von Tim Köhler
Der US-amerikanische Historiker Robert Rosenstone kritisiert Ende der 1980er Jahre den Film Reds. Er ist geradezu enttäuscht von diesem, u.a. auch seinem, Werk, denn er hatte über Jahre hinweg als historischer Berater an dem 1981 in die amerikanischen Kinos gekommenen Doku-Spielfilm mitgearbeitet. Als Geschichtswissenschaftler und Biograph, dessen John-Reed-Biographie, die Lebensgeschichte eines amerikanischen Journalisten und Kommunisten, verfilmt wurde, beklagt er sich über einen Film, der seiner Ansicht nach zu unrecht Erinnerung und Geschichte gleichsetzt, verkürzende Auslassungen beinhaltet, von mangelnder Faktizität, kontextarmen Zeitzeugeninterviews und „schnulzigen“ hollywoodhaften Einlagen geprägt ist, und damit die vertane Chance bedeutet, eine Geschichte kommunistischer Radikalisierung in den USA zu schreiben. Doch später ändert Rosenstone seine Meinung – Schritt für Schritt. 1995 geht er milder mit dem Film um, überhaupt mit „Geschichte im Film“ und umreißt stattdessen die Chancen des Mediums, um dann 2013 nach einem ganz persönlichen cultural turn den Film im Allgemeinen und Reds im Besonderen als Dokumentar- und Spielfilm nicht nur vollends zu rehabilitieren, sondern ab jetzt zu preisen. Was 25 Jahre zuvor Gegenstand seiner Kritik war, stellt er nun gerade als Stärken des Films heraus: Emotionalisierung, inhaltliche Verdichtung auf auch imaginierte Charaktere hin, die Linearität der Erzählung u.v.
[...]