Ein Déjà-vu in der Kunsthalle Karlsruhe

Meister der Karlsruher Passion
Ich hatte gestern in der Karlsruher Kunsthalle ein Déjà-vu-Erlebnis, als ich die gleichnamige Ausstellung besuchte. Ich sah zwei Bilder der Kreuznagelung Christi, die beide sehr ähnlich zueinander waren. Eines davon hatte ich schon einmal gesehen, da war ich mir sicher. Dann fiel der Groschen: Ich hatte eines beim ARTigo-Spielen getaggt. Ein Blick auf die Informationen zum Bild zeigte, dass es das Bild des Meisters der Karlsruher Passion (1450/55) gewesen sein musste, weil sich dieses in der Kunsthalle Karlsruhe befindet und Bilder von dort im Datenbestand von ARTigo vorhanden sind.

Jetzt hing es im Original vor mir! Das hat mich sehr gefreut und ich habe mit den zwei Bildern, dem des Karlsruher Meisters und dem des Straßburger Meisters (1490/1500), etwas Zeit verbracht. Das menschliche Bildgedächtnis ist zwar sehr gut, aber ich hatte es bereits vor ein paar Monaten getaggt und aufgrund der kleinen Unterschiede konnte ich nicht ausmachen, welches von beiden ich kannte. Erinnert habe ich mich an die Komposition, wie die diagonal im Bild liegende Christusfigur, die vielen Menschen darum herum, die martialischen Waffen im Hintergrund sowie die kräftige Farbgebung.

Beim Bild des Straßburger Meisters hingegen ist die Figur des Mannes unten rechts im Bild nicht so wohlproportioniert dargestellt und der Spaten, auf den er sich stützt, wird von einer weiteren Figur verdeckt. Auch zählt dieses Bild ein paar Soldaten im Hintergrund weniger und auf Pflanzenmotive am Horizont wurde ebenfalls verzichtet. Außerdem weicht der Gesichtsausdruck der abgebildeten Personen von denen des anderen Bildes ab.

Zum Vergleich hätte ich neben das Bild des Karlsruher Meisters (s.o.), das man über Google oder ARTigo finden kann, gerne das Bild des Straßburger Meisters gestellt, um die Unterschiede noch einmal nachvollziehen zu können. Das Bild des Straßburger Meisters befindet sich im Hessischen Landesmuseum Darmstadt und ich habe es weder über Google noch über Prometheus gefunden, was sehr schade ist. Deshalb ist die Beschäftigung mit dem Vergleich für mich an dieser Stelle zwangsläufig definitiv zu Ende.

Was ich wiederum schade finde, denn ich könnte mir eine anregende Diskussion über die Déjà-vu-Ausstellung sehr gut vorstellen und habe auf der Homepage der Kunsthalle Karlsruhe danach gesucht. Vergebens. Dabei gibt das Thema dieser gelungenen Ausstellung dazu genug her. Solch eine Diskussion – vielleicht in Form eines Blogs – könnte die Besucher neugierig machen. Vielleicht kommen dann mehr? Anmerkungen der Besucher könnten hier gesammelt und ausgewertet werden. Wer weiß, welche Möglichkeiten darin noch liegen? So was muss man ausprobieren. Mein persönlicher Eindruck ist, trotz eigener Unkenntnis und einer nur vagen Ahnung der angesprochenen Möglichkeiten: Die Begleitung einer Ausstellung mit digitalen interaktiven Mitteln bietet neue Chancen der Kommunikation (und Forschung?), und zwar für Fachleute und für Laien. Es heißt, diese Chancen zunächst zu finden und dann zu nutzen, damit die Institution Museum auch morgen noch Bestand hat.

Quelle: http://games.hypotheses.org/345

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Psst! Ich bin’s. Der Text!

Meine Autorin wollte gerade beginnen an mir zu arbeiten, als sie etwas davon murmelte, dass es heute vergleichsweise heiß und sie vergleichsweise müde sei. Sprachs und war auf dem Sofa verschwunden. Jetzt schnarcht sie leise vor sich hin und ich muss sehen, wie ich hier zurande komme. Ich finde das ein bisschen ärgerlich, denn ich habe mich schon darauf gefreut, ein ernst zu nehmender Text zu werden. Jetzt werde ich wohl im Vergleich zu den anderen Artikeln eher bescheiden aussehen.

Vorhin, da hatte sie so ein rotes Buch in der Hand. Es hieß “Der Rahmen. Ein Blick des Gehirns auf unser Ich” von Ernst Pöppel. Ja, so was interessiert sie. Aber kaum liest sie fünf Zeilen, da fällt sie vor Müdigkeit um. Wenn ich nicht wäre! Ich habe mich bei meiner Verwandtschaft, nämlich bei der von Seite 296 und 297 danach erkundigt, was sie gelesen hat. Da ging es um Vergleiche. Menschen könnten gar nicht anders, als ständig verschiedene Dinge miteinander zu vergleichen. Sie wären zum Vergleichen geboren, steht da. Sie prüfen auch immer, ob etwas qualitativ oder quantitativ verschieden wäre, also ob etwas mehr oder weniger, oder ob etwas anders ist. Naja, das müssen sie ja auch; Vergleiche sind die Grundlage für Urteile und die wieder Grundlage für das Handeln. Außerdem lernen Menschen durch Vergleiche.

Sie hatte da noch was mit ABC-Listen. Ich kenne so etwas Ähnliches. Früher hieß das “Stadt-Land-Fluss”. Die Listen sollen einerseits dazu gut sein, Assoziationen anzuregen, andererseits kann man durch späteres Vergleichen der Listen etwas dazu lernen. Meint sie. Aber das hat sie auch irgendwo gelesen. Ich glaube, auf dem Buch stand “Trotzdem Lernen” und es war von Vera Birkenbihl.

Was sie damit wohl vor hat? Ob das was mit ARTigo zu tun hat? Für’s Lernen interessiert sie sich nämlich sehr. Da ist sie ja bei den Kindern der Aktiven Schule Petershausen gut aufgehoben. Mit denen macht sie gerade “Buchbinden für Kinder”. Aber bevor ich mich verplaudere, sehe ich mal zu, dass ich aufs Blog komme, ehe sie aufwacht.

Machen Sie’s gut und bis zum nächsten Mal.

Ihr Text

Quelle: http://games.hypotheses.org/273

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Vom Lernen, von Bildern und von ARTigo

  Wann lernen wir eigentlich? Lernen wir nur, wenn wir auch vorhaben, etwas lernen zu wollen oder in welchen Situationen passiert Lernen? Zunächst bedeutet Lernen – neurokognitiv betrachtet – dass sich Gedächtnisspuren ändern. Wird der Lernstoff wiederholt, werden diese Spuren breiter und fester und irgendwann sind sie so breit und fest, dass wir den Lernstoff langfristig behalten können. Dabei ist die Metapher vom Langzeitgedächtnis, sofern man es sich als Kasten vorstellt, in dem der Inhalt, der hineingelangt, behalten wird, nicht richtig. Es ist die Stabilität der Gedächtnisspuren, der neuronalen Verbindungen, die das Wissen speichern. Das bedeutet auch, dass unser Gehirn sich mit jedem Lernvorgang verändert – wegen der sich bildenden neuronalen Verbindungen. Man nennt das auch Neuroplastizität; unser Gehirn ist neuroplastisch. Dabei lernen wir in praktisch jeder Situation. Je nachdem wie oft wir etwas machen – egal was – stabilisieren sich die entsprechenden neuronalen Verbindungen. Wenn ich mich also häufig mit einer Sache befasse, dann reflektiert sich diese Sache auch in meinem Gehirn, und damit ist es nicht egal, womit ich mich beschäftige. Lernen geschieht also durch Wiederholung, denn, wie bereits erwähnt, festigen sich dadurch die neuronalen Strukturen. Etwas anders funktioniert hingegen unser Bildgedächtnis, denn unser Gehirn ist in einer Sache besonders gut, ohne dass wir das Gefühl hätten, ernsthaft lernen zu müssen: im Wiedererkennen von Bildern. In den 1970er Jahren wurden dazu bereits Untersuchungen gemacht, die alle zu dem Ergebnis kamen, dass die Wiedererkennungsgenauigkeit sehr hoch ist und je nach Art des Experiments nicht unter 85% lag. Bei derartigen Versuchen wurden den Probanden zunächst mehrere Hundert bis mehrere Tausend Bilder gezeigt. In der zweiten Runde wurden diese Bilder erneut gezeigt und die Versuchspersonen mussten angeben, ob sie das Bild schon einmal gesehen hatten oder nicht. Lionel Standing stellte in seinem Aufsatz „Learning 10.000 pictures“, (1973), fest: „The capacity of recognition memory for pictures is almost limitless”. Warum kann ich ein Bild sehen und mich für längere Zeit oder sogar immer daran erinnern? Bilder rufen durch ihre Eigenschaften wie Linien, Farben, Formen, Perspektive, Beschaffenheit etc. andere Assoziationen hervor als Wörter. Das macht sie besser merkbar. Aber was hat das jetzt alles mit ARTigo zu tun? Hier werden dem Spieler in einer Runde fünf Bilder gezeigt, die er beschreiben soll. Im Anschluss werden die Bilder mit den dazugehörigen Informationen, wie Autor, Titel, Ort und Datierung angezeigt. Diese Zusatzinformationen dürften eher nicht gelernt werden, weil es hierzu einer regelmäßigen Wiederholung bedarf, die aber nicht gegeben ist, weil die zu beschreibenden Bilder nach dem Zufallsprinzip angezeigt werden. Allerdings wird man sich an ein Bild, das man eine Minute lang intensiv betrachtet hat, richtig gut erinnern können. Im Gegensatz dazu schauen sich Besucher im Museum ein Bild durchschnittlich nur elf Sekunden an (Tröndle, 2012) und das sicherlich nicht so genau wie bei ARTigo. Das Spiel ersetzt keinen Museumsbesuch, aber die Beschäftigung mit Bildern – wenn es ums Lernen geht – ist z.B. gerade für Studenten der Kunstgeschichte enorm wichtig. Und hier müsste das Spiel auf jeden Fall einen Effekt haben. Jetzt könnte man noch die Frage stellen, ob die Anzeige der Zusatzinformationen überflüssig ist. Nein, das ist nicht der Fall. Auch wenn man sich diese Informationen nicht komplett für alle Bilder, die man spielt, genau merken kann. Etwas bleibt auf jeden Fall: Sie fallen beim Spielen je nach Stand des Vorwissens auf ein mehr oder minder weiches Bett bereits vorhandener Informationen (=Gedächtnisspuren), die Anknüpfungspunkte für neues Wissen darstellen. So dürfte vereinzelt eine Zusatzinformation gemerkt werden. Was aber auch wichtig ist und sicherlich im Umgang mit dem Spiel passieren dürfte, dass sich ein Gefühl für den Stil, den Künstler oder die Epoche bildet. Außerdem befasst sich der Spieler, wenn wir vom Studenten ausgehen, mit den Gegenständen seines Faches. Und hier unterstützt das Spiel den Lernprozess, der nicht nur bei ARTigo stattfindet – aber auch.    

Quelle: http://games.hypotheses.org/264

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Naheliegende Assoziationen oder warum denken viele Menschen bei „blau“ auch an „Himmel“?

  Die häufigsten Taggings (eingegebene Begriffe der Spieler) in ARTigo sind die Begriffe „Mann“, „Frau“, sowie „weiß“ und „schwarz“. Wie es kommt, dass hauptsächlich einfache Begriffe eingegeben werden, darüber hatte ich mir bereits Gedanken gemacht. Aber wie kann man das Vorkommen von sehr naheliegenden Assoziationen erklären, wie „Mann/Frau“, oder „Himmel/blau“? In der Linguistik wird diese Wortbeziehung übrigens als Antonym bezeichnet. Natürlich müssen diese Begriffe zunächst als Objekte im Bild enthalten sein. Eine weitere Auswirkung dürfte aber unser Assoziationsnetzwerk haben, das wir im Laufe unseres Lebens aufgebaut haben. Vereinfacht kann man solch ein Netzwerk folgendermaßen darstellen: Abbildung 1: So könnte ein Begriffsnetzwerk zum Begriff „blau“ aussehen Wobei anzumerken ist, dass dieses Netzwerk individuell und erfahrungsabhängig ist. Aber es gibt doch einige sich bei vielen Menschen überschneidende naheliegende Assoziationen. Bei der Farbe „Blau“ werden als Assoziationen häufig die Begriffe „Himmel“, „Wasser“, „Grün“ und „Rot“ genannt. Inwieweit wir Zugriff auf dieses Netzwerk haben, bestimmen unsere Emotionen. Sind wir angespannt oder ängstlich, dann ist man fokussiert und der Scheinwerfer auf das Netzwerk verengt sich: Abbildung 2: verengter Fokus auf unser Begriffsnetzwerk Das ist an sich von der Evolution ganz nützlich eingerichtet, denn wenn Gefahr im Verzug ist, sollen wir handeln und nicht erst lange überlegen. Sind wir hingegen entspannt, haben wir einen weiteren Blick auf das Begriffsnetzwerk und es fällt uns mehr ein. Der Fokus verschwindet und wir sehen zwar nicht mehr so genau, dafür aber mehr (sh. Abbildung 1). Deshalb kommen wir häufig zu Problemlösungen in Situationen, in denen wir nicht verkrampft und angestrengt nach der Lösung suchen, sondern gerade etwas ganz anderes machen, z.B. beim Joggen oder, wie mir neulich eine Bekannte erklärte: „Meine besten Einfälle habe ich bei der Hausarbeit.“ Auf ARTigo bezogen würde das heißen, dass die Zeitbegrenzung auf eine Minute Spielzeit pro Bild sich auf unser Begriffsnetzwerk eher negativ auswirken würde, weil der Fokus schrumpft und wir damit auf weniger Begriffe Zugriff haben. Mehr Zeit könnte hier zu weiterführenden Begriffen führen, die nicht nur Objekte bezeichnen, die direkt im Bild enthalten sind, sondern die quasi auf der zweiten Ebene liegen, wie Begriffe, die Emotionen beschreiben, kunsthistorische Fachtermini und komplexere Tags, die aus mehreren Worten bestehen (Phrasen). Mehr Zeit könnte also zur Gewinnung von spezifischeren Begriffen beitragen. Informationen zu Einfällen und Ideen finden Sie hier: Manfred Spitzer: Geist und Gehirn. Einfälle – wer oder was steuert sie?      

Quelle: http://games.hypotheses.org/254

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Wie wirken sich Farben auf unser Denken aus und was könnte das mit ARTigo zu tun haben?

Dass Farben mit Stimmungen und Gefühlen verbunden sind, dürfte jedem aus eigener Erfahrung bekannt sein. Schwarz als Farbe der Trauer und Rot als Farbe der Liebe sind nur zwei Beispiele dafür.  Aber haben Farben einen Einfluss auf unser Denken? Dazu wurde die Wirkung von Rot und Blau untersucht. Rot als wärmste Farbe auf der einen Seite, Blau als kälteste Farbe auf der anderen Seite des Farbspektrums.

Für das Experiment prägten sich Probanden während zwei Minuten 36 Wörter ein. Bei schwarzer Schrift auf blauem Hintergrund erinnerten sich die Versuchspersonen auch an Wörter, die ihnen vorher gar nicht dargeboten wurden. Menschen haben also bei einem blauen Hintergrund mehr Assoziationen.

Bei schwarzer Schrift vor rotem Hintergrund hatten die Probanden eine präzisere Erinnerung. Wörter wurden recht genau erinnert. Rot lenkt die Gedanken mehr auf Details und führt zu einer besseren Gedächtnisleistung.

Blau könnte man also als die Farbe der Kreativität bezeichnen. Blau ist mit Ruhe und Entspannung konnotiert. Nicht umsonst gilt die „blaue Stunde“ in England nach Arbeitsschluss als Stunde der Entspannung. Die Farbe Rot ist hingegen mit erhöhter Aufmerksamkeit verbunden. Warnhinweise sind deshalb häufig rot gestaltet.

In Bezug auf ARTigo wäre zu überlegen, ob man sich die positive Wirkung der Farbe Blau zunutze machen könnte. Denn dabei geht es um Assoziationen zu Kunstwerken. Sowohl naheliegende, als auch weiter entfernte Gedankenverbindungen sind hier gefragt. Ein blauer Bildschirmhintergrund ist für die Bilder sicherlich nicht angebracht, denn jede Hintergrundarbe beeinflusst wieder das zu taggende Bild. Eine Idee aber könnte die farbliche Gestaltung des Eingabe-Bereichs sein. Insgesamt wäre dies eine Frage des Designs der Website.

Übrigens: Wer als Computer-Arbeiter neue Ideen und Assoziationen benötigt, kann ja als Farbe für seinen Desktop-Hintergrund Blau verwenden. Das ist sicherlich nicht falsch.

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Mehr Forschungsergebnisse zum Einfluss von Farben auf unser Denken gibt es hier:
http://www.br.de/fernsehen/br-alpha/sendungen/geist-und-gehirn/geist-und-gehirn-manfred-spitzer-gehirnforschung134.html

Quelle: http://games.hypotheses.org/241

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Warum taggen ARTigo-Spieler hauptsächlich “einfache” Begriffe?

Der Artikel „Hund, Katze, Maus“ im Kunstmagazin art beschreibt das Onlinespiel ARTigo und die daraus resultierende Verschlagwortung von Bilddatenbanken. Weil die Spieler aber relativ simple Begriffe taggen, wie eben „Hund, Katze, Maus“, benötigt man neue Methoden, um an „anspruchsvollere Schlagworte und spezifische kunsthistorische Termini“ zu kommen, wie es dort heißt.

Aber warum gibt es hauptsächlich diese einfachen Tags? Wieso werden nur wenige spezifische eingegeben? Sind die Spieler – Entschuldigung – zu dumm?

Mitnichten! Zunächst muss man festhalten, dass die ältesten Begriffe, die in unserem Gehirn gespeichert sind, einfache Begriffe sind. Jedes Kind lernt erst einfache Wörter, dann einfache Sätze und nach und nach werden die Wörter spezieller und die Sätze komplizierter.

Hinzu kommt, dass wir in einfachen Begriffen denken. Schaue ich in meine Tasche, dann befindet sich darin ein Block und Stifte. Wenn ich mich vergewissern möchte, ob ich diese Dinge eingepackt habe, denke ich an den Block und die Stifte. Ich denke nicht: “Habe ich meinen Spiralblock und die Faserstifte eingepackt?“ Nein. So kompliziert ist das nicht. Blicke ich aus dem Fenster, sehe ich Bäume. Da ich kein Gärtner bin, mache ich mir nur selten Gedanken darüber, was für einen Baum ich sehe. Meine Wahrnehmung ist darauf nicht besonders geeicht. Ich sehe halt Bäume.

Für unser Gehirn ist das Denken in einfachen Begriffen eine enorme Arbeitserleichterung und sehr effizient. Jedes kompliziertere oder spezifischere Denken benötigen wir nicht für unser tägliches Leben. Wir kommen gut zurecht, wenn wir die Dinge möglichst einfach betrachten; viel Präzision brauchen wir nicht dazu. Denn Präzision bedeutet einen höheren Verbrauch von kognitiven Ressourcen und Energie. Dies gilt es möglichst einzusparen.

Was muss man also tun, um anspruchsvollere Schlagworte in ARTigo zu gewinnen? Man muss die Wahrnehmung vom allgemeinen einfachen Denken zum präzisierten Denken hinführen. Denn auch einem kunsthistorischen Laien ist es möglich, die Dinge genauer zu benennen, dann können aus „Hund, Katze, Maus“ ein Bernhardiner, eine Langhaarkatze oder eine Feldmaus werden.

Die Begriffe bzw. Tags, egal ob fachspezifischer oder allgemeiner Art, um die es bei ARTigo geht, entstehen durch Assoziationen. Es gilt, das Denken in einer Weise anzustoßen, um das ungeheure Potential, das in den Assoziationen der Spieler enthalten ist, schöpfen zu können. Das, was bisher an Begriffen in ARTigo vorhanden ist, kann nur – und davon bin ich zutiefst überzeugt – die kleine Spitze eines riesigen Eisbergs sein.

Quelle: http://games.hypotheses.org/232

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Lieber ARTigo spielen als ins Museum gehen?

Bei einem Museumsbesuch verbringt der Betrachter vor einem Kunstwerk durchschnittlich elf Sekunden, ermittelte Martin Tröndle. Einen ausführlichen Bericht der Untersuchungen Tröndles kann man auf ZEIT ONLINE in dem Artikel Und die Herzen schlagen höher lesen.

Beim Spielen von ARTigo betrachtet der Spieler eine Minute lang intensiv ein Bild, das er beschreiben soll. Er verbringt also fast 6x so viel Zeit damit wie im Museum. Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass er davon auch mehr hat, als von einem Museumsbesuch.

„Was sehen die Besucher, wenn sie Kunst sehen? Was empfinden sie? Was nehmen sie mit? Wenn man Tröndles Studie richtig versteht, dann gehört die Zukunft des Museums diesen Fragen“(Zitat aus dem o.g. Artikel).

Zur Beantwortung dieser Fragen könnte vielleicht die ARTigo-Forschung einen Beitrag leisten.

Quelle: http://games.hypotheses.org/137

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Gamification – Ist alles nur ein Spiel?

Um den Ernst des Lebens etwas zu mildern, halten Elemente aus Spielen Einzug in unser tägliches Leben. Das nennt man Gamification oder auch Gamifizierung und bezieht sich z.B. auf Belohnungen durch Punkte oder Ranglisten. Aber nicht nur: Ich habe ein 200 Jahre altes Beispiel für Gamification gefunden, das von einem gewissen Humor zeugt, ein Objekt der gewohnten Umwelt „gamifizierend“ umzugestalten.

Durch den Artikel “Die große Verführung“ in der WirtschaftsWoche bin ich auf das Thema aufmerksam geworden [1], in dem es um den Einsatz von Smartphones beim Einkaufen geht. Kunden der schweizer Supermarktkette Coop scannen, vor einer Schaufensterscheibe stehend, den Barcode der Artikel ein, die sie kaufen möchten. Hier erinnern Gestik und Körpereinsatz an die Verwendung der Spielekonsole Wii (sh. Video).

Oder es wird über die App der Firma Wynsh berichtet. Man fotografiert in Geschäften, die an sog. Wynsh-Aktionen teilnehmen, den Artikel, den man kaufen möchte. Nach einer kurzen Wartezeit wird der wenige Minuten gültige Rabatt für das Produkt angezeigt. Hier wird das Neugierverhalten (wie viel Rabatt bekomme ich?) des Kunden / Spielers adressiert. Hinzu kommt ein gewisser Zeitdruck, da die Kaufentscheidung innerhalb einer bestimmten Zeitspanne getroffen werden muss. (Als Beispiel für ein Spiel unter Zeitdruck fällt mir gerade ARTigo ein.)

Jetzt zu dem 200 Jahre alten Beispiel: Auf der Isle of Sark steht in der Seigneurie ein besonderer Stuhl, wie in der 360° – Geo Reportage auf arte kürzlich zu sehen war. Dieser Stuhl, aus Holz und Leder gefertigt, wurde einst einem pensionierten Jäger geschenkt. Das Besondere an ihm ist, dass er durch Auf- und Abbewegungen des Sitzenden diesem ein Gefühl des Reitens zu Pferde vermittelt, was durch entsprechende knarzende Geräusche verstärkt wird. Quasi ein Hoppe-hoppe-Reiterstuhl, der zur Simulation altersbedingt nicht mehr möglicher Tätigkeiten ersatzweise Verwendung fand.

Übrigens sind Simulationsspiele derzeit ein Renner. Sie bedienen den Wunsch, aus der gelebten Realität auszubrechen und in eine andere, wünschenswertere Realität einzutauchen. Man darf gespannt sein, was da im Zeitalter einer immer älter werdenden Gesellschaft noch auf uns zukommt.

Literatur:

[1] Andreas Menn: Die große Verführung, in: WirtschaftsWoche 9 (2012), S. 62 – 66

[2] 360° – Geo Reportage: Sark, die Kanalinsel der Queen, Sendung vom 31. März 2012, 19.30 Uhr auf arte, Regie: Mirella Pappalardo

Quelle: http://games.hypotheses.org/93

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Eine GUI-Analyse von ARTigo

Neulich habe ich einige Runden ARTigo gespielt und mich über die Tippfehler gewundert, die ich gemacht habe, obwohl ich sehr sicher mit zehn Fingern auf der Tastatur schreiben kann. Ich dachte erst, das bin doch nicht ich? Aber da ich alleine am Schreibtisch saß, war ich’s wohl doch. Daraufhin habe ich mir die Benutzeroberfläche von ARTigo ein wenig genauer angesehen:

Die GUI (Graphical User Interface=Benutzeroberfläche) von ARTigo ist wohltuend minimalistisch gestaltet. Nichts lenkt vom zu beschreibenden Bild ab. Im linken Bereich des Fensters befinden sich weiterführende Links und der Fortschrittsbalken, der die verbleibende Zeit visualisiert, sowie die Liste der eingegebenen Tags und der Punktestand. Im rechten Bereich wird das Bild angezeigt. Als neuer Spieler möchte man zunächst einen Blick auf die Spielregeln werfen. Darüber erfährt man etwas, wenn man auf den Link Über ARTigo > ARTigo-Spiel klickt. Zum Glück bietet die GUI nicht so viele Links an, so dass man die Regeln nicht zu lange suchen muss. Prinzipiell sollte aber eine aufzurufende Funktion auch mit einem eindeutig auf diese Funktion hinweisenden Namen benannt werden. Diese Inkonsistenz ist eine Frage des Mappings, das die Beziehung zwischen der Absicht des Spielers und den benötigten Handlungen definiert. Der Link könnte also Über ARTigo > Spielregeln heißen.

Die Blicksprünge die ich mache, sind teilweise enorm. Die Pfeile geben nur einen schematisch-vereinfachten Eindruck davon wieder. Wollte man sie wirklich messen, bräuchte man dafür eine Eye-Tracking-Kamera. Aufgrund der Geometrie der Anordnung aller im Auge zu behaltenden Objekte, sollte diese schematische Darstellung jedoch nachvollziehbar sein.

Die Größe der Blicksprünge ist sowohl vom Format des Bildes – ob Hoch- oder Querformat – abhängig, als auch von der sich daraus ergebenden Platzierung des Eingabefeldes für die Tags und von der Länge der Tag-Liste.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Blicksprünge bei einem Bild im Hochformat mit einer eher kürzeren Tag-Liste

 Abbildung 2: Schematische Darstellung der Blicksprünge bei einem Bild im Querformat mit einer etwas längeren Tag-Liste

Wie gerade erwähnt, habe ich als Spieler mehrere Objekte im Blick:

  • Am wichtigsten ist zunächst das Bild, das ich mir genau ansehen muss, denn ich soll es ja beschreiben. Deshalb ist es sinnvoll, hierfür möglichst viel Spielzeit zur Verfügung zu haben.
  • Die Liste der Tags behalte ich ebenfalls im Auge, weil ich hier zum einen sehe, was ich schon eingegeben habe, und dann, welche Begriffe ich aufgrund eines Tippfehlers vielleicht noch einmal eingeben muss. Außerdem erscheinen dort nach einer Weile bei einigen Begriffen höhere Punktzahlen, wie die fettausgezeichnete Zahl „25“. Darauf bin ich natürlich neugierig, und schiele deshalb öfter auf die Liste.
    Irritierend ist, dass sie dynamisch ist. Ein neuer Begriff wird unten an die Liste angefügt. Deshalb ist jeder Kontrollblick auf einen neu eingegebenen Begriff mit einem zusätzlichen Suchvorgang verbunden.
  • Das Eingabefeld ist unter dem Bild platziert und damit stets am gleichen Platz, aber abhängig von der Bildgröße immer an einer anderen Position auf dem Monitor. Bei jeder Runde muss ich den Blick auf das Feld wieder neu einstellen.
  • Auf den Fortschrittsbalken, der die verbleibende Zeit angibt, schaue ich ebenfalls gelegentlich.

Das Fazit lautet: Ich behalte beim Spielen verschiedene Elemente im Auge. Dabei muss ich teilweise große Blicksprünge machen, wodurch ich aber weniger Netto-Zeit für die Betrachtung des Bildes, die ja wesentlich für das Spiel ist, habe. Außerdem ist ein Blick auf die dynamisch wachsende Tag-Liste zeitintensiv, weil ein neuer Begriff während einer Runde immer an einer anderen Stelle auf dem Monitor erscheint (jeder neue Begriff hat andere X/Y-Koordinaten).

Demzufolge wäre es wichtig, alle zu beachtenden Elemente der GUI so anzuordnen, dass möglichst viel Zeit für die Betrachtung des Bildes zur Verfügung bleibt.

Für mich ergeben sich daraus folgende Vorschläge für eine Umstrukturierung der GUI in ARTigo:

Wenn das Eingabefeld über der Tag-Liste platziert würde und der neueste Tag immer oben in der Liste erscheinen würde, also immer an derselben X/Y-Koordinate, ergäbe sich hieraus bereits eine Zeitersparnis. Der Punktestand ist in diesem Beispiel über dem Fortschrittsbalken angebracht worden, weil er meiner Einschätzung nach für das Spiel wichtiger ist und vom Spieler öfter angeschaut wird als der Punktestand. Aber das ist eine Vermutung, die zu evaluieren wäre.

Die Elemente Fortschrittsbalken, letzter eingegebener Tag und das Eingabefeld für die Tags sollten möglichst nah beieinander platziert werden. Damit würden die Blicksprünge zwischen diesen Elementen kleiner, was eine Zeitersparnis bedeutet. Wichtig wäre außerdem, dass diese Elemente ihre Position während eines Spiels und zwischen den Runden nicht verändern und sie immer an denselben Koordinaten des Monitors platziert wären. Hierdurch würde sich eine zusätzliche Zeitersparnis ergeben, so dass insgesamt mehr Zeit für die Betrachtung des Bildes verbliebe.

 Abbildung 3: Vorschlag zur Umstrukturierung der GUI von ARTigo unter kognitiv-ergonomischen Aspekten. Der Screenshot ist mit Hilfe einer Fotomontage umgestaltet worden.

Schließlich wäre zu ermitteln, ob die Anordnung wie in Abbildung 3, mit dem Bild im linken Bereich und den Begriffen rechts davon, sinnvoll wäre. Wir sind aus Illustrationen daran gewöhnt, bei einer Kombination von Text und Bild, den Text meist rechts neben dem Bild stehend zu sehen. Das hat auch was mit der Leserichtung und kognitiven Verarbeitung zu tun. Man müsste klären, ob sich dadurch ein weiterer Zeitvorteil für den Spieler ergeben könnte. Möglicherweise ist in der Spielsituation aber auch die bisherige Anordnung – Bild rechts, Tags und Eingabefeld links – besser, weil damit der Blick des Spielers zu Beginn des Spiels schneller auf das Eingabefeld gelenkt wird.

Eine ergonomischere Gestaltung der GUI könnte durch effizientere Blicksprünge zu einem Zeitgewinn führen. Eine weitere Auswirkung könnte eine geringere Anzahl von Tippfehlern sein, was zu einer ebenfalls effizienteren Eingabe der Tags führt und wiederum einen Zeitgewinn bedeutet, der sich insgesamt in einer quantitativen Erhöhung der Tags niederschlagen dürfte. Es bleibt festzustellen, ob der Effekt signifikant wäre.

Quelle: http://games.hypotheses.org/55

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Puder

Fragt man eine(n) KunsthistorikerIn nach der Verbindung zwischen Edouard Manets “Nana” von 1877 in der Hamburger Kunsthalle und beispielsweise Jean-Marc Nattiers Portrait von Marie-Thérèse-Catherine Crozat (geb. Gouffier) und ihrer Tochter Louise-Honorine Crozat in Indianapolis wird er/sie möglicherweise je nach Veranlagung die … Weiterlesen

Quelle: http://vivien.hypotheses.org/290

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