Wappenbuch Richtental I: Die Handschriften des Wappenbuchs in Ulrich Richentals Konstanzer Konzilschronik

Tina Raddatz und ich beschäftigen uns seit einiger Zeit mit Richentals Wappenbuch –  sie im Rahmen ihrer Dissertation, ich im bescheideneren Rahmen anderer Forschungen. (Ursprünglich wollte ich eigentlich nur das Wappenbuch des Konrad Grünenberg mit seinen möglichen Vorlagen vergleichen; heute, drei Jahre später, finde ich mich mitten in einem neuen, spannenden Forschungsgebiet wieder. Danke, Torsten, Steen, Tina!) Analog zu den Posts zum Grünenberg-Wappenbuch wollen wir in den nächsten Wochen die einzelnen Handschriften und Drucke vorstellen, die sich teilweise massiv voneinander unterscheiden. Die Hoffnung, dass sie die Zahl der bekannten Textzeugen auch hier so explosionsartig vermehrt, habe ich zwar nicht, aber wer weiß. Da die Handschriften in Bezug auf die Wappen viele kleine und weniger kleine Unterschiede aufweisen, die bislang so gut wie gar nicht erforscht wurden, gibt es hier viel zu entdecken. Worum geht es eigentlich? Die Chronik Richentals zum Konstanzer Konzil ist eine einigermaßen einzigartige Quelle, die vier unterschiedliche Elemente kombiniert: Den Text der Chronik, eine große Zahl Illustrationen, ausführliche Teilnehmerlisten (Namenslisten) und eben die Wappen. Die Gewichtung zwischen diesen Teilen schwankt in den einzelnen Überlieferungszweigen (15 Handschriften und drei Frühdrucke insgesamt) stark, es gibt reine Texthandschriften ebenso wie reine Bilderhandschriften, das Wappenbuch kann einen kleinen Teil der Handschrift […]

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/2691

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aussichten. Perspektivierung von Geschichte, March 30, 2015

Neueste Beiträge in ‘aussichten’ Steiner, Benjamin: Die Existentialisten. Gene­ra­tio­nen­geschichte einer Jugendbewegung im Paris der Nachkriegszeit. Mag.arb. [online], LMU München 2004. Gewalt im Mittelalter, hrsg. v. Manuel Braun und Cornelia Herberichs, München 2005 Kaiserbiographien: Trajan Decius (249 – 251 n. Chr.) #jur Übersicht zu den Typologien von Stiftungen im deutschen Recht und v.a. Bayern #ww1 Digitale […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/03/5755/

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Ein Attentäter im Visier Fouchés? Dritter Beitrag zur Blogserie Theodor von Hallberg-Broich

In den Berichten der napoleonischen police secrète des Premiere Empire für die Jahre 1804 bis 1805 stellt sich die im vorherigen Beitrag beschriebene Situation um Hallbergs willkürliche Verhaftung nicht nur zeitlich etwas anders dar.

Unter dem Datum des 24. Vendémiaire des Jahres XIII (also Mittwoch, dem 16. März 1804) findet sich unter der Nummer 430, „Événements divers“, folgender stichwortartiger Eintrag, der hier in Übersetzung wiedergegeben werden soll: „Fremder in Mannheim arretiert, den Rhein überquerend: Baron von Halberg (sic!), bayerischer Hauptmann, gemeldet wie gefährlicher Feind unter dem Namen Palbus oder Pulbas.“1

Ein weiterer Eintrag zum „Fall Hallberg“ findet sich nicht acht, aber rund neun Monate später unter dem Datum des 30. Frimaire des Jahres XIII (oder Donnerstag, dem 21. Dezember 1804), Eintragung Nr. 691: „Herr Marschall Moncey zeigt dem Minister den Beschluss des Oberstaatsanwalts des Haut-Cour imperiale an, er hat dem Kommandanten der Gendarmerie von Mont-Tonnerre befohlen, Herrn Halberg (sic!), der des Attentats gegen seine Majestät angeklagt und in Mainz inhaftiert ist, unter sicherem Geleitschutz in die Conciergerie zu überführen.“2

Bis auf einige vor allem zeitliche Unstimmigkeiten lässt sich bis hierher das Bild Theodor von Hallberg-Broichs als durchaus bedeutendem Feind Napoleons aufrechterhalten, den die Geheimpolizei um Joseph Fouché im Visier hatte.

Joseph Fouché, Duc de Otrante, Gemälde vor 1829 [Bild: von École française [Public domain], via Wikimedia Commons; URL: http://www.myartprints.co.uk/kunst/french_school/school_portrait_of.jpg].
Joseph Fouché, Duc de Otrante, Gemälde vor 1829 [Bild: von École française [Public domain], via Wikimedia Commons; URL: http://www.myartprints.co.uk/kunst/french_school/school_portrait_of.jpg].

Dieses Bild wird jedoch mit der weiteren Durchsicht der französischen Berichte und insbesondere der zum Fall Hallberg in den Archives Nationales erhaltenen historischen Dokumente zunehmend fraglicher.

Auf dem Quellenblog „Napoleon auf der Spur – Quellenblog zur napoleonischen Ära in den deutschen Landen“ soll in Kürze ein erstes archivalisches Dokument zum “Fall Hallberg” in Transkription wiedergegeben werden.

1 Wortlaut im Original: „Etranger arrêté, à Manheim, passant le Rhin: Baron de Halberg, capitaine bavarois, signalé comme adversaire dangereux sous le nom de Palbus ou Pulbas.“ Siehe: Ernest d’Hauterive (Hrsg.), La police secrète du premier empire – Bulletins quotidiens adressés par Fouché a l’Empereur 1804–1805, Paris 1908, S. 137–138.

2 Wortlaut im Original: „M. le maréchal Moncey annonce au Ministre qu’à la requisition du grand procureur général près la haute-cour impérial, il a ordonné au commandant de la gendarmerie du Mont-Tonnerre de faire transférer à la Conciergerie, sous escorte sûre, le sieur Halberg, accusé d’attentat contre Sa Majesté et détenu à Mayence.” Siehe d’Hauterive 1908 (wie Anm. 1), S. 217.

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/660

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Mehr als Steine und Scherben | Blogprojekt zur Studienreise ins Heilige Land

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und umso mehr gilt das, wenn mehr als 40 Lehrende und Studierende unterwegs sind, um eine so vielfältige wie geschichtsträchtige Region zu erkunden wie die zwischen Mittelmeer und Jordangraben. Meistens ist es aber so, dass sich Reisen und Erzählen ausschließen, zumindest nur in den seltensten Fällen gleichzeitig gelingen. Eine Ausnahme dieser Regel ist das Blogprojekt “Spurensuche im Heiligen Land“, das die Exkursion der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz (3.-13. März 2015) dokumentiert. Damit auch … Mehr als Steine und Scherben | Blogprojekt zur Studienreise ins Heilige Land weiterlesen

Quelle: http://grammata.hypotheses.org/1312

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mediaevum.net: Die Kanonessammlung Polycarp

http://www.mgh.de/datenbanken/kanonessammlung-polycarp/ Die MGH stellen hiermit ein Typoskript zur Verfügung, das im Rahmen der Forschungen zum Kirchenrecht – insbesondere zu Pseudo-Isidor – entstand, die von Prof. Dr. Horst Fuhrmann initiiert wurden. Einleitung: Einführung zur Internetpräsentation von Horst Fuhrmann. Die Kanonessammlung Polycarp: Typoskript von Uwe Horst aufgrund der Vorarbeiten von Carl Erdmann. Suchen im Text der Kanonessammlung […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/03/5752/

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Französische Kartoffel-Publikation

Es ist schon ein paar Jahre her, dass das Adresscomptoir auf die fulminante Kartoffel-Konferenz in Tours verwies; nun ist es höchst an der Zeit, auf die vor vier Jahren erschienene Publikation der Beiträge dieser Konferenz hinzuweisen, die um wohlfeile 20 Euro zu haben ist und u.a. Aufsätze zur Kartoffel in Norwegen und zu Écrire la pomme de terre à l’âge des Lumières enthält:

Ferrière Le Vayer, Marc De/Williot, Jean-Pierre (Hg.): La Pomme de terre de la Renaissance au XXIe siècle. Tours: Presses Universitaires François-Rabelais, 2011, 418 Seiten. [Verlags-Info]

Verlagstext:

Le tubercule d’origine andine qui conquiert l’Europe par petites étapes à partir du XVIe siècle est devenu si commun qu’il est parfois décrit à l’aide d’images stéréotypées. Ce livre entend souligner qu’il est bien autre chose, par la richesse des approches qu’a fait naître un colloque international et pluridisciplinaire entièrement dédié à la pomme de terre, organisé et publié grâce au soutien du CNIPT.

La publication des actes propose un renouvellement historiographique important, par les thématiques qui sont envisagées, les espaces abordés et les périodes chronologiques considérées. Le lecteur trouvera ainsi réunies des communications sur les Amériques, l’Europe et l’Asie. Pour comprendre sa diffusion, les voies de cette innovation alimentaire et l’évolution des formes de sa consommation, plusieurs champs ont été mobilisés. L’histoire rurale et l’histoire urbaine, l’histoire économique et l’histoire des techniques ou encore l’histoire alimentaire sont convoquées dans leurs approches pluriculturelles. L’économie d’une filière et la géographie d’une culture devenue aujourd’hui celle du quatrième produit alimentaire mondial apparaissent dans toute leur ampleur. Enrichi de l’ajout d’un CD audio pour inclure une belle sélection de chansons dédiées à la pomme de terre, l’ouvrage permet donc de dépasser la simple étude d’une ressource potagère et d’une industrie agro-alimentaire.
On y retrouve la présence de la pomme de terre dans des millions d’assiettes, chaque jour, à travers le monde.


Inhaltsverzeichnis:

Partie I. De l’introduction de la pomme de terre en Occident
à sa diffusion en Europe


Paul Delsalle
Les frères Bauhin et la pomme de terre aux XVIe et XVIIe siècles

Jean-Pascal Simonin
Les propositions de panification de la pomme de terre : les contributions des agronomes économistes de la Société d’agriculture du département de l’Indre

Marika Galli
La pomme de terre en Italie : De la littérature agronomique à la cuisine (XVIIIe-XIXe siècles)

David Gentilcore
Changement climatique, famine et réforme de l’agriculture :la culture de la pomme de terre à Pistoia

Marc de Ferrière le Vayer
La sélection variétale et la culture des pommes de terre en France au xxe siècle

Maja Godina Golija
La pomme de terre dans les habitudes alimentaires slovènes : de l’hostilité à la consécration


Partie II. Les représentations de la pomme de terre,des images convenues aux réalités culturelles


Virginie Amilien, Atle Hegnes & Henry Notaker
Du champ cultivé au champ culturel : les transformations de la pomme de terre en Norvège

Carole Faivre
La pomme de terre dans les noms de préparations culinaires en France (du XVIIIe siècle à nos jours)

Alexandre Tessier
De la pomme de terre dans les assiettes du Grand Hôtel de Paris

Béatrice Fink
Écrire la pomme de terre à l’âge des Lumières : de la réalité à l’utopie

Martine Pelletier
De la Grande Famine aux chips Tayto :la pomme de terre et la culture irlandaise

Marjorie Gobin
Histoire, vie quotidienne et folklore autour de la pomme de terre dans le sud du Luxembourg (Belgique), du XVIIIe au XXe siècle

Jean-Marie Moine
La pomme de terre dans la chanson d’expression française

Jean-Paul Barrière
Les baraques à frites dans le Nord de la France depuis le milieu du xixe siècle

Maryann Tebben
French fries et identité française : la frite et les fries en tant qu’objets littéraires et culturels

Pedro Pachaguaya Yujra & Claudia Terrazas
La vie sociale de la pomme de terre en Bolivie

Veronica Mak Sau Wa
La pomme de terre dans les tea cafés de Hong Kong

Partie III. Les marchés contemporains de la pomme de terre et les enjeux sociaux de la consommation


Tammy M. Proctor
Les politiques de la pomme de terre pendant la Grande Guerre en Europe

Jean-Pierre Williot
De la robe des champs au flocon de l’Aisne. L’approvisionnement, le choix et les modes de consommation de la pomme de terre en France (1950-1980)

Hubert Bonin
Frite et troisième révolution industrielle. La pomme de terre globalisée par la chaîne productive structurée autour de McCain et McDonald (1956-2008)

Sanda Renko, Nataša Renko & Krešimir Bošnjak
La stratégie marketing de la pomme de terre en Croatie

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022411735/

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Übersetzung der Koexistenz. Logbuch zur Reise in “Schizophrene Ökologien”

Handbibliothek Doktorandenraum GRK1678, 27. März 2015, 15:58:58.

Handbibliothek Doktorandenraum GRK1678, 27. März 2015, 15:58:58, aufgenommen mit Motorola Moto G.

Dieses Logbuch dokumentiert das Publikationsprojekt “Schizophrene Ökologien. Für eine Gleichstellung fiktionaler Welten” von Dr. Sergej Rickenbacher und Martin Bartelmus. Unter ‘schizophrenen Ökologien’ verstehen wir fiktionale Welten, in denen Versammlungsweisen von nichtmenschlichen und menschlichen Akteuren sowie die modernen und nicht-modernen Prozesse von Welt-Bildung erfahrbar werden. In unserem Publikationsprojekt wenden wir uns literarischen Texten von Arno Schmidt, Christian Kracht und Dietmar Dath zu, die dystopische und postapokalyptische Welten verhandeln.

Doch warum ein öffentliches Logbuch führen?

Die Entscheidung, ein Logbuch über die gemeinsame Arbeit anzulegen und zusätzlich den Lesern des GRK1678-Blog zugänglich zu machen, basiert auf zwei Überlegungen:

1. Das Fahrzeug der Reise: Wissenschaftliche Texte als Artefakte des Kollektivs

Die erste Überlegung knüpft an die methodischen Grundlagen der “Schizophrenen Ökologien” an. Das Projekt orientiert sich methodisch wie begrifflich bei Bruno Latour, der den wissenschaftlichen Text gerade nicht als unproblematischen Bericht über die Ergebnisse eines Experimentes oder einer Studie versteht. In Bezug auf Bruno Latours ‘fünfte Quelle der Unbestimmtheit’ in Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft verstehen auch wir den wissenschaftlichen Text als Artefakt, das am Ende vieler Operationen steht, um gleichzeitig wieder in die Prozesse des Kollektivs eingespeist zu werden. Die Fabrikation eines wissenschaftlichen Textes ist somit ein Mittler in einer fortlaufenden Kette von Übersetzungen zwischen Beobachter, Daten, Notizen, Entwürfen, Autor, Tastatur, Schriftzeichen, Leser etc.: “Be-schreiben, auf-schreiben, erzählen und das Schreiben von Abschlußberichten sind so unnatürlich, mühselig und komplex, wie es das Sezieren von Fruchtfliegen oder die Beförderung eines Teleskops in den Weltraum sind.”1 Das Logbuch ist konstitutiver Bestandteil einer Akteur-zentrierten Methode, die versucht die Entstehung eines Textes in seiner Komplexität ernst zu nehmen.

Arrangierte Stühle im Doktorandenraum mit Dietmar Daths "Abschaffung der Arten", Suhrkamp Taschenbuch, 27. März 2015, 15:05, aufgenommen mit Motorola Moto G.

Stuhlarrangement mit Dietmar Daths “Abschaffung der Arten” (Suhrkamp Taschenbuch) im Doktorandenraum, 27. März 2015, 15:05, aufgenommen mit Motorola Moto G.

Uns interessieren hier besonders ›Notizbücher‹, die den Weg zum wissenschaftlichen Text dokumentieren sollen. Latour unterscheidet vier verschiedene Formen von Notizbüchern, die wir in eigener Terminologie aufzählen: Logbuch, Karteikästen, Entwürfe und Wirkungsprotokoll. Alle vier Notizbücher berücksichtigen wir auf die eine oder andere Weise im Verlaufe unseres Projektes. Für den Blog-Leser ist vorerst das Logbuch von besonderer Relevanz. Das Logbuch soll zum einen die begangenen Schritte der Reise protokollieren und zum anderen die Veränderungen enthalten, die wir selbst während der Arbeit mit diesen Texten erfahren.

Wir sind also weder neutrale Beobachter noch maliziöse Manipulatoren: Zwischen uns und dem Untersuchungsgegenstand entfaltet sich vielmehr diverse Wechselwirkungen in der Zeit, die zudem von vielen unerwarteten Entitäten zusätzlich dynamisiert oder modifiziert werden. Diese Kollektive (oder Akteur-Netzwerke) umfassen aber nicht nur uns als Autoren und die Romane Schmidts, Krachts und Daths als Untersuchungsgegenstand, sondern zu ihm gehören gleichfalls alle anderen Mitglieder des GRK1678, unsere Computer, deren Software, ja auch unsere Handbibliothek, unsere Tische, unsere Kaffeemaschine, unsere Kantinen oder unser Kiosk. Alle diese Akteure im Kollektiv sind im Normalfall zu einer stummen und geheimen Koexistenz verdammt. Wir erhoffen uns, durch das Logbuch mehr über die kollektive Produktion unserer Texte zu erfahren.

2. Es sind noch Plätze frei! Die Demokratisierung der Wissenschaft

Wieso aber dieses Logbuch auf dem Blog GRK1678 veröffentlichen? Präziser: Wieso ein Logbuch für ein Blog überhaupt erst schreiben? Die Antwort auf diese Fragen entspricht der zweiten Überlegung. Sie ist zweiteilig. Der erste Teil bezieht sich auf die Ziele dieses Blogs: Es hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln, sondern auch einen Einblick in die Arbeit des GRK1678 zu ermöglichen. Mit der fortlaufenden Dokumentation unseres Publikationsprojektes soll diesem Anspruch nachgekommen werden.

Martin Bartelmus, Büro Postdocs, 14:08, 4. Februar 2015

Martin Bartelmus, Büro Postdocs, 4. Februar 2015, 14:08, aufgenommen mit Motorola Moto G.

Der zweite Teil der Antwort ist wiederum durch Latour inspiriert. Unser Projekt »schizophrene Ökologien« orientiert sich an Latours ‘politischer Ökologie’, die er v.a. in Das Parlament der Dinge entwickelt. Eine zentrale Forderung der ›politischen Ökologie‹ ist ein neuer Wissenschaftler. Er soll nicht mehr als Auserwählter der Gesellschaft eine ko-existierende, aber stumme Außenwelt zum ‘Sprechen’ bringen und die Ergebnisse dieser Tätigkeit als ‘Tatsache’ der Gesellschaft verkünden können. Zum einen seien ‘Tatsachen’ nicht natürlich gegeben, sondern ein verhandelter Konsens, an dem menschliche und nicht-menschliche Akteure gleichermaßen beteiligt waren. Zum anderen sollen, wenn die ‘Tatsachen’ schon ein Verhandlungsergebnis seien, auch die Öffentlichkeit an ihrer Schaffung beteiligt sein. Das Logbuch auf dem Blog übersetzt die wissenschaftliche Arbeit in die Öffentlichkeit und stellt es dem Leser frei, mittels Kommentarfunktion an der Verhandlung teilzunehmen.

Sergej Rickenbacher, Büro Postdocs, 14:08, 4. Februar 2015, aufgenommen mit Iphone 4S.

Sergej Rickenbacher, Büro Postdocs, 4. Februar 2015, 14:08, aufgenommen mit Iphone 4S.

Latours Soziologie und ‘politische Ökologie’ sollen aber nicht naiv übernommen werden (ebenso bildet er nicht die einzige theoretische Grundlage für die “Schizophrenen Ökologien”). Eine Irritation war für uns die Absenz der Literatur- und Sprachwissenschaft in Latours Soziologie und Ökologie. Gerade die Philologien könnten ja kompetent über die Praxis, Poetik und Poiesis von Texten Auskunft geben könnten. Den naturwissenschaftlichen Gestus der Objektivität, den Latour an der ‘Soziologie des Sozialen’ kritisiert, hat die Geisteswissenschaft diese Haltung spätestens mit dem linguistic turn abgelegt. Sie ist sich der Artifizialität ihrer Texte also schon längst bewusst, ohne deswegen den Anspruch auf Genauigkeit aufzugeben. Gerade angesichts des methodischen Bewusstseins für den konstruktiven Aspekt der eigenen Arbeit stellt sich aber die Frage, ob die Übersetzung der Textkonstruktion in eine Öffentlichkeit nicht ebenso dringlich wie für die Naturwissenschaften ist? Wir meinen ja. Im Gegensatz zur Natur- und Sozialwissenschaft wäre aber das Ziel einer solchen Übersetzung nicht die Dekonstruktion falscher ‚Tatsachen’ oder die Demaskierung einer falschen ‘Objektivität’. Vielmehr macht unser Logbuch erstens sichtbar, wie ‘experimentell’ die Literaturwissenschaft verfährt, und legt zweitens offen, wie und ob unsere Argumente funktionieren.

3. Das Ticket lösen: Medialität der Übersetzung

Latour gilt es auf einem zweiten Feld zu ergänzen, denn nicht nur der wissenschaftliche Text ist ein Artefakt. Auch das Logbuch ist keine Abbildung des Arbeitsprozesses. Es ist immer schon ein Medium im Sinne eines Mittlers – und dies nicht nur wegen seiner sprachlichen bzw. bildlichen Erscheinungsformen. Obwohl der Begriff ‘Logbuchs’ weniger vorbelastet als z.B. ein Protokoll ist, entspricht es bereits einem Standard, der das Merk-Würdige vordefiniert. Auch für ein Logbuch gilt, dass es nicht nur ein kausales Zwischenglied, sondern ein aktiver Übersetzer ist. In unserem Vorhaben verkomplizieren weitere Gegebenheiten das Verfassen eines Logbuchs:

Vorschau Artikel auf MacBookPro, Büro Postdocs, 27. März 2015, 16:28, aufgenommen mit Motorola Moto G.

Vorschau Artikel auf MacBookPro, Büro Postdocs, 27. März 2015, 16:28, aufgenommen mit Motorola Moto G.

  • Es existiert nicht nur ein Autor, sondern wir sind immer zwei, wenn nicht mehrere Autoren.
  • Das Blog GRK1678 verlangt nach einer verständlichen Präsentation unserer Einträge und zwingt zu einer Periodisierung. Damit einher geht aber die Gefahr der Ästhetisierung und der Anpassung. Die Intimität und Unmittelbarkeit eines Fahrten- oder Tagebuchs fehlt und der Leser agiert bereits als fiktive Ordnungsinstanz.
  • Für den Leser des Logbuchs besteht die Möglichkeit, zu intervenieren und damit die Reiseroute mitzubestimmen.
  • Wir haben mit dem Publikationsprojekt bereits begonnen. Neben zahlreichen, nicht dokumentierten Gesprächen hielt Martin Bartelmus im Workshop “Spekulation und Verführung” an der Universität Düsseldorf am 23.01.2015 einen Vortrag zu Daths Feldevàye und gemeinsam haben wir eine Bewerbung für den Essayband “Relationen. Essays zur Gegenwart” eingereicht, die einen Exposé, eine Leseprobe und eine vorläufige Gliederung enthielt. Der Zuschlag für den Essayband erhielten wir nicht.

Wie mit diesen medialen Übersetzungen umzugehen ist, können wir zum gegebenen Zeitpunkt nicht sagen. Gleichfalls steht die Form des digitalen Logbuchs noch nicht fest. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es ohnehin nie ein Formular bilden, das es einfach auszufüllen gilt. Die Wandlungen seiner Form werden Spuren unserer Reise sein. Bisher liegen folgende Parameter vor, die im Verlauf erweitert, ergänzt und modifiziert werden:

  • Das Logbuch auf dem Blog GRK1678 wird alle 14 Tage aktualisiert.
  • Der Aktualisierung geht ein halbstündiges Gespräch der Autoren voraus.
  • Ein zufällig geschossenes Foto illustriert die Gesprächssituation.
  • Menschliche und nicht-menschliche Akteure (z.B. Laptops, Smartphones, Software, Bücher, Handapparat, Drucker, Getränke, Räume etc.) sollen zum Sprechen gebracht werden.

Wohin die Reise führt, ist ungewiss. Über das Ziel kann auch das Logbuch keine Auskunft geben. Aber es erlaubt uns dereinst nachzuvollziehen, wie wir dorthin gelangt sind, und davon ausgehend ein besseres Verständnis unserer kollektiven Produktionen von Texten zu erhalten.

 

  1. Latour, Bruno (2010): Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 237.

Quelle: http://grk1678.hypotheses.org/453

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Ein bisschen Kultur..? Ausstellungsguide 1/2015

Wer sich im letzten Jahr keine Ausstellung aus dem Bereich der Frühen Neuzeit gönnen konnte, muss nicht verzweifeln, denn auch in diesem Jahr gibt es einiges zu unserer Epoche zu sehen.

???????????????????????????????????????????????????Die große badische Landesausstellung bietet den historischen Hintergrund zu den Feierlichkeiten rund um das 300-jährige Jubiläum der Stadt Karlsruhe. Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679 – 1738) steht als Stadtgründer im Mittelpunkt dieser Ausstellung, die ein faszinierendes Bild seiner schillernden Person entwirft. Der im Zeichen des Absolutismus herrschende und mit extravaganten Leidenschaften ausgestattete Herrscher gründete die Stadt, die bis heute seinen Namen trägt, im Jahre 1715, nachdem er sein neues Schloss dort errichten ließ. Die Karlsruher Schlossanlage ist einzigartig und zeugt noch heute von der Pracht der vergangenen Epoche. Erstmals wird die historische Person des Markgrafen in einer Ausstellung beleuchtet und zwar in dem Schloss, das den Anstoß für seine Stadtgründung gab.

„Karl Wilhelm 1679-1738“ vom 9. Mai bis zum 18. Oktober 2015 im Badischen Landesmuseum Karlsruhe

Was wäre die Frühe Neuzeit ohne die Reformation? Einiges, aber sie darf natürlich trotzdem nicht fehlen. Insbesondere, weil das große Lutherjubiläum 2017 immer näher rückt.

In Torgau feiert man aber bereits 500 Jahre Reformation mit einer nationalen Sonderausstellung. Das Renaissancestädtchen zwischen Dresden, Leipzig und Wittenberg war als kursächsische Residenz das politische Zentrum der Reformation. Hier weihte Martin Luther den ersten nach seinen Vorstellungen erbauten protestantischen Kirchenneubau ein. Eine Ausstellung im Schloss Hartenfels, in der Kurfürstlichen Kanzlei und der Superintendentur lässt am historischen Ort mit einzigartigen Kunstwerken, Dokumenten und Kostbarkeiten die Zeit der Reformation wiedererstehen. Einen Sommer lang können die fürstliche Pracht und das Selbstverständnis der Herrscher zur Zeit Martin Luthers erlebt werden.

„Luther und die Fürsten“ vom 15. Mai bis zum 31. Oktober auf Schloss Hartenfels in Torgau

In Mainz liegt das Augenmerk auf dem Einfluss der Ritterschaft auf die Reformation. Die große Sonderausstellung des Landesmuseums Mainz thematisiert den Aufstieg des Franz von Sickingen zum Anführer der Ritterschaft und deren Lebenswelt, Luthers Auftritt vor Kaiser und Reich in Worms, die Vielfalt der adligen Reformation im Reich und in Europa sowie die Stilisierung des von Sickingen zum Helden bis in die Gegenwart hinein.

„Franz von Sickingen und die Reformation“ vom 21. Mai bis zum 25. Oktober 2015 im Landesmuseum Mainz

Die Ausstellung im Trierer Landesmuseum wurde rund um einen archäologischen Fund eines Massengrabes im brandenburgischen Wittstock ersteldetlef-sommer-bldam_3_homepagelt. 125 Soldaten fanden dort nach der Schlacht bei Wittstock mitten im 30-jährigen Krieg ihre letzte Ruhestätte, wodurch ein einzigartiger Fund ermöglicht wurde. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen haben die Geschichte rund um das Grab aufgearbeitet und so das Leben der Soldaten greifbar gemacht. In der Ausstellung, die neben historischen Dokumenten, Waffen und Schätzen auch die Schauplätze der Zeit szenisch wiedergibt, sind neben archäologischen Funden auch “Objekte zum Anfassen, Medienstationen, Filme sowie ein zusätzlicher, auf Kinder zugeschnittener Erzählstrang”. Ich freu mich drauf!

„1636 – Ihre letzte Schlacht“ vom 17. April bis 18. Oktober 2015 im Landesmuseum Trier

Zum Schluss noch eine Ausstellung in Dresden aus dem Bereich der Technikgeschichte. Die Präzisionsuhrmacherei in Sachsen wird dem Besucher der Ausstellung anhand von rund 80 Exponaten und drei Biografien näher gebracht. Vorgestellt werden die Werdegänge des Amateurs Johann Heinrich Seyffert (1751–1817) und des Uhrmachermeisters Johann Christian Friedrich Gutkaes (1785–1845). Sie schufen als Pioniere die Voraussetzungen für Ferdinand Adolph Langes (1815–1875), der fernab der großen Uhrenzentren eine Taschenuhrenfabrik in Glashütte gründete. Ein weiteres wichtiges Element für dies Entwicklung wird ebenfalls in der Ausstellung thematisiert: Der Mathematisch-Physikalische Salon als Ort der beobachtenden Astronomie, die auf die Präzisionszeitmessung angewiesen ist.

Neben den eigenen Beständen aus dem Salon des Zwingers werden auch berühmte Chronometer der Geschichte ausgestellt. Computertomografien ermöglichen Einblicke in das faszinierenden Innenleben einiger dieser mechanischen Uhren.

„EINFACH – VOLLKOMMEN. Sachsens Weg in die internationale Uhrenwelt“ vom 18. Februar bis zum 14. Juni 2015 im Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdner Zwinger

 

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1982

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CODE 5: Ian Milligan about GeoCities, Web Archives and Digital History

GeoCities was one of the largest sites in the early days of the World Wide Web. In 2009 Yahoo! decided to shut down the community-based platform. Thirty-eight million pages and millions of images were about to get lost forever as Yahoo! did not facilitate user export. Ian Milligan is working with web archives and he examines the digital ruins of GeoCities. In this interview we talk about the challenges to work with this big amount of source material: What skills, methods and techniques do we need to work with born-digital collections?

Quelle: http://codinghistory.com/podcast/code5/

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Besprechungen der „Ersten Suchmaschinen“

In den letzten Wochen wurden wieder einige Besprechungen der "Ersten Suchmaschinen" veröffentlicht:

*) Seit gestern online ist Marliese Mendels Rezension für DieZeitschrift.at, ihr Resümee: ein spannendes Buch, das nicht nur Einblick in das Suchverhalten der neuzeitlichen Stadtbewohner gibt, sondern auch nachweist, dass die Adressbüros für die Bürger wichtige analoge Suchmaschinen waren.

*) Etwas skeptischer ist Alexander Pschera im Deutschlandradio Kultur, der vermeint, an einem faszinierenden Thema, der Vorgeschichte der Informationsgesellschaft im ancien régime, nur geschnuppert zu haben und dass es [i]mmer dann, wenn Anton Tantner (...) um die Ecke denkt, es spannend wird, der aber sonst eine minutiöse, mitunter ermüdend detaillierte Beschreibung ausmacht.

*) In der Bücherbeilage zum Falter wiederum liegt für Oliver Hochadel die Stärke von Tantners Buch (...) in der chronologischen und geografischen Breite, er attestiert: Tantner schreibt flüssig und jargonfrei, trotzdem ist die Lektüre des an sich dünnen Büchleins etwas ermüdend. Sein Fazit lautet trotzdem: Die Pionierarbeit ist verdienstvoll.

-Nun, was diese Einschätzung als "ermüdend" betrifft, so bitte ich die beiden Rezensenten, dies mit FAZ-Rezensenten Helmut Mayer auszudiskutieren, der ja von einer kurzweilig zu lesende[n] Darstellung sprach.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022411366/

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