Das Gedenkjahr 2014 ist nicht nur in den Medien sondern auch in zahlreichen Museen allgegenwärtig. Vor 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg im Jahr 1939, auch der 25. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 1989 wird in diesem Jahr begangen. Im Zentrum des Interesses steht für viele Museen jedoch der Erste Weltkrieg, dessen Ausbruch sich 2014 zum 100. Mal jährt. Ein Beispiel hierfür ist das Imperial War Museum London, das noch bis zum 19. Juli 2014 umfangreichen Umbau- und Renovierungsarbeiten unterzogen wird und das anlässlich […]
Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV.
1000 Worte Forschung: Abgeschlossene Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) an der TU Darmstadt (2012)

Miniatur aus dem Liber pontificalis des Albrecht von Sternberg: Kaiser Karl IV. (links) und Albrecht von Sternberg (rechts) verehren Christus. © Královská kanonie premonstrátů na Strahově, Praha, DG I 19, fol. 34v.
Noch immer wird bezüglich der Frage nach der religiösen Legitimierung von Herrschaft im römisch-deutschen Reich des Mittelalters „Canossa als Wende“ (F.-R. Erkens) verstanden. Im Zuge des sog. Investiturstreits und spätestens mit dem Wormser Konkordat hätten die mittelalterlichen Kaiser die sakralen Grundlagen ihres Handelns verloren, allenfalls Schrumpfformen der „politischen Heiligenverehrung“ (J. Petersohn) seien bis in die Stauferzeit tradiert worden, während für das eigentliche Spätmittelalter immer wieder auf den von Hermann Heimpel ausgiebig erforschten Weihnachtsdienst rekurriert wird.
Zu Recht rückt damit die Figur Kaiser Karls IV. (1346-1378) in den Fokus, der berühmt-berüchtigte ‚Reliquiensammler‘, dessen „Staats- und Privatfrömmigkeit“ vor über 30 Jahren Franz Machilek herausgestrichen hat. Seit ca. 15 Jahren findet die Frömmigkeit des Luxemburgers neue Aufmerksamkeit in Einzelstudien unterschiedlichen Umfangs. An diese Arbeiten schließt die vorgelegte Dissertation mit dem Anspruch an, das fromme Herrscherhandeln Karls erstmals in seiner Prozesshaftigkeit zu betrachten und die Frage nach der legitimierenden Wirkung religiös fundierter Herrschaftspraxis im Reich des späten Mittelalters im Detail zu stellen. Zur Schärfung der Handlungszentrierung der Untersuchung und zum besseren Verständnis, wie eine legitimierende Wirkung durch Frömmigkeit erreicht werden konnte, wurden (religions-)soziologische Ansätze von Max Weber und Pierre Bourdieu herangezogen. Archivalische Recherchen erfolgten vor allem an ausgewählten Überlieferungsorten in Nord- und Mittelitalien sowie natürlich in Prag.
Die Ergebnisse der Studie sind in drei Großkapiteln zusammengefasst, die sich Karl IV. als sakralem Akteur sowie spezifischer seinem Erwerb von Reliquien und deren weiteren Nutzung widmen. Gerade die Auserwählung – in den Augen anderer wie im mutmaßlichen Selbstbild Karls – ist ein Strukturmerkmal der karolinischen Herrschaftslegitimierung. Die bekannten Passagen der Vita Caroli Quarti sind dabei keineswegs deren erster Beleg, sondern eher eine Rückprojektion auf Basis einer Entwicklung bis zum Anfang der 1350er Jahre. Der Rückgriff auf die ältere Devotionsformel divina favente clemencia ist keineswegs auf den Kanzleigebrauch nach der Kaiserkrönung beschränkt, vielmehr wird so schon nach 1346 die besondere Rolle Gottes bei den Erfolgen des Königs hervorgehoben. Doch erst der Tod Ludwigs des Bayern im Oktober 1347, in der Perspektive des Luxemburgers ein göttliches Zeichen, ist gleichsam ein Startschuss, der Karls Prägung durch das Vorbild der französischen Könige rasch verblassen lässt. Unmittelbar darauf erfolgt eine Veränderung des Siegelbildes, in dem Karl IV. als erster Herrscher bereits vor der Kaiserkrönung sazerdotale Attribute wie Mitra und Stola führt. Auch die erste Lesung des Evangeliums durch den Herrscher in der Weihnachtsmesse im selben Jahr kann in diesem Zusammenhang besser verstanden werden. Einen weiteren ‚Bewusstseinsschub der Auserwählung‘ bewirkte neben dem Erhalt der Reichsinsignien von den Wittelsbachern das Zusammentreffen Karls mit der Mystikerin Christina Ebener 1350, die ganz konkrete Visionen bezüglich der ihm von Gott zugedachten Rolle mitteilen konnte. Vor diesem Hintergrund kam es ca. 1351/52 (E. Hillenbrandt) zur Abfassung der sog. Autobiographie; nach der Rekonvaleszenz von seiner mysteriösen Lähmung begann Karl ab 1353 zielgerichtet mit der Vorbereitung der Kaiserkrönung, aber auch der eigenständigen Erhebung von Reliquien, die zuvor fehlen.

Detail des Freskos ‚Ecclesia militans‘ von Andrea di Bonaiuto (Andrea da Firenze) aus der Capella Spagnola der Dominikanerkirche S. Maria Novella in Florenz, entstanden 1366/67. In der linken Hand des Kaisers, der als Karl IV. zu identifizieren ist, findet sich statt des Reichsapfels ein menschlicher Schädel. Bemerkenswert auch die Aureole um den Kopf des Kaisers. Foto: Martin Bauch
Dieser Reliquienerwerb wird im zweiten Großkapitel genauer ins Auge gefasst. Dabei stellt sich rasch heraus, dass neben dem Vorbild Ludwigs des Heiligen auch die přemyslidischen Vorfahren Karls beispielgebend waren. Die Reliquienakquise hatte, wie auf Basis einer fast 600 in Prag nachweisbarer Einzelheiltümer umfassenden Liste demonstriert wird, ihre zeitlichen Schwerpunkte im Vorfeld der Kaiserkrönung 1353-55 und des zweiten Italienzuges 1368/69; es kristallisiert sich auch der Südwesten des Reichs mit den Erzstiften und den reichsunmittelbaren Klöstern entlang des Rheins als neben Rom bevorzugten Herkunftsregionen der nach Böhmen verbrachten Reliquien heraus. Tatsächlich nutzte Karl die ökonomische Schwäche der von ihm besuchten Kommunitäten, aber auch gute Beziehungen zum Ortsbischof sowie bereits etablierte Kontakte von Klerikern seiner Kanzlei, um an die begehrten Heiltümer zu gelangen. Großer Wert wurde auf Anciennität und Authentizität der Überreste gelegt – die aus der Praxis rekonstruierten Echtheitskriterien orientierten sich kaum an den Argumenten Guiberts von Nogent. Für die Wahl der Reliquien war nicht in erster Linie die Prominenz des Heiligen wichtig, sondern die Möglichkeit, möglichst große Teile des Körpers zu erhalten. Bemerkenswert war auch die Rolle des erhebenden Herrschers: Nicht nur wurde peinlich genau darauf geachtet, die Fiktion der freiwilligen Herausgabe der Reliquien zu wahren. Auch wurden Gegenleistungen an die Reliquiengeber bestmöglich verschleiert; Geldzahlungen sind kaum je festzustellen, dreister Reliquienraub durch Karl ist ein Forschungsmythos. Auffällig ist auch das Bestreben des Luxemburgers, eigenhändig an der Umbettung der heiligen Gebeine teilzunehmen, obwohl solches Handeln ihm als Laien kanonisch untersagt war. Hier manifestiert sich wie schon beim Weihnachtsdienst oder einigen der untersuchten Herrschereinzüge eine Tendenz zur kontrollierten Grenzüberschreitung, die den römisch-deutschen König oder Kaiser einem Kleriker annäherte, obwohl er eindeutig Laie blieb. Ähnlich liegt der wenig bekannte Fall der an die Person des Herrschers gebundenen Ablässe für Teilnehmer von Messen in Gegenwart Karls.

Mittleres Feld des Apokalypse-Mosaiks über dem Südportal des Veitsdoms (ca. 1370/71). Unter Christus in der Mandorla finden sich die böhmischen Landespatrone Prokop, Sigismund, Veit, Wenzel, Ludmilla und Adalbert (v.l.n.r.). Darunter die Stifterfiguren Karls IV. (l.) und Elisabeths v. Pommern (r.). Foto: Sebastian Keller
Die sich an diesen Beispielen andeutende Erkenntnis, dass der römisch-deutsche Herrscher als semi-sazerdotaler Heilsvermittler für seine Untertanten tätig wurde, bestätigt sich bei der Untersuchung der weiteren Nutzung der Reliquien: Nicht nur wurden die Herrschaftszentren der luxemburgischen Lande und des Reichs durch Karl IV. gezielt sakralisiert, also durch Liturgie, Architektur und Heiligen- wie Reliquienkult mit einander verbunden; dies galt natürlich vor allem für Prag und den Veitsdom, wobei die Prager Neustadt in Absetzung von der älteren Forschung als Rekonstruktion des Reichs und nicht etwa Jerusalem interpretiert wird. Vielmehr kann auch das Verständnis der mysteriösen Burg Karlstein um neue Aspekte ergänzt werden: Die Heiligkreuzkapelle, ein Nachbau des Himmels selbst, diente dem Kaiser u.a. als Oratorium zur Konsultation mit den in ihren Reliquien präsenten Schutzheiligen des Reichs und seiner Städte. Die ausgeklügelte Praxis der Sakralisierung gerade auch durch Performanz – für die Heiltumsweisungen in der Prager Neustadt kann etwa eine eigenhändige Beteiligung Karls IV. plausibel gemacht werden – hat bald Nachahmer unter den Reichsfürsten gefunden. Und doch stieß sie wie auch der ausgeprägte Heiligenkult schon früh auf Kritik in Böhmen. Aus den Reihen des unter Karl sozialisierten Klerus selbst kamen die Kirchenreformer, auf denen Jan Hus aufbauen sollte. Die Frage nach dem Erfolg der karolinischen Sakralisierungsbemühungen mit mutmaßlich herrschaftslegitimierendem Effekt wird also am Ende des Forschungsvorhabens keineswegs eindeutig positiv beantwortet.
Trotz allem wird im Lauf der Untersuchung klar, dass das vermeintlich gesicherte Bild des staats- und privatfrommen Luxemburgers mit seiner berüchtigten Vorliebe für heilige Überreste deutlich vielschichtiger ist als bisher gedacht: Die spezifisch karolinische Praxis von Frömmigkeit und Heilsvermittlung vor dem Hintergrund vielfach betonter Auserwählung muss den Vergleich mit den Sakralmonarchien Westeuropas nicht scheuen. Dass sie aufgrund der Hussiten und dynastischer Wechsel keine Kontinuität begründen konnte, teilt sie mit vielen anderen Aspekten des Heiligen Römischen Reichs im späten Mittelalter.
Martin Bauch: Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV., Köln; Wien 2014 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittealters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, 35).
Startbahn, Spielwiese oder Sackgasse? Erfahrungen mit dem Facebook-Auftritt des Landesarchivs NRW
Vor kurzem machte ich beim archivischen Alltagsgeschäft eine interessante Entdeckung: Es ging um Überlieferungsbildung, in meinem Büro stapelten sich Akten einer Akzession des Polizeipräsidiums Mönchengladbach. Nicht die wirklich spannenden Einsatzakten, sondern eher polizeiliche Verwaltungstätigkeit. Hier war der nicht allzu seltene Fall eingetreten, dass die Akten einfach in einem Kellerraum gelagert und dort über Jahrzehnte mehr oder weniger vergessen wurden; die Akzession beinhaltete also durchaus Akten der 1960er und 1970er Jahre.
Bei der schnellen Durchsicht fiel ein Briefkopf ins Auge: „Hauptstaatsarchiv Düsseldorf“ – Spuren also der eigenen Amtsvorgänger: Im Mai 1968 bat der zuständige Dezernent des Hauptstaatsarchivs um einen Termin, um sich einen Überblick über die vorhandenen Akten zu verschaffen. Im Juni 1968, nach absolviertem Besuch, teilte das Hauptstaatsarchiv der Polizeibehörde mit, welche Aktenzeichen man für archivwürdig erachte und bitte in ein Aussonderungsverzeichnis aufzunehmen seien. Danach passierte erst einmal nichts mehr. Im September 1969 fragte das Hauptstaatsarchiv den momentanen Sachstand ab und erhielt einen entschuldigenden Verweis auf andere dringende Arbeiten und eine sehr angespannte Personallage. Im März 1970 übersandte dann die Schutzpolizei eine Anbietungsliste mit immerhin 25 Aktenordnern. Das Hauptstaatsarchiv bewertete diese Liste, schlug aber vor, mit der Übernahme zu warten, bis auch die Kriminalpolizei ihre Akten angeboten habe. Offenkundig ein Fehler, denn das dauerte. Im August 1971 erfolgte hier die nächste Anfrage, im Dezember 1971 dann die Antwort, dass die Aussonderungsarbeiten bei der Kriminalpolizei noch nicht abgeschlossen seien. Im Dezember 1973 startete das Hauptstaatsarchiv dann die nächste Anfrage, mit dem Ergebnis, dass im Januar 1974 tatsächlich eine Anbietung erfolgte – von sage und schreibe einer einzigen Akte. Der Vorgang endet übrigens mit einem erneuten Schreiben des Hauptstaatsarchivs vom August 1974, man hätte der Presse entnommen, dass auf der Schlibecker Mülldeponie Akten der Polizeidirektion Mönchengladbach gefunden worden seien. Die Abgabepflicht solle doch bitte beachtet werden.
Traditionelle Arbeitsstrukturen
Warum erzähle ich Ihnen diese Geschichte? Nach dem ersten Schmunzeln fiel mir auf, dass diese Akzession zwar zeitlich langdauernd und inhaltlich mager verlief, mir – und wahrscheinlich Ihnen genauso – der dahinter stehende Workflow aber sehr bekannt vorkommt: Anschreiben der Behörde, Bitte um Anbietungen, Nachhaken nach Antwort, Umgang mit Vertröstungen, Betonung der Anbietungspflicht, Abgabe von Akten, Zweifel an der Vollständigkeit. Die Kollegen vor mehr als einem halben Jahrhundert haben ihre Arbeit also genau so erledigt, wie ich das auch heute noch mache. Gut, die Kollegen haben Briefe geschrieben, ich Mails, und die Aussonderungsliste lag damals in Matrizen-Form vor und heute im Excel-Format. Die eigentliche Aufgabenerledigung hat sich in ihrer Struktur aber kein bisschen verändert.
Und dieser Befund scheint mir für viele Strukturen im Archivwesen symptomatisch zu sein: Die Behördenbetreuung funktioniert heute genau so wie vor 50 Jahren, die Lesesäle funktionieren heute genau so wie vor 50 Jahren, der Nutzerkontakt läuft heute genau so ab wie vor 50 Jahren, Fachaufsätze werden so publiziert wie vor 50 Jahren. Dass in dem genannten halben Jahrhundert sich aber nicht weniger als eine digitale Revolution abgespielt hat und auch weiterhin abspielt, ist praktisch nicht zu erkennen. Gut, wir alle haben eine Homepage, die – mal mehr, mal weniger umfassend – Informationen im Internet bereit stellt. Die Funktionalität hinter dieser Homepage ist aber sehr traditionell: Der Betreiber stellt Informationen zur Verfügung, die Besucher müssen sich mit der Rolle des passiven Rezipienten begnügen. Interaktion und Kommunikation, ein virtueller Dialog, sind strukturell überhaupt nicht angelegt.
Wenn nun ein Findbuch online statt gedruckt vorliegt, wenn eine Veranstaltung nicht per Flyer, sondern per Mailingliste beworben wird, wenn Formulare zwar downloadbar sind, nur um dann postalisch zurückgeschickt werden zu müssen, dann hat ein Archiv seinen analogen Arbeits- und Denkstrukturen vielleicht ein digitales Mäntlein umgehängt, aber es hat seine Arbeit nicht digital definiert. Von genuin digitalen Funktionalitäten kann noch überhaupt keine Rede sein. Damit soll überhaupt nicht die erhebliche Leistung geschmälert werden, Beständeübersichten, Findmittel und auch Digitalisate online zu bekommen, für solche persistenten Informationen ist eine Homepage (auch in Form eines Archivportals) auch prädestiniert, man sollte sich nur bewusst sein, dass mit diesem Prozedere nichts anderes gemacht wird, als den Lesesaal, eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, auf eine statische Homepage, eine Erfindung des späten 20. Jahrhunderts, zu transferieren. Der Entwicklungsstand des Internets mindestens der letzten zehn Jahre wird davon aber gar nicht berührt: das Social Web mit allen seinen Medien und Möglichkeiten.
Neue Medien
Hier möchte ich mit meinem heutigen Vortrag anknüpfen. Ich will Anregungen geben, wie ein Archiv versuchen kann, sich von den statischen Strukturen des traditionellen Internets zu lösen und in den sozialen Medien präsent zu sein. Konkret gemeint ist – Sie haben es dem Titel entnommen – das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und sein Auftritt in dem sozialen Netzwerk Facebook. Versuchen, auf diesem Wort soll hier die Betonung liegen, denn es ist gegenwärtig noch ein vorsichtiges Austesten eines neuen Mediums; auch das Landesarchiv NRW hat keine ausformulierte digitale Strategie, wie mit all den neuen Entwicklungen umgegangen werden soll. Dem Dreiklang des Vortragstitels folgend, befinden wir uns also gerade auf der Spielwiese, wo wir schauen, was man so mit dem Medium anstellen kann.
Über den Nutzen von Facebook für Kultureinrichtungen im Allgemeinen und Archive im Speziellen muss ich dem hiesigen Publikum wohl nur wenig erzählen. Allein ein paar grundsätzliche Dinge möchte ich nennen, von denen auch das Landesarchiv NRW profitiert:
- Facebook erlaubt es einer Kultureinrichtung, Informationen gezielt zu ihren Adressaten zu bringen
- Facebook schafft einen Raum für Interaktion und Kommunikation mit seinen Adressaten: jegliche Information innerhalb des Netzwerkes kann kommentiert und weiterverbreitet werden; auch steht es jedem Nutzer frei, die Informationen der Kultureinrichtung mit eigenen Inhalten anzureichern
- Facebook ermöglicht einer Kultureinrichtung ein fachliches Monitoring: man kann etwa verfolgen, was andere Archive machen, Inspiration für die eigene Arbeit gewinnen, von Problemlösungen andernorts profitieren etc.
Kurz gesagt (und das möchte ich ganz dick unterstrichen wissen): Facebook ist ein Instrument zum Informationsmanagement. Das soziale Netzwerk eröffnet Ihnen die Vernetzung mit einem interessierten Adressatenkreis einerseits und mit anderen Kultureinrichtungen andererseits. Sie erhalten Zugang zu einer erheblichen Menge an Informationen, die innerhalb dieses Netzwerks kursieren. Und Sie müssen die Gewinnung von Informationen noch nicht einmal aktiv betreiben, sondern können darauf vertrauen, dass Informationen Ihnen zufließen.
Verzichten Sie auf die Nutzung eines solchen Mediums, so verzichten Sie auf eine Präsenz in einem vielfrequentierten Diskursraum. Und zwar mit mehreren negativen Konsequenzen:
- Erstens können Sie nicht als attraktive Kultureinrichtung und als Lieferant von interessanten Inhalten wahrgenommen werden; Sie können sich nicht als Ort der historischen Forschung und der kulturellen Bildung profilieren.
- Zweitens fehlt Ihnen eine Möglichkeit zur direkten Kommunikation mit Ihren Nutzern; Sie sind digital nicht sprachfähig.
- Drittens haben Sie keine Möglichkeit, von den Informationen innerhalb des Netzwerks zu profitieren; Diskussionen laufen an Ihnen vorbei, Entwicklungen werden von Ihnen nicht rezipiert, Stimmungen nicht wahrgenommen.
Damit sind einige Kerngedanken angesprochen, die auch das Landesarchiv NRW bewogen haben, das soziale Netzwerk Facebook auszutesten. Der klassische Nutzerkontakt wird erweitert durch die offene Präsentation der eigenen Anliegen und Angebote. Das Archiv reagiert nicht mehr lediglich auf Nutzeranfragen, sondern weist von sich aus aktiv auf besondere Archivalien, bevorstehende Veranstaltungen oder fachliche Neuigkeiten hin. Jede dieser Meldungen via Facebook erreicht umgehend mehrere hundert Nutzer, sobald diese ihr eigenes Profil nutzen. Bei allen seinen „Fans“ ist das Landesarchiv somit regelmäßig präsent und kann Interesse für bestimmte Bestände und Themen wecken oder Meinungen und Ideen seiner Nutzer einholen. Es kann auch einfach nur mit den zahllosen Ereignissen und Schicksalen aus seinen Beständen unterhalten, damit aber gleichwohl seine Nutzer an sich binden und seinen kleinen Teil zur kulturellen Bildung beitragen. Auf Facebook findet nicht nur vieles seinen Platz, das in den klassischen Medien unter die Publikationsschwelle gefallen wäre (etwa interessante Archivalienfunde), sondern es ist insbesondere eine Vernetzung und Weiterleitung von Informationen möglich.
Mit der Nutzung von Facebook verbunden ist also eine gewisse Veränderung des archivischen Selbstverständnisses: Archive begnügen sich bisher damit, als passive Informationslieferanten auf Anfragen der Nutzerseite zu reagieren. Eine Archivalie lagert so lange im Magazin bis ein Nutzer kommt und nach Einsicht verlangt. Eine proaktive Hinführung auf außergewöhnliche, archetypische, auffällige oder neue Bestände findet kaum statt. Archive verzichten somit auf eine Vermarktung ihres ureigensten Markenkerns. Auch machen Archive im Alltag wenig, um über ihr Innenleben – ihre Arbeit, ihre Herausforderungen, ihre Probleme – zu sprechen. Die Arbeit eines Archivs ist weitgehend unbekannt, bei der breiten Bevölkerung, bei den Behörden, und wenn es um Details geht, dann sogar bei den Berufskolleginnen und -kollegen. Im Normalfall weiß etwa ich als nordrhein-westfälischer Staatsarchivar wenig über das, was die Kollegen im – sagen wir – baden-württembergischen Landesarchiv oder in einem mecklenburg-vorpommerischen Kommunalarchiv so machen.
Soziale Medien können dieses hermetische Schweigen über Arbeit und Archivgut durchbrechen. Regelmäßige Postings sorgen für Interesse am Archiv und eine Bindung von Nutzern. Dabei geht es auch gar nicht um große oder spektakuläre Neuigkeiten. Es geht nicht um die hochglanzpolierte Präsentation der neuesten Erfolgserlebnisse. Es geht darum, seine Adressaten mit attraktiven Appetizern zu versorgen und das Archiv in ihrem Bewusstsein zu halten. Ein Digitalisat auf Facebook ersetzt nicht den Blick in die entsprechende Akte, macht aber neugierig aber auf Material, das im Archiv lagert. Ein Foto einer Veranstaltung im Archiv macht den dort gehaltenen Vortrag nicht erlebbar, wirbt aber für das Archiv als Ort kultureller Aktivitäten. Ein Foto einer schimmelbefallenen Akte beseitigt nicht den Wasserschaden in der Behördenregistratur, schafft aber ein Bewusstsein für die Fragilität von Kulturgut. Kurze Informationen generieren Aufmerksamkeit, wecken Interesse an Archiv und Archivgut oder verweisen auf weiterführende Informationsquellen. Das Archiv verharrt nicht in einer hermetischen Abgeschlossenheit, sondern erscheint als lebendiger Ort von historischer und kultureller Relevanz. Langfristig dürfte eine solche mediale Präsenz eine erhebliche Rolle für die erfolgreiche Positionierung von Archiven in der kulturellen Landschaft spielen.
Facebook-Auftritt des Landesarchivs NRW
Wie gestaltet das Landesarchiv NRW nun seinen Facebook-Auftritt? Die Bereitstellung von Inhalten erfolgt dezentral durch alle interessierten Kolleginnen und Kollegen. Wir haben keinen hauptamtlichen Redakteur o.ä., es wurden hierfür keine zusätzlichen Stellen geschaffen oder irgendwelche Stellenzuschnitte verändert. Das Dezernat Öffentlichkeitsarbeit hat zwar eine formale Federführung, aber betrieben wird Facebook als Projekt für alle Interessierten innerhalb des Landesarchivs – wir verteilen also die Arbeit (und natürlich auch das Vergnügen) auf viele Schultern. Und ja, das heißt tatsächlich: Jeder Interessierte im Landesarchiv kann sich von einem der Administratoren als sogenannter Inhaltsersteller freischalten lassen. Damit ist die Nutzung im Namen des Landesarchivs möglich, d.h. es können Beiträge erstellt, Bilder präsentiert, Kommentare getätigt und alles weitere genutzt werden, was Facebook so an Funktionalitäten bietet.
Das ist eine recht offene Einstellung zu der Thematik, die aber in den sozialen Medien durchaus Sinn macht: Facebook soll das Medium sein, das eng an der alltäglichen Arbeit im Archiv ist, das einen unmittelbaren und ungefilterten Einblick auf die Dinge gibt, die die Archivarinnen und Archivare so auf den Schreibtisch bekommen.
Den Rahmen für die Facebook-Aktivität der interessierten Kolleginnen und Kollegen setzt dabei im Wesentlichen die Social Media Guideline des Landesarchivs, die u.a. definiert, was denn gepostet werden soll, nämlich Hinweise auf öffentliche Veranstaltungen, auf neue Publikationen, auf organisatorische Veränderungen, Mitteilungen zu neuen bzw. neu erschlossenen Beständen sowie interessante Funde aus der archivischen Arbeit. Selbstverständlich gelten beim Posten auch die beamtenrechtlichen Verpflichtungen (etwa allgemeine Loyalitätspflicht oder Unparteilichkeit) sowie andere rechtliche Vorgaben (etwa das Urheberrecht).
Diese dezentrale Steuerung des Facebook-Auftritts funktioniert im Landesarchiv bisher recht gut. Ungefähr 20 Kolleginnen und Kollegen besitzen Schreibrechte, faktisch sind es 5 bis 6, die tatsächlich regelmäßig aktiv sind. Damit können wir mehrere Postings pro Woche bieten, hauptsächlich aus den Bereichen Archivgutpräsentation und Veranstaltungen. Unsere Beiträge sehen standardmäßig mehrere hundert Leute; unsere attraktivsten Beiträge sind bis an den fünfstelligen Bereich an Lesern vorgedrungen. Kommentare oder Nachrichten – von denen wir noch nicht so viele haben, wie wir uns das wünschen würden – wurden bisher stets zeitnah beantwortet. Ohne übermäßigen Aufwand können wir also alle Interessenten regelmäßig mit verschiedensten Informationen versorgen und damit eine konstante Bindung von Archiv und Nutzern schaffen.
Probleme
Also alles bestens im Social Web? Leider keineswegs; es gibt mehrere Aspekte, die einer selbstverständlichen souveränen Nutzung sozialer Medien durch das Landesarchiv NRW entgegen stehen. So dürfte die größte Schwierigkeit beim Betrieb eines Facebook-Auftritts nicht etwa inhaltlicher, rechtlicher oder technischer Natur sein, sondern eher aus einer Mentalitätsfrage resultieren. Soziale Medien sind nicht nur technologische Neuerungen, sie sind vor allem erst einmal soziokommunikative Veränderungen; sie fordern den Habitus, die Mentalität, vielleicht gar das gegenwärtige Berufsverständnis der Archivarinnen und Archivare überhaupt heraus. Soziale Medien bedingen einen anderen Umgang mit Informationen, mit Nutzern, mit Öffentlichkeit, folgen etwa auch anderen Geschwindigkeiten. Nutzerorientierung und Vernetzung, Dialog und Interaktion, der Austausch von Wissen und das Teilen von Informationen sind zentrale Funktionalitäten von sozialen Medien, die das deutsche Archivwesen noch nicht wirklich für sich entdeckt hat; das Landesarchiv NRW ist dabei keine Ausnahme. Was soll denn das überhaupt? ist die häufig anklingende Frage – und unausgesprochen dahinterstehend: So was haben wir ja noch nie gemacht.
Negativ macht sich hier bemerkbar, dass zentrale Kategorien des digitalen Diskurses in der archivischen Fachwelt bisher kaum reflektiert worden sind. Stellvertretend sei hier etwa die Idee des Open Access genannt, also des freien Zugangs zu Informationen und Daten. Einer uneingeschränkten Nutzung oder gar Weiternutzung von Archivgut (jenseits aller Schutzfristen selbstverständlich) fühlen sich Archive nicht verpflichtet: Jede Nutzung bedingt einen Antrag, jede Vervielfältigung bedarf eines Kopierauftrags, jede Veröffentlichung bedarf der Zustimmung. Offene Angebote, offene Daten, offene Diskurse haben Archive sich noch nicht wirklich zu Eigen gemacht.
Letztlich zeigt sich nicht unbedingt in einer Abwehr sondern vielmehr in einer Ignoranz solcher digitaler Diskurse der vielzitierte „digital divide“, der spürbare Graben in der Mediennutzung unterschiedlicher Alters-, Berufs- und ähnlicher Gruppen. Facebook erscheint auch bei vielen Kolleginnen und Kollegen eher als eine jugendliche Spielerei, pubertär, unreif, jedenfalls nicht als ernstzunehmendes Medium für etablierte Kultureinrichtungen. Aus dieser Perspektive wird Facebook als ein Ort irrelevanter Informationen wahrgenommen, wo allenfalls Partybilder oder Halbstarkensprüche gepostet werden. Weitgehend unbekannt scheint dagegen die Tatsache, dass auch viele Kultureinrichtungen über diesen Kanal jeden Tag immense Mengen von Nachrichten und Mitteilungen versenden, dass dort archivische, historische und kulturelle Fachdiskussionen geführt werden, dass sich dort auch Forscher (also: Archivbenutzer) vernetzen, kurzum: dass auch Archive einen erheblichen Mehrwert aus der Nutzung dieses Mediums ziehen können.
Begleitet wird die Unkenntnis des Mediums von diffusen Ängsten. Datenkraken, Hackerangriffe, Abmahnwellen, so scheint sich das Internet zu präsentieren. Das eigene Statusupdate auf Facebook, die skandalöse Totalüberwachung der NSA, der virtuelle Freundeskreis in einem sozialen Netzwerk, die digitalen Abgründe des Internets, alles scheint irgendwie zusammen zu gehören, alles ist irgendwie eine gleichwertige Bedrohung des Bekannten und Vertrauten: Irgendwer könnte irgendwo irgendwas mit den präsentierten Inhalten machen.
Solche Ängste und Vorbehalte sorgen natürlich dafür, dass keineswegs alle Organisationseinheiten des Landesarchivs das Angebot zur Partizipation am Facebook-Auftritt nutzen. Da die Beteiligung auf freiwilliger Basis abläuft, können die geposteten Meldungen keinen flächendeckenden Überblick in die Arbeit des Landesarchivs geben, sondern stellen vielmehr nur punktuelle Einblicke dar. In der einen Abteilung stellt vielleicht der eine Kollege gelegentlich frühneuzeitliche Akten vor, in der anderen Abteilung ist die Kollegin vielleicht vorwiegend an der Meldung bevorstehender Veranstaltungen interessiert. Ein Ungleichgewicht, abhängig von der individuellen Mediennutzung, ist somit unvermeidbar. Vielleicht zeigt sich hier am deutlichsten, dass Facebook für das Landesarchiv gegenwärtig nur Spielwiese ist und nicht Startbahn; wer möchte, kann sich beteiligen, eine selbstverständliche Begleitung aller archivischen Arbeitsbereiche durch soziale Medien ist nicht gegeben oder intendiert. Entsprechend steht Facebook bisweilen auch recht unverbunden neben der restlichen Arbeit des Landesarchivs. Ob Meldungen und Neuigkeiten ihren Weg in die sozialen Medien finden, hängt vom Interesse der betreffenden Kolleginnen und Kollegen ab. Eine strategische Nutzung von Facebook zur Nutzergewinnung und -information, zum Aufbau digitaler Förderer- und Unterstützerkreise, zur Vernetzung mit anderen Archiven und Kultureinrichtungen ist gegenwärtig nicht der Fall, noch ist das soziale Netzwerk also keine Startbahn für einen digitalen Nutzerkontakt.
Dieser digitale Nutzerkontakt – und das ist schließlich das dritte und letzte Problemfeld, das ich ansprechen möchte – leidet schließlich auch unter nur schwach ausgeprägten Gesprächsangeboten. Auch wenn in unserer Social Media Guideline explizit formuliert ist, dass Facebook ein Dialogkanal und nicht ein weiterer Informationskanal sein soll, so tendiert die tatsächliche Nutzung doch eher zu Letzterem. Das Landesarchiv nutzt Facebook überwiegend als „Schaufenster“, in welchem es Archivalien, Neuigkeiten, Pressemeldungen etc. präsentiert, kaum aber als Medium, um seine Nutzer gezielt anzusprechen. Die Infrastruktur für den Dialog wäre vorhanden, woran es mangelt, ist eher der Mut zu einer Nutzung. So könnte etwa die Frage, wie unserer Service denn zu bewerten und was denn verbesserbar wäre, öffentliche Negativmeldungen nach sich ziehen. Die Aufforderung, sich zu Überlieferungs- oder Erschließungsfragen zu äußern, könnte als Eingriff in die eigene Fachkompetenz verstanden werden. Die Bitte, die Arbeit des Archivs zu unterstützen (etwa durch Transkriptions- oder Verschlagwortungsprojekte, eben das vielzitierte Crowdsourcing), müsste eine Veränderung von etablierten Arbeitsstrukturen nötig machen. Die verstärkte Nutzerorientierung, die mit einer Nutzung sozialer Medien einher geht, ist also nichts, was sich „mal eben einfach so“ in etablierte Arbeitsprozesse einfügt; die Besonderheiten dieser Mediennutzung und die bisherige Arbeitspraxis fremdeln noch miteinander.
Fazit
Was bleibt also als Fazit? Das Landesarchiv NRW hat erste Schritte unternommen, um in den sozialen Medien präsent zu sein. Wir spüren deutliches Interesse an dem, was wir dort präsentieren, gerade interessantes Archivgut erzeugt Aufmerksamkeit und erreicht ohne großen Aufwand einen größeren Adressatenkreis als herkömmliche digitale Angebote. Auch das thematische Monitoring funktioniert problemlos und erbringt zahlreiche archivische, historische und kulturelle Informationen. Als Sackgasse hat sich der Schritt zur Nutzung von Facebook also nicht erwiesen, verstanden etwa in dem Sinne, dass wir kein Interesse generieren könnten oder der alltägliche Ressourcenaufwand zu groß wäre. Als Startbahn in eine digitale Zukunft hat sich die bisherige Nutzung des sozialen Netzwerks allerdings auch nicht erwiesen. Allerdings liegt das weniger an der Plattform als vielmehr an unserem Angebot, das noch zu individuell und sprunghaft bleibt; wie wir das vorhandene Potential mehrerer hundert Adressaten für unsere Arbeit nutzen wollen, wie wir gar zu beiderseitigem Gewinn ins Gespräch kommen können und wollen, harrt noch einer Entscheidung. Die Facebook-Nutzung bleibt also gegenwärtig noch eine Spielwiese, wo wir ausprobieren und einüben können, was an Bedeutung stetig zunehmen dürfte: der digitale Nutzerkontakt. Denn eins scheint sicher: Je digitaler die Archive werden (Stichworte: Archivportal, virtueller Lesesaal), desto wichtiger werden auch die Instrumente, um mit Nutzern digital zu kommunizieren. Weitere Diskussionen über die Nutzung von sozialen Medien scheinen also dringend nötig!
Die Mensch-Maschine: Der Zombie lebt — Sascha Lobo zum EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung
Die Mensch-Maschine: Der Zombie lebt — Sascha Lobo zum EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung
Stellenausschreibung ZIM-ACDH
Das Zentrum für Informationsmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities sucht eine/n
Web-Entwickler/in
(40 Stunden/Woche, befristet auf 3 Jahre, beginnend mit 1. Juli 2014)
Spezifikationen
- Der/Die Mitarbeiter/in ist für die clientseitige technische Umsetzung des Webportals für das HRSM-Projekt „Repositorium Steirisches Wissenschaftserbe“ verantwortlich.
- Er/Sie wird in Abstimmung mit der Projektleitung und den MitarbeiterInnen der Projektpartnerinstitutionen eigenständig für die Realisierung des Frontends dieses Portals verantwortlich sein. Das erfordert auch die Implementierung von geeigneten (Web-)Schnittstellen zur bestehenden Repositoriumsinfrastruktur des Zentrums.
Qualifikationen
- Matura
- Fundierte Kenntnisse und Programmierpraxis in JavaScript und einschlägigen Bibliotheken (jQuery u.a.)
- Kenntnisse in XML- und Webservice-Technologien (XML, XSLT, REST, SOAP)
- Kenntnisse in mindestens einer der höheren Programmiersprachen Java, Python, Perl
- Erfahrungen mit serverseitigen Java-Technologien (JSP u. Ä.) von Vorteil
- Engagement, Motivation, Kommunikations- und Teamfähigkeit
Die kollektivvertragliche Einstufung im Gehaltsschema der Universität erfolgt in Kategorie IIIb. Das kollektivvertragliche Mindestentgelt gemäß der angegebenen Einstufung beträgt € 2.153,30 brutto/Monat. Durch anrechenbare Vordienstzeiten und sonstige Bezugs- und Entlohnungsbestandteile kann sich dieses Mindestentgelt erhöhen.
Gegebenenfalls ist eine Teilung der Stelle auf zwei Mal 20 Stunden denkbar.
Wir bieten Ihnen eine abwechslungsreiche und eigenverantwortliche Tätigkeit. Es erwarten Sie ein angenehmes Arbeitsklima, flexible Arbeitszeiten sowie zahlreiche Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Bewerbungsfrist endet am 15. Mai 2014.
Schicken Sie Ihre Bewerbungsunterlagen elektronisch an: zim@uni-graz.at
Weitere Infos unter http://informationsmodellierung.uni-graz.at/de/aktuelles/stellenausschreibung/
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3335
Der Raum der Entgrenzung. Der Cyberspace als Sinnhorizont medialer Kommunikation- Von Udo Thiedeke (Teil 2)
Im ersten Teil von “Raum der Entgrenzungen. Der Cyberspace als Sinnhorizont medialer Kommunikation” ging es zunächst darum, die Grundlagen des Begriffs Cyberspace zu klären und Computer und Computernetze als neue Medien vorzustellen. Cyberspace wird bislang meist als künstlicher Raum dargestellt, … Continue reading
Twitter-Wall der Tagung “Offene Archive 2.1″, 3. – 4. April 2014 in Stuttgart
Leider wurden m. E. nicht alle Tweets erfasst und auch die Retweets werden bei Storify nicht einzeln aufgeführt.
Bei der Tagung selbst wurde aber insgesamt mehr als 1000 mal getwittert!
Danke an alle “Mittwitterer” für das rege Befüllen der Twitterwall!
DARIAH-DE – Portal-Relaunch
Unter de.dariah.eu steht ab sofort das überarbeitete DARIAH-DE-Portal bereit. Es bietet Zugang zum Angebot von DARIAH-DE in den Bereichen Forschung, Lehre, Forschungsdaten, Tools sowie fachwissenschaftliche und technische Dienste und fungiert als zentraler Kommunikationsort für DARIAH-DE.
Neu sind unter anderem die überarbeitete Navigation, die DARIAH-DE Working Papers als zentrales Publikationsorgan für Beiträge im Projekt-Kontext oder zum Thema Digital Humanities, sowie eine große Sammlung an Schulungsmaterialien. Hierzu zählen das Tutorial Digitale Textedition mit TEI und die Schulungsmaterialien “TAToM – Text Analysis with Topic Models for the Humanities and Social Sciences“, die grundlegende Verfahren der quantitativen Textanalyse zeigen.
Die Inhalte des Portals werden natürlich weiterhin ständig um die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse erweitert und ergänzt. Durch die technische Realisierung als Liferay-Portal besteht außerdem die Möglichkeit, nach und nach auch weitere neue Anwendungen oder Inhalte der DH-Community über Liferay-Portlets bzw. selbst entwickelte Portlets in das Portal zu integrieren.
Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken!
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3323
Nicht nur die “Digital nerds”- Die Tagung Offene Archive 2.1. in Stuttgart
Nachdem die Tagung “Offene Archive? Archive 2.0 im deutschen Sprachraum (und im europäischen Kontext)” im November 2012 in Speyer als Start sehr erfolgreich gewesen war, war es nur logisch eine weitere Tagung zu diesem Thema folgen zu lassen. So kamen am 3. und 4. April 2014 über 120 Kolleginnen und Kollegen zur Folgetagung ins Hauptstaatsarchiv nach Stuttgart. Die Tagung hieß dieses Mal “Offene Archive 2.1 – Social media im deutschen Sprachraum und im internationalen Kontext”, ein kleiner Hinweis darauf, wie schnell sich das Thema weiterentwickelt. Umso erfreulich war es, unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht nur die Personen zu finden, die man bereits aus dem Jahr 2012 kannte, sondern auch andere Archivarinnen und Archivare, die nicht unbedingt für ihre Aktiviäten im Bereich Web 2.0 bekannt sind, sich aber nun aktiv mit der wichtigen Thematik auseinandersetzen wollen. Hinzu kamen auch andere Interessierte, wie u.a. Betreiber historischer Blogs. Gerade diese Mischung des Publikums bereicherte die Diskussion der Tagung umfassend und deutlich. Das Programm hatte bereits schon im Vorfeld auf dem begleitenden Archive 2.0 mehr als neugierig gemacht.
Insgesamt ist die Organisation unter Beteiligung des Stadtarchivs Speyer, des Kreisarchivs Siegen-Wittgenstein und des Landesarchivs Baden-Württemberg hoch zu loben. Technisch wurde viel möglich gemacht. Neben Lan und W-Lan gab es einen Livestream http://193.197.29.93/larch/web2.0/ und eine Twitterwall.
Deswegen war es auch unproblematisch die Keynote der Archivblogger Kate Theimar (Archives Next) am Telefon live vortragen zu lassen. Leider hatte der Lufthansa-Piloten Streik verhindert, dass die US-Amerikanerin in Persona an der Tagung teilnehmen konnte. Sie stellte in ihrem Grundlagenbeitrag klar, dass sich die Archive ihre Arbeitseinstellung ändern müssen. Anstelle von Einzelkämpfertum müsse man sich der vernetzten Welt anpassen und sich über Social Media selbst untereinander vernetzen. Ein Ziel dieser Vernetzung muss es sein, den Menschen Geschichte und ihre Bedeutung für die Gegenwart nahe zu bringen. Warum sollten Archive nicht wie die Museen Social Marketing für diese Zwecke nutzen?
Um die vielfältigen Möglichkeiten dieses Socialmarketing in der Welt des Web 2.0 drehte sich alles in der folgenden Sektion. Nach der Einnerung von Christoph Deeg und Marcus Bösch, auch die spielerischen Instrumente und ihre Wirkung nicht außer Acht zu lassen, berichteten Maria Rottler und Tanja Paske in ihren Beiträgen jeweils über das Bloggen. Deutlich wurde der Blog als ein Mittel der dauerhaften Informations- und Nachschlagemöglichkeit hervorgehoben. Paske betonte an ihren Beispielen wie wichtig es für den vielgepriesenen Austausch ist, dem Blog ein Gesicht zu geben, da Menschen lieber mit Menschen als mit Institutionen kommunizieren. Beide Vortragende brachten bereits ein wichtiges Element auf, was während der Tagung immer wieder diskutiert wurde. In Blogs und Facebook-Auftritten in Deutschland wird kaum kommentiert. Woran kann das liegen? Wie Diskussionen im Web 2.0 in anderen Fachbereichen aussehen könnten, zeigte Pfarrer Alexander Ebel mit seinem Beitrag zur Web 2.0-Arbeit in der evangelischen Landeskirche in der Pfalz. Zuvor hatten Kathrin Pindl/Christopher Kolbeck und Susanne Haaf am Beispiel einer historisch-sprachwissenschaftlichen Editions gezeigt, welche Vorteile Web 2.0 für die Wissenschaft haben kann.
Ulrich Nieß vom Stadtarchiv Mannheim stellte die Arbeiten zu “einer Web 2.0-Empfehlung für die Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag (BKK)” vor und verdeutlichte die Bedeutung des Web 2.0-Einsatzes in den Kommunen. Kommunale Archivmitarbeiter stehen oft vor der Herausforderung, entweder von ihrer Verwaltung gedrängt zu werden, Web 2.0-Anwendungen zu nutzen, oder dass bei der kommunalen Verwaltung Social Media-Anwendungen reglementiert oder ganz verboten sind. Eine Empfehlung der BKK zu diesem Thema wird deswegen hilfreich sein.
Erste Schritte für den Web 2.0-Einsatz eines Landesarchivs präsentierte Bastian Gillner in seinem Beitrag zum Facebook-Auftritt des Landesarchivs NRW. Auch er bemerkte die Tendenz der Nutzer wenig zu kommentieren. Grundlage des Facebook-Auftritts sind interne Guidelines, die-obwohl inhaltlich selbstverständlich-wichtig für die korrekte Umsetzung erscheinen. Einen Ort, an dem ansatzweise Diskussion entsteht präsentierte Angela Stillwell aus München. Aus einer kleinen privaten Gruppe für archivische Fachfragen ist die Facebook-Gruppe “Archivfragen” inzwischen auf fast 300 Mitglieder angewachsen. Einige wenige trauen sich im Rahmen dieser noch geschlossenen Gruppe auch Kommentare abzugeben.
Anschließend präsentierte Silke Jagodzinski das Projekt Linked Open Data im Archivportal Europa, das zum Ziel hat, auf dem Archivportal Europa die verschiedenen Daten der Archive mit einem sematischen Tool untereinander zuvernetzen. Jeder Inhalt und jedes Bild kann geteilt werden. Verschiedene Inhalte vereint auch das stadtgeschichtliche Wiki, das Christoph Sonnlechner vom Stadtarchiv Wien vorstellte. Unterschiedlicheste Inhalte vereinen sich zu einem semantischen Media-Wiki zur Geschichte der Stadt.
Den zweiten Tagungstag eröffnete Ingmar Koch, Archivinspektor und Archivblogger aus Meersen bei Maastricht. Er stellte in seiner Präsentation die wichtige Frage nach den Inhalten der Web 2.0-Funktionalitäten. Wenn immer mehr Behörden Web 2.0 für den Kontakt mit dem Bürger nutzen, ist das dann nicht archivwürdig?
Neil Bates von Europeana brachte mit seinem Vortrag eine Lösung für die seit dem ersten Tag stets immer wieder kehrende Frage: Warum kommentiert keiner? Er zeichnete den durchschnittlichen Web 2.0-User v.a. als jemanden, der konsummiert, nicht partizipiert. Der normale Web 2.0-User ist für Bates ein “window-shopper”. Deswegen komme es vor allem darauf an, was in diesen “Fenstern” liege. Man ist also aufgefordert, vor allem an Bilder zu denken. Bilder führen den Konsumenten weiter zu den Inhalten. Bates präsentierte seine These am Beispiel des Europeansauftritts auf der Bilderplattform Pinterest.
Nachdem Anabella Arahuetes Barroso und Anna Sobczak beeindruckende Einblicke in die Nutzung von Social Media der Archive in Spanien und Polen gegeben hatten, präsentierte abschließend Anneke van Waarden-Koets die Twitterinitiatven @follow an archive und @ask an archivist, die sie zusammen mit ihrer dänischen Kollegin Charlotte Jensen ins Leben gerufen hat und seit einigen Jahren erfolgreich betreibt. Anneke van Waarden-Koets ist Archivarin im Zeeuws Archief in Middelburg und Archivbloggerin, außerdem ist sie für den Twitterbereich beim für die Niederlande zentralen Blog-Portal Archief 2.0 zuständig.
Die folgenden beiden Sektionen standen unter dem großen Thema Crowdsourcing. Ein wichtiges Thema, was v.a. den Nutzen der Web 2.0-Anwendungen für die Archive in den Focus stellte. Esther Howell präsentierte passend zu Beginn Überlegungen für ein Crowdsourcing-Projekt beim Landesarchiv Baden-Württemberg. Anhand eines mittleren Beispielarchives stellte sie u.a. eine Checkliste für ein mögliches Crowdsourcing-Projekt vor, die auf großes Interesse stieß. Vor allem die Auswahl eines geeigneten Bestandes für ein solches Projekt, war einer der Schwerpunkte dieser Liste. Es steht zu hoffen, dass das Landesarchiv in Kürze diese Überlegungen allgemein veröffentlichen wird. Anschließend zeigte Nanna Floor Clausen, dass in Dänemark im Bereich der Genealogie bereits seit 20 Jahren Crowdsourcing sehr erfolgreich betrieben wird. Nicole Graf vom Swiss-Air-Archiv in Zürich stellte ein Foto-Crowdsourcing Projekt vor, in dem es ihr und ihren Mitarbeitern gelungen war, speziell die Gruppe der alten Mitarbeiter der Swiss-Air anzusprechen, die nach und nach den freien Fotobestand des Swiss-Air-Archivs bis ins Detail erschloss. Hier zeigte sich ein weiterer wichtiger Punkt bei einem Crowdsourcing-Projekt: Die Mitarbeiter benötigen Betreuung und Fürsorge. Sogar bei einem recht klaren Mitarbeiterkreis, wie im Swiss-Air-Projekt (es waren alles alte Mitarbeiter der Firma) war dies der Fall. Bei eigenen Planungen sollte dieser Punkt dringend berücksichtigt werden.
Nachdem Elisabeth Steiger und Esther Howell die aktuellen Crowdsourcing Projekte des Stadtarchivs Speyer und des Landesarchivs Baden-Württemberg vorgestellt hatten, präsentierte Jochen Hermel die Strategie zur kollaborativer Erschließung im Historischen Digitalen Archiv der Stadt Köln. Dort ist es bedingt durch den Archiveinsturz ein zentrales Anliegen, einen vollfunktionstüchtigen elektronischen Lesesaal zu erschaffen und mit Digitalisaten zu füllen. Darüber hinaus ist die Mithilfe der Nutzer bei der Identifizierung ganzer Bestände oder einzelner Stücke unerlässlich.
Einen interessanten Perspektivwechsel bot dann der Vortrag von Andreas Job, der aus ehemaliger Nutzerbespektive die gemeinsamen Interessen von Genealogen und Archivaren in punkto Digitalisierung in den Vordergrund stellte und auslotete welche Möglichkeiten für eine effektive Zusammenarbeit über Crowdsourcing bestehen.
Bevor Mario Glauert als Moderator das Schlusswort sprach, fasste Karsten Kühnel die archivfachliche Perspektive des Crowdsourcings ins Auge. Er ging in seinem Beitrag Partizipation durch Standardisierung? Erschließung vor dem Hintergrund fortgeschrittener Nutzeremanzipation der Frage nach, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, damit Nutzer den Archivar bei seiner Erschließung unterstützen können. Er setze sich in seinem Vortrag mit der Frage auseinander, wie die fachlichen Anforderungen der Archive auch in einem Crowdsourcing-Projekt erfüllt werden können.
Insgesamt brachte die Tagung eine sehr fruchtbaren Diskussionen in Punkto Archivar/Nutzerbeziehung, wichtigen Grundlagen und praktischen Hinweise zum Thema Crowdsourcing und die Aussicht auf eine Fortsetzungsveranstaltung “Offene Archive 2.2″. im Jahre 2016. Es hat sich gezeigt, dass sich der Themenbereich Web 2.0 und Social Media vom Außenseiter zu einem richtigen Fachthema entwickelt hat. Nicht nur deswegen berücksichtige der VDA das ganze Thema vor kurzem in einen gesonderten Arbeitsgruppe. Auch die Publikumszusammensetzung hat in diesem Jahr die Diskussion mehr als bereichert und befördert. Gerade deswegen steht zu hoffen, dass sich im Verhältnis Archive und Social Media weiterhin etwas bewegt, um die Ausgangsbasis beim nächsten Mal noch breiter zu gestalten. Ein Stillstand der Diskussion wäre bei einem Medium, dass sich so schnell verändert wie die Social Media mehr als fatal.