Twitter in der Wissenschaft: Ein Leitfaden für Historiker/innen

Twitter (engl. für Gezwitscher) ist ein »Echtzeit-Informationsnetzwerk« zur Verbreitung von Kurznachrichten, sogenannten Tweets, die bis zu 140 Zeichen enthalten können. Aufgrund der vorgegebenen Kürze der Mitteilungen spricht man bei Twitter auch von Microblogging. Ein weiterer Dienst dieser Art ist z.B. ScienceFeed, das speziell für die Wissenschaften entwickelt wurde, jedoch nicht so weit verbreitet ist. Tweets können außer Text auch Fotos, Videos sowie Links auf Websites enthalten. Die Nachrichten sind in der Regel öffentlich und auch ohne Konto auf der Suchseite bei Twitter einsehbar. Wer selbst Tweets senden möchte, braucht jedoch eine Anmeldung.

Twitter eignet sich in vielfacher Hinsicht als Informations- und Distributionskanal in den Wissenschaften. Dennoch gibt es gerade im deutschsprachigen Bereich noch wenige Historiker/innen, die auf Twitter aktiv sind, vielleicht auch, weil nicht klar ist, welches Potential und welche Einsatzmöglichkeiten Twitter hat und wie man den Dienst tatsächlich verwendet. Dieser Blogbeitrag versteht sich daher als praktische Hilfestellung für Historiker/innen, die Twitter zu wissenschaftlichen Zwecken einsetzen wollen. Die hier aufgeführten Anwendungsbeispiele und Tipps sind dabei lediglich als Hinweise zu verstehen, die dem eigenen, kreativen Umgang mit Twitter keinesfalls im Weg stehen sollen. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Leitfaden nicht vollständig sein kann. Um Ergänzungen in den Kommentaren wird daher ausdrücklich gebeten.

Twittern als Historiker/in – wozu?

Twitter ist ein hervorragendes Mittel, um einerseits auf dem Laufenden zu bleiben und um andererseits die Fachkollegen/innen über die eigenen Publikationen, Vorträge und Tätigkeiten zu informieren. Damit ergänzt Twitter die Fachinformation, wie sie über Publikationen und Tagungen sowie seit dem Aufkommen des Internet über Mailinglisten, Blogs, Portale, etc. geführt wird. Die Einsatzbereiche von Twitter in der Wissenschaft sind sehr vielfältig und man könnte darüber ohne Mühe einen eigenen umfangreichen Beitrag verfassen. Da der Schwerpunkt hier auf der praktischen Anleitung liegt, seien die wichtigsten Bereiche nur kurz aufgezählt:

  • Informationssuche
  • auf dem Laufenden bleiben (thematisches Monitoring)
  • Verbreitung von Nachrichten
  • Austausch über einen wissenschaftlichen Gegenstand
  • interne und externe wissenschaftliche Kommunikation
  • Vernetzung mit Fachkollegen/innen
  • universitäre Lehre[1]
  • wissenschaftliche Tagungen
  • Doktorandenchats[2]
  • Kollaboratives Arbeiten, z.B. zur Identifizierung eines alten Manuskripts[3]
  • Wissenschaftsmarketing und PR (auch von Instituten und Universitäten…)

Mit Twitter kann man das eigene Netzwerk erheblich erweitern und besser Kontakt halten, als es über ein- bis zweimalige Treffen pro Jahr auf Konferenzen möglich ist. Der Umgang ist weniger formal als in Emails oder Briefen und es ist einfacher, mit anderen in Kontakt zu treten. Twittern bietet daher gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs eine gute Möglichkeit zur Vernetzung, die zudem Spaß macht. Nicht zuletzt können aus den Kontakten in den sozialen Netzen auch Freundschaften entstehen.

Und los geht’s: die Anmeldung

Zunächst eröffnet man bei Twitter ein Nutzerkonto. Anders als bei Google+ sind bei Twitter Pseudonyme zugelassen. Zu überlegen ist also, ob man bei Twitter anonym auftreten will oder nicht. Soll Twitter für Eigenmarketing und für Kontaktpflege genutzt werden, ist es sinnvoll, sich unter dem eigenen Namen anzumelden, um von den Fachkollegen/innen gefunden zu werden. Anschließend wird ein Nutzername festgelegt, der mit einem @ beginnt. Der Nutzername kann aus dem richtigen Namen bestehen, daraus abgeleitet sein oder völlig frei gewählt werden (bei Richard Evans z.B. @RichardEvans36, bei Peter Haber @peha64, bei Claudine Moulin @ClaudineMoulin). In manchen Augen kann der Nutzername als Indiz für die Seriosität eines Accounts gelten. Doch in den sozialen Netzen darf es ruhig persönlich oder kreativ sein und es ist eine Frage des Stils, für welchen Namen man sich entscheidet.

Bei Twitter werden im Vergleich nur wenige persönliche Daten abgefragt und gespeichert. Das persönliche Profil kann mit einem Foto, Ort, URL einer Website und einer kurzen Beschreibung ergänzt werden. Die Korrektheit dieser Angaben wird nicht überprüft. Eine Ausnahme bilden die Konten von bekannten Persönlichkeiten, die einen authentifizierten Account beantragen können, erkennbar am kleinen blauen Haken hinter dem Namen (z.B. @fr_Schirrmacher Frank Schirrmacher). Ob, wie und in welcher Sprache man diese Angaben ausfüllt und welches Foto man wählt, hängt ebenfalls davon ab, wie man Twitter selbst nutzen möchte. Wer erkannt werden will, wählt ein Foto von sich, wer ein Statement abgeben will, verwendet ein anderes Motiv. Es ist der Vernetzung dienlich, wenn die Beschreibung den Hinweis enthält, dass man Historiker/in ist sowie ggf. das eigene Forschungsthema und die wissenschaftlichen Interessen. Anders als der Nutzername ist die Beschreibung, die aus 160 Zeichen bestehen darf, jederzeit änderbar.

Profil des Twitter-Accounts der "Weberin"

Abb. 1: Anonymes Twitter-Konto der “Weberin”, Schwerpunkt Geschichte, Digital Humanities und allerlei

Wem folgen?

Über das Abonnement der Tweets eines anderen Twitterkontos wird man selbst zum Verfolger (Follower). Das Einverständnis der Person, der man folgen möchte, ist nicht notwendig, es sei denn, ein Konto ist als privat gekennzeichnet (erkennbar an einem kleinen Schloss als Zeichen neben dem Namen).

Laut einer Aufstellung von Mark Scheloske (März 2012) gibt es derzeit rund 300 twitternde Wissenschaftler/innen in Deutschland. Diese Liste ist sicherlich nicht vollständig und Studierende dürften darin überwiegend fehlen. Man kann diese Liste aber nutzen, um Personen zu finden, denen man folgen möchte. Außerdem ist es im Sinne der Eigenwerbung ratsam, sich selbst für den Eintrag in der Liste anzumelden (am besten per Tweet an Mark Scheloske @werkstatt).

Weitere twitternde Wissenschaftler/innen in Deutschland findet man in der Twitterliste »Twissenschaftler«, die 169 Mitglieder hat (zum Gebrauch von Listen bei Twitter siehe unten). Speziell für Historiker/-innen hat Erika Fagen (@erfagen) die Liste »European Twitterstorians« angelegt, die derzeit die Tweets von 58 europäischen Historiker/-innen enthält. Weitere Listen für Historiker/innen sind:

  • Historische Zeiten von Thomas Endl (@Histonaut), 78 Mitglieder
  • Geschichte von Philipp Spreckels (@epenschmied): Historisch-bedeutendes,
    Historiker und Geschichtsjournalismus im weitesten Sinne, 31 Mitglieder
  • Geschichte von Michael Schmalenstroer (@MschFr), 28 Mitglieder
  • @TheHistoryList: A new tool for local and national organizations to publicize their
    history-related events and exhibits, sites and museums, 528 Mitglieder
  • Historians Who Tweet von HNN (@myHNN): A comprehensive list of historians on Twitter! 204 Mitglieder
  • Twithistosphère von Émilien Ruiz (@mXli1): quand les historien-ne-s tweetent…
    französische Liste mit 64 Mitgliedern.
  • Sowie weitere historische Twitterempfehlungen im Blog Zeittaucher.

Darüber hinaus lohnt es sich, verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen zu folgen, wie z.B. der eigenen Universität, der Bibliothek oder des Fachbereichs, sofern auf Twitter aktiv, wissenschaftlichen Stiftungen wie z.B. L.I.S.A., dem Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung (@portalLISA) oder auch den wenigen Archiven, die derzeit twittern (in Deutschland z.B. @Archiv_LinzRh und @Speyer_Archiv). Ich erlaube mir, auch die Einrichtungen zu nennen, mit denen ich verbunden bin, also das DHI Paris (@dhiparis), die Max Weber Stiftung (@perspectivia) sowie das Blogportal für die deutschsprachige Geisteswissenschaften de.hypotheses.org (@dehypotheses). H-Soz-u-Kult sendet ebenfalls Tweets (@hsozkult und @hsozkultservice für Jobs, Stipendien…), wobei dort derzeit nur das gepostet wird, was auch über die Mailinglisten läuft. Weitere wissenschaftliche Einrichtungen findet man in der bereits oben erwähnten Aufstellung von Mark Scheloske sowie in der Übersicht „Deutsche Wissenschaft auf Twitter“ von Beatrice Lugger.

In der PC-Ansicht von Twitter werden außerdem Konten vorgeschlagen, die einen interessieren könnten. Es lohnt sich, diese Vorschläge hin und wieder durchzusehen, um das eigene Netzwerk zu erweitern.

Es gibt die Möglichkeit, einem Konto auch wieder zu entfolgen, wenn man nach einiger Zeit feststellt, dass die Tweets nicht von Interesse sind. Anders als bei neuen Followern erhält ein Twitteruser keine Mail, wenn sich jemand dazu entschließt, das Abonnement abzubestellen. Mit einem Dienst wie Twunfollow  oder NutshellMail, der auch sonst nützlich ist, kann man Abokündigungen verfolgen (siehe auch weiter unten Applikationen und Dienste).

Die Timeline

Die eigene Timeline bei Twitter ist eine personalisierte Chronologie mit den Tweets der Konten, die man abonniert hat. Sie sieht daher bei jedem Twitteruser anders aus, handelt es sich doch um einen “individuell strukturierten Diskursraum”[4]. Die Reihenfolge der Tweets ist wie bei Blogs umgekehrt chronologisch, d.h. die neueste Mitteilung steht ganz oben.

Abb. 2: Beispiel einer Timeline

Je nach Tweets der Konten, denen man folgt, sieht man darin, was die Kollegen/innen gerade publiziert haben, lesen, als Lektüre empfehlen, im Archiv entdeckt haben, auf welcher Tagung sie sind und welche Neuigkeiten es bei dieser oder jener Universität, Bibliothek oder Wissenschaftsinstitution gibt usw.

Die Timeline ist nicht wie die Inbox eines Mailkontos zu verstehen, die abzuarbeiten ist. Man kann keine einzelnen Tweets anderer Personen aus der eigenen Timeline löschen, wenn man sie gelesen hat oder wenn diese einem nicht gefallen. Hier gibt es nur die Möglichkeit, dem gesamten Account zu entfolgen. Da viele Personen ihren Twitteraccount sowohl privat als auch beruflich nutzen, ist auch die eigene Timeline eine Mischung aus Tweets mit wissenschaftlichen und Tweets mit privaten Inhalten (siehe auch Privates twittern?).

Wie lesen?

Eine verbreitete Fehleinschätzung bei Neulingen auf Twitter dürfte sein, dass sie meinen, ausnahmslos alle Tweets in der eigenen Timeline lesen zu müssen. Dies wird durch manche Applikation für Smartphonegeräte unterstützt, die einen dazu zwingen, die Timeline von hinten nach vorn zu überblättern. Ab einer bestimmten Anzahl von Abonnements ist die systematische Lektüre der geposteten Tweets jedoch schlicht unmöglich. Hier erweist sich der Einsatz von Listen als sehr hilfreich (siehe unten). Eine Strategie kann sein, nur bestimmte Personen systematisch zu lesen und die Tweets anderer Personen vertikal durchzugehen. Beim Vorbeiblättern der Kurznachrichten bleibt man manchmal an einem Namen oder an einem Wort hängen und liest diesen Tweet dann genauer. Retweets weisen darauf hin, dass eine Nachricht interessant sein könnte.

Auch für das Lesen der Tweets gibt es keine Vorgabe, sondern allerhöchstens Empfehlungen. Jeder kann den Dienst so nutzen, wie er es für richtig hält und wie es in die eigenen Arbeitsabläufe passt. Es kann durchaus vorkommen, einige Tage gar nicht in die Timeline zu schauen. Da es bei Twitter die Möglichkeit gibt, Personen direkt anzusprechen und auf Nachrichten hinzuweisen, kann man sich gegenseitig auf Informationen aufmerksam machen. Das geht natürlich auch per Mail; Twitter lädt aber zu dieser Praktik des gegenseitigen Monitorings geradezu ein, und man braucht dabei den Dienst nicht zu wechseln.

Was twittern?

Ursprünglich war ein Tweet die Antwort auf die Frage „Was machst Du gerade?“ Das wurde 2009 geändert in „Was gibt es Neues?“, da die Twitternutzer sehr viel kreativer mit ihren Statusmeldungen waren, als von den Programmierern gedacht. Mittlerweile heißt es in der deutschen PC-Fassung neutral: „Verfasse einen neuen Tweet“, womit der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Twitter nicht nur ein Ort ist, an dem sich Privatpersonen über Banalitäten austauschen.

Generell wird unterschieden zwischen Tweets, die sich auf eine Aktivität beziehen und Tweets, die sich auf Gedanken beziehen. Im wissenschaftlichen Einsatz von Twitter kommt beides vor. Hier beantworten Tweets z.B. Fragen über:

  • die aktuelle Lektüre
  • aktuelle eigene Veröffentlichungen
  • was gerade erschienen und empfehlenswert ist
  • welche Tagung, Veranstaltung, Ausstellung… man derzeit oder demnächst besucht
  • welchen Vortrag man gerade zu welchem Thema vorbereitet
  • weitere Neuigkeiten aus den eigenen Interessensgebieten, z.B. aus Geschichtsblogs[5]

Doch damit erschöpfen sich die möglichen Einsatzmöglichkeiten von Twitter keineswegs. Erik Kwakkel (@erik_kwakkel) twittert beispielsweise über mittelalterliche Manuskripte und hängt den Nachrichten regelmäßig Fotos an. Kulturgutverwahrende Institutionen präsentieren über Twitter ausgewählter Stücke ihres Bestandes, z.B. #bilderfreitag oder die Aktion Foto Freitag des niederländischen National Archief[6]. Es gibt Twitter-Projekte wie @Mauer61_Stasi, über den Zeitraum vom 13.07. bis 13.09.1961, basierend auf Berichten der Staatssicherheit aus dem Archiv des BStU ergänzt durch andere Quellen[7]. Dass man bei solchen Vorhaben Vorsicht walten lassen muss, zeigt die Kritik rund um das Projekt @RealTimeWW2 eines 24jährigen englischen Geschichtsstudenten, der den zweiten Weltkrieg über Tweets live nacherzählt[8].

In Tweets kann man auch Fragen stellen an die #followerpower, die geballte Kraft und Kenntnisse der eigenen Follower. Diese leiten die Anfrage an ihre jeweils eigenen Follower weiter und so fort, so dass man potentiell eine große Anzahl an Personen erreicht. Beispiele für diese Art der gegenseitigen Hilfe wären etwa die Nachfrage nach Empfehlungen bezüglich einer Software, wo es einen bestimmten Text online frei zugänglich gibt oder ob jemand Literaturhinweise zu einem Thema hat. Natürlich funktioniert das erst dann richtig gut, wenn man bereits aktiver Teil einer Online-Community ist und sich bei Twitter eine Gefolgschaft aufgebaut hat.

Privates twittern?

Kurze Texte in den sozialen Medien unterscheiden sich in Stil und Duktus klar von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Bei Twitter darf es ruhig persönlich werden, man darf „ich“ schreiben und sollte die eigene Meinung zum Ausdruck bringen. Wie viel Privates man über Twitter mitteilen möchte, ist eine Stilfrage und bleibt jedem selbst überlassen. Wer bei anderen keine „Guten-Morgen-Tweets“ lesen will, wird auch selbst nicht posten, was es gerade zum Mittagessen gibt.

Eine Schwierigkeit besteht darin, dass die Grenzen zwischen der privaten und beruflichen Nutzung bei Twitter wie auch bei anderen sozialen Medien leicht verschwimmen. Einer Untersuchung aus dem Jahr 2009 zufolge nutzten zwei Drittel ihre Microblogging-Accounts sowohl privat als auch beruflich[9]. Es ist denkbar, dass die über Twitter verbreiteten eigenen öffentlichen Statements der Institution, der man angehört, nicht passen. Dies war beispielsweise bei der Washington Post der Fall, die für ihre Journalisten Social-Media-Regeln erlies, denen zufolge die Journalisten nicht der offiziellen Politik der Zeitung widersprechen durften. Einige Twitteruser weisen daher in der Beschreibung des eigenen Accounts darauf hin, dass hier als Privatperson und nicht im Namen der wissenschaftlichen Einrichtung, der man angehört, getwittert wird.

Nur 140 Zeichen…

Tweets sind Nachrichten, die bis zu 140 Zeichen enthalten können. Das ist oft ausreichend, manchmal aber auch sehr kurz. Für viele Tweets muss man daher die eigenen Gedanken stark kondensieren sowie Abkürzungen[10]. verwenden. Das führt zu einer für linguistisch Forschende interessanten Anwendung der Sprache, an die man sich zunächst gewöhnen muss.

Es ist möglich, eine Aussage über zwei Tweets zu ziehen. Dazu gibt man am Ende des ersten Tweets an, dass es sich um Tweet 1 von insgesamt X handelt. Bei zwei Tweets schreibt man also: 1/2. Den nachfolgenden Tweet beginnt man dann mit 2/2. Dieses Aufteilen auf mehrere Tweets stört jedoch den schnellen Lesefluss und wird nur in Ausnahmen verwendet. Mit TwitLonger steht eine Applikation bereit, um längere Tweets zu senden.

Über Twitter tauchen Aphorismen wieder im „digitalen Gewand“ auf[11]. Dies können aktuelle Zitate sein, aber auch historische, so dass ein Tweet zum Ausgangspunkt einer wissenschaftlichen Recherche zu spätmittelalterlichen Spruchweisheiten werden kann[12]. Besonders schön: “Das kürzeste Konradin-Drama aller Zeiten auf Twitter”:

Abb. 3: Das kürzeste Konradin-Drama aller Zeiten auf Twitter

Manche Personen unterhalten sich bei Twitter mit sich selbst oder neigen zu Monologen, wobei ich das bisher vor allem bei den französischen Kollegen beobachten konnte. Diese twittern manchmal ganze Texte stückweise und nehmen dabei in Kauf, 7-8 Follower zu verlieren, denen das zu viel wird[13]. Von der eigenen Freiheit, einem Account zu folgen oder auch wieder zu entfolgen, kann man bedenkenlos Gebrauch machen.

Retweeten: erneut zwitschern

Abgekürzt RT. Retweeten bedeutet, dass man einen Tweet aus der eigenen Timeline an seine Follower erneut sendet. Man kann sich das wie das Weiterleiten einer Mail vorstellen. Durch das erneute Senden wird der Tweet in der Chronologie wieder nach oben gesetzt und bleibt damit aktuell. Dadurch wird die manchmal virale Verbreitung der Nachrichten erreicht. Retweets dienen dazu, Inhalte weiter zu geben und sind oftmal auch Zustimmung zum Gesagten. In der Wissenschaft werden Retweets auch als Teil der Zitationskultur gesehen. Laut einer Studie retweeten Wissenschaftler/-innen häufiger als andere Twitteruser[14].

Retweets können kommentiert werden, sofern die 140 Zeichen noch nicht ausgeschöpft sind. Der Kommentar steht dann am Anfang der Nachricht, gefolgt von RT und dem Text des ursprünglichen Tweets, z.B.: „Unbedingt lesen! RT [ursprünglicher Tweet]“

Damit Platz für Kommentare bleibt, geben einige Anweisungen den Rat, nur Tweets mit maximal 125 Zeichen zu versenden. Da das aber nicht immer möglich ist, kann man bei einem Retweet, der kommentiert werden soll und kein Platz vorhanden ist, den ursprünglichen Tweet verändern oder abkürzen. Dies wird dann durch ein MT (= modified tweet) deutlich gemacht, z.B.: „Unbedingt lesen! MT [ursprünglicher Tweet in modifizierter Form]“. Per Klick auf die kleine Sprechblase im modifizierten Tweet kann man sich die ursprüngliche Nachricht jederzeit anzeigen lassen.

Retweets zeigen Communities an und sind von daher nicht nur inhaltlich interessant. Es lohnt sich, darauf zu achten, wen Personen, die man selbst interessant findet und die einen beeinflussen (sog. Influencer), retweeten, um so auf weitere einschlägige Twitterkonten aufmerksam zu werden.

Hashtag

Zur inhaltlichen Erschließung der Tweets können Schlagwörter verwendet werden. Diese werden bei Twitter als Hashtags bezeichnet. Sie setzen sich zusammen aus dem Rautezeichen »#« (engl. hash) und einem Schlagwort (engl. tag), z.B. #twitterstorians für twitternde Historiker/innen. Hashtags dürfen keine Bindestriche oder Leerzeichen enthalten, da dann die Verlinkung nur für das erste Wort funktioniert. Besteht ein Hashtag aus mehreren Begriffen, werden die Worte einfach hintereinander weggeschrieben, z.B. #früheneuzeit. Die Groß- oder Kleinschreibung der Wörter ist dabei unerheblich. Manche bilden aus ganzen Sätze einen Hashtag, z.B. #werhättedasgedacht? Hashtags werden dann selbst Teil des Inhalts eines Tweets und können das im Tweet Gesagte erweitern oder ihm manchmal erst den Sinn geben.

Hashtags bilden ein Universum für sich. Per Klick darauf werden aktuelle Tweets zu einem bestimmten Thema angezeigt. Diese Tweets sind aufgrund der fehlenden Archivierung (siehe unten) in der Regel allerdings nicht älter als einige Tage. Sehr hilfreich sind Schlagwörter bei Tagungen, bei denen man sich vorher auf einen gemeinsamen Hashtag geeinigt hat. Über den Gebrauch dieses Hashtags sieht man, welche anderen twitternden Wissenschaftler/innen noch anwesend sind.

Nur 5 Prozent aller Tweets sind mit einem Hashtags versehen[15]. Für ihre Nutzung im wissenschaftlichen Bereich liegen keine Zahlen vor, sie dürfte aber höher liegen.

Eingeführte Hashtags im Bereich der Geschichtswissenschaft sind beispielsweise laut den Rückmeldungen meiner #followerpower über Twitter:

Übersichten über englische Hashtags im Bereich der Geschichte gibt es hier und hier. Wer unsicher ist, fragt am besten über Twitter, ob es für das eigene historische Thema bereits einen verabredeten Hashtag gibt.

Trending Topics

Trending Topics eines bestimmten Landes werden anhand von Retweets und anhand der Verwendung des gleichen Hashtags ermittelt. Eine wissenschaftliche Konferenz beispielsweise, bei der der gleiche Hashtag von verschiedenen Twitterern häufig verwendet wird, kann es zum Trending Topic für eine bestimmte Zeit schaffen (so geschehen bei der Tagung „Weblogs in den Geisteswissenschaften oder: Vom Entstehen einer neuen Forschungskultur[16]. Diese erhöhte Aufmerksamkeit für ein Thema hat den Nachteil, dass der als trendig identifizierte Hashtag dann ebenfalls von Spammern verwendet wird.

Favoriten

Besonders interessante Tweets kann man als Favorit markieren und damit im eigenen Profil speichern. Dies ist hilfreich, wenn man gerade keine Zeit hat, einen Text, auf den im Tweet verlinkt wird, zu lesen. Durch das Markieren als Favorit kann man den entsprechenden Tweet auch zu einem späteren Zeitpunkt aufrufen (was bei anderen Tweets aufgrund der fehlenden Archivierung nur begrenzt möglich ist). Die eigenen Favoriten sind für andere öffentlich einsehbar. Es kann anregend sein, die Favoriten anderer twitternder Historiker/innen durchzugehen, um auf Interessantes zu stoßen. Favorisierte Tweets kann man auch mit dem social bookmarking Dienst Diigo speichern, was den Vorteil hat, dass diese Websites damit in die eigene Linksammlung integriert sind.

Listen

Seit 2009 bietet Twitter die Möglichkeit, Listen nach thematischen, geographischen oder anderen Kriterien anzulegen. Sie dienen der inhaltlichen Ordnung der Twitterkonten, denen man folgt. Für das Monitoring einzelner Themen oder Disziplinen sind sie eine große Hilfe. Es gibt private und öffentliche Listen, wobei es möglich ist, öffentliche Listen anderer Personen zu abonnieren. Öffentliche Listen, die twitternde Historiker/innen folgen und die man folglich abonnieren kann, sind oben genannt.

Hilfreich kann es sein, Listen der Teammitglieder eines Projektes oder einer Tagung anzulegen, um sich untereinander zu vernetzen. [Ergänzung, 28.1.2013: Wenn man sich selbst zu einer Liste hinzufügen will, so geht das über HootSuite. Erklärt wird es hier.]

Erwähnungen und Gespräche 

Bei Twitter können Gespräche geführt werden, indem man einen Tweet mit dem Nutzernamen eines anderen beginnt oder indem man auf den Tweet einer anderen Person antwortet. In diesem Fall benutzt man die Funktion „Antworten“: Dies setzt den Empfänger mit seinem Benutzername ganz nach vorn in den Tweet. Er wird per Mail darüber benachrichtigt, dass ihn jemand auf Twitter erwähnt hat. Man kann jemandem auf diese Weise eine Nachricht schicken, auch wenn die Person nicht zu den eigenen Followern gehört. Diese kann auch antworten, ohne einem selbst zu folgen. Solche Erwähnungen sind eine gute Möglichkeit, um unkompliziert mit Personen in Kontakt zu treten.

Das Besondere daran ist, dass es sich um eine private Unterhaltung handelt, die gleichwohl in der Öffentlichkeit geführt wird. Ein solcher Tweet ist für eine bestimmte Person gedacht, aber von allen lesbar. Diese Funktion wird benutzt, weil ein Tweet neben der einen Person, die die Information nicht verpassen soll, auch andere interessieren könnte. Über den Klick auf die kleine Sprechblase (Gespräch anzeigen) kann man sich die gesamte Unterhaltung ansehen und sich gegebenenfalls einmischen, ganz so, als ob man beim Kaffeeautomaten in eine Unterhaltung kommt und dann mitredet.

Direkte Nachrichten

Abgekürzt DM (= Direct Message). Man kann einer Person, die einem folgt, eine direkte, für die Öffentlichkeit nicht einsehbare Kurznachricht schicken. Dies funktioniert wie bei Mails, nur dass direkte Nachrichten maximal 140 Zeichen haben dürfen. Diese Funktion wird genutzt, wenn man ohnehin auf Twitter ist und nicht das Medium wechseln will oder weil man Personen folgt, deren Email man nicht kennt und diese nicht erst recherchieren möchte. Direkte Nachrichten können nur an Personen versandt werden, die einem folgen. Will man mit anderen Kontakt aufnehmen, so geht das nur über Erwähnungen.

Über eine bestimmte Syntax kann man das Verschicken einer Direktnachricht auch per Tweet durchführen: Dazu wird der Tweet mit „d“ eingeleitet, gefolgt vom Benutzernamen der angeschriebenen Person ohne das @-Zeichen, z.B.: „d Archivalia_kg“ schickt einen Tweet an @Archivalia_kg, der nur vom Besitzer dieses Kontos, Klaus Graf, einsehbar ist.

Tweets speichern

Twitter eignet sich nicht für die nachhaltige Dokumentation, da Tweets nur ca. 10-15 Tage online zugänglich sind. Danach sind sie nur noch auffindbar, wenn man die eindeutige Identitätsnummer, mit der jeder Tweet gekennzeichnet ist, kennt. Die Library of Congress hat 2010 das Twitterarchiv erworben. Dieses Archiv ist aber nicht öffentlich zugänglich. Mehrere Dienste bieten die Speicherung von Tweets an, so z.B. All my Tweets, mit dem man ganz einfach die letzten 3.200 Tweets eines Kontos aufrufen kann, Snapbird für 100 Tweets  oder wie schon erwähnt Diigo für das Speichern der eigenen Favoriten. [Ergänzung, 28.1.2013: Seit kurzem gibt es von Twitter selbst die Möglichkeit, Tweets zu speichern. Wie es geht, wird hier gezeigt. Es sind allerdings noch nicht alle Accounts für diesen Dienst freigeschaltet.]

Eine Anleitung, wie man ein Twitterarchiv (z.B. für eine Tagung) mit TAGS anlegt, gibt es in diesem Tutorial von Martin Hawksey. Fortgeschrittene Nutzer/innen können sich damit auch an die Visualisierung von Tweets und Communities wagen.

 Suchen bei Twitter

Die Suchfunktion von Twitter ist leider sehr unzuverlässig. Prinzipiell kann man nach Nutzerkonten oder nach Tweetinhalten suchen. Suchbar ist theoretisch jedes Wort aus einem Tweet, nicht nur Hashtags (diese haben jedoch den Vorteil der Verlinkung). Es ist oftmals schwierig, Personen auf Twitter zu finden, wenn man deren Nutzernamen nicht kennt. Da liefert Google teilweise die besseren Ergebnisse. Eine Suchmaschine speziell für Twitter- und Facebookeinträge ist Kurrently, die jedoch auch nicht alle Inhalte zu erfassen scheint.

#FF: Follow Friday

Eine von der Community eingeführte Praktik ist die Empfehlung anderer Accounts jeweils am Freitag, der sogenannte FollowFriday. Dabei werden unter dem Hashtag #FF die Nutzernamen von Personen getwittert, denen man selbst folgt und die man empfehlen kann. Man lädt damit nicht nur andere zum Entdecken dieser Accounts ein, sondern kann damit auch die eigenen Kreise erweitern. Gerade für Neutwitterer ist diese Praktik nützlich, da die empfohlene Person vermutlich nachschauen wird, wer einen als Freitagsempfehlung gekennzeichnet hat. Hilfreich für andere ist es, wenn man im Tweet schreibt, warum man die Personen empfiehlt.

Mittlerweile gibt es Dienste, die einem bei der Auswahl der zu empfehlenden Konten helfen, z.B. FollowFridayHelper, wobei zu fragen ist, ob man sich Empfehlungen tatsächlich von einem Algorithmus abnehmen lassen sollte.

Applikationen und Dienste

Man kann Twitter am Computer nutzen und über einen Webbrowser Tweets lesen und schreiben etc. Die Internetseite ist im Vergleich zu den mobilen Applikationen, was das Lesen der Timeline anbelangt, komfortabler. Auch gibt es die Möglichkeit, einen Tweet zu „öffnen“. Darüber kann man auf einen Blick sehen, wie oft eine Nachricht retweeted wurde und wie oft favorisiert. Dagegen werden Interaktionen und eigene Erwähnungen auf der Internetseite von Twitter weniger deutlich als bei den mobilen Applikationen.

Abb. 4: Geöffneter Tweet

Betreut man gleichzeitig mehrere Twitterkonten so ist Tweetdeck eine große Hilfe. Damit kann man u.a. auch Tweets zeitversetzt verschicken.

Twitter lässt sich auch über ein Smartphone oder andere mobile Geräte bequem bedienen. Es gibt zahlreiche Applikationen für Apple-Geräte wie Echofon, Tweetbot oder TwitterFon und für Android-Geräte wie z.B. Plume, Twitter, TweetDeck… Wofür man sich entscheidet, ist sicherlich Geschmackssache. Ich persönlich komme mit Echofon sehr gut klar.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Applikationen rund um Twitter. Einige davon sind im Text genannt, weitere Dienste findet man hier und hier.

Auf Tagungen: Live Tweet, Twitterwall und Tweets während des eigenen Vortrags

Immer häufiger treten twitternde Wissenschaftler/innen bei Tagungen in Erscheinung. Während die Organisatoren über Twitter updates zur Tagung verschicken, können die Teilnehmer/innen selbst die wichtigsten Thesen eines Vortrags zusammenfassen und kommentieren, erwähnte Links verschicken sowie die Atmosphäre auf der Tagung beschreiben und Fotos versenden. Dabei spricht man von Live Tweets. Diese Tweets können allen Teilnehmer/innen vor Ort über eine Twitterwall zugänglich gemacht werden. Dabei werden die Tweets, die man über einen vorher vereinbarten Hashtag filtert, an die Wand projiziert. Dienste zum Einrichten einer Twitterwall sind z.B. Twittbee  oder Twitterwall.me.

Für Fortgeschrittene User gibt es Dienste, um während des eigenen Vortrags Tweets zu versenden, die das Gesagte mit Links, Fotos etc. anreichern. Ein solcher Dienst ist beispielsweise keynotetweet für Apple und AutoTweet, wenn man Powerpoint unter Windows verwendet. Wie das geht, ist hier beschrieben.

Kuratierungsdienste

Über Kuratierungsdienste kann man aus Twitternachrichten und Mitteilungen aus anderen sozialen Netzen ganz einfach eine eigene Online-Zeitung herstellen, z.B. mit paper.li. Dabei sucht man in seinen eigenen Accounts nach Nachrichten zu einem bestimmten Thema und stellt mit wenigen Klicks die Ausgabe der Zeitung zusammen. Eine Möglichkeit, eine Erzählung bzw. Bericht aus digitalen Inhalten wie Tweets, Facebook Status Updates, YouTube-Videos, SoundCloud-Audioaufnahmen, Flickr-Fotos oder Google-Suchergebnissen zusammenzustellen, zu veröffentlichen und auf Websites einzubinden bietet z.B. Storify[17].

Umgang mit Spam

Auch bei Twitter wird gespamt und so bekommt man manchmal einen Tweet oder eine Nachricht von einem unbekannten Account (meist ohne Foto), die nur einen Link enthält. Diesen Link nicht öffnen. Löschen kann man diese Nachrichten oder Tweets nicht, jedoch kann man Spammer melden. Und es gibt die Möglichkeit, einzelne Accounts vom Lesen der eigenen Tweets auszuschließen. Dazu verwendet man die Funktion „blockieren“.

Erfolgreich Twittern?

Ob man auf Twitter erfolgreich ist oder nicht, hängt in erster Linie von den eigenen Zielen ab, die man mit seiner Twitteraktivität verfolgt. Wer nur lesen möchte, um auf dem Laufenden zu bleiben, muss selbst keinen einzigen Tweet absetzen und braucht auch keine Follower. Wer sich eine Online-Identität aufbauen und die eigenen Publikationen und Aktivitäten bekannt machen möchte, wünscht sich dagegen in erster Linie eine große Gefolgschaft. Die Verbreitung von Tweets ist ebenso messbar wie die Entwicklung der eigenen Followerzahlen. Kostenlose Dienste für diese Art des Monitorings sind z.B. Twittercounter  und Tweetreach.

Für wissenschaftliche Einrichtungen ist die Überprüfung des Erfolgs der eigenen Strategie in den sozialen Medien sicherlich unerlässlich und mittlerweile zu einem eigenen Markt geworden. Bei persönlichen Profilen einzelner Wissenschaftler/innen zählen dagegen neben der Verbreitung der eigenen Inhalte die Informationen, die man über Twitter bekommt wie auch die soziale Komponente mindestens genauso. Persönlich halte ich daher manche der Vorschläge zum erfolgreichen Twittern für hinfällig.

Einige Ratgeber weisen beispielsweise darauf hin, dass man zum Aufbau einer Community möglichst immer zu denselben Zeiten twittern soll. Gemeint sind Zeiten, an denen die meisten Twitterer online sind, das heißt z.B. morgens zwischen 8h und 9h (siehe unten). Auch soll man sich per Tweet an- und abmelden und somit den Followern anzeigen, ob man virtuell anwesend ist oder nicht. Mit der Verzögerung von Tweets und deren Aufheben für die Stoßzeiten (z.B. mit einem Dienst wie Tweetdeck) – so strategisch richtig sie sein kann, um möglichst viele Leser/innen zu erreichen – wird aus meiner Sicht die Kommunikation in Echtzeit ad absurdum geführt. Abgesehen davon, gibt es Tweets, die man nur in diesem einen Moment tweeten kann. Und mit einem Retweet zu warten, bis mehr Personen online sind, finde ich ebenso sinnlos.

Daran schließt sich die Frage an, ob man den gleichen Tweet mehrfach, aber zu unterschiedlichen Tageszeiten absetzen sollte, um möglichst viele Personen zu erreichen. Eigentlich sollte es genügen, einen Tweet einmal zu twittern. Die in dem Moment gerade nicht anwesenden Follower erfahren die Nachricht über Retweets oder weil sie andere Filtermethoden haben. Wenn man will, dass eine bestimmte Person die Nachricht liest, kann man das mit einer Erwähnung im Tweet absichern.

Dies vorausgeschickt, seien die gängigen Regeln für ein erfolgreiches Tweeten, die in den Anweisungen leicht variieren, dennoch kurz aufgezählt:

  • mindestens ein Tweet pro Tag
  • beste Tweetzeiten: 8h-9h, 14h, 15h, 17h
  • nicht zu viele Tweets auf einmal senden
  • Links nach ca. ¼ des Tweets setzen
  • Tweets sollten kürzer als 125 Zeichen sein, um einen manuellen Retweet mit Kommentar zu erlauben
  • am Wochenende twittern bedeutet mehr Klicks aber weniger Retweets

 Ja, aber dafür habe ich keine Zeit…

Gründe für die Nichtnutzung von Twitter sind neben dem vielfach befürchteten Übermaß an Information vor allem Zeitmangel. Sicherlich kostet das Lesen und Schreiben von Tweets Zeit, doch ist diese Zeit gut investiert, wenn man sich die vielen positiven Seiten dieses Dienstes vor Augen hält. Darüber hinaus hilft Twitter auch, Zeit zu sparen, da man Informationen erhält, die man sich ansonsten auf andere Weise hätte besorgen müssen oder die einem schlicht entgangen wären.

 

Im Text erwähnte Literatur sowie weitere Twitter-Anleitungen

Bon, François, Twitter et comment s’en servir, in: Tiers livres, 26.05.2012, http://www.tierslivre.net/spip/spip.php?article2931.

Dernbach, Christoph, Anleitung: Twitter für Einsteiger – Tipps und Tricks für den Microblogging-Dienst (1+2), in: Mr. Gadget, 21.04.2012, http://www.mr-gadget.de/howto/2012-04-21/twitter-fuer-einsteiger-tipps-und-tricks-fuer-den-microblogging-dienst-1 und http://www.mr-gadget.de/howto/2012-04-21/anleitung-twitter-fur-einsteiger-tipps-und-tricks-fur-den-microblogging-dienst-2.

Graf, Klaus, König, Mareike: Entwicklungsfähige Blogsphäre – ein Blick auf deutschsprachige Geschichtsblogs, in: Redaktionsblog, 9.12.2011 http://redaktionsblog.hypotheses.org/40.

Jung, Christian: Sollen Historiker bloggen und twittern?, in: Zeittaucher, 15.8.2010, http://www.scienceblogs.de/zeittaucher/2010/08/sollen-historiker-bloggen-und-twittern.php.

König, Mareike: Twitter in der Lehre (Schule und Universität): eine kleine Literaturliste, in: Redaktionsblog, 13.08.2012, http://redaktionsblog.hypotheses.org/585.

König, René, Nentwich, Michael: Cyberscience 2.0: Research in the Age of Digital Social Networks, Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 2012.

Kwakkel, Erik: A Window Display of 140 Characters: Why and How Twitter Works for Me as an Academic, in: medievalfragments, 11.08.2012, http://medievalfragments.wordpress.com/2012/08/11/a-window-display-of-140-characters-why-and-how-twitter-works-for-me-as-an-academic/.

Lugger, Beatrice: Deutsche Wissenschaft auf Twitter, in: Scilogs, 21.06.2012, http://www.scilogs.de/blogs/blog/quantensprung/2012-06-21/deutsche-wissenschaft-auf-twitter-iii .

Maireder, Axel: Links auf Twitter. Wie verweisen deutschsprachige Tweets auf Medieninhalte?, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien, 4.4.2011, https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:64004/bdef:Content/get.

Mollet, Amy, Moran, Danielle, Dunleavy, Patrick: Using Twitter in university research, teaching and impact activities. A guide for academics and researchers, LSE Public Policy Group 2011, http://blogs.lse.ac.uk/impactofsocialsciences/files/2011/11/Published-Twitter_Guide_Sept_2011.pdf.

Nazlin: Twitter for researchers, in: Newsam News, 23.09.2011, http://newsamnews.ioe.ac.uk/?p=1864.

Scheloske, Mark: Wissenschaft & Wissenschaftler auf Twitter | Twitterstudie, in: Wissenswerkstatt, 01.03.2012, http://www.wissenswerkstatt.net/wissenschaft-wissenschaftler-auf-twitter-twitterstudie/.

Social Networking for Scientists: The Wiki, http://socialnetworkingforscientists.wikispaces.com/Twitter.

Weller, Katrin, Dröge, Evelyn, Puschmann, Cornelius: Citation Analysis in Twitter: Approaches for Defining and Measuring Information Flows within Tweets during Scientific Conferences. Paper presented at the #MSM2001,1st Workshop on Making Sense of Microposts, 30.05.2011, Heraklion, URL: http://files.ynada.com/papers/msm2011.pdf.

Titel-Abbildung

You are a genius von Éole, CC-BY-NC-SA 2.0

Anmerkungen

 

Um diesen Beitrag zu zitieren: Mareike König, Twitter in der Wissenschaft: Ein Leitfaden für Historiker/innen, in: Digital Humanities am DHIP, 21.08.2012 http://dhdhi.hypotheses.org/1072.

.

  1. Siehe Mareike König: Twitter in der Lehre (Schule und Universität): eine kleine Literaturliste, in: Redaktionsblog, 13.08.2012, http://redaktionsblog.hypotheses.org/585.
  2. Unter dem Hashtag #phdchat trifft sich jeden Mittwoch eine Gruppe von Studierenden und Wissenschaftler/innen immer mittwochs zwischen 19h30 und 20h30 und diskutiert ein vorher festgelegtes Thema.
  3. Mit Dank an Klaus Graf für diesen sowie viele weitere Hinweise für diesen Artikel: http://standrewsrarebooks.wordpress.com/2012/03/12/a-conundrum-solved-collectively-a-15th-century-italian-manuscript-identified/
  4. Vgl. Axel Maireder: Links auf Twitter. Wie verweisen deutschsprachige Tweets auf Medieninhalte, 2011, https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:64004/bdef:Content/get
  5. Über Blogs in der Geschichtswissenschaft siehe Klaus Graf, Mareike König: Entwicklungsfähige Blogsphäre – ein Blick auf deutschsprachige Geschichtsblogs, in: Redaktionsblog, 09.12.2011 http://redaktionsblog.hypotheses.org/40.
  6. Vgl. http://archiv.twoday.net/stories/64974709/ und http://archiv.twoday.net/stories/6503987/
  7. http://archiv.twoday.net/stories/34630727/
  8. Zur Diskussion vgl. http://archiv.twoday.net/stories/49623676/#49803659
  9. König, René, Nentwich, Michael: Cyberscience 2.0: Research in the Age of Digital Social Networks, Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 2012, S. 53.
  10. Eine Übersicht der Abkürzungen gibt es hier: http://www.windows7-tipps.de/twitter-lexikon_abkuerzungen_was_bedeuten_dm_rt_un.html
  11. Vgl. http://archiv.twoday.net/stories/6388242/
  12. http://archiv.twoday.net/stories/59211631/
  13. Vgl. François Bon: Twitter et comment s’en servir, in: Tiers livres, 26.05.2012,  http://www.tierslivre.net/spip/spip.php?article2931
  14. Weller, Katrin, Dröge, Evelyn, Puschmann, Cornelius: Citation Analysis in Twitter: Approaches for Defining and Measuring Information Flows within Tweets during Scientific Conferences. Paper presented at the #MSM2001,1st Workshop on Making Sense of Microposts, 30.5.2011, Heraklion, http://files.ynada.com/papers/msm2011.pdf
  15. Johannes Beus: Twitter Nutzung, in: Sistrix, 06.11.2009, http://www.sistrix.de/news/910-twitter-nutzung.html
  16. Klaus Graf: Rückblicke auf die Münchner Tagung „Weblogs in den Geisteswissenschaften“, in: Redaktionsblog, 12.3.2012 http://redaktionsblog.hypotheses.org/407
  17. Zu Kuratierungsdiensten siehe auch: http://archiv.twoday.net/stories/42992367/

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1072

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Seminar Ordnungstechniken in der Geschichte der Neuzeit

Kommendes Wintersemester halte in an der Universität Wien ein Seminar mit dem Titel Ordnungstechniken in der Geschichte der Neuzeit, das so unterschiedliche Themen wie die alphabetische Sortierung, die Schränke und Klassifikationen der Naturforscher, Standardisierung von Waffen, Flussbegradigungen und Monster, die sich der Einordnung entziehen zu versuchen, behandeln soll. Nähere Informationen dazu gibt es unter http://tantner.net/Seminar/.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/129661414/

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Welcher Perikles – und wessen?

Die Ereignisse und Enthüllungen der letzten Jahre haben die Neigung verstärkt, nahezu alles, was aus Hellas verlautet, zunächst einmal als unwahr, bestenfalls als schön erfundene Geschichte - Mythos im landläufigen Sinn - zu betrachten. Die rühmende Rede war eine Erfindung der alten Griechen. Und lügen nicht zumindest alle Kreter? Als allerdings griechische Politiker unserer Zeit auf die ‘Geschichte' verwiesen und darauf zielten, etwaige Bedenken zu zerstreuen...(read more)

Quelle: http://faz-community.faz.net/blogs/antike/archive/2012/08/21/welcher-perikles-und-wessen.aspx

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Digitale Geschäftsgänge und Retrodigitalisierung in Bibliotheken, Archiven und Museen

Fachkonferenz und Visual Library AnwenderInnentagung

Vom 13. bis 14. September 2012 organisieren die Wienbibliothek eine Konferenz zum Thema “Digitale Geschäftsgänge, Retrodigitalisierung und Online-Präsentation analoger Medien sowie von Open Access-Publikationen”. Die Veranstalter laden herzlich zur Tagung ein und bitten um Anmeldung bis spätestens 31. August 2012 (Anmeldung erbeten an anita.eichinger@wienbibliothek.at oder per Online-Formular auf http://www.wienbibliothek.at/fachtagung.html).Auf der Webseite finden Sie auch das Programm der Tagung.

Anschließend an die Konferenz wird das Visual Library AnwenderInnentreffen organisiert (Freitag, 14.09.2012, ab ca. 11.00 Uhr), das als Werkstattgespräch mit Vertretern der Firmen Walter Nagel (Bielefeld) und Semantics (Aachen) geplant ist. Das AnwenderInnentreffen ist selbstverständlich für alle TagungsteilnehmerInnen offen.

13. – 14. September 2012
Wiener Rathaus
Eingang Friedrich Schmidt Platz (Stadtinformationszentrum)
Stiege 8, ebenerdig Arkadenhof, Konferenzräume Top 24
Lichtenfelsgasse
1010 Wien

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=836

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Tagung: Die digitale Bibliothek und ihr Recht – ein Stiefkind der Informationsgesellschaft

Nach der Sommerpause wird das Urheberrecht im digitalen Zeitalter wieder
prominent auf der politischen Agenda stehen, man denke nur an die Frage,
ob § 52a UrhG weiter in Geltung sein wird. Eine Rolle wird sicher auch
das Thema der verwaisten Werke spielen.

Alle Fragen haben eines gemeinsam: Der Formatwandel vom Analogen zum
Digitalen wirft eine Fülle juristischer Probleme auf, deren Konsequenz
etwa für unser kulturelles Gedächtnis noch nicht ausreichend reflektiert
ist.

Für alle, die in den Gedächtnisinstitutionen mit urheberrechtlichen
Fragen befasst sind, möchte ich daher noch einmal auf die am 6. und 7.
September in Köln stattfindende Tagung “DIE DIGITALE BIBLIOTHEK UND IHR
RECHT – EIN STIEFKIND DER INFORMATIONSGESELLSCHAFT?” aufmerksam machen,
die von der Universität Köln zusammen mit dem HBZ veranstaltet wird.

Es gibt noch Restplätze!!

Im Tagungsbeitrag von 100 € für zwei Tage ist übrigens die Verpflegung
während der Veranstaltung (Kaffeepausen und Mittagsimbiss) enthalten.

Das aktuelle Programm mit weiteren Informationen findet sich hier:
http://www.ausbildungsstiftung.de/

Anmeldungen nimmt Herr Hinte von der Uni Köln entgegen:
ohinte@uni-koeln.de. Er ist auch bei der Reservierung vergünstigter
Hotelzimmer behilflich.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=829

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Bildarchiv prometheus sucht Softwareentwickler/in

Das Team des prometheus-Bildarchivs sucht zum 01.10.2012 eine/n nette/n und kompetente/n Softwareentwickler/in zur Anwendungsentwicklung und  Systemadministration. Prometheus ist ein verteiltes, digitales Bildarchiv, das verschiedene, heterogene Bilddatenbanken unter einer gemeinsamen Oberfläche recherchierbar macht und für die kunst- und kulturhistorische Forschung und Lehre zur Verfügung stellt. Die aktuelle Ausschreibung richtet sich sowohl an erfahrene Entwickler als auch an Absolventen mit einschlägigen Vorkenntnissen und dem Wunsch, Methoden der Informationstechnologie in
einem geisteswissenschaftlichen Umfeld anzuwenden. Weiterführende Informationen finden sich auf unserer Homepage unter:

http://prometheus-bildarchiv.de/about/jobs/developer

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=824

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Wie man Äpfel mit Birnen vergleicht

Zur Abwechslung unternehme ich heute mal einen Ausflug in die Statistik. Ein Anlass dafür ist eine Diskussion auf Twitter, die ich kurz vor meinem Urlaub geführt habe (s.u.), ein anderer der, dass ich manchmal eine große Diskrepanz wahrnehme, zwischen der Rolle, die statistische Aussagen inzwischen in fast sämtlichen Forschungsbereichen spielen und dem Unverständnis, das dem Gebiet von weiten Teilen der Bevölkerung (darunter auch viele Wissenschaftler, die es eigentlich besser wissen müssten) entgegengebracht wird. Falsch angewendete quantitative Verfahren sind vielleicht auch mit ein Grund für Rants wie diesen, in dem statistischen Aussagen die potentielle Erklärkraft für die Geistes- und Sozialwissenschaften abgesprochen wird.

So tief will ich jetzt gar nicht in die Diskussion einsteigen (vielleicht mal in einem eigenen Post, der zoonpoliticon von den ScilogsenceBlogs ist auch schon darauf eingegangen). Vielmehr beschäftige ich mich mal mit dem geflügelten Wort, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann. Was ist, wenn man tatsächlich vor einem Problem steht, genau dies tun zu müssen? Wenn ich z.B. aus einer Sammlung von 50 Äpfeln und 33 Birnen, 10 Früchte auswählen darf und ich genau die besten Früchte erwischen will? Gibt es da nicht eine Methode, die mir die 10 besten Früchte ermittelt?

Nun ja, dazu benötigt man erst einmal ein Merkmal, das eine gute Frucht von schlechteren unterscheidet. Das ist in der Realität wahrscheinlich schlecht zu ermitteln, da dies hier ja nur ein Blogbeitrag ist (der mit der Realität also herzlich wenig zu tun hat) kann ich mir einfach ein solches Merkmal ausdenken. Möglich wäre z.B. ein schön ausgewogenes Verhältnis zwischen Fruchtumfang und Höhe. Oder eine besonders rothaltige Farbe. Oder eben ein möglichst hoher Fruchtzuckergehalt (abgekürzt FZG). Der Chefkoch auf der gleichnamigen Webseite (das ist die erste die meine Suchmaschine zu „Frauchtzuckergehalt Apfel Birne“ ausspuckte) behauptet, dass der durchschnittliche FZG von Äpfeln bei 5,7g/100g Frucht liegt, der von Birnen bei 6,7g/100g. Auf dieser Basis habe ich mir eine Verteilung für 50 Äpfel und 33 Birnen ausgedacht, die in folgender Abbildung visualisiert ist (x-Achse: FZG in mg/100g, y-Achse Anzahl der Früchte):
Ich habe hier ein wenig gepfuscht – der FZG-Gehalt wird wohl nicht durch eine stetige Variable dargestellt, sondern durch eine kontinuierliche. Um ein schönes Balkendiagramm hinzubekommen, musste ich die Werte also in Klassen einteilen. Beschriftet ist jeweils die Klassenmitte – unter 6000 finden sich also alle Früchte mit einem 5750 < FZG < 6249. Wenn ich mir jetzt einfach die Früchte mit dem höchsten FZG greife, dann bekomme ich ne Menge Birnen und nur wenige Äpfel, das liegt an der Natur, die Birnen mit mehr Süße ausgestattet hat (oder an den Züchtern, die genau dies forciert haben). Wenn ich aber irgendwie nur besonders (im Vergleich zu anderen) gute Birnen und besonders (in Vergleich zu anderen) gute Äpfel haben möchte, muss ich mir irgendwas überlegen, wie ich vergleichbare Werte bekomme.

Tatsächlich gibt es einen statistischen Kniff, den ich genau dafür anwenden kann – die sogenannte z-Transformation. Die funktioniert eigentlich ganz einfach – ich muss lediglich vom FZG jeder Frucht den FZG-Mittelwert abziehen und das Ergebnis durch die FZG-Standardabweichung teilen. Wenn ich verschiedene Populationen (hier z.B. Äpfel und Birnen) habe, dann errechne ich für jede den Mittelwert und die Standardabweichung getrennt. Am Ende habe ich dann vergleichbare Werte. Einfach, oder?

Vielleicht sollte ich noch kurz eine kleine Erläuterung zu den beiden Werten einstreuen. Der Begriff „Mittelwert“ (MW, Definition hier) sollte eigentlich jedem klar sein – es ist einfach der Durchschnitt über alle Einzelwerte. Für Äpfel ergibt sich im obigen Beispiel der MW 5500mg/100g Frucht, für Birnen der MW 6470. Der Begriff „Standardabweichung“ (SD, Definition hier) ist vielleicht nicht so geläufig. Er beschreibt die Streuung von Werten – hat eine Verteilung eine niedrige SD, so gruppieren sich die Werte enger um den MW, als bei Verteilung, die eine hohe SD haben – für das obige Beispiel habe ich die SDs 775 (für Äpfel) und 521 (für Birnen) ermittelt – Birnen haben durchschnittlich also einen höheren FZG, streuen aber weniger als Äpfel (d.h. ihre FZG-Verteilung ist homogener).

Was erreicht man jetzt genau damit, dass man von den ursprünglichen FZG-Werten den Mittelwert abzieht und dann das Ergebnis durch die Standardabweichung teilt? Man harmonisiert beide Verteilungen – beide haben fortan ihren MW bei 0 und auch ihre Streuung ist vergleichbar geworden (wenn Werte vorher zwischen -1000 und 1000 gestreut haben und die SD bei 500 lag, streuen sie jetzt zwischen -2 und 2. Gleiches gilt für Werte, die vorher zwischen -1 und 1 gestreut haben bei einer SD von 0,5). Für unser Beispiel ergibt sich nach der z-Tansformation folgendes Bild (und ja, ich habe aus Darstellungsgründen wieder unerlaubt klassifiziert und gerundet):

Man sieht direkt, dass die beiden Verteilungen jetzt voreinander liegen und ich nun wesentlicht mehr Äpfel als Birnen erhalte, wenn ich die Früchte auf der rechten Seite der Grafik (das sind die mit dem verhältnismäßig hohen Fruchtzuckergehalt) abgreife. Das liegt nun daran, dass die Apfel-Population auch ursprünglich größer war als die der Birnen. Man merke sich: Wenn beide Populationen hinsichtlich des gewählten Merkmals normalverteilt sind, dann entspricht das Verhältnis der Ergebnismenge im ungefähren dem der Ausgangsmengen.

Natürlich ist das ein an den Haaren herbeigezogenes Beispiel – niemand kommt auf die Idee, von jeder Frucht, die er/sie im Supermarkt auswählt, erstmal den Fruchtzucker zu messen. Allerdings wird genau dieses Verfahren von der Universität Wien angewendet, um ihre Medizinstudienplätze zu vergeben. Auf Twitter bat der @Fatmike182 darum, ob ihm jemand das z-Transformationsverfahren erklären könnte, was ich dann (auf Twitter kurz, hier länger) auch versucht habe. Später ging es dann auch noch darum, ob das Verfahren gerecht oder doch sexistisch ist. Schwierige Frage, ich halte es nicht unbedingt für gerecht – erstens sehe ich nicht ganz ein, weshalb man Männer und Frauen in unterschiedliche Populationen einteilt und damit für beide unterschiedliche SDs und MWs errechnet. Ja, es mag sein, dass Mädchen durch das (hier: österreichische) Schulsystem benachteiligt werden, so dass ihre Ergebnisse beim Eignungstest unter dem der (österr.) Buben liegen. Dann sollte man aber meiner Meinung nach an dem Punkt einhaken, wo diese Ungleichheit entsteht, nicht da, wo sie sich auswirkt. Zweitens ist ein solches Verfahren manipulierbar – man muss nur ne Menge Leute eines bestimmten Geschlechts überzeugen, auch (aber bitte erfolglos) beim  Test mitzumachen, um die geschlechtsspezifischen Bewerberquoten zu erhöhen. Das hat dann zur Folge, dass die gleichgeschlechtlichen Bewerber ihre Chancen auf einen Studienplatz erhöhen.

Der @Fatmike182 hatte noch eingewendet, dass man sich die Rechnerei sparen könnte, wenn man einfach vorher festlegt, in welcher Zahl man Frauen und Männer ins Studium aufnimmt. Für normalverteilte Daten hat er da tatsächlich recht, allerdings kann es ja tatsächlich auch  zu einer Verteilung wie dieser kommen: Nach der z-Transformation bleibt der kleine Hügel rechts in der Verteilung so bestehen. Um sicherzugehen, dass man überdurchschnittlich gute Bewerber/Äpfel auch tatsächlich berücksichtigt, kommt man also an ein wenig Rechnerei nicht vorbei.

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/406

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Wissens-ABC zum Thema Ähnlichkeit

Aus den über die Kommentarfunktion eingegangenen Begriffen und meinen eigenen hatte ich zunächst eine Liste zusammengestellt. Diese Liste habe ich nun angereichert, d.h. ich habe einige Begriffe durch Erläuterungen ergänzt. Man muss nicht jeden Begriff erklären, aber bei dieser Arbeit habe ich folgende Feststellungen gemacht:

Es gibt Assoziationen, die

  • den quantitativen Aspekt hervorheben: Paar, Verdoppelung, Hundertschaft
  • den zeitlichen Aspekt betrachten: Klon kann im Gegensatz zum Zwilling zeitversetzt leben
  • einen wertenden Gesichtspunkt hervorheben: Kopie, Fälschung, Duplikat, Ebenbild
  • das Maß an Ähnlichkeit bezeichnen: Ebenbild, Gleichheit, Homogenität, Angleichung, Einzigartigkeit

Außerdem haben sich folgende Fragen ergeben:

  • sind die Begriffe “Nachahmung” und “Nachbildung” synonym oder gibt es einen Bedeutungsunterschied?
  • sind die Begriffe “Abbild” und “Ebenbild” synonym?
  • “Duplikat” und “Kopie”: liegt der Unterschied in der Menge, d.h. gibt es nur ein Duplikat eines Originals, aber viele Kopien? Oder gibt es mehrere Duplikate?

Bei einigen Begriffen kann man eine sogenannte “laterale Arabeske” feststellen. Das sind Begriffe, die für sich eine Unterkategorie bilden, wie z.B.

  • Duplikat, Kopie, Original, Fälschung, Beglaubigung, Nachahmung, Nachbildung und
  • Abstammung, Verwandtschaft, Zwilling, Klon

Vielleicht sind noch mehr Unterkategorien enthalten, aber diese beiden fielen mir besonders auf.

Man kann anhand der Liste, den Fragen und Feststellungen sehen, welch einen Überblick man sich zu einem Thema aufgrund von Assoziationen verschaffen kann. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste zum Thema Ähnlichkeit ein Referat oder einen Vortrag halten, dann ist das doch eine gute Materialsammlung, mit der sich einiges anfangen lässt.

Je öfter man Listen erstellt, desto leichter fällt das Assoziieren. Übung macht den Meister. Außerdem ist es immer sehr hilfreich, gemeinsam mit anderen solche Listen anzulegen und hinterher zu vergleichen. Die Assoziationen anderer sind interessant und können völlig neue Aspekte des Themas öffnen. In der folgenden Liste stecken die Assoziationen von zehn Gehirnhälften [1], den anderen acht an dieser Stelle nochmals vielen Dank!

Nach wie vor gilt: weitere Begriffe und Erläuterungen sind herzlich willkommen!

 

Angereicherte ABC-Liste zum Thema Ähnlichkeit

Analogie: vergleicht man verschiedene Objekte, enthalten sie eine gewisse Übereinstimmung. Erwartung, dass etwas (analoges) eintritt, das man schon kennt. Analogie wird in der Täuschung erfüllt (sh. Zauberei). Analogien werden emotional belohnt (sh. dort).

Abbild: bezeichnet einen sehr hohen Grad an Ähnlichkeit, sh. auch Ebenbild

Abstammung: Dinge, die voneinander abstammen, sind sich in bestimmten Punkten ähnlich

Adaption: Anpassung.

Angleichung: etwas wird etwas anderem immer ähnlicher

annähernd

Allusion: Anspielung oder Referenz auf etwas anderes, als den gerade diskutierten Gegenstand. Illustriert eine Aussage und kann das Verständnis erweitern.

Beglaubigung: sh. Duplikat

Bezüglichkeit: Ähnlichkeit ist eine Verbindung zwischen den Dingen, bildet einen Zusammenhang.

Chamäleon: Anpassung an die Umgebung

Desorientierung: monotone, gesichtslose (auch ornamentfreie) Architekturen, bei denen Unterscheidungsmerkmale fehlen, führt zu Verirren und räumlicher Desorientierung.

Duplikat: sollte genauso aussehen, wie das Original. Damit man weiß, dass es so ist, wird das Duplikat beglaubigt.

Darstellung

emotionale Belohnung: Kommen wir mit etwas Neuem in Kontakt, bilden sich Gedächtnisspuren. Wiederholungen einer neuen positiven Erfahrung bereitet Lust (= emotionale Belohnung). Beispiel: ein Musikstück immer wieder hören.

Erfahrung: sh. emotionale Belohnung

Einzigartigkeit: einzigartig kann nur etwas einzelnes sein; ähnlich zueinander können mehrere Dinge sein (quantitativer Aspekt).

Erwartung: sh. Zauberei

Ersatz: Beschafft man sich Ersatz für eine Sache, sollte dieser meist genauso funktionieren wie das Original oder diesem zumindest sehr ähnlich sein.

Einheit

entsprechend

Ebenbild

eidetisches Gedächtnis: fotografisches Gedächtnis. Das Aussehen eines Gegenstandes genauso im Gedächtnis behalten können, wie es ist.

Feinheiten: manchmal muss man bei der Suche nach Ähnlichkeit auf die Feinheiten achten, um Unterschiede auszumachen.

Fälschung: Hat den Anspruch, dem Original möglichst ähnlich zu sein. Wird (nicht nur) in der Kunst für vermeintliche Originale viel Geld bezahlt, ist die Enttäuschung groß.

Faksimile: „mache ähnlich!“ Eine legale Nachbildung (im Gegensatz zur Fälschung).

Gleichheit

Gemeinsamkeit: Vergleiche können nur gemacht werden, wenn eine Gemeinsamkeit, eine gemeinsame Grundlage, besteht.

Gruppierung: Gestaltgesetze, z.B. ein Viereck unter lauter Kreisen oder ein Geisterfahrer auf der Autobahn. Gruppenbildung der Ähnlichkeit

Hundertschaft: viele äußerlich durch eine Uniform ähnlich gekennzeichnete Menschen mit einem Handlungsziel

Homogenität

Ikonizität: der Grad der Ähnlichkeit

isomorph: Kristalle haben eine isomorphe (gleichförmige) Struktur.

identisch

Janus

Kopie: sh. Duplikat

Karido: Browserspiel, bei dem Kunstwerke verglichen werden. Der Ähnlichkeitsgrad von Bildern bestimmt die Schwierigkeit des Spiels.

Klon: künstlicher eineiiger Zwilling, kann zeitversetzt geschaffen werden und leben.

Kongruenz: Übereinstimmung, z.B. zwischen verbaler und nonverbaler(bildlicher) Aussage

Lustgefühl: sh. emotionale Belohnung

Memory-Spiel

Nachts sind alle Katzen grau: Unterschiede werden bedeutungslos, wenn man von einer bestimmten Perspektive auf die Dinge schaut.

Nachahmung

Nähe: einander ähnliche Objekte stehen sich nahe; Verschiedenheit trennt und entfernt.

Nachbildung

Original: echt, ursprünglich. Genießt höheres Ansehen als das Duplikat oder die Kopie.

Paar: zwei Dinge sind gleich beschaffen

Parallele: etwas ist gleichartig; bezeichnet etwas, bei dem der Ähnlichkeitsgrad sehr hoch oder auch niedrig sein kann.

quasi

Redundanz: Redundante Information ist häufig mehrfach vorhandene gleiche Information. Damit ist sie überflüssig und kann weggelassen werden. In der Datenverarbeitung ist Redundanz eine Fehlerquelle. Gibt andererseits Sicherheit; wenn ein System ausfällt, springt das andere ein (z.B. beim Flugzeug).

Referenz: Bezugnahme. Maß nehmen am Referenzzustand (Normzustand, Standard).

Standards bilden: der Standard als gemeinsame Grundlage für Vergleiche. Standard ist ein analoger Zusammenhang.

Sinneserfahrung

suchen: Suche nach zueinander ähnlichen Bildern in Bilddatenbanken; bildbasierte Ähnlichkeitssuche (Computervision) und begriffsbasierte Ähnlichkeitssuche (funktioniert über die zuvor zu einem Bild eingegebenen Tags).

Similarität: in der Linguistik eine Relation, die Ähnlichkeit ausdrückt.

Stellvertreter

Spiegelung

synonym

so wie

Täuschung: sh. Fälschung

Umgebung: Die Ähnlichkeit von Objekten hängt auch davon ab, wie sehr sie sich von ihrer Umgebung unterscheiden.

Ungleich: sh. Unterschied

Unterschied: Unterschiede sind die Grundlage für Ähnlichkeit

Übereinstimmung

Vergleich: mächtiger Neuromechanismus beim Menschen. Um etwas bewerten zu können („Das gefällt mir“) müssen Lernprozesse vorausgegangen sein, anhand derer man durch Vergleich feststellen kann, ob man etwas besser findet als etwas anderes oder ob man die Sache z.B. besser meidet.

Verirren: sh. Desorientierung

Verwechslung: Wenn Dinge einen besonders hohen Ähnlichkeitsgrad aufweisen, kann man sich leicht vertun.

Verwandtschaft

Vertrautheit

Verständnis

Verdoppelung

Wiederholung

Wahrnehmung: Das Feststellen von Ähnlichkeit setzt zwei Dinge voraus: Wahrnehmung und einen Lernprozess. Man muss zuerst wissen, wie etwas ist, dann kann man aufgrund von Wahrnehmungsprozessen Unterschiede und Ähnlichkeiten feststellen.

Zwilling

Zauberei: funktioniert über die Erwartungshaltung. Man erwartet aufgrund eigener Erfahrung (=Lernprozess), dass etwas Bestimmtes geschieht. Bei der Zauberei tritt etwas anderes als das Erwartete ein.

zusammen gehören

[1] Hans Daucher (gab den Hinweis auf die Zauberei)
Margarete Kaufmann (sh. Kommentare)
Lilian Landes (sh. Kommentar)
Detlef Scherz (Original, Kopie und Redundanz)
Sabine Scherz

Quelle: http://games.hypotheses.org/449

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