2015 | 100 Jahre Völkermord an den Armeniern | Herausforderung für den Geschichtsunterricht


 
Deportation von Armeniern aus Kharpert, April 1915 (Public Domain, Wikimedia Commons)
 

Das Gedenkjahr 2014 holt den Ersten Weltkrieg ins öffentliche Bewusstsein zurück. In der hiesigen breiten medienöffentlichen Beschäftigung mit der vermeintlichen „Urkatastrophe“ (Kriege sind keine Katastrophen, sondern von Menschen verursacht) fällt allerdings auf, dass (zumindest bislang) nur wenig kontrovers debattiert wird. Beispielsweise sorgt die durch Clarks „Schlafwandler“ erneut aufgerollte Kriegsschuldfrage längst nicht mehr für so große Aufregung wie noch vor einem halben Jahrhundert die Fischer-Kontroverse. Auch das gelegentliche Bemühen, Parallelen zwischen 1914 und 2014 herzustellen, verfängt nicht wirklich.

Das kann sich 2015, wenn sich im April der Beginn des Völkermords an den Armeniern zum 100. Mal jährt, ändern. Die gezielte Tötung von hunderttausenden Armeniern bei Todesmärschen und Massakern (die Schätzung der Opferzahlen reicht von 300.000 bis 1.500.000; häufig angenommen wird eine Zahl zwischen 800.000 und 1.000.000) in den Jahren 1915/16 wird heute von den meisten Historikern als Völkermord bezeichnet. Die Anerkennung dieses Genozids im Sinne der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (von 1948) ist umstritten; bisher 22 Staaten haben die Massentötungen offiziell in diesem Sinne anerkannt, außerdem auch internationale Organisationen wie die UN-Menschenrechtskommission und das Europäische Parlament. Die deutsche Bundesregierung hat (trotz verschiedener Anträge im Bundestag) eine solche Anerkennung bislang nicht ausgesprochen (ein wichtiger Hintergrund hierfür: das Deutsche Reich war seinerzeit Bündnispartner des Osmanischen Reichs). Der Streitpunkt (auch im Zusammenhang mit einem möglichen EU-Beitritt) liegt besonders in der Verweigerung der Türkei, die Ereignisse während des Ersten Weltkriegs als Völkermord zu bezeichnen. Um sich einen Überblick über die ideologischen Hintergründe zu verschaffen, die zur Vertreibung der Armenier führten – der Prozess “der Transformation des osmanischen Vielvölkerstaates zu einem türkischen Nationalstaat” – und die zugleich wichtige Ursache für die bis heute andauernde Leugnung in der Türkei bilden, kann der Beitrag Nationale Vision und Gewaltpolitik: Der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Mihran Dabag als Einstieg dienen. Zugleich zeichnet sich in den letzten Jahren aber auch ab, dass in der türkischen Gesellschaft zunehmend kontrovers über die Ereignisse von 1915/16 debattiert wird.

Auf der Fachdidaktischen Tagung für Geschichte und Politik des Volksbunds
Deutsche Kriegsgräberfürsorge und des niedersächsischen Kultusministeriums in Hannover im Februar 2012, auf der Mihran Dabag o.g. Vortrag hielt, wurde auch die Frage diskutiert, ob und wie sich der Völkermord an den Armeniern angemessen im Geschichtsunterricht behandeln lässt. Auf die besondere Problematik angesichts häufig vieler türkischstämmiger Schüler/innen in den Klassenzimmern wurde bereits vielfach hingewiesen, beispielsweise in einer Ausgabe der Zeitschrift des Geschichtslehrerverbandes Geschichte für heute (aus 2013) oder auch auf einer Themenseite von Planet Wissen. Zum politischen Streit kam es 2002, als das Land Brandenburg den Völkermord an den Armeniern in den Lehrplan aufnahm. Aus didaktischer Sicht desaströs wäre – kommt der Armenier-Genozid im Unterricht zur Sprache -  eine gegenseitige, nationalen Zuschreibungen folgende Vorwurfshaltung: euer Holocaust hier, euer Armenier-Genozid dort. Bemerkenswert ist – um solche Stereotype  aufzubrechen – der Beitrag Völkermord an den Armeniern von Martin Stupperich, den er ebenfalls auf der Tagung in Hannover vorgestellt hat. Stupperich konstatiert sich “widersprechende nationale Selbstbilder [...] Haben wir auf deutscher Seite ein selbstkritisches Narrativ, so finden wir auf türkischer Seite ein heroisierendes.” (S. 1f.) Stupperich schlägt (für den Oberstufenunterricht) erstens eine Rekonstruktion der Massentötungen aus den Akten des Auswärtigen Amtes vor. Zweitens verfolgt er ein Unterrichtskonzept (ab S. 13), das die heutigen Auseinandersetzungen und Debatten über die Anerkennung des Völkermordes zum Gegenstand macht. Überzeugend an diesem Vorgehen ist der Anspruch, die emotional aufgeladene Debatte zu verstehen und die Interessenlagen der Akteure nachzuvollziehen. Hierfür lassen sich insbesondere geschichtskulturelle Materialien wie z.B. Presseartikel heranziehen. In diesem Zusammenhang lässt sich auch die Rezeptionsgeschichte des Holocaust in Deutschland vergleichen. Erst die Auseinandersetzung mit geschichtspolitischen Debatten lässt die kontroverse Berteilung der Vergangenheit und die perspektivische, nicht selten nationalistisch verengte Bedingtheit der hart aufeinandertreffenden Positionen deutlich werden. Eine solche Beschäftigung mit dem Armenier-Genozid könnte insbesondere während der 2015 erwartbaren medienöffentlichen Debatte einen wichtigen Beitrag zum interkulturellen Lernen leisten. Es wäre dabei erstens erstrebenswert, Lernangebote und konkrete Materialien (auch online) zur Verfügung zu stellen. Zweitens wäre ein Austausch über – sicher gelegentlich schwierige – konkrete Umsetzungen und Erfahrungen der Thematisierung des Armenier-Genozids im Geschichtsunterricht notwendig.

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2014):2015 | 100 Jahre Völkermord an den Armeniern | Herausforderung für den Geschichtsunterricht In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 20.1.2014. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/2343, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/2343

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Normalität, Konformität und deviantes Verhalten – Von Benjamin Gröschl

Konformität und Abweichung bestimmen als relationale Basiskategorien die subjektive Typisierung der Lebenswelt und so auch die daraus entstehenden Objektivationen. Normalität bildet die gemeinsame Grundlage und muss doch ebenso diskursiv und kontextabhängig beschrieben werden. Dieser Artikel widmet sich daher dem Versuch, … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5824

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FES: Veröffentlichungen zu Friedrich Ebert und seiner Zeit vom Geschäftsführer der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Prof. Dr. Walter Mühlhausen

http://www.ebert-gedenkstaette.de/pb/,Lde/Startseite/Die+Stiftung/Prof_+Dr_+Walter+Muehlhausen.html (unten) Die Publikationsliste des Geschäftsführers der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Prof. Dr. Walter Mühlhausen enthält einige weiterführende Publikationen zur Geschichte der SPD und zu Friedrich Ebert.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/01/4920/

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Der “Marsch der Freiwilligen” 義勇軍進行曲: Vom Titelsong eines Films zur Nationalhymne

Fēngyǔn érnü 風雲兒女 ["Sons and Daughters in a Time of Storm" oder "Children of Troubled Times"] aus dem Jahr 1935 erzählt die Geschichte eines Intellektuellen, der sein eher ‘westliches’ Leben aufgibt, um sich im Kampf gegen Japan zu opfern.  Die Handlung basiert auf einer Geschichte von Tian Han  田漢, der seit Anfang der 1930er Mitglied der Kommunisitischen Partei Chinas war, und der kurz nach der Veröffentlichung dieser Geschichte verhaftet worden war. Das Drehbuch schrieben  Tian Han 田漢 (1868-1968) and Xia Yan 夏衍 (1900-1995). Regisseur dieser Produktion der Diantong Film Company (電通影片公司) war Xu Xingzhi. In den Hauptrollen sind Yuan Muzhi 袁牧之 (1909-1978) und Wang Renmei 王人美 (1914-1987) zu sehen. Die Musik zum Film schreib Nie Er 聶耳 (1912-1935).

Fengyun ernü 風雲兒女 (1935)

Fengyun ernü (1935)
Internet Archive

Der Film wäre nicht weiter bemerkenswert, ähnliche Plots finden sich im linken Film der 1930er häufiger, wäre da nicht der Titelsong, gesungen von Yuan Muzhi und Gu Menghe: Yìyǒngjūn Jìnxíngqǔ 義勇軍進行曲 ["Marsch der Freiwilligen", "March of the Volunteers"]. Das Lied, das  in einem Theaterstück erstmals verwendet wurde und 1935 auf einem Album mit anderen patriotischen Musikstücken und Liedern veröffentlicht erschien, wurde gleichsam zur Hymne des Widerstands gegen die japanische Aggression.[1]

Im Februar 1949, kurz nach der Besetzung Beijings durch kommunistische Truppen erklang der “Marsch der Freiwilligen” als (inoffizielle) Hymne bei einer Konferenz in Prag. Im Sommer 1949 wurde im Zuge der Vorbereitung auf die Gründung der Volksrepublik China ein parteiinterner Ausschuss eingesetzt, um eine Hymne auszuwählen. Unter zahlreichen Vorschlägen fand sich auch der “Marsch der Freiwilligen”. Dieser Vorschlag wurde bei der ersten Plenarsitzung der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes (Zhōngguó rénmín zhèngzhì xiéshāng huìyì 中国人民政治协商会议) am 27. September 1949 angenommen.[2]

Der ursprüngliche Text wurde wiederholt verändert, um ihn den politischen Verhältnissen anzupassen. In den ersten Jahren der Kulturrevolution wurde die Hymne nicht verwendet, da Tian Han eines der ersten Opfer der Kulturrevolution geworden inhaftiert worden war.[3]. Ab 1969 wurde der “Marsch der Freiwilligen” wieder als Hymne verwendet, 1978 legte der Fünfte Nationale Volkskongress das Lied wieder als Hymne fest, allerdings mit leicht verändertem Text. Zuletzt hob eine Resolution der 5. Session des Fünften Nationalen Volkskongresses vom 4. Dezember 1982 hob die Änderungen auf[4] und stellte die ursprüngliche Version von Tian Han wieder her.

Seit 2004 ist die Hymne in der Verfassung der Volksrepublik China festgeschrieben:

Article 31 The title of the fourth chapter of the Constitution, which reads “The National Flag, the National Emblem and the Capital”, is revised to read “The National Flag, the National Anthem, the National Emblem and the Capital”. And one paragraph is added to Article 136 of the Constitution as the second paragraph, which reads, “The national anthem of the People’s Republic of China is the March of the Volunteers”.[5]

 

  1. S. Chang-Tai Hung: “The Politics of Songs: Myths and Symbols in the Chinese Communist War Music, 1937-1949″. In: Modern Asian Studies , Vol. 30, No. 4, Special Issue: War in Modern China (Oct., 1996) | DOI: http://dx.doi.org/10.1017/S0026749X00016838, 901-929, hier S. 901-903.
  2. S. “Resolution on the Capital, Calendar, National Anthem and National Flag of the People’s Republic of China”  (1949).
  3. In dieser Zeit wurde Dōngfāng Hóng 東方紅 ["Der Osten ist rot"] als inoffizielle Hymne verwendet.
  4. AsianLII: Resolution of the Fifth Session of the Fifth National People’s Congress on the National Anthem of the People’s Republic of China (Adopted on December 4, 1982).
  5. “Amendments to the Constitution of the People’s Republic of China (Adopted at the Second Session of the Tenth National People’s Congress and promulgated for implementation by the Announcement of the National People’s Congress on March 14, 2004).”

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1269

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3. Januar-TwInterview mit Prof. Dr. T. Mills Kelly

Am Freitag, 17.1., fand das dritte der angekündigten Januar-TwInterviews statt. Mein Gesprächspartner war Prof. Dr. T. Mills Kelly, Professor für Europäische Geschichte an der George Mason University (Fairfax, Virginia). Das Gespräch drehte sich vor allem um sein neues Buch “Teaching History in the Digital Age” (2013) und damit verbundene Probleme des Geschichtslernens an Schulen und Hochschulen heute. Ich danke T. Mills Kelly sehr herzlich für seine Bereitschaft, sich für den Fragesteller und die Mit-LeserInnen im Netz Zeit zu nehmen.

Nachzulesen ist das TwInterview hier: http://storify.com/mdemanto/twinterview-mit-prof-dr-t-mills-kelly

Ich danke @mareike2405, @yaho007, @ClaudineMoulin, @BigSamThompson für ihre Mitwirkung.

 

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/531

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2. Januar-TwInterview mit Prof. Dr. Claudine Moulin

Am Freitag, 17.1., fand das zweite der angekündigten Januar-TwInterviews statt. Meine Gesprächspartnerin war Prof. Dr. Claudine Moulin, Leiterin des Trier Center for Digital Humanities. Das Gespräch berührte ihre persönlichen Erfahrungen als Digital Humanist, aber vor allem auch die Arbeit des Trierer Zentrums.

Ich danke Claudine Moulin sehr herzlich für ihre Bereitschaft, sich Zeit zu nehmen und auf alle meine Fragen freundlich und offen zu antworten. Ich habe viel gelernt und viel Stoff zum Nachdenken bekommen. Die Zeit war allerdings zu kurz für die vielen Fragen, die andere und auch ich mit ihr sehr gern auch noch besprochen hätten.

Nachzulesen ist das TwInterview hier: http://storify.com/mdemanto/twinterview-mit-claudine-moulin

Ich danke @mareike2405, @CDHTrier und @csporled für Ihre Mitwirkung!

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/529

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ALL YOU TWEET IS LOVE (#outofblue, Engelvariationen)

all-you-tweet-is-loveTweetups in Museen, Theatern und weiteren Kultureinrichtungen sind eine neue Form der Kommunikation und beinhalten viel Potential. Einen Eindruck über dieses Phänomen erhält man in der von den Kulturkonsorten herausgegebenen Publikation ALL YOU TWEET IS LOVE. Um das weitere Potential von Tweetups erahnen zu können, sollte man mal einen mitgemacht haben.

Bei #outofblue handelt es sich bereits um eine modifizierte Form des klassischen Tweetups, die in der o.g. Publikation Erwähnung findet (in dem Artikel Twittern in einer rauschhaften Ausstellung ohne Bilder habe ich bereits darüber berichtet).

Marion Schwehr, die die Idee zu #outoblue hatte, machte aus den Tweets, die bei diesem Event entstanden sind, einen Text: #outofblue – aus Tweets wird Literatur. Diesen Text hat sie auf einem Poster veröffentlicht und mit dem Titel Engelvariationen überschrieben.

Letztlich wurden aus Bildern also Tweets, aus den Tweets wiederum Literatur. Es stellt sich die Frage, was kann man jetzt noch damit anstellen kann. Kann die Literatur weiter transformiert werden? In Musik? In Tanz? Theater? Was geht noch? Denken Sie mit! Machen Sie mit! Es lohnt sich und bietet völlig neue Erfahrungen.

Quelle: http://games.hypotheses.org/1494

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Wilma’s Tutorials: Etherpad

Wilma’s Tutorials sind die Produkte des Projekts “Let’s Learn – Screencasts zu Studien-, Lern- und Arbeitstechniken von Studierenden für Studierende”. Etherpad In diesem Turorial wird das Open-Source-Projekt Etherpad vorgestellt, welches die gemeinsame Bearbeitung eines Dokuments online erlaubt. Thematisiert werden vor allem folgende Aspekte: Was ist ein Etherpad? Welche Anbieter gibt es? Was sind die Vorteile eines Etherpads? Wie kann ich ein eigenes Etherpad anlegen? Wie kann ich das Etherpad anderen zugänglich machen? Wie formatiere ich den Text? Wie kann ich verschiedene Autoren später identifizieren? […]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/4855

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Rudolf Schieffer — Publikationsverzeichnis

Selbstständige Veröffentlichungen Herausgeberschaften Beiträge zu Handbüchern Beiträge zu Sammelwerken Beiträge zu Nachschlagewerken Selbstständige Veröffentlichungen (↑) Acta Conciliorum Oecumenicorum IV 3: Index generalis tomorum I-IIII; Pars prima: Indices codicum et auctorum, Berolini (de Gruyter) 1974, IX und 579 S.; Pars secunda: Index prosopographicus, Berolini (de Gruyter) 1982, XII und 509 S.; Pars tertia: Index topographicus, Berolini […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/01/4806/

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