Links zu 1848 und zur Politikgeschichte des 19. Jahrhunderts (1)

Schon zu lange hat dieses Blog keinerlei Linkliste – nicht weil das nicht von Anfang an als wünschenswert erschienen wäre, sondern weil der Vorsatz, noch weitere Links zu suchen, bislang der Veröffentlichung des schon Bekannten im Wege stand. Dabei soll es aber nicht länger bleiben. Daher hier eine erste Auswahl sowohl an Webseiten als auch an Blogs von Institutionen und Gruppen, die uns in der einen oder anderen Weise zu den Themen von „achtundvierzig“ relevant erscheinen.

Wer Seiten kennt – oder selbst betreibt! – die auf einer solchen Liste stehen sollten, hier aber nicht aufscheinen, ist herzlich eingeladen, über einen Kommentar Hinweise zu geben. Diese werden dann in einen Teil (2), und womöglich noch weitere, zu diesem Beitrag einfließen.

Blogs

Das 19. Jahrhundert in Perspektive

Eines von mehreren Blogs, die vom oder am Deutschen Historischen Institut in Paris betrieben werden – einer der Institutionen, die für die Initiierung von de.hypotheses.org und für dessen Betrieb maßgeblich waren und sind. Hier werden die Forschungsprojekte und Aktivitäten des DHIP zum 19. Jahrhundert vorgestellt, daneben auch Forschungsvorhaben anderer zur Geschichte Deutschlands, Frankreichs und Europas im 19. Jahrhundert. Außerdem werden Hinweise auf Veranstaltungen und Neuveröffentlichungen des Instituts und anderer Einrichtungen publiziert.

Actualité du XIXe siècle

Blog der Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle (siehe unten). Berichtet wird insbesondere über neue Publikationen, Abschlussarbeiten und Veranstaltungen in Frankreich, namentlich zur Geschichte der Revolutionen, aber auch zu zahlreichen anderen Aspekten der Geschichte dieser Zeit.

Revolution-francaise.fr

Das Blog der Société d’études robespierristes, Herausgeberin der vielleicht berühmtesten revolutionsgeschichtlichen Zeitschrift, der Annales historiques de la Révolution française. Natürlich überwiegend zu den Jahren 1789 ff., aber wer wollte auch nur für einen Augenblick behaupten, dass die für die Geschichte der Revolutionen im 19. Jahrhundert verzichtbar wären?

Webseiten

Société d’histoire de la Révolution de 1848 et des révolutions du XIXe siècle

Zweifellos in ganz Europa die ausgewiesenste und aktivste Gesellschaft speziell zur Erforschung der Revolution von 1848. Die Société besteht bereits seit 1904 unter wechselnden Namen. In jüngeren Jahrzehnten hat sich das Spektrum der in ihr vernetzten Forschungen zum 19. Jahrhundert vielfach erweitert, ohne freilich das zentrale Interesse an 1848 und den weiteren Stationen der „revolutionären Sequenz“ je aus dem Blick zu verlieren. Die wichtige Zeitschrift der Gesellschaft, die Revue d’histoire du XIXe siècle, ist erfreulicherweise zu großen Teilen online verfügbar.

Hambach-Gesellschaft

Die 1986 gegründete Gesellschaft trägt ihren Namen in Erinnerung an das berühmte Hambacher Fest von 1832. Sie widmet sich der Erforschung der liberalen und demokratischen Bewegungen in Deutschland, aber auch der Gegner der Demokratie, und bekennt sich dazu, dass „die Werte und Ziele des Hambacher Festes gelebt und immer wieder verinnerlicht werden müssen. Die europäische Einigung, eine dauerhafte Friedenssicherung und eine gerechte Sozialordnung sind nicht die Ergebnisse eines abgeschlossenen historischen Prozesses: Daran zu erinnern und für diese Werte einzutreten sind wichtige Ziele“. Hierzu wird neben der Organisation von Veranstaltungen unterschiedlicher Art die Zeitschrift Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft herausgegeben.

Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte

Die Erinnerungsstätte ist eine 1974 gegründete Außenstelle des Bundesarchivs in Rastatt, einem wichtigen Schauplatz revolutionärer Ereignisse besonders im Mai/Juni 1849. Neben der Revolution von 1848/49 beschäftigt sie sich insbesondere auch mit den Freiheitsbewegungen in der DDR und den Ereignissen von 1989. Zu beiden Themen kann dort eine Dauerausstellung besichtigt werden; zudem ist die Erinnerungsstätte Schauplatz von Vorträgen, versteht sich als politisches Diskussionsforum und ist als außerschulischer Lernort anerkannt.

demokratiegeschichte.eu

Die Seite präsentiert die Inhalte der vom Institut für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz konzipierten Ausstellung auf dem Hambacher Schloss, eine Reihe von biographischen Artikeln sowie weitere Informationen und Links zur Geschichte der Revolutionen und der Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland und Europa im 19. Jahrhundert.

Forum Vormärz Forschung

Das Forum widmet sich der Förderung der öffentlichen, wissenschaftlichen und literarischen Rezeption der Literatur des Vormärz. Gerade weil dabei auch besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang von gesellschaftlicher und literarischer Entwicklung gelegt wird, ist keineswegs nur für LiteraturwissenschaftlerInnen, sondern durchaus auch für HistorikerInnen viel Interessantes dabei.

 

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/191

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Wie hältst Du’s mit der Qualität? Gretchen online

Dieser Blogpost ist als Beitrag zur Vorbereitung der Tagung „Nachwuchs in den Geisteswissenschaften“ am 10. und 11. Juni am Deutschen Historischen Institut Paris gedacht, die die Frage nach den Folgen der digitalen Revolution auf den geisteswissenschaftlichen Nachwuchs stellt (#dhiha5). Am Ende der Veranstaltung soll ein gemeinsam von französischen und deutschen Nachwuchswissenschaftlern auf den Weg gebrachtes Manifest stehen.

Wie man ein solches Unternehmen vorbereitet? Mit einer Blogparade. Vier Themenbereiche:

1. Wie verändert die Digitalisierung unsere Forschungskultur?

2. Wie sollten Nachwuchswissenschaftler während des Studiums auf die Umbrüche vorbereitet werden?
3. Wie können die beiden wissenschaftlichen Eckpfeiler „Qualitätssicherung“ und „Evaluierung“ ins Digitale transferiert werden?
4. Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das wissenschaftliche Curriculum und wie stehen die Bedürfnisse des Nachwuchses zum Angebot der Forschungsförderer?

Auf geht’s, ich beschäftige mich mit Punkt 3. Und bin gespannt, was die französischen Kollegen aus der Fragestellung machen, denn ich hege die dunkle Ahnung, dass ein Terminus wie „Qualitätssicherung“ ein typisch deutscher ist und dass gerade der Umgang mit Netzformaten zur Kommunikation und Publikation in Frankreich sehr viel weniger skepsisbehaftet und deutlich spielerischer ist als bei uns, und das eben nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im professionellen, gar wissenschaftlichen Kontext.

Aber fangen wir mit dem zweiten Begriff an, der „Evaluierung“. Es scheint auf der Hand zu liegen, dass mit steigendem Anteil wissenschaftlicher Online-Publikationen ein permanentes Schrauben an den (häufig zementiert wirkenden) Anerkennungsmechanismen innerhalb der Wissenschaft stattfinden sollte, wie sie etwa bei Berufungen oder Drittmittelvergaben angewendet werden. Mit Online-Publikationen sind hier explizit nicht nur eBooks oder Open-Access-Zeitschriften gemeint, die in der Regel ISB- und ISS-Nummern besitzen und zumindest formal schon heute problemlos in den wissenschaftlichen CV Eingang finden (wobei das Problem des Impact Factors offenkundig bleibt, hier aber außen vor bleiben soll). Gemeint sind also insbesondere auch jene scheinbar innovativen Netz-Publikationsformate wie Blogs, Mikroblogs (z.B. Twitter) oder Wikis. Tatsächlich bestimmen sie im privaten Bereich längst das Leben des Nachwuchses – nicht so das professionelle. Web 2.0 bleibt Privatvergnügen und wird dem Doktorvater oft in vorauseilendem Gehorsam hinter vorgehalter Hand gebeichtet – weil an vielen Lehrstühlen ein geringes Maß an Erfahrung mit neuen Textformaten dementsprechende Vorurteile nährt. Ganz gleich, wie anspruchsvoll die vom Nachwuchs online kommunizierten Inhalte sind, die Assoziation mit ungezählten privaten Blogs und Foren, deren Anspruch nicht weit über den Austausch von Häkelmustern hinausgeht, klebt wie Teer an den Schreibtischen vieler Professoren. Und die Skepsis scheint dominant vererbt zu werden, zumindest gewinnt man diesen ernüchternden Eindruck im Gespräch mit jungen Wissenschaftlern. Que faire?

Ich versuche es hier so konkret wie möglich:

  • Ein wichtiger erster Schritt ist mit der Gründung wissenschaftlicher Blogumgebungen wie etwa de.hypotheses.org und der Vergabemöglichkeit von ISS-Nummern für etablierte Blogs getan. Dass Letzteres bislang nur durch die französische Nationalbibliothek erfolgt, erscheint symptomatisch für die German Angst vor dem Verfall von Wissenschaftskultur durch das Internet.
  • Ob eine ähnliche Evaluierungsgrundlage für andere Textgenres im wissenschaftlich genutzten Netz möglich ist, bleibt fraglich. Wie etwa sollte sie bei Twitter aussehen? Nationale Einrichtungen für die Anerkennung professionell genutzter Accounts? Keine schöne Vorstellung, zumal der Reiz eines Twitteraccounts für die anderen Twitteranians auch in der richtigen Mischung fachlicher Tweets und dem Ausdruck von Persönlichkeit begründet liegt, wozu eben auch die eine oder andere private Botschaft gehört. Und hier zeigt sich vielleicht eines der Grundprobleme: Social Media ist mit Spaß verbunden, und beides ist leider wenig kompatibel mit offiziellen Evaluierungsrichtlinien.
  • Abgesehen vom Mikroblogging gibt es aber eine Reihe von Online-Formaten, die heute schon häufiger und besser in Antrags- und Bewerbungszusammenhängen verwertet werden könnten (Blogs, Wikis, Kommentare, Preprints usw.). Natürlich ist der Ruf nach mehr Offenheit bei den Förderinstitutionen und Universitäten gerechtfertigt. Andererseits – ganz primär und zuallererst – auch jener nach mehr Mut bei Antragstellern und Bewerbern. Ich hoffe auf eine Generation, die mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der sie online kommentiert oder Forschungsskizzen und -diskurse bloggt, die ihr substanziell erscheinenden Beiträge auch in der eigenen Literaturliste im DFG-Antrag aufführt. Und hier sind wir bei einem weiteren Grundproblem: Trauen wir als Wissenschaftler uns wirklich (schon), Substanzielles (nur) online zu publizieren, oder landet es nicht doch auf Papier?

Zurück zur Frage der Qualitätssicherung, die ja zumindest für das Blogwesen bereits anklang, wo Blogportalbetreiber als redaktionsähnliche Filter agieren können, um die Wissenschaftlichkeit publizierter Inhalte sicherzustellen.

Andererseits stellt sich die Frage, ob es nicht geradezu absurd ist, einem Medium die Standards eines alten Mediums (die des Papiers, das nur begrenzten Platz bietet) überzustülpen, nur um die Ansprüche derer zu bedienen, die sich vom alten Medium (noch) nicht lösen. Das Absurde daran ist wohl, dass man auf diese Weise das neue Medium daran hindert, seine spezifischen Mehrwerte und Vorteile zu entfalten, und damit ist der Teufelskreis perfekt, weil die Anreize für Akzeptanz oder gar Umstieg damit beschnitten werden. Seit Langem schon gibt es daher – oft als traumtänzerische Idealisten belächelte – Verfechter der These „publish first filter later“[1] als Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, wie denn Qualitätssicherung für wissenschaftliche Netzinhalte organisiert werden solle angesichts der wachsenden Textberge (die es by the way auch auf Papier gibt).

Aber sie haben gute Argumente, diese Verfechter. Internet ist per se weniger Publikation denn Kommunikation. Nahezu alle wirklich erfolgreichen Netzformate setzen auf individuelle Selektion, das heißt den Verzicht auf eine objektive filternde Instanz, an deren Stelle das Individuum als Filter tritt. Das ist natürlich stark vereinfacht, weil es de facto immer filternde Gruppen gibt, die den Einzelnen entlasten: Bei Facebook und Twitter filtern die Bekanntenkreise vor und mit. Bei der Wikipedia sind es die, die neben mir selbst über Spezialwissen zum jeweiligen Artikel verfügen und so weiter. Entscheidend aber ist der Verzicht auf die (vermeintlich) neutrale Vorinstanz. Erfolg hat, was wahrgenommen wird. „Wahrgenommen zu werden“ hat natürlich je nach Thema unterschiedliche Schwellen: Ein gutes Blogpost zu einem abseitigen historischen Spezialthema wird mit 20 ernsthaften Lesern und drei Kommentaren als ähnlich erfolgreich gelten können wie ein tausendfach geklickter Artikel zu Angela Merkels Urlaubsfotos auf Spiegel Online. Es geht nicht um Masse, sondern um Machbarkeit. Zweifellos ist die Machbarkeit, also die Fähigkeit zum Erreichen möglichst vieler potentiell Interessierter, online größer als in einem papiernen Fachjournal mit winziger Auflage. Das qualitativ schlechte Blogpost zum obigen Spezialthema hat nur 5 Leser, keinen Kommentar und bleibt unsichtbar, während der Link zum guten per Emails, Twitter, Literaturliste und Mund-zu-Mund-Propaganda in der Wahrnehmung der Fachkreise hochgespült wird. So sähe das „filter later“ im Idealfall aus. Wie realistisch das Szenario ist, liegt in unser aller Hand.

Apropos realistisch: Realistisch ist, dass das klassische Peer Reviewing – wie oft blind auch immer – auf absehbare Zeit zumindest in den Geisteswissenschaften tonangebend bleibt. Das (insbesondere deutschsprachige) geisteswissenschaftliche Währungssystem ist behäbig. Der Unterschied zwischen „online“ und „offline“ bleibt so lange ein verhältnismäßig kleiner, wie sich ein vorgelagertes Peer Reviewing „unsichtbar“ abspielt und das vermeintlich fertige Textwerkstück ganz am Ende statt auf Papier ins Netz gegossen wird. Ein vorgelagertes Open-Peer-Reviewing kann es öffnen, eventuell sogar fortentwickeln oder ergänzen, bleibt aber der alten Idee verhaftet, es gäbe so etwas wie einen „fertigen Text“, der zum Zeitpunkt der offiziellen Publikation zumindest temporär statisch sein soll und darf.

Dass dies eine Illusion ist, deren Ursprung im Papier begründet liegt, ist offensichtlich. Um beim oben skizzierten Idealfall zu bleiben: Das gute Spezialpost nimmt natürlich die drei eingegangenen fundierten Kommentare von Kollegen aus aller Welt auf, verarbeitet sie und publiziert ein neues Post, einen Aufsatz oder eine Monographie – selbstverständlich online und selbstverständlich mit Kommentarmöglichkeit. Denn was ist schon fertig.

[1] Z.B. David Gauntlett oder Hubertus Kohle. Der Slogan geht zurück auf Clay Shirky (2008): “Here Comes Everybody. The Power of Organizing Without Organizations”

Quelle: http://rkb.hypotheses.org/498

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6 Gründe, warum Sie als Museum nie auf ein Barcamp gehen sollten

Barcamp-Muenchen-2013
Barcamp = Veranstaltung, bei der sich verschiedene Leute zu einem Thema treffen und Informationen in ungezwungener Atmosphäre austauschen. Im folgenden Artikel geht es ums Barcamp der Kulturkonsorten am 20.4.2013 in München. Ich war dabei und kann insbesondere Mitarbeiter von Museen nur warnen, an solchen Barcamps teilzunehmen. Hier einige Gründe:

1. Sie treffen verrückte Leute

Die Leute, die Sie treffen, haben fast alle mit Kultur zu tun. Das ist zunächst nicht schädlich. Aber stellen Sie sich vor: alle wollen den Umgang mit Kultur verändern. Stellen Sie sich vor, diese Menschen warten nur darauf, Ihnen von ihren Ideen zu erzählen, damit sie in Ihrem Museum Dinge anstellen können, wie darin zu twittern, es bei Nacht zu beleuchten, damit es nicht nur am Tag genutzt wird, sondern auch bei Nacht einen guten Eindruck macht oder gar Dinosaurier zum Leben zu erwecken. Das war nicht alles; es gibt noch Schlimmeres. Dazu schreibe ich besser nichts, sonst können Sie nicht mehr schlafen.

2. Sie müssen abstruse Dinge tun

Im Museum soll man – außer Exponate anschauen – vieles mehr tun können. Solche Ansätze vertreten beispielsweise Menschen und Gruppierungen wie die Herbergsmütter. Der Name sagt doch alles! Wenn Sie sich von den Damen nicht veranlasst sehen wollen, sich Geschichten in Form von Tweets ausdenken zu müssen wie etwa: „Ihr Blick streifte die neue #Sitzgruppe, den #Lampenschirm und den #Blumenkasten, während sie mit ihrem Wohnfloß über den #Wellenkamm ritt und über ihren #Tripper nachdachte“, dann sollten Sie ein Barcamp meiden.

3. Sie müssen Twittern

Es läuft eine Twitterwall und Sie sollten fleißig twittern. Neben 10.000 anderen Dingen, die gleichzeitig auf Sie einströmen. Einfach nicht zu machen. Haben diese Leute noch nichts von Konzentration und selektiver Wahrnehmung gehört? Skandalös ist, dass sie das auch noch in die Museen tragen wollen. Das sind doch alles studierte Leute!

Sollte es Sie nicht interessieren, was die vielen anderen, die auch gerade auf dem Barcamp sind und mit denen Sie nicht sprechen können, denken und meinen, müssen Sie mindestens Ihr Smartphone zu Hause lassen. Wenn Sie nicht erfahren möchten, was Sie mit Twitter allgemein und in den Sozialen Medien im Besonderen anstellen können, bereiten Sie sich mit Ihrem Smartphone besser einen gemütlichen Tag daheim.

4. Es kann nicht seriös sein

Es laufen mehrere Veranstaltungen (sog. Sessions) gleichzeitig ab. Wenn Sie nicht die Gabe besitzen, sich aufteilen zu können, werden Sie nicht alle Angebote wahrnehmen können! Es gibt ja auch vorher kein Programm, das wird erst am Anfang „crowdgesourced“, also von den Teilnehmern festgelegt. Alles eindeutige Merkmale, dass es sich um keine seriöse Veranstaltung handeln kann.

5. Achtung: Neue Impulse, Ideen und Wissen

Bei den vielen Sessions werden Sie mit Dingen konfrontiert, von denen Sie noch nie gehört haben, ja nicht einmal für möglich halten, dass es sie gibt: welche Technologien es für Kunstvermittlung gibt, was Collaborative Art ist, was Augmented Reality mit dem Museum zu tun haben könnte oder was Social Marketing Profis raten. Wenn Sie auch nicht mit Juristen, die sich auf den Bereich Social Media spezialisiert haben ins Gespräch kommen wollen, und noch vieles mehr nicht erfahren möchten, ist ein Barcamp nichts für Sie.

6. Es ist generell gefährlich

Wenn Sie eines Tages nicht auch zu den Leuten gehören wollen, die jeden kunsthistorisch unwissenden Menschen für Kunst und Kultur begeistern wollen – sogar die jungen – dann sollten Sie einen Bogen um Barcamps machen. Die Atmosphäre könnte ansteckend sein und die neu gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen sich auf Ihre Arbeit auswirken. Sie könnten auf die Idee kommen, Ihr Museum als einen Ort der Kommunikation neu zu erfahren und den Besucher nicht nur als passiven Rezipienten sondern als aktiven Gestalter eines Kommunikationsprozesses zu erleben. Der sich durch sein Tun (nicht nur schauen!) aktiv mit den Exponaten auseinandersetzt. Wenn Sie nicht ernsthaft riskieren möchten, dass Menschen beginnen, Spaß im und am Museum zu entwickeln, dann dürfen Sie auf keinen Fall ein Barcamp besuchen.

In diesem Sinne: Toll war’s! ;-)

Quelle: http://games.hypotheses.org/1040

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Frühe Medienbildung

 

Medienkindheit: Zwischen Verfallspanorama und Entwicklungsperspektive von Helen Knauf In den letzten Monaten habe ich mit Studierenden darüber diskutiert, welche „Zutaten“ es für eine gute Kindheit braucht. Immer wieder genannt wurde die Geborgenheit der Familie, die Verlässlichkeit von Bezugspersonen, die Freundschaft mit Gleichaltrigen, oft auch das Sich-Verlieren im Spiel und die Freiheit in der Natur. Daneben gibt es die Vorstellung, dass Kinder vor den verschiedenen Gefahren des Lebens und Aufwachsens geschützt werden müssen: Schutz vor Gewalt, Missbrauch, Diskriminierung, Vernachlässigung. Und immer wieder wird auch der [...]

 

 

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/2442

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Online-Petition: Für die Aufhebung des Planungsstopps für den Neubau des Historischen Archivs der Stadt Köln

Der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im März 2009 war die größte Katastrophe des deutschen Archivwesens nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine große Welle der Hilfsbereitschaft bewies die Solidarität mit diesem einzigartigen Kulturgut, und auch die Stadt Köln schien zunächst die Lehren aus dem kaum fassbaren Ereignis gezogen zu haben.  Nun aber sieht es so aus, dass der Kölner Stadtrat vergessen hat, was nach dem Einsturz Konsens war: Dass Köln rasch ein Stadtarchiv auf dem neuesten Stand braucht, das nicht nur den vielfältigen Anforderungen eines normalen Großstadtarchivs genügt, sondern auch den besonderen Bedingungen nach dem Unglück Rechnung trägt.

Wir bitten Sie daher, unbedingt die folgende Petition, die von dem Siegener Kreisarchivar Thomas Wolf initiiert wurde, der die oben verlinkte erste Meldung des Einsturzes in Archivalia verfasste, zu unterzeichnen!

Zur Petition: https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-die-aufhebung-des-planungsstopps-fuer-den-neubau-des-historischen-archivs-der-stadt-koeln

“Wir appellieren nun an die Mitglieder des Stadtrates, die Bedeutung der Wiederherstellung des Stadtarchivs als Bürgerarchiv dauerhaft anzuerkennen und den verhängten Planungsstopp zurückzunehmen.

Das viel beschworene Kölner „Stadtgedächtnis“, ein europaweit bedeutendes Kulturgut, wird noch lange unter dem Einsturz zu leiden haben; die Restaurierung der Objekte wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Noch ist ungesichert, wie diese Arbeiten finanziert werden können. In dieser Situation wäre ein Rückzug des Stadtrates verheerend.

Den Neubau des Stadtarchivs – einschließlich der städtischen Kunst- und Museumsbibliothek und des Rheinischen Bildarchivs – zügig fertig zustellen ist das absolute Minimum.”

Offener Brief des Fachbeirats an den Oberbürgermeister: http://archiv.twoday.net/stories/342799312/

Presseerklärung der Freunde des Historischen Archivs der Stadt Köln e.V.: http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/aktuell/archiv-neubau-einsparung-nur-am-standort-eifelwall-und-ohne-zeitverzoegerung-moeglich/001235/

Stellungnahme der Kölner historischen Vereine und Gesellschaften: http://archiv.twoday.net/stories/342799608/

Quelle: http://kulturgut.hypotheses.org/152

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Der konstruierte Gegensatz #dhiha5

Das pars pro toto des deutschen Bildungsideals ist das Buch. Das gedruckte Buch mit seinem Geruch nach Papier und Druckerschwärze, wenn man es neu aus der Plastikfolie pult. Das liebevolle ehrwürdige Streichen über die farbechte Hochglanzabbildung und auch das ins Regalstellen wird zelebriert. Das Regal im Wohnzimmer wird vom intellektuellen Abendgast demonstrativ besichtigt und die außergewöhnlich gute Sortierung gelobt.

In einer nicht lange zurückliegenden Tagung wurde in einem Vortrag empfohlen, doch lieber ein Buch in die Hand zu nehmen als zu bloggen. „Ein gutes Buch lesen“ ist noch immer der Inbegriff eines gelungenen, stilvollen Abends, am besten noch mit einem Glas Wein.

Ich selbst  wuchs im Ostdeutschland der 90er Jahre auf. Als ich 1989 in die Schule kam, war ich noch sehr stolz auf meine Schulbücher, bereits ein Jahr später wurden im Unterricht Kapitel übersprungen und Lieder aus dem Musikbuch nicht mehr gesungen. Zwei Jahre später wurde in den Schulen so richtig aufgeräumt und Schuttmulden voller Bücher standen auf dem Schulhof. Ich war acht Jahre alt und entsetzt.

Man braucht nicht zwingend solche eindrücklichen Erinnerungen, um zu begreifen, dass es Bücher gibt und Bücher. Den kritischen Umgang mit Literatur lernt man in der Schule oder spätestens im Proseminar. Aber die Mär vom „guten Buch“ ist fest verankert in unseren Köpfen und das hat seine kulturellen Gründe. Die gedruckte Schriftlichkeit war nun einmal lange Zeit der einzige Informationsträger.  Die Wertung, dass gedruckte Bücher mehr wert seien als digitale, hält keiner Debatte stand. Was nichts daran ändert, dass es so gesehen wird. Diese Tatsache wird mit der Zeit anders gesehen werden, zwangsläufig.

Andersherum wird, meines Erachtens, die Digitalisierung das gedruckte Buch nicht ablösen. In der Archäologie und in der Kunstgeschichte sind großformatige Beilagen, von z.B. Plänen oder hochqualitative Abbildungen von z.B. Gemälden etc. obligatorisch. An Bildschirmen kann man diese Dinge nicht (vielleicht noch nicht) anständig abbilden. Aber nicht nur deswegen werden gedruckte Bücher nicht aussterben.

Es ist der konstruierte Gegensatz zwischen gedruckten und digitalen Medien, der mich stört. Es gibt keinen Gegensatz. Das Buch ist ein Informationsträger, genau wie Zeitschriften, CDs, DVDs, Schallplatten, epubs, pdfs und am Ende auch Blogs.

Alle diese Dinge sollten nach ihren Inhalten bewertet werden und nicht nach ihrem Geruch nach Papier und Druckerschwärze, wenn man es aus der Plastikfolie pult.

Quelle: http://minuseinsebene.hypotheses.org/482

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Wie man sich auf eine wissenschaftsnahe Stelle (nicht) bewirbt

Notizblock

Shawncampbell | CC BY 2.0

Vor kurzem war ich an dem Auswahlprozess für mehrere Stellen in einer kleinen Organisation beteiligt. Es ging um Stellen im Wissenschaftsmanagement in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Beim Durcharbeiten der vielen hundert eingegangenen Bewerbungen fiel mir einiges auf, das vielleicht für andere nützlich sein könnte. Ich habe, allerdings nicht ganz ernsthaft, den Stil eines Bewerbungsratgebers gewählt, gerade weil – wie deutlich werden wird – die allermeisten Bewerbungsratgeber im Fall von wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Stellen nichts zu taugen scheinen. Natürlich gilt: Alle Meinungen und Empfehlungen sind subjektiv und können nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Vielleicht helfen sie aber, die eigenen Bewerbungsunterlagen noch einmal kritisch durchzuschauen.

 

1) Lassen Sie sich Zeit! Und: Holen Sie sich Rat!

Nichts ist überflüssiger als eine schlampige Bewerbung, die innerhalb weniger Tage nach Erscheinen der Stellenanzeige bei der ausschreibenden Organisation (fortan: Arbeitgeberin) ankommt. Nutzen Sie die Länge der Bewerbungsfrist aus – mein Tipp wäre: etwa eine Woche vor Bewerbungsschluss, und sicher nicht am letzten Tag, an dem die Nerven der mit Bewerbungen überschwemmten Arbeitgeberin blank liegen. Geben Sie die Bewerbung Freunden zu lesen. Vielleicht investieren sie ein bisschen in ein professionelles Coaching. Allerdings muss es jemand sein, der sich mit wissenschaftlichen Stellen auskennt. Wichtig ist ein kritisches Gegenüber, das die inhaltlichen, stilistischen und formalen Schwächen der Bewerbung ohne falsche Rücksicht zur Sprache bringt, und Ihnen keine Sprechblasen  in den Text diktiert.

 

2) Im Anschreiben: Bewerbungslyrik entsorgen

„Sie suchen einen kommunikationsstarken, kompetenten und engagierten Mitarbeiter, der mit X, Y  und Z ihr Team bereichert? Dann sollten Sie mich kennenlernen!“. Solche Standardformulierungen aus dem Bewerbungsratgeber beeindrucken vielleicht den Recruiter einer Werbeagentur. In einem Anschreiben, mit dem Sie sich auf eine wissenschaftliche oder wissenschaftsnahe Stelle bewerben, haben sie nichts zu suchen. Schreiben Sie sachlich, präzise, und immer nur das, was relevant (siehe 4) und nachprüfbar (siehe 5) ist. Abgedroschene Vokabeln aus dem Bewerbungsratgeber vermeiden, wie etwa „dynamisch“, „aufstrebend“, „zukunftsweisend“, „innovativ“, „exzellent“, „Leadership/Soft Skills“, „fundiert“, „kompetent“ oder „robust“. Und bitte nichts „unheimlich spannend“ finden! „Mein Name ist …“ wirkt komisch, Sie bewerben sich ja nicht telefonisch. Bitte alle Selbstverständlichkeiten und Plattitüden weglassen: „Erfahrungen im gemeinschaftlichen Arbeiten in themenspezifischen Arbeitsgruppen“ oder „Fundierte theoretische und methodische Kenntnisse verschiedener Fachgebiete“ werden vorausgesetzt und beeindrucken niemanden. Gehaltsvorstellungen sind bei wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Stellen, die im öffentlichen Dienst bzw. analog hierzu ausgeschrieben werden, fehl am Platz.

 

3) Warum Sie nur genau eine Chance haben

Viele Bewerber/innen scheinen sich nicht im Klaren darüber zu sein, dass ihre Bewerbung im Extremfall eine von Hunderten ist. Die Arbeitgeberin liest die Bewerbungen daraufhin, so viele wie möglich schnell und begründbar aussortieren zu können. Ein Problem und Ihre Bewerbung liegt auf dem Ablehnungsstapel. Das heißt einerseits, dass Sie alles, was sie mitteilen wollen, im Anschreiben mitteilen müssen. Die Arbeitgeberin durchforscht weder den Lebenslauf noch die übrigens Materialien nach dort verborgenen Schätzen.  Sie wird keine Informationen nachfordern und auch keine Dokumente im Internet herunterladen. Wenn was fehlt: durchgefallen. Andererseits: Das Anschreiben wirklich kurz halten. Die wichtigsten Informationen passen auf eine Seite. Das geht, wenn man sich nur auf das bezieht, was gefragt ist (siehe 4) und die Arbeitgeberinnen-Perspektive einnimmt (siehe 6). Es wirkt außerdem nicht seriös, wenn Sie sich auf zwei Stellen gleichzeitig bewerben, die ein sehr unterschiedliches Profil haben.

 

4) Es ist egal, was sie können, wenn es nicht nachgefragt ist

Was mich besonders erstaunt hat, war, wie wenig die Bewerber/innen auf die Job Description, d.h. das Anforderungs- und Aufgabenprofil der Stellen eingegangen sind. Was Sie in Ihrer Magister- oder Doktorarbeit an erstaunlichen Erkenntnissen gewonnen haben, und mit welchen verantwortungsvollen Aufgaben Sie im Laufe Ihrer Karriere bereits betraut worden sind, ist nur dann von Interesse, wenn diese Dinge etwas mit der Stelle zu tun haben, auf die Sie sich bewerben. Konzentrieren Sie sich auf die Stellenbeschreibung und die erwarteten Qualifikationen, und zeigen Sie mit konkreten Beispielen, auf welche Weise Sie hier der oder die Richtige sind. Hier ist durchaus auch Platz, offen zuzugeben, dass Sie die eine oder andere Anforderung noch nicht erfüllen. Verweisen Sie  dann auf ähnliche Herausforderungen, die Sie bereits gemeistert haben. Schließlich: Auch Hobbies sind nur von Belang, wenn sie einen Zusammenhang mit der Stelle haben.

 

5) Behaupten kann man viel

Wenig überzeugend ist es, sich in höchsten Tönen, aber höchst unkonkret anzupreisen. Es reicht nicht aus, sich Teamfähigkeit, Organisationserfahrung, Interdisziplinarität (hierzu Nr. 8) oder interkulturelle Kompetenz mit dem pauschalen Hinweis auf die Arbeitsstationen zuzuschreiben, auf denen diese Qualifikationen erworben wurden. Ob Sie ein „kluger Kopf“ sind, erweist sich aus dem, was Sie (überprüfbar) gemacht oder geschrieben haben, und gerade nicht dadurch, dass Sie es betonen. Ganz schlecht: Den Text der Ausschreibung wiederholen, und dann behaupten, dass Sie das alles können. Auf „umfassende Expertise“ „überragend“, „exzellent“, „großes Talent“ verzichten, ebenso auf „Begeisterung“, „Hingabe“, „hohe Pflichterfüllung“, „perfekte Besetzung“. Jede Übertreibung rächt sich, sobald sich die Arbeitgeberin den Lebenslauf vornimmt und feststellt, dass die „profunden Kenntnisse“ in einem Praktikum gewonnen wurden. Bescheidenheit ist nach wie vor eine Tugend.

 

6) Versetzen Sie sich in die Arbeitgeberin

Diejenigen, die  Bewerbungen lesen, möchten sehen, dass sich die Bewerber/innen nicht nur mit den erwarteten Aufgaben und Fähigkeiten beschäftigt haben, sondern sich auch die wissenschaftlichen Aufgaben und Ziele der Arbeitgeberin angesehen haben. Dabei wird man selbst mit einem aufmerksamen Studium der Webseite diese Aufgaben und Ziele nicht hundertprozentig verstehen. Es fehlt die Kenntnis der Organisation von innen. Deswegen Vorsicht mit Aussagen über die Organisation. Auf jeden Fall nicht deren Selbstdarstellung von der Webseite abschreiben, sondern in eigenen Worten (vorsichtig) formulieren, Informationen gibt es im Internet genug. Die Arbeitgeberin ist auch nicht darauf angewiesen, ob Sie die Tätigkeit der Organisation „begeistert“ oder Sie sich  „gänzlich damit identifizieren“ können. Sie muss Sie interessant finden, nicht umgekehrt.

 

7) Auf Formalia und Gesamteindruck achten

Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass Sie lesen können. Wenn in der Ausschreibung steht, dass die Bewerbung als „eine PDF-Datei“ eingereicht werden soll, dann „eine PDF-Datei“ einreichen. Zwei oder drei Dateien gehen vielleicht noch, aber nicht fünf (oder vierzehn!). Und auch keine Word-Datei oder ein JPEG (abfotografierte Zeugnisse oder Arbeitsproben? Geht gar nicht!). In so einem Fall bringt es auch ganz sicher keine Extrapunkte, die Bewerbung in Papierform vorbeizubringen. Unregelmäßige Einrückungen im Lebenslauf sind keine Nebensache – sie deuten darauf hin, wie Sie später Dokumente gestalten werden. Bei elektronischen Bewerbungen das Motivationsscheiben nicht in die E-Mail kopieren, das kann nur schief gehen, wenn es die Formatierung zerhaut. Ein kurzes E-Mail-Anschreiben mit Hinweis auf die Anlagen genügt. Die Bewerbung sollte einfach, klar und gut aufgebaut aussehen. Hintergrundbild, farbige Verzierungen, aufwendige grafische Gestaltung können grandios daneben gehen, wenn Sie kein entsprechendes Talent besitzen. Ein Bild kann man beifügen, kann es aber auch lassen – fragen Sie ihr kritisches Gegenüber, und verzichten Sie im Zweifelsfall darauf! Ganzseitige Porträts sind jedenfalls unangebracht. Den Lebenslauf im „amerikanischen“ Stil – die neuesten/letzten Erfahrungen als erstes. Kindergarten, Grundschule und Gymnasium interessieren grundsätzlich nicht, es reicht, mitzuteilen, wann und wie das Abitur zustande kam.

 

8) Achtung mit dem I-Wort

Besonders beliebt war das Wort „interdisziplinär“ – natürlich auch, weil es in der Ausschreibung genannt wurde. Aber: wenn Sie Politikwissenschaft und Theaterwissenschaften studiert haben, macht Sie das interdisziplinär?  Sie haben disziplinübergreifend studiert und dabei verschiedene Fächer kennengelernt. Interdisziplinär haben Sie aber nur dann wirklich gearbeitet, wenn Sie in konkreten Forschungsarbeiten die unterschiedlichen, oft unvereinbaren Erkenntnisinteressen mehrerer Disziplinen in mühevoller Arbeit zusammengebracht haben. Das müssen Sie zeigen. Interdisziplinarität ist anstrengend und konfliktreich und nicht etwas, was Sie beim Besuch etwa eines kulturwissenschaftlichen Seminars einfach so mitnehmen.

Ein Beitrag von Christian Boulanger

 

 

Quelle: http://gab.hypotheses.org/695

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Legenden vom “alten Meister” – die Anfänge des Daoismus

Das Wirken des als historische Person nicht fassbaren “alten Meisters” – im Chinesischen Laozi (bzw. Lao Zi) 老子, im Westen meist Lao Tse oder “Lao-tse” geschrieben – ist ähnlich legendenumwoben wie die Anfänge und die Überlieferung der ihm zugeschriebenen Lehre, des philosophischen Daoismus (daojia 道家).

Über die hinter der Bezeichnung “alter Meister” möglicherweise stehende Person schrieb Wolfgang Bauer in seiner Geschichte der chinesischen Philosophie:

“Hinter diesem unverbindlichen Namen [...] kann sich natürlich jede beliebige Persönlichkeit verstecken. Durch das Epitheton ‘alter’ wurde aber von vornherein der Anspruch erhoben, daß er der eigentliche Urvater des Daoismus sein sollte. Wer immer dieser Laozi gewesen ist (falls bei ihm überhaupt ein historischer Kern existiert) – ein solcher Urvater und der Verfasser des Daoismus kann er nicht gewesen sein.”1

Erst in späterer Zeit wurde dem Laozi die Autorschaft des Daodejing 道德經 (“Buch vom Weg und von der Wirkkraft”) zugeschrieben.  Der Überlieferung zufolge habe ihn seine Mutter “zweiundsiebzig Jahre lang unter dem Herzen [getragen] und ihn dann aus der linken Achselhöhle geboren”2  Nach dem von Sima Qian 司馬遷 (145-86 v. Chr.) verfassten Shiji 史記 (“Aufzeichnungen des Hofschreibers”) soll Laozi ein älterer Zeitgenosse des Konfuzius gewesen sein. Sein Familienname soll Li 李 gewesen, sein Vorname Dan 聃. Zur möglichen Identität der historisch nicht fassbaren Figur gibt es mehrere Theorien3.

Die Ikonographie zeigt Laozi häufig auf einem Wasserbüffel (beziehungsweise einem Ochsen) reitend und spielt damit auf sein “Verschwinden” an. Der Überlieferung nach soll er als Archivar am Hof der Zhou 周 tätig gewesen sein. Angesichts der weitverbreiteten Korruption und der schwindenden Macht der Zhou soll er den Untergang des Reiches vorhergesehen haben und aus Enttäuschung darüber nach Westen geritten sein. Am  Hangu-Paß 函谷關 (in der heutigen Provinz Henan) habe er für den dortigen Grenzwächter seine Lehren niedergeschrieben.4. Dieses bekannte Motiv regte Bertolt Brecht zu seiner “Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration” an.5

  1. Wolfgang Bauer: Geschichte der chinesischen Philosophie. Konfuzianismus, Daoismus, Buddhismus. Herausgegeben von Hans van Ess (München 2001) 89.
  2. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der alten Chinesen (München: 5. Aufl., 1996) 173 f (“Lao-tse”), Zitat ebd., 174.
  3. Stanford Encyclopedia of Philosophy, Art. “Laozi. 1. The Laozi Story”, Alan Chan, (http://plato.stanford.edu/entries/laozi/#LaoSto)
  4. Patricia Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 170 (“Old, bewhiskered male in simple robes riding an ox”). – Vgl. auch Eberhard: Symbole, 174.
  5. Vgl. Heinrich Detering: Bertolt Brecht und Laotse (Göttingen 2008), 11-13. Zu Brechts Text und zu dessen vom britischen Brecht-Experten John Willett (1917-2002) stammender englischer Übertragung vgl. auch http://www.tao-te-king.org/brecht.htm

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/380

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Gekrümmte Räume, Cluster und Wolken: Wie das Social Web neue, originelle Formen der Geschichtsschreibung verhindert

Die US-amerikanische Kulturhistorikerin Lynn Hunt hat vor wenigen Jahren einen kleinen, äußerst lesenswerten Essay über das Schreiben von Geschichte verfasst. In How Writing Leads to Thinking (And not the other way around argumentiert sie: „Writing is not the transcription of thoughts already consciously present in my mind. Writing is a magical and mysterious process that makes it possible to think differently.” Ich denke oft an diesen Essay, wenn mir mal wieder auffällt, dass die Argumente, das Narrativ oder die Struktur eines Gedankens, die so schlüssig in meinem Kopf existieren und selbst in gesprochener Form noch einigermaßen Sinn ergeben, sich ganz und gar nicht zu einem konzisen Text fügen lassen möchten. Hier erfahre ich schmerzhaft, dass Schreiben ein eigenständiger und äußerst widerspenstiger Prozess ist – eine eigene Form des Denkens, die sich vom Sprechen oder auch vom Lesen unterscheidet.

Lynn Hunts Anmerkungen lassen sich meines Erachtens auf die Digital Humanities übertragen. Fast alle Historiker sind mittlerweile professionelle Nutzer digitaler Technologien wie des Internets. Täglich benutzen sie das Internet; es ist ein zentraler Bestandteil ihres Arbeitsprozesses geworden. Sie können es jedoch – in den meisten Fällen zumindest – nicht schreiben. Hier fehlt Wissen über einen entscheidenden Bestandteil dieser zentralen Technik. Dies anzuerkennen bietet möglicherweise einen Ansatz, die Probleme der Geschichtswissenschaft mit den Digital Humanities zu begreifen.

Diese Überlegung möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen: Auf einem Workshop der Bryn Mawr University wurde Mitte März 2013 die Webpage Traces of Mind Control  gelauncht, deren Ursprünge in das Sommersemester 2011 zurückreichen. In diesem Semester hatte der Lehrstuhl für Nordamerikanische Geschichte der Universität Erfurt Sharon Ullman von Bryn Mawr als Gastprofessorin im Rahmen eines von der DFG geförderten Mercator-Projektes eingeladen. Ein Bestandteil des Projekts war die Erarbeitung einer Internetseite, die sich mit Spuren der Gedankenkontrolle, Disziplinierung oder Gehirnwäsche im Amerika des Kalten Kriegs beschäftigen sollte. Als einer von drei Doktoranden war ich als Research Assistant an dem Projekt beteiligt. Die Ausgestaltung des Projekts war offen. Zunächst war der Plan, eine digitale Datenbank zu erstellen, in der die Traces gesammelt werden sollten. Diese Idee wurde jedoch bald zugunsten eines digitalen Museums aufgegeben. Hier wollten wir die Bandbreite der digitalen Möglichkeiten nutzen, um etwas nie Dagewesenes zu erschaffen. Wir wollten gekrümmte, drei- oder waren es doch vierdimensionale Räume schaffen, in denen alles mit allem verbunden ist. Wolken und Cluster sollten die Komplexität der historischen Prozesse erfassen, wozu kein traditioneller Text in der Lage ist. Wir hatten nur eine Kleinigkeit vergessen: Wir wussten zwar, wie man das Internet liest, aber nicht, wie man das Internet „schreibt“. To make a long story short: Die Fertigstellung hat sich erheblich verzögert. Letztendlich wurde die technische Umsetzung nicht in Erfurt vollzogen, sondern auf der anderen Seite des Großen Teichs. Die Umsetzung blieb jedoch hinter unseren diffusen Erwartungen und Vorstellungen zurück – was völlig logisch ist und abzusehen war. Der abschließende Workshop im März 2013 in Bryn Mawr drehte sich dann auch nicht so sehr um den Inhalt unseres Projekts, sondern um dessen Form. (Wer sich für den Inhalt interessiert, ist noch einmal herzlich eingeladen, die Webpage zu besuchen – es ist dann doch noch ganz gut geworden.) Unter dem Titel Exploring the Challenges of International Digital Humanities Initiatives  wurden verschiedene Projekte im Feld der Digital Humanities vorgestellt. Wenig überraschend wurde deutlich, dass bloggen und twittern in den USA einen höheren Verbreitungsgrad haben als beispielsweise in Deutschland. (Wer sich überzeugen möchte, dass twittern in dieser Hinsicht vielleicht am wenigsten einhält, was es verspricht, dem empfehle ich das Storify des Workshops.) Hinzu kommt möglicherweise ein größeres Problembewusstsein für die Macht der Verlage, die mittels fragwürdiger Peer-Review-Verfahren die Wissenschaft gängeln können und so althergebrachte Machtstrukturen und Hierarchien perpetuieren. Das Internet und gerade das Bloggen ermöglichen es, erst etwas zu veröffentlichen und dann interessierten Lesern die Möglichkeit des Peer Reviews zu geben, was intuitiv mehr Sinn ergibt als die gängige Praxis, die genau andersherum verfährt.

Dies ist die aktuelle Frontier der Digital Humanities, die wissenschaftspolitisch große Auswirkungen hat. Allerdings geht es hier nicht so sehr um das Schreiben von Geschichte, sondern um die digitale Verbreitung wissenschaftlicher Texte, die zumeist in Textform vorliegen und die sich strukturell von herkömmlichen Texten zumeist (nur) durch Hyperlinks, die Kommentarfunktion und stellenweise eingebettete Videos unterscheiden. Das Emplotment und somit das Narrativ verharrt jedoch im Hayden White’schen Sinne auf dem Stand der Antike. Die Pointe ist hier: Möglicherweise hat das Social Web an dieser Stelle zu einer Rückwärtsbewegung geführt. Diese Idee kam mir während der Keynote des Workshops, die von Michael O´Malley, einem technikaffinen Historiker der George Mason University, gehalten wurde. O´Malley stellte zwei seiner Webprojekte vor. Ein aktuelles und eines, das bereits im Jahr 1996 begonnen hatte und 2004 abgeschlossen wurde. Das aktuelle Projekt ist Global Perspectives on Digital Humanities. Ein Versuch, historische Arbeiten demokratischer und offener, ohne Verlage und vorgelagerte, fadenscheinige Peer-Review-Verfahren zu organisieren. Ein wissenschaftspolitisch zweifelsfrei unterstützenswertes Unterfangen. Aus der Perspektive der Geschichtsschreibung jedoch noch interessanter ist das ältere Project The Lost Museum. Dies war ein früher Versuch, das Internet als eigenständige Form des Denkens ernst zu nehmen. Es ist eine Mischung aus Adventure Game und digitaler Ausstellung, die mittlerweile etwas angestaubt wirkt, aber nach wie vor ein faszinierendes Beispiel ist, wie Geschichte mit den Mitteln des Internet geschrieben werden kann. The Lost Museum hat zahlreiche Preise gewonnen und wurde vom National Endowment for the Humanities gefördert. Mittlerweile – dies ist zumindest mein Eindruck und ich würde mich über Hinweise auf andere Beispiele freuen – sind solche Projekte die Ausnahme.

Bloggen und Twittern ermöglichen neue Wege der Wissenszirkulation, sie verändern das Publikum, ermöglichen gleichermaßen etablierten Wissenschaftlern, dem Nachwuchs und auch Außenseitern sowohl komplexe Ideen als auch Schnellschüsse zu veröffentlichen und der Peer Review auszusetzen. Hinter diesen Möglichkeiten zurück bleibt jedoch der kreative Aspekt – das Geschichte-Schreiben mit dem Internet tritt in den Hintergrund. Die Arbeiten liegen zumeist in „klassischer“ Textform vor. Wenn es jedoch einen Schritt weiter gehen soll, wenn die Inhalte sich verändern sollen, dann muss das Internet-Schreiben als eigener magischer und mysteriöser (um Hunt wieder ins Spiel zu bringen) Prozess verstanden werden. Ein bisschen wünsche ich mir, dass sich die Frontier der Digital Humanities wieder etwas von den Social Medias entfernt und stärker den kreativen Darstellungsformen widmet, auf die man sich mangels sozialer Austauschmöglichkeiten im Prae-Web-2.0 konzentrierte. Wo bleiben die gekrümmten Räume, die Wolken und Cluster, die neue Formen der Narrativität schaffen?

Quelle: http://fyg.hypotheses.org/56

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Vortrag: Mittler zwischen Deutschen und Franzosen. Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861)

Anlässlich der internationalen Fachtagung “Deutsche und Franzosen im Zeitalter Napoleons” vom 11.4.-13.4. 2013 in Saarbrücken gaben Martin O. Braun und Florian Schönfuß einen Einblick in das laufende Forschungsprojekt “Gewinner und Verlierer – Der rheinische Adel in der Sattelzeit 1750-1850″. Ihr Vortrag widmete sich der Person des Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck in seinem Wirken als Funktionär des napoleonischen Staates sowie als Bindeglied in den Gesellschaftsnetzwerken des Empire. Schwerpunkte lagen auf seinem Engagement als französischer Maire der Gemeinden Bedburdyck und Hemmerden (nahe seiner Privatresidenz Schloss Dyck) 1811-1814 sowie seiner Betätigung innerhalb der zeitgenössischen Freimaurerei. Darüber hinaus gaben die Referenten einen Ausblick auf die entstehende multiperspektivische Netzbiographie zu seiner Person, wobei die besonderen Charakteristika und Vorzüge dieses neuartigen Publikationsformats gesonderte Erläuterung fanden.

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/35

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