Wallensteins Tod – aus englischer Sicht

Das Ende Wallensteins gehört zu den sicher bekanntesten Episoden des Dreißigjährigen Kriegs. Die endlose Literatur zu ihm hat die Szene in Eger natürlich schon intensiv erforscht. Ich möchte nur ein Zeugnis dazu heranziehen, das ich zuletzt einige Male untersucht habe: den Reisebericht über die Mission Arundels zum Kaiserhof im Jahr 1636. Insofern könnte dieser Blogpost auch als „Englische Reiseimpressionen, VI“ gelabelt werden, doch will ich hier gar nicht auf diese Reisesituation eingehen. Klar ist nur, daß es sich hier um eine Form der Rezeption handelt – wie wurde das Ende Wallensteins aufgenommen? Der Bericht William Crownes, publiziert bereits 1637, bietet also einen sehr frischen Eindruck davon.

Ein kurzer Abschnitt, der der Persönlichkeit Wallenstein gewidmet ist, findet sich naheliegenderweise eingebettet in die Beschreibung über den Besuch des Palais Waldstein in Prag (S. 31 f.).

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Quelle: https://dkblog.hypotheses.org/681

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Wallenstein als Feldherr – oder nicht?

Wallenstein als Feldherr war eine prachtvolle Erscheinung. Diesen Eindruck vermittelt er auf jeden Fall in den zeitgenössischen Gemälden. Besonders das Reiterbildnis aus dem Palais Waldstein stellt ihn in dieser Rolle heraus. Kein Wunder, daß der Prager Katalog zu „Albrecht von Waldstein“ von 2007 dieses Motiv an prominenter Stelle platziert, gleich neben dem Vorwort der Herausgeber ganzseitig auf S. 14. Das Gemälde, dem Maler Christian Kaulfersch zugeschrieben, zeigt den Feldherrn Wallenstein hoch zu Roß im schwarzen Vollharnisch. Der Kopf ist unbedeckt und schaut direkt in die Richtung des Betrachters; die linke Hand hält die Zügel, in der rechten liegt der Kommandostab. Der Rappe sowie die geschwärzte Rüstung geben dem Gemälde ein düsteres Gepräge; um so auffallender ist daher die Pracht des Sattel- und Zaumzeugs sowie der Pistolentasche.

Als Nicht-Kunsthistoriker will ich mich nun gar nicht aufs Glatteis begeben und eine weitergehende Bildbeschreibung versuchen. Als Historiker stolpere ich aber über die Tafel in der Bildecke rechts unten, auf der unter anderem deutlich sichtbar eine Jahreszahl prangt: 1631. Offenbar das Jahr, in dem das Gemälde angefertigt wurde. Und genau hier fangen die Fragen an: Denn wie kommt Wallenstein dazu, sich im Jahr 1631 als Feldherr porträtieren zu lassen? Im Sommer 1630 war er doch von all seinen Ämtern entbunden worden; seitdem hatte er kein Kommando mehr über die kaiserlichen Truppen. Erst Ende 1631 sollte er wieder von Kaiser Ferdinand II. neubestallt werden; damals begann das sog. 2. Generalat. Doch ist es plausibel, daß dieses Gemälde ganz knapp noch in dieses Jahr zu datieren ist? So rasch läßt sich ein derartiges Gemälde doch wohl kaum verfertigen. Oder wurde es zurückdatiert? Plausibler ist vielmehr, daß Wallenstein dieses Bild viel früher in diesem Jahr in Auftrag gab – womit wir an der Frage nicht vorbeikommen, warum er in einer Phase, in der er ohne ein militärisches Amt zu bekleiden, sich ausgerechnet als Feldherr darstellen ließ.

Natürlich konnte er damit auf seine Leistungen in den Jahren zuvor verweisen, als er den Kondottiere Ernst von Mansfeld besiegt und für den Kaiser den Krieg gegen den König von Dänemark gewonnen hatte. Allerdings findet sich in diesem Gemälde überhaupt keine Reminiszenz an konkrete Ereignisse in diesen Feldzügen; das Bild scheint den Feldherrnruhm Wallensteins ganz allgemein betonen zu wollen. Eine solche Lesart ist natürlich möglich, und doch ruft sie andere Fragen hervor. Denn wenn Wallenstein in genau dieser Phase die Rolle des Feldherrn für sich selbst herausstellt, hatte dies durchaus Signalwirkung – zumal bei einem repräsentativen Gemälde. Eben weil seine Entlassung 1630 auf den Druck der Reichsstände und insbesondere der Katholischen Liga erfolgt war, würde ein Gemälde, das ihn erneut in dieser Rolle abbildet – und zwar nicht rückwärtsgewandt auf konkrete Ereignisse bezogen, sondern in generalisierender Absicht – ein Politikum ersten Ranges gewesen sein. Maximilian von Bayern, das wird man unterstellen dürfen, hätte eine solche Selbstdarstellung Wallensteins als Affront empfunden, der seinen düstersten Ahnungen über die Rückkehr des verhaßten Friedländers nur neue Nahrung gegeben hätte.

Wohl nicht Kaulfersch, wohl nicht Wallenstein, vielleicht 1631 (Ausschnitt).

Wohl nicht Kaulfersch, wohl nicht Wallenstein, vielleicht 1631 (Ausschnitt).

Doch solche Spekulationen brauchen hier gar nicht weiter verfolgt zu werden. Denn während mich allein die Tafel mit dem Hinweis auf 1631 stutzig gemacht hat, ist Ilka Waßewitz vor kurzem noch auf ganz andere Ungereimtheiten gestoßen (Ein Abbild des Herzogs? – Anmerkungen zum Reiterbildnis Wallensteins im Prager Palast, in: „Die blut’ge Affaire bei Lützen“. Wallensteins Wende, hrsg. v. Inger Schuberth und Maik Reichel, Wettin-Löbejün 2012, S. 220-227). Hier geht es zunächst um die über dem Kopf des Reiters positionierten Reichsinsignien sowie Lorbeer- und Palmzweige. Hinzu kommen Übermalungen, die nicht nur den Hintergrund des Gemäldes betreffen, sondern auch die Figur des Reiters selbst. Ihre Analyse ist sehr behutsam und läuft doch auf die These hinaus, daß hier ursprünglich gar nicht Wallenstein, sondern Kaiser Ferdinand III. porträtiert wurde. Besonders die Übermalungen im Gesicht und Kopfbereich der Reiterfigur unterstützen diese Annahme; andere Punkte – insbesondere die erwähnte Tafel mit der Datierung 1631 – sprechen dagegen.

Eine eindeutige Antwort auf die Frage, wer hier nun als Feldherr porträtiert wurde, ist derzeit offenbar nicht möglich. Aber daß es sich um Wallenstein handelt, muß zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Eigentlich schade, denn eine Kampfansage an den bayerischen Kurfürsten mittels eines repräsentativen Reitergemäldes hätte ich dem auf Rache sinnenden Wallenstein schon zugetraut.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/632

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Albrecht von Waldstein – ein vergessener Katalog

Heute geht es darum, Versäumtes nachzuholen. Denn im Jahr 2007 erschien in Prag ein opulenter und grandioser Katalogband zu Wallenstein, ohne daß diesem in der deutschen Geschichtswissenschaft die gebührende Aufmerksamkeit zugekommen wäre:
Fučíková, Eliška / Čepička, Ladislav (Hrsg.): Waldstein. Albrecht von Waldstein. Inter arma silent musae?, Prag 2007.
Rezensionen in den wichtigen Zeitschriften des Fachs sind mir nicht bekannt, und überhaupt sieht es so aus, als ob die Rezeption dieses Buchs nicht wirklich stattgefunden hat. Auch die Bibliotheksnachweise halten sich, wie eine Recherche über den KVK zeigt, in erstaunlich überschaubarem Rahmen.

Waldstein-KatalogWarum dies so passierte, darüber kann ich nur spekulieren. Ob es der Titel war, der von „Albrecht von Waldstein“ sprach? Das mag ich kaum glauben, denn so weit ist der Weg von Waldstein zu Wallenstein nicht. Und es ist kein wirkliches Geheimnis, daß dies nun mal die tschechische Namensform für die im Deutschen übliche Variante „Wallenstein“ darstellt. Golo Mann hat damals in seiner Monographie die Namensvarietät erläutert, auch darauf hingewiesen, daß sein Namensträger sich selbst Waldstein schrieb (S. 10).

Definitiv stand einer Rezeption nicht die Sprache entgegen, denn es gibt eine deutsche Ausgabe des Bandes, die jede Verständnisbarriere aus dem Weg räumt. Ob es daran lag, daß es kein wirkliches Jubiläum gab, das den Blick der (Fach-)Öffentlichkeit auf diese Persönlichkeit gelenkt hätte? Der Anstoß zu diesem Buch war, wie das Geleitwort erklärt, eher ein politischer: Man wollte das Waldsteinpalais, das heute der Sitz des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik ist, im Bewußtsein der Öffentlichkeit stärker verankern – auch der europäischen. Dieses Anliegen sollte eine Ausstellung befördern, die wiederum von dem hier genannten Katalogband begleitet wurde.

Und dieser kann sich wirklich sehen lassen: ein über 600 S. starker Band, über 40 Artikel verteilt auf vier Sektionen, dazu ein umfänglicher Katalogteil, alles dies mit vielfach großformatigen und qualitativ hochwertigen Fotos veranschaulicht. Erarbeitet wurde er vor allem von tschechischen HistorikerInnen, und auch wenn einige österreichische Kollegen noch vertreten sind (ob die Nichtbeteiligung deutscher Fachvertreter die erstaunliche Nichtwahrnehmung in Deutschland miterklärt?), kann dieses Werk als absolut überzeugende Leistungsschau der tschechischen Historikerzunft gelten. Und nicht nur der Historiker, sondern ebenso der kunsthistorischen Disziplinen, die einen erheblichen Anteil daran haben, die unterschiedlichen Zeugnisse der Malerei, der Skulptur und der Architektur vorzustellen.

Gerade auf diesen kunsthistorischen Aspekt zielt auch die Frage im Titel des Katalogbandes: „Inter arma silent musae?“ Es lehnt sich sicher nicht unbewußt an das Ciceronische „inter arma silent leges“ an, doch der ganze Katalog ist darauf ausgerichtet, die Frage, ob denn die Musen zu Kriegszeiten verstummen, als rhetorisch zu entlarven. Zumindest in der Welt Wallensteins war dies nicht der Fall, dies will dieser Band zeigen. Und ich habe vor, in den nächsten Wochen immer wieder mal einzelne Aspekte, die mir in dem Band aufgefallen sind, vorzustellen.

Noch ein Wort zum Übersehen dieses Buchprojekts: Mir ist es im Jahr 2007 nicht anders ergangen als vermutlich einigen in der Zunft – ich habe damals, Schande über mein Haupt, nichts davon mitbekommen. Es bedurfte erst einer tschechischen Kollegin, die mich darauf hinwies und mir diesen Band auch beschaffte. Aber besser später als nie.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/619

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Die Rostocker Stadtbefestigung

Rostock war und ist die bedeutendste Stadt in Mecklenburg. Damit einher geht das Erfordernis sich auch in diesem Rahmen verteidigen zu können. Im Mittelalter konnte dies mit eindrucksvollen Toren durchaus umgesetzt werden, doch verliert sich dieser Machtausdruck mit der Notwendigkeit … Weiterlesen

Quelle: http://fortifica.hypotheses.org/85

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Kölner Waffen für Wallenstein

Köln hatte Glück im Dreißigjährigen Krieg: Die Stadt blieb von Einquartierungen und Kriegszerstörungen verschont. Vielmehr verdiente die Metropole noch stark am Krieg, indem sie sich am florierenden Handel mit Kriegsgütern aller Art beteiligte. Im Begleitband zur Ausstellung „Köln in unheiligen Zeiten“ habe ich einen Beitrag zur Kölner Kriegswirtschaft beigesteuert. Gemäß dem Konzept des Bandes ist der Aufsatz knapp gehalten, und doch muß ich ehrlicherweise hinzufügen, daß sich so sehr viel mehr derzeit auch kaum sagen läßt. Das Thema wurde bislang nicht wirklich intensiv beforscht, und so habe ich die Befunde, die mir aus der Literatur und den verfügbaren Quellenbeständen bekannt waren, zusammengetragen.

Die Kölner Archivsituation läßt derzeit nicht so viel Hoffnung, daß sich an dieser deplorablen Forschungslage rasch etwas verbessern ließe. Doch können manche Aspekte zum Thema der Kölner Kriegswirtschaft auch jetzt schon weiter vertieft werden – so etwa die Geschäftsbeziehungen Wallensteins zu Köln. Die Literatur zu diesem Feldherrn und Kriegsunternehmer ist bekanntermaßen uferlos, doch sind die (kriegs-)wirtschaftlichen Beiträge auch in seinem Fall überschaubar. Klassisch sind die Studien, die Anton Ernstberger vorgelegt hat, insbesondere die Studie zu „Wallenstein als Volkswirt im Herzogtum Friedland“ von 1929. Hier gibt es eine Reihe von Hinweisen, die die wirtschaftlichen Verbindungen des kaiserlichen Heerwesens zur Stadt Köln illustrieren.

Besonders die Materialien im Anhang der Studie bieten einen guten Überblick (S. 137-145), so etwa die Tabelle zu gekauften Waffen für das kaiserliche Heer, die nicht erst für Wallenstein (also ab 1625), sondern bereits ab 1620 die kaiserlichen Einkäufe verzeichnet. Neben den süddeutschen Reichsstädten wie Ulm, Nürnberg und Augsburg sowie der thüringischen Waffenschmiede Suhl taucht auch Köln immer wieder mal auf (auch allgemein das Rheinland); bezeichnenderweise fehlen hier im Gegensatz zu anderen Einträgen  exakte Zahlen. So ist meist nur von „allerlei“ oder „etliche[n]“ (sc. Rüstungen o.Kürasse) die Rede, doch für den 14.2.1626 sind 1.000 Kürasse, für den 17.4.1626 noch einmal 800-1.000 Kürasse und für den 24.3.1628 wiederum 1.100 Kürasse und 400 Bandelierrohe angegeben. Ähnlich sind die Angaben für die erhandelten Lunten, Pulver und Salpeter: Köln taucht erneut neben den anderen Rüstungszentren auf, aber wiederum meist nur mit pauschalen Angaben.

So wichtig diese Hinweise sind, werfen sie doch nur neue Fragen auf, die auf Weiteres erst einmal unbeantwortet bleiben. So erfahren wir keine weiteren Details über die Waffengeschäfte und deren Finanzierung, nicht einmal die Namen, mit denen auf Kölner Seite verhandelt wurde. Gerade dies wäre allerdings wichtig zu erfahren, um entsprechende Netzwerke im Bereich der Rüstungsgeschäfte zu rekonstruieren. Immerhin taucht in einem anderen Dokument, das über weitreichende Rüstungspläne Wallensteins im Oktober 1628 reflektiert, der Name des in Köln agierenden Großverlegers Anton Frey Aldenhoven auf (S. 130-133). Insgesamt können diese Angaben nicht mehr als eine erste Orientierung bieten; zumindest wird hieran deutlich, daß Köln nicht nur für die in den westlichen Regionen des Reiches operierenden Truppen von kriegswirtschaftlicher Bedeutung war, sondern seine Waffengeschäfte augenscheinlich reichsweit betrieb.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/502

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Krieg um Kreta

Die Beratungen und Sondierungen auf dem Friedenskongreß wurden im Sommer 1645 durch ein neues Thema bereichert: „Es hetten die Türckhen albereit in Candia [= Kreta; M.K.] ein statt eingenommen undt contra datam fidem alles darinnen unbarmhertzig nidergehawen.“ So hatte es der päpstliche Nuntius den kurbayerischen Gesandten mitgeteilt (Bericht an Kurfürst Maximilian vom 3.8.1645, in: Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongreß, Bd. 2: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück, Teilband 2: August – November 1645, bearb. v. Gabriele Greindl und Gerhard Immler (Quellen zur Neueren Geschichte Bayerns, 2/2), München 2013, S. 352). Die Invasion starker osmanischer Truppen auf Kreta im Juni 1645 war tatsächlich ein Ereignis, das europaweit für Aufsehen sorgte. Wie waren die Vorgänge einzuschätzen, und wie ging man in Münster mit dieser Nachricht um?

Auf den ersten Blick möchte man an das übliche Spiel mit den Stereotypen denken, wie es vom Nachrichtenwesen auch schon in dieser Zeit virtuos gespielt wurde. Die Hinweise auf gebrochene Zusagen und die Unbarmherzigkeit der Kriegführung bedienten sicherlich vorhandene Reflexe, die sich um die Begriffe der „Türkengefahr“ rankten. Doch ging es hier gar nicht so sehr um einen vielleicht sogar wohligen Grusel angesichts grausiger Neuigkeiten von einem weit entfernten Kriegsschauplatz im östlichen Mittelmeer.

Vielmehr wurde diese Nachricht sofort in die laufenden diplomatischen Aktivitäten einsortiert und für bestimmte Zielsetzungen instrumentalisiert. So hatten die bayerischen Gesandten sicher gern vom allgemeinen Friedensappell des Papstes an die anderen Mächte nach München berichtet, zumal der päpstliche Gesandte vor allem den französischen Vertretern die „pericula Europae“ vor Augen geführt habe (ebd.). Denn die kurbayerische Seite war in diesen Wochen und Monaten sehr um einen allgemeinen Waffenstillstand bemüht; zu groß waren die Belastungen des Kriegs, zu vage die Aussicht auf militärischen Erfolg. Entsprechend bezogen sich die bayerischen Gesandten, als sie Anfang August wieder mit den Franzosen verhandelten, auch auf den osmanischen Angriff auf Kreta und machten daraus ein Argument in eigener Sache: Wie könne man es vor Gott verantworten, wenn in Deutschland katholische und gehorsame Fürsten und Stände angegriffen und verfolgt würden, während der Erbfeind der Christenheit jede Gelegenheit habe, „in Europam einzuebrechen […] unnd alle unmenschliche tyranney zu verüben“? (Bericht an Maximilian vom 8.8.1645, ebd. S. 359).

Wenn es weiter hieß, daß man besser die Truppen nicht bei den Kämpfen im Reich verwenden, sondern sie gegen die Osmanen führen sollte, stand dahinter durchaus ein altbekannter Gedanke: Die Einigkeit der Christen sollte der Verteidigung gegen die osmanische Bedrohung zugute kommen. Ähnliche Gedanken waren schon in früheren Jahren des Dreißigjährigen Kriegs immer wieder einmal aufgekommen; sie lassen sich etwa bei Wallenstein, Tilly, Pappenheim oder bei Père Joseph nachweisen. Teilweise schien dahinter durchaus eine gewisse Kreuzzugsromantik durch, doch hier ging es – eigentlich sehr durchsichtig – um etwas ganz anderes: Bayern wollte dringend ein Ende der Kämpfe im Reich. Und wenn die Türkengefahr ein weiteres Argument bot, um das Ziel eines armistitium zu befördern, griff man in den Verhandlungen eben auch Nachrichten aus dem Türkenkrieg auf: Das Schicksal Kretas ging in diesem Fall auch den Gesandten in Münster sehr nahe.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/445

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Trauttmansdorff – ein Desiderat

Es gibt Persönlichkeiten im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs, die zwar einigermaßen bekannt sind, gleichwohl längst nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren haben, die ihnen zukommt. Einer von ihnen ist Maximilian von Trauttmansdorff, dessen herausragende Bedeutung für die kaiserliche Politik in verschiedenen Phasen des Kriegs immer wieder deutlich wird. Mit den Lebensdaten 1584-1650 gehört er zu den Vertretern der Generation, die den gesamten Krieg miterlebte, von seinem Beginn bis zu seinem Ende. Im Fall Trauttmansdorffs kommt hinzu, daß er nicht nur Zeitzeuge war, sondern die Geschehnisse vielfach mitgestaltete – genau das macht sein Leben so faszinierend. Am prominentesten ist sicherlich seine Tätigkeit auf dem Westfälischen Friedenskongreß in Münster als kaiserlicher Hauptbevollmächtigter, dokumentiert in vielen Bänden der APW.

Seine Karriere am Hof der Habsburger Herrscher setzte allerdings schon weit früher ein, er war bereits unter Kaiser Mathias Kämmerer und schaffte es, jeden Herrscherwechsel bis zu Ferdinand III. zu überstehen, ja er vergrößerte sogar noch seinen Einfluß. Dabei war er immer wieder auch in diplomatischen Missionen unterwegs und ebnete für die Wiener Politik den Weg – so bereits zu Beginn des Kriegs, als unter seiner Mithilfe die Wahl Ferdinands II. zum römischen König gelang. Er handelte den Frieden von Nikolsburg aus (Januar 1622), den der Kaiser mit Bethlen Gabor, Fürst von Siebenbürgen, schloß: An der ungarischen Front war damit vorerst für Ruhe gesorgt. Auch bei den Verhandlungen zum Prager Frieden 1635 war Trauttmansdorff stark involviert.

Doch er war nicht nur Architekt von kaiserlichen Friedensschlüssen, sondern hatte auch beim Sturz Wallensteins im Jahr 1634 seine Finger im Spiel. Mit dieser und anderen Aktionen hatte er sich nicht nur Freunde gemacht, doch dies änderte an seiner herausragenden Position am Wiener Hof nichts. „Maximilian Graf von Trauttmansdorff war eine Schlüsselfigur im Regierungssystem Ferdinands III.“, so Hengerer in seiner Ferdinand-Biographie (S. 154), der an dieser Stelle ein ausführliche Würdigung und Einschätzung Trauttmansdorffs bietet. Überhaupt finden sich über den Band verteilt immer wieder Hinweise auf dessen Agieren in diesen Jahren. Vielfach stützt sich Hengerer hierbei auf Brigitte Lernet, die im Jahr 2004 eine Arbeit dazu vorgelegt hat (Maximilian von Trauttmansdorff. Hofmann und Patron im 17. Jahrhundert). Doch ob mit dieser 264 S. starken Wiener Dissertation, die zudem ungedruckt geblieben ist, Trauttmansdorffs Leben und Wirken hinlänglich erforscht ist, bleibt fraglich.

Nach wie vor fehlt eine veritable Biographie. Immer wieder gibt es, wie schon erwähnt, in der Literatur Reflexe auf Trauttmansdorffs Wirken, und immer wieder finden sich auch lichtvolle Studien zu einzelnen Abschnitten seines Lebens. Zuletzt hat sich, wenn ich es richtig sehe, Konrad Repgen in der Festschrift Lanzinner noch einmal zu Trauttmansdorff als Unterhändler beim Prager und Westfälischen Frieden geäußert. Gleichwohl hat sich offenbar noch niemand dieser zentralen Persönlichkeit der kaiserlichen Politik dieser Epoche in einer erschöpfenden monographischen Arbeit angenommen. Ein Grund mag sicher die allzu üppige Aktenüberlieferung in verschiedenen, nicht nur Wiener Archiven sein – wer mag dies alles bewältigen? Sicher ist Trauttmansdorff kein dankbares Thema für eine Graduierungsarbeit. Aber ein Altmeister des Fachs dürfte sich sicher einmal daran versuchen. Die Forschung über den Dreißigjährigen Krieg kann hier nur gewinnen.

Nachtrag: Von der Arbeit Lernets, die zunächst in Wien einzusehen ist, gibt es praktischerweise auch ein Exemplar im Zentrum für Historische Friedensforschung der Uni Bonn.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/388

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Trauttmansdorff – ein Desiderat

Es gibt Persönlichkeiten im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs, die zwar einigermaßen bekannt sind, gleichwohl längst nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren haben, die ihnen zukommt. Einer von ihnen ist Maximilian von Trauttmansdorff, dessen herausragende Bedeutung für die kaiserliche Politik in verschiedenen Phasen des Kriegs immer wieder deutlich wird. Mit den Lebensdaten 1584-1650 gehört er zu den Vertretern der Generation, die den gesamten Krieg miterlebte, von seinem Beginn bis zu seinem Ende. Im Fall Trauttmansdorffs kommt hinzu, daß er nicht nur Zeitzeuge war, sondern die Geschehnisse vielfach mitgestaltete – genau das macht sein Leben so faszinierend. Am prominentesten ist sicherlich seine Tätigkeit auf dem Westfälischen Friedenskongreß in Münster als kaiserlicher Hauptbevollmächtigter, dokumentiert in vielen Bänden der APW.

Seine Karriere am Hof der Habsburger Herrscher setzte allerdings schon weit früher ein, er war bereits unter Kaiser Mathias Kämmerer und schaffte es, jeden Herrscherwechsel bis zu Ferdinand III. zu überstehen, ja er vergrößerte sogar noch seinen Einfluß. Dabei war er immer wieder auch in diplomatischen Missionen unterwegs und ebnete für die Wiener Politik den Weg – so bereits zu Beginn des Kriegs, als unter seiner Mithilfe die Wahl Ferdinands II. zum römischen König gelang. Er handelte den Frieden von Nikolsburg aus (Januar 1622), den der Kaiser mit Bethlen Gabor, Fürst von Siebenbürgen, schloß: An der ungarischen Front war damit vorerst für Ruhe gesorgt. Auch bei den Verhandlungen zum Prager Frieden 1635 war Trauttmansdorff stark involviert.

Doch er war nicht nur Architekt von kaiserlichen Friedensschlüssen, sondern hatte auch beim Sturz Wallensteins im Jahr 1634 seine Finger im Spiel. Mit dieser und anderen Aktionen hatte er sich nicht nur Freunde gemacht, doch dies änderte an seiner herausragenden Position am Wiener Hof nichts. „Maximilian Graf von Trauttmansdorff war eine Schlüsselfigur im Regierungssystem Ferdinands III.“, so Hengerer in seiner Ferdinand-Biographie (S. 154), der an dieser Stelle ein ausführliche Würdigung und Einschätzung Trauttmansdorffs bietet. Überhaupt finden sich über den Band verteilt immer wieder Hinweise auf dessen Agieren in diesen Jahren. Vielfach stützt sich Hengerer hierbei auf Brigitte Lernet, die im Jahr 2004 eine Arbeit dazu vorgelegt hat (Maximilian von Trauttmansdorff. Hofmann und Patron im 17. Jahrhundert). Doch ob mit dieser 264 S. starken Wiener Dissertation, die zudem ungedruckt geblieben ist, Trauttmansdorffs Leben und Wirken hinlänglich erforscht ist, bleibt fraglich.

Nach wie vor fehlt eine veritable Biographie. Immer wieder gibt es, wie schon erwähnt, in der Literatur Reflexe auf Trauttmansdorffs Wirken, und immer wieder finden sich auch lichtvolle Studien zu einzelnen Abschnitten seines Lebens. Zuletzt hat sich, wenn ich es richtig sehe, Konrad Repgen in der Festschrift Lanzinner noch einmal zu Trauttmansdorff als Unterhändler beim Prager und Westfälischen Frieden geäußert. Gleichwohl hat sich offenbar noch niemand dieser zentralen Persönlichkeit der kaiserlichen Politik dieser Epoche in einer erschöpfenden monographischen Arbeit angenommen. Ein Grund mag sicher die allzu üppige Aktenüberlieferung in verschiedenen, nicht nur Wiener Archiven sein – wer mag dies alles bewältigen? Sicher ist Trauttmansdorff kein dankbares Thema für eine Graduierungsarbeit. Aber ein Altmeister des Fachs dürfte sich sicher einmal daran versuchen. Die Forschung über den Dreißigjährigen Krieg kann hier nur gewinnen.

Nachtrag: Von der Arbeit Lernets, die zunächst in Wien einzusehen ist, gibt es praktischerweise auch ein Exemplar im Zentrum für Historische Friedensforschung der Uni Bonn.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/388

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Wallensteinische Werbungen in Köln

Im Dezember 1630 wurden dem Rat der Reichsstadt Köln Patente zur Werbung von Söldnern vorgelegt. Dies passierte durchaus häufig, und da es sich um Werbungen für die kaiserliche Armee handelte, hatte der Rat bei seinen Beratungen am 18. Dezember auch keine Bedenken, diese Werbungen zu erlauben. Allerdings ist diese Angelegenheit nur auf den ersten Blick klar; wenn man sich den Passus in den Ratsprotokollen anschaut, fallen doch Besonderheiten, vielleicht auch Ungereimtheiten auf.

Zunächst wird offenbar, daß es sich nicht um die Neuaufstellung einer Einheit handelte. Vielmehr ging es um die Zuwerbung zu einem bereits existierenden Regiment. Es war, wie das Protokoll vermerkt, das Regiment des Obersten Kaspar von Gramb. Dieser war nicht selbst in der Stadt, sondern hatte einen seiner Hauptmänner, Dietrich Grave, als einen Werbeoffizier geschickt. Auffällig ist jedoch, daß ausgerechnet so spät im Jahr, mitten im Winter, das Regiment verstärkt werden sollte. Normalerweise lagen die Einheiten in den Winterquartieren; eigentlich wurden erst im Frühjahr, im unmittelbaren Vorfeld eines neuen Feldzugs, die Einheiten durch Zuwerbungen ergänzt. Eine Erklärung für diesen Zeitpunkt ergibt sich aus den Umständen, in denen sich das Regiment des Obersten Gramb befand.

Der Oberst fungierte damals als Stadtkommandant in der Hansestadt Wismar; sein Regiment lag dort in Garnison. Die Situation im Herbst 1630 wurde zunehmend kritisch: Die Versorgung der Soldaten war miserabel, viele waren krank, angeblich starben täglich 10-15 Mann. Bedenklich war zudem die feindselige Haltung der Bewohner von Wismar, denen der Oberst nicht mehr traute. Er forderte daher dringende Verstärkungen an und drohte, falls diese nicht bewilligt würden, mit seiner Resignation (siehe die Angaben in den Documenta Bohemica Bellum Tricennale illustrantia, Bd. 5, hrsg. v. Miroslav Toegel, Prag 1977, S. 21 u. 30). Vor dem Hintergrund wird zumindest klar, warum Gramb mit Werbungen nicht mehr bis zum Frühjahr warten konnte.

Auffällig bleibt ein anderes Detail. Im Ratsprotokoll ist explizit von „patenten des Hertzogen zu Friedtlandt“ die Rede (Historisches Archiv der Stadt Köln, Ratsprotokolle Bd. 76, fol. 493‘). Abgesehen davon, daß Wallenstein selbst lieber als Herzog von Mecklenburg tituliert worden wäre, verwundert dies insofern, weil er seit seiner Entlassung im August des Jahres 1630 nicht mehr als Feldherr des Kaisers agierte. Auf welcher Rechtsgrundlage konnte er also noch Patente ausgeben, mit denen er Söldner anwerben ließ? Eine Erklärung wäre, daß dieses Patent noch vor August 1630 datiert war, doch selbst in dem Fall bliebe die Frage, ob es dann noch gültig wäre.

Über die Frage der Legitimität hinaus ist aber zu klären, welches Interesse Wallenstein überhaupt noch hatte, Werbepatente auszustellen, falls er doch zum Zeitpunkt der Ausstellung gar nicht mehr für die Armee zuständig war. Hier bleibt – zumindest sehe ich derzeit keine andere Erklärung – nur der Hinweis auf die Geographie: Die Hansestadt lag im Herzogtum Mecklenburg, und wenn Wallenstein auch das Amt als Feldherr verloren hatte, wollte er definitiv nicht auf das ihm übertragene Herzogtum verzichten. Wismar war ein Einfallstor nach Mecklenburg, das es zu schützen galt. Grund genug also, die kaiserlichen Truppen in der Stadt zu verstärken, unabhängig von der Rechtsgrundlage. Interessant ist allerdings zu sehen, dass diese Bemühungen sogar die Reichsstadt Köln erreichten, die ansonsten mit Wallenstein und dem Krieg im Nordosten des Reiches nicht viel zu tun hatte.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/377

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Die Nuntien Rocci und Grimaldi

Im Rahmen des großen Editionsprojekts der Nuntiaturberichte aus Deutschland ist ein neuer Band erschienen. Es handelt sich um den 5. Band der 4. Abteilung, der die Phase vom September 1631 bis Ende Mai 1633 abdeckt. Neben den Berichten des Nuntius Ciriaco Rocci sind auch diejenigen Girolamo Grimaldis dokumentiert, der ab 1632 wie Rocci ebenfalls in Wien, allerdings als außerordentlicher Nuntius tätig war.

Deutlich über 200 Aktenstücke dokumentieren damit eine Zeit, in der sich der große machtpolitische Umbruch im Gefolge des schwedischen Kriegs vollzog. Es ist nichts Neues, aber trotzdem immer wieder ein heilsames Korrektiv, wenn man sich klarmachen muß, daß aus der Perspektive des Hl. Stuhls ein völliger Sieg der kaiserlichen Waffen alles andere als erwünscht war. Denn das Verhältnis zwischen der Kurie und den Habsburgern war angespannt genug, um gelassene bis verhalten erfreute Reaktionen auf die militärischen Rückschläge der kaiserlich-katholischen Seite im Reich hervorzurufen. Immerhin kam der Vorwurf konfessioneller Indifferenz oder mangelnder konfessioneller Solidarität schon damals auf, und die Kurie mühte sich, ihn zu entkräften, indem sie Grimaldi als Sondernuntius entsandt. Er sollte sich um eine Vermittlung zwischen den Habsburgern und dem mit Schweden verbündeten Frankreich bemühen.

Die Haupt- und Staatsaktionen dieser Monate spielen naturgemäß eine große Rolle; so sind Wallenstein, aber auch andere Militärs in den Berichten sehr präsent. Darüber hinaus schlägt sich aber auch eine Fülle von weiteren Themen in den Korrespondenzen nieder wie Personal-, Rang- und Zeremoniellfragen sowie Finanzielles. Der politische Blick der Nuntien richtet sich dabei nicht nur auf die Geschehnisse im Reich, sondern ebenso auf die anderen Mächte und nicht zuletzt auf die politischen Konstellationen in Italien. Insofern helfen die Nuntiaturberichte ein weiteres Mal, einen allzu sehr auf die Szenerie des Reichs fixierten Blick zu weiten.

Am Ende ein unvermeidlicher, aber notwendiger Hinweis: Wer einen solchen umfänglichen Band in der Hand hat, ist einerseits beeindruckt und freut sich auf die Entdeckungen, die in dieser Edition zu machen sein werden. Andererseits steht die Frage im Raum, warum es zum gedruckten Band nicht auch eine online-Fassung gibt. Man wird ja nicht mehr diskutieren müssen, welch großartige Möglichkeiten und auch Vorteile eine elektronische Edition heutzutage bietet. Vielleicht tut sich ja schon etwas beim noch ausstehenden Folgeband, der dann die Lücke zum schon vorliegenden Band 7 (1634-1635) schließen wird.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/290

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