Ausstellung: Geschichte und Politik zwischen 1914 und 1989 in DDR-Comics

In der DDR kannte sie jeder: die Comiczeitschriften ATZE und MOSAIK. Mit monatlichen Auflagen in Millionenhöhe gehörten sie zum Alltag von Generationen. Von 1955 bis 1975 zogen die MOSAIK-Helden der Digedags, später dann die Abrafaxe in jahrmarktsbudenbunten Abenteuern durch die Zeitalter und Kontinente. Dabei folgten ihre Schöpfer nicht nur der eigenen künstlerischen Fantasie, sondern waren einem erstaunlich bildungsbürgerlichen Anspruch verpflichtet. Das von 1955 bis 1991 erschienene Magazin ATZE hingenen wurde von Comics mit politischem Hintergrund dominiert.

aus: Atze 6/1988

Die Ausstellung im Kunstverein Tiergarten Berlin zeigt, wie Geschichte und gesellschaftliche Entwicklung in einem für kommunistische Diktaturen ungewöhnlichem Medium interpretiert wurden. Erstmals überhaupt wurde das Prinzip der angestrebten kompletten „Durchherrschung“ aller Lebensbereiche am Beispiel der kulturellen Sphäre diskutiert: Text und Bild der Comics hatten mit der Darstellung geschichtlicher oder zeithistorischer Ereignisse in allen anderen DDR-Medien übereinzustimmen. Entsprechend entfaltet sich anhand von Bildern, Objekten und Fotografien vor dem Besucher die Ikonografie des Sozialismus.

aus: ATZE 7/1977, S. 5

In der Ausstellung werden Motive aus den Comics neben die medialen Vorlagen der Grafiker gestellt. Im Fall von ATZE adaptierte man z.B. sowjetische Filme oder DEFA-Produktionen mit politischen Inhalten wie der Oktoberrevolution, führenden Politikern wie Ernst Thälmann oder historischen Ereignissen wie dem Mauerbau. Lebensgroße Figuren wie z.B. von DDR-Präsident Wilhelm Pieck machen die Orientierung an Heiligendarstellungen und religiöser Ikonografie deutlich.

Das „MOSAIK-Kollektiv“ orientierte sich dagegen vorwiegend an populärwissenschaftlichen Werken und Bildbänden beispielsweise zur Erdgeschichte, Geographie, Technik- und Industrieentwicklung. 1959/60 erleben die Digedags Abenteuer auf dem erdähnlichen Planeten Neos. Dort ist die schöne neue Zukunftswelt nach der Vollendung von Walter Ulbrichts ehrgeizigem Wirtschaftsprogramm bereits Wirklichkeit geworden.

aus: ATZE 12/1975, S. 5

Großformatige Comicpanels stehen in der Ausstellung in Korrespondenz zu Modellen ihrer prägnantesten Motive: Dazu gehören das erste und einzige in der DDR entwickelte Düsenpassagierflugzeug oder das ehrgeizige Projekt einer Einschienenbahn, das am Beispiel eines PIKO-Spielzeugmodells vorgestellt wird. Auch die doppelseitige Comic-Zukunftsphantasie des Flughafens Berlin-Schönefeld vom Februar 1960 wird manchen Besucher von heute nachdenklich stimmen.

Nach offizieller Kritik an zuviel Klamauk wandte sich MOSAIK der Technikgeschichte zu, wobei insbesondere die akribische Transformation historischer Bildvorlagen aus Geschichte und Kunst, z.B. nach Georgius Agricola oder William Hogarth, in ein zeitgenössisches Bildvokabular besticht. Auf vielfältige Weise öffnet die Ausstellung ein Panorama von historischen, kunstgeschichtlichen und wissenschaftlichen Referenzen und verdeutlicht, wie zentral auch die zunächst sich an junge Menschen richtenden Publikationen der DDR-Comics ATZE und MOSAIK im Kontext politischer Programmatik und Propaganda zu begreifen sind.

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus und der Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und wurde kuratiert von Dr. Thomas Kramer (Berlin). Sie wurde ermöglicht aus Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Eröffnung:
Galerie Nord, Turmstraße 75, 10551 Berlin am 28. Februar um 19 Uhr.

Es sprechen:
Dr. Ralf F. Hartmann, Kunstverein Tiergarten
Dr. Matthias Rößler, Präsident des Sächsischen Landtags
Rainer Eppelmann, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Thomas Kramer, Kurator

Ausstellung: 29.2. – 29.3.2014, Di – Sa, 13-19 Uhr

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1175

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Fotografie, Bildpolitik und Bildsteuerung im Staatssozialismus

Die jungen Bewohner des Kinderheims in Fót/Ungarn 1972 mit ihren neuen “Pajtás“ (Kumpel) Kameras. Die Geräte waren ein Geschenk der Forte-Fabrik, des Nachfolgers der ungarischen Kodak-Fabrik in Vác. Die Produktionsstätte, die den mittelosteuropäischen Markt mit Kodak Produkten versorgen sollte, wurde bereits 1912 gegründet. Wegen des Ersten Weltkriegs konnte sie jedoch ihre Arbeit erst 1922 aufnehmen. Nach der Verstaatlichung 1948 trug die Fabrik den Namen “Forte“ und stellte v.a. Fotopapier und Filme für den Export sowie den ungarischen Markt her. Auf dem Bild sind rechts im Hintergrund der Gründungsdirektor des Kinderheims, Dr. Lajos Barna, und ein Vertreter der Forte-Fabrik zu sehen.

Beitrag verschoben nach:

Zensur ist ein zentrales Instrument diktatorischer Herrschaft. – Die Kernaussage dieses ersten Satzes würden die Wenigsten in Abrede stellen. Eine rasch formulierte Anschlussfrage nach der Art der Steuerung – im Falle des Dissertationsprojekts eben der Bildsteuerung – lenkt jedoch das Augenmerk auf die grundsätzliche Problematik des Themas: das Fehlen einer klar identifizierbaren Zensurbehörde.

Die jungen Bewohner des Kinderheims in Fót/Ungarn 1972 mit ihren neuen „Pajtás“ (Kumpel) Kameras. Die Geräte waren ein Geschenk der Forte-Fabrik, des Nachfolgers der ungarischen Kodak-Fabrik in Vác. Die Produktionsstätte, die den mittelosteuropäischen Markt mit Kodak Produkten versorgen sollte, wurde bereits 1912 gegründet. Wegen des Ersten Weltkriegs konnte sie jedoch ihre Arbeit erst 1922 aufnehmen.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/12/06/fotografie-bildpolitik-und-bildsteuerung-im-staatssozialismus-das-beispiel-ungarn/

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Visual History

Fotoapparate-Friedhof von Sonja Allocca

Wer kontrollierte und bestimmte in der Krisen- und Umbruchphase des späten Staatssozialismus, welche Bilder in die Öffentlichkeit gelangten? Wie unterschieden sich diese Praktiken und der Umgang der Bildproduzenten mit ihnen in den einzelnen Ländern des Ostblocks? Welche Rolle spielen Schulbücher als visuelle Medien? Wie wird in ihnen die Geschichte des Staatssozialismus visuell repräsentiert? Wie nutzte die Wissenschaft das Medium der Fotografie, um ihre Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit sichtbar und nachvollziehbar zu machen? Welcher Techniken bediente sie sich dabei? Vor welchen Problemen stehen die Bildarchive im digitalen Zeitalter? Geht die Kompetenz der Bildarchivare verloren oder ergeben sich mit der Digitalisierung neue Möglichkeiten der historischen Kontextualisierung von historischen Bildmaterialien?

Dies sind einige der Fragen, denen sich das Verbundprojekt „Visual History.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/11/20/visual-history-institutionen-und-medien-des-bildgedaechtnisses/

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Zu Gast bei Yva

Zu Gast bei Yva

Die Arbeitsräume von Fotografin Yva befanden sich in der vierten und fünften Etage des Hauses in der Schlüterstr. 45 in Berlin (heute das Hotel Bogota). (Foto mit freundlicher Genehmigung von Barbara Schledorn ©)

Dass Geschichte nicht in Geschichten, sondern in Bilder zerfalle – eine Feststellung Walter Benjamins –, ist unter Geschichtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mittlerweile eine verbreitete Auffassung. Die historische und soziale Relevanz von Bildern, ihre Entstehungs-, Verbreitungs- und Wahrnehmungsbedingungen und nicht zuletzt ihre Bedeutung für die historische Forschung haben Bilder zu einem beliebten Arbeitsmaterial werden lassen. Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings die Frage, wie visuelle Materialien in Forschung und Lehre nutzbar gemacht werden können, denn Historiker werden bisher nicht speziell dafür ausgebildet, mit Bildern als Medium zu arbeiten. In diesem Zusammenhang möchte das Online-Portal www.visual-history.de zu einem bedeutenden Arbeitsmittel und Forum für die historische Bildforschung werden. Die Plattform ist Teil des SAW-Verbundprojekts „Visual History.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/08/22/bericht-auftaktveranstaltung-2013/

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aventinus recensio Nr. 27 [31.08.2011]: Petra Bopp: Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg, Bielefeld: Kerber Verlag 2009.

http://www.aventinus-online.de/recensio/neuzeit/art/Rezension_Petra/html/ca/88c4084d63f257dcae3106cefb876e1d/?tx_mediadb_pi1[maxItems]=10 Die deutsche Forschung zu Fotoalben in der Visual History entwickelt sich zusehends. Der Umgang mit Bildern aus dem Zweiten Weltkrieg birgt aber auch etliche Tücken. Die Ausstellung “Fremde im Visier” und ihr Katalog konzentrieren sich auf die Fotoalben deutscher Wehrmachtsangehöriger.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2011/08/1837/

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