Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2)


Seit Ende Juni 2012 gibt es bei twitter der Hashtag #gd_dig – meint “Geschichtsdidaktik digital”. Die Diskussion, ob und wie sich historisches Lernen angesichts des digitalen Wandels verändern könnte, hat in den vergangenen Monaten an Fahrt aufgenommen. Der Beitrag knüpft an den Blogpost Geschichtsdidaktik digital | Anmerkungen zu gd_dig (1).

 

Was brauchen Schüler_innen, damit sie sinnvoll mit PC, Tablet oder anderen digitalen Endgeräten im Geschichtsunterricht lernen können? „Informiert euch mal im Internet – dann könnt ihr zum Beispiel eine Power-Point-Präsentation machen!“ Solche Arbeitsaufträge – oft gehört – sind demotivierend und lassen die großen Potenziale digitalen Geschichtslernens brach liegen. Lehr-/Lernkonzepte oder Lernarrangements, die strukturieren, was Schüler_innen in digitalen Lernumgebungen wie lernen sollen und können, sind notwendige Voraussetzung für guten „digitalen“ Geschichtsunterricht.

Kürzlich haben Daniel Bernsen, Alexander König und Thomas Spahn in der neuen Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften den Beitrag Medien und historisches Lernen: Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik veröffentlicht, in dem sie Anforderungen an digitalen Geschichtsunterricht und eine digitale Geschichtsdidaktik diskutieren. Die Autoren stellen fest, dass „die Digitalisierung unsere Welt grundlegend verändert“ und „ jede Beschäftigung mit Geschichte die Bedingungen der digitalen Welt für Arbeitstechniken und Möglichkeiten historischer Erkenntnis, im digitalen Raum gleichsam als deren conditio sine qua non, immer mitdenken“ (S.2) muss. Der Aufsatz dokumentiert im Folgenden den Forschungsstand sowie allgemeine Aspekte zu konkreten Arbeitstechniken und zu neuen Herausforderungen historischen Lernens bezogen beispielsweise auf Kompetenzorientierung, Veränderungen historischer Narrationen oder die Hinwendung zu geschichtskulturellen, die Lebenswelt der Schüler_innen einbeziehenden Zugänge zu Vergangenheit und Geschichte. In Abgrenzung zum von Hans-Jürgen Pandel geprägten Medienbegriff stellen die Autoren fest, dass „in der Geschichtsdidaktik Nachholbedarf nicht nur bezüglich digitaler Medien, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung eines fachspezifischen Medienbegriffs“ besteht (S. 14), „wenn man davon ausgeht, dass Vergangenheit immer nur medial vermittelt zugänglich ist und daher historisches Lernen nur medial erfolgen kann“ (S. 15). Medien sind – so fahren sie fort – nicht nur Unterrichtsgegenstände (wie Quellen, Darstellungen usw.), sondern erstens auch Werkzeuge und zweitens Denkräume historischen Lernens.[1] Das von Bernsen, König und Spahn vorgeschlagene Konzept einer digitalen Geschichtsdidaktik als „integraler Bestandteil der Geschichtsdidaktik“, die „sich mit den Bedingungen und Auswirkungen des digitalen Wandels auf das Geschichtsbewusstsein, historisches Lernen, Geschichts- und Erinnerungskultur“ (S. 16) beschäftigt, rückt diesen erweiterten Medienbegriff in den Mittelpunkt und unterscheidet vier Funktionen digitaler Medien:

  • historisches Lernen an digitalen Medien als Lernobjekte erster Ordnung (z.B. digitalisierte Quellen und Darstellungen);
  • historisches Lernen mit digitalen Medien als Lern- und Denkwerkzeuge (z.B. Blogs; aus „segu-Sicht“ würde ich auch Online-Plattformen für Lernmaterialien hier einordnen);
  • historisches Lernen über digitale Medien als Lernobjekte zweiter Ordnung (z.B. Analyse von Wikipedia-Artikeln);
  • historisches Lernen im digitalen Medium als Lern- und Denkraum. (S. 17ff.)

Der vierte Punkt – in Anlehnung an medienpädagogische Konzepte – versteht sich wohl als (variabel) integratives Konzept der drei erstgenannten Punkte.

Die Ansprüche an das historische Lernen im digitalen Medium werden im Beitrag nur ansatzweise konkretisiert. Wie lassen sie sich in Lehr-/Lernkonzepte übersetzen? In seinem Beitrag „Was ist digitale Geschichtsdidaktik” (Juli 2012) hat König festgestellt, dass eine digitale Geschichtsdidaktik stärker „den Mediennutzer ins Zentrum ihrer Überlegung [rückt]. Sie ist – wie die konstruktivistische Geschichtsdidaktik – eine subjektorientierte Geschichtsdidaktik, welche ‚die Lebenswirklichkeit‘ von Geschichtslernern zum Ausgangspunkt nimmt.“ Lernen im digitalen Medium kann also Chancen für individuelles und differenzierendes Lernen oder z.B. für Projektlernen bieten. Zweitens ist Lernen im digitalen Medium – nach Stand der technischen Möglichkeiten – vielfältig. Noch einmal König: In seinem Beitrag „Geschichtsvermittlung in virtuellen Räumen“ schildert er das Potenzial, Unterricht durch e-Learning-Konzepte zu öffnen (Zusammenfassung Blogpost vom 12.9.2012). Neuere Entwicklungen weisen unter dem Label Web3.0 zum mobilen e-Learning z.B. mittels Smartphones; die Regionalgeschichte könnte in Zukunft stärkeres Gewicht beim historischen Lernen bekommen.

Aus geschichtsdidaktischer Sicht geben die Beiträge Hinweise und es finden sich verschiedene Spuren, wie Lernen im digitalen Medium konturiert sein könnte. Individuelle Lernkonzepte können der individuellen Ausprägung von Geschichtsbewusstsein Rechnung tragen, eine stärkere Fokussierung digital vermittelter Geschichtskultur könnte stärker Lebensbezüge von Schüler_innen berücksichtigen usw. Dennoch scheint eine wichtige Voraussetzung – um das Gefäß historisches Lernen im digitalen Medium aufzufüllen und in Lehr-/Lernkonzepten zu konkretisieren – noch nicht geklärt.  Was zeichnet digitales Geschichtslernen als historisches Lernen aus? Wie lässt sich von der Medien-Reflexion eine tragfähigere Brücke zur geschichtsdidaktischen Theoriebildung und „Grammatik“ (Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, fachdidaktische Prinzipien, historische Kompetenzen) schlagen? Ansätze, die geschichtsdidaktische Theoriebildung zugrundelegen und davon ausgehend Aspekte des digitalen Geschichtslernen konkretisieren, sind noch nicht sehr zahlreich; beispielsweise Beiträge von Jan Hodel (z.B. Geschichtslernen mit Copy and Share) oder von Jakob Krameritzsch (Die fünf Typen des historischen Erzählens – im Zeitalter digitaler Medien); sie lassen sich zudem eher der Kategorie Lernen über digitale Medien zuordnen.

Deshalb offen gefragt: Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja, wie viele? Wer kennt Best Practice-Beispiele? Lassen sich Merkmale guten “digitalen” Geschichtsunterrichts benennen? Bezogen auf welche Kategorien und Begriffe der geschichtsdidaktischen “Grammatik” lässt sich für das Lernen im digitalen Medium ein Zugewinn für das Geschichtslernen ausmachen? Sind Ziele historischen Lernens mit digitalen Medien – auf anderem Wege – nicht auch “analog” zu erreichen? Gibt es Aspekte geschichtsdidaktischer Theoriebildung jenseits des Medienbegriffs, die sich angesichts des digitalen Wandels erweitern oder sogar verändern könnten? Dazu gehört abschließend sicher auch die Frage, welche Ansprüche an historisches Lernen sich mit digitalen Medien ausdrücklich nicht erreichen lassen. tbc.


[1] Mit einem solchen erweiterten Medienbegriff knüpfen die Autoren an den Geschichtsdidaktiker Horst Gies an, der vor Jahren forderte, Medien „nicht nur ‚Mittel‘, sondern auch ‚Mittler‘“ aufzufassen; s. Horst Gies: Geschichtsunterricht. Ein Handbuch zur Unterrichtsplanung. Köln 2004, S. 214 . Gies unterteilt für den Geschichtsunterricht relevante  Medien symbolisch sowohl nach „Hardware“, also Geräte (vom Bleistift bis zum PC), als auch nach „Software“, d.s. Lernobjekte (vom Arbeitsblatt über Filme bis hin zu von Schülern selbst hergestellten Produkten historischen Lernens). Funktional betrachtet sind Medien lt. Gies sowohl Lehrmittel, Lehrsysteme als auch Lernmaterialien.

 

Bildnachweis    C.Pallaske, CC BY SA 3.0

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): Gibt es historisches Lernen im digitalen Medium – und wenn ja wie viele? | Anmerkungen zu gd_dig (2). In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 19.9.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/968, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/968

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Herbstschule Information Retrieval 2012

Die DARIAH-DE-Kollegen aus Bamberg kündigen folgenden Workshop an:

Die Fachgruppe Information Retrieval (FG IR) der Gesellschaft für Informatik (GI) lädt ein zur Herbstschule Information Retrieval 2012 vom 1.- 5. Oktober 2012 in Schloss Dagstuhl, dem Leibniz-Zentrum für Informatik.

Suche und Suchmaschinen bilden einen wichtigen Forschungsbereich mit zahlreichen möglichen Anwendungsfeldern. Neben einführenden und grundlegenden Themen des Information Retrieval werden im Rahmen der Herbstschule insbesondere aktuelle Forschungsfragen in kompakten Workshops angesprochen. Teilnehmer und Dozenten wohnen im Leibniz-Zentrum für Informatik und nutzen gemeinsam die Vorzüge des angenehmen Ambientes, der modernen Präsentations- und Arbeitsräume sowie der positiven Atmosphäre von Schloss Dagstuhl.

Themen

Die Herbstschule Information Retrieval 2012 adressiert sieben aktuell in Forschung und Praxis diskutierte Themenfelder, die jeweils von namhaften Experten vorgestellt werden:

  • Die Geometrie des Information Retrieval
    Dr. Ingo Frommholz, University of Bedfordshire
  • Interaktives Information Retrieval
    Prof. Dr. Norbert Fuhr, Universität Duisburg-Essen
  • Trend und Topic Detection / Explorative Suche
    Prof. Dr. Gerhard Heyer, Universität Leipzig
  • IR in den Lebenswissenschaften
    Dr. Wolfgang Müller, Heidelberger Institut für Theoretische Studien
  • Effizienz von IR-Systemen (für Indexierung und Retrieval)
    Dr. Ralf Schenkel, Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
  • Adaptive Similarity Search in Multimedia Databases
    Prof. Dr. Thomas Seidl, RWTH Aachen University
  • Dokumenten Clustering
    Prof. Dr. Benno Stein, Bauhaus-Universität Weimar

Im Rahmen der Herbstschule sind auch verschiedene Zeitfenster für Vorträge bzw. die Präsentation von Postern eingeplant, die von den Teilnehmern zur Vorstellung ihrer eigenen aktuellen Forschungsschwerpunkte genutzt werden können.

Insgesamt richtet sich die Veranstaltung an ein breitgefächertes Spektrum von Besuchern. Die Hauptzielgruppen sind Studierende, junge Wissenschaftler sowie Mitarbeiter aus Institutionen und Unternehmen, die im Bereich Informationssysteme beschäftigt sind.

Weitere Informationen

Weiterführende Informationen und das Anmeldeformular finden Sie im Web unter: http://tinyurl.com/HSIR2012

Faltblatt

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=884

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Essay-Preis der Zeitschrift WerkstattGeschichte und des Klartext-Verlags vergeben

Im Januar haben wir hier über den Essay-Preis der Zeitschrift WerkstattGeschichte berichtet. Der Verein für kritische Geschichtsschreibung, der die WerkstattGeschichte herausgibt, hat die Frage “Was ist kritische Geschichtsschreibung heute?” gestellt; einige Dutzend Historiker/innen haben als Antwort Essays eingesandt, die sich mit dem Thema kritische Geschichtsschreibung auseinandersetzen. Am heutigen Dienstag wurde der Preisträger bekannt gegeben: Achim Landwehr mit dem Essay “Die Kunst, sich nicht allzu sicher zu sein: Möglichkeiten kritischer Geschichtsschreibung”.

Der Preis wird auf dem Historiker/innentag verliehen und der Essay ist jetzt bereits auf der Homepage der Zeitschrift runterzuladen. Das Votum der Jury (Franziska Augstein, Annett Gröschner, Axel Doßmann, Monica Juneja, Silke Törpsch, Michael Wildt, Dietlind Hüchtker), der die Einsendungen anonymisiert vorlagen, war einstimmig.

Die Jury begründete ihre Entscheidung wiefolgt: Der “Essay ist ein Plädoyer für eine kritische Geschichtsschreibung, der es um eine ‘Entselbstverständlichung’ von Geschichte geht. In seinem bemerkenswert unprätentiösen Text führt Landwehr vielschichtig vor, wie Nicht-Eindeutigkeit und Verunsicherung im Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart das Schreiben kritischer Geschichte möglich machen kann.” Ich selbst habe den Essay gelesen und war angetan von der klaren Sprache, in der eine Selbstkritik der Geschichtswissenschaft (“Was ist das Gegenteil kritischer Geschichtsschreibung?”) in produktive Fragen umgewandelt werden kann.

Was kennzeichnet die WerkstattGeschichte, die den Preis verliehen hat? Ein wenig Eigenwerbung, denn der Autor dieses Blog-Eintrags ist Redaktionsmitglied:

Die Zeitschrift WerkstattGeschichte wird von einem Verein getragen. Sie existiert seit 1992, hängt nicht wie viele andere Fachzeitschriften an einem Lehrstuhl oder einem Forschungsinstitut und konzentriert sich auf epochen- und regionenübergreifende Themenhefte zur Alltags-, Geschlechter-, Sozial- und Kulturgeschichte. Die inhaltlichen Linien werden von einem Herausgeber/innenkollektiv entwickelt. Die Redaktion setzt sich aus derzeit 8 Historiker/innen zusammen, die an der Universität, in Verlagen und Redaktionen tätig sind. Sie arbeiten gemeinsam mit den Autor/innen an den Manuskripten und sichern in der kollektiven Diskussion die Qualität der Beiträge. Besonderes Anliegen der Zeitschrift ist es in Debatten- und Werkstatttexten jungen Historiker/innen und innovativen Forschungsansätzen ein Forum zu bieten. Externe Herausgeber/innen können Themen vorschlagen und Hefte zusammen mit der WerkstattGeschichte entwickeln.

Themenhefte, die älter als zwei Jahre sind, können auf der Homepage der Zeitschrift kostenlos heruntergeladen werden. Rezensionen stehen vollständig online zur Verfügung. Eine Erweiterung des Online-Auftritts ist in Planung.


Einsortiert unter:Geschichte, Geschichtspolitik, Linke Debatte, Sozialgeschichte, Uncategorized, Zeitschrift

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/09/19/essay-preis-der-zeitschrift-werkstattgeschichte-und-des-klartext-verlags-vergeben/

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Compas – ein neues Onlinetool zum strukturierten Forschen im Web ist online

Unsere Kollegen drüben von infoclio.ch haben gerade noch rechtzeitig zum Semesterbeginn ein neues Online-Lehrmittel zu den Bereichen Informationskompetenz und Online-Recherche aufgeschaltet, das wir gerne an dieser Stelle empfehlen möchten: »compas – Strukturiertes Forschen im Web« ist ab sofort unter www.compas.infoclio.ch frei verfügbar. Das Lehrmittel ist in drei Kapitel gegliedert: 1. Persönliche digitale Infrastruktur aufbauen 2. [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6393

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Wienwoche

Kommenden Samstag, 22.9.2012 wird die löbliche Veranstaltungsreihe Wienwoche eröffnet, ich möchte zwei Programmpunkte hervorheben:

Die Ausstellung Museum Festung Europa im Österreichischen Volksundemuseum, Eröffnung 22.9.2012, 18 Uhr, Dauer bis 7.10.2012.

Die Ausstellung MATZ AB! Sie schätzen Ordnung? Wir nicht! zur Geschichte des Matzleinsdorferplatz, Eröffnung 23.9.2012, 16 Uhr, Gudrunstraße 196B.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/156262048/

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Eine Kurzbiografie des deutschen Mystikers Johannes Tauler

Neben den deutschen Mystikern Meister Eckhart (1260-1328) und Heinrich Seuse (1295-1366) war Johannes Tauler einer der Hauptfiguren der Deutschen Mystik. Im folgenden Artikel sollen wichtige Stationen seines Leben aufgeführt werden.

Statue des Johannes Tauler in StraßburgJohannes Tauler wurde um 1300 in Straßburg geboren und entstammte einer wohlhabenden Familie.1 Er trat bereits 1315 in den Dominikanerorden ein und absolvierte im Orden ein Studium der Logik und Naturphilosophie. Zusätzlich widmete er sich noch theologischen Studien und erhielt in seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr die Priesterweihe. Nach seinem Studium wurde er sogleich in der Seelsorge eingesetzt, weswegen er, im Gegensatz zu Meister Eckhart, sich Zeit seines Lebens eher praktischen Aufgaben und weniger wissenschaftlichen Arbeiten widmete, obgleich er über einen hohen Fundus an Kenntnis über die Literatur der Christlichen Mystik verfügte.2 Er stellte somit das „rein schulisch angeeignete Gotteswissen der lesmeister […]der erlebten Gottesweisheit der lebmeister, einer praktisch erlebten Gotteserfahrung also, entgegen“.3 Obwohl Tauler Meister Eckhart in seinen Predigten nur einmal namentlich erwähnt (Vetter 64), ist die Prägung durch die Lehre des Meister Eckhart in Taulers Leben und Wirken deutlich erkennbar.4

Im Jahr 1339 mussten die Ordensbrüder Straßburg verlassen, weil der Papst aufgrund politischer Auseinandersetzungen mit Ludwig dem Bayern die Abhaltung öffentlicher Gottesdienste untersagte.5 Tauler widmete sich im neuen Sitz des Dominikanerordens in Basel verstärkt dem Predigtdienst zu. Dort lernte er auch den Priester Heinrich von Nördlingen und „dessen Kreis frommer Frauen sowie die genannten Gottesfreunde kennen“6 und studierte mit ihnen mystische Schriften u.a. von Mechthild von Magdeburg. Obwohl um 1343 die Mitglieder des Dominikanerordens wieder nach Straßburg zurückkehrten, reiste Tauler „zwischen 1344 und 1346 […] im Gebiet von Köln, Straßburg, Medingen bei Dillingen umher“7 und arbeitete als Prediger und Seelsorger in Dominikanerinnenklöster und nahm sich aber auch frommen Frauen wie Drittordensfrauen und Beginen an. Auch pflegte Tauler Kontakt zur Mystikerin Margarethe Ebner aus dem Dominikanerinnenkloster in Medingen.8

Im Jahr 1346 kehrte Tauler vermutlich nach Straßburg zurück und verbrachte seinen Lebensabend bis zu seinem Tod am 16. Juni 1361 vor allem in Straßburg, beschäftigt mit der Volkspredigt und der Seelsorge bei den Dominikanerinnen und weiteren frommen Frauen.9 Obwohl Tauler Zeitzeuge zahlreicher Krisen des 14. Jhr. war, wie der verheerenden Pestepidemie, einem Erdbeben und einer Feuerbrunst in Straßburg und der darauffolgenden Geißelungsbewegungen und Judenpogrome, politischen und militärischen Auseinandersetzungen und er Zeit seines Lebens mit häretischen und scholastischen Lehren konfrontiert wurde, weisen seine Predigten keine besonders politische oder soziale Funktion auf.10

Wer aus Taulers Predigten biografische Hinweise über ihn selbst und seine Person entnehmen möchte, wird nicht fündig werden. Auch zu versuchen, anhand der Predigten ein einheitliches Taulersches theologisches System zu rekonstruieren, ist nicht von großem Nutzen und wäre vermutlich auch von Tauler nicht erwünscht gewesen. Tauler sah sich selbst viel zu sehr als „bescheidener Zeuge des christlichen Glaubens“, der schlichtweg das weitergeben wollte, „was er selbst empfangen“ hat.11 So sollte in der heutigen Betrachtung vielmehr die Art und Weise wie er predigte, worüber er predigte und wie häufig er welche Themen in seinen Predigten aufgriff, eine bedeutend größere Rolle einnehmen. Die nähere Betrachtung seiner zentralen Predigthemen, wie z. B. die der unio mystica, der Lehre vom grunt sowie die der Demut, bieten eine reiche Fülle an praxisbezogenen Lehren, die in ihrer Tiefe und Klarheit nicht nur die mittelalterliche Mystik inspirierten, sondern auch in späterer Zeit spürbaren Einfluss nehmen konnten.

Möchte man nun aber zum besseren Verständnis von Taulers Lehren eine allgemeine Beschreibung von der Struktur seiner Predigten vornehmen, so ist folgendes festzustellen: Tauler beginnt seine Predigten in der Regel mit einer kurzen Einleitung (exordium) und zitiert den Bibeltext, über den er sprechen möchte auf Latein und paraphrasiert ihn dann anschließend auf Mittelhochdeutsch. Die Struktur seiner Predigten erscheint meist recht variabel, wobei er in seinem Hauptteil (tractatio) seine Kernaussagen und die Auslegungen der Lehre entfaltet und im knapp gehaltenen Schlussteil (conclusio) eine Zusammenfassung der Predigt vornimmt. Auffällig sind in Taulers Predigten die häufigen direkten und persönlichen Anreden seiner Zuhörer (liebes kint, kinder oder villieben schwesteren), mit denen er häufig zum nächstfolgenden Abschnitt seiner Predigt überleitet.12 Die Mehrzahl der Zuhörerschaft Taulers bildeten sicherlich die Frauen aus den Dominikanerkonventen von Straßburg, Basel und Köln. Diese waren unterschiedlichen Alters und waren mit unterschiedlichen Aufgaben im klösterlichen Leben betraut. Weiterhin predigte Tauler auch vor den Beginen und vor den Angehörigen der Laienbewegung der Gottesfreunde. Ein Hauptmerkmal seiner Predigten und eine damit verbundene Zielsetzung war es, „beispielhafte Muster und Vorbilder des geistlichen Lebens aus verschiedenen Ständen“ anzuführen, um „alle Menschen, gleich welchen Standes oder Berufs […]“  bei seinen Ausführungen mit einzubeziehen, um sie „zu ernsthaft christlichen Gottesfreunden und Säulen der Kirche“ zu machen.13

Johannes Tauler hinterließ nicht nur eine Predigtsammlung von über achtzig Predigten, verfasst in mittelhochdeutscher Sprache sowie einen Bericht über seine Bekehrung (Meisterbuch), sondern er übte durch sein Leben und Wirken auf die Theologie der damaligen wie der späteren Zeit einen erheblichen Einfluss aus.14 Taulers Lehre behandelte aus dem Bereich der theologischen Anthropologie und Gotteslehre vor allem die Themen „der Selbst- und Gotteserkenntnis“, eine an Meister Eckhart anlehnende Lehre der „inneren und äußeren Armut“, Gelassenheit, die Abkehr von Selbstsucht, und das Thema der sinkenden Demut.15 Die Haltungen, die er in seinen Predigten am häufigsten anpries, waren die Umkehr, das Loslassen und das Empfangen.16 Bereits im 15. Jhr. wurde Tauler im niederländischen Sprachraum „in Kreisen der Windesheimer rezipiert“.17 Einen nicht unerheblichen Einfluss hatten Taulers Lehren auf Luthers reformatorische Tätigkeit, auf die protestantische aber auch katholische Frömmigkeit sowie auf die spanische Mystik.18

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2012): Eine Kurzbiografie des deutschen Mystikers Johannes Tauler. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

Bildquelle: Statue des Johannes Tauler in Straßburg, Urheber: Ji-Elle von Wikipedia


Bibliographie:

  1. Vgl. Gnädinger, Louise: Johannes Tauler: Lebenswelt und mystische Lehre. München 1993. S.10 ; Langer, Otto: Christliche Mystik im Mittelalter : Mystik und Rationalisierung – Stationen eines Konflikts. Darmstadt 2004. S. 374 ; Wrede, Gösta: Unio mystica: Probleme der Erfahrung bei Johannes Tauler. (Studia doctrinae Christianae Upsaliensia ; 14 Acta Universitatis Upsaliensis). Stockholm 1974. S.13 ; McGinn, Bernard: Die Mystik im Abendland, Band 4: Die Mystik im mittelalterlichen Deutschland (1300-1500). Freiburg 2008. S. 414.
  2. Vgl. Haas, Alois M.: Sermo mysticus: Studien zu Theologie und Sprache der deutschen Mystik. Fribourg 1979. S. 261 ; Leppin, Volker: Artikel Tauler, Johannes. In: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 32. Berlin und New York 2001. S. 745–747 ; Langer 2004, S. 374 ; Wrede 1974. S. 14f. ; McGinn 2008. S. 420.
  3. Siehe Gnädinger, Louise: Deutsche Mystik: Hildergard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Meister Eckhart, Johannes Tauler, Rulman Merswin, Heinrich von Nördlingen, Margaretha Ebner, Heinrich Seuse, Christine Ebner, Lieder. (Manesse-Bibliothek der Weltliteratur). Zürich 1989. S. 230.
  4. Vgl. Haas 1979, S. 262 ; Wrede 1974, S. 15 ; McGinn 2008. S. 424.
  5. Vgl. Gnädinger 1989. S. 13.
  6. Siehe Gnädinger 1993. S. 231.
  7. Siehe Gnädinger 1989. S. 231.
  8. Vgl. Wrede 1974. S. 15.
  9. Vgl. Haas 1979. S. 263 ; Leppin 2001. S. 745 ; Gnädinger 1989. S. 15.
  10. Vgl. McGinn 2008. S. 414-416 ; Haas 1979, S. 262f. ; Gnädinger 1989, S. 10f.
  11. Siehe McGinn 2008. S. 425-426
  12. Vgl. McGinn 2008. S. 420.
  13. Siehe Gnädinger 1993. S. 118.
  14. Vgl. Haas 1979. S. 263.
  15. Vgl. Gnädinger 1989. S. 234 ; Langer 2004. S. 376-392 ; McGinn 2008. S. 427.
  16. Vgl. McGinn 2008. S. 455.
  17. Siehe Langer 2004. S. 375.
  18. Haas 1979. S. 247 ; Leppin 2001, S. 747 ; Langer 2004. S. 376.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/09/eine-kurzbiografie-des-deutschen-mystikers-johannes-tauler/

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Präsentation der Sektion “Geschichtswissenschaft digital in Deutschland und Frankreich: Tendenzen, Strategien, Beispiele” auf dem Historikertag 2012


Das Deutsche Historische Institut Paris ist auf dem diesjährigen Historikertag in Mainz mit vier Sektionen präsent, die gemeinsam mit Partnerinstitutionen organisiert werden. Eine Übersicht dazu findet sich hier. In diesem Beitrag wollen wir die Sektion “Geschichtswissenschaft digital in Deutschland und Frankreich: Tendenzen, Strategien, Beispiele” näher präsentieren und publizieren den genauen Zeitplan, kurze Angaben zu den Vortragenden sowie die Abstracts der Vorträge.

Zeit: Mittwoch, 26.9.2012, 9h15-13h00
Ort: P102, Obergeschoss Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, Mainz

9h15 Begrüßung und Einleitung der Sektion durch Prof. Dr. Gudrun Gersmann und Dr. Mareike König

Teil 1:  Digitale Ressourcen zur französischen Geschichte: Strategien zur Informationsversorgung in Deutschland und Frankreich

9h25  Marin Dacos: OpenEdition, a european webplatform for human and social sciences: journals, books, events and blogs

Marin Dacos is Director of the Centre for open electronic publishing (Cléo: centre pour l’édition électronique ouverte), Marseille

Bereits 1999 gegründet und zunächst ausschließlich auf die Bereitstellung von Online-Journals spezialisiert, hat OpenEdition, wie das zentrale Portal der Geisteswissenschaften in Frankreich seit 2010 heisst, mittlerweile drei Hauptangebote: Calenda für Tagungsankündigungen, Termine und Call for Papers, Revues.org für Volltexte von geisteswissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern und Hypotheses.org für Berichte aus der laufenden Forschung (Wissenschaftsblogs). Die rasante Entwicklung dieser Angebotspalette über die letzten 12 Jahre ist im Zusammenhang zu sehen mit den Bedürfnissen der Wissenschaft und Forschung, den technischen Möglichkeiten sowie den strategischen Überlegungen der Plattform, die anstrebt, zur wichtigsten internationalen Plattform der Geisteswissenschaften in Europa zu werden. Vorgestellt wird das im Rahmen der Auszeichnung Equipex das Digitalisierungsprojekt 15,000 Books Programm für Bücher.

9h45 Prof. Dr. Gudrun Germann: Von Francia bis Facebook: Ein geisteswissenschaftliches Forschungsinstitut geht online: Das Beispiel des DHI Paris

Gudrun Gersmann ist Direktorin des DHI Paris und Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität zu Köln. Sie ist federführend an Konzeption und Leitung der  e-journals und online Portale zeitenblicke.de, lesepunkte.de, historicum.net, perspectivia.net und recensio.net beteiligt und hat die Retrodigitalisierung der Publikationen des DHI initiiert.

Im Rahmen des Vortrags sollen einerseits die Erfahrungen resümiert werden, die in den vergangenen fünf Jahren am DHI Paris im Bereich des elektronischen Publizierens gesammelt wurden. Was bedeutet die Umstellung auf online-Publikationen etwa im Bereich von Rezensionen? Welche Publikationsmodelle zwischen print und online haben sich bewährt? Wie wird dieser Prozeß in der Fachgemeinschaft wahrgenommen? Andererseits soll es explizit jedoch auch darum gehen, künftige Publikations- und Präsentationsperspektiven zu umreißen: Wie können beispielsweise die speziell für die Nachwuchswissenschaftler/innen interessanten sozialen Netzwerke in die Arbeit eines Forschungsinstituts aufgenommen werden? Welche Chancen, aber auch welche Risiken sind damit verknüpft?

10h05  Prof. Dr. Hinnerk Bruhns:  Trivium

Hinnerk Bruhns ist emeritierter Forschungsdirektor am CNRS Paris, Historiker, Sozialwissenschaftler, Max-Weber-Spezialist und Initiator der online-Zeitschrift Trivium.

Trivium ist eine im Herbst 2007 gegründete elektronische Zeitschrift, die ausgewählte Artikel aus deutschen und französischen geisteswissenschaftlichen Fachzeitschriften in der jeweils anderen Sprache in Übersetzung veröffentlicht. Trivium erscheint in Form von Themenheften (durchschnittlich drei pro Jahr), die in der Regel von je einem deutschen und einem französischen wissenschaftlichen Herausgeber betreut werden. Trivium wird herausgegeben von den Éditions de la Maison de Sciences de l’Homme in Paris, in Verbindung mit mehreren deutschen und französischen Institutionen. Die Zeitschrift ist frei im Internet zugänglich: http://trivium.revues.org. Das Blog der Zeitschrift findet sich hier. Siehe auch das Interview “Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben” mit Hinnerk Bruhns hier.

10h25  Gregor Horstkemper / Dr. Andrea Pia Kölbl: Von der Handschrift bis zum Fachportal – Die Bayerische Staatsbibliothek als Informationsspezialist für die französische Geschichte

Gregor Horstkemper ist an der Bayerischen Staatsbibliothek für die “Fachinformation Geschichte” zuständig und leitet das Zentrum für Elektronisches Publizieren, in dem an Online-Angeboten wie historicum.net, perspectivia.net und recensio.net mitgearbeitet wird.

Dr. Andrea Pia Kölbl ist Projektleiterin der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom).

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sondersammelgebietsbibliotheken erfüllen einen umfangreichen Versorgungsauftrag für die jeweilige Fachcommunity, der in zunehmendem Maße über das Internet erfüllt wird. Aus Sicht der Bayerischen Staatsbibliothek, die u.a. für die Informationsversorgung zur französischen Geschichte zuständig ist, werden Zielsetzungen und Umsetzungsschritte bei der kontinuierlichen Erweiterung der Informationsangebote zur Geschichte Frankreichs vorgestellt. Angefangen von der Digitalisierung einzelner Handschriften bis hin zum Aufbau der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom) wird eine große Bandbreite an digitalen Ressourcen und Diensten in den Blick genommen. Anschließend soll zur Diskussion gestellt werden, wie diese Angebotspalette, die zum größten Teil in der Vifarom gebündelt wird, weiterentwickelt und optimiert werden kann.

10h45 Diskussion

11h05 Pause

Teil 2: Soziale Medien und Web 2.0 in der deutschen und französischen Geschichtswissenschaft

11h20  Dr. Mareike König: Historische Fachkommunikation über Twitter, Facebook und Blogs in Deutschland und Frankreich

Mareike König leitet die Abteilung 19. Jahrhundert und die Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts Paris. Sie ist außerdem zuständig für den Bereich Social Media und Digital Humanities am DHIP. Sie ist Projektleiterin des deutschsprachigen Blogportals für die Geistes- und Sozialwissenschaften de.hypotheses.org.

Der Beitrag gibt einen Überblick über grundsätzliche Überlegungen zum Einsatz von sozialen Medien wie Twitter, Facebook oder Blogs in der historischen Fachkommunikation. Anhand des zu konstatierenden Unterschieds in der Nutzung dieser neuen Kommunikationskanäle in Deutschland und Frankreich wird die Web 2.0-Strategie des Deutschen Historischen Instituts vorgestellt. Dabei geht es insbesondere um den Aufbau eines deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften nach französischem Vorbild.

11h40  Dr. Lilian Landes: Rezensieren im Web 2.0: recensio.net

Lilian Landes ist Kunsthistorikerin, promovierte über sozialkritische Genremalerei um die Revolution von 1848 und ist an der Bayerischen Staatsbibliothek beschäftigt. Sie leitet dort die geschichtswissenschaftliche Rezensionsplattform recensio.net, die Buchrezensionen aus Fachzeitschriften online publiziert und ein web 2.0 basiertes neues Konzept zur Literaturbewertung erprobt.

Wie wird die “Generation Web 2.0″ rezensieren und Rezensionen lesen? Dass sie zu festen Terminen im Jahresverlauf in die Bibliothek geht und die einschlägigen Printzeitschriften rezipiert, ist unwahrscheinlich. Dass sie auf wissenschaftlichem Niveau flexibel, fragmenthaft, gezielt kommentieren möchte (wie das auf Amazon im kommerziellen Bereich bereits praktiziert wird), ist wahrscheinlicher. Mit recensio.net – Rezensionsplattform für die Geschichtswissenschaft wird eine Plattform präsentiert, die sowohl “klassische” Rezensionen etablierter Zeitschriften online im Open Access zusammenführt, als auch Instrumente zur gemeinschaftlichen Bewertung historischer Schriften erprobt. Siehe dazu auch das Blog “Rezensieren – Kommentieren – Bloggen“.

12h00 Georgios Chatzoudis:  L.I.S.A. – Historische Geisteswissenschaften 2.0
Georgios Chatzoudis hat Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik an der Universität Köln studiert und ist seit 2009 Leiter der Online-Redaktion L.I.S.A. -  Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung.

Der Einzug der digitalen Medien in den Wissenschaftsalltag stellt auch die Historischen Geisteswissenschaften vor neue Herausforderungen. Nach wie vor fehlen häufig Strategien im Umgang mit Neuen Medien und Sozialen Netzwerken. L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung ist ein neues Angebot, das sich gleichermaßen an Wissenschaftler, Studierende und an alle, die sich für historische Themen interessieren, richtet, und dabei die modernen kommunikativen und technischen Möglichkeiten des Web 2.0 in einem interaktiven Internetportal vereint. Ziel ist es, einen lebendigen Austausch über Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte und Islamwissenschaften zu fördern. Wissenschaftler erhalten dabei die Möglichkeit, Einblick in laufende Forschungsprojekte zu geben und ihre Ergebnisse in Wort, Ton oder Bild einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Um den Dialog und Austausch weiter zu unterstützen, bedient sich die L.I.S.A.Redaktion auch anderer sozialer Medien (L.I.S.A.Facebook) und Nachrichtendienste (L.I.S.A.Twitter). Außerdem wird bewusst dazu ermuntert, die multimedialen Möglichkeiten des Web2.0, wie zum Beispiel Videoclips, Podcasts, Bilder und Bildgalerien sowie Live-Chats für die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte einzusetzen. Siehe auch das Interview: “Unser Ziel ist es, den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern” auf dem Blog des DHIP.

12h20  Dr. Jürgen Danyel:  Zeitgeschichte und Social Web. Erfahrungen mit partizipativen Formaten im fachlichen Kontext

Jürgen Danyel ist stellvertretender Direktor des Zentrums für zeithistorische Forschung in Potsdam und Leiter der Abteilung  “Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft” am ZZF.

Der Beitrag diskutiert am Beispiel des am ZZF Potsdam angesiedelten Projekts Docupedia Zeitgeschichte die spezifischen Probleme, die sich aus Einbindung von Techniken des Web 2.0 in fachwissenschaftliche Diskurse und Publikationsformate ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern Formen des kollektiven Schreibens und der Nutzerpartizipation kompatibel mit der etablierten autorenzentrierten Wissenschaftskultur und historisch gewachsenen Kommunikationsformen in den Geisteswissenschaften sind. Ausgehend von diesem Spannungsverhältnis sollen inhaltliche und redaktionelle Konsequenzen für die Entwicklung partizipativer Informationsangebote im Bereich der Zeitgeschichte diskutiert werden.

12h40 Diskussion

13h00 Ende der Veranstaltung

Weitere Informationen

Website des Historikertags: http://www.historikertag.de/Mainz2012/nc/de/startseite.html

Twitterhashtag: histag12

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1188

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Präsentation der Sektion “Geschichtswissenschaft digital in Deutschland und Frankreich: Tendenzen, Strategien, Beispiele” auf dem Historikertag 2012

Das Deutsche Historische Institut Paris ist auf dem diesjährigen Historikertag in Mainz mit vier Sektionen präsent, die gemeinsam mit Partnerinstitutionen organisiert werden. Eine Übersicht dazu findet sich hier. In diesem Beitrag wollen wir die Sektion “Geschichtswissenschaft digital in Deutschland und Frankreich: Tendenzen, Strategien, Beispiele” näher präsentieren und publizieren den genauen Zeitplan, kurze Angaben zu den Vortragenden sowie die Abstracts der Vorträge.

Zeit: Mittwoch, 26.9.2012, 9h15-13h00
Ort: P102, Obergeschoss Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, Mainz

9h15 Begrüßung und Einleitung der Sektion durch Prof. Dr. Gudrun Gersmann und Dr. Mareike König

Teil 1:  Digitale Ressourcen zur französischen Geschichte: Strategien zur Informationsversorgung in Deutschland und Frankreich

9h25  Marin Dacos: OpenEdition, a european webplatform for human and social sciences: journals, books, events and blogs

Marin Dacos is Director of the Centre for open electronic publishing (Cléo: centre pour l’édition électronique ouverte), Marseille

Bereits 1999 gegründet und zunächst ausschließlich auf die Bereitstellung von Online-Journals spezialisiert, hat OpenEdition, wie das zentrale Portal der Geisteswissenschaften in Frankreich seit 2010 heisst, mittlerweile drei Hauptangebote: Calenda für Tagungsankündigungen, Termine und Call for Papers, Revues.org für Volltexte von geisteswissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern und Hypotheses.org für Berichte aus der laufenden Forschung (Wissenschaftsblogs). Die rasante Entwicklung dieser Angebotspalette über die letzten 12 Jahre ist im Zusammenhang zu sehen mit den Bedürfnissen der Wissenschaft und Forschung, den technischen Möglichkeiten sowie den strategischen Überlegungen der Plattform, die anstrebt, zur wichtigsten internationalen Plattform der Geisteswissenschaften in Europa zu werden. Vorgestellt wird das im Rahmen der Auszeichnung Equipex das Digitalisierungsprojekt 15,000 Books Programm für Bücher.

9h45 Prof. Dr. Gudrun Germann: Von Francia bis Facebook: Ein geisteswissenschaftliches Forschungsinstitut geht online: Das Beispiel des DHI Paris

Gudrun Gersmann ist Direktorin des DHI Paris und Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität zu Köln. Sie ist federführend an Konzeption und Leitung der  e-journals und online Portale zeitenblicke.de, lesepunkte.de, historicum.net, perspectivia.net und recensio.net beteiligt und hat die Retrodigitalisierung der Publikationen des DHI initiiert.

Im Rahmen des Vortrags sollen einerseits die Erfahrungen resümiert werden, die in den vergangenen fünf Jahren am DHI Paris im Bereich des elektronischen Publizierens gesammelt wurden. Was bedeutet die Umstellung auf online-Publikationen etwa im Bereich von Rezensionen? Welche Publikationsmodelle zwischen print und online haben sich bewährt? Wie wird dieser Prozeß in der Fachgemeinschaft wahrgenommen? Andererseits soll es explizit jedoch auch darum gehen, künftige Publikations- und Präsentationsperspektiven zu umreißen: Wie können beispielsweise die speziell für die Nachwuchswissenschaftler/innen interessanten sozialen Netzwerke in die Arbeit eines Forschungsinstituts aufgenommen werden? Welche Chancen, aber auch welche Risiken sind damit verknüpft?

10h05  Prof. Dr. Hinnerk Bruhns:  Trivium

Hinnerk Bruhns ist emeritierter Forschungsdirektor am CNRS Paris, Historiker, Sozialwissenschaftler, Max-Weber-Spezialist und Initiator der online-Zeitschrift Trivium.

Trivium ist eine im Herbst 2007 gegründete elektronische Zeitschrift, die ausgewählte Artikel aus deutschen und französischen geisteswissenschaftlichen Fachzeitschriften in der jeweils anderen Sprache in Übersetzung veröffentlicht. Trivium erscheint in Form von Themenheften (durchschnittlich drei pro Jahr), die in der Regel von je einem deutschen und einem französischen wissenschaftlichen Herausgeber betreut werden. Trivium wird herausgegeben von den Éditions de la Maison de Sciences de l’Homme in Paris, in Verbindung mit mehreren deutschen und französischen Institutionen. Die Zeitschrift ist frei im Internet zugänglich: http://trivium.revues.org. Das Blog der Zeitschrift findet sich hier. Siehe auch das Interview “Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben” mit Hinnerk Bruhns hier.

10h25  Gregor Horstkemper / Dr. Andrea Pia Kölbl: Von der Handschrift bis zum Fachportal – Die Bayerische Staatsbibliothek als Informationsspezialist für die französische Geschichte

Gregor Horstkemper ist an der Bayerischen Staatsbibliothek für die “Fachinformation Geschichte” zuständig und leitet das Zentrum für Elektronisches Publizieren, in dem an Online-Angeboten wie historicum.net, perspectivia.net und recensio.net mitgearbeitet wird.

Dr. Andrea Pia Kölbl ist Projektleiterin der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom).

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sondersammelgebietsbibliotheken erfüllen einen umfangreichen Versorgungsauftrag für die jeweilige Fachcommunity, der in zunehmendem Maße über das Internet erfüllt wird. Aus Sicht der Bayerischen Staatsbibliothek, die u.a. für die Informationsversorgung zur französischen Geschichte zuständig ist, werden Zielsetzungen und Umsetzungsschritte bei der kontinuierlichen Erweiterung der Informationsangebote zur Geschichte Frankreichs vorgestellt. Angefangen von der Digitalisierung einzelner Handschriften bis hin zum Aufbau der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom) wird eine große Bandbreite an digitalen Ressourcen und Diensten in den Blick genommen. Anschließend soll zur Diskussion gestellt werden, wie diese Angebotspalette, die zum größten Teil in der Vifarom gebündelt wird, weiterentwickelt und optimiert werden kann.

10h45 Diskussion

11h05 Pause

Teil 2: Soziale Medien und Web 2.0 in der deutschen und französischen Geschichtswissenschaft

11h20  Dr. Mareike König: Historische Fachkommunikation über Twitter, Facebook und Blogs in Deutschland und Frankreich

Mareike König leitet die Abteilung 19. Jahrhundert und die Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts Paris. Sie ist außerdem zuständig für den Bereich Social Media und Digital Humanities am DHIP. Sie ist Projektleiterin des deutschsprachigen Blogportals für die Geistes- und Sozialwissenschaften de.hypotheses.org.

Der Beitrag gibt einen Überblick über grundsätzliche Überlegungen zum Einsatz von sozialen Medien wie Twitter, Facebook oder Blogs in der historischen Fachkommunikation. Anhand des zu konstatierenden Unterschieds in der Nutzung dieser neuen Kommunikationskanäle in Deutschland und Frankreich wird die Web 2.0-Strategie des Deutschen Historischen Instituts vorgestellt. Dabei geht es insbesondere um den Aufbau eines deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften nach französischem Vorbild.

11h40  Dr. Lilian Landes: Rezensieren im Web 2.0: recensio.net

Lilian Landes ist Kunsthistorikerin, promovierte über sozialkritische Genremalerei um die Revolution von 1848 und ist an der Bayerischen Staatsbibliothek beschäftigt. Sie leitet dort die geschichtswissenschaftliche Rezensionsplattform recensio.net, die Buchrezensionen aus Fachzeitschriften online publiziert und ein web 2.0 basiertes neues Konzept zur Literaturbewertung erprobt.

Wie wird die “Generation Web 2.0″ rezensieren und Rezensionen lesen? Dass sie zu festen Terminen im Jahresverlauf in die Bibliothek geht und die einschlägigen Printzeitschriften rezipiert, ist unwahrscheinlich. Dass sie auf wissenschaftlichem Niveau flexibel, fragmenthaft, gezielt kommentieren möchte (wie das auf Amazon im kommerziellen Bereich bereits praktiziert wird), ist wahrscheinlicher. Mit recensio.net – Rezensionsplattform für die Geschichtswissenschaft wird eine Plattform präsentiert, die sowohl “klassische” Rezensionen etablierter Zeitschriften online im Open Access zusammenführt, als auch Instrumente zur gemeinschaftlichen Bewertung historischer Schriften erprobt. Siehe dazu auch das Blog “Rezensieren – Kommentieren – Bloggen“.

12h00 Georgios Chatzoudis:  L.I.S.A. – Historische Geisteswissenschaften 2.0
Georgios Chatzoudis hat Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik an der Universität Köln studiert und ist seit 2009 Leiter der Online-Redaktion L.I.S.A. -  Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung.

Der Einzug der digitalen Medien in den Wissenschaftsalltag stellt auch die Historischen Geisteswissenschaften vor neue Herausforderungen. Nach wie vor fehlen häufig Strategien im Umgang mit Neuen Medien und Sozialen Netzwerken. L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung ist ein neues Angebot, das sich gleichermaßen an Wissenschaftler, Studierende und an alle, die sich für historische Themen interessieren, richtet, und dabei die modernen kommunikativen und technischen Möglichkeiten des Web 2.0 in einem interaktiven Internetportal vereint. Ziel ist es, einen lebendigen Austausch über Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte und Islamwissenschaften zu fördern. Wissenschaftler erhalten dabei die Möglichkeit, Einblick in laufende Forschungsprojekte zu geben und ihre Ergebnisse in Wort, Ton oder Bild einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Um den Dialog und Austausch weiter zu unterstützen, bedient sich die L.I.S.A.Redaktion auch anderer sozialer Medien (L.I.S.A.Facebook) und Nachrichtendienste (L.I.S.A.Twitter). Außerdem wird bewusst dazu ermuntert, die multimedialen Möglichkeiten des Web2.0, wie zum Beispiel Videoclips, Podcasts, Bilder und Bildgalerien sowie Live-Chats für die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte einzusetzen. Siehe auch das Interview: “Unser Ziel ist es, den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern” auf dem Blog des DHIP.

12h20  Dr. Jürgen Danyel:  Zeitgeschichte und Social Web. Erfahrungen mit partizipativen Formaten im fachlichen Kontext

Jürgen Danyel ist stellvertretender Direktor des Zentrums für zeithistorische Forschung in Potsdam und Leiter der Abteilung  “Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft” am ZZF.

Der Beitrag diskutiert am Beispiel des am ZZF Potsdam angesiedelten Projekts Docupedia Zeitgeschichte die spezifischen Probleme, die sich aus Einbindung von Techniken des Web 2.0 in fachwissenschaftliche Diskurse und Publikationsformate ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern Formen des kollektiven Schreibens und der Nutzerpartizipation kompatibel mit der etablierten autorenzentrierten Wissenschaftskultur und historisch gewachsenen Kommunikationsformen in den Geisteswissenschaften sind. Ausgehend von diesem Spannungsverhältnis sollen inhaltliche und redaktionelle Konsequenzen für die Entwicklung partizipativer Informationsangebote im Bereich der Zeitgeschichte diskutiert werden.

12h40 Diskussion

13h00 Ende der Veranstaltung

Weitere Informationen

Website des Historikertags: http://www.historikertag.de/Mainz2012/nc/de/startseite.html

Twitterhashtag: histag12

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1188

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Österreichisches Klosterportal

Eigentlich müsste es ja “Ordensportal” heißen, weil das Österreichische Klosterportal wesentlich mehr bietet als einen Wegweiser nur zu den “Klöstern” in Österreich. Vielmehr beinhaltet es Informationen zur Geschichte und den Kulturgütern aller in Österreich niedergelassenen Ordensgemeinschaften. Das Portal ist ein Service des Referats für die Kulturgüter der Orden. Dieses Referat ist von der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs (SK) und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (VFÖ) damit beauftragt, die Kulturgüterpflege in den Ordensgemeinschaften zu unterstützen: durch Vernetzung der Ordensleute, die in ihren Gemeinschaften Archivalien, [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/193

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