19. Platon über das Internet

Wenn Philosophen meinen, etwas Aktuelles zu einer gesellschaftlichen Diskussion beigetragen zu haben, bestätigt sich jedes Mal Einsteins Relativitätstheorie aufs Neue. Denn scheinbar vergeht philosophische Zeit anders als die common sense Weltzeit – was sicherlich etwas mit Masse oder Trägheit zu tun hat (deshalb haben Philosophen übrigens häufig Bärte, weil sie meinen, sich “einmal am Tag” rasiert zu haben). Tatsächlich sind machmal auch Zeitsprünge möglich, wissen Sie? So habe ich zu meinem Erstaunen einen Abschnitt in Platons Dialog Phaidros gefunden (- der auch etwas über die Liebe sagt, falls Sie gerade Liebeskummer haben sollten -), das mich zum Nachdenken gebracht hat. Platon lässt dort nämlich Sokrates etwas über das Internet sagen. Da die alten Griechen noch kein flächendeckendes Internet hatten, nutzten sie den Hilfsbegriff “gramma” (γράμμα) dafür und nicht das lateinisch-englische “Internet”. Wirklich. Und bevor Sie denken, ich würde Sie aufs Korn nehmen wollen, schauen Sie in den Text. Ich zitiere Phaidros ~ 274c-275c:

Sokrates [sagt zu Phaidros]: Ich habe also vernommen, zu Naukratis in Ägypten sei einer der dortigen alten Götter gewesen, dem auch der heilige Vogel, den sie ja Ibis nennen, eignete; der Dämon selbst aber habe den Namen Theuth. Dieser habe zuerst Zahl und Rechnung erfunden, und Mathematik und Sternkunde, ferner Brettspiel und Würfelspiel, ja sogar auch das Internet. Weiter aber, da damals über ganz Ägypten Thamus König war in der großen Stadt des oberen Bezirks, welche die Hellenen das ägyptische Theben nennen, wie sie den dortigen Gott Ammon nennen, – so kam der Theuth zu diesem und zeigte ihm seine Künste und sagte, man müsse sie nun den anderen Ägyptern mitteilen. Der aber fragte, was für einen Nutzen eine jede habe? Indem er’s nun auseinandersetzte, so wußte er, wie ihm jener etwas gut oder nicht gut zu sagen dünkte, es bald zu tadeln, bald zu loben. Vieles nun soll da Thamus dem Theuth über jede Kunst in beiderlei Richtung frei heraus gesagt haben, was durchzugehen viele Worte fordern würde.

Als er aber beim Internet war, sagte der Theuth: »Diese Kenntnis, o König, wird die Ägypter weiser und erinnerungsfähiger machen; denn als ein Hilfsmittel für das Erinnern sowohl als für die Weisheit ist es erfunden.« Er aber erwiderte: »O du sehr kunstreicher Theuth! Ein anderer ist der, der das, was zur Kunst gehört, hervorzubringen, ein anderer aber der, der zu beurteilen vermag, welchen Teil Schaden sowohl als Nutzen es denen bringe, die es gebrauchen werden. So hast auch du jetzt, als Vater des Internets, aus Vaterliebe das Gegenteil von dem gesagt, was seine Wirkung ist. Denn Vergessenheit wird dieses in den Seelen derer, die es kennenlernen, herbeiführen durch Vernachlässigung des Erinnerns, sofern sie nun im Vertrauen auf das Internet von außen her mittelst fremder Zeichen, nicht von innen her aus sich selbst, das Erinnern schöpfen.

Nicht also für das Erinnern, sondern für das Gedächtnis hast du ein Hilfsmittel erfunden. Von der Weisheit aber bietest du den Schülern nur Schein, nicht Wahrheit dar. Denn Vielhörer sind sie dir nun ohne Belehrung, und so werden sie Vielwisser zu sein meinen, da sie doch insgemein Nichtswisser sind und Leute, mit denen schwer umzugehen ist, indem sie Scheinweise geworden sind, nicht Weise.«

Phaidros 274c-275c [übersetzt von Georgii, aufrufbar unter: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Phaidros. Georgii übersetzt gramma leider fälschlicherweise mit "Buchstabe"].

Verlieren wir etwa tatsächlich mehr, als wir gewinnen?

- Lassen Sie mich kurz nachdenken -

Quelle: http://philophiso.hypotheses.org/236

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Historische Pflichterfüllung – Ein Interview mit Gerd Krumeich

Gerd Krumeich war bis zu seiner Emeritierung 2010 Lehrstuhlinhaber für Neuere Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs, die Geschichte Frankreichs sowie die Militärgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Im November 2013 wird er die Reihe der Thyssen-Vorlesungen des Orient-Instituts Istanbul und der Sabanci Universität in Istanbul mit einem Vortrag zum Ersten Weltkrieg eröffnen.

Gerd Krumeich

Gerd Krumeich

Zurzeit werden zahllose Ausstellungen, Konferenzen, Vorträge zum 100-jährigen Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs geplant. Stehen Sie vor einem Marathon an Auftritten, Vorträgen, Interviews?
Ja, ich stehe absolut im Jubiläums-Stress für das Jahr 2014. Aber, so befremdlich es klingt, diese Vorbereitungen spielen sich weniger in Deutschland ab als im Ausland. Ich bin sehr stark in Frankreich tätig und arbeite dort in verschiedenen Verbünden mit anderen Forschern zusammen, vor allem mit dem Centre Komde recherche de l‘Historial de la Grande Guerre in Péronne (Somme). Und mir fällt auf, dass der Erste Weltkrieg für die Deutschen zwar ein großes Kulturereignis ist, aber eigentlich nirgends und von niemandem als ein wichtiger Bestandteil der eigenen Nationalgeschichte oder gar der eigenen Identität empfunden wird. Das macht den ganz riesigen Unterschied aus zu Frankreich, zu Belgien, zu England, zu den USA, zu Australien, zu Kanada. Wir sind zwar durchaus sehr bemüht, auch in Deutschland etwas zu veranstalten, aber das Herz ist nicht dabei – dieser Krieg ist fast so weit weg wie die napoleonische Zeit.

Wird das Jubiläum in Deutschland eher als eine Art Pflichterfüllung betrieben?
„Historische Pflichterfüllung“ ist sehr treffend gesagt – ein Ereignis, das aber nicht unseres ist. Wir beschäftigen uns nicht mit diesem Ereignis, um über die eigene Vergangenheit und heutige Verfasstheit nachzudenken. Der Erste Weltkrieg soll bei uns möglichst als ein universelles, transnationales Ereignis erscheinen, möglichst weit entfernt, an der Ostfront und in Australien. Keine Spur mehr von der Aufregung, die beispielsweise in den siebziger Jahren die „Fischer-Kontroverse“ über die deutsche Verantwortung für den Kriegsausbruch 1914 verursachte. Es ist ja auch ein Forschungsfortschritt, dass wir uns heute um die Ostfront und um Asien kümmern. Aber wegen der Entwicklung bin ich etwas perplex, zumal ich bei Franzosen, Engländern, Belgiern und anderen fast täglich mitbekomme, wie sehr die Wahrnehmung dort differiert, der Krieg nämlich wirklich als Teil der Nationalgeschichte, als Teil der eigenen Identität verstanden wird.

Wie hat Ihre Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg begonnen?
Meine Doktorarbeit befasste sich mit der Rüstungspolitik vor dem Ersten Weltkrieg. Damit habe ich von vornherein schärfer als andere Weltkriegshistoriker die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs im Blick gehabt. Die überwiegende Geschichtsschreibung des Krieges beginnt irgendwo im Juli 1914 – so absurd das klingt. Als Historiker komme ich eher aus der Vorkriegszeit und interessiere mich stärker als andere für den Verlauf wie dem Weg von der Agadir-Krise 1911 bis zur Rüstungspsychose von 1913/14.

Seit kurzem sind Sie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für die Konferenz „Not All Quiet on the Ottoman Fronts“, die das Orient- Institut (OI) Istanbul im April 2014 ausrichtet. Was ist Ihre Erwartung an die Tagung?
Als eine der wichtigsten Parteien im Ersten Weltkrieg ist die Türkei für mich ein sehr willkommenes Neuland. Ich bin nicht nur von meiner ganzen Ausbildung sondern auch von meiner Arbeit in den letzten Jahrzehnten her sehr stark in der Geschichte der Westfront verankert. Natürlich habe ich immer auch die Ostfront und die Dritte Welt mit im Blick gehabt, aber nicht in der Forschung und nicht vom Hauptinteresse her. Von daher eröffnen sich hier für mich neue Perspektiven. Ich sehe mich nicht als jemanden, der profunde etwas über die Türkei im Ersten Weltkrieg beitragen kann, aber doch als jemanden, der neugierig auf die Erkenntnisse der türkischen Kollegen ist. Mir ist besonders wichtig, wie und auf welche Weise überhaupt im Laufe der Zeit aus sehr verschiedenartigen militärischen Konflikten ein Weltkrieg geworden ist. Das waren ja zum Teil vollständig verschiedene Kriege, die zur großen Katastrophe ineinander geführt wurden. Die Osmanen kämpften auf der einen Seite mit den Deutschen zusammen und hatten auf der anderen Seite eine ganz eigene Front gegen die Araber, die wiederum von den Engländern unterstützt wurden. Sich mit dieser Genese auseinanderzusetzen, die verschiedenen Prozesse auseinanderzudividieren, darum geht es mir.

Sehen Sie Auswirkungen der deutsch-osmanischen Allianz im Ersten Weltkrieg auf die heutige Beziehung zwischen beiden Ländern?
Für mich als Historiker steht die Armenier-Frage im Vordergrund. Da dürfte es immer wieder neue Probleme geben. Die offizielle Position Deutschlands zu den Gräueltaten an den Armeniern ist klar. Ebenso wie die Frankreichs, wo ihre Leugnung zu Strafandrohungen führt, und die anderer westeuropäischer Länder auch. Wenn ich es recht sehe, bewegt sich in der Türkei noch relativ wenig in Richtung einer unvoreingenommen Erforschung dieser Geschehen. Das dürfte das größte Sachproblem sein, eine vernünftige Diskussion zwischen Historikern und Mandatsträgern herzustellen bezüglich des türkischen – und des deutschen – Anteils an den Verbrechen gegen die Armenier.

Unmittelbare Auswirkung des Ersten Weltkriegs war der Zusammenbruch von vier Kaiserreichen, die in der Folgezeit sehr unterschiedliche Entwicklungen erlebten.
Auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Entwicklungen, ja! Aber dann hat sich durch den Totalitarismus eine ganz ähnliche Entwicklung in weiten Teilen dieser zerstörten Welt vollzogen – trotz aller Unterschiede zwischen dem Nationalsozialismus in Deutschland und dem Kommunismus in Sowjetrussland. Nur in der Türkei läuft das insgesamt anders, soweit ich das beurteilen kann. Aber in den beiden großen Empire aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, die den Krieg verloren haben und zerrissen worden sind, tobten auf der einen Seite diese irrsinnigen, blutigen nationalen und ethnischen Kämpfe und herrschten auf der anderen Seite die orgiastischen Vernichtungsphantasien und Vernichtungsrealitäten. Man muss selbstverständlich unterscheiden zwischen den Hungerkatastrophen in Sowjetrussland und der Judenverfolgung in Deutschland. Aber was identisch bleibt für die beiden großen Nationen, ist die Gleichgültigkeit gegenüber dem massenhaften Leid und die Planbarkeit von millionenfachem Tod. Und das ist für mich das zentrale Vermächtnis des Ersten Weltkriegs.

Kein Krieg, weder im letzten Jahrhundert noch vorher, wurde – zu Beginn jedenfalls – von einer solchen Begeisterung getragen.
Das ist nicht wahr! Im 1870er Krieg zwischen Deutschland und Frankreich bestand am Anfang eine mindestens ebenso große Begeisterung. Wir sind den Dimensionen der Kriegsbegeisterung von 1914 inzwischen auf die Spur gekommen. Die Forschung hat aufgedeckt, dass von den alten Erzählungen, von dem „Hurra, Hurra, Hurra!“ und „Alles freut sich auf den Krieg!“ nicht viel übrig geblieben ist. Aufs Ganze gesehen, wenn man das Deutsche Reich, Frankreich und andere Länder wie Österreich-Ungarn betrachtet, ist dieser von Propagandafotos verbreitete Kriegsenthusiasmus ein sehr kurzes Aufflammen vor allem unter den großstädtischen Massen. Das hat wenig mit dem zu tun, wie der Kriegsbeginn auf dem platten Land erlebt wurde, in den kleinen Städten und Dörfern, die immerhin neunzig Prozent der Bevölkerung ausmachten.

Es fällt ja heutzutage, gerade in Europa, schwer, sich einen Begriff von „Kriegsbegeisterung“ zu machen. Wie kann man sich die Begeisterung damals vorstellen?
In den 1980er Jahren ist Wolf-Rüdiger Osburg in Altersheime gegangen und hat Kriegsteilnehmer gefragt: „Wart Ihr begeistert?“ „Ja, natürlich waren wir begeistert. Das war eine Stimmung! Das war eine Stimmung wie in der Kirche.“ Und da bin ich hellhörig geworden: Eine Stimmung wie in der Kirche! „Sursum corda. – Erhebet die Herzen.“ Begeisterung hatte damals diesen Sinn: Geistigkeit. Damit kommen wir der allgemeinen Stimmung im August 1914 sehr viel näher, als wenn wir das einfach als oberflächliches Hurra-Geschrei ansehen.

War der Absturz von der Begeisterung in die Depression oder Desorientierung infolge der Grabenkriege bei Verdun und anderen Orten an der deutsch-französischen Front dann umso tiefer?
Die Kriegserfahrungen haben die Begeisterung zerstört. Übrig geblieben ist ein Bewusstsein, das Vaterland zu verteidigen, den „Wall aus Eisen und Feuer“ an der Somme zu legen. Heute ist klar nachweisbar, wie sich der Kriegsenthusiasmus im Lauf der Zeit abnutzte, in dem Maße, wie der Krieg zum Material- und Vernichtungskrieg würde. Die Leute haben nicht gewusst, wie viele Millionen Tote die großen Schlachten wirklich gekostet haben. Ich glaube nicht, dass sie dann im Krieg geblieben wären. Als Soldat oder auch als General sieht man immer nur den engeren Frontabschnitt. Es ist völlig ungeklärt, inwieweit auch den führenden Generälen während und nach den Schlachten überhaupt bewusst war, wie viel Tote diese gekostet haben. Ganz Europa war entsetzt, als 1919 vom Reichsarchiv und den französischen Militärarchiven die ersten offiziellen Berichte über die tatsächlichen Toten- und Verletztenzahlen kamen. 11 Millionen Gefallene? Das hatte man vorher nirgendwo auch nur geahnt, kein Mensch hatte während des Weltkrieges die Zahlen addiert.

Sie betreuen in Düsseldorf die Arbeitsstelle für die Herausgabe der Max-Weber-Gesamtausgabe. Gibt es eine Beziehung zu Ihren Forschungen über den Ersten Weltkrieg?
Ich habe ja jetzt die gesamten Kriegsbriefe Webers herausgegeben, zusammen mit M. Rainer Lepsius. Das sind mehr als 2.000 Seiten auf denen man erkennt, wie stark Weber im Krieg politisch engagiert war. Einerseits war er ziemlich nationalistisch eingestellt, jubelte über jede gewonnene Schlacht, glaubte viel zu viel von der Propaganda. Auf der anderen Seite war und blieb er der unbestechliche Intellektuelle und Kritiker, der sich auflehnte gegen die exorbitanten Annexionspläne und der auch stark kritisierte, wie sehr die Militärs in Deutschland während des Krieges die Macht übernommen hatten. Besonders spannend sind Webers Briefe in der Zeit der Beratungen des Versailler Vertrages. Schließlich war er ja als Sachverständiger für die deutsche Delegation in Versailles tätig.

Das Interview führte Thomas Schmitt (freier Journalist, Berlin).

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1433

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Objekt des Monats / object of the month: January 2014

Manganfarbene Flasche mit gekämmtem Dekor und Goldbemalung Syrien, um 1200 Höhe: 13,4 cm / Durchmesser: 8 cm Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. I. 5625 Über einem Fußring erhebt sich der flach ansteigende Körper der bauchigen Flasche, der sich zum … Continue reading

Quelle: http://jameel.hypotheses.org/432

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Lesetipp: “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?”

Drüben bei Archivalia hat unser Redaktionsmitglied Klaus Graf gerade einen äußerst lesenswerten Beitrag publiziert zum Thema Archive und Bloggen, auf den hier als Lesetipp hingewiesen werden soll. Der Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade des Siwiarchivs, “Warum sollten Archive worüber wie bloggen?“. Die Blogparade, zu deren Teilnahme wir aufrufen, läuft noch bis Ende Februar.

Die Überschrift “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?” mag zwar zunächst provozieren, sie ist jedoch zum einen als clin d’œil zu verstehen, und zum anderen als Aufhänger für die dann folgenden, sehr ausgewogenen Überlegungen, die in erster Linie zum Bloggen motivieren und dabei mit konkreten Hinweisen nicht sparen.

So lautet die implizite Antwort auf die selbstgestellte Frage, dass ein nicht-bloggendes Archiv zwar nicht per se schlecht ist, es könnte aber eines besser machen: Es könnte bloggen! Ein Engagement in den sozialen Netzen wie Facebook oder Twitter zählt dabei bereits.

Unterstrichen und anhand von Beispielen belegt wird im Beitrag von Klaus Graf die große Bedeutung von frei zugänglichen Publikationen (Open Access), wie sie Blogs darstellen. Blogs sollten daher von Archiven – und das gilt auch für Forschungsinstitutionen und Bibliotheken – als Chance verstanden werden, sich, ihre Arbeit und ihre Bestände einem breiten Publikum zu präsentieren. Wichtig ist ihm dabei vor allem der Vernetzungsgedanke:

Archive sollten sich, wenn sie bloggen, auch als Teil der Wissenschaftsblogosphäre verstehen. Dies bedeutet: Sie informieren über eigene und externe Forschung in ihren Beständen, sie publizieren (kleinere) Beiträge mit neuen Erkenntnissen und eröffnen diese Möglichkeit auch Forschern außerhalb der eigenen Institution.”

Klaus Graf rät den Archiven, das Angebot von de.hypotheses.org zu nutzen und sich über die Plattform zu vernetzen, denn das tun bereits einige Archivblogs und Blogs zu Archiven wie:

________

Zum Beitrag: Klaus Graf: Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv? In: Archivalia, 29.1.2014, http://archiv.twoday.net/stories/640154245/.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1955

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Lesetipp: “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?”

Drüben bei Archivalia hat unser Redaktionsmitglied Klaus Graf gerade einen äußerst lesenswerten Beitrag publiziert zum Thema Archive und Bloggen, auf den hier als Lesetipp hingewiesen werden soll. Der Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade des Siwiarchivs, “Warum sollten Archive worüber wie bloggen?“. Die Blogparade, zu deren Teilnahme wir aufrufen, läuft noch bis Ende Februar.

Die Überschrift “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?” mag zwar zunächst provozieren, sie ist jedoch zum einen als clin d’œil zu verstehen, und zum anderen als Aufhänger für die dann folgenden, sehr ausgewogenen Überlegungen, die in erster Linie zum Bloggen motivieren und dabei mit konkreten Hinweisen nicht sparen.

So lautet die implizite Antwort auf die selbstgestellte Frage, dass ein nicht-bloggendes Archiv zwar nicht per se schlecht ist, es könnte aber eines besser machen: Es könnte bloggen! Ein Engagement in den sozialen Netzen wie Facebook oder Twitter zählt dabei bereits.

Unterstrichen und anhand von Beispielen belegt wird im Beitrag von Klaus Graf die große Bedeutung von frei zugänglichen Publikationen (Open Access), wie sie Blogs darstellen. Blogs sollten daher von Archiven – und das gilt auch für Forschungsinstitutionen und Bibliotheken – als Chance verstanden werden, sich, ihre Arbeit und ihre Bestände einem breiten Publikum zu präsentieren. Wichtig ist ihm dabei vor allem der Vernetzungsgedanke:

Archive sollten sich, wenn sie bloggen, auch als Teil der Wissenschaftsblogosphäre verstehen. Dies bedeutet: Sie informieren über eigene und externe Forschung in ihren Beständen, sie publizieren (kleinere) Beiträge mit neuen Erkenntnissen und eröffnen diese Möglichkeit auch Forschern außerhalb der eigenen Institution.”

Klaus Graf rät den Archiven, das Angebot von de.hypotheses.org zu nutzen und sich über die Plattform zu vernetzen, denn das tun bereits einige Archivblogs und Blogs zu Archiven wie:

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Zum Beitrag: Klaus Graf: Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv? In: Archivalia, 29.1.2014, http://archiv.twoday.net/stories/640154245/.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1955

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Andreas Greim: Stadt, Region und städtische Gesellschaft im Übergang. Das Zusammenspiel von Alltag, Öffentlichkeit und Politik am Beispiel von Darmstadt, Offenbach a. M. und der hessischen Provinz Starkenburg (1914-1924). Workshop Weimar / Infrastruktur- und Kommunalgeschichte

Beschreibung des Forschungsvorhabens

1. Einleitung

Gegenstand der im vorliegenden Beitrag vorgestellten Forschungsarbeit ist die Interdependenz
von politischer Kommunikation und gesellschaftlicher Selbstreflexion, die am Beispiel der Moralisierung von Markt und Konsum untersucht wird. Zeitrahmen bilden die zwei Jahrzehnte zwischen dem Beginn des Ersten Weltkrieges und dem Ende der Weimarer Republik und innerhalb dieser Zeitspanne insbesondere die Jahre zwischen Krieg, Revolution und Hyperinflation, die eng verknüpft sind mit der Interpretation der europäischen Zwischenkriegszeit als „Krisenjahre“ der klassischen Moderne (Detlev Peukert).

2. Forschungskontext

Neuere Konzepte für eine teils ideen- und transfergeschichtlich, teils konsum- und mediengeschichtlich erweiterte Gesellschaftsgeschichte des europäisch-atlantischen 20. Jahrhunderts schließen mit dem von der Kunst- und Literaturgeschichte übernommenen Begriff der Klassischen Moderne“ an verschiedene Lesarten des letzten Jahrhunderts an, in denen die Scheidelinien politischer Zäsuren hinter gemeinsame sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche Schnittmengen zurücktreten. „Klassische Moderne“ liest sich insofern wie ein Querverweis auf die Grundlegung der sozioökonomischen Strukturen wie der soziokulturellen Signaturen des europäisch-atlantischen 20. Jahrhunderts (2; 16-18). Als Epochenbegriff verweist „Klassische Moderne“ auf eine neuerdings auch als frühe Hochmoderne bezeichnete Übergangsphase (6; 16). Die frühe Hochmoderne lässt sich hierbei (angelehnt an das Konzept der „Epochenschwelle“ von Hans Blumenberg) als Schwellenzeit beschreiben, die mit den drei Jahrzehnten vor und nach 1900 das „lange“ 19. vom „kurzen“ 20. Jahrhundert trennt, ohne indes eine feste Epochengrenze zu setzen (14). Als Querverweis bezieht sich „Klassische Moderne“ wirtschaftsgeschichtlich auf den Prozess der „großen Transformation“ (Karl Polanyi). Gemeint ist die transatlantische Ausbreitung der Warenwirtschaft und darin eingeschlossen: der Geld- und Marktwirtschaft zwischen den beiden großen wirtschaftlichen Depressionen von 1873/96 und 1929/32. Ihren Höhepunkt erreichte diese in ideen- und transfergeschichtlicher Perspektive erste globale Ausbreitungswelle des Industrie-, Finanz- und Konsumkapitalismus mit dessen noch vor 1914 in den hochindustrialisierten Nationalstaaten und Volkswirtschaften der westlichen Welt in paradigmatischer Weise nahezu vollständig ausgeformten Ordnungsmustern der modernen Marktgesellschaft. Ein zentrales Ordnungsprinzip stellt dabei das mit dem Ersten Weltkrieg zum Durchbruch gelangte Taylor-System dar, das in Verbindung mit frühen Formen fordistischer Warenproduktion ein wesentliches Element industrieller Betriebsorganisation der Zwischenkriegszeit war. Während dessen arbeitsorganisatorische Konsequenzen in sozialgeschichtlicher Perspektive eng verknüpft sind mit der Frage nach der Lage und Stellung des Arbeitnehmers im arbeitsteiligen Produktionsprozess, stehen tayloristisch-fordistische Produktionsformen ideengeschichtlich zugleich auch für die Vision eines auf breiter Basis durch Massenproduktion realisierbaren Massenkonsums (17). “Klassische Moderne“ bezieht sich insofern auch auf den Durchbruch der bis dahin von der Marktgesellschaft verdeckten Konsumgesellschaft (5). Als deren Zentren galten die gro§en industriellen Metropolen, die aufgrund ihrer vielfältigen kommerziellen Vergnügungs- und Warenangebote einerseits Inbegriff von Konsumfreiheit waren, andererseits aber auch eine Konsumkultur symbolisierten, die zeitgenössische Kultur- und Zivilisationskritik verurteilte, weil sie Menschen physisch wie mental zerrütten würde und ihnen die Einsicht nähme in die wahren Verhältnisse sozialer Ungleichheit und politischer Herrschaft. „Klassische Moderne“ verweist insofern auch auf das Entstehen der modernen Medien(konsum)gesellschaft (19). Voraussetzung dafür war die Herausbildung eines großflächigen Zeitungs- und Zeitschriftenmarktes, der im Zeichen einer seit 1860 spürbaren Liberalisierung des Presserechts mit der Erfindung des Rollen-Rotationsdrucks (1863) und mit der Entdeckung des Warenwerts von Zeitungen und Zeitschriften als Massenkonsumgütern entstanden war. Eine zentrale Rolle übernahm dabei der groß- und hauptstädtische Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt, dessen Reichweite sich auflage- und vertriebsabhängig von der lokalen bis auf die nationale Ebene erstreckte, und der über seine Verteilungsfunktion ein entsprechend großes Publikum kommunikativ vernetzte. Zeitungen erlangten infolgedessen eine Breitenwirkung, welche für die gesellschaftliche Selbstbeobachtung auch nach dem Aufkommen von Rundfunk und Fernsehen zwischen 1920 und 1950 noch lange Zeit entscheidend war.

3. Forschungsansatz und erkenntnisleitende Kategorien

Die Forschungsarbeit folgt Vorschlägen, die gegenüber den linearen Erzählstrukturen der großen geschichtlichen Meta-Deutungen für eine Geschichtsschreibung plädieren, die sich öffnen soll für plurale, aber zugleich auch interdependente Erzählungen (10). Ferner folgt sie Forderungen nach einer „Problemgeschichte der Gegenwart“ (18), die ihrerseits an Vorschläge anschließen, welche eine Geschichtsschreibung anregen, der es mehr um die Vorgeschichte gegenwärtiger als um die Nachgeschichte vergangener Problemlagen geht (7). Im Hinblick darauf löst sie sich von der zentralen Kategorie der „Krise“, die als narrativer Leitbegriff und lineares Erzählmuster insbesondere jene Darstellungen strukturiert, die die Geschichte der Weimarer Republik aus ihrem Scheitern erklären (3). Die Fragestellung nach der Interdependenz von politischer Kommunikation und gesellschaftlicher Selbstreflexion eröffnet dabei mit den erkenntnisleitende Kategorien der „Öffentlichkeit“ und „Politik“ einen anderen Zugang. Prämisse ist dabei die These, dass in modernen Gesellschaften die durch die Informations-, Artikulations- und Sozialisationsfunktionen von Leitmedien der politisch-kulturellen Kommunikation hergestellte Öffentlichkeit jenen sozialen Raum schafft, in dem die am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure in der Auseinandersetzung um kulturelle Deutungshoheit und politische Definitionsmacht zugleich auch um die Zustimmung der Bürger für bestimmte Modelle der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung konkurrieren (müssen). Die Rolle von Leitmedien und deren Bedeutung für die politisch-kulturelle Bewusstseinsbildung wird insofern neu bewertet, insbesondere im Gegensatz zu älteren Theorien des Alltagsbewusstseins, die mit den „Kulturindustrie“-Thesen der Frankfurter Kritischen Theorie davon ausgehen, dass das Alltagsbewusstsein sich gegenüber der Reflexion der komplexen gesellschaftlichen Wirklichkeit prinzipiell verschließt und unter dem negativen Einfluss einer durch die Massenmedien manipulierten Öffentlichkeit steht (11). Die Interdependenz von politischer Kommunikation und gesellschaftlicher Selbstreflexion verweist insofern mit der Frage nach der politisch-kulturellen Bewusstseinsbildung auf die Kategorie „Alltag“ als dritten erkenntnisleitenden Begriff. Um „Alltag“, „Öffentlichkeit“ und „Politik“ als erkenntnisleitende Kategorien miteinander zu verknüpfen, schließt die Forschungsarbeit an die von Kurt Imhof entwickelte Theorie der Öffentlichkeit an, deren Basis ein arenatheoretisches Öffentlichkeitsmodell ist, das als Synthese systemtheoretischer Spiegelmodelle und kommunikationstheoretischer Diskursmodelle mit einem funktionalen wie partizipatorischen Öffentlichkeitsbegriff operiert (8-9). Forschungsansatz und erkenntnisleitende Kategorien bieten an, die Forschungsarbeit als stadt- und regionalgeschichtliche Studie anzulegen. Die „doppelte“ stadt- und regionalgeschichtliche Perspektive bringt aber das heuristische Problem mit sich, Stadt und Region, die als räumlich nebeneinander angeordnete Phänomene geschichtlich in Erscheinung treten, als erkenntnisleitende Kategorien voneinander abgrenzen und zugleich miteinander verknüpfen zu müssen. Die Forschungsarbeit knüpft hierzu einerseits mit der Stadt- und Raumsoziologie an handlungszentrierte „Beziehungsraum“-Ansätze an, die mit der „Dualität des Raums“ auf die soziale wie physische Hybridität von Räumen verweisen (12). Die Hybridität des städtischen Raums definiert insofern auch die „Eigenlogik der Städte“ (13). Eigenlogik beschreibt dabei die Wechselwirkung von Menschen, Gütern und Informationen auf der materiell-physischen, institutionellen, kulturellen und symbolischen Ebene des städtischen Sozialraums. Andererseits schließt die Forschungsarbeit mit neueren „Zentrale-Orte“-/“Regionen“-Konzepten an raum(struktur)zentrierte Regionalisierungsansätze an, in denen Städte nicht nur eine Reihe von Zentralitätsfunktionen für ein klein- oder mittelräumiges Umlandgebiet übernehmen, sondern auch in Beziehung zu anderen zentralen Städten stehen, mit denen sie in einem mittel- bis großräumigen Verdichtungs- und Verstädterungsgebiet ein hierarchisches Städtesystem bilden, das auf einer regionalen Ebene ebenso Formen interkommunaler Konkurrenz wie interkommunaler Kooperation ermöglicht oder verhindert (1).

4. Untersuchungsbeispiele und Untersuchungsraum

Untersuchungsbeispiele sind Darmstadt, einstige Landeshauptstadt des Volksstaates Hessen, und Offenbach, einstmals bedeutender Industriestandort vor den Toren des Finanz- und Handelsplatzes Frankfurt. Beide Städte besitzen aufgrund ihres Stadttypus, ihrer zentralörtlichen Funktionen, ihrer Größe, Lage und Bedeutung ein jeweils „eigenlogisches“ Gepräge. Andererseits gehören beide Städte als zentrale Orte (wie die anderen Zentren in einem 60-Kilometer-Umkreis um Frankfurt) zum verstädterten Kern des Mittelrhein-Untermain-Raums. Als landschaftlich heterogener Verdichtungsraum ändert sich dessen Ausdehnung und Ausstrahlung mit den auf die Region projizierten Vorstellungen ebenso wie mit den (messungsvariablen) Graden der regionalen Verdichtung und Verflechtung. Die regionalisierte Form des Mittelrhein-Untermain-Raums, das „Rhein-Main-Gebiet“, lässt sich dabei als ein System mit mehreren Zentren in einem abgegrenzten Raum beschreiben. Der Begriff „Zentrum“ meint hierbei sowohl das Verteilungsmuster zweier oder mehrerer miteinander konkurrierender/kooperierender Kernstädte als auch die räumliche Verdichtung von Menschen, Gütern und Dienstleistungen innerhalb eines von einer einzigen Kernstadt dominierten Gebietes (4). Im Lichte dessen lassen sich die Untersuchungsbeispiele als Oberzentren beschreiben, die einerseits im Einflussbereich des Frankfurter Großzentrums liegen, andererseits aber selbst wichtige Zentralitätsfunktionen für ein eigenes Einzugsgebiet übernehmen, das als teils agrarisches, teils industrielles „Hinterland“ weitgehend mit dem Gebiet der früheren hessischen Provinz Starkenburg übereinstimmt, das damals wie heute zu den wirtschaftlich stärksten Subregionen des Rhein-Main-Gebietes zählt.

5. Aufbau und Quellen der Forschungsarbeit

Die Forschungsarbeit umfasst zwei Hauptteile, die aufgrund der systematisch angelegten Studie notwendigerweise keiner reinen chronologischen Darstellung folgen. Der erste Teil schlägt einen strukturgeschichtlichen Bogen über die Grundzüge und Rahmenbedingungen der sozial- und wirtschaftsstrukturellen Entwicklung der Provinz Starkenburg in den drei Jahrzehnten vor und nach 1900. Die strukturgeschichtliche Darstellung ist in jeweils unterschiedlich lange Zeitblöcken gegliedert, um (auch in vergleichender Perspektive zu anderen Rhein-Main-Subregionen) Strukturen und Prozesse von langer, mittlerer und kurzer zeitlicher Reichweite differenziert herauszuarbeiten. Profile der wichtigsten regionalen Tageszeitungen, ebenso wie Stadtporträts, die vor dem Hintergrund der mit der Zeit veränderten zentralörtlichen Funktionen die Entwicklung von Darmstadt und Offenbach skizzieren, ergänzen dabei den ersten Teil um weitere strukturgeschichtliche Aspekte. Die Rolle der städtischen und anderer Funktionseliten werden dabei insoweit thematisiert, als deren Beweggründe und Handlungen zum Verständnis beitragen. Die strukturgeschichtliche Betrachtung tritt insoweit an diesen Stellen hinter einer historisch-hermeneutische Interpretation zurück. Der zweite Teil widmet sich dem eigentlichen Untersuchungsgegenstand. Die kommunikations- und medientheoretische Basis bildet dabei das Arena-Modell, welches gestützt auf mediensoziologische Forschungsansätze auch das nötige methodische Instrumentarium bereitstellt, um am Beispiel der Markt- und Konsum-Moralisierung den in den Themen und Inhalten der öffentlichen politisch-kulturellen Kommunikation reflektierten Wandel der Gesellschaft sowohl von einer strukturzentrierten Gesellschaftsebene als auch einer handlungszentrierten Akteursebene mit einer Reihe erkenntnisleitender Fragen zu erfassen. Der Quellen- und Textkorpus setzt sich aus sechs großen Tageszeitungen zusammen, die in der Provinz Starkenburg zwischen 1914 und 1924 erschienen sind, fallweise ergänzt durch eine Auswahl einiger Lokal- und Regionalzeitungen. Die Erfassung der zentralen Ressorts Nachrichten, Politik und Wirtschaft erfolgt dabei (nach entsprechender thematischer Vorsichtung) auf Grundlage einer hermeneutischen Quellen- und Textanalyse. Wegen des inneren Textgefüges der meisten journalistischen Darstellungsformen verzichtet die Forschungsarbeit im Gegensatz zu medien- und kommunikationwissenschaftlichen Studien darauf, die öffentliche politische Kommunikation mithilfe eines Kodierschlüssels quantitativ zu erfassen. Offene oder auch heimliche, zwischen den Zeilen lesbare Parteinahme, Verzerrungen in der Berichterstattung und Feinheiten öffentlichen Meinungswandels lassen sich trotz elaborierter Kodierschemata nicht in einer angemessenen validen Form verschlüsseln (20).

6. Literaturhinweise

1. Dietrichs, Bruno: Art. „Konzeptionen der Raumordnung“, in: Ritter, E.-H. (Red.): Handwörterbuch der Raumordnung, Hannover 2005, S. 521-531.
2. Doering-Manteuffel, Anselm: Konturen von „Ordnung“ in den Zeitschichten des 20. Jahrhunderts, in: Etzemüller, T. (Hg:): Die Ordnung der Moderne. Social engineering im 20. Jahrhundert, Bielefeld 2009, S. 41-64.
3. Föllmer, Moritz/Graf, Rüdiger (Hgg:): Die „Krise“ der Weimarer Republik. Zur Kritik eines Deutungsmusters, Frankfurt/M. 2005.
4. Growe, Anna/Lamker, Christian: Polyzentrale Stadtregionen – Die Region als planerischer Handlungsraum, in: Growe, A./Lamker, C. u. a. (Hgg.): polyzentrale Stadtregionen – Die Region als planerischer Handlungsraum (Arbeitsberichte der ARL; 3), Hannover 2012, S. 1-9.
5. Haupt, Heinz-Gerhard/Nolte, Paul: Markt. Konsum und Kommerz, in: Mauch, C./Patel, K. K. (Hgg.): Wettlauf um die Moderne. Die USA und Deutschland 1890 bis heute, München 2008, S. 187-224.
6. Herbert, Ulrich: Europe in High Modernity. Reflections on a Theory of the 20th Century, in: JMEH 5: 1 (2007), S. 5-21, bes. S. 9-18.
7. Hockerts, Hans Günter: Zeitgeschichte in Deutschland. Begriff, Methoden, Themenfelder, in: Hub 113: 1 (1993), S. 98-127.
8. Imhof, Kurt: Die Krise der Öffentlichkeit. Kommunikation und Medien als Faktoren des sozialen Wandels, Frankfurt/M. 2011.
9. Imhof, Kurt: Öffentlichkeit und Krise. Theorie des sozialen Wandels, Frankfurt/M. 2006.
10. Jarausch, Konrad H.: Die Krise der nationalen Meistererzählungen. Ein Plädoyer für plurale, interdependente Narrative, in: Jarausch, K. H./Sabrow, M. (Hgg.): Die historische Meistererzählung. Deutungslinien der deutschen Nationalgeschichte nach 1945, Göttingen 2002, S. 9-32.
11. Leithäuser, Thomas/Volmerg, Birgit/Wutka, Bernhard: Entwurf zu einer Empirie des Alltagsbewusstseins, Frankfurt/M. 1977.
12. Löw, Martina: Eigenlogische Strukturen – Differenzen zwischen Städten als konzeptuelle Herausforderung, in: Berking, H./Löw, M. (Hgg.): Die Eigenlogik der Städte. Neue Wege für die Stadtforschung, Frankfurt/M 2008, S. 34-53.
13. Löw, Martina: Raumsoziologie, Frankfurt/M. 2001.
14. Nolte, Paul: Abschied vom 19. Jahrhundert oder auf der Suche nach einer anderen Moderne, in: Osterhammel, J./Langewiesche, D. u. a. (Hgg.): Wege der Gesellschaftsgeschichte, Göttingen 2006, S. 103-132.
15. Peukert, Detlev J. K.: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der Klassischen Moderne, Frankfurt/M. 1987.
16. Raphael, Lutz: Ordnungsmuster der „Hochmoderne“? Die Theorie der Moderne und die Geschichte der europäischen Gesellschaften im 20. Jahrhundert, in: Schneider, U./Raphael, L. (Hgg.): Dimensionen der Moderne, Frankfurt/M. 2008, S. 73-91.
17. Raphael, Lutz: Ordnungsmuster und Selbstbeschreibungen europäischer Gesellschaften im 20. Jahrhundert, in: Raphael, L (Hg.): Theorien und Experimente der Moderne. Europas Gesellschaften im 20. Jahrhundert, Köln u. a. 2012, S. 9-20.
18. Raphael, Lutz/Doering-Manteuffel, Anselm: Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970 Göttingen 2008.
19. Requate, Jörg: Kennzeichen der deutschen Mediengesellschaft des 19. Jahrhunderts, in: Requate, J.: (Hg.): Das 19. Jahrhundert als Mediengesellschaft, München 2009, S. 30-42.
20. Stöber, Rudolf: Die erfolgverführte Nation. Deutschlands öffentliche Stimmungen 1866-1945, Stuttgart 1999.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1540

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Eine Reise nach Königsberg

„Weill wir nicht woll gewust, wie wir der streufenden Partheyen halber sicher durchkommen möchten, sein wir diesen tagh daselbst still gelegen, vnnd vnnß ümb einer Convoy beworben, damit wir, weilen die Schwedischen auß holtstein vnd Stifft Bremen in der Marche begriffen, unbefahrt reisen möchtten.“ Dies ist ein kurzer Ausschnitt aus dem Bericht, mit dem Vertreter der klevischen Landstände über die Reise zu ihrem Landesherrn, dem Kurfürsten von Brandenburg, Rechenschaft ablegten. Der ganz überwiegende Teil dieser Dokumentation umfaßt die Verhandlungen, die die Ständevertreter mit ihrem Landesherrn führten – die üblichen Eingaben, Gravamina sowie Relationen und Resolutionen also, wie man sie auch von den Verhandlungen auf einem Landtag kennt. Zu Beginn und am Ende aber berichteten die Ständevertreter von ihrer Reise zum Kurfürsten, denn in dem Fall handelte es sich um eine außergewöhnliche Mission: Sie führte die klevische Delegation vom Niederrhein bis nach Königsberg.

Daß eine solche Reise zu dieser Zeit alles andere als eine kurzweilige Lustpartie war, erhellen viele zeitgenössische Berichte, die von schlechten Straßen und Unterkünften, aber vor allem auch von der Unsicherheit erzählen: Überfälle von Räuberbanden und genauso von umherstreifenden Söldnertrupps. Hinzu kam, daß ein solches Reiseunternehmen auch ins Geld ging: Die Kosten für die Transportmittel, den Unterhalt, auch Repräsentationskosten verschlangen Summen, die sich auch nicht jeder Reichsstand leisten konnte. Die Landstände von Kleve sahen hier offenbar keine Probleme: Sie deputierten fünf Vertreter aus ihrer Mitte, hinzu kam eine unbekannte Zahl von Bediensteten.

Der Gefahren war sich die klevische Gesandtschaft aber sehr wohl bewußt. Sie brach am 10. Oktober 1645 in Emmerich auf und wandte sich zunächst auf niederländisches Gebiet, offenbar eine sichere Route. Über Emden kamen die Klever wieder auf Reichsboden und versuchten von hier über Oldenburg, Bremen, Stade und Hamburg bis Lübeck zu kommen. Am 18. Oktober waren sie in Bremen, als sie von den obenerwähnten Streifparteien hörten. Diese Etappe bewältigten sie dann noch ohne Zwischenfall, doch auf der Etappe zwischen Hamburg und Lübeck wurden sie unweit Trittau von einigen schwedischen Reitern abgefangen. Sie hatten aber noch Glück im Unglück und kamen mit der Zahlung eines „Trinkpfennigs“, wie sie berichteten, davon. Von Lübeck aus ging es vor allem mit dem Schiff an der Ostseeküste entlang. Der Wind stand nicht immer günstig, doch am Ende langten die Klever am 27. November 1645 wohlbehalten in Königsberg an: Das eigentliche Geschäft, die Verhandlungen mit dem Kurfürsten, konnte beginnen.

Einige Materialien zu dieser Gesandtschaft sind bereits verfügbar in der klassischen Edition der Urkunden und Actenstücke, Bd. 5, aus dem Jahr 1869. Ich habe hier zurückgegriffen auf die Weseler Überlieferung: Stadtarchiv Wesel, A 1: Magistratsregistratur, Capsel 160, Nr. 1 (Acta wegen der nach Königsberg gesandten Deputation, 1645-1646, fol. 1-674). Dieses Archiv hält übrigens eine äußerst reichhaltige Überlieferung zu landständischen Geschichte des Herzogtums Kleve bereit, die zu benutzen allemal lohnt.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/385

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Das virtuelle Projektbüro

von Monika E. König Projekte im virtuellen Team beackern – wo und wie? Das Virtuelle ist kein Ort, an dem man sich einfinden kann, trotzdem fühlt es sich dorten an wie in einem Projektbüro.  Für euch unternehme ich den kleinen Versuch der Beschreibung, mit welchen Mitteln man – z.B. – sein virtuelles Projektbüro erschaffen kann. 1. Kommunikation: synchron miteinander zu sprechen: Das geht zu zweit via Skype (mehrere Gesichter kosten dann), via Google Hangout mit bis zu 10 Menschen. Letzterer hat den Charme, dass […]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/4969

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Frühneuzeitliche Klosterhandschriften in Düsseldorf

Man kann sich darüber streiten, welcher Gegenstand stiefmütterlicher behandelt wurde und teilweise noch wird: die überwiegend lateinisch geprägte monastische Kultur der  Frühen Neuzeit oder die in den Bibliotheken verwahrten frühneuzeitlichen Handschriften, die gegenüber den mittelalterlichen Codices extrem benachteiligt wurden und werden. So gut wie unbekannt ist der frühneuzeitliche Handschriftenbestand der ehemaligen Düsseldorfer Landesbibliothek, der im Heinrich-Heine-Institut der Stadt gelandet ist, während die mittelalterlichen Manuskripte von der ULB Düsseldorf ausgezeichnet erschlossen sind und derzeit ins Netz gestellt werden. Christian Liedtke, Archivar am Heinrich-Heine-Institut der Landeshauptstadt […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6584

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