Mit der askanischen Eroberung und deutschen Besiedlung ehemals slawischer Gebiete seit dem 11. Jahrhundert siedelten sich auch jüdische Familien im Barnim an. Letztere waren jedoch immer der Gunst und dem Schutz des jeweiligen Herrschers ausgesetzt und konnten jederzeit vertrieben werden. Jüdische Familien waren aufgrund zahlreicher Berufsverbote auf den Handel beschränkt. Dazu gehörte auch der Geldhandel und die Kreditvergabe. So ist überliefert, dass der damalige Kurfürst anwies, dass Christen ihre Schulden an Christen zurückzahlen sollten und am 28.10.1461 den Rat von Bernau darum bat, ein Verzeichnis der Summen aufzustellen, die die Bürger der Stadt den Juden schuldeten. Dabei fanden sich rund 60 christliche Schuldner bei nur drei jüdischen Gläubigern. Die Zurückzahlung war auch in Sachgütern, in Form von Pferden, Kühen, Bier oder Grundbesitz möglich. (Vgl. Heise 1932: 167)
1510 wurden alle Juden in Brandenburg vertrieben - übrigens in Folge eines unter Folter erfolgten Geständnisse des Bernauer Kesselschmieds Paul Fromm, der aussagte, dass er Hostien klaute und an Juden verkaufte (vgl. Heise 1932: 212). Die Ausweisung hatte für viele Christen den Vorteil, dass sie ihre Schulden nicht mehr begleichen mussten und sie in freigewordene Wohnungen ziehen konnten (vgl. Heise 1932: 224f.). Der Nachteil für den Kurfürsten lag darin, dass Abgaben und Steuereinnahmen fehlten, sodass jüdische Händler ab 1539 wieder zu gelassen wurden (vgl. Heise 1932: 232).
Im 17. Jahrhundert avancierte Biesenthal zur 5. größten jüdischen Stadt in der Mark Brandenburg. Im Jahr 1692 konnten 64 jüdische Personen unter Schutz des Kurfürsten, davon 16 Männer, 15 Frauen, 29 Kinder und 4 Knechte, gezählt werden. Es ist allerdings davon auszugehen, das weit aus mehr jüdische Familien ohne Schutzprivileg sich ansiedelten (vgl. Stern 1925a: 142; Jersch-Wenzel 1978: 43f.). In Bernau wohnten im gleichen Jahr nur eine Familie, bestehend aus einem Mann, einer Frau, drei Kinder und 3 Knechte und die unter kurfürstlichen Schutz standen. Zum Vergleich sind 1692 für Freienwalde 10, für Joachimsthal 9, für Oranienburg 21, für Liebenwalde 11, für Oderberg 6, für Zehdenick 10, für Templin, für Prenzlau 6, für Lychen 6 und für Schwedt 8 jüdische Personen gezählt worden. (Vgl. Stern 1925b: 528)
Brandenburg lebte zu der damaligen Zeit von Einwanderungen, sodass es völlig normal war, dass selbst amtierende Magistratsmitglieder unterschiedlicher Herkunft waren. So waren in Bernau 1707 der Bürgermeister aus Berlin, sein Stellvertreter aus Frankreich, ein Kämmerer aus Kursachsen und andere Mitglieder aus Anhalt, Vorpommern und der Neumark. (Vgl. Göse 2002: 128)
1724 haben sich durch die restriktive Bevölkerungspolitik des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I., die jüdischen Einwohnerzahlen deutlich verringert, sodass beispielsweise für Freienwalde nur noch 4, für Oderberg nur noch 4 oder Joachimsthal nur noch 2 jüdische Personen, namentlich Israel David und Levin Salomon, genannt werden. Bernau wurde dabei gar nicht mehr aufgezählt. Jedoch findet sich aus dem Jahr 1716 noch ein Hinweis, dass Joachim Isaac aus Bernau ausgewiesen werden soll, weil er das fällige Schutzgeld nicht aufbringen kann. (Vgl. Stern 1925a: 192ff.)
1728 finden sich für Biesenthal folgende Namen: Joseph Salomon, Elias Israel, Israel Elias, Marcus Witwe, Isaac David, Israel Marcus, Schmol Salomon, Marcus Samuel, Herschel Jecob, Manasse Isaac, Jacob Salomon, Samuel Berend, Isaak Salomon, Abraham Moses, Marcus Jacob, Levin Israel, Henschel Bendix (vgl. Stern 1925a: 269). Jüdische Ansiedlungen fanden sich zu dieser Zeit aber auch in Strausberg, Landsberg, Neustadt-Eberswalde. Die jüdischen Familien waren vor allem in der Viehzucht und im Handel mit Wolle und Schaffelle tätig.
1765 lebten in Bernau 6 jüdische Familien, einer Stadt, für die 1772 1564 Einwohner gezählt werden konnten (vgl. Stern 1925b: 423). Bekannt geworden ist Manasse Jacob, der nicht in der Lage war die durch Friedrich II. geforderten neuen Abgaben zu leisten und 1771 wegen Zahlungsunfähigkeit mit dem Bernauer Rat in Konflikt geriet und 1778 daher außer Landes verwiesen wurde. Um seinen Schutz aufrecht zu erhalten wurde Jacob verpflichtet, Manufakturwaren in großem Umfang abzukaufen und zu exportieren. (Vgl. Schenk 2010: 175ff.)
Ende des 18. Jahrhunderts, im Jahr 1777, eröffnete Isaak Benjamin Wulff gemeinsam mit dem Unternehmer Moses Daniel Itzig auf ausdrücklichen Wunsch Friedrich II. in Bernau eine Seidenmanufaktur. Da David Hirsch es in Potsdam mit seiner Manufaktur nicht schaffte, die Nachfrage nach Samt zu befriedigen, sollte Wulff auch gestattet werden, Samt in Bernau herzustellen. (Vgl. Meier 2007: 60f.; Schenk 2010: 176; Thekla 2011: 92, 152).
Später, im Jahr 1785, übernahm Markus Israel diese Fabrik gezwungenermaßen, damit er eine Generalprivileg erhielt, dass ihn rechtlich allen anderen Bürgern fast gleichstellte (vgl. Meier 2007: 204). Schon 1714 sollte Bernau den Seidenbau fördern, wogegen andere Städte aufgrund der neuen Konkurrenz intervenierten (vgl. Meier 2007: 76). Auch der Unternehmer und Philosoph Moses Mendelsohn hatte zwei Geschäftspartner in Bernau (vgl. Meier 2007: 200).
Literatur- und Quellen:
Göse, Frank (2002): Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700. Potsdam.
Heise, Werner (1932): Die Juden in der Mark Brandenburg bis zum Jahre 1571. Historische Studien. Berlin.
Jersch-Wenzel, Stefi: Juden und „Franzosen“ in der Wirtschaft des Raumes Berlin/Brandenburg zur Zeit des Merkantilismus. Berlin 1978. Einzelveröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin. Bd. 23.
Keuck, Thekla (2011): Hofjuden und Kulturbürger. Die Geschichte der Familie Itzig in Berlin. Göttingen.
Meier, Brigitte (2007): Jüdische Seidenunternehmer und die soziale Ordnung zur Zeit Friedrich II. Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Bd. 52, Neitmann, Klaus (Hrsg.) Berlin.
Schenk, Tobias (2010): Wegbereiter der Emanzipation? Studien zur Judenpolitik des „Aufgeklärten Absolutismus“ in Preußen (1763-1812). In: Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Bd. 39, Duncker & Humblot. Berlin.
Stern, Selma (1925a): Der Preußische Staat und die Juden. Die Zeit Friedrich Wilhelm I. Teil 2. 2. Abteilung: Akten. Tübingen.
Stern, Selma (1925b): Der Preußische Staat und die Juden. Die Zeit des Großen Kurfürsten und Friedrich I. Berlin.
Quelle: http://germanjews.hypotheses.org/51