Hype(r), Hype(r) – oder wie wir lernten, mit der Enttäuschung zu leben.

Arno Görgen*,  Rudolf Inderst** und Eugen Pfister*** im Gespräch mit Stefam Heinrich Simond****

 

On écrit l’année 1900. C’est la fin d’un siècle. In China wütet der Boxeraufstand, im Süden Afrikas kämpfen die Buren gegen die Kolonialmächte. Doch von diesen blutigen Auseinandersetzungen ist im Paris der Jahrhundertwende wenig zu spüren. Die Stadt ist elektrisiert, eine Weltausstellung feiert die französische Republik und den technischen Fortschritt der westlichen Welt. Wir befinden uns auf dem Marsfeld am Eingang zum erhabenen, mächtigen Palais de l’Electricité. Drei Herren, Akademiker ohne Zweifel, erkennt man sie doch an ihrem zwar bürgerlichen, aber etwas schäbigen Zwirn, grüßen einander.

AG: Seid gegrüßt, meine Herren, oder wie man hier wohl sagt: Bonjour messieurs!

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Quelle: http://spielkult.hypotheses.org/1489

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„In the past all history has been made by men“ – Assassin᾽s Creed Syndicate: Ein Wendepunkt in der Darstellung weiblicher Charaktere in digitalen Spielen?

Im Wintersemester 2016/2017 habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Andreas Obenaus zum nun zweiten Mal an der Universität Wien einen Kurs zu Mythen im Digitalen Spiel gehalten.  Drei der abgegebenen Abschlussarbeiten haben mir dabei so gut gefallen, dass ich den StudentInnen angeboten habe, eine überarbeitete Version als Gastbeitrag auf meinem Blog zu publizieren. Es ist mir eine große Freude als zweiten Beitrag einen Essay von Michaela Fröhlich und Joachim Schultes zum wechselnden Frauenbild in der Assassin’s Creed Reihe vorstellen zu dürfen. [Anmerkung: Beim Anfangstitel handelt es sich um ein unvollständiges Zitat Simone de Beauvoirs: „… for the present enshrines the past—and in the past all history has been made by men.“ ] (Eugen Pfister)

von Michaela Fröhlich* und Joachim Schultes**

Digitale Spiele spiegeln nicht nur unsere Gesellschaft wider, sie sind aktiv an deren Entstehung, Veränderung und Weiterführung beteiligt. So werden in digitalen Spielen auch Genderstereotypen, verbreitet und gefestigt. Es handelt sich dabei also um ein Medium durch das politische und/oder gesellschaftliche Botschaften (Mythos-Begriff nach Barthes[1]) Eingang in den Alltag finden und dabei als „natürliche“ Gegebenheiten tarnen. Ein solcher Mythos[2] lässt sich auch bei der Darstellung von Frauen in digitalen Spielen erkennen, die für gewöhnlich übermäßig sexualisiert und  passiv dargestellt und charakterisiert wurden.



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Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/1447

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„Wie es wirklich war.“ – Wider die Authentizitätsdebatte im digitalen Spiel

Wer sich sowohl für Geschichte als auch für digitale Spiele interessiert, fragt beim Spielen historischer Szenarien notgedrungen irgendwann danach, wie authentisch diese im Spiel eigentlich umgesetzt wurden: War das damals wirklich so – während der Kreuzzüge, im Zweiten Weltkrieg, im alten Rom? Die Antwort fällt nicht weiter schwer: Nein. Nein, es war damals nicht so, sondern anders.

Im folgenden möchte ich argumentieren, warum es grundsätzlich falsch ist, die Frage nach der Authentizität historischer Spiele zu stellen, denn sie fußt auf einem fehlgeleiteten Verständnis von Geschichte und Geschichtsforschung. Sie versteht die Vergangenheit als eine feste, unveränderliche Größe, mit welcher sich moderne, ludische Interpretationen vergleichen lassen.  Auch wir HistorikerInnen sind nicht davor gefeit, in diese Falle zu tappen. Es ist ja auch zu verlockend, seufzend – zugleich aber kaum ein Lächeln verhehlend – aus einer erhabenen Position als WissenschaftlerIn heraus auf augenscheinliche Anachronismen und Fehler hinzuweisen. Die SS-Ritter mit Schwert und kugelabweisender Rüstung in Medal of Honour: Underground ? Eher nicht.

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Quelle: https://gespielt.hypotheses.org/1334

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Mythos und Funktion von Rassismus in BioShock Infinite

Im Wintersemester 2016/2017 habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Andreas Obenaus zum nun zweiten M...

Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/1417

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Überwachen und Strafen im digitalen Spiel

von Andreas Enderlin*

 

Keine Waffen in der Stadt! Schon das antike Pomerium verhinderte eine solche Übertretung und bildete somit eine symbolische Barriere gegen den Regelbruch, die Vorschriftsübertretung. Dass Waffen somit auch im digitalen Spiel häufig in Städten verboten sind, fühlt sich demnach nicht unnatürlich an, eine nachvollziehbare Regel, die auf verschiedene Weisen wachgerufen und durchgesetzt wird. So auch in der Early Access Phase des im Mittelalter des 14. Jahrhunderts angesiedelten „The Black Death“ [i]. Der unfertige Entwicklungszustand eignet sich hervorragend um zu erkennen, dass bereits einige Spielregen mit Priorität festgelegt und implementiert wurden, beispielsweise das besagte Waffenverbot. Während die Kühe der umliegenden Gegend noch aus „exotischem Fleisch“ bestehen und als Spielfehler unter die Kategorie „unfertiger Spielinhalt“ fallen, nahm die Stadt, anders als der lokale Rinderbestand, als Ort des Gesetzes und der waffenfreien Zone scheinbar einen Aspekt mit höherer Priorität. Zückt man eine Waffe nahe der Stadtwache, gibt einem diese prompt zu verstehen, dass man besser keinen Ärger machen sollte. Vorerst bleibt es bei verbalen Warnungen, sobald man ein Messer, ja schon einen Stock schwingt, werden die Hüter des Gesetzes ungemütlich und man segnet bald das Zeitliche.

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Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/1370

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Kapitel VII, in welchem die Herren Görgen, Huberts, Inderst und Pfister eine Geschichte von der Armut im Spiel erzählen

Arno Görgen*,  Rudolf Inderst** und Eugen Pfister im Gespräch mit Christian Huberts***

 

[Auftritt Arno Görgen und Eugen Pfister. In einem schäbigen Londoner Wirtshaus “Zum Bullen” wirken die zwei fein gekleideten Gentlemen merkwürdig deplaziert. Da hilft es auch nicht, als sie sich bemühen einen möglichst “authentischen” Slang zu simulieren:]

„Das is wohl das Gepäck von deinem Freund, Eugen?“ fragte Mr. Görgen den jungen Pfister, als dieser mit einer Reisetasche und einem kleinen Mantelsack den Hof des Gasthauses „Zum Ochsen“ in Whitechapel betrat.
„Was denn sonst?“ erwiderte Pfister, legte seine Bürde auf dem Hofe ab und setzte sich darauf. „Der Gouverneur wird sofort erscheinen.

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Quelle: http://spielkult.hypotheses.org/1354

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Red Faction Guerrilla – Protest, Revolte und Revolution in und mit digitalen Spielen

von Clemens Reisner*

 

Digitale Spiele zu spielen, heißt oftmals, und insbesondere wenn es sich um Actionspiele handelt, sich im Abwehrkampf zu üben. Schon seit Space Invaders gilt das Prinzip, dass es dann am Spannendsten wird wenn gegen eine drückende aber eben nur scheinbar unbesiegbare Übermacht anzugehen ist. Der Abwehrkampf ist aber noch nicht unbedingt gleichbedeutend mit Protest und schon gar nicht mit Revolte oder Revolution. Im Gegensatz zur Reform, der es um systemimmanenten Umbau geht und dem Protest der auf Missstände bloß hinweist, ist es der Revolte und Revolution darum bestellt sich außerhalb eines als defizitär und dysfunktional wahrgenommenen Systems zu stellen, es zu stören oder zum Stocken zu bringen um es schließlich ganz überwinden zu können. Es gilt also

(…) daß jeder revolutionären Erschütterung ein gesellschaftliches Bedürfnis zugrunde liegen muß, dessen Befriedigung durch überlebte Einrichtungen verhindert wird.“[1]

Es liegt auf der Hand, dass es bei alldem wesentlich darauf ankommt was von wem wie als ausreichend defizitär oder dysfunktional definiert wird um seine gewaltsame Beseitigung zu rechtfertigen.[2] Die hier genannten Begriffe des Protests, der Revolte und der Revolution sind aus diesem Grund schillernd, notorisch unscharf und nur schwer zu abstrahieren.

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Quelle: http://spielkult.hypotheses.org/1289

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Das Unspielbare spielen – Imaginationen des Holocaust in Digitalen Spielen

von Eugen Pfister

 

„Sucht man heute nach Romanen, Filmen oder Theaterstücke, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus und insbesondere mit dem Holocaust auseinandersetzen, wird man rasch fündig: Fast jedes Jahr erscheinen neue Filme, die immer wieder neue Wege suchen den Holocaust zu erzählen.[1] Sucht man jedoch parallel dazu nach einem aktuellen digitalen Spiel,[2] welches den Holocaust imaginiert, gestaltet sich die Suche schon weitaus schwieriger – wenn nicht gar als ganz unmöglich.[3] Ist das Unterhaltungsmedium Spiel ungeeignet, die ethischen und moralischen Fragen des Themas verantwortungsvoll aufgreifen zu können? Ein oft wiederholter Einwand war und ist, dass digitale Spiele nie Kunst sein können und ihnen daher die Würde fehle, um die Verbrechen des Nationalsozialismus adäquat zu kommunizieren. Der Journalist Jordan Hoffman fasste diese Auffassung 2013 in einem Artikel für die ‚Times of Israel‘ plakativ zusammen: ‚Where the line of decency is drawn is somewhat dependent on whether you consider video games art, storytelling or a braindead way to kill time, blasting pixels in increasingly gross ways while memorizing movement patterns‘[4]

Zuletzt wurden aber immer öfter Stimmen hörbar, die eine Auseinandersetzung darüber verlangten, wie Erinnerung an den Holocaust an eine nächste, digitale Generation zu kommunizieren sei. So eröffnete die Historikerin Steffi de Jong von der Universität Köln im Dezember 2015 die Tagung „Digitale Wege gehen? Vom Add-On zur digitalen Lernumgebung in Gedenkstätten und Erinnerungsorten“ mit einem Vortrag, in welchem sie explizit auf das Potenzial von Social Media, digitalen Spielen und holographischen Zeitzeugeninterviews hinwies:

 ‚Generell sollte eine zukünftige Erinnerungskultur 3.

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Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/1235

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Achtung, Audiophiles Auditorium! Melodien für Polygone

Von der Ludomusikologie

Arno Görgen*, Rudolf Inderst** und Eugen Pfister im Gespräch mit Melanie Fritsch***

 

In einem gediegenen bürgerlichen Salon der 1920er Jahre. Der blaue Dunst von Zigaretten, Pfeifen und Zigarren wabert durch den elegant ausstaffierten Salon und lässt das satte Herrenzimmergrün der gemusterten Wände dort, wo es hinter den dunklen Regalen und der auf Seriosität bedachten Ahnenportraits hervorschimmert, zu einer gedankenvollen Fläche verschwimmen. Während sich in einer Ecke des Raumes auf einem flachen Podest ein Streichquartett ehrlich bemüht und einige Gäste die eigens durch Entmöbelung dafür vorgesehene Tanzfläche im enormen Licht der Kristallleuchter zum Walzen nutzen, gilt das Interesse einer kleinen Gruppe jedoch etwas anderem: Einem mattschwarz gebeizten Schrein mit einer Drehscheibe, der, offenbar etwas verschämt, auf einem Beistelltischchen in eine dunkle Ecke der benachbarten Antichambre geschoben wurde.

MF: Das Neueste vom Neuen, meine Herren, wie kann man einen solchen Schatz in der Ecke verstecken? Sehen Sie nur, es ist sogar elektrisch! [wedelt so aufgeregt mit ihrem Glas, dass ein Teil des offenbar in Schottland zum goldfarbigen Endprodukt gebrannten Inhalts auf den Boden schwappt]

AG: [neigt das Monokel in seiner Hand unmerklich in Richtung des Klangapparates] Verehrteste, dieser neumodische Mumpitz wird niemals obsiegen. Einer Musik die auf solchen Scheiben eingepresst wird, fehlt doch der Raum für die Seele!

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Quelle: http://spielkult.hypotheses.org/1186

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Videospiellokalisierungen und ihre (inter-)kulturellen Aspekte

Cola statt Alkohol / Frau statt Mann

von Dejan Lukovic*

Videospiellokalisierungen sind für die meisten Spieler_innen kein neues Phänomen. Inhaltliche, spielmechanische und ästhetische Veränderungen von Spielinhalten, ermöglichen es bestimmten Videospielen auf mehreren Märkten zu erscheinen. Gerade deutschen Spieler_innen wird aufgrund der strengen Regeln der USK die Realität verschiedener lokaler Versionen von Videospielen immer wieder ins Bewusstsein gerufen. Doch was steckt eigentlich hinter Videospiellokalisierungen? Wie können diese wissenschaftliche gefasst werden und welche (inter)-kulturellen Implikationen können in den verschiedenen Versionen analysieren?

Lokalisierung

Die – mittlerweile nicht mehr aktive – Localization Industry Standards Association (LISA), begreift Lokalisierung als „the process of modifying products or services to account for differences in distinct markets (including language and cultural differences)“.[1] Innerhalb der Translation Studies tut sich hier jedoch das Problem auf, dass sich eine solche breite Definition zu wenig vom Begriff der Translation abgrenzen würde.[2] Innerhalb eines akademischen Rahmens situiert sich der Begriff der Lokalisierung in den Translation Studies[3], wodurch er auch in einem Verhältnis zum Begriff der Translation steht[4], der in den Translation Studies breite kulturelle Aspekte miteinbezieht[5] und Lokalisierung somit subsumieren könnte[6]. Ursprünglich stammt Begriff Lokalisierung selbst aus der Software Industrie[7], die unter Translation die bloße Übersetzung von der Source Language in die Target Languages ohne kulturelle Implikationen versteht[8] und die Beschäftigung mit kulturellen Aspekten über den Begriff der Translation hinaus gegeben sieht[9], eben in der Lokalisierung[10].

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Quelle: http://spielkult.hypotheses.org/1165

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