Cooperate, Deconstruct, Design

When in 2016 Battlefield 1 was released, many voices in Italy asked to recall the game, partially set on the Italian front during WW1

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Sprachverwirrung. Was ist ein geschichtsdidaktisches Medium?

 

Medien gelten als unangefochtene Kategorie bei der Planung von Geschichtsunterricht und in der geschichtsdidaktischen Handbuchliteratur. Kaum ein anderes Feld wird in der geschichtsdidaktischen Forschung so intensiv beackert. Über den Medienbegriff des Geschichtslernens wird allerdings wenig diskutiert, seit sich in den 1980er Jahren Hans-Jürgen Pandel mit seiner Einteilung in Quellen, Darstellungen und Fiktionen durchgesetzt hat. Es ist zwar keine neue Debatte der Geschichtsdidaktik, ob zu den Medien nicht nur (Lern-)Objekte, sondern im eigentlichen Wortsinn auch Mittler, also Informationsträger zählen. Der zurzeit viel diskutierte digitale Medienwandel ruft die Frage erneut auf den Plan – und führt den hybriden Begriff der Medien des Geschichtslernens an seine Grenze.

 

Holz, Säge, Nietzsche

Ein Brett soll zersägt werden. Als Material benötigt man Holz, als Werkzeug eine Säge. Einen sinnhaften Oberbegriff für Holz und Säge gibt es nicht. Anders beim Geschichtslernen: Alles, was den Lernprozess (außer den beteiligten Menschen) umgibt und unterstützt, wird in der Unterrichtspraxis diffus als Medien bezeichnet. Das Schulbuch ist genauso Medium wie die darin enthaltenen Texte und Bilder, digitale Geräte genauso wie die multimedialen Inhalte des Internets oder dessen neue Möglichkeiten zur Kommunikation. Die begriffliche “Medienlandschaft” ist ein schwer durchdringbares Gelände – nicht nur, weil Medien im Alltagssprachgebrauch allerlei Bedeutungen zugesprochen werden (so meint z.B. “Fernsehen” entweder ein Gerät, eine Tätigkeit oder ein System konkurrierender Sender), sondern auch, weil der Begriff in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen ganz unterschiedlich und teils konträr aufgefasst wird. Die Unübersichtlichkeit steigert sich in der Differenzierung, aber auch dem Zusammenwirken verschiedener Wahrnehmungskanäle (vornehmlich Sehen und Hören) und der Kodalität von Medien (Sprache, Zeichensysteme, Bilder, Filme, Musik usw.). Kurzum: Medien scheinen gut auf Nietzsches Feststellung zu passen: “Jeder Begriff entsteht durch Gleichsetzen des Nichtgleichen”.1

Quellenwert oder Funktionalität?

Die Geschichtsdidaktik hat sich angesichts des hybriden Medienbegriffs bisher elegant aus der Affäre gezogen. Der weithin etablierte Medienbegriff Pandels beschränkt sich auf (Lern-)Objekte, also auf das “Material” des Geschichtslernens.2 Kennzeichnend für dieses Medienverständnis ist die fachspezifisch notwendige Kategorisierung in Quelle und Darstellung je nach Entstehungszeit des Mediums. Ob allerdings Authentizität zur Differenzierung in “reale” und “fiktive” Geschichtsdarstellungen als triftige Kategorie gelten kann, hat zuletzt Jan Hodel bezweifelt, der hier ein grundsätzliches “Spannungsverhältnis zur Prämisse des Konstruktcharakters von Geschichte”3 ausmacht. Auf der Kölner Tagung “Geschichtsdidaktische Medienverständnisse”4 im April 2014 hat Hilke Günther-Arndt vorgeschlagen, Geschichtsdarstellungen nicht anhand ihrer Authentizität, sondern nach ihrer geschichtswissenschaftlichen und geschichtskulturellen Bedeutung zu differenzieren.5 Bereits in den 1980er Jahren stritt Horst Gies mit Pandel darüber, Medien des Geschichtslernens nicht nur im Sinne von Objekten als Mittel, sondern als Werkzeuge und damit als Mittler aufzufassen.6 Seinerzeit ging es beispielsweise um die (aus der Rückschau spitzfindige) Frage, welchen Unterschied es mache, ob Bilder gedruckt oder mittels Folie projiziert werden. Wenn heute im entgrenzten Internet per Knopfdruck auf eine Fülle von Texten, Bildern und Filmen zugegriffen werden kann, wenn verschiedene Mediengattungen multi- und intermedial verschnitten oder historische Narrative durch neue Kommunikationstools anders ausgehandelt werden können, stellt sich die Frage drängender, ob und wie durch Mittler historische Lern- und Denkprozesse berührt werden.7

Den Medienbegriff einfangen?

Um den wachsenden Anforderungen an den Medienbegriff des Geschichtslernens Rechnung zu tragen, bieten sich prinzipiell zwei Möglichkeiten an. Die erste: Man kann versuchen, den Begriff zu öffnen und damit einzufangen. Ein integrativer Medienbegriff, der sowohl Material als auch Werkzeuge historischen Lernens umfasst, wurde 2012 von Daniel Bernsen, Alexander König und Thomas Spahn vorgeschlagen. Demnach könne “an” – “mit” – “über” und “in” Medien gelernt werden.8 Einen anderen Weg beschreitet Jan Hodel in seiner Dissertation: Angelehnt an neuere Ansätze zur Mediengeschichte erklärt Hodel Medien in toto als “kulturelle Praktiken”, die ein “prägendes Element des Gegenstandes von Geschichte an sich”9 sind. So verstanden bilden Medien nicht nur Vergangenheit und Geschichte ab, sondern können selbst zum Motor historischer Entwicklung werden. Beide Konzepte weisen Anker zum historischen Denken auf, kritisch lässt sich aber zuspitzen: Wenn alles Medien sind, dann ist nichts nicht ein Medium. Die notwendige Konkretion kann nur gelingen, wenn für einzelne Aspekte der Verwendung von Medien in Lernprozessen ein zugrundeliegender Medienbegriff jeweils ausbuchstabiert würde – was auch einem pluralistischen Wissenschaftsverständnis entgegenkäme, in dem es den Medienbegriff nicht mehr gäbe.

Weg von dem Medienbegriff – hin zu

Was einer pluralistisch verfassten Wissenschaftsdisziplin gefallen mag, lässt außer Acht, dass die PraktikerInnen des Geschichtslernens orientierungslos zurückbleiben – ähnlich wie bei der Diskussion um historische Kompetenzmodelle, die inzwischen zu einem spürbaren Verdruss geführt hat. Eine zweite Möglichkeit, den hybriden Medienbegriff für das Geschichtslernen (be-)greifbar zu machen, wäre, nicht mehr vorrangig von den Medien zu sprechen, sondern stattdessen Begriffe aus der zweiten Reihe vorzuziehen. Für das Material des Geschichtslernens müssten Begriffe wie historische Objekte oder Lernobjekte hervorgehoben werden. Hier behielte die Differenzierung von Quelle und Darstellung ihre Triftigkeit. Davon abgegrenzt bilden Werkzeuge des Geschichtslernens als Mittler oder Lernmittler eine eigene Kategorie, die einen entscheidenden (und im digitalen Wandel wachsenden) Einfluss auf die Entstehung historischer Narrative haben. Zu guter Letzt fehlt bislang auch eine begriffliche Ausschärfung der Wechselwirkungen zwischen Lernenden, historischen Objekten und Mittlern. Wasser an sich ist kein Medium – aber für den Fisch, der in ihm schwimmt.

 

 

Literatur

  • Bernsen, Daniel / König, Alexander / Spahn, Thomas: Medien und historisches Lernen. Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik. In: Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften, Nr. 1 (2012), online unter: http://universaar.uni-saarland.de/journals/index.php/zdg/article/view/294/358 (zuletzt am 11.6.2014)
  • Hodel, Jan: Verkürzen und Verknüpfen. Geschichte als Netz narrativer Fragmente. Wie Jugendliche digitale Netzmedien für die Erstellung von Referaten im Geschichtsunterricht verwenden, Bern 2013; hier insbesondere das Kapitel: Geschichte – Medien – Lernen, S. 82-126.
  • Pandel, Hans-Jürgen: Das geschichtsdidaktische Medium zwischen Quelle und Geschichtsdarstellung. In: ders. / Schneider, Gerhard  (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, Düsseldorf 1985, S. 11-27.

Externer Link

 



Abbildungsnachweis
© By Ricardo Liberato (All Gizah Pyramids) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons, bearbeitet vom Autor

Empfohlene Zitierweise
Pallaske, Christoph: Sprachverwirrung. Was ist ein geschichtsdidaktisches Medium? In: Public History Weekly 2 (2014) 25, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2311.

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