Der Hansetag von 1628 – ein Kölner Reisebericht, II

Was den politischen Kontext des Hansetags betrifft, haben wir bereits ausgeführt. Im Folgenden soll es nun um den Bericht der Kölner Gesandten selbst gehen. Auf das Thema Reisen in dieser Epoche sind wir schon einige Male gestoßen und haben die Risiken solcher Unternehmungen herausgestellt, etwa was die Reisen in die Niederlande betraf. Dies war Anfang 1628 nicht anders, und der Bericht atmet durchweg das Bewußtsein für die Gefährlichkeit der Mission. Gleich zu Beginn hält er fest, daß, „weil die Zeiten so gar unselig und gefährlich“, die beiden Gesandten von anderen Herren und Soldaten begleitet wurden. Von einer eigenen (schriftlichen) Salvaguardia ist hier nicht die Rede, doch kann man davon ausgehen, daß die Gesandten vom Kaiserhof, der auf die Kölner Teilnahme am Hansetag gedrängt hatte, auch entsprechende Dokumente erhalten hatten, die man im Falle eines Überfalls hätte vorzeigen können. Doch verließ man sich nicht darauf und brach selbst mit einem Gefolge, das eben auch Bewaffnete umfaßte, auf.

Wie angespannt die Lage war, zeigte sich dann im Münsterland, als die Kölner Reisegruppe zunächst nicht in ein Dorf gelassen wurde – die Bauernschaft schlug die Glocken an, offenbar in der Annahme, es handele sich um einen Trupp Militärs (was potentiell stets Unheil bedeutete). Einige Tage später erhielten die Kölner „ein neue Convoy“, wie es im Bericht hieß: Sie befanden sich nun in der Region, die von Truppen der Katholischen Liga kontrolliert wurde. Entsprechend wurde ihnen hier eine eigene (militärische) Begleitung mitgegeben. Dies verhinderte nicht, daß die Reisegruppe nur zwei Tage später auf „ziemlich trotzige Reiter“ traf. Es blieb aber wohl nur bei einer brenzligen Situation, die ohne Schaden vorüberging. Bei Bremervörde hielten die Reisenden dann an – die begleitenden „Convoyer“ waren übermüdet, und ohne sie trauten sich die Kölner nicht weiter „auch wegen starker Streiferei“ auf den Straßen.

Hier sahen die Reisenden allenthalben auch die Verwüstungen des Kriegs. Diese stellten nicht nur eine bedrückende Erfahrung dar, sondern machte auch das Fortkommen schwierig. Am Ende des Berichts verwiesen Wissius und Lyskirchen auf die Schwierigkeiten, Unterkunft zu finden, „weil fast alles abgebrannt“, sowie auf die „anderen vielen Ungelegenheiten“, mit denen man sich hatte arrangieren müssen.

Immerhin war den Kölnern nichts passiert. Die Gesandtschaft aus Wesel, die 1645 auch an der Nordseeküste unterwegs war, wurde damals von schwedischen Reitern aufgehalten, die Geld erpreßten. Auffällig ist allerdings die unterschiedliche Route: Die Weseler vermieden damals den Landweg nach Norddeutschland und fuhren über niederländisches Gebiet, erst bei Emden kamen sie wieder auf Reichsboden. Die Kölner im Jahr 1628 hielten den direkten Weg offenbar noch für kalkulierbar.

Entsprechend berichteten sie von all ihren Stationen. Dabei ging es nicht allein darum, die Route zu rekonstruieren. Vielmehr hielten die Gesandten genau fest, wie sie an bestimmten Orten aufgenommen wurden. Gleich in Dortmund wurde den Kölnern eine ehrenvolle Aufnahme zuteil: Sie erhielten vom Rat der Stadt Fisch und Wein, der Bürgermeister, der Syndicus und ein Secratarius statteten der Gesandtschaft einen Besuch ab. So gehörte sich das, denn auch Dortmund war Reichsstadt wie Köln, ja Dortmund war auch Mitglied der Hanse, in früheren Zeiten mal ein führendes Mitglied der westfälischen Hansestädte, doch irgendwann hatte Köln alle überrundet. Verbunden waren beide Städte auch durch ihre politische Ausrichtung, denn beide verfolgten einen Neutralitätskurs bei möglichst enger Anlehnung an den Kaiser – was Dortmund als lutherischer Reichsstadt schwerer fiel als Köln. Doch darum ging es hier nicht, wichtig war der diplomatische Umgang mit Gleichgestellten, und hier machte Dortmund alles richtig, wenn die Stadt komplementär zu Lyskirchen und Wissius auch ihren Bürgermeister und ihren Syndicus abordnete. (zu Dortmund ganz knapp die Geschichte der Stadt von 1994,hier S. 130 und S. 190-192)

Es ging in diesem Reisebericht vor allem um genau diese Begegnungen. Die Kölner Gesandten referierten, in welcher Art sie wo aufgenommen wurden – all dies zeigte, welches Prestige Köln im Reich besaß, welche Ehre man den Vertretern dieser Stadt zukommen ließ. Es ging also nicht primär um Serviceleistungen für die Gesandten, sondern die Ehre, die Lyskirchen und Wissius zuteil wurde, widerfuhr der Stadt Köln selbst. Genau deswegen verzeichneten sie auch penibel die Aufnahme in Hamburg – auch eine bedeutende Hansestadt, die politisch aber sicher nicht so kaiserfreundlich einzuschätzen war. Bei der Ankunft gab es „das ordinari Präsent und Congratulation“; später, als Ratsvertreter ihren Besuch machten, kamen noch „besondere(.) Wein Präsente(.)“ dazu. Schon zuvor wurde vermerkt, daß man in Bremen „gleich in vorigen Städten das ordentliche Präsent und Congratulation“ erhalten habe: Es ging also immer auch um Ehre, Reputation, Statuswahrung, auf die zu achten war.

Nicht minder bedeutsam war die Aufnahme bei Tilly, dem Kommandeur über die ligistischen Truppen. Er belagerte in diesen Monaten noch Stade (wovon der Bericht nichts sagt) und hatte deswegen sein Hauptquartier in Buxtehude. Tilly empfing die Kölner Gesandtschaft persönlich und hat sie bei der Tafel „honorifice tractieren lassen“. Dazu erklärte er sein Wohlgefallen, daß die Kölner die Mühen dieser Reihe auf sich genommen hätten. Er, Tilly, wolle „sine dolo solchs an gebührendem Ort aufs Beste rühmen“ – den ligistischen Generalleutnant hatten die Kölner also schon einmal für sich gewonnen, ein erster Erfolg der Reise. Allerdings riet Tilly den Gesandten auch stark dazu, „man sollte mit Eifer dasjenige befördern, was zu der Römischen Kaiserlichen Majestät Dienst und anderem allgemeinerem Nutzen vortraglichen sein könnte“. Dies war eine recht deutliche Mahnung an die Stadt Köln, den (aus kaiserlicher Sicht) Schlingerkurs der Neutralität aufzugeben. Hier zeigte sich dann doch, wie problematisch die Mission zum Hansetag immer noch war – und dies lag nicht allein an der Unsicherheit der Straßen.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/649

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Wallenstein als Feldherr – oder nicht?

Wallenstein als Feldherr war eine prachtvolle Erscheinung. Diesen Eindruck vermittelt er auf jeden Fall in den zeitgenössischen Gemälden. Besonders das Reiterbildnis aus dem Palais Waldstein stellt ihn in dieser Rolle heraus. Kein Wunder, daß der Prager Katalog zu „Albrecht von Waldstein“ von 2007 dieses Motiv an prominenter Stelle platziert, gleich neben dem Vorwort der Herausgeber ganzseitig auf S. 14. Das Gemälde, dem Maler Christian Kaulfersch zugeschrieben, zeigt den Feldherrn Wallenstein hoch zu Roß im schwarzen Vollharnisch. Der Kopf ist unbedeckt und schaut direkt in die Richtung des Betrachters; die linke Hand hält die Zügel, in der rechten liegt der Kommandostab. Der Rappe sowie die geschwärzte Rüstung geben dem Gemälde ein düsteres Gepräge; um so auffallender ist daher die Pracht des Sattel- und Zaumzeugs sowie der Pistolentasche.

Als Nicht-Kunsthistoriker will ich mich nun gar nicht aufs Glatteis begeben und eine weitergehende Bildbeschreibung versuchen. Als Historiker stolpere ich aber über die Tafel in der Bildecke rechts unten, auf der unter anderem deutlich sichtbar eine Jahreszahl prangt: 1631. Offenbar das Jahr, in dem das Gemälde angefertigt wurde. Und genau hier fangen die Fragen an: Denn wie kommt Wallenstein dazu, sich im Jahr 1631 als Feldherr porträtieren zu lassen? Im Sommer 1630 war er doch von all seinen Ämtern entbunden worden; seitdem hatte er kein Kommando mehr über die kaiserlichen Truppen. Erst Ende 1631 sollte er wieder von Kaiser Ferdinand II. neubestallt werden; damals begann das sog. 2. Generalat. Doch ist es plausibel, daß dieses Gemälde ganz knapp noch in dieses Jahr zu datieren ist? So rasch läßt sich ein derartiges Gemälde doch wohl kaum verfertigen. Oder wurde es zurückdatiert? Plausibler ist vielmehr, daß Wallenstein dieses Bild viel früher in diesem Jahr in Auftrag gab – womit wir an der Frage nicht vorbeikommen, warum er in einer Phase, in der er ohne ein militärisches Amt zu bekleiden, sich ausgerechnet als Feldherr darstellen ließ.

Natürlich konnte er damit auf seine Leistungen in den Jahren zuvor verweisen, als er den Kondottiere Ernst von Mansfeld besiegt und für den Kaiser den Krieg gegen den König von Dänemark gewonnen hatte. Allerdings findet sich in diesem Gemälde überhaupt keine Reminiszenz an konkrete Ereignisse in diesen Feldzügen; das Bild scheint den Feldherrnruhm Wallensteins ganz allgemein betonen zu wollen. Eine solche Lesart ist natürlich möglich, und doch ruft sie andere Fragen hervor. Denn wenn Wallenstein in genau dieser Phase die Rolle des Feldherrn für sich selbst herausstellt, hatte dies durchaus Signalwirkung – zumal bei einem repräsentativen Gemälde. Eben weil seine Entlassung 1630 auf den Druck der Reichsstände und insbesondere der Katholischen Liga erfolgt war, würde ein Gemälde, das ihn erneut in dieser Rolle abbildet – und zwar nicht rückwärtsgewandt auf konkrete Ereignisse bezogen, sondern in generalisierender Absicht – ein Politikum ersten Ranges gewesen sein. Maximilian von Bayern, das wird man unterstellen dürfen, hätte eine solche Selbstdarstellung Wallensteins als Affront empfunden, der seinen düstersten Ahnungen über die Rückkehr des verhaßten Friedländers nur neue Nahrung gegeben hätte.

Wohl nicht Kaulfersch, wohl nicht Wallenstein, vielleicht 1631 (Ausschnitt).

Wohl nicht Kaulfersch, wohl nicht Wallenstein, vielleicht 1631 (Ausschnitt).

Doch solche Spekulationen brauchen hier gar nicht weiter verfolgt zu werden. Denn während mich allein die Tafel mit dem Hinweis auf 1631 stutzig gemacht hat, ist Ilka Waßewitz vor kurzem noch auf ganz andere Ungereimtheiten gestoßen (Ein Abbild des Herzogs? – Anmerkungen zum Reiterbildnis Wallensteins im Prager Palast, in: „Die blut’ge Affaire bei Lützen“. Wallensteins Wende, hrsg. v. Inger Schuberth und Maik Reichel, Wettin-Löbejün 2012, S. 220-227). Hier geht es zunächst um die über dem Kopf des Reiters positionierten Reichsinsignien sowie Lorbeer- und Palmzweige. Hinzu kommen Übermalungen, die nicht nur den Hintergrund des Gemäldes betreffen, sondern auch die Figur des Reiters selbst. Ihre Analyse ist sehr behutsam und läuft doch auf die These hinaus, daß hier ursprünglich gar nicht Wallenstein, sondern Kaiser Ferdinand III. porträtiert wurde. Besonders die Übermalungen im Gesicht und Kopfbereich der Reiterfigur unterstützen diese Annahme; andere Punkte – insbesondere die erwähnte Tafel mit der Datierung 1631 – sprechen dagegen.

Eine eindeutige Antwort auf die Frage, wer hier nun als Feldherr porträtiert wurde, ist derzeit offenbar nicht möglich. Aber daß es sich um Wallenstein handelt, muß zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Eigentlich schade, denn eine Kampfansage an den bayerischen Kurfürsten mittels eines repräsentativen Reitergemäldes hätte ich dem auf Rache sinnenden Wallenstein schon zugetraut.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/632

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Vorsprung durch Technik – eine mobile Mühle für den Krieg

Es soll niemand sagen, daß es in der Vormoderne keinen technischen Fortschritt gegeben habe. Ein Beispiel dafür bietet die fahrbare Getreidemühle, die ich im Waldstein-Katalog von 2007 gefunden habe (S. 475, 6.5.4). Dargestellt ist eine Feldgetreidemühle, die auf einem fahrbaren Untersatz montiert war und von Pferden betrieben wurde. Der Vorteil lag auf der Hand: Man war nicht auf Mehl angewiesen, sondern konnte auch das Rohmaterial verarbeiten. Da die Versorgungsfrage für jede Armee stets eine große Herausforderung darstellte, war es naheliegend, Techniken zu entwickeln, die gerade für einen Heerhaufen – ökonomisch gesprochen eine Ansammlung von unproduktiven Menschen, der auf zumeist knappe Ressourcen zurückgriff – die notwendigen Versorgungsgüter leichter verwertbar machten.

Fahrbare Getreidemühle

Fahrbare Getreidemühle

So plausibel das alles ist, muß ich doch gestehen, daß ich von solchen Phänomenen recht wenig weiß. Über die gängigen Quellengruppen, die sonst über den Krieg und die Feldzüge informieren, habe ich kaum jemals etwas über solche Techniken und erst recht nichts über Innovationen erfahren. Pech bei der Auswahl der Akten, ein blinder Fleck in meiner Wahrnehmung? Ich kann und will nichts ausschließen, aber auch das Beispiel im Katalog selbst stimmt mich nachdenklich. Denn das Beispiel stammt aus dem Jahr 1606 und berichtet von einer Episode, derzufolge der spanische Feldherr Spinola das Stättchen „Lochum“ (gemeint ist offenbar Lochem in der Provinz Gelderland) eingenommen hat. Mit dabei waren auch „schone Muillwagen“, wie es in der deutschen Legende des Einblattdrucks heißt.

Es handelt sich also um einen Beleg aus dem spanisch-generalstaatischen Krieg und nicht aus dem Dreißigjährigen Krieg. Nun waren die militärischen Strukturen in beiden Konflikten so ähnlich, daß es methodisch kein Problem ist, solche Befunde aufzugreifen. Doch als ich nach weiteren Beispielen für solche Mühlen suchte, habe ich keine weiteren Belege entdecken können. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ausschließlich in der Armee Spinolas solche mobilen Mühlen zum Einsatz gekommen sind. Das Motiv wurde von Hogenberg in Köln verlegt, und der Druck wird sicher einigermaßen Verbreitung gefunden haben – der tschechische Nachweis im Katalog spricht schon dafür wie auch der weitere Nachweis im VD17 für die BSB in München (12:658778R).

Man wußte also von solchen Techniken. Doch seit wann gab es die fahrbaren Mühlen eigentlich? (der Hinweis im Flugblatt auf Pompeius als „Inuentor“ führt hier natürlich nicht wirklich weiter) Und wie weit waren sie verbreitet: Waren derartige Mühlen vielleicht schon in dieser Zeit allgegenwärtig? Ja waren sie womöglich Standardausstattung für den Troß der Heere des Dreißigjährigen Kriegs, daß schon gar nicht mehr über sie berichtet wurde? Vielleicht habe ich wie gesagt grundlegende Dinge, die in diesen Jahrzehnten alltäglich waren, verpaßt und ausgeblendet. Aber ein wenig frage ich mich schon, wieviel wir eigentlich über solche Techniken und auch ihre Fortentwicklungen (nicht) wissen, die für das Verständnis der Kriegsläufte in dieser Epoche wesentlich sind.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/626

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Stellenausschreibung „Corpus Musicae Ottomanicae“

Im Rahmen des 2015 beginnenden DFG-Langfristvorhabens „Corpus Musicae Ottomanicae“ (CMO). Kritische Editionen vorderorientalischer Musikhandschriften“, dessen wissenschaftliche Leitung bei Herrn Universitätsprofessor Dr. Ralf Martin Jäger von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster liegt, ist ab dem 1. Oktober 2015 beim Kooperationspartner Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (MWS) in Bonn folgende MitarbeiterInnenstelle befristet bis zum 30. Juni 2016 zu besetzen:

Wissenschaftliche Mitarbeiterin/ wissenschaftlicher Mitarbeiter für Digital Humanities (Entwicklung wissenschaftlicher Datenbanken und Online-Editionen).

Es handelt sich um eine Stelle nach Entgeltgruppe 13 TVöD mit 100 % der regelmäßigen Arbeitszeit (zurzeit 39 Stundenwöchentlich) . Alternativ zu den 9 Monaten in Vollzeit ist eine Beschäftigung mit 12 Monaten zu 75% möglich. Mit der Stelle sind keine Lehrverpflichtungen verbunden.

Die Stelle an der Max Weber Stiftung übernimmt innerhalb des CMO zentrale Aufgaben bei der Entwicklung und dem Aufbau der technischen Infrastruktur. Hierzu zählen die Umsetzung von Datenbankmodellen und die Entwicklung der Technik für die digitale Online-Edition der Kritischen Ausgabe.

Detailliertes Arbeitsprogramm der Stelle:

  • das System für die Metadateneingabe entsprechend den Anforderungen einrichten,
  • den bereits vorhandenen Datenbestand in das System einspeisen,
  • eine Ausgabemöglichkeit in Absprache mit der Max Weber Stiftung (perspectivia.net) einrichten, die eine reibungslose Einspeisung ins Quellenportal (und weiter in DDB und Europeana) ermöglicht, was insbesondere eine Unterstützung der Standard-Datenformate voraussetzt, also eine Übersetzung der vom Projekt verwendeten Konzepte in diese Formate,
  • SVG-Repräsentationen für die Musiknotation und die zugehörigen kritischen Berichte zu erarbeiten, um die Transkripte mitsamt kritischen Anmerkungen unmittelbar in HTML-Seiten einfügen, mit den zugehörigen Metadaten und Liedtexten verknüpfen und mit RDFa-Annotationen semantisch erschließen zu können,
  • Erarbeitung einer Erweiterung des Vokabulars von MEI, um eine überlieferungs- und inhaltsgetreue digitale Speicherung und Verarbeitung vorderorientalischer Musiknotation für das beantragte sowie für künftige Projekte zu ermöglichen,
  • Schulung der übrigen Projektmitarbeiter/innen in der Eingabeumgebung.

Voraussetzung für die Einstellung sind ein geistes- oder sozialwissenschaftlicher Hochschulabschluss (möglichst Promotion), Einschlägige Kenntnisse im Bereich der Digital Humanities und der Verarbeitung von XML, HTML5 und CSS3 sowie Kenntnisse in einer Scriptsprache (vorzugsweise Python, oder auch PHP, Ruby o.ä.) sowie einschlägige Projekterfahrung und Teamfähigkeit.

Stellenbesetzungen werden grundsätzlich auch in Teilzeit vorgenommen, sofern nicht im Einzelfall zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Die WWU Münster und die Max Weber Stiftung treten für die Geschlechtergerechtigkeit ein und streben eine Erhöhung des Anteils von Frauen in Forschung und Lehre an. Bewerbungen von Frauen sind daher ausdrücklich erwünscht; Frauen werden bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.

Schwerbehinderte werden bei gleicher Qualifikation und Eignung bevorzugt eingestellt.

Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen richten Sie bitte bis zum 15. Mai 2015 in einer pdf-Datei an:

Herrn Universitätsprofessor
Dr. Ralf Martin Jäger
c/o Max Weber Stiftung
bewerbung@maxweberstiftung.de

 

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4906

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Albrecht von Waldstein – ein vergessener Katalog

Heute geht es darum, Versäumtes nachzuholen. Denn im Jahr 2007 erschien in Prag ein opulenter und grandioser Katalogband zu Wallenstein, ohne daß diesem in der deutschen Geschichtswissenschaft die gebührende Aufmerksamkeit zugekommen wäre:
Fučíková, Eliška / Čepička, Ladislav (Hrsg.): Waldstein. Albrecht von Waldstein. Inter arma silent musae?, Prag 2007.
Rezensionen in den wichtigen Zeitschriften des Fachs sind mir nicht bekannt, und überhaupt sieht es so aus, als ob die Rezeption dieses Buchs nicht wirklich stattgefunden hat. Auch die Bibliotheksnachweise halten sich, wie eine Recherche über den KVK zeigt, in erstaunlich überschaubarem Rahmen.

Waldstein-KatalogWarum dies so passierte, darüber kann ich nur spekulieren. Ob es der Titel war, der von „Albrecht von Waldstein“ sprach? Das mag ich kaum glauben, denn so weit ist der Weg von Waldstein zu Wallenstein nicht. Und es ist kein wirkliches Geheimnis, daß dies nun mal die tschechische Namensform für die im Deutschen übliche Variante „Wallenstein“ darstellt. Golo Mann hat damals in seiner Monographie die Namensvarietät erläutert, auch darauf hingewiesen, daß sein Namensträger sich selbst Waldstein schrieb (S. 10).

Definitiv stand einer Rezeption nicht die Sprache entgegen, denn es gibt eine deutsche Ausgabe des Bandes, die jede Verständnisbarriere aus dem Weg räumt. Ob es daran lag, daß es kein wirkliches Jubiläum gab, das den Blick der (Fach-)Öffentlichkeit auf diese Persönlichkeit gelenkt hätte? Der Anstoß zu diesem Buch war, wie das Geleitwort erklärt, eher ein politischer: Man wollte das Waldsteinpalais, das heute der Sitz des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik ist, im Bewußtsein der Öffentlichkeit stärker verankern – auch der europäischen. Dieses Anliegen sollte eine Ausstellung befördern, die wiederum von dem hier genannten Katalogband begleitet wurde.

Und dieser kann sich wirklich sehen lassen: ein über 600 S. starker Band, über 40 Artikel verteilt auf vier Sektionen, dazu ein umfänglicher Katalogteil, alles dies mit vielfach großformatigen und qualitativ hochwertigen Fotos veranschaulicht. Erarbeitet wurde er vor allem von tschechischen HistorikerInnen, und auch wenn einige österreichische Kollegen noch vertreten sind (ob die Nichtbeteiligung deutscher Fachvertreter die erstaunliche Nichtwahrnehmung in Deutschland miterklärt?), kann dieses Werk als absolut überzeugende Leistungsschau der tschechischen Historikerzunft gelten. Und nicht nur der Historiker, sondern ebenso der kunsthistorischen Disziplinen, die einen erheblichen Anteil daran haben, die unterschiedlichen Zeugnisse der Malerei, der Skulptur und der Architektur vorzustellen.

Gerade auf diesen kunsthistorischen Aspekt zielt auch die Frage im Titel des Katalogbandes: „Inter arma silent musae?“ Es lehnt sich sicher nicht unbewußt an das Ciceronische „inter arma silent leges“ an, doch der ganze Katalog ist darauf ausgerichtet, die Frage, ob denn die Musen zu Kriegszeiten verstummen, als rhetorisch zu entlarven. Zumindest in der Welt Wallensteins war dies nicht der Fall, dies will dieser Band zeigen. Und ich habe vor, in den nächsten Wochen immer wieder mal einzelne Aspekte, die mir in dem Band aufgefallen sind, vorzustellen.

Noch ein Wort zum Übersehen dieses Buchprojekts: Mir ist es im Jahr 2007 nicht anders ergangen als vermutlich einigen in der Zunft – ich habe damals, Schande über mein Haupt, nichts davon mitbekommen. Es bedurfte erst einer tschechischen Kollegin, die mich darauf hinwies und mir diesen Band auch beschaffte. Aber besser später als nie.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/619

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Max Weber Stiftung – Stellenausschreibung

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte Sie auf eine Ausschreibung für eine/n Referentin/en für den Bereich wissenschaftlichen Datenbank bei der Geschäftsstelle der MWS in Bonn hinweisen.

Der Ausschreibungstext findet sich hier:

http://www.maxweberstiftung.de/aktuelles/einzelansicht-startseite/datum/2015/03/05/stellenausschreibung-referentin-fuer-den-bereich-wissenschaftliche-datenbanken-bei-der-mws.html

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Kaiser

 

Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaften im Ausland

Rheinallee 6 53173 Bonn

Tel.: 0049-228-37786-24

Email: Kaiser@MaxWeberStiftung.de

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4794

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Keine Reisekostenübernahme!

Der sächsische Kurfürst machte sich Sorgen: Aus den Ämtern seines Landes erreichten ihn Klagen, daß die Lasten durch sogenannte Amts- und Patentfuhren überhand genommen hätten. Vor allem auswärtige Gesandte, die das Kurfürstentum passierten, würden auf diese Dienste der Ämter zurückgreifen und sich entsprechend mit Reisepferden ausstatten und in den Wirtshäusern versorgen lassen. Entsprechend erließ Kurfürst Johann Georg die Verfügung, daß auch durchreisende Fürsten und ihre Abgesandten für diese Leistungen zahlen sollten (Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg, Dresden 28.2.1618, GStA PK BPH, Rep. 34, Nr. 25 fol. 32-32‘ Ausf.).

Konkret war dieses Schreiben hier an den Kurfürsten von Brandenburg gerichtet. Der nördliche Nachbar Kursachsens konnte kaum anders, als sächsisches Territorium zu durchqueren, wenn er zum Kaiserhof und vielen anderen Reichsfürsten reisen wollte. Insofern traf es Brandenburg besonders hart – die brandenburgischen Kassen waren oftmals leer, und man mußte sich stets Gedanken machen, wie Gesandtschaften zu finanzieren waren. Auch wenn es Spannungen zwischen beiden Reichsfürsten gegeben hat – etwa in dem nun schon seit Jahren schwelenden Streit um das Jülicher Erbe –, wird man in dieser sächsischen Anordnung kaum eine besondere antibrandenburgische Spitze erkennen können. Zumindest ist dies nicht nachweisbar.

Auffallend ist aber die Argumentation in der kursächsischen Ankündigung. Hier ist generell von den „thewern zeiten“ die Rede. Auch Mißernten und Unglücke wie Feuersbrünste hätten im Land Schaden verursacht, so daß die Untertanen dort „nicht allein in abfall ihrer Nahrung kommen, sondern auch eußersters verderben geraten möchten“. Das hört sich auf den ersten Blick wie die übliche zeitgenössische Rhetorik an, die die schweren Zeiten beklagt. Auch dies können wir nur vermuten oder unterstellen. Immerhin datiert diese Episode von Anfang 1618, als zwar in Böhmen schon ein Ständeregiment die habsburgische Herrschaft abgeschüttelt und den Pfälzer Kurfürsten als neuen König installiert hatte; der Feldzug gegen Böhmen sollte aber erst in ein paar Monaten beginnen.

Auch wenn also im Moment noch kein offener Krieg im Reich geführt wurde, standen die Zeichen auf Sturm. Vor dem Hintergrund kann man diese Hinweise aus Kursachsen doch als Krisensymptome verstehen: Man fürchtete um sein Auskommen, beklagte hohe Belastungen. Unabhängig davon, ob noch ein anderes Kalkül dahinterstecken mochte, ging von dieser Verfügung doch ein klares Signal aus: Selbst ein wohlhabender Reichsstand wie Kursachsen konnte es sich nicht leisten, solche Services wie Amts- und Patentfuhren aufrechtzuerhalten. Für andere Reichsfürsten und ihre Gesandten galt ab sofort, daß es in Sachsen keine Reisekostenübernahme mehr gab.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/616

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Erwartungen an den Frieden

Auch wenn nach wie vor der Krieg mit aller Härte weitergeführt wurde, richteten sich im Laufe der 1640er Jahre die Blicke immer häufiger nach Münster – dort, wo über den Frieden verhandelt wurde. Doch dies galt nicht nur für die großen Potentaten und die Reichsstände. Auch Wesel, eine der sieben Hauptstädte (d.h. landtagsfähigen Städte) im Herzogtum Kleve, blickte mit gespanntem Interesse auf die Verhandlungen.

Dieses Interesse war nicht ziellos, sondern richtete sich auf einen ganz bestimmten Punkt. Für die Handelsstadt am Niederrhein ging es vor allem um wirtschaftliche Fragen und hier besonders um einen möglichst freien, sprich von Abgaben und Zöllen ungehinderten Warenverkehr. Entsprechend wurde auf der Ratssitzung am 3. Dezember 1647 folgender Beschluß gefaßt: „Weilen nun mehr die fridens tractaten zu Munster zwischen Hispanien vnd den H[erren] Staten zuendtlauffen, So ist resolvirt, Jhr Hochmog[enden] zuerinnern, daß die Hispanische Licenten abgestelt, vnd solches mit in den tractaten inbedongen werden moge“ (Stadtarchiv Wesel, A 3: Ratsprotokolle Nr. 97 [1647-1648], hier fol. 107).

Zunächst einmal ist also festzuhalten, daß es nicht um die Friedensverhandlungen geht, die im Oktober 1648 in die Verträge von Münster und Osnabrück mündeten; vielmehr ging es hier um die Traktate, die den sog. Frieden von Münster zwischen den Generalstaaten und Spanien besiegelten. Die Weseler lagen auch richtig mit ihrer Einschätzung, daß diese Verhandlungen ihrem Ende zustrebten: Am 30. Januar 1648, also keine zwei Monate nach dem Weseler Ratsbeschluß, wurde der spanisch-niederländische Frieden unterzeichnet; die Verhandlungen selbst waren sogar schon am 16. Januar zuende gegangen. Was war also mit dem Weseler Anliegen – hatte es überhaupt noch eine Chance gegeben, diese Aspekte in die Verhandlungen einzubringen?

Ein Blick in die aktuelle Literatur zeigt, daß Handelsbeschränkungen wirklich nicht die Themen waren, um die bis zuletzt gerungen wurde (Rohrschneider, v.a. S. 416 ff.). Gleichwohl regulierte der Friedensvertrag eine ganze Reihe von Fragen der Wirtschaftspolitik und des Handels, besonders ab § VIII. Der Tenor ging dahin, sämtliche Zölle und Wirtschaftsschranken auf den Vorkriegsstand zurückzunehmen. Auch Zölle auf dem Rhein und der Maas wurden explizit angesprochen (s. § XII), doch bezog sich der Vertragstext hier offenbar nur auf niederländisches Gebiet. Ob damit auch Reichsgebiet und damit der Niederrhein miteinbezogen war, ist mir nicht klar.

Es kann durchaus sein, daß Wesel Glück hatte und diese Handelsbeschränkungen ohnehin durch den Frieden von Münster aufgehoben wurden: Hier spielt auch eine Wahrnehmungsfrage die wichtige Rolle: Haben die Generalstaaten das von ihnen besetzte Gebiet am Niederrhein zumindest vertragstechnisch in diesen Friedensschluß integriert? Zu fragen ist aber auch, ob die Aufhebung der spanischen Zölle auf Veranlassung Wesels geschah. Die Bedeutung dieser Stadt als Handelsmetropole ist gar nicht so gering zu veranschlagen, doch der zeitliche Rahmen spricht wenig dafür, daß diese Weseler Initiative den Vertragstext noch hat beeinflussen können.

Wesel mußte damals aber auch noch auf andere Probleme sein Augenmerk richten. In derselben Passage, ja fast in demselben Satz hieß es weiter, daß „dem agenten zuschreiben [sei], daß er fleißigh achthaben solle, damit in der zwischen Jhr Churf dhl [von Brandenburg] vnd den herren Staten gesuchte aliants nichts zu praejudits dieser Statt einverleibt werde.“ Die klevische Stadt sah also deutlich, daß sie auf ihre Interessen im Verhältnis zwischen den Generalstaaten und dem brandenburgischen Kurfürsten, ihrem Landesherrn also, aufpassen mußte. Der Krieg ging zuende, aber die Konflikte wurden nicht weniger.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/570

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Der strategische Wert des Blogportals de.hypotheses.org #wbhyp

Da hat Mareike König den Aufruf zur Blogparade gleich mit einem sehr thesenstarken Statement eingeleitet – und ich nehme mir die Freiheit, nicht darauf einzugehen. Das ist jetzt zugegebenermaßen eine etwas verunglückte Kommunikation, aber in diesem Moment möchte ich zunächst etwas anderes loswerden.

Mir geht es um das Blogportal an sich, das ich mittlerweile für eine ausgesprochene wichtige Einrichtung halte. Mit ihm gibt es für deutschsprachige wissenschaftliche Blogs nämlich eine Art zentrale Sammelstelle: ein Ort also, wo man sich einen Überblick über die thematische Vielfalt wissenschaftlicher Blogs verschaffen kann. Damit haben Blogs etwas, was auch andere Genres wie Zeitschriften haben (nämlich die ZDB). Insgesamt ist dieses Portal relativ früh eingerichtet worden, jedenfalls gemessen daran, daß das Bloggen in der deutschen Wissenschaftslandschaft eben noch eine sehr junge Form des Schreibens ist.

Ansonsten haben sich, so stellt es sich für mich jedenfalls dar, erst einmal die verschiedenen Genres des wissenschaftlichen Schreibens entwickelt, bis es dann auch Strukturen gab, die diese blühenden Formen der Wissenschaftskommunikation sortiert haben. Beim Bloggen ist dies nun eher das Gegenteil der Fall: Als wissenschaftliches Genre ist es noch nicht so richtig angekommen (wobei ich mich gegen eine zu düstere Bewertung wehre, das Glas scheint mir eher halb voll als halb leer zu sein), und doch gibt es mit dem Blogportal bereits eine entsprechende Struktur dafür.

Das kann man komisch finden, und Übelwollende mögen hieraus sogar einen negativen Schluß ziehen: Zeigt es doch, daß mit dem Blogportal eine Einrichtung geschaffen wird für ein Schreibformat, das die besten Voraussetzungen zum ewigen Talent hat und den richtigen Durchbruch doch nicht schafft. Ich halte eine solche Einschätzung aber für völlig falsch. Im Gegenteil ist es eine sehr kluge und weitsichtige Maßnahme gewesen, dieses Blogportal zu etablieren (genauso wie auch diejenigen für die anderen Sprachräume), denn strategisch sind wissenschaftliche Blogs nun sehr gut aufgestellt. Das Blogportal trägt sie und hilft ihnen auch bei der Verbreitung; gleichzeitig verhindert diese Struktur eine zersplitterte Außenwahrnehmung und befördert auch – dies wird ja öfters angesprochen – das Community-Building der Blogger selbst.

Ja, ich weiß: Es gibt auch gute wissenschaftliche Blogs außerhalb dieses Portals. Und ich will sicher keine Gräben zwischen den „freien“ Blogs und den Hypothesern aufreißen. Und natürlich ist die alleinige Existenz eines Blogportals nicht das Ende der Probleme. Aber ich bin überzeugt davon, daß wir als Bloggende mit dieser Organisation sehr gut in der Wissenschaftslandschaft aufgestellt sind. Mittelfristig, so meine Prognose, dürfte es sich auszahlen, das Blogportal nicht nur für den Aufbau einer wissenschaftlichen Community nutzen zu können, sondern generell dem Bloggen als wissenschaftliches Genre die nötige Akzeptanz in der Fachwelt zu verschaffen.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/600

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Der Reiz der Archivalien – Besuch in einem Kölner Archiv

Es ist nicht unbedingt einfach, für alle thematischen Aspekte der Kölner Stadtgeschichte entsprechende Quellen aufzutuen, die sich gut im universitären Unterricht einsetzen lassen. Zwar hilft der 2. Band aus der Reihe Quellen zur Geschichte der Stadt Köln zum Spätmittelalter und zur Frühen Neuzeit ein gutes Stück weiter; doch wirklich aus dem Vollen zu schöpfen, ist auch hier schwierig. Was kann man also sonst noch machen? Es bleibt nur der Weg ins Archiv, um dort zu schauen, welche ungehobenen Schätze noch das Bild der Geschichte bereichern können. Konkret plante ich mit den Studierenden meiner aktuellen Veranstaltung im Wintersemester einen Besuch im Historischen Archiv des Erzbistums Kölns.

Wie läßt sich ein solcher Besuch organisieren und was kann von ihm erwarten? In meiner Wahrnehmung werden derartige Lokaltermine meist zur Vorführung des jeweiligen Hauses genutzt, was auch völlig legitim ist. Und so werden dann aus allen möglichen Beständen beispielhaft Quellen vorgeführt, gern auch prominente Stücke, angefangen von den ältesten Urkunden, vorzugsweise von historischen Giganten wie Karl dem Großen, bis hin zu Schreiben Bismarcks oder Adenauers. Auf diese Weise kann auch Grundsätzliches über ein Archiv vermittelt werden, und sicher wird auch auf diese Weise das Faszinosum der alten Materialien den einen oder anderen in seinen Bann schlagen.

Dennoch war es nicht das, was mir vorschwebte, und ich war froh, in Joachim Oepen einen Archivar zu finden, der gerne bereit war, sich mit den Studierenden einfach mal auf einige thematisch einschlägige Dokumente zu stürzen und dann versuchen, mit diesen zu arbeiten. Es gab also nur eine kurze thematische Einführung, dann wurden 2- oder 3köpfige Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit einem Dokument beschäftigen sollten. Natürlich war klar, daß es hier nicht um eine auch nur annährend vollständige Erschließung gehen konnte. Aber sich quellenkritisch einem Dokument zu nähern und es als historische Quelle zunächst einfach zu beschreiben und dann vielleicht auch einzuordnen, war ein Versuch wert.

Gute 40 Minuten waren für die Stillarbeit vorgesehen. Während dieser Zeit standen Joachim Oepen und ich bereit, um vor allem bei der Entzifferung von Schriften zu helfen. Zu bearbeiten waren ganz unterschiedliche Quellen wie Kirchenbücher, Chroniken von Ordenskongregationen, auch Statuten eines Ordens und Regelverzeichnisse für die Klosterämter, Amtsbücher einer Bürgersodalität, Korrespondenzen von geistlichen Gemeinschaften mit der Stadt und Generalvikariatsprotokolle. Dieses Quellenpotpourri war nicht nur bunt gemischt, sondern war teilweise in deutscher, lateinischer oder französischer Sprache geschrieben – zumindest mit den verschiedenen Handschriften eine echte Herausforderung für die Studierenden.

Ich gebe gern zu, daß ich im Vorfeld durchaus Bedenken hatte, wie sich die Studierenden schlagen würden. Sie haben aber meine Befürchtungen im Nu zerstreut. Es war bei der abschließenden Kurzvorstellung wunderbar zu sehen, wie sich alle durchweg zu tragfähigen Befunden durchgearbeitet haben und ihre jeweilige Quelle so vorstellen konnten, daß ihr historischer Wert deutlich wurde. Warum hat es nun so geklappt? Sicher braucht man schon eine leistungsstarke und auch –willige Arbeitsgruppe, auch die exzellente Vorbereitung und das Engagement seitens des Archivars spielen eine große Rolle. Dazu kam aber für die Studierenden auch die Möglichkeit, die Archivalien nicht nur zu bestaunen, sondern sich eigenständig mit ihnen zu beschäftigen und schlichtweg historisch zu arbeiten. Wenn man dann noch wie in unserem Fall feststellt, daß es tatsächlich möglich ist, sich auch mit auf den ersten Blick furchtbar krausen Schriften und Sprachformen produktiv auseinanderzusetzen, ist dies eine wichtige Erfahrung – zunächst für die Studierenden, aber auch für mich als Lehrender. Und darüber hinaus, so hoffe ich, haben wir auch einiges über Köln im 17. Jahrhundert erfahren.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/592

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