Wozu wird man Königin?

Im Frühjahr 1707 brach eine noch nicht 16 Jahre alte Prinzessin von Wolfenbüttel zu einer weiten Reise auf: Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Blankenburg, die seit 1704 mit Karl III. von Spanien verlobt war, reiste zunächst nach Wien und 1708 dann von dort weiter nach Spanien zu ihrem Gemahl, dem jüngeren Bruder des regierenden Kaisers Joseph I. Der Verlobung und der Reise vorausgegangen waren komplizierte Verhandlungen, in die zahlreiche Familienmitglieder beiderseits involviert gewesen waren:

 

Der Großvater des Mädchens, Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, hatte das Heiratsprojekt lanciert1; ihre Mutter Christine Louise war in die Vorbereitung involviert2. Kaiserin Eleonore Magdalena, die Mutter des Bräutigams, war in die Auswahl der möglichen Braut für ihren jüngeren Sohn von Beginn an einbezogen3 und beratschlagte darüber nicht nur mit ihrem, allerdings 1705 bereits verstorbenen Gemahl Leopold I. Kaiserin Amalie Wilhelmine, selbst aus der älteren, in Hannover ansässigen Linie des Hauses Braunschweig stammend, unterstützte den Plan4. Der jüngere Bruder der Kaiserin-Witwe, der in Düsseldorf residierende Kurfürst von der Pfalz, war es, der schließlich die Brautwerbung in Wolfenbüttel vortrug.

Neben den üblichen Fragen einer Brautwerbung war im konkreten Fall ein besonders heikles Problem zu regeln: Die präsumtive Braut war lutherischer Konfession und damit als Ehekandidatin eines Mannes aus dem katholischen Hause Habsburg eigentlich ausgeschlossen.

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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/376

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Die Damen der Kaiserin: Der Orden der „Sklavinnen der Tugend“ (Teil 2)

Neben der im letzten Blogeintrag vorgestellten Satzung des Ordens ist die von Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Wolfenbüttel mitgeteilte, von Köhler für seine „Münz-Belustigung“ leicht bearbeitete Liste der Mitglieder1 eine der wenigen Quellen, die Auskunft über den Charakter der Vereinigung der „Sklavinnen der Tugend“ geben kann. Diese Liste wird hier im Anhang in bearbeiteter Form wiedergegeben: Die Damen wurden identifiziert und in den meisten Fällen mit Hinweisen auf biographische Angaben versehen. Auch wenn besonders letzteres noch fragmentarisch ist, da hier natürlich weder Literatur noch Archivmaterial umfassend berücksichtigt werden konnten, ergeben sich dadurch einige Erkenntnisse.

 

Zunächst einmal wird schnell deutlich, dass die Zusammenstellung nicht nur den Stand der Mitgliedschaft im Jahr 1675 wiedergibt, als der Herzog von Braunschweig in Wien weilte und seine Gemahlin Mitglied im Orden wurde. Vielmehr umfasst sie alle, zumindest alle dem Herzog bekannt gewordenen Damen, die Mitglied waren und von denen einige bereits verstorben waren2. Köhler hat die Liste um eine Dame ergänzt; einen weiteren Namen liefert die Akte im Staatsarchiv Aurich, aus der im letzten Blog auch die Satzung wiedergegeben wurde, sowie der Beitrag von KLaus Feder über das Ordenszeichen.

Damit sind jetzt 71 Damen bekannt, die der Vereinigung angehörten.

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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/331

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Die Damen der Kaiserin: Der Orden der „Sklavinnen der Tugend“ (Teil 1)

Dass Kaiserin Eleonora Gonzaga-Nevers 1662 einen Orden stiftete, der ausschließlich an Frauen aus fürstlichem und adeligem Hause vergeben werden konnte, ist mittlerweile aus der Literatur bekannt, vor allem durch Publikationen zum Ordenszeichen, die es seit dem 18. Jahrhundert wiederholt gegeben hat.

 

Die Basis der Kenntnisse über diese Vereinigung ist allerdings denkbar schmal – alle Erörterungen zu diesem Orden stützen sich fast ausschließlich auf die Publikation der Satzungen und einer Mitgliederliste, die Herzog Ferdinand Albrechts von Braunschweig-Wolfenbüttel (1636-1687), der sich 1674/75 in Wien aufgehalten hatte, in seine später gedruckte Reisebeschreibung aufgenommen hat1. Wieder abgedruckt hat beides Jahrzehnte später Johann David Köhler in einem Beitrag in seiner „Münzbelustigung“2, und so dürfte das Wissen um diesen Damenorden seinen Weg in die ordensgeschichtliche Literatur genommen haben3.

Bis heute findet man allerdings widersprüchliche Einschätzungen des Ordenszwecks: So subsumiert Hippolyt Heliot 1756 die Sklavinnen unter den geistlichen Frauenorden; eine Zuordnung, der noch die aktuelle Habsburger-Seite des Museums Schloss Schönbrunn folgt4. Auf der Homepage der Kapuzinergruft in Wien dagegen meint man, der Orden habe auf die Gleichheit von Mann und Frau abgezielt. Wiederholt wurde der Orden auch als weiblicher „Ritterorden“ eingeschätzt.

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Quelle: https://kaiserin.hypotheses.org/321

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Was versteht eine Erzherzogin vom Krönungszeremoniell?

In der jüngeren Forschung zur Frühen Neuzeit sind Rituale und Zeremoniell in ihrer kommunikativen Bedeutung neu gewertet worden. Herrschaftszeremoniell und politische Rituale, die lange als „barocke Ornamente“ oder sogar Zeichen des Verfalls staatlicher Strukturen gewertet wurden, wurden vor dem Hintergrund zeitgenössischen Verständnisses neu gelesen und in ihrer zentralen Bedeutung für Herrschaft und Staatlichkeit beschrieben1. Für die Historikerin interessant ist dabei freilich die Frage, ob die wissenschaftlich zweifellos plausible Deutung von Ritualen auch in den Äußerungen von Zeitgenossen als Zeitzeugen bspw. von Krönungen im Alten Reich ihre Widerspiegelung findet.

Freilich bedarf dieser Aspekt umfassender Untersuchung, und ein knapper Blog-Eintrag kann keine endgültige Einschätzung dafür liefern. Doch bei der Lektüre von Briefen zur Krönung der böhmischen Königin im Jahr 1627 stellte sich die Frage erneut, und nur für dieses Beispiel soll ihr hier nachgegangen werden. Interessant sind die Briefe nicht nur als Zeugnisse von Augenzeugen schlechthin, sondern auch aufgrund der Person ihrer Verfasserinnen:

Es handelt sich um die Erzherzoginnen Maria Anna und Cecilia Renata, 17 bzw. 16 Jahre alt, die Töchter Kaiser Ferdinands II.

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Quelle: https://kaiserin.hypotheses.org/299

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Was tat Kaiserin Anna wirklich?

In einem der ersten Beiträge dieses Blogs1 habe ich, ausgehend vom Protokoll aus der Kanzlei des Kurfürsten von Mainz, die Verhandlung im Kurkolleg über die Krönung der Kaiserin 1612 geschildert. Dieser kam ja ein besonderer Stellenwert insofern zu, als im Juni 1612 in Frankfurt am Main das erste Mal nach mehr als 150 Jahren wieder eine Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde. Warum gerade Anna von Tirol diese Kaiserin war, ist bislang unklar.

 

Man kann in diesem Zusammenhang sicher vermuten, dass Kaiser Matthias den Akt nutzen wollte, um die endlich errungene Kaiserwürde nach seiner eigenen Krönung noch ein weiteres Mal vor der Öffentlichkeit des Reiches darzustellen. Schließlich war es ihm erst nach langen Jahren des Konflikts mit seinem Bruder Rudolf und den anderen männlichen Mitgliedern des Hauses Habsburg, dem sog. „Bruderzwist im Hause Habsburg“2, gelungen, sich als Nachfolger des kinderlosen Rudolf II. durchzusetzen. Aber ist es denkbar, dass auch die Kaiserin selbst daran aktiv teil hatte, dass sie ihrerseits auf eine Krönung hinarbeitete?

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Quelle: https://kaiserin.hypotheses.org/288

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Amtsantritt: Die Kaiserin schreibt an ihren Vater

Am 14. Dezember 1676 heiratete Kaiser Leopold I. in Passau zum dritten Mal1. Vier Tage nach der Eheschließung brach das kaiserliche Paar in Richtung Wien auf, verbrachte die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel aber in Linz. Am 7. Januar traf man in Wien ein, wo weitere Festlichkeiten aus Anlass der Eheschließung stattfanden, beispielsweise am 21. Januar 1677 eine prachtvolle Schlittenfahrt zu Ehren der jungen Kaiserin2.

 

Mehr oder weniger umgehend begann jedoch der Alltag einer Kaiserin für Eleonore, zu dem unter anderem das Erteilen von Audienzen gehörte.

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Quelle: https://kaiserin.hypotheses.org/276

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Einzigartig: Die Krönung der Königin 1637

Mit der Krönung von Kaiserin Anna im Jahr 1612 hatte sich im 17. Jahrhundert eine neue Krönungstradition etabliert, folgten ihr doch mit den Krönungen von 1630, 1637 und 1653 in relativ rascher Folge weitere. In einem der ersten Beiträge in diesem Blog habe ich dokumentiert, dass es 1612 im Kurfürstenrat zwar gewisse Bedenken gab, eine Einzelkrönung der Kaiserin durchzuführen. Nur noch ein weiteres Mal wurden in der Folge allerdings im Kurfürstenrat Vorbehalte dagegen formuliert, und zwar im Vorfeld der Krönung von Königin Maria Anna, der Gemahlin Ferdinands III., Anfang des Jahres 1637.

Diese Krönung, die wenige Tage nach der Ferdinands III. selbst in Regensburg stattfand1, war ein reichsverfassungsgeschichtliches Unikum: Es handelt sich um den einzigen Fall der Krönung einer Königin im Alten Reich nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch in Anwesenheit einer regierenden Kaiserin. Die Abbildung zu dieser Krönung zeigt denn auch in einer klassischen Bildkomposition – der Moment der Krönung wird im Zentrum des Bildes dargestellt – auf der rechten Seite König Ferdinand III.

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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/269

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Ein neuer Mythos. Zu Élisabeth Badinters Bild von der „modernen Frau“ Maria Theresia

Elisabeth Badinter hat schon im letzten Jahr ein kleines Buch vorgelegt, in dem sie ihre Sicht auf Maria Theresia darstellt; ein Buch, das in Frankreich den Blick auf die Königin und Kaiserin lenkte, die dort (wenn überhaupt) im Wesentlichen als Mutter von Marie Antoinette ein Begriff ist1. Vor wenigen Wochen ist der Text nun auch in deutscher Übersetzung erschienen und hat erneut für Aufmerksamkeit gesorgt2.

 

Das handliche Buch ist eine sichtlich individuelle Annäherung an Maria Theresia, in der Badinter versucht, sich in psychologisierender Manier der Herrscherin zu nähern. Basis dafür sind ihr vor allem Briefe3 – Briefe Maria Theresias und ihrer Kinder, Schreiben auswärtiger, in erste Linie französischer und preußischer Diplomaten und einiger hoher Amtsträger des Wiener Hofes. In der Einleitung des Buches betont Badinter das Potential dieser Quellen für die „dichte Beschreibung“ einer historischen Person; in Interviews wird hervorgehoben, dass sie sich über Jahre mit Archivquellen befasst habe, um eben diese individuellen Statements zu Maria Theresia als Person zu sammeln.

Anhand dieses – zweifellos interessanten – Ausschnittes aus der riesigen schriftlichen Überlieferung zu Person und Herrschaft Maria Theresias formuliert Badinter ihr Bild, das in der auch in mehreren Interviews formulierten Auffassung gipfelt, dass die Königin-Kaiserin einen „kostbaren Meilenstein für die Geschichte der Frauen“4 darstelle und als erste werktätige Frau der Geschichte gelten müsse, weil sie Beruf, Ehe und Kinder zu vereinen gehabt habe.



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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/257

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