Poster-Sessions (in der Praxis geisteswissenschaftlicher Großtagungen eher: Poster-Ausstellungen) erfreuen sich inzwischen großer Beliebtheit in den Kulturwissenschaften. Gerne werden DoktorandInnen „ermuntert“, für Kongresse ein Poster zu entwerfen. So etwa für das „Doktorandenforum, ein etabliertes Medium der Nachwuchsförderung“ auf dem deutschen Historikertag. Eine andere beliebte Gelegenheit, bei denen das Medium Einsatz findet, sind Begehungen und Evaluationen. Eher seltener werden PostdoktorandInnen aktiv – so wie ich im vorigen Sommer. Wer wie ich niemanden gefunden hat, um die Aufgabe zu delegieren (wer also in der Nahrungskette niemanden unter sich … Vom Nutzen und Nachteil der Poster Session weiterlesen →
Urheberrecht und Nutzerverhalten im Wissenschaftsarchiv
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Mit den folgenden Zeilen begibt sich der Autor auf Glatteis und nimmt in Kauf, eingefahrene Spuren zu verlassen und möglicherweise auch solche zu ziehen, die ins Leere oder gar zu einem kurzen Sturz führen. Sich als juristischer Laie mit rechtlicher Materie auseinanderzusetzen ist ein Wagnis. Wenn es aber dennoch geschieht, muss es wohl einer Not geschuldet sein, die keinen langen Aufschub duldet. Eine schier täglich wiederkehrende Not der Archivare[1] in kleineren und mittleren Archiven besteht in der Konfrontation mit den Klippen des Urheberrechts, das ihnen gleich in mehreren ihrer Aufgaben und bei einer Vielzahl der archivalischen Gattungen begegnet. Diese Herausforderung müssen die Archivare bestehen, und nicht immer genügt dabei nur eine fachliche Stellungnahme gegenüber einem eigenen kompetenten Justitiariat. Wenn somit einige der folgenden Gedanken Anstoß erregen oder den einen oder anderen Mainstream nicht treffen sollten, bittet der Verfasser um Nachsicht und lädt zum Diskurs ein. Der Beitrag möchte zugleich einen fachlichen Austausch eröffnen, der der Vorbereitung einer archivrechtlichen Fachtagung mit Fortbildungscharakter dienen kann, auf die am Ende des Textes noch näher hingewiesen wird.
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Lena Radauer: „Als Familienvater aus Rußland heimgekehrt“. Gefangene des Ersten Weltkriegs und ihre Ehen mit russischen Frauen
Den rund 2,4 Millionen Kriegsgefangenen, die während des Ersten Weltkrieges in russischen Gewahrsam gerieten, wurde in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Nach Gerald H. Davis erforschten vor Allem deutschsprachige Historiker die Umstände von Gefangennahme und Internierung.[1] Trotz einer Tendenz, den Ersten Weltkrieg als Moment der interkulturellen Begegnung auszuwerten[2], fand die Frage der Interaktion zwischen den Kriegsgefangenen und der russischen Bevölkerung nur vereinzelt von russischen Regionalhistorikern Beachtung, die vorwiegend zeitgenössische Presseberichte untersuchten.[3] Dies ist umso erstaunlicher, als die objektiven Umstände auf verstärkte Gelegenheit einer Annäherung zwischen den Kriegsgegnern fernab der Front schließen lassen; einerseits aufgrund der sehr großen Zahl an Kriegsgefangenen, die sich in Russland befanden, andererseits durch die Aufenthaltsdauer, die mit den Wirren des Bürgerkrieges in vielen Fällen in die 1920iger Jahre hineinreichte.
Durch den Aufenthalt in Russland zu einer Zeit, da die Kriegsgefangenen von der Sowjetmacht zu freien Bürgern erklärt wurden, war auch die Möglichkeit gegeben, Beziehungen zu russischen Frauen, die von Anbeginn des Krieges bestanden hatten, durch Eheschließungen zu legitimieren. Mit den Worten eines Heimkehrers verschloss sich die „russische Natürlichkeit“ der russischen Frauen „dem künstlich aufgepeitschten Haß“ und wandte sich „im reineren Triebe der Menschlichkeit gerne dem Plenny (russ. Gefangener) zu.”[4] Tatsächlich lässt die Präsenz der russischen Ehefrauen von Russlandheimkehrern in der Nachkriegsöffentlichkeit auf ein gehäuftes Phänomen schließen.
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Under Construction: Die Elbphilharmonie in Social Media
Witze über die Elbphilharmonie haben leider mittlerweile einen äußerst langen Bart, wie man sprichwörtlich so schön sagt. Die Legende um das Gebäude, das einfach nicht fertig werden wollte, reiht sich ein in eine illustre…
Terrorismus gestern und heute – eine Spurensuche der BBC anläßlich der Anschläge von Paris
Seit den Anschlägen auf “zivile Ziele” in Paris ist der Terrorismus erneut ein zentrales Thema in den europäischen Nachrichten. Viele Kommentatoren fragen nach den Drahtziehern und Hintergründen, nach der internationalen Rolle des IS, nach den religiösen oder sozialen Motivationen der Täter. Aber einige Medien wagen auch den Blick zurück. Auf den anarchistischen Terror des späten 19. Jahrhunderts und auf die lange Geschichte gescheiterter “Demokratisierung” in so vielen Regionen der Welt. Terror als konkrete Erfahrung überrascht uns, aber Terror als politisches Phänomen ist alles andere … Continue reading Terrorismus gestern und heute – eine Spurensuche der BBC anläßlich der Anschläge von Paris →
Geinterviewt (III)
Per Mail erreichte mich eine Anfrage, ob ich dazu bereit wäre, kurz Auskunft über meine Meinung zum Voynich-Manuskript zu geben (Klaus Schmeh hatte auf mich verwiesen). Was ich natürlich immer gerne mache. Die beiden Anfragenden wollen gerne hier anonym bleiben, ich darf aber verraten, dass sie eine Ausbildung im Bereich Betreuung absolvieren und an einer Vertiefungsarbeit im Fach Allgemeinbildung schreiben. Das Interview fand per Mail statt und sollte unterschrieben zurückgesendet werden, offenbar, um die Authentizität meiner Antworten zu gewährleisten. Weil ich die Fragen sehr interessant gestellt fand, schlug ich vor, dass ich sie mitsamt der Antworten auch auf meinem Blog veröffentlichen kann (der ja für seine Authentizität berüchtigt sein soll). Hier also das Interview:
Wie lange arbeiten Sie schon als Linguist und wie sind Sie auf den Beruf gekommen?
Ich hoffe, ich enttäusche euch nicht, muss ich doch zugeben, dass ich gar kein richtiger Linguist bin. Ich habe meinen Dr.
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6. Kommt Ihnen folgene Rede bekannt vor?
Kommt Ihnen Folgendes irgendwie vertraut vor? Hier ein stark gekürzter Ausschnitt der Rede:
“Wir leben […] unter einer Verfassung, [und] dienen [uns] selber eher als Vorbild, als dass wir andere nachahmen […]. Der Name, den sie trägt, ist zwar der der Demokratie, weil die Macht nicht in den Händen weniger, sondern einer größeren Zahl von Bürgern liegt; ihr Wesen aber ist, dass nach den Gesetzen zwar alle persönlichen Vorzüge niemandem ein Vorrecht verleihen, hinsichtlich seiner wirklichen Geltung aber jeder, wie er sich in etwas auszeichnet, […] seine volle Anerkennung [finden kann]: eine Anerkennung, die nicht auf Parteigetriebe, sondern auf wirklichem Verdienst ruht. Mag daher jemand arm sein, so ist ihm doch [beispielsweise] durch keine [Chancenungleichheit wegen der] Geburt der Weg zur Auszeichnung verschlossen.
Genießen wir aber so als Bürger die volle Freiheit, so beschränken wir uns auch in unserem täglichen Tun und Treiben durch keine gegenseitige Beargwöhnung; wir betrachten unseren Mitbürger nicht mit Missmut, wenn er frei seiner Neigung folgt […]. Während wir uns aber so in unserem persönlichen Verkehr nicht belästigen, enthalten wir uns in unserem öffentlichen Leben […] jeder Übertretung der Gesetze und hören willig auf die jeweilige Obrigkeit und auf die Gesetze, und vornehmlich auf die unter ihnen, die zum Schutz der [Benachteiligten] bestimmt sind […].
Sodann haben wir für die Seele zahlreiche Erholungen von der Anstrengung geschaffen.
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„Heilsame auffsicht und verfassung“. Hofordnungen vom Mittelalter bis zur Neuzeit
Meine Disputation ist bestanden, meine Dissertation als Open Access-Version veröffentlicht und es gibt nun, dementsprechend, eine Dr. phil. mehr auf diesem Planeten. Dies gibt mir die Möglichkeit jetzt endlich eine kurze Zusammenfassung meiner Arbeit hier auf meinem Blog zu veröffentlichen:
Der Hof ist eine uns wesensfremde Sphäre, die zu erklären schwer fällt, was nicht zuletzt an den unzähligen und sich zum Teil wiedersprechenden Definitionen sichtbar wird, die es zum Hof gibt. Befragt man die Zeitgenossen der Höfe so sieht es nicht anders aus: Auch sie verstanden die höfische Sphäre nicht, wie man an der Aussage Walter Maps “Ich bin am Hof, ich spreche darüber, aber ich weiß nicht – weiß Gott – was das ist”[1], ablesen kann.
Hofordnungen in der Forschung
Um sich Höfen zu nähern gibt es viele verschiedene Ansatzpunkte, einer davon ist, sich mit ihren ureigenen überlieferten Quellen zu beschäftigen, in diesem Fall mit der Quellengattung der Hofordnungen. Erstaunlich ist, dass diese Quellengattung lange ein Schattendasein fristete und es eigentlich noch immer tut. Sucht man nach Editionen, so findet man bis heute nur eine wirklich große, die mehrere Territorien umfasst.
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Effekte der sozialen Herkunft im Übergang zur Sekundarstufe (Teil 2) – von Bodo Schneider
Im ersten Teil dieser Abhandlung wurden Studien aufgezeigt, die belegen, dass die Erteilung von Grundschulempfehlungen eine entscheidende Rolle in der Reproduktion sozialer Ungleichheit spielt. Mit Raymond Boudons (1974) Konzept des primären und sekundären Herkunftseffektes wurde die Unterscheidung zwischen leistungsbezogenen und leistungsfremden Effekten der sozialen Herkunft erläutert. In…
Zahlenspiele – das Regiment Winterscheid, I
Bekanntermaßen ist das Hantieren mit Zahlangaben in der Geschichte eine tückische Sache. Zahlen suggerieren auf den ersten Blick konkrete Anschaulichkeit. Doch wer will schon alle überlieferten Zahlen glauben? Stets haben historische Akteure und ihre Chronisten versucht, Zahlen zu manipulieren. Gerade im militärischen Bereich ist dies der Fall, so daß mittlerweile Quellen, die Zahlangaben präsentieren, schnell unter den Generalverdacht der Verfälschung geraten. Dies gilt beispielsweise für astronomische Angaben über gegnerische Verluste und komplementär dazu lächerlich geringe Zahlen für die eigenen. Zahlen waren und sind oft genug einfach Propaganda pur.
Im Folgenden soll es nun nicht um derartige Manipulationen gehen, sondern ganz allgemein um Angaben über Truppenstärken. Wie stark war eigentlich eine Armee, die gerade den Winter überstanden hatte?
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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/794