Das Redaktionsteam der deutschen Seiten unserer Blogplattform Hypotheses.org hat anlässlich seines bald nun dreijährigen Bestehens zu einer Blogparade aufgerufen. Unter dem Titel „Wissenschaftsbloggen: zurück in die Zukunft“ sind Blogger dazu aufgerufen, Bilanz zu ziehen – über ihre bisherigen Erfahrungen, zur Frage der Anerkennung von Wissenschaftsblogs, deren Kernmerkmalen usw. Im Folgenden möchte ich aus Perspektive des Heraldica Nova-Blogs gern ein paar Überlegungen zur Blogparade beisteuern. Wenn meine Bilanz im Wesentlichen ganz positiv ausfällt, dann ist das vor allem das Verdienst der Redaktion und des Community-Mangagements der deutschen Hypotheses.org. Ich glaube, dass muss man ganz am Anfang mal sagen. Sie haben unermüdlich für das wissenschaftliche Bloggen geworben und Aufklärungsarbeit betrieben. Einerseits gegenüber der Fachöffentlichkeit, andererseits aber auch gegenüber der Bloggergemeinde. Ich denke, dass diese intensive Betreuung großen Anteil daran hat, dass sich das wissenschaftliche Bloggen, wenn auch langsam, aber doch stetig ausbreitet und etabliert. Genauso wichtig war meines Erachtens die Aufnahme in den ISSN-Katalog, die dem Ganzen auch eine institutionelle Anerkennung und Verbindlichkeit gibt. Danke! Kurze Bilanz Um eine Bilanz zu ziehen, bräuchte man von Anfang an klare Vorgaben und Ziele. Bei einem Wagnis wie einem Blog, das man – zumindest in meinem Falle – vor allem zunächst aus purer Neugier heraus […]
Klaus Theweleit: “So tun als gäbe es kein Morgen” (Video)
Klaus Theweleit spricht am 22. Juni 2011 auf der Konferenz “PopHistory. Perspektiven einer Zeitgeschichte des Populären” im Roten Salon der Volksbühne am Berliner Rosa Luxemburg-Platz.
Als wir Klaus Theweleit als Keynote-Speaker zur Konferenz PopHistory einluden, bediente er sich eines ungewöhnlichen Verfahrens. In seinem Vortrag mit dem Titel “So tun als gäbe es kein Morgen oder: 2000 Light Years from Home” brachte er Blätter in unterschiedlichen Formaten mit, von denen er Passagen zu Aspekten der Popgeschichte ablas: Songtexten, Sounds, Comics, Sexualität, Fantum. Da diese Passagen aus verschiedenen Veröffentlichungen Theweleits stammten und damit streng genommen keine Neuveröffentlichung sind, haben wir uns entschlossen, die Transkription des Vortrages in Form eines hidden tracks dem Methoden-Band unserer zweibändigen Popgeschichte hinzuzufügen. Die Idee war dabei, den Text als eine Zugabe quasi außer Konkurrenz zu markieren.
Theweleit hat in dem Vortrag seine eigenen Texte in neuer Kombination wie in einem Remix zusammengesetzt. Es handelt sich um die für ihn typische Mischung aus ungeschützt-autobiographischem Schreiben, psychoanalytisch inspirierter Interpretation und politischer Kritik, die Theweleit vielleicht nicht zu einem (Pop-)Historiker macht, aber eindrucksvoll demonstriert, warum er zu den originellsten Denkern unserer Tage gehört. Wir veröffentlichen den ungekürzten Video-Mitschnitt des Vortrags (die Musikbeispiele mussten wir aus urheberrechtlichen Gründen leider herausschneiden) im Blog für alle, die den ganzen Vortrag nachhören möchten:
Pophistorische Zugänge zu Native Americans nach 1945: eine Plattenkritik
Bei der Wiederveröffentlichung „vergessener“ Popmusik ist nicht selten eine gewisse Skepsis angebracht: Die Liste verkannter Meisterwerke ist endlich und die wenigsten Veröffentlichungen können das Versprechen einlösen, einen völlig neuen Blick auf popkulturelle Traditionslinien zu eröffnen. Dies gilt umso mehr, als in diesem Feld seit längerer Zeit ein Trend zu immer ausgefalleneren Genres zu beobachten ist, der das Prinzip popkultureller Distinktionsbildung beständig zu neuen Entdeckungen treibt. Konnte man eben noch mit dem Abspielen kambodschanischer Beat-Musik oder Rumba-Rhythmen aus dem franquistischen Spanien punkten, so ist die Musikindustrie schon längst auf dem Weg zu neuen Milieus und Subgenres, deren Nichtkenntnis einem zuvor nicht als Mangel aufgefallen war.
Mittlerweile haben sich hierbei eine Reihe von Musiklabels etablieren können, die immer neue Platten, Künstler und Genres wiederentdecken und für den Musikmarkt neu aufbereiten – oft mit großem Aufwand sowohl in der aufnahmetechnischen Rekonstruktion, opulenter ästhetischer Gestaltung und fundierter redaktionellen Aufbereitung. Man liegt vermutlich nicht ganz falsch, dieses expandierende Veröffentlichungsfeld mit jenem Phänomen in Verbindung zu setzen, das Simon Reynolds jüngst als „Pop Culture’s Addiction to it’s Own Past“ beschrieben hat. In einigen Fällen können solche Zusammenstellungen jedoch nicht nur wertvolle Musik neu zum Vorschein bringen, sondern auch einen neuen Blick auf pop- und gesellschaftsgeschichtliche Fragen stimulieren.
The Chieftones, image courtesy of artist (lightintheattic.net)
Die vorliegende Veröffentlichung ist ein Beispiel eines solchen Falles. Es handelt sich um die Platte „Native North America (Vol. 1): Aboriginal Folk, Rock, and Country 1966–1985“, die im Herbst 2014 auf dem Label „Light in the Attic“ erschienen ist. Das Album beinhaltet ein beeindruckendes Spektrum an Musik von Native Americans aus den kanadischen Territorien und den nördlichen US-Bundesstaaten und vereint auf diese Weise Songs aus so unterschiedlichen Gebieten wie Newfoundland, Nova Scotia, den in Nunavut lebenden Inuit und der nördlichen Pazifikküste von Oregon bis nach Alaska. Eine zweite LP, welche die südlichen Bundesstaaten der USA in den Blick nimmt, ist in Planung. Kevin Howes, der die Musik über Jahre gesammelt hat und in einem kurzen Text im Booklet in den gesellschaftlichen Kontext einführt, schreibt hierzu: „Beginning in the 1960s and well into the 1980s, a movement of Aboriginal musicians, artists, writers, and poets from across North America crafted a new blend of music: folk, country, rock, pop, blues, jazz, and classical, all reflected through their distinct cultural heritage.“
Flöten und Wassertrommeln sucht man auf den Veröffentlichungen demnach vergebens: Stattdessen lassen sich in vielen Fällen sehr klassische Besetzungen von Sängern/Gitarristen in der Tradition der zeitgenössischen Folk-Welle bis zu klassischen Rock-Besetzungen wie man sie bei der aus Inuit bestehenden Rockband Sugluk finden kann. Nicht alle Aufnahmen klingen revolutionär, einiges klingt sogar ausgesprochen konventionell, aber jede der drei Platten birgt unbekannte Künstler von überraschender Qualität und Originalität, wobei vielleicht Willy Mitchell und der in Kanada nicht völlig unbekannte Willie Dunn hervorgehoben werden können.
Willie Thrasher, image courtesy of artist (lightintheattic.net)
Wichtiger als die musikalische Qualität ist für den Kontext popgeschichtlicher Fragestellungen die Tatsache, dass mit der Musik, den Songtexten und den sie begleitenden biographischen Darstellungen des Booklets die – zumindest in Deutschland – historiographisch wenig präsente Geschichte der Native Americans in den USA und Kanada der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Blick gerät. Gerade der hier fokussierte musikalische Kontext ist dabei überaus spannend, weil hierdurch implizit immer wieder die Phänomene einer sowohl vom kanadischen als auch vom US-amerikanischen Staat noch lange nach 1945 forcierten kulturellen Einordnung zu Gehör kommen, aber eben auch die hierauf reagierenden Widerstände und sich verstärkenden Emanzipationsbewegungen der Nachkriegsjahrzehnte.
Wie dieser ambivalente Prozess zu hybriden popkulturellen Phänomen der Identitätsbildung führte, stellt einen äußerst spannenden Forschungsgegenstand der Popgeschichte dar, der in der Verbindung von Musik, Texten und biographischen Angaben auf den Platten immer wieder neue Bezüge eröffnet. Die Veröffentlichung bildet auf diese Weise einen vielversprechenden Zugang zur Kultur- und Gesellschaftsgeschichte von Native Americans nach 1945, wie sie in klassischen Veröffentlichungen und Curricula zur „Amerikanischen Geschichte“ nur selten eine zentrale Rolle spielen.
Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit popgeschichtlichen Fragestellungen können solche Veröffentlichungen ein Anstoß sein, um sich (noch) weiter von den durch Verkaufszahlen beglaubigten „wirkungsmächtigen“ Feldern der Popkultur wegzubewegen und nach alternativen popmusikalischen Vergangenheiten zu fragen, die immer auch zu einem neuen Blick auf allgemeine kultur- und gesellschaftsgeschichtliche eröffnen können.
V.A.: Native North America (Vol. 1): Aboriginal Folk, Rock, and Country 1966–1985. Label: Light In The Attic (CD / LP / MP3)C’est le sens de la vie! / #wbhyp
Vor wenigen Tagen nahm dieser Blog an der Blogparade #wbhyp bereits teil. Meine Kollegin Angelika Schoder schrieb dazu den Beitrag „Wissenschaftliches Bloggen mit Motny Python“. Was Sie gerade lesen, ist nun der Versuch meine – sehr subjektive – Meinung zu ihrem Artikel zu äußern. Darum habe ich es betitelt mit einer Zeile aus dem Monty Python Lied „The Meaning of Life“ – aus dem gleichnamigen Film. Es wurde von Anne Baillot in ihrem Beitrag zur Blogparade festgestellt, dass Bloggen in wissenschaftlichen / akademischen Kreisen kaum […]
Wissenschaftliches Bloggen mit Monty Python / #wbhyp
Während meines Nebenfach-Studiums der Älteren Deutschen Philologie an der Uni Bayreuth1 habe ich ein Seminar über Monty Python besucht.2 Aus irgendeinem Grund erinnere ich mich in Bezug auf dieses Seminar besonders an den „Upper-Class Twit of The Year“ Sketch, der nicht das Geringste mit dem Mittelalter zu tun hat, also mit dem primären Gegenstand dieses Fachs. Dass sich (Geistes-)Wissenschaftler nicht nur mit auf den ersten Blick „wissenschaftlichen Themen“ beschäftigen müssen, zeigt das erwähnte Seminar. Auch Popkultur kann zum Untersuchungsgegenstand wissenschaftlicher Betrachtung werden. Ebenso können […]
Die #MemoryMakers bei Twitter, Instagram und Co. – Eine Multichannel-Kommunikation zum HMD15
Das „Super-Gedenkjahr“ 2014 ist zu Ende gegangen, doch auch im Jahr 2015 stehen weiterhin wichtige Gedenkdaten im Kalender. Erinnerte man im vergangenen Jahr an Ereignisse in Zusammenhang mit dem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges, des 75. Jahrestags des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges und des 25. Jubiläums des Mauerfalls, so sind im Jahr 2015 die Gedenkdaten zumeist mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren verknüpft. Ein erstes wichtiges Datum ist der 27. Januar – an diesem Tag wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau […]
Das „Heilige Grab“ aus dem Kloster Wienhausen und das Marien-Wappen in Helmstedt – zwei Beispiele aus den Deutschen Inschriften Online
In meinem vorangehenden Blog-Beitrag habe ich die Online-Datenbank der Deutschen Inschriften Online (DIO) vorgestellt. Dabei ging es zunächst einmal um das Projekt selbst und ganz allgemein um die Inhalte, die heraldisch interessierte Nutzer hier finden können. Welche Objekte und Informationen genau man in der Datenbank finden kann und wie sich diese für die heraldische Recherche nutzen lassen, möchte ich im Folgenden an konkreten Beispielen erläutern. Dabei soll auch danach gefragt werden, inwieweit sich die Datenbank für die Suche nach konkreten Wappen und Personen verwenden lässt. Das „Heilige Grab“ aus dem Kloster Wienhausen Das erste Beispiel ist ein Objekt aus dem Kloster Wienhausen bei Hannover. Das „Heilige Grab“ ist eine hausähnliche Darstellung eines Sarkophags aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Es ist geschmückt mit acht großen Wappenträgern in Rüstung, welche die Schriftbänder zu liturgischen Texten und dem Osterfest auf dem Schrein fast in den Hintergrund treten lassen. Der Eintrag in den DIO bietet eine ausführliche Beschreibung, eine Transkription und Übersetzung der Inschriften, eine Aufschlüsselung der Wappen und Fotos des Objektes. In einem Kommentar werden ergänzende Informationen, wie etwa zur Datierung, aufgeführt. Weitere, heraldisch wichtige Informationen (und Vermutungen) finden sich in den abschließenden Anmerkungen. Im Eintrag werden die Figuren als „Grabwächter“ bezeichnet, […]
Das Portal „Deutsche Inschriften Online“ als Hilfsmittel für die heraldische Forschung
Mit über 2000 Wappendarstellungen für die Zeit bis 1650 stellt die Datenbank Deutsche Inschriften Online (DIO) eine wertvolle Hilfe für die heraldische Forschung zur Verfügung. Bei der Verwendung gilt es jedoch einiges zu beachten. So stellt die Online-Version des Editionsprojekts Deutsche Inschriften bislang nur etwa ein Drittel der ca. 90 gedruckten Editionsbände zur Verfügung. Außerdem werden die besonderen Interessen der heraldischen Forschung nur begrenzt berücksichtigt. Hier soll die Plattform speziell für die Forschung zu Wappen vorgestellt werden: In diesem ersten Blogbeitrag soll der Frage nachgegangen werden, wie man das Angebot für heraldische Fragestellungen nutzen kann und wo dessen Grenzen liegen. In einem weiteren Beitrag soll dann exemplarisch dargestellt werden, welche Informations- und Anschlussmöglichkeiten die DIO im konkreten Anwendungsfall bieten. Inschriften in der heraldischen Forschung Inschriften spielen als Traditionsquellen in vielen Bereichen der historischen Forschung eine bedeutende Rolle. Dies gilt auch für die Heraldik und die Arbeit mit heraldischen Quellen: Neben Wappenbüchern und Siegeln bilden sie eine der wichtigsten Quellengruppen der heraldischen Forschung. Dies scheint seinen Grund hauptsächlich in der Funktion von Inschriften zu haben: Als repräsentative Zeichen können sie etwa auf Stifter verweisen oder an Verstorbene erinnern. Dabei ist die Abbildung der zugehörigen Wappen für die mittelalterliche Gesellschaft von großer […]
Jahresrückblick 2014: Museum, Erinnerung, Medien, Kultur in anderen Blogs
MusErMeKu hat keine Blogroll – aber dafür einen praktischen Jahresrückblick mit empfehlenswerten Blogbeiträgen zu den Themen Museum, Erinnerung, Medien und Kultur in anderen Blogs: Februar Sascha Foerster (@Sascha_Foerster): Wissenschafts-Crowdfunding für die „Deutsche Nachkriegskinder“-Studie. Mehr Wissenschaft wagen! Sascha Foerster ist etwas gelungen, was nicht viele von sich behaupten können: Er hat mit seinem wissenschaftlichen Crowdfunding-Projekt bei Sciencestarter erfolgreich sein Finanzierungsziel erreicht. Für seine „Suche nach den Nachkriegskindern“ hat er zwei Monate lang kräftig die Werbetrommel gerührt und so 99 Unterstützer von seinem Forschungsprojekt überzeugen können. […]
#Museumselfie und Co. – Twitter und Degas in der Kunsthalle Kalrsruhe
Haben Museumsbesucher mit Smartphones keinen Respekt mehr vor den "heiligen Hallen der Kunst" und vor den darin ausgestellten Werken? Sie tippen ständig auf den leuchtenden Bildschirmen, die sie in der Hand halten, knipsen die Kunstwerke und sich selbst und posten dies umgehend in Sozialen Netzwerken. Sogenannte #Museumselfies sind längst nicht mehr nur ein Spleen einiger Weniger – denn am 22. Januar 2014 beging man sogar den ersten „International Museumselfie Day“. Immer mehr Museen öffnen sich dem "digitalen Besucher" und heißen ihn in ihren Ausstellungen willkommen […]