Barbaren (V): In allen Himmelsrichtungen

Vor allem in der chinesischen Antike wurden die nicht-chinesischen Ethnien (“Barbaren”) auch nach den vier Himmelsrichtungen eingeteilt (die “fünfte” Himmelsrichtung – die Mitte – war ja für die Chinesen selbst reserviert).

Mit dem Osten verband man die yi 夷, mit dem Süden assoziierte man die man 蠻, mit dem Westen die rong 戎 und mit dem Norden die di 狄.[1] Während die rong und die di bald aus dem Bewusstsein und damit auch aus den Quellen verschwunden waren, machten die Begriffe man 蠻 und yi 夷 in späterer Zeit eine erstaunliche Karriere.

Nachdem die Mongolen China erobert hatten, teilten sie während ihrer Herrschaft (Yuan-Dynastie 1271-1368) die Bevölkerung in vier Gruppen ein. Nach der aus Inner- und Westasien stammenden Gruppe und den bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts unter mongolische Herrschaft gekommenen Nordchinesen wurden die Südchinesen, die erst mit dem Ende der Südlichen Song-Dynastie (1127-1279) unter die Kontrolle der Eroberer gekommen waren, offiziell als nanren 南人 (“Leute aus dem Süden”) bezeichnet. Meistens wurde diese Gruppe jedoch mit dem abwerteten Begriff manzi 蠻子 (der von den Chinesen selbst für alle indigenen Ethnien des Südens verwendet worden war) bezeichnet. [2] – Auf diesen Begriff gehen auch die Bezeichnungen “Manzi” und “Mangi” bei Marco Polo zurück.[3]

Der Begriff yi 夷 – ursprünglich für die östlichen “Barbaren” gebraucht, hatte spätestens zur Zeit der Ming-Dynastie (1368-1644) eine Umdeutung erfahren – als yibing 夷兵 (“fremde Soldaten”) waren Mongolen, Uiguren und Angehörige anderer innerasiatischer Ethnien bezeichnet worden, die im Norden und Nordwesten des Chinesischen Reiches rekrutiert worden waren, um zeitweilig in der chinesischen Armee Dienst zu tun.[4] Andererseits wurden während der Ming-Zeit auch die Japaner mit dem Begriff dongyi 東夷 (also “Ostbarbaren”) belegt.[5] Der Begriff spielte in den chinesisch-westlichen Beziehungen dann auch zur Zeit der Opiumkriege (1839-1860) eine Rolle. Vom für die chinesische Seite vertraglich festgelegten Verbot, den Begriff yi 夷 weiterhin auf die Europäer (und Amerikaner) anzuwenden, bis zu dessen endgültigen Verschwinden sollte es allerdings noch einige Jahre dauern …

Die ersten vier Teile der Serie:
Barbaren (I): Die “Haarigen”
Barbaren (II): Roh oder gekocht?
Barbaren (III): Großnasen/Langnasen
Barbaren (IV): “Fremde Teufel”

  1. Vgl. dazu den kurzen Überblick bei Endymion Wilkinson: Chinese History. A New Manual (Cambridge MA, Third rev. printing, 2013) 352 f.
  2. Charles O. Hucker: A Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford 1985) 327 (no. 3922 und ebd., 339 (no. 4099).
  3. Zu den Berichten Marco Polos vgl. zuletzt Hans Ulrich Vogel: Marco Polo was in China. New evidence from currencies, salts and revenues (Monies, markets, and finance in East Asia, 1600-1900; Leiden 2012).
  4. Vgl. Hucker: Dictionary of Official Titles, S. 268 (Nr. 2986).
  5. Vgl. dazu Wilkinson: New Manual, 352. Zur ursprünglichen Anwendung des Begriffs dongyi vgl. Fang Weigui: “Yi” 夷, “Yang” 洋, “Xi” 西 und “Wai” 外. Zum wort- und begriffsgeschichtlichen Wandel des Chinesischen im 19. Jahrhundert.” In: Orientierungen 1/2000, S. 16,

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1440

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VIII): Tradition and Transformation of China

Die Seite Tradition and transformation of China, die im Herbst 2007 einen gleichnamigen Kurs[1]  an der Harvard University begleitete, bietet im Bereich “educational tools” neben einer allgemeinen Zeittafel zur Geschichte Chinas (Zeitraum: 5000 v. Chr.  bis 1989) auch Karten zur Topographie, zu den Verwaltungseinheiten, zur historischen Entwicklung Chinas und zu den “cultural regions” des Landes.

Zu Informationen über die einzelnen “cultural regions” gelangt man über den Menüpunkt “Cultural China”. Unter “Tutorials” finden sich dann mehrere Module zu ausgewählten Aspekten der chinesischen Kultur(geschichte), so etwa zu Architektur, Musik, Schrift und Chinoiserie, aber auch zum Leben der Gelehrten im kaiserlichen China (u.a. mit Kurzinformationen zur Geschichte des Schachspiels).

Die “Slide Shows (themed collections of images)” bieten eine Fülle von Bildmaterial zu den früh- und spätneolitischen Kulturen auf dem Gebiet des heutigen China. Einblicke in die verschiedenen Bronzegefäß-Typen des vorkaiserlichen China werden ebenso geboten wie auch Eindrücke von den Terrakotta-Figuren aus der Grabanlage des Ersten Kaisers. Auf einen zeitlich übergreifenden Abschnitt “Rituale” folgt eine Slide-Show zum Buddhismus in der Oase Dunhuang und zum Lotus-Sutra. – Darstellungen von Frauen aus der Zeit der Tang-Dynastie, eine Bildrolle aus der Yuan-Dynastie, Marionetten eines Schattentheaters, die “Schlachtenbilder” über Eroberung innerasiatischer Gebiete durch die Qing-Kaiser, städtisches Leben im frühen 20. Jahrhundert und Propagandakunst spannen den Bogen bis in die jüngere Vergangenheit.

Die ersten sieben Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VII): The Chinese Experience

  1. Peter Bol, Henrietta Harrison: Tradition and Transformation in China. – Für ein ähnliches Beispiel

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1434

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VII): The Chinese Experience

The Chinese Experience – angesiedelt auf den Seiten der University of Maine at Farmington und betrieben von Marilyn Shea (Department of Psychology) – bietet schon durch eine reichhaltigen Bibliographien (China Bibliography. Collections of Resources) weiterführende Informationen zur Kulturgeschichte Chinas: Die Themen Buddhismus, Kunst, Kunst und Gesellschaft, Kalligraphie  werden ebenso berücksichtigt, wie der Bereich Stadt und Urbanisierung.

Ein weiterer – reich bebilderter – Bereich der Seite orientiert sich an den geographischen Gegebenheiten Chinas. Vor allem die Große Mauer (Great Wall, Great Wall Pictures), Beijing (Historic Beijing, Beijing History through Pictures, Modern Beijing Culture), Xi’an (vgl. auch Xi’an in Pictures) und Shanghai (Modern Shanghai and the Bund, Historic Shanghai Region) werden dabei hervorgehoben.

Weitere Informationen zur Kunst- und Kulturgeschichte Chinas folgen einer thematischen Ordnung:

Neben einem Beispiel für das Werk des Dichters Bei Dao (The Poetry of Bei Dao) und für das Werk des Kalligraphen Deng Jing Ren (Calligraphy by Deng Ling Ren), wird eine Auswahl von Exponaten chinesischer Bronzekunst präsentiert, die 2004 im National Museum of China (Beijing) gezeigt wurden (Chinese Bronzes). Eindrücke von der Geschichte und Entwicklung chinesischer Malerei vom 7. bis ins späte 19. Jahrhundert werden mit einer Auswahl von Werken aus den Beständen des Shanghai Museum vermittelt (Painting: Tang-Qing). Die Bestände des Shanghai Museum bilden auch die Grundlage für die Veranschaulichung der Entwicklung der chinesischen Kalligraphie von den Anfängen bis zum Ende der Kaiserzeit (Calligraphy: Shang-Qing) sowie für ausgewählte Beispiele zu Möbelkunst und Wohnkultur zur Zeit der Ming-Dynastie (1368-1644; vgl. Ming Dynasty Furniture). Die im Nationalen Kunstmuseum in Beijing bis Februar 2008 gezeigte Ausstellung liegt dem Abschnitt über chinesische Drachen zugrunde (99 Chinese Kites). Jade-Objekte (Chinese Jade) aus dem Capital Museum (Beijing) sowie ein historischer Längsschnitt durch die Bestände des Historischen Museums der Provinz Shaanxi (Shaanxi History Museum) runden die sehr informative Seite ab.

Die ersten sechs Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum

 

 

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1423

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum

Trotz der sehr dürftigen Angaben unter Impressum/Kontakt bietet das China Online Museum zumindest einführende Bemerkungen zu den verschiedenen Gebieten der chinesischen Kunst(geschichte), etwa in Bronzekunst, Kalligraphie, Malerei, Keramik und Schnitzkunst. Orientieren sich die Texte an den Informationen aus dem Nationalen Palastmuseum in Taipei, aus der Encyclopaedia Britannica (!) und Wikipedia (!!!) so stammen die Bilder aus mehreren Museen der Volksrepublik China und der Republik China (Taiwan) sowie aus amerikanischen und japanischen Museen.[1]

Die Präsentation der Bronzegefäße erfolgt nach einer Einleitung in chronologischer Ordnung: a) Shang-Zeit (16.-11. Jh. v. Chr.), b) Zhou-Zeit (11.-3. Jh. v. Chr.), c) Qin- (221-207 v. Chr.) und Han-Dynastie (206 v.-220 n. Chr.).

Der Bereich Kalligraphie widmet sich einerseits der Entwicklung der unterschiedlichen Schriftstile, den – in “De rebus sinicis” bereits ausführlich vorgestellten “Vier Schätzen des Studierzimmers”[2] – und über vierzig bedeutenden Kalligraphen, die zwischen dem 3. Jahrhundert nach Christus und der späten Kaiserzeit gewirkt haben. Dazu kommt noch eine Sammlung berühmter Kalligraphien.

Der Bereich Malerei ist ähnlich aufgebaut: Nach kurzen Bemerkungen zur Geschichte der chinesischen Malerei wird Leben und Werk von knapp achtzig bedeutenden Malern  vorgestellt. Zudem werden auch Eindrücke von den wichtigsten Themen chinesischer Malerei vermittelt: Landschaften, Blumen, Vögel. Zudem werden berühmte Werke der chinesischen Malerei präsentiert.

Ähnlich wie im Fall der Bronzegefässe ist auch der Bereich Keramik chronologisch aufgebaut: Der Bogen spannt sich vom Neolithikum bis zur späten Kaiserzeit (Qing-Dynastie) – die Stationen dazwischen: Bronzezeit, Han-Dynastie, die Zeit der Sechs Dynastien, Tang-, Song-, Yuan- und Ming-Dynastie.

Nach den einzelnen Materialien ist der Bereich Schnitzkunst aufgebaut: Holz, Bambus, Elfenbein, Rhinozeroshorn und Siegelkunst.

Auf der Suche nach Bildmaterial zu den genannten Themen ist das China Online Museum als Einstieg durchaus nützlich. Unbedingt zu empfehlen ist allerdings der Besuch des Online-Angebots der einzelnen Sammlungen, die diesem “virtuellen” Museum zu Grunde liegen.

Die ersten fünf Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”

  1. Vgl. dazu die detaillierten Angaben am Fuß der Startseite.
  2. Vgl. dazu “Vier Schätze des Studierzimmers (V)”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1411

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Unsterblichkeit (II): Die “Acht Unsterblichen der Weinschale”

Der in der Zeit der Tang-Dynastie lebende Dichter Du Fu 杜甫 (712-770)1 setzte in einem seiner Werke den “acht Unsterblichen der Weinschale” (yin zhong baxian 飲中八仙) – allesamt Dichter und Kalligraphen im China des 8. Jh. n. Chr. – ein literarisches Denkmal.2

Ohne hier weiter auf die Kulturgeschichte alkoholischer Getränke in China einzugehen, soll  lediglich bemerkt werden, dass “das, was traditionell mit Wein übersetzt wird, von der Art der Herstellung her Bier” war.3

Hier nun die Informationen, die sich aus dem Gedicht über die acht Weinliebhaber gewinnen lassen4:

Die Trunkenheit des He Zhizhang  賀知章äußerte sich offensichtlich in sehr unruhigen Bewegungen, wenn er auf seinem Pferd saß, und er lief stets Gefahr, schlafwandelnd in einen Brunnen zu fallen.

Der Prinz von Ruyang [Li Jin, 汝陽王李進] trank drei dou 鬥 (also ca. 30 Liter!) ehe er sich an den Hof begab. Wenn der Wagen eines Weinproduzenten vorbeifuhr, lief ihm das Wasser im Mund zusammen und sein Wunsch war es, zum Herrn der Weinquellen berufen zu werden.

Der Zweite Minister [Li Shizhi 李適之] gab große Summen für (alkoholische Getränke aus, die er verschlang wie ein Wal das Wasser. Dennoch sagte er, dass er das Unvermischte liebe und das Gespaltene vermeide.

Cui Zongzhi 崔宗之war jung, schön und ohne Sorgen. Mit sanftem Blick hob er die Weinschale gen Himmel und stand da wie ein leuchtender Jadebaum im Wind.

Su Jin 蘇晉 war ein strenger Vegetarier, der einen gestickten Buddha verehrte und er erfreute sich an seinen Entgleisungen in alkoholisiertem Zustand.

Für ein dou (also ca. 10 Liter) Wein würde  Li Bai 李白(701-762) hundert Gedichte schreiben und sich in einer Weinschenke der Hauptstadt Chang’an 長安 (dem heutigen Xi’an 西安) zur Ruhe legen. Den kaiserlichen Befehl, mit an Bord eines Schiffes zu gehen, wies er zurück, da er sich als “Unsterblicher der Weinschale” (jiu zhong xian 酒中仙) sah.

Nach dem Genuss von drei Bechern Wein würde Zhang Xu 張旭 selbst vor Würdenträgern seine Mütze hinwerfen und aus seinem Pinsel Wolken auf das Papier fließen lassen.

Jiao Sui 焦遂 braucht mindestens fünf dou (also ca. 50 Liter), um wach zu sein. Dann aber beteiligt er sich mit glänzender Rhetorik an Diskussionen.

Die Gruppe dieser acht Männer wurde auch in der ostasiatischen Malerei wiederholt dargestellt und kann in der Regel leicht durch die diese umgebenden Weinbecher und Weinflaschen identifiziert werden. Eine der berühmtesten Darstellungen stammt von Zhang Wu 張渥 (14. Jh.), der Kopie eines Werkes von Zhao Mengfu 趙孟頫 (1254-1322), das allerdings verloren ist.5 Auch bei japanischen Malern war das Motiv der “acht Unsterblichen der Weinschale” bis ins 19. Jahrhundert verbreitet6

  1. Zur Biographie vgl.  etwa den Eintrag “Du Fu” in Volker Klöpsch, Eva Müller (Hg.): Lexikon der chinesischen Literatur (München 2004) 74-76. Zum dichterischen Werk des Du Fu vgl. Wolfgang Kubin: Die chinesische Dichtkunst. Von den Anfängen bis zum Ende der Kaiserzeit (Geschichte der chinesischen Literatur, Bd. 1, München 2002) 150-170.
  2. Du Fu: “Yin zhong baxian ge 飲中八仙歌”, Zum chinesischen Original vgl. Quan Tangshi 全唐詩 [Vollständige Sammlung der Gedichte aus der Zeit der Tang-Dynastie], Kap. 216 [Online-Version: Chinese Text Project]“; zu deutschsprachigen Übersetzungen in Anthologien mit chinesischen Dichtungen vgl. Gu Zhengxiang: Anthologien mit chinesischen Dichtungen (Übersetzte Literatur in deutschsprachigen Anthologien. Eine Bibliographie, 6. Teilband, hg. von Helga Eßmann und Fritz Paul; Stuttgart 2002) 96.
  3. Vgl. dazu Jochen Kandel (Übers. u. Hg.): Das chinesische Brevier vom weinseligen Leben. Heitere Gedichte, beschwingte Lieder und trunkene Balladen der großen Poeten aus dem Reich der Mitte (Bern 1985) 6.
  4. Der Inhalt des Gedichts wurde neben dem chinesischen Original auch auf der Grundlage folgender Übersetzungen wiedergegeben: Kandel: Das chinesische Brevier vom weinseligen Leben, 91 f. sowie die deutsche Fassung in China und Japan in Buchkunst und Graphik. Vergangenheit und Gegenwart. Stiftung aus der Sammlung Dr. Ulrich von Kritter an das Gutenberg Museum Mainz (Mainz 1985) 40.  Zitiert nach Bruno J. Richtsfeld: “Onorato Martucci und sein ‘chinesisches Museum’.” In:  Claudius C. Müller, et. al. (Hg.): Exotische Welten. Aus den völkerkundlichen Sammlungen der Wittelsbacher 1806-1848 (Dettelbach 2007), 203 f.
  5. Vgl. dazu Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 183 Anm. 19).
  6. Vgl. ebd., 182 Fig. 26. Zum dort abgebildeten Werk des Soga Shōhaku (1730-1781) vgl. The Cleveland Museum of Art: The Eight Immortals of the Wine Cup.  Ein weiteres Beispiel dafür ist ein Werk des Onishi Chinnen (1792-1851). Vgl. dazu British Museum: Inchu hassen (Eight Immortals of the Wine Cup), dort auch eine englische Übersetzung des oben zitierten Gedichts.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1366

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Buddhas Fußsohlen

An zahlreichen buddhistischen Stätten finden sich Darstellungen der Fußsohlen Buddhas (fozushi 佛足石1 beziehungsweise foji 佛跡, i.e. “Buddha-Spur”).2

Im indisch beeinflußten Kulturraum ist die Spur oder der Abdruck von Buddhas Fuß seit alter Zeit ein wichtiges Symbol, das stellvertretend für Buddha selbst steht. In seiner Fußspur bleibt Buddha den Gläubigen wie in einer Reliquie gegenwärtig, während er ansonsten in das Nirwana, in das “Erlöschen”, eingegangen ist. In diesem kann er nicht mehr angerufen werden. Eine ähnliche Ikonographie des zurückbleibenden Fußabdruckes findet sich auch in der mittelalterlichen, christlichen Kunst bei der Darstellung der Himmelfahrt Christi.3

Traditionellen Auffassungen zufolge gelten “kreisförmige Abbilder des ‘Rades der Lehre’” auf den Fußsohlen als eines der 32 Merkmale eines Buddha (sanshi’er (da ren) xiang 三十二(大人) 相).4 Genauer gesagt sind es “die beiden Räder unter den Fußsohlen” (fozu xia er lun 佛足下二輪).5

Buddhas Fußabdrücke - Schautafel im Fünf-Pagoden-Tempel, Beijing - Foto: Georg Lehner

Buddhas Fußabdrücke – Schautafel im Fünf-Pagoden-Tempel, Beijing – Foto: Georg Lehner

Beim Besuch des Pekinger Wuta Si 五塔寺 (d. i. “Fünf-Pagoden-Tempel”) – eigentlich Da Zhenjue Si 大真覺寺 (“Tempel des Großen Erwachens”) – fiel mein Blick im Ausstellungsraum ganz zufällig auf eine  Schautafel mit den Fußabdrücken des Buddha. Das entsprechende Relief an der Südseite der zentralen Pagode konnte ich allerdings nicht ausmachen …

Buddha's feet at Zhenjue Temple

Buddha’s feet at Zhenjue Temple. By Yongxinge (Own work) [CC-BY-SA-3.0 or GFDL)], via Wikimedia Commons

  1. Vgl. dazu den Artikel “Bussokuseki 佛足石” In:  Hôbôgirin. Dictionnaire encyclopédique du Bouddhisme d’après les sources chinoises et japonaises, 2. u. 3. Faszikel (1930, 1937) S. 187-190; zu Beispielen aus China vgl. S. 189. – Vgl. ferner Siegbert Hummel: “Die Fussspur des Gautama-Buddha auf dem Wu-t’ai-shan.” Asiatische Studien 25 (1971) 389-406. [Digitalisat bei retro.seals.ch.
  2. Vgl. dazu Heinrich Hackmann: Erklärendes Wörterbuch des chinesischen Buddhismus. Chinesisch-Sanskrit-Deutsch; aus dem handschriftlichen Nachlass überarbeitet von Johannes Nobel, Leiden, o. J., 4. Lieferung, S. 196, Art. "Fo chi": "'Fusspur [!] des Buddha. Wiedergabe von Skr. śripāda. Name der seit alter Zeit [...] verehrten Darstellung des Fussabdruckes des Buddha, die meistens in 108 Felder (mit allerlei buddhistischen Symbolen eingeteilt ist [...],”
  3. U. Wiesner/T. Nagel: Der Kosmos auf großem Fuß. Museen Köln: Bild der 16. Woche, 19. bis 25. April 2010. Vgl. auch The British Museum: Limestone panel depicting the Buddhapada.
  4. Vgl. Bernhard Scheid: Religion in Japan. Die 32 Merkmale eines Buddha.
  5. Franz Josef Meier: Die Mythologie des chinesischen Buddhismus. In: Egidius Schmalzriedt, Hans Wilhelm Haussig (Hg.): Götter und Mythen Ostasiens (Wörterbuch der Mythologie. 1. Abt., Bd. 6; Stuttgart 1994) 510 f. (Art. “Buddhas Fußsohlen”) und ebd., 611 (Art. “Merkmale, Die 32 (des Großen Menschen)”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1341

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Unsterblichkeit (I): Fünf Klassen von Unsterblichen

Als Übersetzung für den Begriff xian 仙 hat sich im Deutschen der Begriff “Unsterbliche” eingebürgert.1

Zum Phänomen der “Unsterblichen” schreibt Wolfram Eberhard:

Chinesische Heilige [!] sind Männer oder Frauen, die übernatürliche Fähigkeiten erlangt haben und nach ihrem Tod zur Gottheit erklärt wurden. Es gibt hunderte und aberhunderte von ihnen, im Gebirge K’un-lun oder auf den Inseln des Ostens sollen sie ein glückliches, nie endendes Leben führen; hienieden ist der Kult meist an einen bestimmten Ort gebunden.2

Im Erklärenden Wörterbuch zum chinesischen Buddhismus wird der Begriff folgendermaßen definiert:

Dieser taoistische Name für unsterbliche Genien oder Übernatürliche wird im chinesischen Buddhismus zur Bezeichnung der indischen Rsis verwendet. Der hsien ist auf dem Wege zur Unsterblichkeit oder schon unsterblich, durch Askese und Meditation ist er für viele tausend Jahre (nach anderer Ansicht für immer) von Krankheit, Alter und Tod befreit.3

Im Daoismus und im chinesischen Buddhismus wurden im Allgemeinen fünf Klassen von “Unsterblichen” (xian) unterschieden:

  1. Entkörperlichte Geister (guixian 鬼仙), die weder unter den Menschen noch unter den Unsterblichen Ruhe finden.
  2. Menschliche Genien (renxian 人仙), die sich erfolgreich von den Schwächen des Fleisches befreit haben.
  3. Auf der Erde lebende Genien (dixian 地仙), Menschen, die in dieser Welt die Unsterblichkeit erlangt haben.
  4. Deifizierte Genien (shenxian 神仙): Unsterbliche, die die Erde verlassen haben und in den glückseligen Gefilden der Gesegneten wohnen.
  5. Himmlische Genien od. Götter (tianxian 天仙), diejenigen, die die Reinheit erreicht und im Himmel das ewige Leben erlangt haben.4
  1. Zur Etymologie des Schriftzeichens vgl. Wolfgang Bauer: China und die Hoffnung auf Glück. Paradiese, Utopien, Idealvorstellungen in der Geistesgeschichte Chinas (München, 2. Aufl. 1989 [1974, 1971]) 153 f.
  2. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole.  Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl. 1996) 287 (“Unsterbliche”).
  3. Heinrich Hackmann: Erklärendes Wörterbuch zum chinesischen Buddhismus. Chinesisch – Sanskrit – Deutsch. Nach seinem handschriftlichen Nachlass überarbeitet von Johannes Nobel, 4. Lieferung [o. J.], S. 239.
  4. Vgl. Grand Dictionnaire Ricci, Bd. 6, S. 625 (Nr. 12308).

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1278

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Vom Essen und vom Trinken in China (IV): “Alles, was man essen kann”

In „Alles, was man essen kann“ ging Waverly Root (1903-1982) wiederholt auf Nahrungsmittel und auf Speisen ein, die entweder aus China stammen oder hauptsächlich mit China assoziiert werden.[1] Die folgende Zusammenstellung entsprechender Bemerkungen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Gemüse

Zum Chinakohl und seinem “Verwandten” Pak-Choy schreibt Root: “[...] ersterer ist ein Kopfkohl mit wirsingähnlicher Blattstruktur, doch von länglicher Form und von zartgelber bis weißlicher Farbe, letzterer ein Blätterkohl mit weißen, fleischigen Stengeln und hell- bis tiefgrünen Blättern von weicher und glatter Struktur.” (S. 172). An anderer Stelle (S. 269) weist Root darauf hin, dass Pak-Choy nichts anderes als “weißes Gemüse” (baicai 白菜) bedeutet.
Zu Brokkoli meint Root, dass dies “eines der wenigen westlichen Gemüse” sei, “die von den Chinesen angenommen wurden.” Außer den Chinesen würden es allein die Italiener verstehen “Textur und Aroma zu bester Geltung” zu bringen. (S. 33). Spinat wurde schon 647 n. Chr. in chinesischen Werken erwähnt (S. 345).
In seinen Erläuterungen zur Süßkartoffel (chines. hongshu 紅薯) beschreibt er einen für die frühneuzeitliche Verbreitung von Nutzpflanzen “typischen” Weg: “China erhielt die Batate vermutlich über spanische Händler, die sie von den Philippinen mitbrachten, und Japan erhielt sie von China.” (S. 350).

Obst

Root stellt die Frage, ob die Birne nicht aus China stammt, nachdem sie dort schon für die Zeit um 2100 v. Chr. als Grabbeigabe nachgewiesen werden konnte. (S. 27). Im Gegensatz dazu ist der Granatapfel (shiliu 石榴) in China nicht vor 100 v. Chr. bezeugt (S. 90). Ein chinesischer Reisender des 7. Jahrhunderts erwähnte die Mango (S. 230).  Die Papaya erreichte China nicht vor dem 19. Jahrhundert (S. 270).

Der Geschichte der Jujube (shazao 沙棗) in China widmet Root breiten Raum (S. 131):

“[...] in China werden Jujuben seit mindestens 4000 Jahren kultiviert, und die Jujube hat einen festen Platz in der klassischen chinesischen Küche. Im Mittelalter war eine der ‘acht Köstlichkeiten’ Chinas Spanferkel mit einer Füllung von Früchten, die in den Übersetzungen als Datteln bezeichnet werden. [...]“

Einen handfesten politischen Grund hatte die Umbenennung der Frucht des Chinesischen Strahlengriffels. Diese erhielt den Namen Kiwi “als man feststellen mußte, daß in Amerika McCarthys das Wort ‘chinesisch’ nicht viel verkaufsfördernder war als Begriffe wie ‘kommunistisch’ oder ‘Weltrevolution’ [...] (S. 161)

Sowohl “die große Zahl wilder Varietäten” als auch “die große Zahl spezifischer Schädlinge und Krankheiten der Pflanze”, die es in Südchina legen den Schluss nahe, dass die Süßorange aus dieser Gegend stammt (S. 264). Melonenkerne, so Root, galten im China des 2. Jh. v. Chr. als “beliebte Näscherei” (S. 240).

Ausführlicher als dem Vorkommen der Orange in Südchina widmet sich Root der Bedeutung des Pfirsichs für die Kultur(geschichte) Chinas. In Dichtung und Malerei gilt der Pfirsich als Symbol der Unsterblichkeit – ein typisches Geburtstagsgericht trägt den Namen ‘Pfirsich des langen Lebens’ (shoutao 壽桃). In alter Zeit nahm man auch an, “daß der Genuß von Pfirsichen später einmal den Leichnam vor Verwesung bewahrt.” (S. 282)

Der Kumquat (S. 189 f.; chinesisch jinju 金橘) widmet Root einen eigenen Eintrag. Die Litschi (chines. lizhi 荔枝), “die zusammen mit der Frühlingsrolle und dem rätselhaften Gericht namens Chop-Suey[2] für jedermann im Westen die chinesische Küche repräsentiert” (S. 211), erwähnt er dagegen nur en passant.

Nüsse

Gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. scheint der Walnussbaum nach China gekommen zu sein. (S. 375)
Nur ihrem deutschen Namen nach – botanisch gesehen zählt sie zu den Hülsenfrüchten – sei hier auch die Erdnuss erwähnt, die frühestens im 17. Jahrhundert nach China gelangte. (S. 62)

Fleisch

“Die Zeitungsente ist kein Vogel, sondern eine Schimäre, und der 2 CV gehört zu den Dingen, die selbst ein Chinese nicht essen würde, obwohl er weder ein Tisch noch ein Flugzeug ist.” (S. 54)[3]

Wie dieses und andere Beispiele[4] zeigen, bringt Root in seinem Text auch gängige Vorurteile unter. Zum Verzehr von Schweinefleisch bringt er eine Beobachtung von Owen Lattimore, die die mit einem mongolischen Vorurteil schließt: “Wer Schweinefleisch ißt, fängt an zu werden ‘wie die Chinesen’.” (S. 335).

Im Zusammenhang mit dem Ursprung des Fasans weist Root auch auf den Bericht des Marco Polo hin. (S. 71).

Neben Schweinefleisch und Geflügel zählt Lamm in China “zu den köstlichsten Feiertagsspeisen”, vor allem im Norden und Nordwesten des Landes (S. 200).

Eine besondere Spezialität der nordchinesischen Küche ist die Lammfleischsülze, deren Gelatine aus den Lammfüßen gewonnen wird, ebenso wie die Franzosen sind auch die Chinesen Meister im Verwerten aller Teile ihres Schlachtviehs.” (S. 200 f.)

Während Tigerfleisch „seit der Zeit der Peking-Menschen von der Speisekarte verschwunden“ (S. 355) wäre, hätten Chinesen – nach den “Indianern”, aber vor den Arabern – Kamelfleisch gegessen (S. 139). Nicht nur in der römischen Antike – auch im “alten China” wurden Kraniche zum Verzehr zubereitet (S. 177).

Fisch

Sowohl im Zusammenhang mit dem Fisch im Allgemeinen (S. 75) als auch mit dem Karpfen (S. 146) weist Root darauf hin, dass die Chinesen auf den der Bewässerung der Reispflanzen dienenden Terrassen auch Fischzucht betrieben hätten.

Reis und Getreide

Im Zusammenhang mit Gerste (S. 87) und Hirse (S. 109) erwähnt Root die “fünf heiligen Kulturpflanzen Chinas”: Gerste noch Reis, Sojabohne, Weizen und Hirse. Für den Norden Chinas nennt Root den Weizen als “Hauptnahrung – meist in Form von Nudeln, aber auch als Brot.” (S. 376) In Süd- und Zentralchina ist der Reis das wichtigste Nahrungsmittel (S. 301):

Die französische und die chinesische Küche werden gern miteinander verglichen, was Raffinement und Einfallsreichtum betrifft, doch nichts erhellt den Unterschied zwischen beiden Mentalitäten schlagender als die Verwendung der gleichen Metapher: In China sagt man von einer Mahlzeit ohne Reis, sie ähnele einer einäugigen Schönheit, in Frankreich sagt man das von einer Mahlzeit ohne Käsegang. (S. 304)

Der Mais kam offensichtlich Mitte des 16. Jahrhunderts nach China: 1550 als eine der Tributgaben genannt, wird er 1555 in einer Lokalmonographie aus der Provinz Henan erwähnt. (S. 223).

Gewürze

Einige der Gewürze, die in der chinesischen Küche Verwendung finden, handelt Root im Zusammenhang mit dem Fünf-Gewürze-Pulver ab, “sofern es sich um das chinesische Gewürz handelt, Pfeffer oder Szechuanpfeffer, Sternanis, Fenchel, Zimt und Nelken [...] (und außerdem nicht selten getrocknete Mandarinenschale, obgleich diese es zu einem Sechs-Gewürze-Pulver macht) [...]” (S. 81)

Eier

Root erwähnt, dass sich in China Taubeneier “großer Beliebheit” erfreuen. Die “‘hundert-’ oder ‘tausendjährigen’ Eier der chinesischen Küche sind Enteneier (die bis zu 100 Tage alt sein können)” (S. 48)[5]

„Besonderheiten“

Zum Schluss dieses Beitrags noch einige weitere Hinweise, die Root auf die chinesische Esskultur gibt: so erwähnt er, dass die Blätter der Chrysanthemen-Blüten in China “getrocknet als Teebestandteil” (S. 37) genossen werden. Über den Götterbaum schreibt er, dass “dessen Blätter in China zu Zeiten des Überflusses Seidenraupen und zu Zeiten des Mangels Menschen” ernährt haben. (S. 88) Die Heuschrecke sei in China auch unter der Bezeichnung “Strauchkrabbe” bekannt (S. 102 und 180). Unter “Lo” erwähnt Root nicht nur die Longan, “eine subtropische Frucht, die aussieht, wie eine lockere Traube gelblicher Weinbeeren und [die] in China als ‘Drachenaugen’ [chines. longyan 龍眼] bezeichnet [wird]“, sondern auch, dass Rhizome und Samen der Lotospflanze “von heutigen Chinesen gegessen” werden. (S. 214). Root schreibt, dass die früheste Beschreibung des Rharbarbers aus China stamme: “Sie nennt die Pflanze ein medizinisches Kraut, und das blieb sie die nächsten  4500 Jahre, in denen ihre Wurzel als Abführmittel benutzt wurde.” (S. 306). Während Root im Eintrag “Vogelnester” (S. 371) keinen Hinweis auf die chinesische Küche gibt, sei am Ende dieses Beitrags noch der “Wolkenohrpilz” (mu’er 木耳) erwähnt, “den man nur in China frisch essen kann, in welcher Form er sehr viel besser mundet als in der anderswo gebräuchlichen getrockneten”. (S. 380)

  1. Waverley Root: Alles, was man essen kann. Eine kulinarische Weltreise von Aakerbeere bis Zwiebel. Bearbeitet und aus dem Amerikanischen übersetzt von Melanie Walz (Frankfurt a. M. 2002 [deutsche Erstausgabe unter dem Titel Das Mundbuch (Frankfurt a. M. 1994); amerikan. Original: Food. An Authoritative and Visual History and Dictionary of the Foods of the World (New York 1980]).
  2. zasui 雜碎, i.e. “verschiedene Reste”
  3. Vgl. dazu: “Die Kantonesen essen alles, was am Himmel fliegt, außer Flugzeuge.” Ostasienlexikon, Ostasieninstitut der Hochschule Ludwigshafen am Rhein.
  4. So etwa die Erwähnung des für das 2. Jh. v  bezeugten Verzehrs von Hundeleber (S. 210) oder die eher vagen Angaben zu Schlangenfleisch (S. 329).
  5. Zu den Kiefernblüteneiern oder Tausendjahreiern vgl. Ostasieninstitut der Hochschule Ludwigshafen: Ostasienlexikon, Art. “Tausendjährige Eier”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1256

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Barbaren (II): Roh oder gekocht?

Im ersten Beitrag (“Barbaren (I): die “Haarigen”) zu chinesischen “Barbaren”-Diskursen beschäftigten wir uns mit Beschreibungen europäischer beziehungsweise ‘westlicher’ “Barbaren”. Seit ältester Zeit spiegeln – nicht nur die chinesischen – Barbaren-Diskurse Vorstellungen von angeblichen Abstufungen kultureller/zivilisatorischer Errungenschaften wider.

Eine der chinesischen Perspektiven unterschied zwischen “inneren” (neiyi 内夷) beziehungsweise “gekochten” Barbaren (sh(o)ufan 熟番) auf der einen Seite und “äußeren” (waiyi 外夷)  beziehungsweise “rohen” Barbaren (shengfan 生番) auf der anderen Seite.[1]

Das Begriffspaar roh/gekocht wurde von den Chinesen im Zusammenhang mit als “Barbaren” betrachteten Ethnien zumindest seit der Song-Zeit (960-1279) angewandt – zuerst zur Beschreibung der Miao 苗 im Südwesten Chinas.[2]

In späteren Berichten werden als eine Art “Zwischenstufe” die “semisinisierten Barbaren” (guihua shengfan 歸化生番) eingeführt. Wie Höllmann schreibt, erinnert diese dreistufige Einteilung “gänzlich unchinesisch – ein wenig an die Zubereitung eines Steaks [...] rawmediumwell done.”[3]. Eine ähnliche Dreiteilung etablierten die seit dem 17. Jahrhundert in verstärktem Maß nach Taiwan kommenden Chinesen für die indigene Bevölkerung dieser Insel. Neben den “gekochten” Barbaren, die nach ihren Wohngebieten auch als “Barbaren der Ebene” (pingpufan 平埔番) bezeichnet wurden und den “rohen” Barbaren (auch als “Bergbarbaren” (shanfan 山番) bezeichnet) wurde auch die Kategorie der “assimilierten” beziehungsweise “transformierten” Barbaren (huafan 化番) eingeführt.[4]

Während die als “gekochte” Barbaren bezeichneten Ethnien zur Übernahme der (han-)chinesischen Lebensweise bereit waren, blieben die “rohen” Barbaren ihren eigenen kulturellen Traditionen auch weiterhin verhaftet.

  1. Gudula Linck: “Die Menschen in den Vier Himmelsrichtungen.” Chinesische Fremdbilder. In: Helwig Schmidt-Glintzer (Hg.): Das andere China. Festschrift für Wolfgang Bauer zum 65. Geburtstag (Wolfenbütteler Forschungen 62; Wiesbaden: Harrassowitz, 1995) 257-289, hier v.a. 258 f., Magnus Fiskesjö: “On the ‘Raw’ and the ‘Cooked’ Barbarians of Imperial China,” Inner Asia 1 (1999) 139-168.
  2. Paul Barclay: “‘They Have for the Coast Dwellers a Traditional Hatred’: Governing Igorots in Northern Luzon and Central Taiwan, 1895-1915,” in: Julian Go, Anne L. Foster (Hg.): The American Colonial State in the Philippines. Global Perspectives (Durham 2003), 226.
  3. Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 74.
  4. Vgl. Chia-yu Hu: “Taiwanese Aboriginal Art and Artifacts: Entangled Images of Colonization and Modernization,” in: Yuko Kikuchi (Hg.): Refracted Modernity. Visual Culture and Identity in Colonial Taiwan (Honolulu 2007) 197.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1228

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Unterschiede zwischen Nord und Süd (II)

Im ersten Teil dieser losen Serie (Unterschiede zwischen Nord und Süd (I)) wurden Differenzierungen zwischen Nord- und Süchina betrachtet, die in der chinesischen Sprache gleichsam zu stehenden Wendungen geworden sind.

Der chinesische Literaturwissenschaftler Jiang Kanghu 江亢虎 (1883-1954), der unter anderem 1930-1933 an der kanadischen McGill University tätig war, widmete sich in seiner 1935 erschienenen Einführung in die Geschichte der chinesischen Kultur[1] den Unterschieden zwischen Nord- und Südchina. Jiang schrieb, dass diese Unterschiede schon im Wesen der Menschen deutlich zutage treten würden. Während die Bevölkerung Nordchinas als „dull, slow, conservative, and stubborn“ charakterisiert werden könne, wären die Südchinesen „clever, quick, more radical, but less stable.“ Auch im Zusammenhang mit der äußeren Erscheinung der Menschen sah er deutliche Unterschiede: die Nordchinesen wären „usually tall, heavy, and strongly built“, während man die Südchinesen als „comparatively small in size“ bezeichnen könnte. Der Norden habe mehr Gelehrte hervorgebracht, aus dem Süden dagegen wären eher die Literaten („more belles lettres writers“) gekommen. Einer eher materialistischen Philosophie im Norden stehe eine mehr idealistische Philosophie im Süden Chinas gegenüber. Für den Bereich der traditionellen chinesischen Kampfkunst (wushu 武術) nannte Jiang folgende Unterschiede: im Norden eher „offensive and active“, im Süden eher „defensive and passive“. Im Hinblick auf die Herkunft von Persönlichkeiten in Geschichte und Politik formulierte Jiang das folgende Modell: während die Mehrheit der Dynastiengründer aus dem Norden stammte, kamen die bedeutenden Staatsmänner überwiegend aus dem Süden – eng damit verknüpft und in diesem Sinne auch logisch erscheint seine letzte Gegenüberstellung: während Nordchina „more military leaders“ hervorgebracht habe, stammten aus dem Süden Chinas „more political leaders“. [2].

Offen bleibt, auf welche Quellen Jiang für diese Zusammenstellung zurückgegriffen hat: handelte es sich dabei ausschließlich um in der chinesischen Tradition fest etablierte Zuschreibungen oder griff er zur Veranschaulichung der Unterschiede auch auf “westliche” Darstellungen zurück?

  1. Kiang Kang-hu [Jiang Kanghu]: Chinese Civilization. An Introduction to Sinology (Shanghai: Chung Hwa Book Co. Ltd., 1935) 94.
  2. Alle Zitate ebd.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1197

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