Löwen vor den Toren: Exoten halten Wache

Die Idee des Wächterlöwen (shishi 石獅, d. i. “Steinlöwe”) erreichte China mit der Ausbreitung des Buddhismus von Südasien über die zentralasiatischen “Seidenstraßen”. In Südasien wurde der Löwe als Symbol der Herrscher betrachtet. Im Gegensatz zu Indien und Persien waren Löwen in China nicht einheimisch. Erst durch ausländische “Tributgesandtschaften” waren Löwen als Geschenke nach China gekommen.[1]

lion, Qianqingmen

Löwe vor dem Qianqingmen (“Tor der Himmlischen Klarheit”), Kaiserpalast, Beijing – Foto: Georg Lehner

Im Laufe der Zeit transformierte man in China das mächtige, aber gefährliche exotische Tier zu einer durchaus verbreiteten Wächterfigur, die vor Palästen, Gräbern und Tempeln zu finden ist[2]. Nicht immer, jedoch sehr häufig, sind diese vor den Eingängen zu diesen – in unserem Zusammenhang in erster Linie interessierenden traditionellen – Gebäuden paarweise zu finden.

In aller Regel findet sich zur Linken ein weibliches und zur Rechten ein männliches Tier – wobei beide mit einer auffallenden Mähne ausgestattet werden. Zur Unterscheidung des weiblichen und des männlichen Tiers genügt an und für sich ein Blick auf die Pranken:

Unter der linken Pfote des männlichen Löwen ist ein gestickter Ball [auf unserem Bild ganz offensichtlich unter der rechten!], unter der rechten Pfote des weiblichen ein Löwenbaby. Je nach dem Rang des Beamten haben die Löwen vor seinem Amtsgebäude eine größere oder kleinere Anzahl von Beulen auf dem Kopf. Der linke Löwe kann auch das Amt des T’ai-shih (Größter Meister), eines der höchsten Ämter im Staat, der rechte das des Shao-pao (Kleinerer Beschützer, ebenfalls ein hohes Amt im kaiserlichen China) symbolisieren.[3]

Nach Eberhard sind diese “Löwentorwächter” in China bereits für das 3. Jahrhundert n. Chr. bezeugt. Zum gestickten Ball gibt es zwei Interpretationen: nach der ersten enthält der Ball das “Löwenjunge wie in einem Ei”, nach der anderen “ist es kein Ball, sondern eine große Perle, mit der der Löwe zur Beruhigung seines Temperaments spielt.”[4]

  1. Vgl. dazu Ronald G. Knapp: Things Chinese. Antiques – Crafts – Collectibles (North Clarendon VT/Tokyo/Singapore 2011) 141 (“Guardian lion”; u.a. mehrere Abbildungen von Wächterlöwen ebd., S. 140) sowie Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 135 f. (“Lion”).
  2. Beispiele bei Knapp/Freeman: Things Chinese, 141
  3. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl., 1996) 181 (“Löwe”). Zu den beiden hier erwähnten Ämtern vgl. auch Welch: Art, 136. Demnach waren diese der taishi 太師 , der Lehrer des Kaisers und der shaoshi 少師, der Mentor des Kronprinzen.
  4. Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole, 181 f..

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1041

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Korruption im 18. Jahrhundert

Korruption hat eine lange Geschichte. Auch im kaiserlichen China war sie “von jeher ein Bestandteil des öffentlichen Lebens.”[1]

Die Ursache für diese – hier sehr drastisch formulierte – Erscheinung war aufs engste mit dem Besoldungsschema der unteren Ebenen des Beamtenapparates verknüpft:

Das offizielle Gehalt insbesondere der Lokalbeamten, die den Zusammenhalt des Reiches auf unterster Ebene gewährleisteten, war gering. Zum Besoldungssystem gehörten daher mannigfache Formen der Bereicherung, die in westlichen Augen gemeinhin als Korruption erscheinen. Dies wird indessen der Tradition nicht gerecht, in der die ungeschriebene Regel galt, daß ein Beamtenneuling wenigstens drei nachfolgende Generationen seiner Familie versorgen mußte.“[2].

Bereits im 17. Jahrhundert, also in den ersten Jahrzehnten ihrer Herrschaft über China, sah sich auch die Qing-Dynastie mit diesem Problem konfrontiert. Zur Eindämmung der offenbar verbreiteten Korruption verfügte der Kangxi-Kaiser (r. 1662-1722) Gehaltserhöhungen. Damit war das Problem jedoch keineswegs gelöst. Seinem Sohn und Nachfolger, dem Yongzheng-Kaiser (r. 1723-1735), erschein ein Zuschlag für “die “Erhaltung der Redlichkeit” beziehungsweise ein Anreiz für die “Pflege der Unbestechlichkeit” (yanglian fei 養廉費)[3] als das probate Mittel – damit verknüpft war die Botschaft “sauber und unkorrumpiert” (qinglian 清廉)[4]. Doch auch dadurch war keine Garantie für eine “saubere” Verwaltung gegeben.

Das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts brachte den rasanten Aufstieg von Heshen 和珅 (1750-1799). Innerhalb eines einzigen Jahres wurde aus einem einfachen Angehörigen der kaiserlichen Leibgarde  ein Mitglied des Groß- beziehungsweise Staatsrates (junjichu 軍機處).[5]

Heshen is notorious as one of the most corrupt officials in Chinese history: a treacherous villain who abused his authority to illegally accumulate an unbelievable amount of wealth, who committed a long list of atrocities against honest officials and ordinary people, and who led the Qing empire from its zenith to its decline.[6]

Grundlage dafür war eine “senil-schwachsinnige Neigung” des Qianlong-Kaisers (r. 1735/36-1796) zu Heshen, der “das Reich systematisch auszubeuten begann.”[7]. Auch nach der Abdankung des Qianlong-Kaisers (1796) konnte Heshen seinen korrupten Machenschaften weiter nachgehen. Im Februar 1799 folgte jedoch das Ende: nach dem Tod des Qianlong-Kaisers ordnete dessen Sohn und Nachfolger, der Jiaqing-Kaiser (r. 1796-1820)[8] an, dass das Vermögen Heshens eingezogen werde und Heshen Selbstmord zu begehen habe.[9]

  1. Oskar Weggel: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert (Stuttgart 1989) 101. – Zum Thema vgl. auch Brunhild Staiger, Hans-Wilm Schütte, Stefan Friedrich (Hg.): Das große China-Lexikon (Darmstadt 2003) 401 f. (“Korruption”, Thomas Heberer).
  2. Wolfgang Bartke: Die großen Chinesen der Gegenwart (Frankfurt 1985) 324 (“Gentry”).
  3. Vgl. Charles O. Hucker: A Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford 1985), 96. Jacques Gernet: Die chinesische Welt (Frankfurt a. M., 1988), 401 – Vgl. auch Grand Dictionnaire Ricci, Bd. 6, S. 759 (Nr. 12490).
  4. Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 30.
  5. Vgl. dazu zuletzt Wook Yoon: “Prosperity with the Help of ‘Villains,’ 1776-1799: A Review of the Heshen Clique and Its Era”, T’oung Pao 98 (2012) 479-527.
  6. Ebd., 480.
  7. John King Fairbank: Geschichte des modernen China 1800-1985 (München 1989) 48 f.
  8. Zum Tod des Jiaqing-Kaisers aus “westlicher” Sicht vgl. Monika Lehner/mind the gap(s): China-News: Der Tod des Jiaqing-Kaisers (1820) in österreichischen Zeitungen.
  9. Jonathan Spence: The Search for Modern China (New York 1999) 116.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1027

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Vom Essen und Trinken in China (III): China in der “Kulturgeschichte des Essens und Trinkens”

Die lose Serie zum Essen und Trinken in China kommt – nach einer allgemeinen Einleitung und einem Beitrag zu den Stäbchen – natürlich nicht an der “Kulturgeschichte des Essens und Trinkens”[1] von Gert von Paczensky und Anna Dünnebier vorbei. Bei der Lektüre wird man – anders als bei Werken, die sich ausschließlich der chinesischen Küche widmen[2] – schon von vornherein auf eine Fülle von Verbindungen, Parallelen und Ähnlichkeiten zwischen Entwicklungen in China und anderen Teilen der Welt aufmerksam gemacht. Im Zusammenhang mit “heißen” und “kalten” Speisen etwa (S. 539-541) wird auch auf ähnliche Theorien bei Hippokrates und bei dessen “neuzeitlichen” europäischen Nachfolgern eingegangen.

An mehreren Stellen des Buches ziehen die beiden Autoren zudem Parallelen zwischen den Entwicklungen und Leistungen der chinesischen und der französischen Küche/Kochkunst/Gastronomie: seien es die ältesten erhaltenen Herdstellen (Zhoukoudian bei Beijing und Terra Amata bei Nizza, jeweils eine halbe Million Jahre alt; vgl. S. 17), sei es im Zusammenhang mit ihrer Bewunderung für Paul Bocuse und die französische Gastronomie, “die auf ihrem höchsten Niveau allen anderen außer vielleicht der chinesischen überlegen ist” (S. 572). Auch die Pionierrolle beider Länder für die Enstehung von Restaurants wird vermerkt, wären diese doch “nur an zwei Stellen der Welt entstanden [...] in China im 10. und in Frankreich im 18. Jahrhundert” (S. 145; zu Restaurants in China auch S. 151-153).

Im Zusammenhang mit chinesischen Kochbüchern erwähnen die Autoren neben den Ausführungen des Liji 禮記 (d. i. “Buch der Riten”, S. 59)  unter anderem die von Yuan Mei 袁枚 (1716-1798) verfasste”Speiseliste des Gartens des Beliebens” (Suiyuan shipu 隨園食譜 beziehungsweise Suiyuan shidan 隨園食單)[3]

Dem Leser wird vor Augen geführt, dass es in China traditionell wenig Nahrungstabus gab (S. 309). Der Verzehr von Käse wurde lange Zeit abgelehnt, da man diesen als “verfaulte schleimige Absonderung aus den Eingeweiden eines Tieres” (S. 396) sah. Während festgehalten wird, dass in China und in Korea nach wie vor Hundefleisch gegessen wird (S. 555) und im südchinesischen Guangzhou “süße Käfer als Konfekt” (S. 558) gereicht werden, werden Ratten ausdrücklich im Zusammenhang mit “Notnahrung” erwähnt (S. 427). Ausführlich widmen sich die Autoren dem Thema Hunger – sowohl den Hungersnöten des kaiserlichen China (S. 408 f.) als auch der Hungerkatastrophe der Jahre 1959-1961, bei der “nicht weniger als 30 Millionen Menschen umgekommen sind.” (S. 442)

Die im 11. Jahrhundert erfolgte Einführung neuer Reissorten aus Südostasien, die statt einer nun zwei Ernten pro Jahr erlaubte, bezeichnen die Autoren als “grüne Revolution” (S. 472) – um die Zeitenwende hatte Reis als “das Getreide der Wohlhabenden” (S. 39) gegolten. Daran kann man auch die weite Verbreitung von Nudeln, (gefüllten) Teigtäschchen und -bällchen ermessen (S. 386). In diesem Zusammenhang räumen die beiden Autoren auch mit dem weitverbreiteten Irrtum auf, dass die Nudeln erst von Marco Polo nach Europa gebracht worden wären (S. 560 f.)

Die technischen Voraussetzungen für das Kochen – wie Herd und Wok (S. 383-386) – werden ebenso thematisiert wie Fragen der Etikette (S. 359-362, 369 und 378), die Veränderungen für die Esskultur durch die Einführung von Tischen und Stühlen anstelle der vorher benutzten Matten (S. 339 f.) sowie die Bedeutung der Essstäbchen (S. 348-351). Auch die Geschichte der Konservierung von Nahrungsmitteln wird von den Autoren erörtert. Seit der Antike waren auch in China während des Winters große Lager mit Eisblöcken angelegt worden, um dann während der warmen Jahreszeit verderbliche Speisen zumindest eine Zeitlang aufbewahren zu können (S. 392), auch chinesisches “Sauerkraut” (S. 131 und 398) wird wiederholt erwähnt. Die Bedeutung des Salzes für die kulinarische und kulturelle Tradition Chinas wird jedoch fast mit Stillschweigen übergangen – lediglich das im 11. Jahrhundert entwickelte Tiefbohrverfahren zur Gewinnung unterirdischer Salzlake wird erwähnt (S. 103).

Wie schon der Titel verrät, kommt natürlich auch das Trinken in diesem Band nicht zu kurz. Neben einer ausführlichen Würdigung des Tees (S. 518-529) wird wiederholt das Thema Alkohol und Alkoholkonsum angesprochen: Neben dem Hinweis, dass Ostasiaten jenes Gen fehle, das für den schnellen Abbau von Alkohol im Blut sorgt (S. 179), erfahren wir Näheres über die Bierkultur im traditionellen China (S. 196 und 200-202) und dass China “ein Sonderfall in der Weingeschichte” (S. 220) sei, da Weintrauben erst sehr spät für die Weinherstellung verwendet wurden. Dafür war das Angebot an Reisschnäpsen reichlich: für das 13. Jahrhundert sind für die damalige Hauptstadt, das heutige Hangzhou, 54 Varianten bezeugt. (S. 237)

Am Schluss dieser Nachlese soll einer der von den Autoren bemühten chinesischen Gewährsleute zu Wort kommen. Der Gelehrte, Literat und Kalligraph Huang Tingjan 黃庭堅 (1045-1105) mahnte bereits zu bewusster Ernährung: “Ißt man den ganzen Tag lang, ohne sich über die Herkunft der Speisen im Klaren zu sein, so ist man ein Dummkopf.” (S. 360)

  1. Gert von Paczensky, Anna Dünnebier: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens (München: btb Taschenbuch, 1997 [zuerst München: Knaus 1994]). Vgl. dazu die “Stimmen zu “Leere Töpfe, volle Töpfe – die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens”
  2. Vgl. zuletzt etwa Thomas O. Höllmann: Schlafender Lotos – trunkenes Huhn. Kulturgeschichte der chinesischen Küche (München 2010).
  3. Suiyuan 隨園, der “Garten des Beliebens” in Nanjing war das Anwesen von Yuan Mei. Die Autoren verweisen auf: Wolfram Eberhard: Die chinesische Küche. Die Kochkunst des Herrn von Sui-yüan, Sinica, Jg. 1940, S. 190-228.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1017

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Acht Kostbarkeiten 八寶

Von den “Acht Kostbarkeiten” ist nicht nur im Zusammenhang mit Buddhismus und Konfuzianismus die Rede, sondern auch im Zusammenhang mit Gerichten der chinesischen Küche: neben dem “Acht Kostbarkeiten”-Gemüse (babao cai 八寶菜), einem in Sojasauce eingelegten Mischgemüse, ist etwa auch der “Acht Kostbarkeiten”-Reis (babo fan 八寶飯) – eine süße Reisspeise mit kandierten Früchten und anderen Zutaten – zu nennen. Die “Acht Kostbarkeiten” stecken auch in Babaoshan 八寶山 (“Berg der Acht Kostbarkeiten”) – dem “Prominentenfriedhof” der Volksrepublik China.

Bleibt nun also die Frage, was sich hinter den “Acht Kostbarkeiten” verbirgt:

„chu [zhu ], die wunscherfüllende, magische Perle, ch’ein [qian], die Münze, ein Symbol der Wohlhabenheit, fang-shêng, die offene Raute, Emblem von Sieg und Erfolg, shu [書], zwei Bücher, ein Zeichen guter Vorbedeutung von von Gelehrtheit, hua [畫], das Bild sinnbildlich für kulturelle Tätigkeit, ch’ing [qing 磬], der Jade-Klangstein, Sinnbild für Glück, chüeh [jiao ], ein Paar Rhinozeroshornbecher, Symbol für Überfluß und Glück, und ai-yeh [aiye 艾葉], ein Artemisiablatt, wiederum ein Emblem für gute Vorbedeutung.“[1]

Neben diesen acht Symbolen des Konfuzianismus sind hier auch die acht Sinnbilder (ba ji xiang 八吉祥) zu nennen, die die “verschiedenen Aspekte des Buddhismus” symbolisieren: “Meeresschnecke, Schirm, Baldachin, Lotos, Vase, Fisch, endloser Knoten, Rad der Lehre.”[2]

  1. Liste nach dem Glossar bei Herbert Fux (Hg.): 4000 Jahre ostasiatische Kunst (Krems 1978), 292 (‚pa pao‘). Vgl. auch Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 228 f. (‚Eight Precious Things‘), die elf (!) verschiedene Gegenstände erwähnt. In den “Erläuterungen häufig wiederkehrender Begriffe” bei Uwe Frankenhauser (Übers.): Sun Yaoting: Der letzte Eunuch des Kaisers Puyi. Das Leben Sun Yaotings, letzter Eunuch des Kaisers Puyi, erzählt von ihm selbst (München [s.a.] [zuerst Leipzig 1993) 673 spricht von den “acht Kostbarkeiten des Konfuzianismus” bzw. von den “acht Symbolen des Gelehrten”.
  2. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl., 1996) 16 (“Acht”).

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/993

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Das Mittagstor – der Eingang zum Kaiserpalast

Während das Tian’anmen 天安門 (“das Tor, an dem der Himmel Frieden schafft”) den Eingang zur ehemaligen Kaiserstadt (huangcheng 皇城) in Beijing bildet, betritt man den Kaiserpalast – landläufig nach wie vor als “Verbotene Stadt”[1] bezeichnet – durch das Wumen 午門 (“Mittagstor”)[2] Das Mittagstor ist 38 Meter hoch und damit das höchste Gebäude im ehemaligen Kaiserpalast.[3]

Wumen - seen from the south

Das Mittagstor von Süden gesehen – Foto: Georg Lehner

Dieses Tor wird – nach Vorbildern in den kaiserlichen Palästen der Han- (202 v. – 220 n. Chr.) und der Tang-Zeit (618-906 n. Chr.) – auch als “Turm der Fünf Phönixe” (Wufenglou 五鳳樓) bezeichnet.[4]

Eine der frühesten ausführlichen deutschprachigen Beschreibungen des Kaiserpalastes – aus einer russischen Darstellung entnommen und 1859 in der Wiener Allgemeinen Bauzeitung abgedruckt, lieferte über das Mittagstor die folgenden Informationen:

“Wu-men oder das südliche Thor. Es hat drei Eingänge und ist mit einem 2 Stock hohen Thurme bekrönt. Vor diesem Thore sieht man an der östlichen Seite eine Monduhr, an der westlichen Seite eine Sonnenuhr. An den Seiten des Thurmes befindet sich in den nach Westen geöffneten Galerien eine Pauke, und an den Ecken sind hohe durchbrochene Thürme. Die öffentlichen Beamten, gehörden sie dem Civil- oder dem Militärstande an, begeben sich durch die östliche Oeffnung in den Palast und wieder hinaus; nur die Prinzen von kaiserlichem Geblüt haben das Recht durch die westliche Passage zu gehen. Jeden Tag ertönt die Glocke und die Pauke, während sich der Kaiser zum Staatsrath begibt; verläßt er denselben und begibt er sich durch das südliche Thor, so ertönt die Glocke, und wenn er im großen Tempel das Opfer darbringt, so läßt sich die Pauke vernehmen. Wenn die Truppen nach einer glücklichen Ex-pedizion [sic] im Triumph zurückkehren und im Palaste ihre Gefangenen vorführen, so begibt sich der Kaiser unter das südliche Thor, um die Ceremonie der Empfangnahme der gedachten Gefangenen zu vollbringen. Bei diesem Thore werden auch alljährlich am ersten Tage des zehnten Mondes Kalender für das künftige Jahr vertheilt, und auf dem Platze hinter diesem Thore werden die Geschenke verabreicht, welche der Kaiser fremden Fürsten und ihren Gesandten oder ihren Vasallen macht.”[5]

Die Darstellung folgte offensichtlich der französischen Übersetzung der russischen Beschreibung.[6]. Von Arbeiten, die sich mit der Architektur des Kaiserpalastes beschäftigten einmal abgesehen, wurde diesen Informationen in “westlichen” Beschreibungen später nur unwesentlich mehr hinzugefügt.

  1. Vgl. dazu De rebus sinicis: “Zur chinesischen Bezeichnung der ‘Verbotenen Stadt’”.
  2. Antoine Gournay: “Architektur der Verbotenen Stadt”, in Karin von Welck, Alfred Wieczorek (Hgg.): Reiss Museum Mannheim. Die Verbotene Stadt (Mainz: Verlag Philipp von Zabern, 1997) 71.
  3. Wan-go Weng [Weng Wange 翁万戈], Yang Boda 楊伯達 (Hg.): Palastmuseum Peking. Die Schätze der Verbotenen Stadt [故宮中國美術品的寶庫] (München: Prestel, 1982), 37 (mit Angaben zur architektonischen Gestaltung).
  4. Vgl. Osvald Sirén: Les palais impériaux, Bd. 1 (Paris 1926) S. 7 f.
  5. “Beschreibung der Stadt Peking.” In: Allgemeine Bauzeitung (Wien), 24. Jg. 1859, S. 323 f. Digitalisat bei Austrian Newspapers Online (ANNO): http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=abz&datum=1859&page=331&size=45.
  6. Vgl. Description de Pékin avec un plan de cette capitale. Ouvrage traduit du Chinois en Russe par le Rév. P. Hyacinthe. Traduit du Russe par Ferry de Pigny (St.-Pétersbourg, 1829) 21 f.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/980

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Budai – Leinensack-Mönch, lachender Buddha und Glücksgott

Die Figur des Budai 布袋 (im Deutschen für gewöhnlich als “Leinensack-Mönch” beziehungsweise als “Hanfsack-Mönch” tituliert[1]) basiert auf dem Mönch Qici 契此, der im frühen 10. Jahrhundert in der Provinz Zhejiang lebte.[2]. Qici „zog wahrsagend und bettelnd durch die Stadt mit einem geschulterten Sack, in dem er seine angebissenen Gaben steckte. […] „Seine exzentrische Lebenshaltung machte ihn u.a. zu einem Liebling der Ch‘an-(Zen-)Sekte.“[3] Qici soll “unglaublich dick” gewesen sein und war wegen seiner “jovialen Art” weithin bekannt.[4]

Der Mönch “soll am 3. Tag des 3. Monats des Jahres 917 (?) im Kloster Yuelin [Yuelin si 嶽林寺] in Zhejiang gestorben sein”[5]. Im Digital Dictionary of Buddhism wird neben der Angabe 3. Tag des 3. Monats des Jahres 916 auch auf eine Darstellung verwiesen, nach der Qici zwischen 901 und 904 verstorben sein soll.[6] Nach seinem Tod wurde er als Inkarnation des Buddha Maitreya (chines. Mile 彌勒) – des Buddha des künftigen Weltzeitalters[7] – verehrt.

Dies hat wohl zur großen Popularität des Budai in weiten Teilen Ostasiens geführt:

“The Buddhist figure perhaps most readily found today, thanks to its mass manufacture and popularity in such countries as Vietnam and China, is a very non-traditional, portly figure known as the Laughing Buddha, Bùdài 布袋 [...] Laughing, shaven-headed, pot-bellied, and typically surrounded by children, he holds a rosary in one hand while the other rests on a sack.”[8]

In Japan wurde er – Hotei – unter die „Sieben Glücksgötter“ aufgenommen.[9]

  1. Vgl. etwa die Beschreibung einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Keramikfigur des Budai in der Datenbank Ostasiatische Sammlung Schloss Aschach: http://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/ostasien/ostasien/show.php?id=25
  2. Vgl. dazu Robert E. Buswell jr, Donald S. Lopez: The Princeton Dictionary of Buddhism (Princeton: Princeton University Press, 2014) S. 148 (eingeschränkte Vorschau: http://books.google.at/books?id=DXN2AAAAQBAJ ). Vgl. auch Da Zheng: “The Traveling of Art and the Art of Traveling: Chiang Yee’s Painting and Chinese Cultural Tradition” In: Studies in the Literary Imagination 37,1 (Spring 2004) 169-190, v.a. 170. http://scholarworks.gsu.edu/english_deptpub_li/11/
  3. Hans-Wilhelm Haussig, Egidius Schmalzriedt (Hg.): Wörterbuch der Mythologie, Abt. 1, Bd. 6 (1994), 651 f. („Pu-tai(-ho-shang)“); Welch: Art, 191 f. („Laughing Buddha“).
  4. Vgl. dazu Hochschule Ludwigshafen: Ostasienlexikon, Eintrag “Arhat” http://www.oai.de/de/studium/alumni/46-ostasienlexikon/aaa/2600-arhat.html, dort in der Liste der achtzehn Arhats unter “Angaja”.
  5. Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole, 247 („Sack“).
  6. Charles Muller: Digital Dictionary of Buddhism, Eintrag 布袋.
  7. Vgl. Buswell/Lopez: Princeton Dictionary of Buddhism, 517 f. (“Maitreya”).
  8. Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 191.
  9. Vgl. dazu Bernhard Scheid: “Religion in Japan” http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Ikonographie:Gluecksgoetter/Hotei. zu den “Sieben Glücksgöttern” vgl. ebd http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Ikonographie:Gluecksgoetter

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/964

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0″

In loser Folge werden Webseiten präsentiert und rezensiert, die sich mit der Kulturgeschichte Chinas im weitesten Sinne beschäftigen. Vgl.  “Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)” , “Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)”, “Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)”.

Bei der Lektüre und Durchsicht “westlicher” Darstellungen zur Kulturgeschichte Chinas drängt sich der Gedanke auf, den historischen Wurzeln dieser Fremdwahrnehmung, das heißt: der Darstellung der chinesischen Kultur in “westlichen” Publikationen nachzuspüren[1]

Für ältere Publikationen (bis zum Erscheinungsjahr 1939) liefert die “Bibliotheca Sinica 2.0″ – im Dezember 2009 in der derzeitigen Form begonnen und nunmehr mit bisher rund publizierten 2700 Artikeln – dafür die ideale Grundlage. Durch die Sammlung entsprechender Links erleichtert sie den Zugriff auf Digitalisate der “westlichsprachigen” China-Literatur.[2].

Die “alte” Weisheit, dass Digitalisierungsprojekte nur dann wirklich sinnvoll und “nachhaltig” sind, wenn die digitalisierten Bücher anschließend auch gelesen beziehungsweise von der Forschung rezipiert und ausgewertet werden, zeigte sich auch schon bei der Arbeit an “De rebus sinicis”.

Als Beispiel dafür können die dem Beitrag “Das Opfergelände des Himmels und der konfuzianische Staatskult” zu Grunde liegenden Recherchen dienen. Der Gedanke, für die Darstellung der für den konfuzianischen Staatskult dienenden Opfergelände – die vielfach auch als “Altäre” bezeichnet werden – auf J. J. M. de Groot: Universismus. Die Grundlage der Religion und Ethik, des Staatswesens und der Wissenschaften Chinas (1918) – kam mir erst bei der Lektüre einschlägiger Sekundärliteratur.[3].

Eine Fülle weiterer Titel aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mögen in ähnlicher Weise auch und gerade im Zusammenhang mit der Kulturgeschichte Chinas herangezogen werden. Spiegeln die Publikationen jener Zeit (und – von einigen Ausnahmen abgesehen – nicht zuletzt auch die Arbeiten der damaligen Sinologen) zwar das damals vorherrschende sehr negative allgemeine China-Bild wieder, so enthalten Sie dennoch zahlreiche Informationen über die Kultur des zu Ende gehenden beziehungsweise bereits untergegangenen Kaiserreichs wieder. In diesem Sinne wird “De rebus sinicis” auch künftig auf diese Werke zurückgreifen. Das Motto dazu  könnte “Digital verfügbar und daher neu gelesen” lauten!

  1. Zahlreiche Beispiele für ein solches “Nachspüren” bietet Monika Lehner in ihrem Blog “Mind the gap(s)”.
  2. Zu Hintergrund und Geschichte der Bibliotheca Sinica 2.0″ vgl. “Mind the gap(s)”: “Bibliotheca Sinica 2.0.” vom 31.5.2013, publiziert anlässlich der Veröffentlichung des 2500. Artikels.
  3. Im konkreten Fall ein entsprechender Hinweis zum “Altar” des Ackerbaues bzw. zum “Altar des Ersten Landmanns” (Xiannongtan 先農墰): Peter Greiner: “Das Hofzeremoniell der Mandschu-Dynastie.” Palastmuseum Peking. Schätze aus der Verbotenen Stadt  (Frankfurt a.M. 1985) 69 Anm. 6.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/927

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Vom Essen und vom Trinken in China (II): Essstäbchen

Bisweilen als das zweifellos typischste Zubehör der chinesischen Küche bezeichnet[1], reicht die Verwendung  von Stäbchen  bis in vorgeschichtliche Zeit zurück. Seit rund zweitausend Jahren werden sie auch beim Essen verwendet – chinesische Gerichte werden traditionell klein geschnitten aufgetragen. Für die Stäbchen gab es im Laufe der Zeit unterschiedliche Begriffe – darunter auch den Begriff kuaizi 快子.  Erst im 20. Jahrhundert wurde dabei dem Zeichen kuai 快 (“schnell”) auch der Bestandteil für “Bambus” (zhu 竹) hinzugefügt, sodass daraus kuaizi 筷子 wurde.[2].  Diese Essstäbchen sind

„ein vielseitiges, in ihren Konsequenzen als technische Weichenstellung für die materielle Kultur Chinas erst wenig erforschtes Instrument. Mit Stäbchen zelebrieren Menschen aus China bewußt oder unbewußt ihr Chinesisch-Sein.“[3]

A Pair of Chopsticks

Ein Paar Essstäbchen – Foto: Georg Lehner 

Heute meist aus Bambus, Holz und – in den letzten Jahrzehnten – zunehmend aus Kunststoff hergestellt, wurden im Laufe der Geschichte auch Luxusausführungen aus Jade, Elfenbein, Achat, Gold oder Silber gefertigt, wobei neben edlen Materialien auch auf die Verzierung großer Wert gelegt wurde. Vor allem Stäbchen aus Silber waren im kaiserlichen China bei Angehörigen der Oberschicht beliebt, ließen sich dadurch angeblich mit Arsen vergiftete Speisen erkennen. Heute weiß man jedoch, dass Silber auf Arsen und Zyanid nicht reagiert.[4] Eine der Theorien über die Erfindung der Stäbchen betont deren Gefahrlosigkeit, da sich ein Gast damit keinerlei Verletzungen zuziehen kann. Schon Konfuzius hatte sich gegen den Gebrauch von Messern während des Essens ausgesprochen.[5]

Die beim Essen verwendeten Stäbchen sind etwa 25 cm lang. Beim Kochen werden deutlich längere Stäbchen verwendet. Abgesehen von den Suppen, für die Löffel aus Porzellan verwendet werden, lassen sich damit alle Gerichte der chinesischen Küche problemlos essen. Während eines der Stäbchen in der Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger liegt und am unteren Ende mit dem Ringfinger abgestützt wird ist das zweite – das zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger gehalten wird – frei beweglich.

Für die Handhabung der Essstäbchen gibt es auch zahlreiche kulturgeschichtlich interessante Anweisungen. Ganz wichtig ist es, die Stäbchen nach dem Essen “nie in die Eßschale [zu] legen, weil man das so beim Kult der Ahnen tut. Es würde Unglück bringen.”[6]

Die allgemeine Verbreitung der Essstäbchen führte dazu, dass 1986 und 2006 Abgaben auf Einwegstäbchen aus Holz eingeführt beziehungsweise erhöht wurden, um die Abholzung von Birken- und Pappelbeständen einzudämmen. Pro Jahr werden in China 45 Milliarden Paar Stäbchen verbraucht, wofür 25 Millionen Bäume benötigt werden. In jüngster Zeit wurde zwar damit begonnen, “umweltfreundliche” Stäbchen aus Maisstärke herzustellen, deren Herstellung ist jedoch nach wie vor wesentlich teurer als die der Holzstäbchen.[7]

  1. Vgl. etwa Ronald G. Knapp: Things Chinese. Antiques – Crafts – Collectibles (North Clarendon VT, 2011) 88.
  2. Vgl. den historischen Abriss bei Endymion Wilkinson: Chinese History. A Manual. Revised and Enlarged (Cambridge MA, 2000) 646 f.
  3. Mareile Flitsch: “Westküche mit Eßstäbchen”. Überlegungen zur sozial-technischen Wahrnehmung der Welt im modernen chinesischen Alltag. In: Raimund Th. Kolb, Martina Siebert (Hg.), Über Himmel und Erde. Festschrift für Erling von Mende (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes LVII,3, Wiesbaden: Harrassowitz, 2006) 127-151, hier 127 (mit weiteren Literaturhinweisen).
  4. Vgl. dazu u.a. den Menüpunkt “Chopsticks” unter: Califormia Academy of Sciences, Institute for Biodiversity Science and Sustainability, History of Eating Utensils sowie unter smithsonianmag.com im “Food and Think”-Blog den Beitrag The History of Chopsticks (5 August 2009).
  5. Vgl. Asian Art Mall: “Chopsticks. History and Legend”.
  6. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl. 1996), 78 (“Eßstäbchen”).
  7. Knapp: Things Chinese, 89.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/913

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Vom Essen und vom Trinken in China (I): Allgemeine Bemerkungen

Die Entwicklung von Ess- und Trinkgewohnheiten nimmt auch in der Kulturgeschichte Chinas einen wichtigen Stellenwert ein.  Das Spektrum dabei reicht von den so genannten “sieben Notwendigkeiten des Lebens” (kaimen qi jian shi  開門七件事), die alle direkt oder indirekt mit Nahrung beziehungsweise mit deren Zubereitung zu tun haben (neben dem zum Kochen unerläßlichen Brennmaterial sind dies Reis, Öl, Salz, Soja, Essig und Tee), bis hin zu jenen exquisiten Speisen, die bei opulenten kaiserlichen Banketten gereicht wurden[1].

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Das auf dem Schälchen zu sehende Schriftzeichen shou 壽 bedeutet “langes Leben” – Foto: Monika Lehner

„Inhaltlich setzt sich Eßkultur aus Objekten, Handlungen, sozialen Beziehungen und Wertsystemen zusammen, die das menschliche Selbstverständnis berühren, Emotionen zum Ausdruck bringen und Chancen bieten, den alltäglichen wie ungewöhnlichen Lebenserfahrungen eine Bedeutung zu verleihen.“[2]

In diesem  Sinne wird sich “De rebus sinicis” in loser Folge inzelnen Aspekten des hier skizzierten Rahmens widmen. Obwohl schon der Titel der hiermit beginnenden Serie verrät, dass dabei weniger die Küche und das Kochen sondern vielmehr das Essen und das Trinken im Mittelpunkt stehen werden, sei zunächst auf die unterschiedlichen Kochtraditionen im Gebiet des heutigen China verweisen.[3] Diese unterschiedlichen Traditionen werden im Westen unter dem vereinfachenden Begriff “chinesische Küche” zusammengefasst. Gelegentlich ist von acht Hauptrichtungen die Rede. Diese Hauptrichtungen werden mit einzelnen Regionen beziehungsweise Provinzen verbunden (Beijing, Shandong, Jiangsu, Anhui, Guangdong, Fujian, Sichuan und Hunan). In anderen Darstellungen werden vier Großregionen unterschieden.[4]:

  • Norden (Beijing, Hebei, Henan, Shandong, Shanxi und Shaanxi) – Geschmacksrichtung: salzig – häufige Verwendung von Knoblauch – Spezialitäten: mongolischer Feuertopf, Peking-Ente
  • Osten (Jiangsu, Zhejiang, Anhui, Jiangxi, Hubei (ohne die südwestlichste Region), lokale Traditionen in den Städten Shanghai, Hangzhou, Suzhou und Wuxi – Geschmacksrichtung: sauer – gilt als “schwer” und “dekorativ”, u.a. bekannt für die Technik des “Rotkochens”, worunter man das langsame Köcheln in dunkler Sojasauce versteht, die mit Reiswein angereichert wurde
  • Süden (Fujian, Guangdong und Guangxi) – Geschmacksrichtung: süß – die verschiedenen natürlichen Aromen werden harmonisch kombiniert, Gewürze eher sparsam verwendet – als südchinesische Spezialität gilt Dim Sum (dianxin 點心[5])
  • Westen (Sichuan, Hunan, Guizhou, Yunnan und die südwestlichste Region von Hubei) – Geschmacksrichtung: scharf, auch mit ausgiebiger Verwendung von Gewürzen – ein typisches Gericht ist etwa die sauer-scharfe Suppe
  1. Einen kurzen Überblick über die Geschichte chinesischer Tafelfreuden bietet Kai Vogelsang: Geschichte Chinas (Stuttgart 2012) 342-344.
  2. Hans-Jürgen Teuteberg: „Homo edens. Reflexionen zu einer neuen Kulturgeschichte des Essens.“ Historische Zeitschrift 265 (1997) 6.
  3. Vgl. etwa Solomon H. Katz, William Woys Weaver (Hg.): Encyclopedia of Food and Culture (Scribner Library of Daily Life), 3 Bde. (New York 2003) [Bd. 1], S. 379-399 („China“, mit Abschnitten zur Küche des dynastischen China (S. 379-384) sowie zu den Regionalküchen von Beijing (S. 384-388, Eugene N. Anderson), Fujian (S. 388-390, Jacqueline M. Newman), Guangzhou (390-393), Sichuan (393-396), Zhejiang (S. 396-398, Eugene N. Anderson).
  4. Die Einteilung folgt Vgl. Yan-kit So: Chinesische Küche (Werl, o. J. [ca. 1990]) 7-10 (Karte auf S. 7), Piero Antolini, The Lian Tjo: Das große Buch der chinesischen Küche (Köln [1990]) 11 (Karte).
  5. Erläuterungen zur Begriffsgeschichte und anschauliche Bilder bietet das Ostasienlexikon der Hochschule Ludwigshafen, Art. “Dim Sum”

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/899

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Ein Jahr “De rebus sinicis. Kulturgeschichte Chinas”

Am 27. November 2012 schrieb ich die ersten beiden Kürzest-Beiträge zu meinem Blog “De rebus sinicis. Kulturgeschichte Chinas”. In “De rebus sinicis” wurde lediglich das Thema des Blogs – die “Kulturgeschichte Chinas im weitesten Sinne” – benannt. Unter dem Titel “Kulturgeschichte Chinas: Sichten, Sammeln, Schreiben” skizzierte ich dann Anlass und Motivation für dieses Unterfangen.

In den letzten Wochen des Jahres 2012 gestaltete sich dann die Arbeit am Blog eher zäh – was auch rückblickend vor allem an den nur sehr unregelmäßig geposteten Beiträgen zu erkennen ist. Mit den “Annäherungen an den Kulturbegriff im Chinesischen” dürfte ich dann die “Mühen der Ebene” hinter mir gelassen haben. Schließlich ist es mir ab Januar 2013 gelungen, einen Beitrag pro Woche – somit bisher insgesamt rund 50 Beiträge – zu veröffentlichen.

Bei der Suche nach auch für dieses Blog geeigneten Themen dienten mir meine Anfang 2012 begonnenen stichwortartigen Notizen und Textfragmente zu einer Einführung in die Kulturgeschichte Chinas (derzeitiger Umfang ca. 100.000 Wörter) als “unentbehrliche” Grundlage. Bei der Arbeit an und mit diesen Notizen drängte sich bald der Gedanke auf, bestimmte Aspekte des “riesigen” Themas in Form kleinerer Serien abzuhandeln. Eine erste Serie widmete sich den kulturgeschichtlichen Aspekten der Himmelsrichtungen im Chinesischen.  Eine weitere Serie bot Informationen zu den “Vier Schätzen des Studierzimmers”. Eher “zwischendurch” folgte ein “Zweiteiler” über die “heiligen Berge” Chinas. Den ersten drei Teilen zur Kulturgeschichte Chinas im Netz werden im Laufe der Zeit wohl noch einige Teile folgen.

Nutzen und “Verwertbarkeit” der bisher veröffentlichten Beiträge haben sich bisher etwa im Rahmen der universitären Lehre gezeigt. Neben Überlegungen zu “Transkulturalität und Kulturgeschichte. Zum Auftakt einer Ringvorlesung” habe ich auch eine sehr geraffte Inhaltsangabe meines China-Vortrags veröffentlicht, den ich im Rahmen dieser globalgeschichtlich orientierten Kulturgeschichte-Ringvorlesung an der Universität Wien gehalten habe (“2500 Jahre in 90 Minuten”). Und wenn es gilt, in einer Lehrveranstaltung zur Geschichte der chinesisch-westlichen Beziehungen bestimmte Begriffe zu erklären, ist es einfach praktisch – etwa bei der Erläuterung des Begriffs “Kotau” – einfach auf den entsprechenden Artikel auf “De rebus sinicis” zu verlinken …

 

 

 

 

 

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/894

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