Duisburger Lokalpolitiker wollen Denkmal verhindern

Die Mandatsträger von SPD und CDU der Bezirksvertretung Süd in Duisburg lehnten in Ihrer Sitzung am 26.09.2013 die Eintragung des Bodendenkmals „Böckumer Leitgraben“ in Denkmalliste ab und sorgten damit lokal für Schlagzeilen.

Die Beschlussvorlage 13-1065, den „Böckumer Leitgraben“ als Bodendenkmal in die Denkmalliste einzutragen, sorgte bei den Mandatsträgern fraktionsübergreifend  für Heiterkeit.

Joseph Paeßens (CDU) sagte: „Mich laust der Affe. Das ist nun wirklich kein Denkmal!“, es war von „einem Witz“ die Rede oder von: „bloß weil irgendein Bauer im 16. Jahrhundert mit der Schippe einen Graben gezogen hat.“. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Hartmut Ploum schlug erheitert vor, doch auch die ostfriesischen Entwässerungsgräben bei Emden unter Denkmalschutz zu stellen. [1]

Der sog. „Böckumer Leitgraben“ ist ein gut im Gelände zu erkennender Entwässerungsgraben aus dem 15./ 16. Jahrhundert, der auf einer Niederterrasse angelegt wurde. Die aufwendigen Bauarbeiten wurden notwendig, weil durch den örtlichen Mühlenstau sich die hydrologischen Bedingungen veränderten und der Grundwasserspiegel deutlich anstieg. Der Graben verlief ursprünglich offen als 2 m breite und 1 bis 2 m tiefe Rinne durch das Gelände. Heute ist er durch Erosion noch 1m breit und entsprechend flacher.[2]

Anders als ein moderner Straßengraben diente er nicht zur Entwässerung von Oberflächenwasser, sondern war eine wasserbauliche „Entsumpfungsanlage“. Der damals angestiegene Grundwasserspiegel drohte nämlich die  Felder und das Dorf zu überschwemmen. Ohne diesen ehemals breiten und tiefen Graben hätten die ansässigen Bauern ihre Heimat verlassen müssen. Somit ist dieser unscheinbare Graben wichtig für die regionale Geschichtsschreibung im Duisburger Süden, der ohne diesen Graben ganz sicher anders aussehen würde.

Näheres dazu kann man in der offiziellen Eintragungsbegründung der örtlichen Stadtarchäologie nachlesen. Dazu wurden auch Bilder und ein Lageplan veröffentlicht.

Es ist natürlich nicht so, dass Kommunalpolitiker sich nicht für lokale Geschichtsschreibung interessieren. Die Initiative auf Eintragung des Böckumer Leitgrabens erfolgte auf Antrag der SPD-Fraktion 2005 Drucksache 05-2916. Die Duisburg-Süd-SPD hat damit ihren eigenen Antrag abgelehnt.

Man kann gespannt sein, wie die Sache jetzt weitergeht. Üblicherweise reicht die zuständige Untere Denkmalbehörde eine Beanstandung ein, so dass die Eintragung noch einmal von der Bezirksvertretung Süd behandelt werden müsste. Die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Süd am 17.10.2013 ist noch nicht veröffentlicht worden.

In die Denkmalliste eingetragen wird der „Böckumer Leitgraben“ aber in jedem Fall. Wenn die Denkmaleigenschaften eines Bodendenkmals nachgewiesen sind, wie im Fall des Böckumer Leitgrabens, sieht das DSchG NRW kein Ermessen vor. Die Eintragung ist zwingend. Die Einwände der Politik spielen dann keine Rolle. Zumindest wenn es nach dem Gesetz geht….

Weiterführende Links

http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/sued/spott-ueber-dreckigen-kanal-als-denkmal-aimp-id8519995.html

http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/sued/entwaesserungsprobleme-vor-600-jahren-id1471060.html

Quelle: http://minuseinsebene.hypotheses.org/825

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Duisburger Lokalpolitiker wollen Denkmal verhindern

Die Mandatsträger von SPD und CDU der Bezirksvertretung Süd in Duisburg lehnten in Ihrer Sitzung am 26.09.2013 die Eintragung des Bodendenkmals „Böckumer Leitgraben“ in Denkmalliste ab und sorgten damit lokal für Schlagzeilen.

Die Beschlussvorlage 13-1065, den „Böckumer Leitgraben“ als Bodendenkmal in die Denkmalliste einzutragen, sorgte bei den Mandatsträgern fraktionsübergreifend  für Heiterkeit.

Joseph Paeßens (CDU) sagte: „Mich laust der Affe. Das ist nun wirklich kein Denkmal!“, es war von „einem Witz“ die Rede oder von: „bloß weil irgendein Bauer im 16. Jahrhundert mit der Schippe einen Graben gezogen hat.“. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Hartmut Ploum schlug erheitert vor, doch auch die ostfriesischen Entwässerungsgräben bei Emden unter Denkmalschutz zu stellen. [1]

Der sog. „Böckumer Leitgraben“ ist ein gut im Gelände zu erkennender Entwässerungsgraben aus dem 15./ 16. Jahrhundert, der auf einer Niederterrasse angelegt wurde. Die aufwendigen Bauarbeiten wurden notwendig, weil durch den örtlichen Mühlenstau sich die hydrologischen Bedingungen veränderten und der Grundwasserspiegel deutlich anstieg. Der Graben verlief ursprünglich offen als 2 m breite und 1 bis 2 m tiefe Rinne durch das Gelände. Heute ist er durch Erosion noch 1m breit und entsprechend flacher.[2]

Anders als ein moderner Straßengraben diente er nicht zur Entwässerung von Oberflächenwasser, sondern war eine wasserbauliche „Entsumpfungsanlage“. Der damals angestiegene Grundwasserspiegel drohte nämlich die  Felder und das Dorf zu überschwemmen. Ohne diesen ehemals breiten und tiefen Graben hätten die ansässigen Bauern ihre Heimat verlassen müssen. Somit ist dieser unscheinbare Graben wichtig für die regionale Geschichtsschreibung im Duisburger Süden, der ohne diesen Graben ganz sicher anders aussehen würde.

Näheres dazu kann man in der offiziellen Eintragungsbegründung der örtlichen Stadtarchäologie nachlesen. Dazu wurden auch Bilder und ein Lageplan veröffentlicht.

Es ist natürlich nicht so, dass Kommunalpolitiker sich nicht für lokale Geschichtsschreibung interessieren. Die Initiative auf Eintragung des Böckumer Leitgrabens erfolgte auf Antrag der SPD-Fraktion 2005 Drucksache 05-2916. Die Duisburg-Süd-SPD hat damit ihren eigenen Antrag abgelehnt.

Man kann gespannt sein, wie die Sache jetzt weitergeht. Üblicherweise reicht die zuständige Untere Denkmalbehörde eine Beanstandung ein, so dass die Eintragung noch einmal von der Bezirksvertretung Süd behandelt werden müsste. Die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Süd am 17.10.2013 ist noch nicht veröffentlicht worden.

In die Denkmalliste eingetragen wird der „Böckumer Leitgraben“ aber in jedem Fall. Wenn die Denkmaleigenschaften eines Bodendenkmals nachgewiesen sind, wie im Fall des Böckumer Leitgrabens, sieht das DSchG NRW kein Ermessen vor. Die Eintragung ist zwingend. Die Einwände der Politik spielen dann keine Rolle. Zumindest wenn es nach dem Gesetz geht….

Weiterführende Links

http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/sued/spott-ueber-dreckigen-kanal-als-denkmal-aimp-id8519995.html

http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/sued/entwaesserungsprobleme-vor-600-jahren-id1471060.html

Quelle: http://minuseinsebene.hypotheses.org/825

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Die große Unbekannte?

Wenig ist über sie bekannt und dennoch spielte sie eine entscheidende Rolle im Leben von Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. Die Rede ist von seiner Mutter – Augusta Maria Gräfin von Truchsess Zeil-Wurzach.

Geboren wurde sie im Jahr 1743, im Alter von 26 Jahren heiratete sie den jüngsten der drei Brüder aus dem Geschlecht Salm-Reifferscheidt-Dyck. Ihr Mann Johann Franz war zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt und musste nach der Resignation seiner Domherrenstellen in Köln und Straßburg für den Fortbestand der Linie sorgen. Mit der Geburt Josephs im Jahr 1773 wurde diese Pflicht erfüllt.

Nach nur sechs Ehejahren starb Johann Franz. Seine hochschwangere Witwe (Josephs Bruder Franz kam erst zwei Monate nach dem Tod seines Vaters zur Welt) war somit Regentin und Verwalterin der Herrschaft. Zum Mitvormund der Kinder hatte ihr verstorbener Mann seinen Schwager Joseph von Zeil-Wurzach bestellt – ebenfalls Domherr in Köln und Straßburg. Die Folgen dieser Wahl? Ein jahrzehntelanger Prozess um finanzielle Angelegenheiten.

Soweit die Fakten. Die Quellen zur Kavalierstour ihrer Söhne lassen eine fürsorgliche Mutter erahnen: Besuchen die beiden Jungen das Gymnasium in Köln, hält sie sich meist im „Salmschen Hof“ in der Trankgasse auf. Führt der erste Teil der Studienreise nach Brüssel, reist sie mit um vor Ort persönlich für die angemessene Ausstattung zu sorgen. Auch die Briefe ihrer Söhne, wenn auch den stilistischen Regeln der Zeit unterworfen, vermitteln das Bild einer engen Bindung.

Ganz so unbekannt ist sie also doch nicht. Lediglich nach dem Herrschaftsantritt Josephs scheint sie vollkommen im Dunkeln zu verschwinden. Nur ihr Todesjahr ist bekannt: Sie starb im Jahr 1805.

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/346

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Die große Unbekannte?

Wenig ist über sie bekannt und dennoch spielte sie eine entscheidende Rolle im Leben von Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. Die Rede ist von seiner Mutter – Augusta Maria Gräfin von Truchsess Zeil-Wurzach.

Geboren wurde sie im Jahr 1743, im Alter von 26 Jahren heiratete sie den jüngsten der drei Brüder aus dem Geschlecht Salm-Reifferscheidt-Dyck. Ihr Mann Johann Franz war zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt und musste nach der Resignation seiner Domherrenstellen in Köln und Straßburg für den Fortbestand der Linie sorgen. Mit der Geburt Josephs im Jahr 1773 wurde diese Pflicht erfüllt.

Nach nur sechs Ehejahren starb Johann Franz. Seine hochschwangere Witwe (Josephs Bruder Franz kam erst zwei Monate nach dem Tod seines Vaters zur Welt) war somit Regentin und Verwalterin der Herrschaft. Zum Mitvormund der Kinder hatte ihr verstorbener Mann seinen Schwager Joseph von Zeil-Wurzach bestellt – ebenfalls Domherr in Köln und Straßburg. Die Folgen dieser Wahl? Ein jahrzehntelanger Prozess um finanzielle Angelegenheiten.

Soweit die Fakten. Die Quellen zur Kavalierstour ihrer Söhne lassen eine fürsorgliche Mutter erahnen: Besuchen die beiden Jungen das Gymnasium in Köln, hält sie sich meist im „Salmschen Hof“ in der Trankgasse auf. Führt der erste Teil der Studienreise nach Brüssel, reist sie mit um vor Ort persönlich für die angemessene Ausstattung zu sorgen. Auch die Briefe ihrer Söhne, wenn auch den stilistischen Regeln der Zeit unterworfen, vermitteln das Bild einer engen Bindung.

Ganz so unbekannt ist sie also doch nicht. Lediglich nach dem Herrschaftsantritt Josephs scheint sie vollkommen im Dunkeln zu verschwinden. Nur ihr Todesjahr ist bekannt: Sie starb im Jahr 1805.

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/346

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Die große Unbekannte?

Wenig ist über sie bekannt und dennoch spielte sie eine entscheidende Rolle im Leben von Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. Die Rede ist von seiner Mutter – Augusta Maria Gräfin von Truchsess Zeil-Wurzach.

Geboren wurde sie im Jahr 1743, im Alter von 26 Jahren heiratete sie den jüngsten der drei Brüder aus dem Geschlecht Salm-Reifferscheidt-Dyck. Ihr Mann Johann Franz war zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt und musste nach der Resignation seiner Domherrenstellen in Köln und Straßburg für den Fortbestand der Linie sorgen. Mit der Geburt Josephs im Jahr 1773 wurde diese Pflicht erfüllt.

Nach nur sechs Ehejahren starb Johann Franz. Seine hochschwangere Witwe (Josephs Bruder Franz kam erst zwei Monate nach dem Tod seines Vaters zur Welt) war somit Regentin und Verwalterin der Herrschaft. Zum Mitvormund der Kinder hatte ihr verstorbener Mann seinen Schwager Joseph von Zeil-Wurzach bestellt – ebenfalls Domherr in Köln und Straßburg. Die Folgen dieser Wahl? Ein jahrzehntelanger Prozess um finanzielle Angelegenheiten.

Soweit die Fakten. Die Quellen zur Kavalierstour ihrer Söhne lassen eine fürsorgliche Mutter erahnen: Besuchen die beiden Jungen das Gymnasium in Köln, hält sie sich meist im „Salmschen Hof“ in der Trankgasse auf. Führt der erste Teil der Studienreise nach Brüssel, reist sie mit um vor Ort persönlich für die angemessene Ausstattung zu sorgen. Auch die Briefe ihrer Söhne, wenn auch den stilistischen Regeln der Zeit unterworfen, vermitteln das Bild einer engen Bindung.

Ganz so unbekannt ist sie also doch nicht. Lediglich nach dem Herrschaftsantritt Josephs scheint sie vollkommen im Dunkeln zu verschwinden. Nur ihr Todesjahr ist bekannt: Sie starb im Jahr 1805.

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/346

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Der Jom-Kippur-Krieg und die Erinnerungskultur in den USA

Vor 40 Jahren – am 6. Oktober 1973 – begann der Jom-Kippur-Krieg. Er veränderte nachhaltig die Beziehung amerikanischer Juden zu Israel und ist ein Ausgangspunkt der Holocaust-Erinnerungskultur, wie sie heute existiert.

Fünf Jahre zuvor hatte der Sechs-Tage-Krieg (1967) einrucksvoll die Stärke Israels demonstriert. Drei arabische Armeen wurden geschlagen und das Westjordanland, der Sinai und der Golan erobert. In Hinsicht auf den Holocaust wurde der Krieg als Salvation Myth interpretiert, wie es Peter Novick ausdrückte. Das Martyrium des jüdischen Volkes, mit dem Holocaust als Höhepunkt, wurde durch den Sechs-Tage-Krieg beendet. In der Euphorie nach dem Krieg glaubte man, dass Israel allen Gefahren trotzen könne. Für die Erinnerung an den Holocaust hätte dies mit Novicks Worten bedeutet: „Had the victory of 1967 brought an end to Israel’s travails, the Holocaust might have entered American Jewish consciousness in this fashion – as a subordinate, historicized and transcended element in a salvation myth.“ [1]

Erschüttert wurde diese Auffassung fünf Jahre später durch den Jom-Kippur-Krieg. Am 6. Oktober 1973 wurde Israel von Ägypten und Syrien angegriffen, während viele Soldaten aufgrund des Feiertags Jom Kippur demobilisiert waren. Israel stand einer erdrückenden Übermacht gegenüber und wurde in kurzer Zeit an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, was Verteidigungsminister Moshe Dajan dazu veranlasste, die „Zerstörung des Dritten Tempels“ – also das Ende Israels – zu befürchten. Angeblich forderte er wiederholt den Einsatz von Atomwaffen, deren Besitz Israel bis heute offiziell dementiert. Es war jedoch nicht nur der überraschende Angriff an einem Feiertag, der Israel in diese katastrophale Situation gebracht hatte. Das Land war im Allgemeinen auf einen derartigen Angriff nicht vorbereitet. Es hatte die Stärke seiner Gegner achtlos unterschätzt: ein Resultat des überlegen gewonnen Sechs-Tage-Kriegs.

Israels Niederlage konnte nur durch massive Unterstützung durch die Vereinigten Staaten verhindert werden, die über eine Luftbrücke innerhalb kurzer Zeit militärisches Material im Wert von über 10 Milliarden Dollar in das Land brachten. Die hohen Verluste Israels zeigten, dass das Land nicht länger der sicherste Ort auf der Welt für Juden war, was den Mythos des Sechs-Tage-Kriegs erschütterte. Eine Katastrophe wie der Holocaust war wieder in den Bereich des Möglichen gerückt. Gleichzeitig war das Verhältnis zwischen Israel und den USA durch den Krieg und die allgemeine geopolitische Situation belastet. Die USA waren damit beschäftigt, sich aus Vietnam zurückzuziehen und wollten die brüchigen Beziehungen zu der Sowjetunion nicht gefährden. Zudem führte der Konflikt zu einem kostspieligen Anstieg des Ölpreises (Ölpreiskrise 1973). Im Zuge des Jom-Kippur-Kriegs sahen amerikanisch-jüdische Gruppierungen die Isolation Israels als eine große Bedrohung für die Existenz des Landes. Um der Isolation entgegenzuwirken, war es notwendig, die Erinnerung an den Holocaust zu stärken: nicht als historisiertes und nachrangiges Ereignis der Vergangenheit, sondern als aktuelles und potentiell wiederholbares Problem.

[1] Peter Novick. The Holocaust in American Life, New York: Houghton Mifflin, 1999, S. 151.

Quelle: http://fyg.hypotheses.org/126

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Lost in (Cyber-)Space? Das Stadtarchiv Amberg in der schönen neuen Welt des Web 2.0 (Vortragsfassung)

 Jörg Fischer hat für unser Blog seinen Vortrag (Deutscher Archivtag Saarbrücken, 26.9.2013) zur Verfügung gestellt!

Lost in (Cyber-)Space?

Das Stadtarchiv Amberg in der schönen neuen Welt des Web 2.0

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

„Lost in Space“ war der Titel einer inzwischen etwas angejahrten Science Fiction Serie, die etwa zur gleichen Zeit wie Star Trek das Licht der Welt erblickte und in den 1990er Jahren unter dem Titel „Verschollen zwischen fremden Welten“ den Weg ins deutsche Fernsehen fand. In der Serie geht eine Familie mit dem wegweisenden Namen „Robinson“ im Weltall verloren und beschäftigt sich danach drei mehr oder minder unterhaltsame Staffeln lang damit den Rückweg zur heimischen Erde zu finden. Im Verlauf ihrer Odyssee werden die Robinsons mehrfach um ein Haar zum Opfer monströser Aliens, die buchstäblich hinter jeder Ecke der Story hervorspringen.

Nicht zuletzt deshalb, weil der eine oder andere von Ihnen fürchten mag, dass ihm selbst und den ihn in den virtuellen Raum begleitenden Beständen das Gleiche im Datenraum des Web 2.0 zustoßen könnte, möchte ich die Metapher jener Robinsonade aus der Sci-Fi-Mottenkiste gerne beibehalten um zunächst kurz den Weg des Stadtarchivs Amberg in die schöne neue Welt des Web 2.0 zu schildern.

 

Als unser Raumschiff im Mai 2010 den Erdorbit verließ und sich auf den Weg dorthin machte, wo noch nie zuvor einer von uns gewesen war, befielen den Steuermann leichte Zweifel, denn dieser hatte selbst kaum Erfahrung mit dem tiefen Raum: Seine ersten privaten Ausflüge dorthin waren erst wenige Tage her. Die Crew – seinerzeit bestehend aus nur einem weiblichen Mitglied, das wider Erwarten nicht Lieutenant Uhura gerufen wird – quittierte den Aufbruch mit Gelassenheit, während unser Kapitän sich zwar grundsätzlich der Existenz des uns umgebenden Weltraums bewusst war, sich aber dennoch im Wesentlichen auf die strenge Überwachung der Kosten dieser Mission beschränkte.

Die Admiralität ließ das Schiff ziehen. Auch wenn rund 2.000 laufende Meter gewichtiger historischer Daten, mehr als zweitausend durchaus bedeutende Urkunden und eine kaum mehr zu überblickende Zahl an nostalgischen schwarz-weiß Fotografien darin gespeichert waren, schien ein Verlust des eher ungeliebten Vehikels samt seiner Fracht irgendwo im kosmischen Mahlstrom verschmerzbar. Der Ehrlichkeit halber muss man im Nachhinein zugestehen, dass wohl auch der Steuermann vergessen hat, den Abflug ordnungsgemäß zu melden.

 

Der Weg gestaltete sich zunächst holprig, in erster Linie deshalb, weil dem Mann am Ruder noch nicht recht klar war, wie er die ihm zur Verfügung stehenden technischen Mittel nutzen sollte. Erst nach und nach – die hohen Chargen der Admiralität würden wohl von „sukzessive“ sprechen – erkannte man, welche Mittel dem ungewohnten Medium am ehesten entsprachen und je länger unser Schiff sich zwischen den Sternen bewegte, desto sicherer wurde seine Hand. Nach den ersten gelungenen Manövern nahm auch der Kapitän allmählich Notiz von den Reizen der neuen Umgebung und tatsächlich: Nach gut eineinhalb Jahren Flugzeit meldete sich die Admiralität und tat ihre Freude über die unerwartet erfolgreiche Reise kund. Es gelang uns, friedliche Kontakte mit anderen Schiffen aufzunehmen, die wie wir in den unendlichen Weiten unterwegs waren. Wir tauschten Daten untereinander aus und stellten dabei erstaunt fest, wie groß das Interesse an den von uns verwahrten Informationen war – ein Lernerfolg den wir sicher nie gehabt hätten, wenn wir im sicheren Orbit geblieben wären. Unterwegs nahmen wir ein neues Crewmitglied an Bord und während unsere eigene Begeisterung für das neue Medium weiter wuchs, erreichte die Zahl unserer Freunde einen Umfang, den wir uns am Beginn unserer Reise niemals hätten vorstellen können.

 

Verlassen wir kurz das Raumschiff und betrachten das Web 2.0, seine Möglichkeiten und letztlich seine Unvermeidbarkeit ganz nüchtern: Das Jahr 2013 kennt immer weniger „Reisende“ im Web, die als bloße Konsumenten – Consumer – vergleichsweise statische Informationen suchen um sie dann – wie auch immer – zu verwerten, um nicht den Begriff verbrauchen zu benutzen. Nein, sowohl die „Digital Natives“, also jene vergleichsweise jungen Mitmenschen, die nach dem Jahr 1995 das Licht der neuen Welt erblickt haben, als auch zunehmend jene als „Digital Immigrants“ bezeichneten älteren Semester, die sich noch dunkel an die Zeit vor dem Erwachen Skynets, pardon des Internet, erinnern können,  wollen nicht mehr nur konsumieren, sie wollen selbst Informationen liefern, vorhandene ergänzen oder verändern: Sie gestalten das Web mit. Der Consumer ist zum Prosumer geworden, von einem passiven zu einem aktiv am Werden des virtuellen Raumes und seiner Fortentwicklung teilnehmenden Baustein der virtuellen Welt die – man muss es zugeben – immer weniger überschaubar scheint.[1]

 

Natürlich war uns dies im Jahr 2010 nicht bewusst. Tatsächlich hatten wir im Vorfeld keinerlei grundsätzliche Überlegungen zu unserem Flug angestellt: An eine Social-Media-Richtlinie hat seinerzeit niemand gedacht und es gibt sie bis heute nicht; ein Fakt der unserer Auffassung nach mehr Vor- als Nachteile mit sich bringt. Der Auslöser für unsere Initiative waren zwei konkrete Probleme:

Das Erscheinungsbild der offiziellen städtische Homepage, wenn man so will unsere Orbitalstation, ist wie wohl bei den meisten anderen Archiven durch verschiedene Normen definiert, die sämtlich durch die Corporate Identity der Stadtverwaltung vorgegeben sind. Innerhalb dieses doch recht eng geschnürten Korsetts konnten wir unsere eigenen Vorstellungen von einer Webpräsenz nicht verwirklichen. Insbesondere hatten wir aber ein großes Problem damit, dass dem Archiv keinerlei redaktionelle Kompetenzen bei der Betreuung seiner eigenen Webseite zugebilligt wurden. Jedwede Ergänzung oder Änderung des Auftritts muss auch heute noch über die Pressestelle veranlasst werden, was in der Regel zu Verzögerungen – teilweise von mehreren Wochen – führt. Eine schnelle Kommunikation aktueller Termine, Schließungen oder Änderungen ist so natürlich nicht möglich.

 

Das pragmatische Verlassen des Orbits – um wieder metaphorisch zu werden – brachte uns daher vor allem eins: Freiheit.

Wir hatten die Möglichkeit jedwede aus unserer Sicht relevante Information quasi in „Echtzeit“ ins Netz zu stellen, sie zu „posten“. Mit der Zeit kamen wir dahinter, welche dieser Posts von unseren Usern goutiert und welche ignoriert wurden. Die entsprechenden Hilfsmittel – in erster Linie Daten über die Nutzung aber auch über die Herkunft der Nutzer – wurden vom „Steuermann“ immer stärker genutzt, und zuerst langsam, dann immer stärker stieg die Zahl derer, die unseren Auftritt im Facebook mit einem „like“ versahen, d. h. unsere virtuellen „Freunde“ wurden.

Hinterfragen Sie am besten selbst, wie viele Benutzer Ihr Archiv jedes Jahr besuchen, wie viele interessierte Personen Ausstellungen frequentieren, die Sie mit großem Arbeitsaufwand und Herzblut in Ihrem Archiv organisiert haben. Unsere letzte wirklich große Ausstellung von Archivalien – 2009 in Kooperation mit dem Staatsarchiv Amberg – hatte rund 3.000 Besucher.

Diese Zahl entspricht der Zahl unserer Besucher im Facebook in einer durchschnittlichen Arbeitswoche. Im – für uns sehr gut verlaufenen – Jahr 2012 wurden die von uns geposteten Inhalte sogar von mehr als 125.000 Usern gesehen.

 

Natürlich kann man den Wert solcher Zahlen nun aus jeder Richtung analysieren, Kosten-Nutzen-Rechnungen anstellen, restriktive Social-Media-Richtlinien entwerfen (wie hilfreich diese auch immer sein mögen): Was bleibt ist letztlich der Fakt, dass Sie wie auch wir mit Hilfe dieses Mediums eine Vielzahl grundsätzlich eine beträchtlich größere Zahl an vor allem aber nicht nur jungen Usern erreichen können und werden. Die beliebte Formulierung, man müsse die „Leute abholen“ wo sie sind halte ich persönlich für eine Floskel. Niemand wartet auf Sie. Aber es gibt eine große Zahl an Menschen, die Sie mit relativ wenig Aufwand für die Geschichte Ihrer Stadt begeistern können und die sich insbesondere für historische Fotografien erwärmen:

Wir nutzen hierzu die Technik der erzählenden Bilder – historische Aufnahmen, die auch ohne Beschreibung bereits eine Geschichte erzählen, z. B. Straßenzüge dem Betrachter bei letztlich geringer Abweichung zum heutigen Zustand so viele Fragen aufgeben, dass er oder sie dort verweilt. Dieser User wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Beschreibung lesen, die sie dem Bild beigefügt haben. Sie werden erstaunt sein, wie viele „friedliche Kontakte“ sie so zu anderen Menschen herstellen können, aber auch, wie viele Anregungen Ihnen diese neuen „Freunde“ zu geben im Stande sind. In den Weiten des Alls verbergen sich mehr begeisterte Heimatforscher und Hobbyhistoriker als auch wir vermutet haben.

 

Und die Aliens? Es gibt sie. Vergessen Sie die NSA und Google – sobald sie das Web betreten und sei es nur das klassische Web 1.0 haben Sie sich diesen Entitäten ausgeliefert. Oder wie bereits die „Zeit“ schrieb: „Wer Microsoft, Apple, Yahoo, Google, Facebook, PalTalk, AOL, Skype und YouTube nicht nutzt, wird vom Prism-System nicht direkt erfasst.“[2]  Die privaten und öffentlichen Netzoligarchen und ihre stetig weiter entwickelten Algorithmen sind in einem Maße omnipräsent, dass die Empfehlung unseres Bundesinnenministers „sich selbst zu schützen“ nicht mal mehr mit dem Pfeifen im Walde – oder besser: im dunklen Lüftungsschacht des Raumschiffs – verglichen werden kann.

 

Nein – relevanter  sind jene nervigen Aliens, die jederzeit alles besser wissen als sie, die falsche Behauptungen in die Welt setzen, rotzige Kommentare zu ihren Posts einstellen und überhaupt die schöne neue Welt durch übelriechende Flatulenzen verpesten.

Ziehen Sie in einem solchen Fall nicht den Phaser.

Bleiben Sie sachlich und höflich. Entwaffnen Sie diese Aliens mit Ihrer Kompetenz. Die anderen User werden auf Ihrer Seite sein. Nicht jedes Raumschiff braucht einen Schutzschirm wie die selige Enterprise und nicht jedes Archiv im interaktiven Datenraum braucht gleich einen „Shitstormmanager“.

 

„Dank unseres selektiven Erinnerungsvermögens sind wir in der Lage, rasch neue Gewohnheiten anzunehmen und frühere zu vergessen.“[3] Ein kurzer und scheinbar harmloser Satz aus dem kürzlich in deutscher Sprache erschienenen Buch „Die Vernetzung der Welt – Ein Blick in unsere Zukunft“ des Autorenduos Eric Schmidt und Jared Cohen. Schmidt – immerhin Executive Chairman von Google, und Cohen stellen auch fest, dass die „virtuelle Welt nicht nur unseren Umgang mit anderen Menschen verändern [wird], sondern auch unsere Selbstwahrnehmung.“[4]

 

Gestatten Sie mir dazu einen ganz persönlichen Gedankensplitter, der diesmal nichts mit Science Fiction zu tun hat: Vor nicht allzu langer Zeit verbrachte ich einen Teil meines Feierabends mit einer hoch gelobten Fernsehserie, die, produziert von Hollywood-Ikone Martin Scorsese, einige interessante Einblicke in die Prohibitionszeit der frühen zwanziger Jahre bietet. Einer der Protagonisten befand sich – notgedrungen – auf der Suche nach einem Telefon, ein situationsbedingt unnötig zeitraubender und nervtötender Akt in dessen Verlauf mir ganz beiläufig durch den Kopf schoss: Warum benutzt er nicht sein Handy?

Nun ist es zwar offenkundig, warum ein Charakter der 1920er Jahre noch kein Handy benutzen darf, durchaus bemerkenswert scheint jedoch, wie selbstverständlich der Konsument, von seinen eigenen Gewohnheiten ausgehend, ein erst kürzlich erlerntes Verhalten auch von einem fiktiven Charakter erwartet, dessen Handeln bald 100 Jahre in der Vergangenheit stattfindet.

 

Schmidt übertreibt also durchaus nicht mit seiner eingangs zitierten Feststellung und ich persönlich neige dazu, ihm auch zu glauben, wenn er hinsichtlich der Weiterentwicklung der Rechenprozesse prophezeit „Wir werden die Antworten auf ihre Fragen kennen, ehe sie selbst die Fragen wissen.“[5]

Ob man diese „Brave new World“ nun sehnlich erwartet, oder sie unwirsch zu ignorieren versucht spielt keine Rolle. Sie ist bereits um uns – das bereits Gesagte erinnernd möchte man hinzufügen: Sie ist irgendwie bereits in uns.

 

Die Frage ob Archive im Web 2.0 agieren sollten, die Überlegung nach Sinn und Unsinn des Ganzen ist somit letztlich rein akademisch, da die Meinung der Archive hierzu schlicht niemanden außerhalb der Archivgemeinde interessiert. Das Web 2.0 ist bereits da, das „Internet der Dinge“ – die Vernetzung von Maschinen, Gebrauchsgegenständen und Hauselektronik wird kommen. Ob Sie schon bald eine SMS von Ihrem Kühlschrank bekommen werden oder der lieber gleich ihrem Auto mitteilt, dass sie noch zum Supermarkt fahren sollen, kann ich nicht sagen. Für uns bleibt ein Satz maßgeblich, den Carsten Ulbricht schon beim Deutschen Archivtag in Köln im Jahr 2012 formulierte „[…] die neue Art der Nutzung und Kommunikation im Internet wird bleiben.“[6]

 

Wir müssen uns dem stellen. Letztlich ist das nur möglich, wenn wir – jeder für sich – Social Media mit gestalten. Nachträglich zu dokumentieren werden diese komplexen Entwicklungen ebenso wenig sein wie das Regieren der Kanzlerin via SMS.

 

Und bei allem eventuell vorhandenen Unwohlsein sollten sie eines nicht vergessen: Eine Webpräsenz, die von mehreren hundert oder tausend Menschen wöchentlich besucht wird kann für sie auch ein Instrument sein, wohl begründete Interessen ihres Archivs durchzusetzen. Auch Kommunalpolitiker sind im Web 2.0 vertreten – sie werden verblüfft sein, dass auf einmal Entscheidungsträger von Ihrer Arbeit Notiz nehmen, die nie zuvor auch nur eine ihrer Veranstaltungen besucht haben.

 

Ein Umstand, den man mit einem erstaunten „faszinierend“ kommentieren möchte.

 

In diesem Sinne: Gehen sie mit ihrer Besatzung an Bord, setzen sie Kurs und zitieren sie mit fester Stimme Captain Kirk: „Scotty, Energie!“

 

 

[1] vgl. Kemper, Joachim; Fischer, Jörg; Hasenfratz, Katharina; Just, Thomas; Moczarski, Jana; Rönz, Andrea: Archivische Spätzünder? Sechs Web 2.0-Praxisberichte in: Der Archivar  Heft 02/2012, Seite 136 ff.

[2] http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-06/nsa-prism-gegenwehr Beuth, Patrick: „Gegen die NSA ist Gegenwehr kaum möglich“, Download vom 15.07.2013

[3] Schmidt, Eric; Cohen, Jared: Die Vernetzung der Welt – Ein Blick in unsere Zukunft. Reinbek bei Hamburg, 2013, S. 16

[4] Ebd.

[5] vgl. auch:  Bürgerbewegung zur Rettung der Privatheit. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Rudolf Baum im Gespräch (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturfragen/2177869); analog: Schmidt, Eric; Cohen, Jared a. a. O.

[6] Ulbricht, Carsten: Social Media & Recht. Chancen und Risiken im Web 2.0, in: VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.: Kulturelles Kapital und ökonomisches Potential – Zukunftskonzepte für Archive, Fulda 2013

 

 

© Jörg Fischer, Stadtarchiv Amberg

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/905

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nachgefragt | Mitarbeit an einer Ausstellung „Stephansheide: vom Kriegsgefangenenlager zum Kinderheim“ | Rösrath bei Köln


Polnische Kriegsgefangene in Hoffnungsthal (Bildarchiv Geschichtsverein Rösrath)
 

Das Pädagogische Zentrum für Kinder und Familien in Stephansheide (eine Einrichtung der Diakonie Michaelshoven) in Rösrath bei Köln sucht Interessierte, die sich an der Konzeption einer Ausstellung zur wechselvollen Geschichte des Standortes beteiligen wollen. Dort wurde – etwas abgelegen im Gelände der Wahner Heide – 1940 ein Kriegsgefangenenlager errichtet, in dem vor allem polnische Kriegsgefangene inhaftiert wurden. Nach 1945 wurden die Gebäude als Kriegswaisenheim genutzt und nach und nach zur heutigen Einrichtung ausgebaut. Bis heute sind einige Gebäude des Kriegsgefangenenlagers erhalten. Die geplante Dauerausstellung soll in drei Räumen erstens die Geschichte des Kriegsgefangenlagers während des Zweiten Weltkriegs, zweitens die Heimerziehung in den 1950er- und 1960er-Jahren sowie drittens die Entwicklung hin zu einer modernen Jugendhilfeeinrichtung  dokumentieren.

Die Diakonie Michaelshoven sucht in Kooperation mit dem Geschichtsverein Rösrath nach Interessierten, die erstens die Geschichte des Standortes, Quellen, Exponate und Zeitzeugen recherchieren und sich zweitens an der museumspädagogischen Konzeption der Ausstellung beteiligen wollen – beispielsweise im Rahmen des Geschichtsstudiums oder als museumspädagogisches Praktikum. Sie können sich bei Frau Sabine Fleper, Mitarbeiterin bei der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Stephansheide (Telefon: 02205 922737, s.fleper@diakonie.michaleshoven.de) melden.

Am 12. Oktober 2013 können mögliche Interessenten auch an einer Führung über das Gelände teilnehmen (14 Uhr, Treffpunkt: Heidezentrum Turmhof, Kammerbroich 67 in Rösrath).

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/2077

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Berichte aus der Benutzerperspektive (Preprint Archivar)

Auf academia.eu hat Klaus Taschwer bereits seinen gemeinsam mit Anja Sattelmacher verfassten Aufsatz für die nächste Ausgabe des Archivar veröffentlicht. Darin geht es um vorbildlichen und weniger vorbildlichen Service von Archiven – und erwartungsgemäß erweist sich die Serviceorientierung der Archive wieder einmal als ausbaufähig: lückenhafte Online-Bereitstellung von Beständeübersichten und Findbüchern, intransparente Beständestrukturen, wenig einladendes Nutzungsambiente (insb. überbürokratische Anmeldestrukturen, Misstrauenskultur gegenüber Nutzern), überwiegende Fotografierverbote in den Lesesälen, schwacher Digitalisierungsgrad von Archivgut. Zudem beklagen die Autoren eine fehlende Diskussion um die Benutzerfreundlichkeit bzw. fehlende Kommunikationsräume für diese Diskussion.

Eine Lösung dieser Probleme dürfte – ebenfalls wieder einmal – auf bestimmte zentrale Prämissen des Archiv 2.0 hinauslaufen: intensive Nutzerorientierung, transparente archivische Archivalien- und Bestandsstrukturen, attraktive (virtuelle) Kommunikationsräume für Archive/Archivare und Nutzer (jetzt bereits hier vorhanden oder beispielsweise auch auf Archivalia, daneben auf den Facebook-Seiten einiger Archive). Sicherlich nicht zufällig zielen viele der Kritikpunkte auf die analogen archivischen Denk- und Organisationsstrukturen, die im digitalen Zeitalter schnell Gefahr laufen, überholt und veraltet zu wirken. Entsprechend muss archivisches Handeln bereits jetzt den virtuellen Raum umfassen, sicherlich nicht mit hundertprozentigen Beständedigitalisierungen, wohl aber mit attraktiven Nutzungsangeboten  zur Vor- und Nachbereitung des traditionellen Archivalienstudiums. Sprechen wir mit unseren Nutzern und hören auf Sie, denn sie müssen das Maß archivischer Arbeit sein!

Und noch ein kleiner Teaser: In der genannten nächsten Archivar-Ausgabe wird auch ein Artikel zum Archiv 2.0 zu finden sein…

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/883

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Stimmen der Kulturwissenschaften | Podcasts II

[Autor: Jürgen Wollenhaupt | Studierender | Universität Duisburg-Essen]

Die Stimmen der Kulturwissenschaften (SdK) werden mit großem persönlichen Engagement von Daniel Meßner in Zusammenarbeit mit Martin Gasteiner, beide als Historiker an der Universität Wien beheimatet, produziert. Das Projekt wird nur teilweise von der Universität gefördert und finanziert sich ansonsten über Spenden. Daniel Meßner promoviert an der Universität Wien über die Einführung der Biometrie Ende des 19. Jahrhunderts anhand der Techniken Polizeifotografie, Anthropometrie und Fingerabdruckverfahren.

Meßner erklärt zu seinem Projekt, dass es „viele spannende Forschungsprojekte im Umfeld der Geistes- und Kulturwissenschaften [gibt]. Einige davon möchte ich in der Gesprächsreihe Stimmen der Kulturwissenschaften (SdK) vorstellen. Die Resonanz dieser Untersuchungen ist in der Öffentlichkeit und den Mainstream-Medien gering, nur selten werden sie außerhalb des Wissenschaftsraumes wahrgenommen und werden gesellschaftspolitisch wirksam.

Er möchte mit seinen Interviews Geistes- und Kulturwissenschaftlern die Gelegenheit geben ihre Forschungen angemessen darzustellen. Ohne Zeitvorgabe dauern die Gespräche zwischen 30 und 90 Minuten. Meßner stellt nur wenige strukturierende Zwischenfragen, der Rede- und Ideenstrom des Interviewten kann frei fließen. Damit ist ein einzigartiger „Blick in die akademische Werkstatt“ möglich, den man sonst wohl nur im persönlichen Gespräch erleben kann.

Mittlerweile sind über 60 Interviews abrufbar. Die Bandbreite reicht von den typischen universitären Themen, wie z.B. „Zeitkonzepte in der Frühen Neuzeit“, „Geschichte des Hörspiels“ oder österreichischen Besonderheiten wie „Fragämter und Hausnummern“ sowie Medien- und Internetthemen. Themen der Populärkultur wie Fußball oder Horrorfilme sind ebenfalls vertreten.

Der generelle Anspruch Meßners an die SdK zu zeigen, wie „digitale Techniken die historische Arbeitspraxis verändern“ wird meines Erachtens aber selbst in den Beiträgen, die sich explizit mit Themen des digitalen Zeitalters befassen, nicht eingelöst.

Das Logo der SdK verweist jedoch auf ein anderes, weniger offensichtliches Ziel. Nämlich eine Kultur des Hörens und Zuhörens aus der Zeit vor den visuellen Medien ins digitale Zeitalter zu übertragen. Daniel Meßner beschreibt ausführlich mit welchen Geräten die Aufnahmen gemacht werden. Die technische Qualität in schwierigen Aufnahmeumgebungen – die Interviews werden meist in den Arbeitsräumen der Gesprächspartnern oder bei Tagungen geführt – ist ein wichtiger Bestandteil seines Konzeptes. Für den Hörer bedeutet das die Möglichkeit der differenzierten Wahrnehmung. Sprachduktus, Dialektfärbung und Wiederholungen ermöglichen es über das Hören ein persönliches „Bild“ des Interviewten zu entwickeln, denn bei vielen Beiträgen gibt es kein Porträtfoto des Interviewten, das erste Anhaltspunkte liefern könnte.

Es ist sicherlich nicht überzogen, den acoustic turn in den Kulturwissenschaften, über den Daniel Meßner im Beitrag SdK 60 mit Hans-Ulrich Wagner spricht, als maßgeblichen Antrieb für Meßners Arbeit zu sehen. Leider gibt es keinen Hinweis auf dieses Thema in der Beschreibung der Folge. Dort liest man „SdK 60: Hans-Ulrich Wagner über Klangarchäologie.“ Hans-Ulrich Wagner rekonstruiert in einem archäologischen Prozess vergangenes Hören aus einer Fülle von Materialien. Trotz einer Übersicht mit Zwischenkapiteln ist es für den interessierten Hörer bei der Sichtung der Beiträge im Internet schwierig zu erkennen, was ihn erwartet. Die Beschreibungen der einzelnen Interviews geben nur Anhaltspunkte, im Gesprächsverlauf können andere Themen eine wichtige Rolle spielen.

Bei der allgemeinen Suche im Internet über eine Suchmaschine nach Themen mit denen sich die SdK befassen, landen diese auf den hinteren Plätzen. Es bleibt also nur die Möglichkeit die Beiträge als feed oder über iTunes zu abonnieren.

Quelle: http://zwopktnull.hypotheses.org/87

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