Mit den Greifen über Schweden

Malmö Aviation auf dem Flughafen von Umeå Foto: CC-BY Michael Meichsner

Malmö Aviation auf dem Flughafen von Umeå
Foto: CC-BY Michael Meichsner

Gullydeckel der Kommune Malmö im Museum Malmöhus slott Foto: CC BY Michael Meichsner

Gullydeckel der Kommune Malmö im Museum Malmöhus slottFoto: CC-BY Michael Meichsner

 

Auf meinem letzten Inlandsflug in Schweden war der pommersche Greif ein Begleiter, den ich nicht unbedingt erwartet hatte. Die schwedische Fluggesellschaft Malmö Aviation trägt den gekrönten pommerschen Greifen in ihrem Firmenlogo und auch die Bordzeitung des Unternehmens trägt den kurzen Titel Grip, also Greif.

Bei genauerer Betrachtung ist der Greif in und um Malmö ein ständiger Begleiter: Er wird von weiteren Firmen genutzt, die ihren Sitz in Schonen haben bzw. hatten: Die Lundenser Studentenverbindung Malmö Nation nutzt ihn als Symbol und benennt ihre Studentenzeitung auch nach dem Greifen. Die Suche schweift von der Luft zum Boden – auch die Gullydeckel in Malmö zeigen den Greifen.

Der Anfang dieser Darstellungsbegeisterung ist in der Wappenverleihung Eriks von Pommern an Malmö 1437 zu suchen. In dem erhaltenen Privileg heißt es, die Gemeinde Malmö solle für immer die beschriebenen Wappen und Kleinodien auf ihrem Siegel und Schild führen. Folgend wurde das Wappen näher beschrieben: auf weißem Feld ein roter Greifenkopf mit rotem Hals und roten Ohren mit einer goldenen Krone auf dem Haupt sowie auf dem Helm ebenso ein rotes Greifenhaupt mit einer goldenen Krone sowie einem Busch weißer und roter Straußenfedern. Zur genaueren Beschreibung findet sich auf dem Wappenprivileg eine Zeichnung dieses Wappens.

 

Wappenbrief Malmös vom 23.04.1437, Stadtarchiv Malmö Foto: CC BY-SA Sven Rosborn

Wappenbrief Malmös vom 23.04.1437, Stadtarchiv Malmö
Foto: CC-BY-SA Sven Rosborn

Nach einer kurzen Recherche zeigt sich, dass das Malmöer Wappen heute das einzige offizielle Kommunalwappen in Schweden ist, das den Greifen zeigt und somit auf die Zeit des ersten Unionskönigs der Kalmarer Union zurückgeht. Auf der Ebene der schwedischen Regionen findet sich noch das Wappen Schonens, das ebenso den Greifen zeigt. Dieses geht jedoch auf spätere Entwicklungen zurück, als Schonen nach 1658 an Schweden fiel und kein eigenes Wappen hatte. Zur Repräsentation der neugewonnenen Landschaft auf dem Begräbnis Karls X. Gustav 1660 wurde kurzerhand ein neues geschaffen, wobei man sich an dem Wappen Malmös orientierte. In Dänemark findet sich kein einziges Kommunalwappen, welches auf die Herrschaft des Greifen Erich von Pommern zurückzuführen ist.

Die Privilegierung Malmös steht in Zusammenhang mit einer Konzentration des Königs aus dem Greifengeschlecht auf die Öresundregion. Seit März 1413 stärkte Erik von Pommern diese Region in wirtschaftlicher, militärischer und politischer Hinsicht. Er gründete die Stadt Landskrona, befestigte die östliche Seite des Öresunds mit der Festung Krogen und verlagerte die Stadt Helsingör. Darüberhinausgehend erwarb er Kopenhagen für das dänische Königtum. In Malmö verlieh er dem Rat weitere Privilegien und sorgte für die Befestigung der Stadt.

Die visuelle Anbindung Malmös an das Herrscherhaus der Greifen ist in Spannungen innerhalb der Kalmarer Union zu suchen. Erik von Pommern entstammte dem Geschlecht der pommerschen Herzöge aus der Seitenlinie der Herzöge von Pommern-Stolp und erhielt zunächst den typischen Namen Bogislaw. Durch dynastische Zufälle und die energische Politik seiner Ziehmutter Margrete I. von Dänemark avancierte der junge Pommer zum Thronfolger in Dänemark, Schweden und Norwegen als Erik VII., Erik XII. und Erik III. Ab 1397 war er Regent der Kalmarer Union, die diese drei Königreiche zusammenfasste. Nach dem Tod Margaretes I. 1412 war Erik Alleinregent, wobei er die Interessen der verschiedenen Reichsräte stets in seine Politik mit einkalkulieren musste. Solange der Interessenausgleich funktionierte waren keine größeren Spannungen innerhalb der Union festzustellen. Dies wandelte sich jedoch in den 1430er Jahren. In Schweden brach 1434 ein Aufstand aus, der sich zunächst gegen eine Erhöhung von Abgaben richtete. Diesem Aufstand schlossen sich schwedische Hochadlige an, wobei nun v.a. die zentralistische Regierungsweise Eriks mit der Bevorzugung nichtschwedischer Adliger für schwedische Reichsgüter und dessen Thronfolgepläne für die drei nordischen Königreiche im Mittelpunkt standen. Zunehmend vehementer versuchte der König eine pommersche Thronfolge für die Unionsreiche durchzusetzen. Ins Auge fasste er dabei seinen Cousin Bogislaw IX., der auch im oben erwähnten Wappenbrief Malmös als Thronfolger genannt ist. Angesichts dieser Politik einer Bevorzugung pommerscher Verwandter des Königs – Bogislav wurde mit bedeutenden Burgen und Besitzungen in Dänemark bedacht – brach auch Unmut im dänischen Reichsrat aus.

Auch wenn 1436 ein Ausgleich zwischen Erik und dem schwedischen Reichsrat erzielt werden konnte, waren die Probleme, die Erik mit dem Adel seiner Reiche hatte, nicht vollständig ausgeräumt. Auch in Dänemark wuchs 1438 die Unzufriedenheit mit Eriks zentralistischem Regierungsstil und seinen Plänen, die Greifen als Erben der Unionskönigswürde zu installieren. Der Konflikt zwischen den Mitgliedern der Reichsräte und Erik von Pommern kulminierte schließlich 1439 in der aufeinander folgenden Absetzung Eriks  als König in Dänemark und Schweden. Die Norweger schlossen sich dieser Entscheidung später an – die Union zwischen den Reichen sollte aber fortbestehen. Die Wappenverleihung an Malmö ist in diesem Kontext als Versuch des Königs zu verstehen, in einer schwierigen Zeit Verbündete in einer der wichtigsten Handelsstädte der Öresundregion zu gewinnen.

Um den Konflikten in seinen Reichen zu entgehen und um eine zentrale Position im Ostseeraum einzunehmen, zog sich Erik 1438 nach Gotland zurück. Von dort aus versuchte er bis 1449 weiterhin Einfluss auf die Entwicklungen innerhalb der Kalmarer Union zu nehmen. Gotland war auch schon vorher ein sicherer Hafen für Erik. Das Privileg für Malmö wurde1437 so auch auf der Visborg abgefasst – seit dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts eine der bedeutendsten Burganlagen des Ostseeraums. Seinen Lebensabend verbrachte Erik schließlich wieder als Herzog von Pommern-Stolp, er starb 1459 in Rügenwalde/Darłowo.

An die Zeit des Unionskönigs aus dem Greifengeschlecht erinnern also noch heute der Greif im Stadtwappen Malmös oder die Fluggesellschaft Malmö Aviation. Auch wenn Erik von Pommern seine Königswürde am Ende verlor, ist es noch möglich mit dem König  über Schweden und die Ostsee zu reisen…

Malmö Aviation über Schweden Fotos: CC BY Michael Meichsner

Malmö Aviation über Schweden
Fotos: CC BY Michael Meichsner

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2715

Weiterlesen

Eine Beobachtung an der Carta Marina des Olaus Magnus

Carta_Marina

Die Carta Marina in einer späteren verkleinerten und kolorierten Fassung von 1572.
CC-BY James Ford Bell Library, University of Minnesota
Neben der Bayrischen Staatsbibliothek München besitzt die Universitätsbibliothek in Uppsala eines von heute noch zwei erhaltenen Exemplaren der Carta Marina von 1539 und stellt auf ihrer Homepage hochaufgelöste Scans bereit.
http://www.ub.uu.se/en/Collections/Map-collections/Section-for-Maps-and-Pictures-map-collection/Carta-Marina/

 

Die Kopfzeile unseres NordicHistoryBlogs ziert nicht ohne Grund ein Ausschnitt der Carta Marina. Diese 1539 in Venedig erstmals im Druck erschienene Karte zeigt eine Fülle an historischen, ethnografischen sowie phantastischen Details und dazu die erste geographisch annähernd korrekte Darstellung des europäischen Nordens.

Der Schöpfer dieser Karte Olaus Magnus musste seine Karte im italienischen Exil fertigstellen, wohin es ihn mit seinem Bruder Johannes aufgrund der Einführung der Reformation in Schweden 1527 verschlagen hatte. Beide Brüder waren wichtige schwedische Gelehrte, die sich um die Geschichtsschreibung ihrer Heimat verdient gemacht haben.

Geht es um die Vorstellungen, die man im 16. Jahrhundert vom Norden hatte, kommen wir an dieser Karte gar nicht vorbei – als Illustration für die Website des NordicHistoryBlogs verweist sie auf die mannigfaltigen Imaginationen über den Norden durch die Geschichte bis heute.

Ich möchte und kann an dieser Stelle nicht auf die Fülle an Details eingehen, die auf der Carta Marina zu finden sind – es wird im Folgenden nur um ein Detail gehen, das aber mehrfach auf der Karte erscheint.

Bestimmten Orten sind von der jeweiligen Seeseite her kleine Anker zugeordnet. Insgesamt finden sich 14, wovon drei auf dem Druckstock A an der Südküste Islands und die restlichen elf auf dem Druckstock H liegen – jeweils einer an der Nordspitze Dänemarks, bei Varberg, bei Lyckeby, vor Stockholm und bei Gotska Sandön sowie zwei bei Öland und vier um Gotland. Diese Verweise auf Ankerplätze oder schiffbare Naturhäfen sind so ausgewählt platziert, dass sie doch einige Kenntnisse über die jeweiligen geographischen Gegebenheiten vermuten lassen – Naturhäfen und Handelsplätze außerhalb großer Städte fanden sich in der Zeit viel mehr und gerade die südliche Ostseeküste zeigt nicht eines dieser Ankersymbole.

CM Gotland

Gotland, Detail der Carta Marina
CC-BY James Ford Bell Library, University of Minnesota

Ich möchte mich nun v.a. auf die vier Anker um Gotland konzentrieren und versuchen aufzuzeigen, wie Olaus Magnus auf die Orte gekommen sein könnte. Doch zunächst: Welche Landhäfen kann Olaus gemeint haben?

Gotland erscheint vergleichsweise kompakt auf der Carta Marina und in seiner eigentlichen Nord-Süd-Ausdehnung nicht sonderlich gut getroffen – auch wenn Olaus diese in der der Karte beigefügten Beschreibung (Ain kurze Avslegvng) hervorhebt: „Die Insel Gotland, die zum Gotenreich gehört, ist 18 Meilen lang und 8 Meilen breit.“i Die südliche Halbinsel Hoburgen lässt sich z.B. gar nicht erkennen und ist nur namentlich auf Gotland mit Hoborg bezeichnet.

Tryggve Siltberg hat die gotländischen Landhäfen in einem Aufsatz thematisiert und auf verschiedene Quellen des 16. und 17. Jahrhunderts verwiesen.ii So zählt Hans Nielsson Strelow in seiner Cronica Guthilandorum von 1633 die acht Häfen auf, in denen zu seiner Zeit Hafenvögte als Amtmänner des dänischen Statthalters auf Gotland tätig waren: Burgsvik, Fröjel, Västergarn, Hall, Bunge, Slite, Östergarn, När und erwähnt weiterhin auch Klinte. Diese acht Haupthäfen finden sich ebenso in den Lehnsrechnungen Gotlands ab 1601.iii In einem Bericht an die wendischen Städte von 1524 finden sich Angaben über Verteidigungsanlagen aus Holz in einigen Häfen Gotlands: Dies waren die sechs Häfen von Klinte, Burgsvik, Västergarn, Hoburg, Östergarn und Slite, womit die Bedeutung dieser Häfen schon in dieser Zeit angedeutet wurde.iv

Lässt sich dies nun mit der Carta Marina verbinden?

Eindeutig leider nicht, da Gotland recht schematisch dargestellt ist. Die Wiedergabe der Buchten und auch der beiden Gotland an der Westküste vorgelagerten Großen und Kleinen Karlsinsel lassen jedoch einige Mutmaßungen zu:

Der Anker in der großen Bucht südlich von Visby in der Nähe der Karlsinseln könnte auf Fröjel bzw. Klinte verweisen. Klintehamn ist heute noch ein wichtiger Hafenort auf der Insel; von Fröjel kann man dies nicht behaupten, aber in der Vikingerzeit befand sich hier einer der größten Häfen der Insel.v Der Anker an der Süd-Ost-Küste Gotlands könnte durch seine Nähe zur Bezeichnung Hoborg auf der Karte zu Burgsvik und der südlichen Halbinsel Hoburgen gehören. Der an der Westküste darüber liegende Anker ist wiederum nicht eindeutig zuzuordnen. Als wichtige Häfen aus obiger Aufzählung kommen När und/oder Östergarn in Frage. Der Anker an der Nord-Ost-Küste schließlich scheint über die Bezeichnung Vestragarn eindeutig als Västergarn identifizierbar. Dieses müsste aber natürlich eigentlich an der Westküste liegen, wo heute auch Västergarn nördlich von Klintehamn zu finden ist. Diese nordöstliche Bucht scheint besser zu den Häfen von Slite und/oder Bunge zu passen. Der hier zuerst beschriebene Anker an der Westküste könnte also neben Fröjel und Klinte auch noch Västergarn meinen.

So schematisch Gotland auf der Carta Marina auch erscheint, so läßt die Darstellung des Küstenverlaufs und die Platzierung der Anker doch partiell auf geografische Ortskenntnisse schließen, die Olaus Magnus wohl nicht aus eigener Anschauung gewonnen hat.

Die Gebrüder Magnus wurden beide in Linköping geboren – Johannes 1488 und Olaus 1490. Zum Stift Linköping gehörten damals auch die Inseln Öland und Gotland. Es ist nicht bekannt und wohl eher unwahrscheinlich, dass einer von beiden diese Inseln besucht hat. Olaus gewann seine Kenntnisse der schwedischen Landschaft v.a. durch eine Reise nach Nordschweden und Norwegen, um Ablassbriefe zu verkaufen.vi Daneben führten die Wege der beiden eher in den Süden – einerseits zum Studium an Universitäten im Heiligen Römischen Reich und Flandern und andererseits im Auftrag des schwedischen Reichsvorstehers Sten Sture des Jüngeren oder des späteren Königs Gustav Vasa nach Italien, die Niederlande und Polen.

Die religionspolitischen Veränderungen in Schweden nach 1527 hatten auch auf die Leben der Gebrüder Magnus Einfluss. Johann wurde 1523 zum letzten katholischen Erzbischof von Uppsala gewählt, konnte sein Amt jedoch nicht antreten, da er erst 1533 die päpstliche Bestätigung erhielt und zwischenzeitlich sein Bischofsstuhl durch Gustav Vasa anderweitig besetzt wurde. Olaus wurde 1523 Dompropst in Strängnäs. Zunächst erhielten die Brüder noch offizielle Aufträge von Gustav Vasa, die sie ins Ausland führten. Johannes begab sich 1526 nach Polen und sollte nie nach Schweden zurückkehren, ebenso wie Olaus, der schon seit 1524 außerhalb Schwedens tätig war.

Nach der Einführung der Reformation in Schweden fand sich eine kleine schwedisch-katholische Exilgemeinde in Danzig zu der die Brüder Magnus sowie die Bischöfe Magnus Haraldsson von Skara und Hans Brask von Linköping gehörten.

Gerade letztgenannter kommt als Informationsquelle bezüglich Gotland in Frage. Als Bischof von Linköping bestand eine seiner Aufgaben in regelmäßigen Visitationen in seiner Kirchenprovinz, wobei Gotland nur alle drei Jahre besucht werden sollte. Bei jeder Visitation sollte mindestens die Hälfte der Kirchen Gotlands aufgesucht werden, wodurch die Bischöfe auch einen Großteil der gotländischen Landschaft kennenlernen konnten. Nun hing die Umsetzung dieser Vorgabe stark von der jeweiligen Person des Bischofs sowie von den gerade vorherrschenden politischen Verhältnissen ab. Gotland war seit 1361 ein Streitpunkt zwischen Dänemark und Schweden, so dass die Bischöfe von Linköping sich z.T. auf politisch dünnes Eis begaben, wenn sie ihren Pflichten auf Gotland nachkommen wollten. Für Hans Brask trifft dies ebenso zu, jedoch war er sehr daran interessiert, auch politisch Einfluss auf die Wiedergewinnung Gotlands für Schweden zu nehmen.vii

Seine erste Reise führte Brask 1513, kurz nachdem er Bischof von Linköping wurde, nach Gotland. Neu auf die Agenda kam Gotland für den Bischof 1523/24 als Gustav Vasa einen Feldzug gegen den dänischen Lehnsmann Sören Norby auf Gotland plante und die Insel für Schweden zurückgewinnen wollte. Letztlich scheiterte die schwedische Unternehmung, da die Feste Visborg nicht einzunehmen war und man sich zwischen Dänemark und Schweden auf einen Schiedsspruch seitens Lübecks für das Jahr 1525 einigte. Letztmalig besuchte Hans Brask 1527 Gotland, kurz bevor auch er ins Exil nach Danzig ging.

In Danzig traf Brask nicht nur auf die Brüder Magnus – mit Johannes stand er schon seit Jahren in Briefkontakt – sondern auch auf eine sehr lebhafte humanistisch geprägte Kartografenszene.viii Auch Brask hatte Interesse an der Kartografie und stellte 1533 eine Karte des nördlichen Bereichs der Ostsee fertig, die jedoch aufgrund seiner fehlenden mathematischen und kartografischen Ausbildung ihren kulturhistorischen Wert v.a. in der Darstellung des schwedischen Königreichs und von Handelsrouten in der Ostsee zeigt.ix

Auch wenn es nicht mit Sicherheit zu sagen ist, so liegt es doch nahe, dass Hans Brask als Vermittler des Wissens um Naturhäfen und Ankerplätze bei Gotland und Öland an Olaus Magnus anzunehmen ist – 1525 unternahm Brask auch eine Visitationsreise nach Öland. Eventuell war er nicht die einzige Quelle, da Olaus und Johannes Magnus auf ihren Reisen in Kontakt mit vielen Schiffsleuten gekommen sein dürften – aber zumindest könnte er als versierter Gesprächspartner, der die karthografischen Neuerungen seiner Zeit kannte und verfolgte, doch wichtige Anregungen gegeben haben.

i Balzamo, Elena/Kaiser, Reinhard (Hgg.): Olaus Magnus – Die Wunder des Nordens. Frankfurt a.M. 2006, S. 77.

ii Siltberg, Tryggve: Lanthamnar på Gotland och hamnordningar i Sverige, Danmark och på Gotland, in: Stobaeus, Per: Kust och kyrka på Gotland. Historiska uppsatser. Värnamo 2010, S. 299-364. Englisch auch ders: Country Harbours on Gotland and Harbour Statutes (hamnordningar) in Sweden, Denmark and on Gotland, in: Auns, Muntis (Hg.): Lübeck style? Novgorod style? Baltic Rim Central Places as Arenas for Cultural Encounters and Urbanisation 1100-1400 AD. Riga 2001, S. 109-152.

iii Vgl. ebd. S. 301.

iv Vgl. HR II, 8, Nr. 692, Anm 1 S. 599f.

v Siltberg 2010, S. 327.

vi Vgl. Ehrensvärd, Ulla: Nordiska Kartans Historia. Från Myter till Verkligheten. Helsingfors 2006, S. 57.

vii Vgl. allg. Stobaeus, Per: Biskop Hans Brask och Gotland, in: Ders (Hg.): Kust och kyrka på Gotland. Historiska uppsatser. Värnamo 2010, S. 133-172.

viii Vgl. Ehrensvärd 2006, S. 58.

ix Vgl. ebd. S. 56.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1923

Weiterlesen

Nach dem Einsturz folgt der Wiederaufbau

Nur in wenigen europäischen Städten hat sich bis heute eine geschlossene Ringmauer um den mittelalterlichen Stadtkern erhalten. Die Stadtmauer von Visby auf Gotland stellt hierbei mehrfach eine Besonderheit dar: Zunächst war es im skandinavischen Raum im Mittelalter nicht üblich, Städte mit einer Mauer zu befestigen. Stadtmauern gab es daher abgesehen von in Visby nur in wichtigen Niederlassungen wie Malmö, Kalmar oder Stockholm. Einmalig in Skandinavien kann der heutige Visbybesucher also eine mittelalterliche Befestigungsanlage mit all ihren Toren und Verteidigungswerken umrunden und studieren sowie zusätzlich, wie kaum an einem anderen Ort, die Stadtmauer als Grenze zwischen Stadt und Land erfahren – zur Landseite hin blieb der Bereich vor der Mauer großflächig unbebaut.

Mauer-Landseite-MM

Die Ostseite der Visbyer Stadtmauer, zwischen dem links zu sehenden Feldturm und dem rechts folgenden Sattelturm jene Stelle, die am 24.02.12 einstürzte.
Fotos: CC-BY Michael Meichsner

Dieser Raumeindruck zusammen mit dem mittelalterlichen Straßennetz, über 200 Häusern mit weitestgehend mittelalterlichen Bauelementen und die beeindruckenden Kirchenruinen (in Visby gab es 15 Kirchen innerhalb der Stadtmauer und zwei außerhalb) sind Gründe für den Status als UNESCO-Weltkulturerbe, der Visby 1995 verliehen wurde. Der Erhalt dieses einmaligen Bauensembles verlangt viel Einsatz und dennoch gelingt es nicht immer, dem Zahn der Zeit zu trotzen: Vor etwas mehr als einem Jahr, am Abend des 24. Februar 2012, löste sich ein ca. 70 qm großer Abschnitt der äußeren, zum Ostgraben zeigenden Mauerschale direkt nördlich des Osttores – in Anbetracht der Steinmasse war es Glück, dass dabei niemand zu Schaden kam. Der zur Einsturzstelle gehörende Mauerabschnitt hat eine maximale Höhe von 9 Metern und wurde weiträumig abgesperrt.

ursprünglicher Einsturz

Zustand der Stadtmauer nach dem Einsturz am 24.02.2012 (Foto vom 26.02.2012)
Flickr, CC-BY-SA Bochum1805

Wie kam es zu diesem Unfall?

Der betroffene Mauerabschnitt wurde an der Außenseite zuletzt in den 1940er und 1950er Jahren restauriert und die Innenseite in den 1970er Jahren. Sicher ist, dass, wie es seit den 1940er Jahren üblich war, ein zementbasierter Fugenmörtel für die letzte Restaurierung verwendet wurde. Das im Mörtel gebundene Wasser schädigte über die Jahre das Baumaterial und löste bei Frost im vorletzten Februar quasi die finale Sprengung aus. Lars Sjösvärd, der Leiter des Museums Gotlands Fornsal in Visby, machte den Wetterumschwung und die gegeneinander arbeitenden Materialien an der Mauer für den Unfall verantwortlich. An der Stadtmauer Visbys finden sich mehrere solcher Stellen, wobei nach einer Begutachtung im April 2012 nur die direkte Umgebung der Einsturzstelle ein ähnliches Risikoniveau wie diese erhielt.

Kruttornet-MM

Kruttornet
Foto: CC-BY Michael Meichsner

Die Visbyer Stadtmauer und ihre Geschichte

Die Stadtmauer Visbys ist in verschiedenen Etappen entstanden. Ursprünglich schützten der „Pulverturm“ („Kruttornet“) – heute der älteste Bestandteil der Stadtbefestigung aus den Jahren 1158-61 – und ein heute nicht mehr erhaltener Wehrturm die Einfahrt des Hafens an der nördlichen und südlichen Einfahrt. Die zum Hafen orientierte Seemauer ist folgend der älteste Teil der Stadtmauer, der um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstand und die beiden erwähnten Kastelle miteinander verband. Neben der Schutzfunktion wurde damit auch die Zollgrenze zur Stadt markiert.

Der eingestürzte Mauerteil gehört zur ca. 2000 Meter langen Landmauer, die in den 1270er und 1280er Jahren errichtet wurde. Zunächst war die Landmauer fünf bis sechs Meter hoch mit einem Wächtergang an der Krone und sechs bis sieben Toren ohne Turmüberbauung. Zu Anfang gab es wenige Feldtürme als weitere Verteidigungsanlagen – ursprünglich aber bereits den mächtigen „Kaiser(turm)“ im Ostabschnitt und noch zwei oder drei Türme entlang der Südmauer.

Die Errichtung der Mauer war ursächlicher Grund für den Ausbruch eines Bürgerkrieges im Jahre 1288 zwischen der Stadtbevölkerung Visbys und der Landbevölkerung Gotlands. Nach Errichtung des geschlossenen Mauerrings war es der Landbevölkerung nicht mehr möglich, zollfrei ihre Waren in die Stadt zu bringen. Zusätzlich emanzipierte sich die Stadtbevölkerung vom Ting der Insel Gotland – der Selbstverwaltung der gotländischen Landbevölkerung, dem Visby ursprünglich mit unterstand.

Die Stadt ging siegreich aus dem Konflikt hervor. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Mauer darauf folgend erhöht und mit Tortürmen sowie weiteren Feldtürmen versehen – letztendlich 29, von denen heute noch 27 erhalten sind. Der Torturm des Osttores kann dabei schon frühestens 1286 begonnen worden sein. Als letztes wurden auf der Mauerkrone zwischen den Tor- und Feldtürmen 22 Satteltürme errichtet, von denen heute noch neun zu finden sind.

Schon Anfang des 18. Jahrhunderts verlor die Stadtmauer Visbys ihren Charakter als Verteidigungsanlage und wurde seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem beginnenden 19. Jahrhundert zunehmend auch aus touristischen Gründen als erhaltenswert angesehen. Das romantische Interesse an Ruinen und ihrer Geschichte hat so auch dem einmaligen Bauensembles Visbys das Überleben gesichert, gab es doch seitens staatlicher Stellen in den 1730er Jahren sogar den Vorschlag alle Ruinen inklusive der Mauer in Visby zu verkaufen. Die Intervention des Visbyer Stadtrates hatte keinen Erfolg, so dass 1785 die Ruinen tatsächlich auf einer öffentlichen Auktion zum Verkauf standen – nur, es fand sich kein Käufer.

Visbys Stadtmauer hat über die Jahrhunderte verschiedene Veränderungen und Restaurierungen erfahren. Die verschiedenen Bauetappen im Spätmittelalter verweisen auf die ursprüngliche Funktion als Verteidigungsanlage. Mit einem zunehmenden Ausgreifen der Bebauung über die alte Mauer hinweg, wurde diese an die jeweils zeittypische Verbindung von Stadt und Land angepasst: Zur Landseite wurden v.a. in der Neuzeit weitere Öffnungen der Mauer hinzugefügt (z.B. das Schultor), Brücken über die alten Wallanlagen errichtet (am Dalmanstor) oder die alten Stadttore an das Nebeneinander von Autoverkehr und Fußgängern angepasst (Südtor). Der mittelalterliche Hafen Visbys versandete schon am Ende des Mittelalters und befand sich dort wo heute die Grünanlage „Almedalen“ zu finden ist. Die alten Tore in der Seemauer verloren somit weitestgehend ihre Funktion.

Was wird nun aus dem eingestürzten Mauerstück?

Geld spielte zunächst einmal – wie so oft – eine entscheidende Rolle. Bereits 2002 wurde an das Riksantikvarieämbetet (die schwedische Behörde für Denkmalschutz) gemeldet, dass die Innenseite der Mauer an der Stelle, die nun zum Problem wurde, gefährdet sei. Die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel zum Erhalt der Mauer betrugen bis letztes Jahr 100.000 schwedische Kronen (ca. 12.000 €). Jörgen Renström, zuständig für die Baudenkmäler am Museum Gotlands Fornsal, betonte, dass für 2012 keine Mittel mehr zur Verfügung standen, um die Mauerpartie wiederherzustellen.

Wetterschutz

Der Wetterschutz von außen
Flickr, CC-BY-SA Bochum1805

Von Seiten des Riksantikvarieämbetet heißt es hingegen, dass die Restaurierung von Anfang an für das Jahr 2013 geplant war und 2012 als Planungsphase dienen sollte: so wurde Ende August 2012 in Visby eine Tagung abgehalten, die neben Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland auch Vertreter der Baubranche versammelte, um auch die praktische Seite der gegenwärtig nutzbaren Materialien beleuchten zu können. Das schwedische Riksantikvarieämbetet stellte für die Planungsphase mittlerweile 400.000 schwedische Kronen (ca. 48.000 €) bereit. Nach Informationen des Riksantikvarieämbetet wird die Wiederaufrichtung des Mauerabschnitts unter Beteiligung verschiedener Partner wie der Högskolan på Gotland im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms geschehen. Dabei sollen auch Erkenntnisse für zukünftige Mauerrestaurierungen gewonnen werden.

Wetterschutz innen

Der Wetterschutz von innen
Flickr, CC-BY-SA Bochum1805

Verschiedene Zuständigkeiten für die Mauer waren neben dem Faktor Geld von Bedeutung. Die Mauer gehört bis auf drei Türme der Region Gotland. Verwaltet wird sie wiederum vom Riksantikvarieämbetet, welches das Museum Gotlands Fornsal die anfallenden Aufgaben ausführen lässt. Das kleine Wirrwarr führte dazu, dass zunächst unklar war, welche Institution die Kosten übernimmt – mittlerweile erfolgt die Finanzierung durch das Riksantikvarieämbetet und Spenden von Privatpersonen. Die Kampagne „Rädda Ringmuren“ wurde bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre initiiert, als der Erhalt der Stadtmauer ebenfalls gefährdet war. Das Spendenkonto wurde nie geschlossen, so dass „Rädda Ringmuren“ in die nächste Runde gehen konnte. Bisher sind dabei 110.000 schwedische Kronen zusammengekommen.

Im Dezember 2012 wurde die eingestürzte Mauerpartie mit einem Wetterschutz versehen, der seit Sommer 2012 geplant war. Dieser soll technisch nicht mit der Mauer verbunden sein, aber gleichzeitig die Partie schützen und die Wiederherstellungsarbeiten gewährleisten. Im Frühling sollen die Arbeiten nun beginnen und, nach Aussage der Leiterin der Abteilung für Bauwerke und Sehenswürdigkeiten Anna Klint Habbe, auch auf jeden Fall noch in diesem Jahr beendet werden.

In einem Schreiben vom 19. März 2012 wurde zusätzlich die UNESCO über den Vorfall und das weitere Vorgehen informiert: Der Weltkulturerbe-Status steht im Fokus der Arbeit des Riksantikvarieämbetet und dieser ist laut Antwort der UNESCO für Visby nicht in Gefahr.

Das Riksantikvarieämbetet informiert regelmäßig auf seiner Homepage über den Fortschritt der Restaurierungen, demnächst auf einer eigenen Seite zum Thema. Zusätzlich wurde Henrik Löwenhamn als Sprecher des Projektes eingesetzt, der selbst auf einem Blog über die Arbeiten berichtet.

Informationen zu Spendenmöglichkeiten sind auf der Homepage von Gotlands Fornsal erhältlich (http://www.gotlandsmuseum.se/radda-ringmuren). Spenden aus dem Ausland können unter folgender Bankverbindung geleistet werden:

Kontoinhaber: Föreningen Gotlands Fornvänner

IBAN: SE27 8000 0848 0618 3631 4185

Swift-Adresse: SWEDSESS

Betreff: ”Rädda Visby ringmur”

 

 

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1507

Weiterlesen