Richard Schuberth im Interview mit Radio Dispositiv

Herbert Gnauer hat für die auf Radio Orange ausgestrahlte Sendung Radio Dispositiv Richard Schuberth zu seinem neuen Roman interviewt:

Bislang war Richard Schuberth vor allem als Dramatiker, Verfasser treffsicherer Polemiken und Anstifter zur Wiederentdeckung von Karl Kraus bekannt. Nun liegt sein erster Roman vor: Chronik einer fröhlichen Verschwörung erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Ein gealterter Philosoph und ein junges Mädchen verbünden sich, um einen Autor am Schreiben seines nächsten Erfolgsromans zu hindern.

Eine Buchpräsentation der Chronik einer fröhlichen Verschwörung gibt es am Donnerstag, 26.3.2015 ab 20 Uhr im Schwarzberg (Schwarzenbergplatz 10, 1040 Wien).

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022407684/

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Bismarck, getippt: Wie man Schreibmaschinen verkauft

Behörden sind selten die Vorreiter, wenn es um die technische Modernisierung ihres Geschäftsbetriebs geht. Als Schreibmaschinenfabrikant um 1900, wie gewann man da ein hochkonservatives Reichsamt als Kunden? Mit Bismarck, vielleicht.

Heimcomputer- und Mailbox-Veteranen der 80er-Jahre kennen noch “ASCII-Art“, die Kunst, aus 128 Zeichen Meisterwerke der bildenden Kunst zu formen. Das gab es auch schon mit Schreibmaschinen.

Otto von Bismarck, getippt (aus PA AA, RZ 607, R 138985)
Otto von Bismarck, getippt (aus PA AA, RZ 607, R 138985)

Hier ehrte das Andenken des Eisernen Kanzlers auf ihre ganz eigene Weise die Schreibmaschinenfabrik Sundern in Westfalen, Inhaberin einer Lizenz für amerikanische Maschinen der Marke “Jewett”, die sie mit dem Zusatz “Germania” verkaufte.

Am 15. September 1898, sechs Wochen nach Bismarcks Tod, brachte sie es damit auf die Titelseite des Fachorgans “Schreibmaschinen-Zeitung” (Jg. 1, Nr. 3 vom 15. September 1898). Es ist, wohlgemerkt, kein original Schreibmaschinen-Bild, sondern ein danach für den Druck hergestellter Holzschnitt. Möchte man wissen, was sich der Künstler so dachte beim Einschnitzen von mehreren Hundert Satzzeichen?

Die Firma hat anschließend Sonderdrucke als Werbematerial versandt, um auf der Welle der nationalen Bismarck-Verehrung auch die eine oder Schreibmaschine zu verkaufen. Einer der Empfänger war das Auswärtige Amt, das in jenen Jahren mit Schreibmaschinen-Werbung förmlich bombardiert wurde. Alle Einsendungen wurden zu den Akten genommen und ergeben eine auch kulturgeschichtlich interessante Quelle (Politisches Archiv des Auswärtigen Amt, RZ 607, R 138985 und R 138986).

Die Geheime Kanzlei des Auswärtigen Amts, in der alle Schriftstücke gefertigt wurden, nutzte noch keine Schreibmaschinen, spürte aber den Sog der Veränderungen. 1899 rang man sich zu einer Umfrage zum Schreibmaschinen-Einsatz bei den anderen Reichsämtern und bei den preußischen Ministerien durch. Die Antworten zeichnen das Bild einer Umbruchszeit, in der man über Nutzen und Nachteil der neuen Technik noch geteilter Meinung sein konnte.

Das Reichsamt der Justiz, Vorreiter bei der Schreibmaschinen-Einführung, hielt in seiner (getippten) Antwort die nötige Einübungszeit der Kanzleisekretäre für problematisch und ließ eilige Sachen lieber von Hand schreiben. Das Reichsamt des Innern teilte dagegen handschriftlich mit, dass es seine Maschinen vor allem für Eilsachen einsetzte.

Bei der Justiz und im Reichsamt der Finanzen hatte man den Effizienzgewinn schon genau beziffert und das Schreibpensum der Sekretäre auf das anderhalbfache erhöht. Bei einer Lebensdauer von zehn Jahren würde sich die Anschaffung nach zwei Jahren amortisiert haben.

Die wahren Verwaltungsfüchse saßen indessen beim preußischen Königlichen Ministerium der geistlichen Angelegenheiten, wo man weniger auf Kennziffern achtete als darauf, dass das ausgewählte Fabrikat die Seiner Majestät für Immediatberichte und Allerhöchste Erlasse allein genehme kursive Type bot. Nicht nur damals hing die Durchsetzung einer bürotechnischen Innovation eben genauso von ihrer Anpassungsfähigkeit an gegebene Nutzungsgewohnheiten ab wie von ihrem technischen Potential.

Nach der Auswertung der Umfrage schritt in der Geheimen Kanzlei des Auswärtigen Amts der Sekretär Noth zum Selbstversuch, um am Ende zu klagen: “Maschineschreiben ist körperlich und geistig sehr anstrengend”. Der eigentliche Vorteil sei auch gar nicht die Tippgeschwindigkeit, sondern die Möglichkeit, Durchschläge herzustellen, vor allem Schriftstücke “in Dictat (oder Stenogramm) gleichzeitig in Reinschrift und Conzept schnell anzufertigen.”

Die Schreibmaschine war nur ein Element, wenn auch das zentrale, in der bürotechnischen Revolution, die das alte handschriftliche Konzept durch das Doppelstück der Reinschrift ersetzte. Ein Durchschlag verrät den Inhalt eines Schreibens in seiner endgültigen Textgestalt. Ein Entwurf verrät in seinen Korrekturen und anderen Bearbeitungsspuren auch die Textgeschichte und damit den Gang der Entscheidungsfindung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Reinschrift des Texts erstellt wurde – wo der Durchschlag erst ansetzt. Im Prinzip hat jeder Durchschlag eine Geschichtsquelle vernichtet.

Für die Möglichkeiten aktenkundlicher Erkenntnis bedeutete das System Schreibmaschine also einen tiefen Einschnitt.

Das Durchschlagverfahren entwertete auch die Tätigkeit der Sekretäre, weil es rein mechanischer Natur war. Statt Mitdenken waren nur noch Fingerfertigkeit und sauberes Arbeiten gefragt. Und da die altgedienten Kanzleibeamten ohnehin mit der neuen Technik fremdelten, konnte man doch stattdessen, so das männliche Denken der Zeit, einfach – Frauen einstellen. Ein Ministerium antwortete dem Auswärtigen Amt entwaffnend direkt, man denke an die “Versorgung von Beamtentöchtern”.

So entstand aus technischer Innovation und den zeitgenössischen Klischees von Frauenarbeit das völlig neue Berufsbild der Sekretärin, das prägend wurde für die Kanzleien des 20. Jahrhunderts.

Auch für den Vorsteher der Geheimen Kanzlei das Auswärtigen Amts war das Maschinetippen Frauensache. Immerhin empfahl er in seinem Abschlussbericht vom 8. Juli 1899 die Anschaffung solcher Geräte. Dass er ein Jahrhundert und eine weitere technische Revolution später in einer weltweiten Öffentlichkeit als Exempel bürokratischer Possierlichkeit dastehen würde, als nämlich die Geschichtsredaktion von “Spiegel Online” die Sache aufspießte, konnte er nicht ahnen (“Eines Tages”, Kalenderblatt, 7. Mai 2008, im 5. Absatz). – Herzlichen Dank an Dr. Uhde, Marburg, für den Hinweis darauf!

Obwohl aus dem Vergleich von 10 Fabrikaten nach 11 Kriterien die “Remington Standard” als Siegerin hervorgegangen war, schaffte das Auswärtige Amt die “Germania Jewett” an. Ob der gestrenge Blick des Getippten sein Amt ein letztes Mal auf Linie gebracht hatte?

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/337

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19. Das Wichtigste liegt natürlich immer in der Mitte

Die Beiträge werden seltener, die Schreibarbeit an meiner Doktorarbeit nimmt nämlich eigentlich die ganze Zeit weg. Aber das kann ich mir nicht entgehen lassen. Endlich kann ich nämlich mal mit erhobenem Zeigefinger auf unsere Büsten zugehen:

Das, was in der Mitte ist, ist immer wichtiger als das, was außen steht. Offensichtlich ging das geozentrische Weltbild genau von diesem Gedanken aus. So ist natürlich beim Menschen der Bauchnabel besonders wichtig, auf der Tastatur der Buchstabe H, für die Europäische Union die Gemeinde Westerngrund und in der Gleichung „Zwei plus Vier gleich Sechs“ die zweite Vier. Natürlich ist bei all diesen Beispielen der Ort zweitrangig und tritt hinter eine andere Struktur zurück, welche die Mitte in einer anderen Weise konstituiert.

Jetzt könnte man sagen, die Leute in der Antike hätten einfach nicht richtig hingeschaut. Schließlich sieht es ja so aus, als würde sich alles um uns drehen, wenn man einmal in den Nachthimmel blickt. Wissen sie aber, was ich merkwürdig finde? Seit den Platonikern gab es eigentlich keinen Grund mehr, die Erde konzeptionell in die Mitte des Kosmos zu setzen. Wenn man nicht banaler Weise die Mittigkeit des Ortes als Korrelat für seine Wichtigkeit  versteht, sondern beispielsweise den wichtigsten Ort für die Funktionalität der Sache metaphorisch als Mitte bezeichnet, beispielsweise für den Menschen das Hirn, das Herz oder das Zwerchfell, ist doch vieles gewonnen. Die Erde war für die Platoniker nur ein Abbild einer höheren Wirklichkeit, der platonischen Ideenwelt. Klar, die Ideenwelt hat keinen Ort. Aber dennoch: Die Unwichtigkeit der wahrnehmbaren Welt in den Augen der Platoniker nimmt doch auch die Notwendigkeit, diese in die Mitte zu setzen. Naja, das ist alles Spekulation. Aber auch Aristoteles hat die supralunare Welt, also alles, was über dem Mond ist, für beständiger gehalten, ohne sie in die Mitte zu setzen oder den unbewegten Beweger, die Ursache des Kosmos. Wieso also dabei bleiben, so einen Ort in die Mitte des Kosmos zu setzen, wenn es ein heliozentrisches Weltbild zu Lebzeiten des Sokrates schon gab? Ein gewisser Philolaos soll es als Erster vorgeschlagen haben.

Anders als unsere Büsten, gehen Sie davon aus, dass die unbedeutende Erde in zufälligerweise glücklicher Entfernung von der Sonne, in einem Seitenarm der Galaxie, in einem Teil eines Galaxienhaufens, eines Teiles eines Superhaufens in einem unwichtigen Filament des unkonzipierbar großen Unversums liegt, sodass sie zur Bedeutungslosigkeit verschwindet. Ein hauch Nihilismus macht sich breit. Auf der anderen Seite ist das Wenigste immer am wertvollsten. Wie wertvoll sind Sie also im Angesicht des riesigen Universums?

Lesen Sie doch mal Platons Dialog Timaios mit einer uralten Erzählung über die Entstehung der Welt, der Elemente und der Geschöpfe.

Quelle: http://philophiso.hypotheses.org/463

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Kriminalhörspiel „Das allerletzte Mahl“ von Andreas Kloner

Kommenden Freitag (20.3.2015, 22:03-23:00) auf SWR zu hören:

„Das allerletzte Mahl.
Der Raubmord an dem Wiener Weltpriester Johann Konrad Blank.“
Ein Kriminalhörspiel von Andreas Kloner.

„Ein Schaf fand man noch am dritten Tage lebend.“
So lauteten die letzten Worte aus dem „Oesterreichischen Beobachter“ vom 12. Februar 1827, die der 70-jährige Weltpriester und Mathematikprofessor Konrad Johann Blank vermutlich gelesen hatte, als er zu Mittag in seinem Stammlokal zur „Mehlgrube“ auf dem Neuen Markt in Wien ein Schnitzel mit Erdäpfelsalat verspeiste und ein Seidel Wein dazu genoss, ohne zu wissen, dass er 24 Stunden später tot sein wird. Ermordet. Beraubt. Von wem? Das wird sich – so wollen wir es hoffen - anhand der Aussagen der zahlreichen Zeugen herausstellen.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022407489/

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Reminder: CFA elexicography Training School in Lisbon

Second CALL FOR APPLICATIONS

COST Action IS 1305 European Network of e-Lexicography

TRAINING SCHOOL 2015

“Standard tools and methods for retro-digitising dictionaries”

6 July ‒ 10 July 2015, Lisbon, Portugal

Funded by COST Action IS 1305 the Faculdade de Ciências Sociais e Humanas of the Universidade Nova de Lisboa is hosting the first ‘European Network of e-Lexicography’ Training School, in Lisbon.

COST Action IS1305 invites researchers in countries participating in COST Action IS 1305 (http://www.cost.eu/about_cost/cost_countries) to submit applications for a Training School that will be held in Lisbon from Monday 6 July to Friday 10 July 2015.

By retro-digitisation we mean the process of converting existing print dictionaries into digital publications. The training school aims to bring together students from many countries. They will be introduced to each step of the process of retro-digitisation by means of theoretical courses and hands‑on sessions.

Topics and Format

  • Introduction (presentation of different successful retro-digitisation projects)
  • How to produce a digital copy of dictionaries (digitisation from paper to image to text)?
  • How to encode and enrich dictionary data (requirements, standards and tools)?
  • How to manage retro-digitisation projects (project design, resources, time schedule, budget)?

Classes will combine theoretical instructions on standard tools and methods for retro-digitising dictionaries with practical lessons, giving participants the opportunity to work on their own material and learn the steps necessary to transform a printed dictionary into a marked-up dictionary as a basis for a database or an online-publication.

Preliminary Programme

Time Monday Tuesday Wednesday Thursday Friday
9–12
(Theoretical session)
Introduction From image to text / requirements Data modelling I Data modelling II Project management
14–18
(Practical sessions/presentations)
Presentation of students’ use cases Digitisation instructions and requirements Structure analysis, encoding Encoding and enrichment Presentation of results

Trainers

Jesse de Does, Institute for Dutch Lexicology (INL), Netherlands
Katrien Depuydt, Institute for Dutch Lexicology (INL), Netherlands
Jens Erlandsen, Erlandsen Media Publishing ApS, Denmark
Vera Hildenbrandt, Trier Center for Digital Humanities, Germany
Toma Tasovac, Belgrade Center for Digital Humanities, Serbia

Who can apply?

The Training School is aimed at students, PhDs, Post-Docs, Early Stage Researchers (up to eight years after their PhD) and Advanced Researchers who want to take advantage of the innovative and interdisciplinary character of the Training School.

We expect students of various backgrounds and especially those who are participating in or starting to participate in projects to retro-digitise dictionaries. Each student will be expected to bring along a sample of dictionary data that they are interested in working on (NOTE: computers will be provided, but students are encouraged to bring their own laptops).

Credits

ECTS credits (European Credit Transfer) will be offered for a report that the participants will need to submit after the training school. The report will be graded by the training team.

Bursaries

To support their participation in the Training School, the applicants can be reimbursed according to the COST Action guidelines.

  • The final grant amount will be confirmed in due course, and will be an average of 500 €, depending on the country of the trainees and on budgetary considerations.
  • Prior to the Training School, each trainee will receive a grant letter stipulating the fixed amount on his or her grant. The grant is intended to cover the majority of trainees’ travel, accommodation, and subsistence during the Training School.
  • Trainees will be required to pay for their own travel, accommodation, and subsistence prior to receiving their grant.

How to apply?

Applications should contain the following:

  • a brief CV (with the indication of the date of receipt of the PhD or other higher degrees.
  • a short motivation letter (not more than one page) describing your retro-digitisation project, including a brief statement of how your contribution to your project may be enhanced by participation in the Training School.

If you are interested in participating, please send your application via e-mail to Tanneke Schoonheim (Tanneke.Schoonheim@inl.nl) and use the subject line: “Application COST Training School 2015”.

Deadline for application

The deadline for the submission of applications is Friday 27 March 2015. The notification of acceptance or rejection will be sent by 3 April 2015 at the latest.

Selection

Applications will be selected by a panel that consists of the following persons:

Tanneke Schoonheim, Short Term Scientific Mission Manager
Rute Costa, Training School Manager
Vera Hildenbrandt, Chair of Working Group 2: Retro-digitised dictionaries

The selection will be confirmed by the Management Committee.

Contact persons

  • for financial questions/reimbursements: Tanneke Schoonheim, Instituut voor Nederlandse Lexicologie, Schoonheim@inl.nl
  • for logistic questions: Rute Costa, Universidade Nova de Lisboa, Departamento de Linguística, costamrv@gmail.com
  • for queries on the content of the Training School: Vera Hildenbrandt, Trier Center for Digital Humanities, vera.hildenbrandt@uni-trier.de

We look forward to meeting you in Lisbon!

More information: http://www.elexicography.eu/
PDF version

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4864

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Von August Sander bis heute

August Sander, 1925

In loser Folge stellen wir auf www.visual-history.de Institutionen vor, die im Kontext der Historischen Bildforschung von Interesse sind. Wir erkunden fotohistorische Sammlungen, Museen und Archive oder beleuchten einzelne Bildbestände.

 

Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln wurde 1992 mit der Übernahme des August Sander Archivs gegründet. Der Nachlass eines der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts legte den Grundstein für eine mittlerweile stark angewachsene Sammlung, die bis in die zeitgenössische Fotografie reicht.

August Sander, 1925

August Sander, 1925. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

Die Institution hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Sander-Bestand nicht nur zu archivieren und wissenschaftlich zu betreuen, sondern gleichermaßen die Forschung zu dokumentarischer Fotografie voranzutreiben. Sachlich-dokumentarische Fotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel steht demzufolge im Fokus der Sammlungsaktivitäten.

Die Gründer orientierten sich an Institutionen wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten, wo Fotografie innerhalb von Museen zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als in Deutschland wahrgenommen und ausgestellt wurde. Inzwischen zeichnet sich das Sammlungsprofil durch weit mehr Künstler als nur August Sander aus, wenn auch die Identifikation mit seinem Werk stark ist. Laut Gabriele Conrath-Scholl – Leiterin der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur –, ist es insbesondere die zeitlose Anschlussfähigkeit der dokumentarischen Fotografie Sanders an unterschiedliche und immer neue Fragestellungen, die den Kernbestand der Sammlung so richtungsweisend macht: „Die vielen verschiedenen Themen und die Methodik, die sich im August Sander Archiv spiegeln, dienen unserer Arbeit als Fundament, ja geradezu als Ideenpool.“ Auf 450 Quadratmetern Fläche zeigt die Institution zwei bis drei Sonderschauen pro Jahr, größtenteils aus eigenen Beständen, aber auch im Austausch mit nationalen und internationalen Museen.

 

Von Gabriele und Helmut Nothhelfer bis Walker Evans, von historischen Reisefotografien des 19. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen fotografischen Kartierungen Kölns – in den Ausstellungen spiegelt sich das Spektrum der Sammlung wider. Und zwischendurch: immer wieder August Sander. Zuletzt konnten Besucher noch Fotografien des US-amerikanischen Künstlers Jim Dine sehen, dessen fotografisches Archiv ebenso zum Bestand der Institution zählt. Der jüngste Zugang zur Sammlung ist ein Konvolut des Fotografen Martin Rosswog, der in den 1980er-Jahren sein Studium bei Bernd Becher absolvierte. Ein Teil der Arbeiten von Rosswog ist auch in der aktuellen Ausstellung „Entlang Europa“ zu sehen. In dem fotografischen Langzeitprojekt porträtiert der Künstler seit den 1980er-Jahren ländliche Lebenswelten sowie deren Bewohner und steht damit in direkter Tradition zu den Aufnahmen August Sanders, Walker Evans oder Bernd & Hilla Becher.

 

 

Der Bestand

Die Sammlung umfasst etwa 30.000 Werke internationaler Fotografen und Fotografinnen. Das Spektrum reicht dabei von der Frühzeit der Fotografie bis zur Gegenwart und von regionalen Künstlern bis hin zu den „Stars“ der internationalen Fotoszene. Die Schlüsselthemen sind Porträt, Landschaft, Architektur sowie urbaner und industrieller Raum. Das Herzstück der Sammlung – das August Sander Archiv – besteht aus 10.500 Negativen und 5500 Originalabzügen. Im Besitz der Stiftung befindet sich auch die Sammlung der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh), die ihren Sitz ebenfalls in Köln hat und deren Gründungsmitglied nicht zuletzt auch August Sander war.

Liste der vertretenen Künstler*innen: http://www.photographie-sk-kultur.de/sammlung-a-z/

 

 

Blick in die Ausstellung ZECHE HANNOVER. Photographien aus dem Ruhrgebiet von Bernd und Hilla Becher, Photographische Sammlung, 2010

Blick in die Ausstellung ZECHE HANNOVER. Photographien aus dem Ruhrgebiet von Bernd und Hilla Becher, Photographische Sammlung, 2010

Bernd und Hilla Becher: Zeche Hannover, Bochum-Hordel, Ruhrgebiet, 1973

Bernd und Hilla Becher: Zeche Hannover, Bochum-Hordel, Ruhrgebiet, 1973. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur.

 

Forschung

Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur steht für Wissenschaftler*innen offen. Für die Forschung – insbesondere für die historische Forschung – ist sie von besonderem Wert, da sie nicht nur große Werkkomplexe von Originalabzügen umfasst, sondern teilweise auch Negative, zugehörige Kontaktabzüge oder Dokumente, die die Entstehungsprozesse der Fotografien nachvollziehbar werden lassen und die Einordnung in kulturhistorische Zusammenhänge ermöglichen. Der Bestand ist außerordentlich gut erschlossen. Rund 95% der Objekte sind umfassend inventarisiert. Dabei geht die Erfassung in vielen Fällen über die Standard-Inventarisierung hinaus, da die Archivierung nach Möglichkeit jeweils an Künstler*in und Werk angepasst wird. So sind beispielsweise beim Werk von Bernd und Hilla Becher Bildgruppen und Hänge-Ordnungen mit registriert. Das umfangreiche Werk des Fotografen Karl Blossfeldt (1865-1932) ist online auf der Homepage der Stiftung recherchierbar: http://www.photographie-sk-kultur.de/karl-blossfeldt/werke/. Langfristig sollen noch weitere Bestände online zugänglich gemacht werden.

Für Forscher*innen steht überdies eine Fach-Bibliothek zur Verfügung. Vor allem Literatur zur Geschichte der Fotografie, Fototheorie oder einzelnen fotografischen Richtungen, aber auch Künstlermonografien, Ausstellungs- und Auktionskataloge und eine Sammlung von Zeitungsausschnitten stehen zur Benutzung bereit. Die Stiftung ist ebenfalls im Besitz von 900 Bänden der Privatbibliothek von August Sander, die vor Ort nach Terminabsprache eingesehen werden können.

August Sander: Zirkusartisten, 1926-1932

August Sander: Zirkusartisten, 1926-1932. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen
Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

 

Die Photographische Sammlung/

SK Stiftung Kultur

Im Mediapark 7

50670 Köln

Telefon: 0049-(0)221-88895 300

Fax: 0049-(0)221-88895 301

photographie@sk-kultur.de

www.photographie-sk-kultur.de

 

Öffnungszeiten der Ausstellungen: Täglich von 14 bis 19 Uhr, mittwochs geschlossen, montags Eintritt frei

Öffnungszeiten Bibliothek: Montag bis Donnerstag 9.00 bis 14.00 Uhr

Quelle: http://www.visual-history.de/2015/03/16/von-august-sander-bis-heute/

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Fundstücke

Von Stefan Sasse

- Ein englischsprachiger Artikel über die Frage, wie es die Autoindustrie geschafft hat das Überqueren der Straße nur an bestimmten Stellen zu erlauben - absolute Voraussetzung für den Durchbruch des Kfz als Massenprodukt. 

- Die BILD (ich weiß, ich weiß) hat was zu sowjetischen Scharfschützinnen im Zweiten Weltkrieg. Man beachte die Emotionsleiste unten. 

- 6 Mythen über Cäsars Ermordnung an den Iden des März (Englisch)

- Die Allierten haben Italiens Marine in den 1930ern konstant überschätzt (Englisch)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2015/03/fundstucke.html

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DIJ Tokyo: Moderne Frauen in Japan


Den diesjährigen “Women’s History Month“ möchte die Max Weber Stiftung zum Anlass nehmen aktuelle Forschungsprojekte zur Frauengeschichte aus den Instituten der Stiftung vorzustellen.

 

Auch am Deutsche Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo wird zu Themen unter dem Aspekt soziologischen Aspekt “Gender” geforscht. Im Gegensatz zu den Projekten an den anderen Instituten der Max Weber Stiftung orientieren sich die Projekte am DIJ stärker am aktuellen Zeitgeschehen. Gerade die Spezialisierung des Instituts auf politische und soziologische Fragestellungen, lassen einen anderen Blick auf den “Gender”-Aspekt zu, als es vielleicht historische Arbeit tun würde.

Japanische Mütter und politische Partizipation nach 3/11 

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Nach der Katastrophe vom 11. März 2011 gründeten über 300 besorgte Eltern in ganz Japan landesweite, soziale Organisationen, die sich für den Schutz von Kindern vor der von Fukushima ausgehenden, radioaktiven Strahlung einsetzten.  Insbesondere Mütter wurden in diesen Organisationsnetzwerken politisch aktiv.  Für viele von ihnen eine völlig neue Erfahrung. Ihr Einsatz stand im krassen Gegensatz zum dem sonst in der japanischen Öffentlichkeit vorherrschenden, idealisierten Bild von der  Mutter als “stillen Beschützerin der Famile”. Mutterschaft und politischer Aktivismus sind zwei Konzepte, die einander nach der Logik der japanischen Gesellschaft eigentlich ausschließen sollten, aber dennoch untrennbar miteinander verbunden sind.

Phoebe Stella Holdegrün und Barbara Holthus forschten über zwei Jahre hinweg in Feldarbeit die Partizipationsstrategien japanischer Mütter unter den Mitgliedern der tokioter Zivilgesellschaftsorganisationen. Sie untersuchten welche Bedeutung Geschlechterrollen und ihr Verständnis für die Mütter und ihre “Widersacher”, allesamt männliche Repräsentanten von “Vater Staat” hatten. Sozialkapital und Interessenvertretung wurden bei der Auswertung der Befunde ebenfalls berücksichtigt.

Letztendlich zeigte die Studie, dass Gruppenmitglieder auf ein starkes Sozialkapital zurückgreifen konnten, die Einforderung ihrer Interessen in Interaktion mit den Lokalbehörden jedoch dünn ausfiel. Dieser, auf den ersten Blick schwache Stand, sei aber eine ganz bewusste gewählte Strategie von Müttern innerhalb der Bewegung, die mit kleinen Schritten langfristige Änderung anstreben.

 

Japanische Lebensläufe im Wandel

Noch vor dem einschneidenden Erdbeben untersuchte Hiromi Tanaka in ihrem Forschungsprojekt die Lebensläufen lediger, berufstätiger Frauen in Tokyo. Die Studie war Teil eines international-vergleichenden Forschungsprojekts zu ledigen, berufstätigen Frauen in ökonomisch entwickelten Territorien, in denen ein Ehe- und Geburtenrückgangstrend zu beobachten ist.

Women wearing kimonos in Tokyo, Japan | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Bild: Frauen in Kimonos | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Im Japan der Nachkriegszeit und der darauffolgenden Phase des Wirtschaftswachstums erfuhren die Lebensläufe von Männern und Frauen eine “Standardisierung”. Anstatt sich individuell von einander abzugrenzen, stellten die neue Art von Lebenslauf die Projektion eines idealisierten Bild von Familien- und Berufsleben in der japanischen Gesellschaft dar. Konkret hieß das, dass von Männern eine lebenslange Anstellung und die Rolle als Ernährer der Familie erwartet wurde. Frauen dagegen sollten in erster Linie als Ehefrauen und Mütter von zwei bis drei Kindern für den Haushalt sorgen sein. Diese Vorstellungen von de Rollenverteilung der Geschlechter spiegelten eine gesellschaftlich konstruierte und in der japanischen Mittelschichtgesellschaft breit akzeptierte Vorstellung eines “glücklichen Lebens”.

In ihrer soziologischen Studie stellte Tanaka fest, dass diese standardisierten Lebensläufe in den letzten Dekaden zunehmend verschwinden. Ihr Projekt beschäftigt sich mit eben diesem Wandel der standardisierten modernen Lebensläufe in Japan, wobei der Fokus ihrer empirischen Arbeit auf ledigen, berufstätigen Frauen in Tokyo in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren lag. Die Werdegänge dieser Gruppe von Frauen zeigte in Hinsicht auf die Aspekte Ehe, Mutterschaft und Erwerbstätigkeit eine drastische Verschiebung im Vergleich zu den Lebensläufen älterer Generationen. Mit Hilfe qualitativer Interviews versuchte Tanka den Ursachen für diesen Wandel in den Entscheidungen lediger, berufstätiger Frauen auf den Grund zu gehen, führte Tanaka qualitative Interviews. Hierbei ging sie unter anderem folgenden Fragen nach welche gesellschaftlichen Faktoren einen Eherückgang unter berufstätigen Frauen in Japan – insbesondere in Tokyo – beeinflussen, wie diese Frauen ihr Leben bzw. ihren gesellschaftlichen Status als unverheiratete Frau wahrnehmen, welche Wünsche oder Erwartungen sie bezüglich Ehe, Elternschaft und Arbeit haben, und wie sie Arbeits-, Partner- und Elternschafts-bezogene Entscheidungen treffen.

Die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte kann man in den bereits veröffentlichten Studien Beyond a Standardized Life Course und Gender and Political Participation in post-3/11 Japan nachlesen.

Quelle: http://mws.hypotheses.org/26006

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Interview mit den Assoziation-A-Verlegern Rainer Wendling und Theo Bruns

Der Verlag Assoziation A gehört zu den wohl interessantesten linken Verlagen im deutschsprachigen Raum. Assoziation A sitzt in Berlin und Hamburg und gibt neben Romanen und Krimis vor allem Sachbücher zu Themen wie Antifaschismus, Widerstand, Exil, Migration, Geschichte der Linken, Theorie und Praxis sozialer Bewegungen heraus. Ein Interview mit den Verlegern Rainer Wendling (Berlin) und Theo Bruns (Hamburg) in der Zeitschruift Graswurzelrevolution.

Graswurzelrevolution (GWR): Euer Verlag sieht sich in der Tradition der antiautoritären und undogmatischen Protestbewegungen und wurzelt sozusagen in der 68er-Bewegung. Wie fing alles an?

Theo Bruns: Der Verlag Assoziation A entstand im Jahr 2001 aus dem Zusammenschluss der Verlage Libertäre Assoziation A, Hamburg, und dem Verlag Schwarze Risse, Berlin.
Zwischen beiden Verlagen gab es bereits vorher eine langjährige Kooperation, aber sie hatten natürlich auch ihre eigene Geschichte und ein unterschiedliches Profil. Was den Hamburger Zweig angeht, so hat er eine lange Tradition, die bis in die frühen 1970er Jahre im Anschluss an die Jugend- und Studentenrevolte von 1968 zurückreicht.
In der Zerfallsphase des SDS entstanden aus seiner antiautoritären Strömung u.a. bundesweit selbstorganisierte und -verwaltete Buchhandelsprojekte und Verlage, die sich im Verband des linken Buchhandels (VLB) zusammenschlossen. In Hamburg wurden in dieser Zeit der Verlag Association mit „c“ – etwa zeitgleich die Edition Nautilus –, der Manifest-Buchladen und der Spartacus Buchvertrieb gegründet. Der Verlag Association war damals politisch in einem Spektrum zwischen Anarchismus, Rätekommunismus und Operaismus angesiedelt, publizierte aber auch eine Reihe zur politischen Ökologie und einige literarische Titel, u.a. von Upton Sinclair und Erich Fried.
Seine wohl bekannteste Publikation war „Friedlich in die Katastrophe“ von Holger Strohm, ein Buch, das zu einer Art „Bibel“ der Anti-AKW-Bewegung avancierte. Aufgrund einer abenteuerlichen Geschichte, die einen eigenen Beitrag wert wäre, ging der Verlag 1979 in Konkurs.
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Einsortiert unter:Aktion, Biographie, Erfahrungen, Erinnerung, Geschichte, Geschichtspolitik, Kolonialismus, Linke Debatte, Literatur, Medien, Sozialgeschichte, Vermittlung

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2015/03/15/interview-mit-den-assoziation-a-verlegern-rainer-wendling-und-theo-bruns/

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Kotzende Würmer

Es gibt hunderte, ach tausende Gründe, Richard Schuberths Roman Chronik einer fröhlichen Verschwörung (Rezensionen bislang u.a. in Die Presse, Falter, orf.at, Wien International) zur Lektüre anzuempfehlen, als einer davon sei dieser schöne Fluch daraus zitiert:

Wenn du verreckst, müßte man Löcher in deinen Sarg bohren, damit die Würmer sich rauslehnen und kotzen können.

Schuberth, Richard: Chronik einer fröhlichen Verschwörung. Roman. Wien: Zsolnay, 2015. Verlags-Info

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022407114/

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