internetphänomen der Amateurpornographie untersucht er dabei aus soziologischer und medienanalytisch informierter Perspektive Geschlechterverhältnisse, ‚Perversionen‘ und andere Erscheinungen des Pornographischen. Lewandowski wagt sich damit unter Zuhilfenahme einer der abstraktesten Theorien der Wissenschaftslandschaft an eines ihrer emotionalisiertesten und randständigsten Themen. Hierdurch gelingt es ihm, einen gehörigen Abstand zwischen das Alltagsphänomen Porno und dessen theoretische Betrachtung zu bringen, er entfernt sich damit aber gleichzeitig in gewisser Weise von seinem Gegenstand.

Mineke Bosch, Ulrike Krampl, Hanna Hacker (Hg.): Spektakel. Köln u.a.: Böhlau Verlag 2012.

Die von Bosch, Hacker und Krampl herausgegebene Ausgabe von L’Homme ist dem Zurschaustellen als bewusst gewähltem Akt der Grenzauslotung und potentiellen Grenzüberschreitung, aber auch der damit einhergehenden Reproduktion der Geschlechterrollen gewidmet. Die Autor/-innen beleuchten dabei vor allem anhand verschiedener Lebensgeschichten unterschiedliche Möglichkeiten und Herangehensweisen, dem eigenen Leben einen spektakulären Aspekt und damit Möglichkeiten der Selbstermächtigung und Selbstdarstellung zu geben. Leider mangelt es den Texten an einem soliden theoretischen Fundament, beziehungsweise an klaren Begriffsdefinitionen, die für das Verständnis der Kategorie ‚Spektakel‘ hilfreich gewesen wären, so dass eine schlüssige Einordnung der einzelnen Beiträge in den Gesamtkontext des Bandes ausbleibt.

Thorsten Hunsicker: Männlichkeitskonstruktionen der Jungenarbeit. Eine gender- und adoleszenztheoretische Kritik auf empirischer Grundlage. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag 2012.

Hunsicker entwickelt eine psychoanalytische Theorie der Adoleszenz und kombiniert diese mit dekonstruktivistischer Geschlechtertheorie. Auf dieser Basis kritisiert er eine Jungenarbeit, die eine Stabilisierung männlicher Identität anstrebe und keine umfassende (selbst-)kritische Reflexion von Geschlechterhierarchien, -dualismen und -zuschreibungen praktiziere. Daraus entstehe eine Reproduktion von Geschlechternormen und innermännlichen Hierarchien, was die Entwicklung von Reflexivität und Autonomie in der Adoleszenz behindere. Hunsickers inhaltlich spannende Studie könnte wichtige Diskussionen innerhalb der geschlechtssensiblen Pädagogik beleben, was durch die teilweise unverständliche und unklare Darstellung jedoch erschwert wird.

Norbert Ricken, Nicole Balzer (Hg.): Judith Butler: Pädagogische Lektüren. Wiesbaden: Springer VS 2012.

Ausgehend von Judith Butlers subjekt- und gesellschaftstheoretischen Interventionen beleuchten die Autor/-innen des erziehungswissenschaftlich orientierten Sammelbandes unterschiedliche Verhältnisse von Bildung und Geschlecht. In dem klar strukturierten Buch berücksichtigen sie dabei sowohl allgemeine Verflechtungsbeziehungen, theoretische Zusammenhänge als auch empirische Studien und interdiskursive Lektüren. Der solchermaßen umfassend herausgearbeitete Einblick in das erziehungswissenschaftliche Potential von Judith Butlers Theorie rahmt ihren hier erstmalig veröffentlichten Aufsatz „Gender and Education“ überzeugend ein.

Lou-Salomé Heer: „Das wahre Geschlecht“. Der populärwissenschaftliche Geschlechterdiskurs im SPIEGEL (1947–2010). Zürich: Chronos Verlag 2012.

Die vorliegende Diskursanalyse des populärwissenschaftlichen Geschlechterwissens war zweifelsohne überfällig. Lou-Salomé Heer zeigt in ihrer empirischen Studie, die auf einer Lizenziatsarbeit an der Universität Zürich beruht, am Beispiel von Titelgeschichten und Titelbildern des SPIEGEL, dass der mediale Geschlechterdiskurs seit den 1990er Jahren durch die Soziobiologie geprägt wird. Die anregende explorative Untersuchung lenkt die Aufmerksamkeit auf die ambivalente Bedeutung der Medien bei der Produktion und Reproduktion (populär)wissenschaftlichen Geschlechterwissens und gibt Anstöße für vertiefende Studien. In methodischer Hinsicht bleibt die vorliegende Analyse jedoch leider unbefriedigend, was den Erkenntnisgewinn einschränkt.

Heinz-Jürgen Voß: Intersexualität – Intersex. Eine Intervention. Münster: Unrast Verlag 2012.

Voß stellt in seinem kleinen Band die wichtigsten Ergebnisse der neueren Outcome-Studien zu den Behandlungsergebnissen an Intersexen vor. Dazu werden vorab die relevanten Begriffe sowie die medizinischen Behandlungsmethoden vorgestellt. Schließlich werden diese Ergebnisse aus medizinethischer Perspektive bewertet, und es wird die Forderung erhoben, Menschen aufgrund ihrer Verschiedenheit auch in der medizinischen Praxis anzuerkennen.

Monika Kubrova: Vom guten Leben. Adelige Frauen im 19. Jahrhundert. Berlin: Akademie Verlag 2011.

Monika Kubrova hinterfragt konsequent ideologische Konstrukte und bürgerliche Kategorien wie die einer Geschlechterpolarität im Hinblick auf die Lebenswelt adliger Frauen. Ihr methodischer Ansatz ist der der Relationalität des Geschlechterbegriffs, der sich aus dem jeweiligen Kontext entschlüsselt, wobei die Konzepte von Adeligkeit, Familie, Geschlecht und Autobiographik die Forschungsansätze bilden. Es finden sich vielfältige weibliche Lebensgeschichten zu Ende des 19. Jahrhunderts, sowohl in einer Art von Normalbiographie im Familien- und gesellschaftlichen Rahmen als auch in einer beruflichen Bindung, wie es für ledige Frauen möglich schien. Erst mit biographischen Konflikten, also mit dem Verlassen des Schutzraums des Adels, wurde das Geschlecht an sich zu einer Kategorie von Benachteiligung.

Gesamtausgabe querelles-net 14(2)

Quelle: http://www.querelles-net.de/index.php/qn/article/view/1085

Ausgabe 142

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A Case of Business Failure. The Netherlands Trading Company (NHM) in Japan, 1859 to 1881

In late December 1880 the Nederlandsche Handel-Maatschappij N.V. (Netherlands Trading Company Ltd. hereafter: NHM) closed its last remaining sales office in Japan. The NHM was probably one of the largest and most successful Dutch trading houses from the mid-1850s. Why did the NHM fail and decided to pull out of Japan? I will argue that the failure was mainly due to the loss of old and profitable networks after the Meiji Restoration of 1868 and the inability of the NHM to establish the same kind of links with the new Japanese government. The exit of the NHM mirrors the decline of Dutch economic relations with Japan after 1859. The once prominent position of the Dutch was lost to other western countries, notably Great Britain, the United States, France and Germany. The failure of the NHM can hardly be attributed to only exogenous or endogenous factors. The revolutionary changes introduced after the Meiji Restoration could not have been foreseen by any businessmen. The NHM sales offices may have failed in Japan, but the company as a whole continued to prosper in the Dutch East Indies and other markets. Business history is mainly concerned with investigating and explaining the successes of entrepreneurs and shows relatively little interest in business failures creating an unbalanced view of the history of business. The history of the NHM in Japan provides an opportunity to investigate a case of business failure and the many factors that influence entrepreneurship. Entrepreneurs often try out new products and probe new markets. When the results are disappointing, they pull out. Failed investments can provide valuable lessons and a company may try to enter the same market again as the NHM did successfully in the 1920s when it opened offices in Kobe, and after the Second World War in Osaka and Tokyo.

  • Content Type Journal Article
  • Pages 105-125
  • Authors
    • Ferry de Goey, Erasmus University Rotterdam