Neo-Dada, Herostratos und systematische Vasenzerstörung

20060801_va_ 048-pixlr-l

Bestimmt haben Sie es mitbekommen, werte Leserinnen und Leser: in Miami ist eine Vase umgekippt. Mehr noch: ist heruntergeworfen worden. Ach, was sage ich: Vandalismus im Museum hat sich neulich ereignet. Oder?

Es handelt sich um eine ca. $1 Mio. Dollar teuere und 7.000 Jahre alte Vase, die in Pérez Art Museum in Rahmen der Ausstellung “According to what?” von Ai Weiwei ausgestellt war. Der berühmte Dissident hat diese paläo-historische Vase mit Coca-Cola-Logo versehen (mit allen herausschreiendenfolgenden Intentionen und Allusionen).

Ein Besucher des Museums, Maximo Caminero, auch seinerzeit ein Künstler, griff bei seiner Besichtigung in Februar nach dieser Vase. Als ein Wachmann nach dem Zurückstellen der Vase verlangte, warf Caminero das teuere Stück prompt auf den Boden. So:

Ai Weiwei seinerseits wurde ziemlich erböst über solche Übergriffe auf privates Eigentum anderer:

If he really had a point, he should choose another way, because this will bring him trouble to destroy property that does not belong to him. (Quelle: dailymail.co.uk)

Aber das Spannende an der Geschichte ist, dieser Vandalismus-Akt spielte sich direkt vor einem Foto-Triptychon von Ai Weiwei, auf welchem man den chinesischen Künstler eine uralte chinesische Vase auf den Boden werfen sieht.

Miami Artist Destroys Vase By Chinese Artist Ai Weiwei In Museum
PHOTO BY Joe Raedle/Getty Images News/Getty Images

Nun kamen laut Presseberichten zugleich zwei Statements seitens Caminero, dem nun eventuell einige Jahre im Gefängnis drohen:

  • er sah in der ausgestellten Vase sowie in diesem Triptychon einen Aufruf seitens Ai Weiwei zu einem performativen Akt des Protestes
  • er richtete aber seinen Protest gegen die Unterrepräsentanz der lokalen Miami-Künstler in diesem Museum im Gegensatz zu den internationalen Künstlern, wie Ai Weiwei

Bald schon wurde dieser Akt – zusammen mit dem Akt von Ai Weiwei – ziemlich schnell als Neo-Dadaismus bezeichnet, bzw. in Verbindung mit Dadaismus gebracht. Klar, der Vergleich scheint naheliegend zu sein: Ai Weiwei brach mit der (gloriösen / chinesischen) Vergangenheit in Form von dieser Vase, so wie die Dadaisten mit der europäischen Kultur brachen, die zwar den Anspruch hatte, Hochkultur zu sein, jedoch die Greueltaten des Ersten Weltkrieges keineswegs verhinderte.

Doch bereits hier hinkt der Vergleich. Der Akt des Bruches mit den Traditionen bei Ai Weiwei ist zwar (für Historiker oder Kunstmarktliebhaber) empörend: die Vase! er hat die teuere Vase zerbrochen! Doch im Gegensatz zu Dadaisten ist dieser Bruch mehr plakativ als wirkungsvoll. Denn das pars pro toto (zerbrochene Vase <=> chinesische Kultur) bleibt nur pars, im gegensatz zu toto der Dadaisten. Das Anmalen eines Bartes auf die Postkarte von Mona Lisa oder das Ausstellen eines Pissoirs im Museum scheint heutzutage harmlos und putzig zu sein – zu der damaligen Zeit war das ein radikaler Schnitt mit der Autorität Kunst, mit der Institution Museum, mit der Dimension Kunstmarkt. Die bereits konventionelle Kulturkritik eines Ai Weiwei kann man nur bedingt Neo-Dadaismus nennen (wenn man nur die klischeehafte Destroyance der Avantgarde als ein charalteristischer Charakterzug dafür auswählt – durchaus oberflächlich).

Doch nun zu Caminero – wogegen protestiert er? Gegen die antike Hochkultur? Gegen Coca Cola? Gegen die Autorität von Ai Weiwei? Gegen die eigene Unterrepräsentanz im lokalen Kontext? Und da sind wir schon näher an der Sache. Provinzialismus. Das Performative der Zerstörung als Anbiederung an die “Grössen” und “Mächtigen” der Kunstwelt. Der Wunsch, irgendwie in die Kulturgeschichte eingegliedert zu sein, egal mit welchen Mitteln. Herostratos lässt grüssen.

Doch nichtsdestotrotz, auch angesichts der mediokren Aktion eines Künstlers (hier können Sie sich selbst ein Bild über seine Werke machen), hat er eine wunderschöne Reaktion von Ai Weiwei hervorrufen, die den letzteren im Hinblick seines “Neo-Dada”-tums ebenfalls nicht besser darstellt. Statt die Zerstörung des Authoritären mit Caminero zusammen zu liturgieren und zu begrüssen, greift er auf die niederste Schublade eines Künstlers, und spricht über Übergriffe auf Eigentum anderer (hier: seiner Wenigkeit).

source: http://www.artesmagazine.com/2014/02/perez-art-museum-and-chinese-artist-ai-weiwei-a-smash-in-miami/ai_weiwei-photo_1-2/
source: artesmagazine

Wie war das bei Mephisto, der nicht mehr in Versen zu sprechen vermag:

Nun sind wir schon wieder an der Grenze unsres Witzes. (Faust 1, Trüber Tag, Feld)

Da ist Schluss mit lustig. Da ist der Spass zu Ende.

Schade, eigentlich. Die Dadaisten hatten mal auf der Kölner Dada-Ausstellung ihren Exponaten Äxte angehängt, damit die Zuschauer ihre Werke zerstören könnten. Das war mehr als Aufruf zu Vandalismus. Das war der Bruch mit der konventionellen Rezeption. Das war Dada.

Quelle: http://merzdadaco.hypotheses.org/33

Weiterlesen

Zu den Blogawards 2014 – in eigener Sache

Es ist ja oft so: Kaum taucht man mal ab, passiert prompt etwas, was einen selbst betrifft, wovon man aber erst als letzter erfährt. Da hat das dk-blog in der Jurywertung also „sich victorios erzaiget vnndt gleichsamb das feldt erhallten“ – so hätte es wahrscheinlich eine Meldung in einer Zeitung (damals ein furchtbar neumodisches und oft kritisiertes Medium) in den Jahren des Dreißigjährigen Kriegs formuliert. Zurück in der Welt sah ich dann also die verschiedenen Nachrichten zu den Blogawards 2014, fühlte mich geehrt und freute mich sehr!

Nun tut Lob immer gut, und zu gewinnen ist auch immer schön. Aber ein paar Gedanken mache ich mir schon, hervorgerufen vor allem durch die Begründung der Jury. Nein, mir geht es jetzt gar nicht darum, meinerseits die Arbeit der Jury zu bewerten. Vielmehr ist aufschlußreich, was anderen am dk-blog auffällt. Es geht also um die mögliche Diskrepanz zwischen Fremd- und Eigenwahrnehmung.

Wenn nun von der Jury die „regelmäßige Frequenz“ als charakteristisch hervorgehoben wird, freut mich das. Das ist für mich selbst ein wichtiger Aspekt des Bloggens. Turnusmäßig einen Text zu verfertigen, ist ein zentraler Antrieb, weil er etwas wundervoll Disziplinierendes hat. Machen wir uns nichts vor: Wissenschaftliches Schreiben ist anstrengend. Immer wieder muß man den inneren Schweinehund überwinden, muß man sich auch zwingen, einen Text fertigzustellen, der dann so beschaffen sein soll, daß man ihn freischalten kann. Wenn also ein Dienstag naht, ein dk-blog-Tag also, gibt es kein Zurück mehr, dann muß ich liefern.

Weiterhin heißt es, daß im dk-blog die „Gattung der Quellenmiszelle […] auf überzeugende Weise wiederbelebt“ werde. Ja, auch darin kann ich mich sehr wohl wiederfinden. Ich frage mich ohnehin, ob nicht das Blog-Format – zumindest so, wie ich es verstehe – das in heutigen Zeiten angemessene Medium für eine Miszelle darstellt. In dem Fall hätte also dieses klassische wissenschaftliche Genre in der digitalen Welt seine neue Heimstatt gefunden. Wobei nicht alles so bleibt, wie es mal war. Denn für die Kleinform der Miszelle versage ich mir die Fußnote. Die paar anfallenden Nachweise setze ich lieber in Klammern oder arbeite mit hyperlinks; bei einem so überschaubaren Textumfang möchte ich jedenfalls die zweite Ebene eines Anmerkungsapparates vermeiden. Sollte dies doch nötig sein, dann rutscht der Text aus der Miszellen-Welt in die des Aufsatzes. So zumindest meine derzeitige Auffassung und Schreibpraxis.

Zeigt sich hierin die „Lust an neuen Vermittlungsformen“, wie sie dem Blog auch attestiert wurde? Da bin ich mir unsicher, wie ich mir ohnehin nicht wirklich klar darüber bin, was im dk-blog wirklich neu ist. In eigener Wahrnehmung bleibt viel Luft nach oben, wobei dies mitunter auch daran liegt, daß ich verschiedene Features nicht anwende, weil ich sie nicht benötige oder der Mehrwert mir (noch?) nicht so richtig einleuchtet. Insofern ist das Urteil, daß es sich um „das vielleicht originellste“ Blog handelt, für mich ein Hinweis, dass die Jury wohl auch andere Blogs hätte küren können, die hinsichtlich Arbeitsorganisation, angewandter Gadgets oder behandelter Themen wirklich sehr explorativ sind. Ich kann da nur staunen und mich selbst inspirieren lassen. Und die dicht gestaffelten weiteren Plätze verweisen darauf, daß die Qualität gerade an der Spitze wirklich hoch ist. Für mich übrigens ein wichtiger Befund, denn es ist schön zu wissen, daß man sich in einem wissenschaftlich gut aufgestellten Umfeld bewegt.

Am Ende zählt aber einfach, daß es gelingt, einen inhaltlich wie sprachlich überzeugenden Text zu verfertigen. Einmal pro Woche, das ist die Herausforderung. Um das weiterhin hinzubekommen, nehme ich die Schubkraft, die so ein Blogaward mit sich bringt, sehr gerne an! Schönen Dank also für die Auszeichnung!

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/418

Weiterlesen

Zur Arbeit mit Karikaturen

Eines der Themen dieses Blogs ist die Begleitung der Arbeit mit/an westlichen Karikaturen über China (einige Beispiele u.a. hier, hier, hier und hier). Das Blog dokumentiert die Arbeit an einem Korpus von mehreren hundert Karikaturen (und Witzzeichnungen) und Tausenden Textstellen aus österreichisch-ungarischen satirischen Periodika, vor allem die Herausforderung, Symbole, Attribute und Anspielungen richtig zu deuten.

Das Medium Karikatur ist ein in der Geschichtswissenschaft unterschätztes Medium. Eine Ausnhame bildet die Geschichtsdidaktik, die in den letzten Jahren verstärkt Karikaturen als Mittel, Interesse an Geschichte zu wecken. entdeckt.  “Einer Karikatur auf der Spur” ist Daniel Bernsen im Blog Medien im Geschichtsunterricht – aufgehängt an einer aus dem Kontext gerissenen, zeitlich falsch eingeordneten Karikatur. Er macht sich auf die Suche und wird (teilweise) fündig – und stellt interessante Fragen zum Bild.

Check 1: Was war in Varzin?
Wikipedia hilft schnell weiter: http://de.wikipedia.org/wiki/Warcino Mit dem Bild hat es nichts zu tun, außer dass wir bestätigt bekommen, dass das Bild später als 1867 (Kaufjahr des Schlosses) zu datieren ist. Das wussten wir aber schon.

Check 2: Gibt es den Punch oder Charivari digitalisiert online?

Die zweite Frage scheint fast als ‘Fangfrage’, wenn impliziert wird, dass das zwei Zeitschriften sein könnten.[1] Leider gibt es in den 1880ern und 1890ern derzeit noch Lücken – und der September 1884 ist (derzeit noch) nicht online.
Die erste Frage ist viel spannender.  Ich hätte sie mir zu dieser Karikatur vermutlich so nicht gestellt – ich hätte eher gefragt, wen/was “ventriloquist of Varzin” meint …

Mit dem Bild auf der LSG-Seite ist m.E. nichts anzufangen – eine aus dem Kontext gerissene Karikatur, bei der Über-/Unterschrift und konkretes Datum fehlt, ist wertlos, denn Karikaturen sind Bild und Abbild ihrer Zeit. Sie bleiben letztlich unverständlich, wenn die zeitliche Einordnung fehlt.

Fügt man den Bild-URL in die Google-Suche ein und sucht mit ‘Bildersuche’, findet sich schnell dieses Bild:

By Неизвестен (Скан иллюстрации в Punch) [Public domain], via Wikimedia Commons

By Неизвестен (Скан иллюстрации в Punch) [Public domain], via Wikimedia Commons

Mit diesem Bild ist schon mehr zu anzufangen- die Seite aus dem Punch liefert alle Angaben, die man braucht[2]: “The Three Emperors, or, the ventriliquist of Varzin” aus Punch or the London Charivari vom 20. September 1884.

Um nicht in eine Methodendiskussion abzugleiten, sei der Leitfaden Wie analysiert und interpretiert man eine Karikatur? im Online-Tutorium Geschichte des FB Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz herangezogen. Die folgenden Bemerkungen konzentrieren sich hier auf die ersten zweieinhalb Schritte; auf eine Diskussion, welche Ziele der Karikaturist verfolgte und wie die Karikatur zu werten ist, wird hier verzichtet.

  • Orientierende Betrachtung

    • Das Erscheinungsdatum und die Zeitschrift, in der die Karikatur erschien, sind klar aus dem Bild ablesbar.
    • Der Karikaturist ist durch die Signatur links unten identifiziert, die Tenniel-Signatur ist eindeutig. Ebenso eindeutig ist die Angabe “Swain” (das Studio, das die Karikaturen zum Druck aufbereitet).
    • Beim Thema der Karikatur hilft – wie Daniel Bernsen ausgeführt hat – das Datum.
      Im September 1884 trafen Alexander III., Franz Joseph I. und Wilhelm I. in Skierniewice zusammen. Das Treffen, bei dem auch Bismarck und die Außenminister Gustav Sigmund Graf Kálnoky von Kőröspatak (Österreich-Ungarn) und Nikolaj Karlovič de Girs [Giers] anwesend waren, blieb ohne nachhaltige Wirkung, die Rivalität zwischen Österreich-Ungarn und Russland verhinderte konstruktive Lösungen.
  • Beschreibung
    • Dargestellt ist ein riesenhafter Puppenspieler, der drei kleine Marionetten führt, im Hintergrund eine Art Vorhang, von Rosetten gehalten.
    • Der ‘Puppenspieler’ ist Bismarck – allerdings ohne die in deutschen und österreichisch-ungarischen Karikaturen üblichen “drei Haare”.
    • Die Marionetten trage Uniformen und (leicht verfremdete) Kronen:
      • Die Figur ganz links trägt die Zarenkrone; der Bügelaufsatz (eigentlich ein gefasster Spinell, auf dem ein Kreuz sitzt) ist durch den  Doppeladler aus dem Staatswappen ersetzt ist. Krone, Uniform und der charakteristische Bart identifizieren die Figur als Alexander III.
      • Die Figur in der Mitte trägt die Reichskrone. Uniform und der weiße Backenbart identifizieren die Figur als Wilhelm I.
      • Die Figur rechts trägt die österreichische Kaiserkrone; der blaue Saphir auf dem Kronbügel ist durch den Doppeladler ersetzt. Die weiße Uniformjacke, der Bart und die Krone identifizieren die Figur als Franz Joseph I.
      • Die Bildunterschrift lautet “The three emperors, or, the ventriloquist of Varzin” macht deutlich, dass der ‘Puppenspieler’ ein Bauchredner ist, der die Fäden zieht und die Figuren sprechen lässt. Die Formulierung ‘ventriloquist of Varzin’ verweist auf einschlägige Zirkus-/Variété-Ankündigungen, wo die Künstler als “die Dame ohne Unterleib aus XY” und der “Zauberkünstler aus XZ” angekündigt wurden, der Konnex zwischen Bismarck und Varzin [poln.Warcino] ist eindeutig[3]
  • Erklärung
    • Die Karikatur visualisiert die – in der zeitgenössischen englischen Bewertung der Politik auf dem Kontinent verbreitete – Auffassung von Bismarck als Zentralfigur der Politik, von Bismarck als dem, der die Fäden zieht – und der den/die Kaiser lenkt. Gegenstand ist weniger das Treffen der Monarchen, sondern  eher die Rolle Bismarcks in der Politik.

Wie für alle anderen Karikaturen gilt auch für “The three emperors” die Binsenweisheit, dass sie nur verständlich ist, wenn der Zusammenhang klar ist – und der ist nur mit Kontextwissen erschließbar: Um Bismarck und die dargestellten Herrscher zu erkennen, müssen einschlägige Porträtdarstellungen vertraut sein. Ebenso muss das Zusammentreffen der drei Kaiser 1884 (und dessen Ergebnis) bekannt sein. Falls nicht, dann sieht man eine Puppenspieler, der drei Marionetten führt (was im Grunde grotesk ist), die an Erzgebirge-Nussknacker erinnern.

Ich würde mir zur Karikatur wohl (u.a.) die folgenden Fragen stellen:

  • Wodurch (Gesichtszüge, Frisur, Bart, Uniform/Kleidung, Orden, werden Personen identifiziert?
  • Wer ist der Puppenspieler/Bauchredner?
  • Warum ist Bismarck ohne die “drei Haare” dargestellt?
  • Welche Kronen tragen die drei Kaiser auf dem Kopf?
  • Warum trägt der deutsche Kaiser die Reichskrone? Was bedeutet das?
  • Etc. etc. etc.

Daniel Bernsens Beobachtung

Das passiert gerade bei Karikaturen immer wieder, dass ihre Ausage gut zu einem bestimmten historischen Ereignis zu passen scheint (hier: das Drei-Kaiser-Bündnis von 1873) und ihre Datierung dann daran zu pädagogischen oder illustrativen Zwecken irgendwie “angepasst” wird.[4]

ist vorbehaltlos zuzustimmen. Karikaturen werden häufig reduziert zu einer Übung, um Interesse an einem bestimmten historischen Ereignis zu wecken oder zum schmückenden und/oder originellen und/oder unterhaltsamen Beiwerk. Die Literatur zu Karikatur als Quelle[5] bzw. zum Themenkomplex Karikatur & Unterricht[6] scheint wenig Beachtung zu finden, man orientiert sich am im weitesten Sinn Originellen und/oder an Klassikern. Allerdings sind selbst Klassiker wie Tenniels “Dropping the Pilot” (Punch, 29.3.1890)[7] bei genauem Hinsehen nicht so ohne – denn der im Deutschen gebräuchliche Titel “Der Lotse verlässt das Schiff” fügt (zumindest) eine neue Bedeutungsnuance hinzu, die man diskutieren müsste.

  1. Es gab zahlreiche Zeitschriften, die “Punch” im Titel hatten, und einige, die “Charivari” als Titel oder Nebentitel hatten – aber das würde zu weit führen.
  2. Der Rahmen um die ganzseitige Karikatur und die gerahmte Kopfzeile sind typisch für das Punch-Layout auf Seiten, die ganzseitige Karikaturen enthalten.
  3. Bismarck hatte das Gut Varzin 1867 erworben, wo er zahlreiche Sommer verbrachte.
  4. Einer Karikatur auf der Spur: die Online-Suche Schritt für Schritt. Veröffentlicht am 9. März 2014 von <abgerufen am 10.3.2014>
  5. Vgl. die kursorischen Bemerkungen im Kapitel “Bilderbogen, Karikatur und illustrierte Zeitschrift” in: Christine Brocks: Bildquellen der Neuzeit (Historische Quellen Interpretieren;  Stuttgart: UTB 2012) 43-64.
  6. z.B. Hans-Jürgen Pandel: “Karikaturen. Gezeichnete Kommentare und visuelle Leitartikel.” In: Hans-Jürgen Pandel/Gerhard Schneider (Hg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. (Schwalbach/Ts. 2005) 255-276; Politik und Unterricht Heft 3-4/2005 “Gegen den Strich. Karikaturen zu zehn Themen” (2005) [pdf online]; das Heft 18 “Politische Karikaturen” der Zeitschrift Geschichte Lernen, besonders: Wolfgang Marienfeld: “Politische Karikaturen.” In: Geschichte Lernen „Politische Karikaturen“, Heft 18 (1990), S. 13-21. – und der ‘Klassiker’: Dietrich Grünewald, Karikatur im Unterricht: Geschichte, Analysen, Schulpraxis (Weinheim/Basel : Beltz, 1979).
  7. Zu Tenniels Karikatur und einigen Zitaten dieses Bildes s. Hans-Jürgen Smula: “‘Der Lotse geht von Bord’ Karikatur als historisches Zitat.” In: Geschichte lernen Heft 18 (1990) 45-52.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1375

Weiterlesen

Der Wahn vom Wiederholen der Geschichte – Deutschlands Nationalisten 1919-1945

Von Stefan Sasse

Waffenstillstandsuntersuchung in Compiègne 1918
Der Erste Weltkrieg war ein einschneidendes Ereignis. Das alte Kaiserreich, das sich als eine klare Klassengesellschaft empfand, würde an seinem Ende einer zunehmenden Auflösung entgegensehen. Diese Auflösung bereitete den Raum für die Modernisierungswelle der 1920er Jahre, als deren Gegner sich viele Rechtsextreme - vor allem, aber bei weitem nicht nur die NSDAP - definierten. Die spätere Gegnerschaft vieler Konservativer zu der deutschen Republik speiste sich aus dem diffusen Wunsch heraus, in die "gute alte Zeit" zurückzukehren und das, was man als Fehler wahrnahm, zu korrigieren. Dazu gehörte auch das Ergebnis des Ersten Weltkriegs, das man als Unfall wahrnahm, als etwas, das nicht hätte passieren dürfen. Diese Einstellung teilten die Konservativen mit ihren linken und liberalen Opponenten, obgleich diese den Konflikt als solchen als Fehler betrachteten. Die Konservativen dagegen dachten den Krieg von seinem Ende her. 

Die anfängliche Begeisterung der SPD für den Konflikt, die sich aus der Gegnerschaft zum autokratischen, zaristischen Russland gespeist hatte, machte schnell der Ernüchterung Platz. Die  Partei gehörte zu den vorderen Akteuren eines Friedensversuchs, besonders, wenn man die sich 1917 abspaltende USPD weiter hinzuzählen möchte - eines Friedens ohne Sieger und ohne Besiegte. Die Linke betrachtete den kompletten Krieg als eine unbedingt zu stoppende Katastrophe für alle Beteiligten. Ganz anders sahen es die Konservativen. Für ihre Sicht der Dinge kann Kuno Graf von Westarp von der Deutsch-Konservativen Partei in seiner Reichstagsrede vom 19.07.1917 als exemplarisch gelten:  
Den heldenhaften Taten unserer Truppen zu Lande und Wasser wird der volle Sieg beschieden sein. Gebiete von der Größe des Deutschen Reiches sind mit dem Blut unserer Brüder und Söhne gewonnen. An den ehernen Mauern weit in Feindesland wird wie bisher jeder Anprall einer Welt von Feinden zerschellen. Dem bevorstehenden feindlichen Ansturm, in dem Flandern das Losungswort heißt, werden wir standhalten. Unsere U-Boote fügen England, das die ganze Welt gegen uns ins Geld führt, Monat für Monat, unüberwindlich und unabwendbar, einen Schaden zu, den es auf Dauer nicht ertragen wird. Auf das Urteil unserer Heerführer gestützt, erwarten wir mit der unerschütterlichen Zuversicht den vollen Sieg unserer Waffen. Ihm allein werden wir den Frieden verdanken. Bis er eintritt, muss, will und kann unser Volk aller Entbehrungen, aller Schwierigkeiten unserer wirtschaftlichen Lage Herr werden.
Zu Friedensverhandlungen wird Deutschland bereit sein, sobald die Feinde unter uneingeschränktem Verzicht auf ihre Forderungen zwangsweiser Gebietserwerbungen und Entschädigungen sie anbieten. Dann wird es die Aufgabe sein, den Frieden so zu gestalten, dass er Deutschland und seinen Verbündeten Dasein, Zukunft und Entwicklungsfreiheit wirksam sichert. Unsere Grenzmarken müssen für alle Zeiten besser geschützt sein; Ostpreußen darf nicht wieder den Gräueln eines Russeneinfalls ausgesetzt werden. An unseren stets vertretenen Auffassungen über das, was der Friede dem deutschen Vaterlande bringen soll, halten wir auch heute unbeirrt fest.
Durch Verständigung, die allein auf dem guten Willen der Feinde beruht, lassen sich diese Ziele nicht erreichen. Von entscheidender Bedeutung für die Gestaltung des Friedens wird die militärische Lage sein, wie sie sich zur Stunde der Verhandlungen gestaltet haben wird.
Waffenstillstandsunterzeichnung in Compiègne, 1940
Für die Konservativen war klar, dass die bisherigen Opfer es beinahe zwangsläufig erforderten, dass eine Art von Ertrag gegenübersteht, andernfalls könne es keinen Frieden geben. Sie blendeten dabei bewusst aus, dass die Gegenseite ebenfalls Opfer zu beklagen hatte und vermutlich ebenso wenig ohne Ergebnis wegkommen wollte; die einzige Friedensinitiative, die überhaupt eine Chance haben konnte, war die eines Status-quo-Friedens. Den allerdings lehnte man entschieden ab. Dies führte zu der Dynamik, dass ein Land immer dann Friedensofferten machte, wenn - in den Worten Westarps - sich "die militärische Lage entsprechend gestaltet" hatte, das heißt wenn man sich auf der Gewinnerseite fühlte. Natürlich lehnte die jeweils andere Seite dann in der Erwartung einer baldigen Wendung des Kampfgeschehens ab. Die Stunde für Friedensverhandlungen kam daher erst spät: 
In dürren Worten wurde [… ] der Reichsregierung mitgeteilt, dass die OHL, nachdem die Ereignisse in der Heimat dem Heer die Rückensicherung genommen haben, nicht mehr über die Möglichkeit verfüge, die Waffenstillstandsforderungen abzulehnen oder mit der Waffe eine Verbesserung der Lage zu erzwingen. Die Regierung zog die Folgerungen  und nahm die Bedingungen an.
Die Heeresleitung stellte sich bewusst auf den Standpunkt, die Verantwortung für den Waffenstillstand und alle späteren Schritte von sich zu weisen. Sie tat dies, streng juristisch gesehen, nur mit bedingtem Recht, aber es kam mir und meinen Mitarbeitern darauf an, die Waffe blank und den Generalstab für die Zukunft unbelastet zu erhalten. Ich bin aber auch heute noch der Überzeugung, dass wir ohne Revolution im Inneren an den Grenzen hätten Widerstand leisten können; ob die Nerven der Heimat noch durchgehalten hätten, erscheint mit sehr zweifelhaft; militärisch war sie denkbar. Zum letzten Kampf braucht man eine Heimat, die hinter dem Heer steht; unter diesen Voraussetzungen konnten wir versuchen, bessere Bedingungen zu erzwingen.
So wie sich aber in Wirklichkeit die Dinge im November gestaltet hatten, war eine Änderung der Lage durch das Heer nicht mehr herbeizuführen. Wenn nach dem Kriege Stimmen laut wurden, die meinten, das Heer hätte sich noch Monate, sei es in der – nicht ausgebauten – Antwerpen-Maas-Stellung, sei es weiter rückwärts, halten können, so muss ich das als Wunschtraum bezeichnen. Es blieb uns keine Wahl: Am 11. Wurde in Compiègne unterzeichnet, mittags 11,55 trat Waffenruhe ein.
Wilhelm Groener 1928
Diese Einschätzung Wilhelm Groeners anlässlich des Hochverratsprozesses gegen Friedrich Ebert zeigt deutlich die Befürchtungen des Militärs auf: eine Revolution im Inneren, gespeist durch die Unzufriedenheit an der Heimatfront. In einer völligen Verklärung der Tatsachen entstand unter den Rechten schnell der Mythos, dass die Armee selbst noch hätte weiterkämpfen können (Groeners obige Aussage tat da wenig), wenn die Heimat nur mitgemacht hätte, und dass ein Sieg erreichbar gewesen wäre. Aus dem Gefühl des Verratenwerdens speiste sich denn die Dolchstoßlegende, nach der es die Sozialdemokraten (und andere demokratische Elemente) gewesen seien, die einem eigentlich siegreichen Heer den "Dolchstoß in den Rücken" verpasst hätten. 

Die Lehre für die Linken aus diesem Debakel war relativ klar: der Krieg hätte nie gekämpft werden dürfen, und man müsse in Zukunft solche Kriege verhindern, am besten durch internationale Systeme. Diese Position war von Anfang an dadurch kompromittiert, dass Ebert selbst in seiner Rede an die heimkehrenden Soldaten ("niemand hat euch bezwungen") den rechten Mythos gestärkt hatte und dass die Linken den Versailler Vertrag ebenfalls als Ungerechtigkeit empfanden und ihn revidieren wollten; ein Ziel, das die Rechte naturgemäß authentischer und nachdrücklicher vertreten konnte, was die Linke in dieser Frage permanent in die Defensive drängte und auch Enthüllungen wie die über die geheime und illegale Aufrüstung der Reichswehr ohne großes Echo ließ. 

Die Rechten dagegen zogen eine völlig andere Lehre aus dem Debakel. Für sie spielte der Anfang des Krieges bald nur noch aus Legitimationsgründen eine Rolle: Man wollte unbedingt den Kriegsschuldparagraphen des Versailler Vertrags widerlegen, der dessen Kern und Achse darstellte. Viel wichtiger aber erschien es, die Ergebnisse des Krieges zu revidieren und ihn dann noch einmal, dieses Mal aber "richtig", auszufechten. Es ging schlichtweg darum, das Ergebnis des Ersten Weltkriegs dadurch ungeschehen zu machen, dass man einen weiteren Konflikt siegreich beendete. 

Kuno von Westarp
Um dies tun zu können, sah man diverse Dinge als notwendig an. Diese konstitutierten gewissermaßen den Kern der gesamten Rechten, über den sie sich einig war (in den Alternativen waren die Unterschiede deutlich drastischer). Dazu gehörten:

1) Ablehnung der pluralistischen Gesellschaft. Eine Gesellschaft mit dem, was man heute als Menschen- und Bürgerrechte ansieht (freie Meinungsäußerung, politische Mitbestimmung, etc.) wurde als einer der Kerngründe für den Verfall der Moral an der Heimatfront ausgemacht. Stattdessen strebten die Rechten Formen autoritärer Regierungen an, ob dies nun eine Rückkehr zu einer ständisch gegliederten Gesellschaft war (Konservative) oder die Errichtung einer Diktatur und einer radikal egalitären, aber ihrer Rechte beraubten "Volksgemeinschaft" (NSDAP) - die Demokratie galt allen als Wurzel des Übels. 

2) Notwendigkeit von Propaganda. Die Propaganda des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg war in den Augen der Rechten nicht in der Lage gewesen, die notwendige Mobilisierung zu gewährleisten. Dem liegt ein wahrer Kern zugrunde; die kaiserliche Propagandamaschinerie war ihren alliierten Gegenstücken tatsächlich kreativ deutlich unterlegen gewesen. Die Rechte sah es als von Anfang an, auch in Friedenszeiten, notwendig, die öffentliche Meinung kontrollierter Propaganda zu unterwerfen und so den Pazifismus auszutreiben.  

3) Totale Mobilisierung. Anstatt den Staat als ein im Kern ziviles Instrumentarium beizubehalten, sollten sämtliche Organe dem Kriegseinsatz unterworfen werden. Dies war die Vorstufe dessen, was die Nationalsozialisten später als "Totaler Krieg" bezeichnen (aber gleichwohl nicht vollständig umsetzen) würden. 

4) Bruch des Völkerrechts. Das Völkerrecht wurde als ernsthaftes Hindernis betrachtet. Dies schloss sowohl Vorstellungen wie "Neutralität" von Ländern mit ein, deren Ressourcen oder strategischer Lage man sich bemächtigen wollte als auch die Einhaltung von Genfer Konvention und Hager Landkriegsordnung. Für die Rechten war klar, dass ein zukünftiger Krieg ohne diese "Zivilisationskrankheiten" auskommen müsste. 

5) Vermeidung eines Zweifrontkriegs. Der gleichzeitige Kampf gegen Frankreich/England und Russland wurde als eine Hauptursache der schlussendlichen Niederlage betrachtet. Es schien daher notwendig, Frankreich/England als "härteste Nuss" in einem zukünftigen Konflikt außen vor zu halten, während man aus Brest-Litowsk die Schlussfolgerung zog, Russland leicht bezwingen zu können. Der spätere Verlauf des Zweiten Weltkriegs zeigte, wie irrig die Annahme war, dass sich die strategische Situation Russlands und Frankreichs seit 1914 effektiv nicht verändert habe. 

Verhandlungen in München, 1938
Diese Gedanken lagen dem Kern der Weltkriegsrezeption zugrunde. In ihrer Gesamtheit lesen die Konservativen und Rechtsextremen aus diesen Punkten eine Handlungsanweisung heraus. Anstatt ihre Energie ähnlich den Linken in die Vermeidung eines künftigen Krieges zu investieren, ist ihre Absicht, die Kriegsziele, wie sie sich im Ersten Weltkrieg (und, im Falle der Alldeutschen, schon deutlich zuvor) herausgebildet hatten, durch einen erneuten Konflikt durchzusetzen, welcher dieses Mal unter Vermeidung der Fehler des Ersten Weltkriegs durchgeführt werden sollte. 

Es ist wohl Konsens zu sagen, dass sich in der Weimarer Republik zwar weder das linke noch das rechte Narrativ vollständig durchsetzen konnten; gleichwohl war die Vorstellung einer Revision des Versailler Vertrags wesentlich zu attraktiv für viele Deutsche, war ihre Verachtung für alles Östliche zu groß, als dass sie eine große Widerstandskraft gegen diese Vorstellungen hätten aufbringen können oder wollen. Während also keinesfalls große Begeisterung über den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs folgte, weil man eine Wiederholung des Ersten befürchtete, so stellte sich diese Begeisterung - und mit ihr eine nachträgliche Legitimierung des rechten Narrativs - nach den "Blitzsiegen" der Jahre 1939 und 1940 ein, die sämtliche Befürchtungen als falsche und überängstliche Panikmache zu denunzieren schienen. 

Straße in Berlin, 1945
Erst als der Zweite Weltkrieg sich für die Deutschen selbst zu einer immer größeren und deutlicheren Horrorvorstellung entwickelte, fand endlich, mit über 30 Jahren Verspätung, der moralische Bankrott jener Eliten statt, die ihre falschen Schlüsse bereits aus dem Ersten Weltkrieg gezogen hatten. Krieg als Mittel der Politik und eine Verachtung für parteipolitischen Parlamentarismus wichen einer tief verinnerlichten Aversion gegen das militärische Interventionen und autoritären Regierungsstilen. Hätten  die Deutschen und ihre Eliten diese Schlüsse bereits 1918/19 gezogen, so wäre den Deutschen wie der Welt viel Leid erspart geblieben. 


Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2014/03/der-wahn-vom-wiederholen-der-geschichte.html

Weiterlesen

Konkretes Abbild oder abstrakte Vorstellung? Zur Interpretation des Wappenfrieses im Festsaal des Kardinals Gaillard de La Motte in Avignon (Les fastes du cardinal Gaillard de La Motte)

Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte wurde im Jahr 1334 die Stadt Avignon zum Austragungsort einer Papstwahl, obwohl bereits 25 Jahre zuvor unter Clemens V. die päpstliche Residenz dorthin verlegt worden war. Seinem Neffen, dem ebenfalls aus Bordeaux stammenden Gaillard de La Motte wurde als Kardinal und Apostolischer Protonotar die Ehre zuteil, den erwählten Benedikt XII. im Januar 1335 zum Papst zu krönen und damit in sein Amt einzuführen. Der Kardinal besaß einen noblen Stadtwohnsitz in der Rue du Collége in Avignon, unweit des späteren Papstpalastes gelegen. Innerhalb des Stadtwohnsitzes des Kardinals Gaillard de La Motte befindet sich ein Festsaal, welcher der Zeit gemäß üppig ausgemalt ist und Vergleiche mit anderen Wandbemalungen des 14. Jahrhunderts nicht zu scheuen braucht. Die bildlichen Darstellungen des 140 m² großen Saals zeigen eine Vielzahl von wilden Tieren, von denen sich die meisten auf der Flucht befinden. Bei diesem sogenannten Jagdfries steht die Hirschhatz als Königsdisziplin der adligen Hochwildjagd für den Betrachter im Mittelpunkt. Dieses Bildprogramm wird in einem engen Zusammenhang zur Raumnutzung gesehen, indem die vorgestellten Wildtierarten zum einen konkret auf die im Festsaal dargereichten Speisen verweisen, zum anderen aber auch generell die elitären Gäste in einem standesgemäßen, repräsentativen Rahmen in Szene setzen könnten. […]

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/954

Weiterlesen

Fundstücke

Von Stefan Sasse

- Immer wieder lustig: 26 Vorhersagen, die nicht eingetroffen sind (Englisch). Mein Liebling: der atombetriebene Staubsauger. 

- Wir haben Karlsjahr. Aber warum? Die FAZ erklärt. 

- Deutsche Historiker fordern einen Gedenktag zum Ersten Weltkrieg. Kaum zu glauben, aber ich stimme Wehler zu. 

- Herfried Münkler hat ein brillantes Interview zum Ersten Weltkrieg.

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2014/03/fundstucke_10.html

Weiterlesen

Anders als geplant: Und was machst du so, Anna*?

Bereits 2013 haben wir euch fünf unterschiedliche Absolvent_innen vorgestellt. In der Rubrik „Und was machst du so?“ erzählten Angelika, Daniela, Eva-Maria, Katina und Michael von ihrem Studium und von ihrem anschließenden Berufseinstieg. Noch beflügelt von den positiven Berichten unserer Interviewpartner_innen … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/6118

Weiterlesen

Delegitimation eines linken Verlages …

Offener Brief von Markus Mohr

Der LAIKA-Verlag hat mit einer Pressemitteilung (PDF) vom 25. Februar 2014 anlässlich der Buchmesse in Leipzig für den 15. März zu einer Podiumsdiskussion zum Thema »Antifaschismus als Feindbild« eingeladen. Der Titel spielt auf ein vom Verlag dankenswerter Weise jüngst publiziertes Buch zum Zwecke der Solidarität mit dem durch die sächsische Justiz kriminalisierten Pfarrer Lothar König an. Zu den Eingeladenen der Podiumsdiskussion zählt auch die rund ein Jahrzehnt bis Ende Mai 2013 amtierende Leiterin der Abteilung Verfassungsschutz (VS) aus dem Innenministerium des Landes Brandenburg Frau Winfriede Schreiber.

Dem LAIKA-Verlag ist natürlich bekannt,

  • dass der VS Brandenburg über Jahre hinweg den vom ehemaligen Generalbundesanwalt Wolfgang Pfaff angeworbenen Neofaschisten Carsten Szczepanski unter dem Decknamen „Piato“ auf seiner Lohnliste geführt hat. Szczepanski war am 13. Februar 1995 vom Landgericht Frankfurt / Oder wegen Beihilfe zu versuchten Mord an dem nigerianischen Flüchtling Steve Erinhi zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden.
  • dass der Neofaschist Szczepanski in den Jahren zwischen 1994 bis 1998 mit dem Mitarbeiter des VS Brandenburg Herrn Gordian Meyer-Plath in excellenter Weise zusammengearbeitet hat. Beide haben sich in mehr als 30 Treffen geduzt oder um es mit den Worten des V-Mann-Führers Meyer-Plath zu sagen: „Hier hat alles gepasst …”
  • dass der VS Brandenburg mit Hilfe von Falschbehauptungen gegenüber den Justizbehörden eine vorzeitige Freilassung von Szczepanski erreicht hat, um ihn danach als Beisitzer im NPD-Landesvorstand und Leiter des Ordnungsdienstes dieser Partei finanziell großzügig zu alimentieren.
  • dass es dem VS Brandenburg gelungen ist Szczepanski im Chemnitzer Netzwerk der NSU-Unterstützer um Sachsens Blood & Honour-Sektionschef Jan Werner, der Vertrauensperson des Berliner Landeskriminalamtes Thomas Starke sowie Antje Probst, der Eigentümerin einer Nazi-Devotionalienfirma, erfolgreich zu integrieren.
  • dass der Duz-Kumpel von „Piato“ Herr Meyer-Plath noch als Referatsleiter Rechtsextremismus Anfang September 2010 für die lokale Neofaschistenszene in Strausberg bei Berlin eine Fortbildungsveranstaltung durchgeführt hat, um sich auch so für den Posten des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen zu qualifizieren, das er ab August 2013 ausübt
  • dass der VS Brandenburg in der Amtszeit von Frau Schreiber die links-alternativen Wohnprojekte Inwole e.V. aus Potsdam, das JugendWohnProjekt (JWP) „MittenDrin“ aus Neuruppin und die Punkband Krachakne in der Öffentlichkeit als „linksextremistisch“ und „gewaltbereit“ in Verruf gebracht hat – mit zum Teil negativen Konsequenzen was den Zufluss staatlicher Gelder für die Jugendarbeit betrifft.
  • dass von Frau Schreiber gegen Ende ihrer Amtszeit mit dem sogenannten „Extremographen“ eine Landkarte Brandenburgs erstellt worden ist, in der autonome Gruppen und Ortsgruppen der Roten Hilfe an die Seite von neofaschistischen Organisationen gestellt und visualisiert werden.
  • dass auch in Folge dieser Verrufspraxis mittlerweile gegen den Landtagsabgeordneten der Partei die Linke Norbert Müller in der Öffentlichkeit ein Kesseltreiben wegen seiner Mitgliedschaft in der Roten Hilfe betrieben wird.
  • dass die Leiterin des VS Brandenburg a. D. Frau Schreiber eine prominente Spielerin im Zitierkartell des Verfassungsschutzprofessors Armin Pfahl-Traughber ist. Dieser hat im Jahre 2010 das Buch: „Offener Demokratieschutz in einer offenen Gesellschaft. Öffentlichkeitsarbeit und Prävention als Instrumente des Verfassungsschutzes“ herausgegeben. Mit dieser programmatischen Schrift, inklusive eines Aufsatzes von Frau Schreiber, wird aktuell das Neuarrangement der VS-Behörden nach den „Irritationen“ begründet, die man dort wohl nach dem auffliegen der NSU-Mordserie empfindet. In diesem Bezug weiß Frau Schreiber nur zu gut, worin der eigentliche Sinn in der öffentlichen Verwendung  der Manipulationsformeln eines Verfassungsschutzes „zum Anfassen“ oder eines „Verfassungsschutzes durch Aufklärung“ liegt: Sie dienen allerdings dazu die operative Eindringtiefe dieser irregulär arbeitenden Institution der inneren Sicherheit in die Gesellschaft weiter zu erhöhen.

Und doch hat sich der LAIKA-Verlag dazu entschlossen mit Frau Schreiber ein, so hat es mir der Geschäftsführer Karl-Heinz Dellwo auf Anfrage erklärt, „kritisches“ Gespräch zu führen. Das ist zulässig, jeder Beamte der Verfassungsschutzbehörden in der Bundesrepublik wird das bestätigen. Was sich die als VS-Funktionärin sowieso irregulär wie intransparent argumentierende Frau Schreiber von der besagten Veranstaltung des LAIKA-Verlages erhofft, kann schon jetzt als bekannt vorausgesetzt werden. Und auf die Frage danach, ob denn der Antifaschismus „kriminell“ ist wird sie natürlich antworten: „Sofern der sich immer nach den jeweiligen Anordnungen des Einsatzleiters der Polizei richtet, iwo!“  Kurz: Mit einem harmlosen Antifaschismus hat auch Frau Schreiber kein Problem und die umsichtige staatliche Verwaltung des Neofaschismus wird sie sich auch in der Zukunft sowieso von niemanden streitig machen lassen.

Warum aber nur will der LAIKA-Verlag seinem Publikum solche VS-Binsen zumuten? Was – bitte schön – verspricht er sich von der geplanten Integration einer VS-Funktionärin in einer Veranstaltung ausgerechnet zum Thema Antifaschismus? Will er womöglich, um hier einmal K.H. Dellwo mit einer schmackigen Aussage aus einem Statement Anfang Oktober 2013 anlässlich der Buchmesse in Frankfurt zu zitieren „die Leute systemkompatibel ins Grab (…) bringen bevor sie den allumfassenden Betrug an ihrem Leben begreifen“?

Kurz: Eine rationale Diskussion mit VS-Beschäftigten ist schon alleine deshalb eine logische Unmöglichkeit, da sie qua ihrer Institution in jeder Weise dazu ermächtigt sind, bei Bedarf  zu tricksen, zu täuschen, zu manipulieren, zu betrügen und zu lügen. Das und nichts anderes ist noch immer die handfeste Theorie wie Praxis eines Geheimdienstes.

Bei allem Respekt vor warmen Reputationssehnsüchten und notwendig abgewichsten Businessinteressen des LAIKA-Verlages: Die Entscheidung Frau Schreiber eine Bühne zur Propagierung ihrer Manipulationsformeln zur Praxis ihres VS zu eröffnen, ist in einem politischen Sinne in jeder nur erdenklichen Art und Weise falsch – sofern  man sie an die allerdings zu stellenden Ansprüche an einen sich selbst als „links“ etikettierenden Verlag misst. Wie man es auch dreht und wendet: Dieser Angelegenheit ist beim besten Willen kein Humor abzugewinnen.

Markus Mohr, Hamburg, den 10. März 2014

Markus Mohr ist u.a. Herausgeber des Buchprojektes „bambule – Zur Geschichte der Roten Hilfe in der BRD“ im LAIKA Verlag.


Einsortiert unter:Erfahrungen, Geschichtspolitik, Historiker, Interna, Linke Debatte, Medien, Meinung

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/03/10/delegitimation-eines-linken-verlages/

Weiterlesen