Auch das ist deutsch-französische Geschichte des 20. Jahrhunderts: Mehr oder weniger durch Zufall sind an einem Gebäude am Speyerer Stadtrand “Graffiti” von französischen Soldaten erhalten geblieben. Vieles dieser kleinen Texte sind unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs entstanden. Das Stadtarchiv Speyer hat eine kleine Auswahl auf Flickr zusammengestellt (z.T. mit Übersetzungen).
Wo starb die Heilige Elisabeth?
Die Frage nach dem Ort des Sterbens dieser mittelalterlichen Heiligen beschäftigte Historiker wie Archäologen gleichermaßen. Ein historisches Rätsel, dessen Auflösung verblüffend banal erscheint. Oder ist es doch nicht so einfach?
Zunächst einmal wird hier der Sterbeort vom Grab selbst unterschieden. Wie heute auch, war es im 13. Jahrhundert eher unüblich, an dem Ort bestattet zu werden, an dem man seinen letzten Atemzug machte. Bei Heiligen ist es allerdings so, dass auch der Leichnam heilig ist und ebenso die Gegenstände, die die Heilige zu Lebzeiten berührt hat. Das macht den Sterbeort zu einem Gedenkort, der auch heilig geworden ist.
Wir wissen also, dass Elisabeth von Thüringen 1231 in Marburg, mutmaßlich irgendwo auf dem Gelände ihres Hospitals, vielleicht auch in ihrem Hospital selbst, verstarb. Die Heiligsprechung folgte kurz darauf, das Gelände wurde dem Deutschen Orden übergeben und der baute die heutige gotische Elisabethkirche über ihrem Grab. Der wesentliche Pilgerort zur Heiligen Elisabeth ist also das Grabmausoleum in der Elisabethkirche zu Marburg. So weit, so gut.
Wenn wir uns jetzt einmal die frühen, für glaubwürdig erachteten Quellen zum Leben und Sterben der Elisabeth durchschauen, so werden wir eine Beschreibung des Sterbeortes nicht finden. Es scheint gerade so zu sein, dass es für Konrad von Marburg, die Zusammensteller der Zeugenaussagen zur Heiligsprechung oder Caesarius von Heisterbach vollkommen irrelevant erschien, wo Elisabeth starb. Wichtig ist für die mittelalterlichen Autoren, wie sie starb.[1]
Die gotische Elisabethkirche wird also ab 1235 gebaut und die Gebäude der Deutschordenskommende auf dem ehemaligen Hospitalgelände errichtet. Der Ort des Sterbens scheint keine Rolle zu spielen bis Mitte der Achtziger Jahre des 13. Jahrhunderts, als Ablassbriefe für den Besuch einer Kapelle herausgegeben werden, die an dem Ort errichtet wurde, an dem Elisabeth starb. Überliefert sind drei Briefe aus den Jahren 1286, 1287 und 1291.[2] Auch in dem fragmentarisch überlieferten Nekrolog des Deutschen Ordens wird von einer Prozession zum Sterbeort der Elisabeth berichtet.[3]
Es erscheint auffällig, dass die Prozessionen und die Stiftungen erst in den 1280er Jahren beginnen und vorher über den Sterbeort geschwiegen wird. Nun sind Überlieferungslücken in der gesamten Mittelalterforschung völlig normal, aber das sei nur angemerkt.
Ausschnitt aus dem sogenannten “Schönbornplan” von ca. 1735/37 in: J. Hotz, Pläne und Bauten des Deutschen Ordens in Hessen. Funde aus dem Graf von Schönbornschen Archiv in Wiesendtheid, in: P. Dr. Klemens Wieser O.T. (Hrsg.) Acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Einzeldarstellungen (Bad Godesberg 1967) 465-474
Die Kapelle selbst stammt mit ziemlicher Sicherheit aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und wenn sie über dem Sterbeort errichtet worden war, müsste dort ein abgebrochenes Vorgängergebäude gestanden haben. Als 1970 die ersten Ausgrabungen nördlich der Kirche begannen, ging der damalige Grabungsleiter Ubbo Mozer dieser Überlieferung nach und untersuchte die Fundamente der 1786 abgerissenen Kapelle. In den Aufzeichnungen Mozers steht, dass er die Reste eines Vorgängerbaues fand. Als 2009 der alte Grabungsschnitt an dieser Stelle noch einmal geöffnet wurde, konnte das Ergebnis nicht bestätigt werden. Das ausgegrabene Fundament der Kapelle ist einphasig.
Fotos von der Ausgrabung nördlich der Elisabethkirche 2009 (Fotos: LfDM 2009 S. Gütter)
Wir sehen, archäologisch können wir die Frage nach dem Sterbeort nicht beantworten. Aber vielleicht hat jemand anders eine Idee, wie man das Rätsel um den Sterbeort auflösen kann. Ingeborg Leister bemerkt 1977 zu recht, dass es eher ungewöhnlich erscheint, eine Sterbeortkapelle zu besitzen, wenn man kurz zuvor ein aufwendiges Grabmausoleum in der großen Hallenkirche nebenan gebaut hat. Diese kleine Kapelle war auch sicher nicht für Pilger bestimmt. Der Zweck der Kapelle ist unklar, aber aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um ein ordensinternes Infirmarium, ein Krankenhaus für die Brüder, das laut mittelalterlicher Vorstellung immer eine Kapelle benötigte.
Der Bau dieses Gebäudes und der anschließenden Kapelle kosteten Geld und diese Gelder gilt es heute wie damals zu akquirieren. Und damals gab es dafür unter anderem das Mittel des Ablassbriefes.[4] Dem Besucher wird Ablass von den Sünden gegeben, wenn er den Sterbeort der Elisabeth besucht und spendet. Eine alljährliche Prozession macht diese historische Überlieferung glaubwürdig. Augenzeugen von Elisabeths Tod, die dem Geschehen widersprechen könnten, lebten in den 1280er Jahren nicht mehr. Diese These Ingeborg Leisters könnte des Rätsels Lösung sein.
[1] “Forma de statu mortis Lantgraviae de Thuringia” in: A. Huyskens, Quellstudien zur Geschichte der Hl Elisabeth. Landgräfin von Thüringen (Marburg 1908) S. 148-150/
Summa Vitae in: E. Könsgen (Hrsg.), Caesarius von Heisterbach. Das Leben der heiligen Elisabeth und andere Zeugnisse, Veröff. Hist. Kommission Hessen 67,2 = Kleine Texte mit Übersetzungen 2 (Marburg 2007) S. 127-135/
Libellus in: A. Huyskens, Der sog. Libellus de dictis quatuor ancillarum s. Elisabeth confectus (Kempten u. München 1911)/
Caesarius von Heisterbach „Sancte Elyzabeth Lantgravie“ in: E. Könsgen (Hrsg.), Caesarius von Heisterbach. Das Leben der heiligen Elisabeth und andere Zeugnisse, Veröff. Hist. Kommission Hessen 67,2 = Kleine Texte mit Übersetzungen 2 (Marburg 2007) S. 7-91
[2] Wyss, Urkundenbuch I, Nr. 460, Nr. 474, Nr. 525
[3] Wyss, Urkundenbuch III, 1292, S. 266
[4] I. Leister, Zur Baugeschichte des Deutschen Hauses, in: C. Schott (Hrsg.), Hundert Jahre Geographie in Marburg. Festschrift aus Anlaß der 100-jährigen Wiederkehr der Einrichtung des Lehrstuhles Geographie in Marburg, des Einzugs des Fachbereichs in das “Deutsche Haus” und des 450-jährigen Gründungsjubiläums der Philipps-Universität (Marburg 1977) 106
Besuch eines Wikipedianers
Ein Beitrag von Rebecca Araya
Für diese Sitzung war der Vortrag vom Wikipedianer Marcus Cyron vorgesehen. Da ich
mich mit der Struktur und Arbeitsweise der sogenannten Wikipedia-Community schlecht
auskenne, kamen mir vor zwei Wochen sowohl der Name Marcus Cyron als auch der Begriff “Wikipedian in Residence” völlig unbekannt vor. Den Gebrauch, den ich von Wikipedia seit der Schulzeit mache, hat sich immer auf das strenggenommene Enzyklopädische beschränkt – namlich auf das “Nachschlagen” von unbekannten Begriffen. Bis dahin hatte ich mir keine so großen Gedanken darüber gemacht, was sich hinter dieser Online-Enzyklopädie eigentlich verbirgt. Erst im Rahmen dieses Seminares bin ich allmählich darauf aufmerksam gemacht worden, wie komplex und spezialisiert sie aufgebaut ist und welchen Stellenwert sie in der Wissensgemeinschaft besitzt. Der besagte Vortrag, den Herr Cyron gehalten hat, hat wesentlich dazu beigetragen.
Weil ich, wie schon gesagt, vor der betreffenden Sitzung mit dem Namen Cyron nichts anfangen konnte, machte ich mir zur Aufgabe, den Namen des Wikipedianers bei Google-
Suche einzugeben und etwas über ihn und seine Tätigkeit als „Wikipedian in Residence“
zu erfahren. Bei dieser Suche stieß ich auf einen Artikel vom Tagesspiegel geschrieben
von Astrid Herbold, der genau das Thema behandelte, das mich interessierte. Die Überschrift lautete: “Wikipedia forscht mit.” In ihrem Artikel beschrieb Frau Herbold ein
wichtiges Projekt des deutschen Wikipedia-Vereins, in dem Marcus Cyron in der Rolle des
„Wikipedian in Residence“ als eine Art Vermittler zwischen Wikipedia und der Forschergemeinde figurierte. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) sollte Herr Cyron, auf Initiative des wissenschaftlichen Direktors für Informationstechnologie am DAI, Reinhard Foertsch, anhand von Workshops die Funktionsweise des Online-Lexikons den Archäologen und Mitarbeitern am Institut näher bringen. In ihrer Beschreibung dieses für Deutschland erstmaligen Projektes bezog sich Frau Herbold ferner auf die sogenannte GLAM-Bewegung, unter welcher Initiative das erwähnte Residence- Programm geführt werden sollte. GLAM, Abkürzung für Galleries, Libraries, Archives und Museums, wurde von der Wikipedia-Community mit dem Ziel ins Leben gerufen, mit den Forschern in den unterschiedlichen Themenbereichen, welche vom Lexikon abgedeckt werden, in Kontakt zu treten und womöglich Zugang zu vorhandenen Primärquellen zu erlangen.
Als ich darüber las, dass es bei den Wikipedia-Autoren ein Bestreben vorhanden ist, in Zusammenarbeit mit der Forschung zu treten, musste ich an die anfänglichen Ängste um die angezweifelte wissenschaftliche Zuverlässigkeit Wikipedias denken. Bereits in meinen letzten Schuljahren habe ich eine Art Indoktrinierung von sämtlichen Lehrern erlebt, welche in Wikipedia eine unzuverlässige sogar kontraproduktive Informationsquelle zu erkennen meinten. Diese Idee hat mich seitdem im Verlauf meines akademischen Vorhabens immer begleitet und ist sogar im Rahmen meines Studiums an Kraft gewachsen. Nach dem Motto „lieber nach den anerkannten Standard-Referenzwerken zu greifen als Wikipedia als Referenzquelle angeben zu müssen“ gestaltete ich alle meine Hausarbeiten und Recherchearbeiten – was mir öfters der guten Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Wikipedia-Artikel wegen Leid tat.
Somit ist es leicht nachzuvollziehen, wie gerne ich über solche Initiativen wie GLAM und
ihre Residence-Programme erfuhr.
Frau Herbolds Artikel erschien im August des vorigen Jahres, als das Projekt mit dem DAI noch nicht abgeschlossen war, weshalb ich aus dem Artikel nicht erfahren konnte, wie erfolgreich das Program gewesen war. Schon hatte ich meine erste Frage an Herrn Cyron.
Mich interessierte besonders, wie Wikipedia und ihre Bemühungen zur Wissensvermittlung bei den unterschiedlichen Forschern ankommt – ob sie sich wie meine ehemaligen Schullehrer verhalten und das Online-Lexikon vom akademischen Bereich wegweisen oder ob sie es als ein künftiges Instrument bei der Forschungstätigkeit betrachten können.
Der Vortrag von Herrn Cyron beantwortete diese und andere Fragen, die ich zur Funktionsweise „hinter den Kulissen“ Wikipedias – wie er es selbst nannte – hatte. Angefangen mit der Finanzierung Wikipedias über ihre Verwaltungsstruktur, die Zusammensetzung und Herkunft der mitwirkenden Kräfte bis hin zu Fragen der Themenbereiche, Forschungsprojekte und Qualitätssicherung, gab uns Herr Cyron eine ausführliche Übersicht vom Gefüge, das hinter der weltberühmten Online-Enzyklopädie steckt.
Was meine erste Frage betrifft, so erfuhr ich, dass ein nennenswerter Anteil der Wikipedia-Autoren Akademiker sind und dass nach dem Projekt mit dem DAI einige Forscher im Zusammenhang mit einem archäologischen Befund in der Türkei anhand von einem Wikipedia-Artikel zu der Ausgrabung weiterhin Kontakt mit der Wikipedia-Community pflegten.
Im Rahmen unseres literaturwissenschaftlichen Interesses bezog er sich auf die Schwierigkeiten, welche wir als Artikelschreiber in diesem Themenbereich zu bewältigen hätten – hauptsächlich handelt es sich hierbei, so Herr Cyron, um das Einhalten der „No Original Research Policy“ (deutsch: keine Theoriefindung), denn zu leicht kann der Autor zu einer wertenden Stellung bezogen auf Werke von Autoren neigen und eigene Interpretationen oder Thesen liefern – was dem Zweck einer Enzyklopädie zuwiderläuft.
Nichtsdestotrotz machte er uns Mut, uns in der Wikipedia-Community wissenschaftlich zu
engagieren und erteilte uns ausreichendes Material, um uns den Einstieg in das Schreiben
von Wikipedia-Artikeln zu erleichtern.
Ich werde mich nun auf die Suche nach einem literaturwissenschaftlichen Thema, worüber
ich meinen Artikel schreiben könnte, begeben und bin Herrn Cyron für die hilfreichen und
interessanten Hinweise sehr dankbar.
Archive 2.0 – Ein Überblick zu Links und Literatur
Das Thema Archive und Web 2.0 scheint sich langsam eines steigenden Interesses zu erfreuen: Auf verschiedenen Archivtagen war und ist es Thema und in der aktuellen Ausgabe des Archivars gehört es bei einer Vielzahl gerade der kleineren Beiträge zum guten Ton, zumindest auf die Möglichkeiten der sozialen Medien zu verweisen. Auch bei Gesprächen unter Kolleginnen und Kollegen ist das Thema präsent, häufig aber in Verbindung mit einer gewissen Unsicherheit, was es alles gibt, wo im Netz die wichtigsten Beiträge zu finden sind und wie man einen Überblick gewinnen kann.
Aus diesem Grunde seien an dieser Stelle einmal die wichtigsten Links und Literaturtitel zur Thematik gesammelt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wohl aber mit dem Anspruch, einen Pfad durch den wuchernden Online-Dschungel zu den interessantesten archivischen Angeboten zu schlagen. Alle Ergänzungen sind herzlich willkommen!
LINKS
Archive 2.0 allgemein:
Archives 2.0 Manifesto (programmatische Standortbestimmung zum archivischen Web 2.0): http://www.archivesnext.com/?p=64
23 Things for Archivists (zur archivischen Nutzung des Web 2.0): http://23thingsforarchivists.wordpress.com/
The Interactive Archivist (Projekt der SAA zur archivischen Nutzung des Web 2.0): http://interactivearchivist.archivists.org/
Social Media-Startseite der us-amerikanischen National Archives and Records Administration: http://www.archives.gov/social-media/
Archivische Blogs:
Blog-Aggregator für archivsche Blogs: http://archivesblogs.com/
Blogs der us-amerikanischen National Archives and Records Administration: http://www.archives.gov/social-media/blogs.html
Blog der britischen National Archives: http://blog.nationalarchives.gov.uk/
Blog zum deutschen Archivwesen: Archivalia: http://archiv.twoday.net/
Blog zum (deutschen) Archiv 2.0 (ehemals Tagungsblog „Offene Archive?“): http://archive20.hypotheses.org/
Blog der Archive des Kreises Siegen-Wittgenstein: http://www.siwiarchiv.de/
Blog des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs: Archivspiegel: http://www.bb-wa.de/de/archivspiegel.html
Blog zum Rheinischen Archivtag 2012/13: http://lvrafz.hypotheses.org/
Blog zum Westfälischen Archivtag 2013: https://www.lwl.org/LWL/Kultur/Archivamt/westfaelischer-archivtag-blog/
Archive 2.0: Anwendungen, Beispiele, Projekte etc.:
Wikisource (Sammlung von Quellentexten mit Möglichkeit zur Transkription): http://de.wikisource.org/
Citizen Archivist Dashboard (Crowdsourcing bei der amerikanischen National Archives and Records Administration): http://www.archives.gov/citizen-archivist/
Archiv-Wiki des niederländischen und flämischen Archivwesens: http://archiefwiki.org/
Soziales Netzwerk des niederländischen und flämischen Archivwesens: http://www.archief20.org/
Vele Handen (Crowdsourcing beim niederländischen Nationaal Archief): http://velehanden.nl/
Flickr: The Commons (Startseite für institutionelle Fotosammlungen bei Flickr): http://www.flickr.com/commons
Flickr: Hohenlohe Zentralarchiv (Fotografische Visitenkarte des HZAN): http://www.flickr.com/photos/nomenobscurum/sets/72157627387124620/
Interview: Vom Kellerarchiv zum Archiv 2.0. Das Landesarchiv NRW in den sozialen Medien: http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/content.php?nav_id=4292
Dazu mittlerweile zahlreiche Profile von Archiven auf Facebook und Twitter (vgl. auch http://archiv.twoday.net/stories/235546744/).
Ergänzend: Geistes-/Geschichtswissenschaften und soziale Medien:
Blogplattform: hypotheses: http://de.hypotheses.org/
Blog: Rezensieren – Kommentieren – Bloggen. Wie kommunizieren Geisteswissenschaftler in der digitalen Zukunft?: http://rkb.hypotheses.org/
Blogbeitrag von Mareike König: Twitter in der Wissenschaft. Ein Leitfaden für Historiker/innen: http://dhdhi.hypotheses.org/1072
Blog zur Geschichte und Digitalen Medien: hist.net (Peter Haber, Jan Hodel): http://weblog.histnet.ch/
L.I.S.A. Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung (mit zahlreichen Thema u.a. zu Geisteswissenschaften und sozialen Medien): http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/
LITERATUR
Bouyé, Édouard: Le Web collaborative dans les services d’archives publics. Un pari sur l’intelligence et la motivation des publics, in: Gazette des Archives 227 (2012), S. xxx
Crymble, Adam: An Analysis of Twitter and Facebook Use by the Archival Community, in: Archivaria 70 (2010), S. 125-151.
Fuentes-Hashimoto, Lourdes / Szollosi, Vanessa: Archivistes et médias sociaux. Un monde de possibilités, in: Gazette des Archives 226 (2012), S. xxx
Garaba, Francis: Availing the liberation struggle heritage to the public. Some reflections on the use of Web 2.0 technologies in archives within ESARBICA (http://www.ica2012.com/files/data/Full%20papers%20upload/ica12Final00017.pdf).
Gillner, Bastian: Jenseits der Homepage Zur archivischen Nutzung von Web 2.0-Anwendungen, Marburg 2011 (http://www.archivschule.de/uploads/Ausbildung/Transferarbeiten/Transferarbeit_BastianGillner.pdf).
Gillner, Bastian: Aufgewacht, aufgebrochen, aber noch nicht angekommen. Das deutsche Archivwesen und das Web 2.0, Speyer 2013 (http://archive20.hypotheses.org/454).
Glauert, Mario: Archiv 2.0. Vom Aufbruch der Archive zu ihren Nutzern, in: Schmitt, Heiner (Hg.): Archive im digitalen Zeitalter. Überlieferung, Erschließung, Präsentation. 79. Deutscher Archivtag in Regensburg (= Tagungsdokumentation zum Deutschen Archivtag 14), [Fulda] 2010, S. 43-54.
Glauert, Mario: Archiv 2.0. Interaktion und Kooperation zwischen Archiven und ihren Nutzern in Zeiten des Web 2.0, in: Archivpflege in Westfalen-Lippe 70 (2009), S. 29-34 (http://www.lwl.org/waa-download/archivpflege/heft70/heft_70_2009.pdf).
Gutsch, Susann: Web 2.0 in Archiven. Hinweise für die Praxis (Veröffentlichungen der Landesfachstelle für Archive und Öffentliche Bibliotheken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv 8), Potsdam 2010.
Haber, Peter: Das Web 2.0 und die Archive. Anmerkungen aus Sicht eines Historikers, in: Lersch, Edgar / Müller, Peter: Archive und Medien, Stuttgart 2010, S. 72-77.
Haber, Peter / Pfanzelter, Eva (Hgg.): historyblogosphere. Bloggen in den Geisteswissenschaften [in Vorbereitung].
Heizmann, Uwe: Deutschsprachige Archive bei Facebook. Derzeitiger Stand und aktuelle Konzepte, Potsdam 2012 (http://www.multimediale-geschichte.de/bilder_co/heizmann_uwe_-_dtspr_archive_b_facebook.pdf).
Hess, Michael: Gefällt mir! Landesbibliothek Burgenland goes Facebook. Ein Stimmungsbericht, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 65 (2012), S. 316-321 (inkl. Burgenländisches Landesarchiv) (https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:175746/bdef:Asset/view).
Kemper, Joachim / Fischer, Jörg / Hasenfratz, Katharina / Just, Thomas / Moczarski, Jana / Rönz, Andrea: Archivische Spätzünder? Sechs Web 2.0-Praxisberichte, in: Archivar 65 (2012), S. 136-143 (http://www.archive.nrw.de/archivar/hefte/2012/ausgabe2/ARCHIVAR_02-12_internet.pdf).
Peltier-Davis, Cheryl Ann: The Cybrarian’s Web. An A-Z Guide to 101 free Web 2.0 Tools and other Resources, London 2012.
Samouelian, Mary: Embracing Web 2.0. Archives and the Newest Generation of Web Applications, in: The American Archivist 72 (2009), S. 42-71.
Sander, Oliver:„Der Bund mit Wiki“. Erfahrungen aus der Kooperation zwischen dem Bundesarchiv und Wikimedia, in: Archivar 63 (2010), S. 158-162 (http://www.archive.nrw.de/archivar/hefte/2010/ausgabe2/Archivar_2_10.pdf).
Theimer, Kate: Web 2.0 Tools and Strategies for Archives and Local History Collections. London 2010.
Theimer, Kate: Interactivity, Flexibility and Transparency. Social Media and Archives 2.0, in: Hill, Jennie (Hg.): The Future of Archives and Recordkeeping. A Reader, London 2011, S. 123-143.
Theimer, Kate: What is the Meaning of Archives 2.0?, in The American Archivist 74 (2011), S. 58-68.
Wagner, Bernd (Hg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2011, Essen 2011 [enthält zahlreiche Beiträge zum Schwerpunktthema „Digitalisierung und Internet“].
Westphal, Sina: Personenstandsarchive im Web 2.0 am Beispiel des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Marburg 2012 (http://www.archive.nrw.de/lav/abteilungen/fachbereich_grundsaetze/BilderKartenLogosDateien/Transferarbeiten/Westphal_Transferarbeit.pdf).
Ausstellung: Paradeyß. Herkunftsahnungen – Zukunftshoffnungen | Amberg, 29.4.-28.6.
Die Ausstellung “Paradeyß. Herkunftsahnungen – Zukunftshoffnungen”, die in der Provinzialbibliothek Amberg vom 29. April bis zum 28. Juni 2013 zu sehen sein wird, wird heute eröffnet. Ausstellungskurator Dr. Georg Schrott hat im Vorfeld hier auf dem Blog drei Beiträge dazu veröffentlicht: Georg Schrott, Paradeyß. Herkunftsahnungen – Zukunftshoffnungen, in: Weblog Ordensgeschichte, 16.3.2013, URL: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/3159. Georg Schrott, Das Kloster als Paradies, in: Weblog Ordensgeschichte, 25.3.2013, URL: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/3295. Georg Schrott, Das Paradies bei Athanasius Kircher, in: Weblog Ordensgeschichte, 8.4.2013, URL: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/3725. Flyer: Der Flyer als PDF: http://www.provinzialbibliothek-amberg.de/fileadmin/inhalte/Download/Flyer_Paradeyss.pdf [...]
Das Opfergelände des Himmels und der konfuzianische Staatskult
Das Opfergelände des Himmels (Tiantan 天壇), in westlichen Darstellungen in der Regel vereinfachend und irreführend als “Altar des Himmels”/”Himmelsaltar” beziehungsweise “Himmelstempel” bezeichnet, war der Ort, an dem zwei der wichtigsten Rituale des Staatskultes des kaiserlichen China vollzogen wurden. Dieser Staatskult läßt sich auf vorkonfuzianische Traditionen zurückführen und wurde – durch die Integration vielfältiger Elemente – “Ausdruck jener konfuzianischen Staatsdoktrin, die den Staat zugleich ethisch und kosmologisch legitimierte.”[1].
Die Rituale am Opfergelände des Himmels zählten zu den “großen Opfern”, die in der Regel vom Kaiser persönlich vollzogen wurden. Neben “großen Opfern” (da si 大祀), gab es “mittlere Opfer” (zhong si 中祀) und “Sammelopfer” (qun si 羣祀 ) beziehungsweise “kleine Opfer” (xiao si 小祀).[2]
Plan du Tien-tang ou temple dedié à Chang-ti ou souverain seigneur du ciel / [tirée du P. Duhalde] | Quelle: gallica
Das Opfergelände des Himmels – durch eine Mauer in zwei gleich große Teile geteilt – wurde zur Zeit der Ming-Dynastie im 9. Jahr der Ära Jiajing 嘉靖 (i.e. 1530) angelegt. Die wohl ausführlichste Beschreibung aus “westlicher” Sicht lieferte der aus den Niederlanden stammende Sinologe J.J.M. de Groot (1854-1921), der im späten 19. Jahrhundert die Opfergelände in Beijing besuchte [3].
Drei Punkte auf dem Opfergelände sollen hier erwähnt werden:
Runder Hügel auf dem Opfergelände des Himmels, Beijing – Foto: Georg Lehner
Auf dem im südlichen Bereich gelegenen Runden Hügel (Huanqiu 圜丘) opferte der Kaiser nicht nur zur Wintersonnenwende (dongzhi 冬至) sondern brachte auch im vierten Mondmonat das Gebet um Regen (yu si 雩祀) dar.
In der im nördlichen Bereich gelegenen “Halle des Erntegebets” (Qiniandian 祈年殿) bat er im ersten Mondmonat um eine gute Jahresernte.[4]
Huangqiongyu (“Erhabenes Gewölbe”), Opfergelände des Himmels, Beijing – Foto: Georg Lehner
Zwischen den den Nord- und den Südteil dominierenden Punkten lag das Huangqiongyu 皇穹宇, in Übersetzungen meist “Erhabenes Gewölbe” oder “Kaiserliches Himmelsgewölbe” genannt. Darin wurde
“der allerheiligste Fetisch des ganzen Kultes aufbewahrt [...] der ‘Seelensitz’ (shenwei) des Himmelsgottes. Es handelte sich um eine hölzerne Tafel auf einem viereckigen Sockel, in welche die Schriftzeichen huangtian shangdi, ‘erhabener Himmel, oberster Kaiser’, eingeschnitzt waren. Sie stand im nördlichen Teil des Tempelraumes in einem mit Drachenschnitzerei geschmückten Schrein genau in der Nord-Süd-Achse des Tempels mit der Front nach Süden, links und rechts flankiert von den Seelentafeln der verstorbenen Kaiser des herrschenden Hauses.”[5]
Mit dem Ende des Kaiserreiches war auch der Staatskult obsolet geworden. Ein letzter Versuch zur neuerlichen Etablierung der Riten am Opfergelände des Himmels wurde schließlich knapp drei Jahre nach dem Ende des Kaiserreiches unternommen. unternommen. Yuan Shikai (1859-1916), Präsident der Republik China, plante, sich zum Kaiser einer neuen Dynastie zu machen und vollzog am 23. Dezember 1914 die zur Wintersonnenwende üblichen Riten am “Opfergelände des Himmels”[6]. Ab 1918 wurde das Gelände als Park öffentlich zugänglich gemacht und 1998 wurde es auf die Weltkulturerbeliste der UNESCO gesetzt[7].
- Brunhild Staiger, Stefan Friedrich, Hans-Wilm Schütte (Hg.): Das große China-Lexikon. Geschichte – Geographie – Gesellschaft – Politik – Wirtschaft – Bildung – Wissenschaft – Kultur (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2003) Sp. 714 (“Staatskult”, Martin Kern)
- Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Goldener Drache – Weißer Adler. Kunst im Dienste der Macht am Kaiserhof von China und am sächsisch-polnischen Hof 1644-1795 (München: Hirmer, 2008) 570 (“Zeremonien”, Liang Ke). Vgl. auch die detaillierte Auflistung der am Ende der Kaiserzeit üblichen Opfer bei H.S. Brunnert, V. V. Hagelstrom: Present Day Political Organization of China (Shanghai: Kelly & Walsh, 1911) 202-207 (no. 572)
- J. J. M. de Groot: Universismus. Die Grundlage der Religion und Ethik, des Staatswesens und der Wissenschaften Chinas (Berlin: Reimer 1918) 141-155, zum Kult ebd., 155-186. Daran orientiert sich auch die Darstellung bei Frank Fiedeler: Yin und Yang. Das kosmische Grundmuster in den Kulturformen Chinas (Köln: DuMont, 1993) 68-75 (“Die Opferstätte des Himmels”)
- Vgl. Brunnert/Hagelstrom: Present Day Political Organization, 203
- Fiedeler: Yin und Yang, 70
- Dieter Kuhn: Die Republik China. Entwurf für eine politische Ereignisgeschichte. 3., überarb. u. erw. Aufl., Heidelberg: edition forum 2007), 143 und 148.
- Vgl. http://whc.unesco.org/en/list/881
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/399
Links zu 1848 und zur Politikgeschichte des 19. Jahrhunderts (1)
Schon zu lange hat dieses Blog keinerlei Linkliste – nicht weil das nicht von Anfang an als wünschenswert erschienen wäre, sondern weil der Vorsatz, noch weitere Links zu suchen, bislang der Veröffentlichung des schon Bekannten im Wege stand. Dabei soll es aber nicht länger bleiben. Daher hier eine erste Auswahl sowohl an Webseiten als auch an Blogs von Institutionen und Gruppen, die uns in der einen oder anderen Weise zu den Themen von „achtundvierzig“ relevant erscheinen.
Wer Seiten kennt – oder selbst betreibt! – die auf einer solchen Liste stehen sollten, hier aber nicht aufscheinen, ist herzlich eingeladen, über einen Kommentar Hinweise zu geben. Diese werden dann in einen Teil (2), und womöglich noch weitere, zu diesem Beitrag einfließen.
Blogs
Das 19. Jahrhundert in Perspektive
Eines von mehreren Blogs, die vom oder am Deutschen Historischen Institut in Paris betrieben werden – einer der Institutionen, die für die Initiierung von de.hypotheses.org und für dessen Betrieb maßgeblich waren und sind. Hier werden die Forschungsprojekte und Aktivitäten des DHIP zum 19. Jahrhundert vorgestellt, daneben auch Forschungsvorhaben anderer zur Geschichte Deutschlands, Frankreichs und Europas im 19. Jahrhundert. Außerdem werden Hinweise auf Veranstaltungen und Neuveröffentlichungen des Instituts und anderer Einrichtungen publiziert.
Blog der Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle (siehe unten). Berichtet wird insbesondere über neue Publikationen, Abschlussarbeiten und Veranstaltungen in Frankreich, namentlich zur Geschichte der Revolutionen, aber auch zu zahlreichen anderen Aspekten der Geschichte dieser Zeit.
Das Blog der Société d’études robespierristes, Herausgeberin der vielleicht berühmtesten revolutionsgeschichtlichen Zeitschrift, der Annales historiques de la Révolution française. Natürlich überwiegend zu den Jahren 1789 ff., aber wer wollte auch nur für einen Augenblick behaupten, dass die für die Geschichte der Revolutionen im 19. Jahrhundert verzichtbar wären?
Webseiten
Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle
Zweifellos in ganz Europa die ausgewiesenste und aktivste Gesellschaft speziell zur Erforschung der Revolution von 1848. Die Société besteht bereits seit 1904 unter wechselnden Namen. In jüngeren Jahrzehnten hat sich das Spektrum der in ihr vernetzten Forschungen zum 19. Jahrhundert vielfach erweitert, ohne freilich das zentrale Interesse an 1848 und den weiteren Stationen der „revolutionären Sequenz“ je aus dem Blick zu verlieren. Die wichtige Zeitschrift der Gesellschaft, die Revue d’histoire du XIXe siècle, ist erfreulicherweise zu großen Teilen online verfügbar.
Die 1986 gegründete Gesellschaft trägt ihren Namen in Erinnerung an das berühmte Hambacher Fest von 1832. Sie widmet sich der Erforschung der liberalen und demokratischen Bewegungen in Deutschland, aber auch der Gegner der Demokratie, und bekennt sich dazu, dass „die Werte und Ziele des Hambacher Festes gelebt und immer wieder verinnerlicht werden müssen. Die europäische Einigung, eine dauerhafte Friedenssicherung und eine gerechte Sozialordnung sind nicht die Ergebnisse eines abgeschlossenen historischen Prozesses: Daran zu erinnern und für diese Werte einzutreten sind wichtige Ziele“. Hierzu wird neben der Organisation von Veranstaltungen unterschiedlicher Art die Zeitschrift Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft herausgegeben.
Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte
Die Erinnerungsstätte ist eine 1974 gegründete Außenstelle des Bundesarchivs in Rastatt, einem wichtigen Schauplatz revolutionärer Ereignisse besonders im Mai/Juni 1849. Neben der Revolution von 1848/49 beschäftigt sie sich insbesondere auch mit den Freiheitsbewegungen in der DDR und den Ereignissen von 1989. Zu beiden Themen kann dort eine Dauerausstellung besichtigt werden; zudem ist die Erinnerungsstätte Schauplatz von Vorträgen, versteht sich als politisches Diskussionsforum und ist als außerschulischer Lernort anerkannt.
Die Seite präsentiert die Inhalte der vom Institut für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz konzipierten Ausstellung auf dem Hambacher Schloss, eine Reihe von biographischen Artikeln sowie weitere Informationen und Links zur Geschichte der Revolutionen und der Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland und Europa im 19. Jahrhundert.
Das Forum widmet sich der Förderung der öffentlichen, wissenschaftlichen und literarischen Rezeption der Literatur des Vormärz. Gerade weil dabei auch besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang von gesellschaftlicher und literarischer Entwicklung gelegt wird, ist keineswegs nur für LiteraturwissenschaftlerInnen, sondern durchaus auch für HistorikerInnen viel Interessantes dabei.
Wie hältst Du’s mit der Qualität? Gretchen online
Dieser Blogpost ist als Beitrag zur Vorbereitung der Tagung „Nachwuchs in den Geisteswissenschaften“ am 10. und 11. Juni am Deutschen Historischen Institut Paris gedacht, die die Frage nach den Folgen der digitalen Revolution auf den geisteswissenschaftlichen Nachwuchs stellt (#dhiha5). Am Ende der Veranstaltung soll ein gemeinsam von französischen und deutschen Nachwuchswissenschaftlern auf den Weg gebrachtes Manifest stehen.
Wie man ein solches Unternehmen vorbereitet? Mit einer Blogparade. Vier Themenbereiche:
1. Wie verändert die Digitalisierung unsere Forschungskultur?
2. Wie sollten Nachwuchswissenschaftler während des Studiums auf die Umbrüche vorbereitet werden?
3. Wie können die beiden wissenschaftlichen Eckpfeiler „Qualitätssicherung“ und „Evaluierung“ ins Digitale transferiert werden?
4. Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das wissenschaftliche Curriculum und wie stehen die Bedürfnisse des Nachwuchses zum Angebot der Forschungsförderer?
Auf geht’s, ich beschäftige mich mit Punkt 3. Und bin gespannt, was die französischen Kollegen aus der Fragestellung machen, denn ich hege die dunkle Ahnung, dass ein Terminus wie „Qualitätssicherung“ ein typisch deutscher ist und dass gerade der Umgang mit Netzformaten zur Kommunikation und Publikation in Frankreich sehr viel weniger skepsisbehaftet und deutlich spielerischer ist als bei uns, und das eben nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im professionellen, gar wissenschaftlichen Kontext.
Aber fangen wir mit dem zweiten Begriff an, der „Evaluierung“. Es scheint auf der Hand zu liegen, dass mit steigendem Anteil wissenschaftlicher Online-Publikationen ein permanentes Schrauben an den (häufig zementiert wirkenden) Anerkennungsmechanismen innerhalb der Wissenschaft stattfinden sollte, wie sie etwa bei Berufungen oder Drittmittelvergaben angewendet werden. Mit Online-Publikationen sind hier explizit nicht nur eBooks oder Open-Access-Zeitschriften gemeint, die in der Regel ISB- und ISS-Nummern besitzen und zumindest formal schon heute problemlos in den wissenschaftlichen CV Eingang finden (wobei das Problem des Impact Factors offenkundig bleibt, hier aber außen vor bleiben soll). Gemeint sind also insbesondere auch jene scheinbar innovativen Netz-Publikationsformate wie Blogs, Mikroblogs (z.B. Twitter) oder Wikis. Tatsächlich bestimmen sie im privaten Bereich längst das Leben des Nachwuchses – nicht so das professionelle. Web 2.0 bleibt Privatvergnügen und wird dem Doktorvater oft in vorauseilendem Gehorsam hinter vorgehalter Hand gebeichtet – weil an vielen Lehrstühlen ein geringes Maß an Erfahrung mit neuen Textformaten dementsprechende Vorurteile nährt. Ganz gleich, wie anspruchsvoll die vom Nachwuchs online kommunizierten Inhalte sind, die Assoziation mit ungezählten privaten Blogs und Foren, deren Anspruch nicht weit über den Austausch von Häkelmustern hinausgeht, klebt wie Teer an den Schreibtischen vieler Professoren. Und die Skepsis scheint dominant vererbt zu werden, zumindest gewinnt man diesen ernüchternden Eindruck im Gespräch mit jungen Wissenschaftlern. Que faire?
Ich versuche es hier so konkret wie möglich:
- Ein wichtiger erster Schritt ist mit der Gründung wissenschaftlicher Blogumgebungen wie etwa de.hypotheses.org und der Vergabemöglichkeit von ISS-Nummern für etablierte Blogs getan. Dass Letzteres bislang nur durch die französische Nationalbibliothek erfolgt, erscheint symptomatisch für die German Angst vor dem Verfall von Wissenschaftskultur durch das Internet.
- Ob eine ähnliche Evaluierungsgrundlage für andere Textgenres im wissenschaftlich genutzten Netz möglich ist, bleibt fraglich. Wie etwa sollte sie bei Twitter aussehen? Nationale Einrichtungen für die Anerkennung professionell genutzter Accounts? Keine schöne Vorstellung, zumal der Reiz eines Twitteraccounts für die anderen Twitteranians auch in der richtigen Mischung fachlicher Tweets und dem Ausdruck von Persönlichkeit begründet liegt, wozu eben auch die eine oder andere private Botschaft gehört. Und hier zeigt sich vielleicht eines der Grundprobleme: Social Media ist mit Spaß verbunden, und beides ist leider wenig kompatibel mit offiziellen Evaluierungsrichtlinien.
- Abgesehen vom Mikroblogging gibt es aber eine Reihe von Online-Formaten, die heute schon häufiger und besser in Antrags- und Bewerbungszusammenhängen verwertet werden könnten (Blogs, Wikis, Kommentare, Preprints usw.). Natürlich ist der Ruf nach mehr Offenheit bei den Förderinstitutionen und Universitäten gerechtfertigt. Andererseits – ganz primär und zuallererst – auch jener nach mehr Mut bei Antragstellern und Bewerbern. Ich hoffe auf eine Generation, die mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der sie online kommentiert oder Forschungsskizzen und -diskurse bloggt, die ihr substanziell erscheinenden Beiträge auch in der eigenen Literaturliste im DFG-Antrag aufführt. Und hier sind wir bei einem weiteren Grundproblem: Trauen wir als Wissenschaftler uns wirklich (schon), Substanzielles (nur) online zu publizieren, oder landet es nicht doch auf Papier?
Zurück zur Frage der Qualitätssicherung, die ja zumindest für das Blogwesen bereits anklang, wo Blogportalbetreiber als redaktionsähnliche Filter agieren können, um die Wissenschaftlichkeit publizierter Inhalte sicherzustellen.
Andererseits stellt sich die Frage, ob es nicht geradezu absurd ist, einem Medium die Standards eines alten Mediums (die des Papiers, das nur begrenzten Platz bietet) überzustülpen, nur um die Ansprüche derer zu bedienen, die sich vom alten Medium (noch) nicht lösen. Das Absurde daran ist wohl, dass man auf diese Weise das neue Medium daran hindert, seine spezifischen Mehrwerte und Vorteile zu entfalten, und damit ist der Teufelskreis perfekt, weil die Anreize für Akzeptanz oder gar Umstieg damit beschnitten werden. Seit Langem schon gibt es daher – oft als traumtänzerische Idealisten belächelte – Verfechter der These „publish first filter later“[1] als Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, wie denn Qualitätssicherung für wissenschaftliche Netzinhalte organisiert werden solle angesichts der wachsenden Textberge (die es by the way auch auf Papier gibt).
Aber sie haben gute Argumente, diese Verfechter. Internet ist per se weniger Publikation denn Kommunikation. Nahezu alle wirklich erfolgreichen Netzformate setzen auf individuelle Selektion, das heißt den Verzicht auf eine objektive filternde Instanz, an deren Stelle das Individuum als Filter tritt. Das ist natürlich stark vereinfacht, weil es de facto immer filternde Gruppen gibt, die den Einzelnen entlasten: Bei Facebook und Twitter filtern die Bekanntenkreise vor und mit. Bei der Wikipedia sind es die, die neben mir selbst über Spezialwissen zum jeweiligen Artikel verfügen und so weiter. Entscheidend aber ist der Verzicht auf die (vermeintlich) neutrale Vorinstanz. Erfolg hat, was wahrgenommen wird. „Wahrgenommen zu werden“ hat natürlich je nach Thema unterschiedliche Schwellen: Ein gutes Blogpost zu einem abseitigen historischen Spezialthema wird mit 20 ernsthaften Lesern und drei Kommentaren als ähnlich erfolgreich gelten können wie ein tausendfach geklickter Artikel zu Angela Merkels Urlaubsfotos auf Spiegel Online. Es geht nicht um Masse, sondern um Machbarkeit. Zweifellos ist die Machbarkeit, also die Fähigkeit zum Erreichen möglichst vieler potentiell Interessierter, online größer als in einem papiernen Fachjournal mit winziger Auflage. Das qualitativ schlechte Blogpost zum obigen Spezialthema hat nur 5 Leser, keinen Kommentar und bleibt unsichtbar, während der Link zum guten per Emails, Twitter, Literaturliste und Mund-zu-Mund-Propaganda in der Wahrnehmung der Fachkreise hochgespült wird. So sähe das „filter later“ im Idealfall aus. Wie realistisch das Szenario ist, liegt in unser aller Hand.
Apropos realistisch: Realistisch ist, dass das klassische Peer Reviewing – wie oft blind auch immer – auf absehbare Zeit zumindest in den Geisteswissenschaften tonangebend bleibt. Das (insbesondere deutschsprachige) geisteswissenschaftliche Währungssystem ist behäbig. Der Unterschied zwischen „online“ und „offline“ bleibt so lange ein verhältnismäßig kleiner, wie sich ein vorgelagertes Peer Reviewing „unsichtbar“ abspielt und das vermeintlich fertige Textwerkstück ganz am Ende statt auf Papier ins Netz gegossen wird. Ein vorgelagertes Open-Peer-Reviewing kann es öffnen, eventuell sogar fortentwickeln oder ergänzen, bleibt aber der alten Idee verhaftet, es gäbe so etwas wie einen „fertigen Text“, der zum Zeitpunkt der offiziellen Publikation zumindest temporär statisch sein soll und darf.
Dass dies eine Illusion ist, deren Ursprung im Papier begründet liegt, ist offensichtlich. Um beim oben skizzierten Idealfall zu bleiben: Das gute Spezialpost nimmt natürlich die drei eingegangenen fundierten Kommentare von Kollegen aus aller Welt auf, verarbeitet sie und publiziert ein neues Post, einen Aufsatz oder eine Monographie – selbstverständlich online und selbstverständlich mit Kommentarmöglichkeit. Denn was ist schon fertig.
[1] Z.B. David Gauntlett oder Hubertus Kohle. Der Slogan geht zurück auf Clay Shirky (2008): “Here Comes Everybody. The Power of Organizing Without Organizations”
Quelle: http://rkb.hypotheses.org/498
6 Gründe, warum Sie als Museum nie auf ein Barcamp gehen sollten
Barcamp = Veranstaltung, bei der sich verschiedene Leute zu einem Thema treffen und Informationen in ungezwungener Atmosphäre austauschen. Im folgenden Artikel geht es ums Barcamp der Kulturkonsorten am 20.4.2013 in München. Ich war dabei und kann insbesondere Mitarbeiter von Museen nur warnen, an solchen Barcamps teilzunehmen. Hier einige Gründe:
1. Sie treffen verrückte Leute
Die Leute, die Sie treffen, haben fast alle mit Kultur zu tun. Das ist zunächst nicht schädlich. Aber stellen Sie sich vor: alle wollen den Umgang mit Kultur verändern. Stellen Sie sich vor, diese Menschen warten nur darauf, Ihnen von ihren Ideen zu erzählen, damit sie in Ihrem Museum Dinge anstellen können, wie darin zu twittern, es bei Nacht zu beleuchten, damit es nicht nur am Tag genutzt wird, sondern auch bei Nacht einen guten Eindruck macht oder gar Dinosaurier zum Leben zu erwecken. Das war nicht alles; es gibt noch Schlimmeres. Dazu schreibe ich besser nichts, sonst können Sie nicht mehr schlafen.
2. Sie müssen abstruse Dinge tun
Im Museum soll man – außer Exponate anschauen – vieles mehr tun können. Solche Ansätze vertreten beispielsweise Menschen und Gruppierungen wie die Herbergsmütter. Der Name sagt doch alles! Wenn Sie sich von den Damen nicht veranlasst sehen wollen, sich Geschichten in Form von Tweets ausdenken zu müssen wie etwa: „Ihr Blick streifte die neue #Sitzgruppe, den #Lampenschirm und den #Blumenkasten, während sie mit ihrem Wohnfloß über den #Wellenkamm ritt und über ihren #Tripper nachdachte“, dann sollten Sie ein Barcamp meiden.
3. Sie müssen Twittern
Es läuft eine Twitterwall und Sie sollten fleißig twittern. Neben 10.000 anderen Dingen, die gleichzeitig auf Sie einströmen. Einfach nicht zu machen. Haben diese Leute noch nichts von Konzentration und selektiver Wahrnehmung gehört? Skandalös ist, dass sie das auch noch in die Museen tragen wollen. Das sind doch alles studierte Leute!
Sollte es Sie nicht interessieren, was die vielen anderen, die auch gerade auf dem Barcamp sind und mit denen Sie nicht sprechen können, denken und meinen, müssen Sie mindestens Ihr Smartphone zu Hause lassen. Wenn Sie nicht erfahren möchten, was Sie mit Twitter allgemein und in den Sozialen Medien im Besonderen anstellen können, bereiten Sie sich mit Ihrem Smartphone besser einen gemütlichen Tag daheim.
4. Es kann nicht seriös sein
Es laufen mehrere Veranstaltungen (sog. Sessions) gleichzeitig ab. Wenn Sie nicht die Gabe besitzen, sich aufteilen zu können, werden Sie nicht alle Angebote wahrnehmen können! Es gibt ja auch vorher kein Programm, das wird erst am Anfang „crowdgesourced“, also von den Teilnehmern festgelegt. Alles eindeutige Merkmale, dass es sich um keine seriöse Veranstaltung handeln kann.
5. Achtung: Neue Impulse, Ideen und Wissen
Bei den vielen Sessions werden Sie mit Dingen konfrontiert, von denen Sie noch nie gehört haben, ja nicht einmal für möglich halten, dass es sie gibt: welche Technologien es für Kunstvermittlung gibt, was Collaborative Art ist, was Augmented Reality mit dem Museum zu tun haben könnte oder was Social Marketing Profis raten. Wenn Sie auch nicht mit Juristen, die sich auf den Bereich Social Media spezialisiert haben ins Gespräch kommen wollen, und noch vieles mehr nicht erfahren möchten, ist ein Barcamp nichts für Sie.
6. Es ist generell gefährlich
Wenn Sie eines Tages nicht auch zu den Leuten gehören wollen, die jeden kunsthistorisch unwissenden Menschen für Kunst und Kultur begeistern wollen – sogar die jungen – dann sollten Sie einen Bogen um Barcamps machen. Die Atmosphäre könnte ansteckend sein und die neu gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen sich auf Ihre Arbeit auswirken. Sie könnten auf die Idee kommen, Ihr Museum als einen Ort der Kommunikation neu zu erfahren und den Besucher nicht nur als passiven Rezipienten sondern als aktiven Gestalter eines Kommunikationsprozesses zu erleben. Der sich durch sein Tun (nicht nur schauen!) aktiv mit den Exponaten auseinandersetzt. Wenn Sie nicht ernsthaft riskieren möchten, dass Menschen beginnen, Spaß im und am Museum zu entwickeln, dann dürfen Sie auf keinen Fall ein Barcamp besuchen.
In diesem Sinne: Toll war’s!
Quelle: http://games.hypotheses.org/1040
Frühe Medienbildung
Medienkindheit: Zwischen Verfallspanorama und Entwicklungsperspektive von Helen Knauf In den letzten Monaten habe ich mit Studierenden darüber diskutiert, welche „Zutaten“ es für eine gute Kindheit braucht. Immer wieder genannt wurde die Geborgenheit der Familie, die Verlässlichkeit von Bezugspersonen, die Freundschaft mit Gleichaltrigen, oft auch das Sich-Verlieren im Spiel und die Freiheit in der Natur. Daneben gibt es die Vorstellung, dass Kinder vor den verschiedenen Gefahren des Lebens und Aufwachsens geschützt werden müssen: Schutz vor Gewalt, Missbrauch, Diskriminierung, Vernachlässigung. Und immer wieder wird auch der [...]