Wissenschaftliche Sprache

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Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob ich eigenen Illusionen aufsitze und als Don Quijote gegen Windmühlen kämpfe, oder ob es sich lohnt, die eigene Meinung auch weiterhin zu vertreten: Worum geht’s?

Konventionen, was wissenschaftliche Sprache sei, und wie der angehende (und auch der ausgewachsene)Wissenschaftler zu schreiben habe, gibt es viele. Wie sinnvoll diese Konventionen sind, wird meist nicht hinterfragt, auf ihre Einhaltung wird aber rigoros bestanden.Meiner Ansicht nach, gibt es einige Regeln, die sehr sinnvoll sind und die alle gut begründet werden können. Die Forderung z.B. nach Eindeutigkeit und Präzision kann ich nur unterstreichen. Ein Beispiel aus meiner Diss: ich kann nicht einfach von “King James” sprechen: allein in England des 17. Jahrhunderts gibt es davon zwei (nämlich James I und James II), Schottland hat sogar insgesamt 7 Könige mit dem Namen “James” aufzuweisen.

Schwierigkeiten habe ich, wenn Stil als nicht-wissenschaftlich bezeichnet wird, weil er zu locker sein/nicht formal genug. Bis jetzt wurde mir die Forderung nach formaler Sprache noch nicht vernünftig begründet (gute Gründe bitte in den Kommentaren nennen!) – oft wird dann eben von wissenschaftlicher Konvention gesprochen. Als Historiker weiß ich natürlich, dass Konvention/Tradition/geschichtliche Exempla lange Zeit (bis weit ins 19. Jahrhundert und vermutlich darüber hinaus) eine anerkannte, sogar hochgewertete Begründung war. Aber in der heutigen Wissenschaft? Diese begründet sich auf rationale Gründe und logische Argumentationen, auf Beobachtungen und auf Beweisführungen – zumindest solange, bis eine neue Beobachtung oder eine besser begründete Argumentation das alte Wissen verändert oder ergänzt. Überspitzt gesagt “Das war schon immer so” halte ich heute für ein nicht legitimes Argument in der Wissenschaft.

 

Sometimes I fear to be a bit like Don Quijote fighting against windmills! And sometimes I think it’s important to stick to my opinion, and question conventions if I deem it important. Sounds mysterious?

I am talking about conventions in academic writing (particular in German, but it also fits for English). There are quite a few rules about it – some very good ones which can be easily explained. The need for precise language in academic writing is quite obvious to me – speaking of King James it’s necessary to add his number – King James I or James II, or even King James V of Scotland?

The apparent need for formal language is not as obvious. Why do I have e.g. to write “do not” instead of “don’t”? I prefer to usually use ‘don’t”, and sometimes to emphasize something “do not” . The usual argument for formal language in academic writing refers to the convention (if you have better arguments, please tell me!). Basically this means, it’s tradition/it’s how it always was done. Does this sound like a modern, scientific argument? Wouldn’t a bit more informal language help to get more people to read about all this terrific stuff scientists and humanists are dealing with and are passsionate about? Reading most (german) academic books, you wonder, how someone is able to transform exciting things, he is probably most passionate about, in a sure way to get anyone to sleep.

Quelle: http://csarti.net/2013/02/wissenschaftliche-sprache/

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Relevanz von Geschichte

Mit Erstaunen schaue ich dieses Frühjahr öfter in die amerikanische Geschichts-Blogosphäre und auf die Geschehnisse, von denen dort berichtet wird.

Vor kurzem wieder ein Beitrag, der zwar sehr offensichtlich die gesellschaftliche und vor allem politische Relevanz von Geschichte zeigt, dies aber leider an einem Negativ-Beispiel. Worum geht’s?

In dem Blog der Historical Society schrieb Heather Cox Richardson (Professorin an der University of Massachusetts, Schwerpunkt Amerikanischer Bürgerkrieg) im September 2010 hoffnungsvoll über eine neue Richtlinie, dass Lehrpläne nicht mehr so stark ans Schulbuch gebunden seien, sondern Lehrer (und HomeSchool Teacher) animiert werden auch Quellen, die im Internet verfügbar sind, zu benutzen. Mitte dieses Monats musste sie jedoch ihre Hoffnung auf einen ausgewogeneren Geschichtsunterricht durch zusätzliche Materialien begraben. Die neue Richtlinie ermöglicht es allen, Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen, so auch einer Firma eines Republikaners, die Videos mit sehr eingeschränkter und unkritischer Sicht auf die amerikanische Geschichte als Unterrichtsmaterial zur Verfügung stellt. Aber bildet Euch selbst über die Qualität der Videos Eure Meinung.

Es bleibt festzuhalten, dass Geschichtsunterricht von politischen Parteien zur Einflussnahme genutzt werden kann, mit klar positionierter Geschichtspolitik.

Die enge Verbindung von Geschichtswissenschaft, Geschichtspolitik und aktueller Politik wird ebenfalls an dem “Fall Cronon” von März 2011 deutlich: Ein Professor der University of Wisconsin, William Cronon, schreibt einen kritischen Artikel in seinem Blog und in der New York Times über den historischen Kontext aktueller politischer Ereignisse in Wisconsin. Der republikanischen Partei gefällt dieser Artikel nicht so *Achtung Sarkasmus*, also versucht sie, mit Hilfe eines “Recht auf Information-Gesetzes” Zugriff auf die offiziellen Emails von Cronon zu bekommen – nach Sicht diverser wissenschaftlicher Vereinigungen, die zu dem Fall Stellung bezogen, einzig in der Hoffung, ihm Verfehlungen nachzuweisen und ihn und andere einzuschüchtern. Das Vorgehen der Partei, eben nicht inhaltlich Stellung zum Artikel zu beziehen, sondern den Historiker einzuschüchtern und/oder bloßzustellen, wird besonders kritisiert, z.B. mehrfach von Anthony Grafton hier und hier.  Nur gut, dass Mr Cronon ein gestandener Historiker ist oder wie Mr Grafton es formuliert: “Happily, Cronon has been toughened by decades of academic life. He’ll be blogging—and teaching and writing—long after Wisconsin voters have sent these Republicans back to obscurity.” (Read more http://www.newyorker.com/online/blogs/newsdesk/2011/03/wisconsin-the-cronon-affair.html#ixzz1NrGgQLI4)

Positiv gewendet bedeuten diese ganzen Vorfälle in den USA, dass zumindest die Konservativen der Vergangenheit große Wirkmacht auf/für die Gegenwart zusprechen und sie daher die Deutungshoheit bekommen wollen.
Vergleichbares fällt mir in Europa nicht ein, möglicherweise ist es hier aber subtiler oder Historisches wird weniger als Argument genutzt?

Quelle: http://csarti.net/2011/05/relevanz-von-geschichte/

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Historisches Denken

Was macht eigentlich historisches Denken aus? Wikipedia setzt dieses gleich mit Geschichtsbewusstsein, welches die äußere Welt anhand von Kategorien ordnet. Prinzipiell kann ich diesem recht gelungenem Wikipedia-Artikel nur zustimmen: historisches Denken vor allem als ein kontextualisieren und sinngeben zu betrachten.

Ein Punkt, der dort nicht explizit angesprochen wird: wie verändert die Beschäftigung mit Geschichte eigentlich das Denken des Historikers? Schließlich kommen wir nicht mit einem ausgeprägten Geschichtsbewusstsein auf die Welt, sondern entwickeln dieses erst in der jahrelangen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Besonders deutlich wird dies in Diskussionen mit frühen Semestern oder Wissenschaftlern anderer Disziplinen, die es (noch) nicht gewohnt sind, vergangene Zeiten zu betrachten und diese meist an den heutigen Umständen messen bzw. besonders betonen, dass es früher anders war. Je nach Gesprächspartner kann die Vergangenheit dann als etwas Mystisches, Ungreifbares verstanden werden.

Gerade solcher Austausch ist auch für den Historiker wichtig und eine Chance, sein eigenes Denken an dem Verständnis anderer zu messen – und dabei die eigene historische Denkweise kritisch zu hinterfragen.

Ein ganz konkretes Beispiel: mein Zeitempfinden hat sich seit Beginn meines Studium stark verändert – aktuelle Aufregungen und Debatten erscheinen mir oft übertrieben aufgeregt, allein durch den Gedanken, wie das wohl alles in einem, fünf, zehn oder hundert Jahren aussehen wird.  Ebenso bin ich ziemlich resistent geworden gegen das ‘Argument’: “Das muß so sein, das war schon immer so!” -> Nein, es war (egal was es ist) nicht immer so. Selbst etablierte Traditionen gehen meist “nur” bis ins 19. Jahrhundert zurück, wie bereits Hobsbawm mit seinen erfundenen Traditionen feststellte.


Quelle: http://zwergenblick.wordpress.com/2011/05/06/historisches-denken/

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Bloggen als Gegenstand der Forschung

Eine Woche ist nun seit dem Workshop in Basel „Geschichtswissenschaften und Web 2.0“ vergangen, der mich sowohl in der Vorbereitung als auch danach anregt, weiterzudenken und weiterzuforschen. Speziell zum Bloggen wurde in der Nachmittagssektion gefragt, warum man mit dem Bloggen angefangen hat und noch nicht wieder aufgehört.
Weitere Fragen, die sich mir stellen, betreffen die spezifische Gattung der „Wissenschaftsblogs“: was kennzeichnet einen Blog als einen solchen? Welche Regeln gelten dort, die bei anderen Blogs so nicht gelten? Welche Rolle spielen diese Blogs in der „traditionellen“ Wissenschaft?  – Ich bin mir sicher, dass weitere Fragen noch entstehen werden und die Reflexion über das Bloggen und Sinn und Unsinn von web 2.0 bei mir grade erst begonnen hat. Daher habe ich hier eine neue Seite eingerichtet, die nach und nach (meine langsame Posting-Frequenz soll als Vorwarnung dienen) sowohl mit Reflexionen über die Nutzung des Web 2.0 als auch mit Hinweisen auf entsprechende Angebote und interessante Texte befüllt werden soll.

Das ich natürlich nicht die einzige bin, die sich mehr oder weniger wissenschaftlich mit dem Bloggen beschäftigt, darf ich als bekannt voraussetzen. Auffällig scheint mir jedoch, dass zumindest in meiner kleinen Ecke des Internets diese Beschäftigung in den letzten ca. 3 Monaten stark zugenommen hat. Eine kurze Hochphase oder der Beginn der Wahrnehmung von Blogs auch außerhalb der Blogosphäre?


Quelle: http://zwergenblick.wordpress.com/2010/11/19/bloggen-als-gegenstand-der-forschung/

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