Kunst ist nicht nur schön, sondern auch eine Wertanlage. Aus dieser musste die Sammlung Essl nun auch Kapital schlagen und versteigerte am Montagabend im Londoner Auktionshaus Christie’s 43 Werke der Kunstsammlung von bauMax-Gründer Karlheinz Essl.
Wie in den kommenden Herbstauktionen, wurden die beiden eingelieferten Werke Gerhard Richters besonders hervorgehoben. Ganz offensichtlich erhöht schon der Nennung des Künstlernamens im Auktionskatalog die Aufmerksamkeit der Sammler und Geldanleger. Doch umso euphorischer ein Werk Gerhard Richters im Vorfeld angepriesen wird, umso enttäuschter ist die Presse, wenn dieses Bild doch erst im After-Sale verkauft wird. Dabei wird gern die Mathematik außen vor gelassen.
Denn stellen sie sich vor, sie kaufen aus Interesse ein Werk eines bekannten Künstlers für 225.000 Euro. Einige Jahre später gerät ihre Firma und damit auch sie in eine finanzielle Krise. Zur Rettung ihres Unternehmens sowie ihrer über Jahre liebevoll aufgebauten Kunstsammlung lassen sie dieses Kunstwerk versteigern. Sie erhalten 6.9 Millionen Euro. Um wie viel hat sich der Wert ihres Bildes gesteigert?
Trotz der Wertsteigerung um 3000 Prozent kam es am Montag einigen Journalisten in den Sinn, von einem „lahmenden Zugpferd“ zu sprechen. Denn der Verkäufer sowie das Londoner Auktionshaus erhofften sich von Richters Abstrakten Bild „Netz“ ein Bietergefecht. Dieses blieb aber aus. Erst nach der Auktion wurde das großformatige Bild aus dem Jahr 1985 für besagten Preis verkauft.
Die Enttäuschung wird verständlich, wenn man die Presseberichte von den Vortagen liest. Für 44 erlesenen Werken aus der Sammlung Essl erwartete das Auktionshaus einen Erlös von bis zu 76 Millionen Euro. Dabei war sich Christie’s so sicher, dass es dem Einlieferer einen Erlös von 50 Millionen Euro vertraglich zusicherte. Tatsächlich brachte die Versteigerung einen Gesamterlös von 66 Millionen Euro. Die Differenz zwischen Schätzung und Erlös geht zum einen auf das zu teuer eingeschätzte Richter-Werk und zum anderen auf den Rückzug eines Werkes sowie den drei unverkauften Werken von Martin Kippenberger, Paul McCarthy und Eduardo Chillida zurück. Der Kunstmarkt ist – so wird deutlich – nicht immer berechenbar. Doch betrachtet man den Verkauf der Werke von Sigmar Polke, Cindy Sherman, Louise Bourgeois, Maria Lassnig und anderen international renommierten Künstlern, so war die Auktion ein Erfolg.
Gerhard Richters vierteiliges Werk „Wolken“ von 1972 fand großen Anklang. Mit einem Erlös von 7,9 Millionen Euro, war es das teuerste Los des Abends, wie vom Gutachter Otto Hans Ressler im Vorfeld bereits angenommen. Am meisten interessierten sich die Bieter für einen Weggefährten Richters. So konnte Sigmar Polkes Porträt „Indianer mit Adler“ aus dem Jahr 1975 für 5,1 Millionen verkauft werden. Maria Lassnigs „Zwei Maler, drei Leinwände“ wurde für 150.000 Pfund veräußert. Für die österreichische Künstlerin ist das ein neuer Rekord. Auf ungeahntes Interesse stieß Anthony Gormleys Werk „ „Aggregate“. Das Erstgebot lag bei 100.000 Pfund. Der Hammer fiel bei 1.3 Millionen Pfund
Anfang September 2013 hat die Familie Essl 60 Prozent ihrer Sammlung an den Industriellen Hans Peter Haselsteiner verkauft. Damit tilgte sie mehr als 100 Millionen Euro Schulden. Mit dem Verkauf von 40 weiteren Werken wird zum einen der Schuldenberg des Baumarktriesen weiter geschmälert und zum anderen eine der wohl bedeutendsten Privatsammlungen zeitgenössischer Kunst mit rund 7000 Werken für die nächsten Jahre gesichert.
Auch wenn sich Karlheinz Essl nach der Auktion erleichtert äußerte, wird er die Versteigerung von einigen Werken seiner Sammlung wohl mit einem weinenden und einem lachenden Auge verfolgt haben. Mit seinem Sohn saß er im Publikum.
PS: Wie sich die anderen Werke Gerhard Richters in diesem Herbst verkaufen lassen, kann man schon morgen verfolgen. So werden sechs weitere Werke des Kölner Künstlers bei Christie’s veräußert. Darunter befinden abstrakte sowie gegenständliche Arbeiten.
Quelle: http://gra.hypotheses.org/1395