Historizität in der europäischen und in ‚nicht-schriftlichen‘ Kulturen
Historizität gehört zu den kulturellen Eigenschaften – oft im Sinne von Eigenheiten–, die angeführt werden, wenn ‚die‘ europäische Kultur mit anderen verglichen wird. Historizität sei dieser im Gegensatz zu anderen Kulturen von Beginn an zu Eigen gewesen.
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Diskriminierende Bestimmungen und ein mörderischer Plan aus dem 14. Jahrhundert
Die so genannte Pax Mongolica verlief für die Han-chinesische Bevölkerung Chinas alles andere als friedlich – zum ersten Mal eroberte eine Fremddynastie ganz China.[1]
Als die Stabilität der mongolischen Yuan 元-Dynastie durch wiederholte Aufstandsbewegungen mehr und mehr erschüttert wurde, versuchte Bayan[2] – der einflussreichste Berater in den ersten Jahren der Regierung des elften und letzten Kaisers der Yuan (1333-1368) – die Identität der Mongolen durch drastische anti-chinesische Massnahmen zu bewahren. [3] Unter anderem wurde das 1313/1315 wieder eingeführte Prüfungssystem zur Rekrutierung von Beamten zwischen 1335 und 1340 ausgesetzt.[4]
Im Spiegel der Geschichte der Yuan-Dynastie (Yuanshi 元史) lesen sich einige der diskriminierenden Massnahmen wie folgt:
Im 4. Monat des 2. Jahres der Ära Zhiyuan 至元 (d. i.
[...]
Die chinesische Schrift … und was angehende Historiker/innen darüber wissen sollten
Die Möglichkeit, im Rahmen der in der Studieneingangs- und Orientierungsphase (BA Geschichte) vorgesehenen Vorlesung “Theorien und Geschichte schriftlicher Quellen und Medien” in 60-70 Minuten die Geschichte der chinesischen Schrift zu präsentieren (Universität Wien, 29. 10. 2014), stellt zumindest in zweifacher Hinsicht eine Herausforderung dar: einerseits soll ein einführender Längsschnitt durch die Geschichte der chinesischen Schriftkultur geboten werden, andererseits muss auch der politisch-kulturelle Hintergrund (Orakelwesen in der chinesischen Antike, Vereinheitlichungen und “Reformen” der chinesischen Schrift, Einflüsse von Konfuzianismus und Buddhismus auf die Entwicklung von Schriftkultur, Anfänge von Papier und Buchdruck, etc.) berücksichtigt werden.
Nachdem unter anderem “epochen- und raumübergreifendes Grund- und Orientierungswissen über Schriftkultur” sowie “Grund- und Orientierungswissen über Geschichte, Funktion, Bedeutung und Analyse schriftlicher [...] Quellen”[1] vermittelt werden soll, hat sich die folgende Vorgangsweise geradezu angeboten:
Einleitend wurden die zentralen Faktoren bei der Entwicklung der Schrift (Wandel der Schreibmaterialien, ästhetische Vorstellungen (Kalligraphie!), neue Möglichkeiten und Techniken der Vervielfältigung, gesellschaftliche Umbrüche) benannt. Es folgten Beispiele für die zur Rektonstruktion der Geschichte der chinesischen Schrift wichtigen Schriftträger (Knochen, Bronze, Stein, Bambus, Holz, Papier – die auf Seide geschriebenen Bücher wurden der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt).[2]
Die Ausführungen zu jüngeren Debatten um die schrifttypologische Einordnung/Beschreibung des Chinesischen wurden bewusst kurz gehalten – ebenso der Hinweis auf die sechs Strukturtypen (liushu 六書) chinesischer Schriftzeichen.
Die Frage nach der Anzahl der chinesischen Schriftzeichen wurde aus drei Blickwinkeln beleuchtet: 1.) Anzahl der allgemein gebräuchlichen Schriftzeichen, 2) Anzahl der Schriftzeichen in zweisprachigen Chinesisch-Wörterbüchern und 3) Anzahl der Schriftzeichen in einsprachigen Wörterbüchern und Zeicheninventaren (Beispiel: Unicode).
Eine Graphik verdeutlichte dann Entwicklung, Abfolge und Zusammenhänge der wichtigsten Schriftstile (Große und Kleine Siegelschrift, Kurialschrift, Modellschrift, Schreibschrift und Konzeptschrift). Als Beispiel für die so genannte “wilde Konzeptschrift” wurde ein Ausschnitt aus der Autobiographie des buddhistischen Mönchs Huaisu (8. Jh.n.Chr.) gezeigt.[3]. Ebensowenig durfte ein Blick auf das älteste erhaltene gedruckte datierte Buch – das Diamantsutra aus dem Jahr 868 n. Chr. – fehlen.[4]
Um den vorgegebenen Zeitrahmen einhalten zu können, folgte dann ein “Sprung” ins 18. Jahrhundert – zu einer Seite aus der wohl umfassendsten jemals gedruckten (chinesischen) Enzyklopädie (Gujin tushu jicheng 古今圖書集成 , d.i. “Sammlung von Texten und Illustrationen aus alter und neuer Zeit”, 1720er Jahre).
Auf Beispiele zur Ordnung und Anordnung der chinesischen Schriftzeichen (unter anderem eine Seite aus einem frühen (1872) chinesischen Telegraphencode) folgten dann zusammenfassende Bemerkungen zu der nach der Gründung der Volksrepublik China (1949) in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts durchgeführten Schriftreform (Vereinfachung der Schriftzeichen, Verbreitung des Hochchinesischen, Entwicklung einer Lautumschrift). Erläuterungen zu nicht nur schriftgeschichtlich bemerkenswerten Einzelheiten der Seite 1 der Renmin Ribao 人民日報 (“Volkszeitung”) vom 20.12.1977 standen am Ende des Vortrags.
- Vgl. dazu Universität Wien, Studienpläne Geschichte, Studienplan-Wiki
- Dabei wurde auch auf einige der im Rahmen der Serie Kulturgeschichte Chinas im Netz vorgestellten Sammlungen zurückgegriffen.
- Vgl. http://www.npm.gov.tw/masterpiece/fPreview.aspx?sNo=04001004
- Vgl. British Library, Turning the Pages.
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VIII): Tradition and Transformation of China
Die Seite Tradition and transformation of China, die im Herbst 2007 einen gleichnamigen Kurs[1] an der Harvard University begleitete, bietet im Bereich “educational tools” neben einer allgemeinen Zeittafel zur Geschichte Chinas (Zeitraum: 5000 v. Chr. bis 1989) auch Karten zur Topographie, zu den Verwaltungseinheiten, zur historischen Entwicklung Chinas und zu den “cultural regions” des Landes.
Zu Informationen über die einzelnen “cultural regions” gelangt man über den Menüpunkt “Cultural China”. Unter “Tutorials” finden sich dann mehrere Module zu ausgewählten Aspekten der chinesischen Kultur(geschichte), so etwa zu Architektur, Musik, Schrift und Chinoiserie, aber auch zum Leben der Gelehrten im kaiserlichen China (u.a. mit Kurzinformationen zur Geschichte des Schachspiels).
Die “Slide Shows (themed collections of images)” bieten eine Fülle von Bildmaterial zu den früh- und spätneolitischen Kulturen auf dem Gebiet des heutigen China. Einblicke in die verschiedenen Bronzegefäß-Typen des vorkaiserlichen China werden ebenso geboten wie auch Eindrücke von den Terrakotta-Figuren aus der Grabanlage des Ersten Kaisers. Auf einen zeitlich übergreifenden Abschnitt “Rituale” folgt eine Slide-Show zum Buddhismus in der Oase Dunhuang und zum Lotus-Sutra. – Darstellungen von Frauen aus der Zeit der Tang-Dynastie, eine Bildrolle aus der Yuan-Dynastie, Marionetten eines Schattentheaters, die “Schlachtenbilder” über Eroberung innerasiatischer Gebiete durch die Qing-Kaiser, städtisches Leben im frühen 20. Jahrhundert und Propagandakunst spannen den Bogen bis in die jüngere Vergangenheit.
Die ersten sieben Teile dieser Serie:
Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VII): The Chinese Experience
- Peter Bol, Henrietta Harrison: Tradition and Transformation in China. – Für ein ähnliches Beispiel
Zum Ursprung der chinesischen Zahlzeichen
Im Zusammenhang mit der Frage nach den möglichen Ursprüngen der Zahlzeichen im Chinesischen begegnet man in Darstellungen zur Geschichte der Schrift zahlreichen mehr oder weniger wahrscheinlichen Deutungen.
In seiner Universalgeschichte der Schrift leitet Harald Haarmann den Ursprung der chinesischen Zahlzeichen “aus Positionen des Fingerzählens” ab.[1] Bei Cecilia Lindqvist finden wir die Bemerkung, dass die Form der Zahlzeichen eins (yi 一), zwei (er 二) und drei (san 三), die sich seit dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend nicht verändert haben, “sicher mit den alten Rechenstäben zusammen”[2] hängt.
Das Zeichen für vier wurde in frühester Zeit mit vier horizontalen Strichen geschrieben, um etwa 200 v. Chr. “durch ein viereckiges Zeichen ersetzt.”[3]. Haarmann deutet dieses somit kurz nach der Gründung des Einheitsreiches (221 v. Chr.) in Gebrauch gekommene Zeichen (si 四) wie folgt: das “Kästchen” steht für die Handfläche, der linke Strich im Kästchen für die Stellung der vier Finger und das rechte Häkchen stehe für den gebogenen Daumen. (Haarmann, 143). Den wahrscheinlichsten Grund für die Veränderung des Zeichens ‘vier’ erklärte Georges Ifrah in seiner Universalgeschichte der Zahlen wie folgt: “Die Chinesen haben wie alle Völker, die sich einer solchen Zahlschrift bedienten, bei der Vier einen Einschnitt gemacht, da es kaum möglich ist, ohne zu zählen eine Abfolge von mehr als vier aneinandergereihten Elementen zahlenmäßig zu erfassen.”[4]
Auch die Ursprünge des Zahlzeichens für fünf (wu 五) werden äußerst unterschiedlich gedeutet: Lindqvist (336) schreibt: “Auch das Zeichen fünf schrieb man auf den Orakelknochen mit waagerechten Strichen, doch begann man schon damals, die mittleren drei Striche zu einem Kreuz zusammenzufassen – so entstand eine Form wie die lateinische Zahl zehn -, und aus diesem Kreuz entwickelte sich die endgültige Form des Zeichens für fünf.” Haarmann (143) dagegen schreibt kurz und bündig: “die Drei-Finger-Stellung gekreuzt mit der schrägen Zwei-Finger-Stellung.”
Bei den übrigen Zahlzeichen äußert sich Lindqvist sehr vorsichtig zu deren Ursprung:
“Zur Form der Zahlworte sechs, sieben, acht, neun und zehn besteht derzeit noch keine allgemein anerkannte Erklärung. Es liegt natürlich nahe zu vermuten, daß sie ebenso wie die Zeichen eins bis fünf von den Rechenstäbchen ausgehen, und die Zeichen für sechs, sieben und zehn schrieb man anfangs mit geraden Strichen, im Prinzip wie bei dem Zeichen für fünf – ein klarer Hinweis darauf, daß derselbe Ursprung zugrunde liegt.”[5]
Ifrah schreibt, dass die Chinesen den Zahlen von fünf bis neun
“fünf gesonderte Zeichen zugeordnet [haben], die jeder sinnlichen Anschauung beraubt sind. So wurde die Zahl fünf durch ein oben und unten geschlossenes X dargestellt, die Zahl sechs durch ein großes, auf dem Kopf stehendes V oder durch ein Zeichen mit dem Umriß einer Pagode, die 7 durch ein Kreuz, die 8 durch zwei kleine einander den Rücken zukehrende Kreisbogen und die 9 durch ein Zeichen, das einem Angelhaken gleicht.”[6]
Dagegen scheint bei Haarmann die Sache im wahrsten Sinne des Wortes “auf der Hand” zu liegen. Das Zeichen für sechs (liu 六) stellt demnach einen ausgestreckten Daumen (d.i. der kleine Punkt bzw. Strich oben), die aus den gebogenen vier Fingern geformte Faust (d. i. der horizontale Strich) und das Handgelenk (also die beiden unteren Striche) dar. Analog dazu wäre das Zahlzeichen für sieben (qi 七) zu deuten – in diesem Fall sind Daumen und Zeigefinger gestreckt (Haarmann, 143).
Die Zeichen für acht (ba 八) und neun (jiu 九) werden von Lindqvist (337) als die “wirklichen Problemzeichen” bezeichnet. Sie meint:
“In beiden Zeichen sind die ursprünglichen Formen weiche gekrümmte Linien, die kaum etwas mit den Rechenstäbchen zu tun haben können, die, soweit wir wissen, alle gerade und von gleicher Länge waren. Man muß also auf neue archäologische Funde warten.”
Nach der von Haarmann (143) präsentierten Version läßt sich das Zeichen für ‘acht’ darauf zurückführen, dass der Daumen und der kleine Finger ausgestreckt und Zeige-, Mittel- und Ringfinger angewinkelt wurden. Zur Deutung der Zahlzeichen für neun zu Grunde liegenden Form bemüht Haarmann das Bild eines angewinkelten Armes. Beim Zahlzeichen für zehn (shi 十) vermerkt er lapidar “zwei gekreuzte Arme.” Wang Hongyuan verweist darauf, dass dieses Zahlzeichen zunächst nur aus einem vertikalen Strich bestand, ein horizontaler Strich wurde erst später hinzugefügt.[7]
- Vgl. Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift (Frankfurt/New York, 2., durchges. Aufl. 1991) 143 (Abb. 68: “Die chinesischen Zahlzeichen und ihr bildhafter Ursprung aus Positionen des Fingerzählens”).
- Cecilia Lindqvist: Eine Welt aus Zeichen. Über die Chinesen und ihre Schrift (München 1990) 336.
- Lindqvist: Eine Welt aus Zeichen, 336. Vgl. dazu auch Qiu Xigui: Chinese Writing, übers. v. Gilbert L. Mattos und Jerry Norman (Early China Special Monograph Series 4; Berkeley 2000) 174.
- Georges Ifrah: Universalgeschichte der Zahlen (Frankfurt/New York, 2. Aufl., 1991) 392. Ähnlich dazu auch Wang Hongyuan: Vom Ursprung der chinesischen Schrift (Beijing 1997) 192.
- Lindqvist: Eine Welt aus Zeichen, 337).
- Ifrah: Universalgeschichte der Schrift, 392.
- Wang: Vom Ursprung der chinesischen Schrift, 193.
Formosanisch – Eine Fiktion des 18. Jahrhunderts
Die ‘Formosianischen Sprachen’ (langues formosanes, Formosan languages), die Sprachen der indigenen Völker Taiwans, sind für die Historische Linguistik von höchster Bedeutung. Sie bilden nach Blust mit etwa 300.000 Sprechern und 21 Sprachen 8-10 primäre Zweige des Austronesischen, während alle anderen austronesischen Sprachen (mehr als 1.100 Sprachen mit etwa 300 000 000 Sprechern) zu einem einzigen Primärzweig, dem Malaio-Polynesischen, gehören.[1] Während Blusts Theorien nicht unumstritten sind, herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass Taiwan einer der Ursprungsorte der austronesischen Sprachen ist.[2]
Im Jahr 1703 - lange bevor die Sprachen Taiwans in den Fokus der Wissenschaft rückten – war ein exotischer Fremder mit bizarren Gewohnheiten die Sensation in London. Er nannte sich George Psalmanazar (oder Psalmanaazaar) und behauptete, ein ‘Ureinwohner’ von Formosa (Taiwan 臺灣) zu sein, von wo ihn Jesuiten nach Frankreich verschleppt hätten, wo er allerdings die Konversion zum Katholizismus verweigert hätte. In London bekehrte er sich zum Anglikanismus, was ihm bei Henry Compton (1632-1713, Bischof von London 1675-1713) Ansehen brachte und ihm die Türen zur Londoner Gesellschaft öffnete, die nach Berichten aus exotischen Gegenden gierte. Psalmanazar spielte geschickt mit dieser Neugierde, aber auch mit antikatholischen und antijesuitischen Strömungen.[3]
1704 veröffentlichte Psalmanazar An historical and geographical description of Formosa[4] In dieser ‘Beschreibung’ Taiwans, die reine Erfindung ist, finden sich auch Bemerkungen zur Sprache und eine Tafel “The Formosan Alphabet” (Tafel nach S. 268).[5]
Während Psalmanazar bald als Schwindler entlarvt war, zogen seine Bemerkungen zum ‘Formosanischen’ noch in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts weite Kreise durch Bücher, die fremde Spachen und Schriften vorstellten, aber auch durch die sogenannten Vaterunser-Sammlungen, also Bücher, die das Vaterunser in 100 und mehr Sprachen abdrucken.
Ein Beispiel ist Benjamin Schultzes Orientalisch- und Occidentalisches A, B, C-Buch aus dem Jahr 1769.[6] Schultze (1689-1760), dem auch der Orientalische und okzidentalische Sprachmeister (1748) zugeschrieben wird, bringt zunächst das “Alphabetum Formosanum” (S. 103).
Im Anschluss präsentiert er (weitestegehend) wortident Auszüge des entsprechenden Kapitels (S. 468-474) aus der deutschen Version von Psalmanazars Description, die 1716 von Philipp G. Hübner vorgelegt wurde..[7]
Das Wissen darum, dass Psalamanazar ein Schwindler war, verbreitete sich bald. Trotzdem blieb Psalamanzars Description im 18. Jahrhundert eine der Quellen für alles, was die Insel betraf. Auch der Verfasser des Artikel “Formosa” in Zedler’s Universal-Lexikon[8] merkt jedoch an:
Man hat aber nicht Ursache, auf dieses Auctoris [d.i. Psalmanazar] Beschreibung von FORMOSA viel zu bauen.[9]
Trotzdem stützt sich der Artikel primär auf Pslamanazar (ablesbar an der Wiedergabe der Ortsnamen), die anderen Quellen, die am Ende des Artikels genannt werden und die wesentlich ergiebiger und verlässlicher gewesen wärhen, scheinen nicht verwendet worden zu sein.
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- Robert Blust: “Subgrouping, circularity and extinction: some issues in Austronesian comparative”. In Zeitoun, E.; Li, P.J.K. Selected papers from the Eighth International Conference on Austronesian Linguistics. (Taipei: Academia Sinica 1999) 31–39.
- Vgl. Ethnologue: Languages of the World, Fifteenth Edition (2005), vor allem der Abschnitt “Austronesian” <abgerufen am 21.12.2013>.
- Zu Psalamanzar u.a.: Benjamin Breen: “No Man Is an Island: Early Modern Globalization, Knowledge Networks, and George Psalmanazar’s Formosa”. In: Journal of Early Modern History, Volume 17, Issue 4 (2013) 391-417 – DOI: 10.1163/15700658-12342371; Michael Keevak, The Pretended Asian: George Psalmanazar’s Eighteenth-century Formosan Hoax (Detroit, Michigan: Wayne State University Press, 2004.
- [George Psalmanaazaar:] An historical and geographical description of Formosa … Giving an account of the religion, customs, manners, &c., of the inhabitants. Together with a relation of what happen’d to the author in his travels; particularly his conferences with the Jesuits, and others, in several parts of Europe. Also the history and reasons of his conversion to Christianity, with his objections against it (in defence of paganism) and their answers … By George Psalamanaazaar, a native of the said island … (London 1704), Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0 (verschiedene Ausgaben und Übersetzungen).
- Zur Sprache vgl. Keevak (2004), ch. “Psalmanazar’s Language” (S. 61-97).
- Benjamin Schultzes Orientalisch- und Occidentalisches A, B, C-Buch (Naumburg 1769) Online: Google Books.
- George Psalmanazar, Philipp G. Hübner [transl.]: Historische und Geographische Beschreibung der Insel Formosa, Nebst beygefügten Ursachen, warum sich derselbe zur Christl. Religion bekannt. Mit verschiedenen Kupfern (Franckfurt und Leipzig: Verlegts Daniel Walder/Buchhändler in Augspurg, Coburg/druckts Moritz Hagen 1716). – Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0.
- Zedler 9 (1735) Sp. 1497 f..
- Zedler 9 (1735) Sp. 1497 f. s.v. “Formosa”
Frühe Stimmen über die chinesische Schrift (I)
Kaum etwas hat die Phantasie der Europäer so nachhaltig beflügelt wie Überlegungen zur chinesischen Schrift: Mutmaßungen zu ihrem Ursprung und zur Anzahl der Schriftzeichen finden sich dabei ebenso wie die Frage, ob die ‘Charaktere’ nun ‘Bilder’ im Wortsinn oder ‘Symbole’ wären.[1] Das Thema taucht in den meisten Texten auf, die sich mit China beschäftigen, die Erklärungen sind zum Teil faszinierend bis abstrus, zum Teil aber auch sehr (zu)treffend. In loser Folge hält die Serie ‘Frühe Stimmen’ Notizen bei der Lektüre von Texten über China aus dem 16.-18. Jh. fest.
In der ersten deutschen Übersetzung von González de Mendozas Historia, die Johann Kellner 1589 unter dem Titel Ein Neuwe/ Kurtze/ doch warhafftige Beschreibung deß gar Großmächtigen weitbegriffenen/ bißhero vnbekandten Königreichs China, seiner fünffzehen gewaltigen Prouincien, vnsäglicher grosser vnd vieler Stätt, Fruchtbarkeit, … grossen Reichthumbs … Kriegsmacht … dergleichen in keiner Histoiren … in der weiten Welt jemals befunden veröffentlichte[2] heißt es im Kapitel “Von den Buchstaben vnd Charactern / welche die in China gebrauchen [...]” (p. 125-129):
Zukommen nun auff den ersten Puncten / sage ich / wiewol jhrer wenig seind / die nicht schreiben vnd lesen vnter jhnen können / so haben sie doch kein A b c oder Alphabet von Buchstaben / wie wir haben / sondern schreiben alle Ding mit Figuren / die sie in langer Zeit lernen mit grosser M[ue]he / dann es hat ein jedes Wort sein eygen Zeichen. [...] (p. 125)
Ein Neuwe/ Kurtze/ doch warhafftige Beschreibung deß gar Großmächtigen weitbegriffenen/ bißhero vnbekandten Königreichs China (1589) [Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, urn:nbn:de:hbz:061:1-8774]
Hier wird der sogenannte ‘Monosyllabismus’ des Chinesischen beschrieben, dessen Ursprung Gustav Ineichen auf die Schriften der Jesuiten im 16. Jahrhundert zurückgeführt hat.[3]. Tatsächlich gilt im Chinesischen die Regel ein Schriftzeichen = eine Silbe, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass es nur einsilbige Wörter gibt …
Zur Anzahl der Schriftzeichen heißt es:
[...] Figuren / deren seind mehr dann sechstausend alle vnterschiedlich / vnd k[oe]nnen sie aber behende schreiben / wie man auß der Erfahrung gesehen hat / bey vielen dieser Nation / die t[ae]glich in dei Insuln Philippinas kommen / vnnd sich daselbst verhalten. (p. 125)
Wie der Verfasser auf die Zahl 6000 kommt ist, bleibt offen – denn schon das älteste Zeichenwörterbuch, das Shuōwén jiězì 說文解字 (um 1)00 n. Chr.)[4] enthält 9.353 Schriftzeichen (plus 1163 Varianten), das Kāngxī zìdiǎn 康熙字典 (1716)[5] – das zweite große Zeichenlexikon – enthält insgesamt rund 47.000 Schriftzeichen, das derzeit umfangreichste gedruckte Zeichenlexikon, das Zhōnghuá zìhǎi 中华字海 (1994), enthält rund 87.000 verschiedene Schriftzeichen und Varianten.[6]
Zur Schreibrichtung heißt es:
Sie schreiben anders / da[nn] wir im Brauch hab[en]/ dann sie schreiben die Zeilen von oben herab vnter sich sehr gleich vnd strack / vnd heben widerwertig an / nemlich von der Rechten zur Linken. (p. 126)
Bis ins frühe 20. Jahrhundert -war die Schreibrichtung in der Regel senkrecht von oben nach unten, die Zeilen (oder eher Spalten) waren von rechts nach links angeordnet.
Zu Beschreibstoffen und Schreibwerkzeug heißt es:
Sie hab[en] grosse Meng Papier / welches leichtlich gemacht ist auß Tuch von Rohrn / das ist wolfeiles Kauffs / gleich wie auch die getruckten B[ue]cher / man kan aber nur auff einer Seit[en] darauff schreiben / da[nn] es gar d[uenn]e und rein ist. Sie brauch[en] der Federn zum schreib[en] nit wie wir thun / sonder etlich Rohr mit einem klein[en] Federlein an der Spitzen. (p.127)
Chinesische (Schreib-)Papiere waren überwiegend leicht (verglichen mit den in Europa verbreiteten Büttenpapieren. Da bei dem dünnen Papier Tusche und Druckerschwärze durchschlugen, wurden die Blätter einseitig beschrieben und bedruckt. Für Bücher wurden die bedruckten Blätter so gefaltet, dass die unbeschriebene Seite innen liegt, die gefalteten Blätter wurden gestapelt und auf der offenen Seite zusammengenäht.[7]
Chinesische Schreibpinsel (máobǐ 毛笔) haben meist einen Griff aus Bambus und einen kleinen Pinselkopf. Diese Pinsel sind sind deutlich elastischer als die im Westen gebräuchlichen Malerpinsel. Damit der Pinsel in einer haarfeinen Spitze ausläuft, die sich bei jedem Anheben neu bildet, wird Haar von Ziege oder Hase um einen Kern aus Wieselhaar gebunden. Über die Art, wie der Pinsel geführt wird, äußert sich der Verfasser nicht[8] …
BTW: Georg Lehner hat auf De rebus sinicis hat eine Serie zu den Vier Schätze des Studierzimmers (I) begonnen – dort findet sich auch ein Bild dieser ‘vier Schätze’.))
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- Zu satirischen Auswüchsen vgl. das Beispiel im Beitrag Fachchinesisch.
- Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
- Gustav Ineichen: “Historisches Zum Begriff des Monosyllabismus im Chinesischen”. In: Historiographia Linguistica, Vol. 14, Number 3 (1987), pp. 265-282.
- Chinese Text Project: 《說文解字 – Shuo Wen Jie Zi》.
- Online-Version: http://www.kangxizidian.com/.
- Vgl. Endymion Wilkinson: Chinese History. A Manual. Revised and Enlarged. (Harvard-Yenching Institute Monograph Series, 52; Cambridge, Mass/London: Harvard University Asia Center 2000 p. 46.
- In europäischen Bibliotheken wurden Bücher oft neu gebunden, wobei die traditonelle Bindung abgeschnitten wurde – und mitunter die Falze geöffnet wurden.
- Vgl. dazu die Bemerkungen zum Porträt des Alvaro Semedo.