Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt

Gewalt und Gewaltanwendung  werden vor allem dort gelebt wo Menschen wütend und verzweifelt sind und wo sogar der Spaß an der Verletzung anderer, ob körperlich oder psychisch, vorhanden ist. Es sind mitunter Machtspielchen, das Gefühl von Kontrolle über andere und das bloße Bedürfnis sich auf Kosten anderer “abzureagieren”. Nicht nur im privaten Raum, vor vielerlei Augen verborgen, sondern gerade im öffentlichen Raum, wo viele Menschen Zeuge und Beobachter von solchen Gewaltanwendungen werden, häufen sich solche Fälle.

Uns begegnet eine ganze Bandbreite von Akteuren, ob nun die “Krawalltouristen” auf öffentlichen Demonstrationen oder politisch oder religiös rivalisierende Gruppierungen, Ausschreitungen von  Hooligans nach Fußballspielen, sogenannte “Kleinkriminelle” auf der Straße und so weiter. Man muss gar nicht stigmatisieren, aber bereits nach einem kurzen Blick in die Tageszeitung stößt man auf die Bezeichnungen der Akteure oder Gruppen, die im öffentlichen (und privaten) Raum, als gewaltausübend eingestuft werden.

Häufig vergessen werden aber dabei diejenigen, die als Freund und Helfer dem Bürger zur Seite stehen sollen und vom Staat dazu beauftragt sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten bzw. sie wiederherzustellen. Denn wie steht es eigentlich um die rechtswidrige Gewaltausübung der Polizei im öffentlichen Raum und wie kann man die von ihr ausgeübten gewaltsamen und damit strafbaren und rechtswidrigen Übergriffe aufspüren und sie womöglich präventiv verhindern?

So wie man besser bei älteren Hamburger Polizeibeamten den Namen „Fritz Sack“ nicht erwähnt, so sollte man bei der Los Angeles Polizeibehörde den Namen „Rodney King“ weglassen. Rodney King ist kein Fritz Sack, aber dennoch haben sie ein gemeinsames Thema: Die Kontrolle der Polizeibehörde. Welche Grenzen sind der polizeilichen Arbeit gesetzt, wo endet Gewalt als Befugnis und wo fängt Gewalt als Repression an?

Rodney King war mit Sicherheit kein Heiliger. Drogenmissbrauch, Drogenschmuggel oder  körperlichen Verletzung wurden ihm vorgeworfen; er wurde deswegen strafrechtlich verfolgt und auch belangt.

Dennoch liefern seine eigenen Vergehen keine Entschuldigung oder auch nur annähernd eine Erklärung für die brutale Gewalt der Polizisten ab, die ihm am 3. März 1991 widerfuhr. Rodney King wurde am besagten Tag von der Polizei aus Los Angeles (L.A.P.D.) in seinem Auto angehalten. Da er alkoholisiert war und eine Bewährungsstrafe auf ihm lastete, versuchte er zu fliehen. Doch die vier Polizisten konnten die Verfolgung aufnehmen und King verhaften. Was bei dieser Verhaftung noch passiert ist, nahmen einige Einwohner mit ihren Amateurkameras auf. Aus diesen Aufnahmen ging hervor, dass King ca. 50-mal mit dem Schlagstock traktiert wurde und weitere sechs Tritte erleiden musste. Auch als King bereits am Boden lag machten die Polizisten weiter.1  Zwar wurden die Polizisten vor Gericht gestellt, doch sie wurden in dem darauffolgenden Prozess im Jahre 1992 wieder freigesprochen, weil keine rechtsstaatlichen Anhaltspunkte für diese Tat gefunden werden konnten (obwohl zufälligerweise Bewohner mit Amateurkameras alles aufgezeichnet haben und die ganze Situation rekonstruiert werden konnte). Als besonders belastend empfanden afroamerikanische Einwohner die Tatsache, dass kein einziger Schwarzer in der Jury saß2. Das so etwas zu Frustration und Wut führt ist verständlich. Schon davor haben viele Afroamerikaner kritisiert, dass die Polizisten das racial profiling praktizieren. Rodney King war nur ein weiteres Indiz dafür. Nachdem die Polizisten vor Gericht freigesprochen wurden, wurde die Wut der Bürger immer größer und artete in der brutalsten Massendemonstration aus, die Los Angeles je gesehen hatte. Die Los Angeles Riots 1992 zeigte der LAPD, dass sie was ändern musste. Es gab einige Veränderungen, z.B. wurde ein Gesetz gegen das racial profiling erlassen, in einem zweiten Prozess wurden zumindest zwei Polizisten strafrechtlich belangt und die Bürger wurden mehr in die Polizeiarbeit integriert. Noch aber hat niemand an eine unabhängige Kontrollinstanz gedacht.

Eine Kontrolle der Polizei?

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Polizeiskandale. Es kommt zu brutalen und unbegründeten Gewaltakten der Polizei gegen Einzelne. Ob es sich nun um die Tatbestände in Hamburg im PK 11 handelt, wo es zu strukturellen Diskriminierung und Misshandlung von Schwarzafrikanern kam, oder um Fälle wie Stephan Neisius oder Oury Jalloh. Beide sind auf tragische Art und Weise durch Polizeigewalt ums Leben gekommen. Die Umstände des Todes bei Oury Jalloh sind bis heute ungeklärt. Wie genau der Brand zustande kam, warum nichts getan wurde und der Verhaftete  in der eigenen Zelle verbrannt ist, weiß die Öffentlichkeit bis heute nicht wirklich. Die Polizisten wurden in erster Instanz freigesprochen. Auch Oury Jalloh war kein “Heiliger”, aber die Personen auf der „anderen Seite“ sind es auch nicht. Viele Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International prangern die nicht vorhandene Transparenz in den Ermittlungen und den “Korpsgeist” innerhalb der Polizei an. Zu Recht.

Das “Vertrauen in unseren Rechtsstaat”, heißt es da, sei dadurch “nachhaltig gestört”3. Zudem ist insgesamt nur schwer Vertrauen aufzubauen, wenn man als Bürger weiß, dass die Kontrollinstanz der Polizei praktisch sie selbst ist. Das hat einen gewissen undemokratischen Beigeschmack. Besonders wenn man weiß, dass in der Polizei der „Korpsgeist“ herrscht. Das ist so als ob die Mafia den Prozess gegen die eigene Familie vorbereiten sollte. Da ist es klar, dass einige Informationen „verloren“ gehen können.  Etwas wissenschaftlicher hat es der Kriminologe Werner Lehne formuliert:

„Eine altbekannte Problematik rechtsstaatlich organisierter Polizeien ist die angemessene Reaktion auf polizeiliches Fehlverhalten. In erster Linie resultiert diese Problematik daraus, daß es die Polizei selbst und die mit ihr eng kooperierende Staatsanwaltschaft sind, denen die Aufgabe zukommt, polizeiliches Fehlverhalten zu ermitteln und ggf. zur Anklage zu bringen. Allein das führt zu einem erheblichen Mißtrauen dahingehend, ob solche Ermittlungen mit der notwendigen Neutralität und Intensität geführt werden.“4

Allein aus diesem Grunde wäre eine unabhängige Kontrollinstanz zu befürworten. Doch damit ist den Opfern von Polizeigewalt noch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Wie sollte so eine Kontrollinstanz aussehen und welche Rechte und Pflichten hätte sie?

Solch eine Instanz sollte zum Einen nicht in einer „Gutmenschmanier“ den Polizisten mit erhobenem Finger ständig aufzeigen, was sie falsch machen und warum all diese Fehler ihnen selbst niemals unterlaufen würden. Dass das nicht auf Jubelrufe seitens der Polizei stößt ist selbstverständlich.5 Denn nicht alles was die Polizei macht ist schlecht. Stattdessen sollte sie die Polizeiarbeit kontrollieren und im Falle einer Gewalttat die Situation objektiv analysieren und ggf. eine strafrechtliche Verfolgung möglich machen. Das Ziel dieser Kontrolle sollte so formuliert sein, wie es Amnesty International in Deutschland versucht zu umschreiben: Eine unabhängige Kontrollinstanz soll „die größtenteils sehr gute Polizeiarbeit strukturell unterstützen und verbessern, und letztlich durch mehr Transparenz und Verantwortung bei der Polizei auch das Vertrauen in die Polizei stärken“6  .

Durch solch eine Art von Transparenz könnte das Vertrauen in den Rechtstaat wieder hergestellt werden. Das was Werner Lehne zu Recht als größten Kritikpunkt nennt, wäre mit einer unabhängigen Kontrollinstanz zerschlagen. Das sollte der Polizei auch deswegen am Herzen liegen, als dass es nicht zu solch einer Situation wie in Los Angeles 1992 führen möge. Aber fehlendes Vertrauen und immer größer werdende Abneigung kann sich in Frustration und Wut entladen. Es ginge nicht darum ein mächtigeres Instrument als die Polizei zu erschaffen, sondern auf gleicher Augenhöhe die Arbeit der Polizei zu hinterfragen. Denn wenn wir strafrechtlich fundiert einen Menschen Gewalt antun (ohne aus Notwehr zu handeln) dann sollten wir dafür belangt werden, gleichgültig ob wir eine Dienstmarke tragen oder nicht.

Auch das Beispiel Polizeikommission in Hamburg hatte genau das Ziel – die Polizei effektiv und demokratisch zu kontrollieren – und hat es dennoch nicht erreicht. Warum nicht? Warum scheint das Modell einer Kontrollinstanz nicht zu funktionieren?

Warum gibt es rechtswidrige Polizeigewalt?

Zu aller Erst wäre es wertvoll eine genauere Unterscheidung zu unternehmen, was eigentlich die Polizisten zu dieser Gewaltbereitschaft und Brutalität führt. Ist es ein strukturelles Problem? Das heißt, sind es im Vorhinein gewaltbereite Menschen, die nur die Machtinstitution Polizei nutzen um ihre „Vorlieben“ legal auszuleben7. Oder aber sind es individuelle und unterschiedliche Faktoren die dazu führen, dass einige Polizisten in gewissen Situationen brutal, willkürlich und gesetzeslos handeln. Bei dem Beispiel Rodney King oder auch in den deutschen Beispielen, mag man schnell daran glauben das strukturelle Gewalt das Problem darstellt. Aber wer mit vielen Polizisten spricht, erkennt, dass in den deutschen Polizeischulen nicht der „Rambo“  oder der „Egoshooter“ gesucht wird, sondern der „Grautyp“. 8

Bei Demonstrationen zu unterscheiden, wer „angefangen“ hat, ist schon sicherlich schwieriger. Zum einen sind Demonstrationen bzw. Krawalle sehr emotional und werden durch viele Faktoren, wie zum Beispiel Rufe und Beleidigungen noch weiter aufgeheizt. Und auch Kameras können nicht jede Situation von Anfang an erfassen.

Zudem stehen die Polizisten, medial betrachtet, heute unter ständiger Beobachtung. Was bei den Unruhen 1992 noch nur dem Fernsehen möglich war, kann heute fast jede Person Gewaltexzesse dokumentieren – dank Handy und Video-Plattformen wie YouTube. So veröffentlichte die Internetplattform „Cop Watch LA“9 mehrere brutale Verhaftungsvideos, die später sogar in eine FBI-Untersuchungskommission mündeten.10 Dies ist eine machtvolle Technik, die nicht unterschätzt werden sollte. Allerdings sollte sie auch nicht überschätzt werden. Zum einen kann sie nicht alles beobachten und auch nicht von Anfang an. So gab es auch kritische Stimmen zur Verhaftung von Andrew Meyer, der 2007 zu einer Internetberühmtheit wurde. So soll der damals 21-Jährige seine ruppige Verhaftung selbst provoziert haben, doch das nahmen die Handykameras natürlich nicht auf.11 Des Weiteren kann YouTube nicht als Bürgerrechtsplattform umfunktioniert werden, zum einen gibt es insgesamt sehr viele Videos, von denen viele aufgrund der Gesamtmenge der kursierenden Videos, nur zu leicht übersehen werden und zum anderen werden solche Videos zu oft auch zu Propagandazwecken genutzt. Der Hass auf die Polizei in den USA ist vor allem in solchen Großstädten nicht gerade gering. Vor allem werden Videos gepostet die „Stimmung“ machen sollen, zum Beispiel vor Großdemonstrationen wie dem G-8-Gipfel.

Es gibt auch noch andere Argumente die gegen eine unabhängige Kontrollinstanz sprechen. Zum einen hätte solch eine Institution keinen entsprechenden Zeugenstatus vor Gericht (wenn es zur Anklage von Polizisten käme), nur die Polizei selber hat diesen besonderen Zeugenstatus. Auch hat zumindest die Polizei in Hamburg bereits durch die „Abspaltung“ des D.I.E. (Dezernat Interne Ermittlungen) an die Behörde für Inneres schon etwas für die unabhängige Kontrollinstanz getan. Zudem sind auch gesonderte Staatsanwälte für Amtsdelikte zuständig. Doch das überzeugendste Argument ist, dass man mit einer ganzheitlichen, unabhängigen Institution ganze Strukturen innerhalb der Polizei ändern müsste. Das liegt vor allem daran, dass man für eine Fallaufklärung Zeugen und Spurensicherung braucht – und das ist nun mal Aufgabe der Polizei. Das ist natürlich insoweit gefährlich, als das schon dort „Verschleierungen“ eines Tatbestandes möglich wären. Allerdings stellt sich die Frage nach der Machbarkeit und Sinnhaftigkeit einer unabhängigen Zeugenbefragung und Spurensicherung. Polizisten wissen am besten, dass gerade in bestimmten Milieus bei Ermittlungen, wie zum Beispiel der Drogenszene, die sogenannte Schwarz-Weiß-Zone eher zu einer Grauzone werden kann und dass die für einen Polizisten rechtlich vertretbaren Mittel auch gerne ausgereizt werden sollten. Hierbei ist es aber schwer den ermittelnden Polizisten zu be- und verurteilen.

Um dennoch gegen weitere Fehlverhalten seitens der Polizei entgegenzuarbeiten, wurden als weitere Maßnahme ein Rotationsprinzip eingeführt, welches Polizisten unmöglich macht Jahre bei ein und derselben Dienststelle zu verbringen und einen „Korpsgeist“ zu bilden, gegen den es schwer ist anzukämpfen.

Kontrolle der Polizeigewalt bislang schwer umsetzbar

Insgesamt ist es schwer ein Kontrollgremium einzuführen, welches im vollen Umfang effektiv die Polizei kontrollieren könnte. Zu schwer wiegen die Veränderungen innerhalb der polizeilichen Strukturen.

Zum Schluss sei nur kurz erwähnt, dass der Vergleich mit den Erkennungsmarken an den Polizeihelmen an einigen Stellen zumindest hakt. Man fordert diese Erkennungsmarken an den polizeilichen Helmen und argumentiert sehr oft mit dem (auch logischem) Grund: Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Warum aber funktioniert dieses Argument nicht woanders? Zum Beispiel in der Drogenpolitik. Die wenigsten Menschen sind dazu bereit Urin-, Blut-  oder Haarproben abzugeben, damit der Chef sieht, wer eigentlich was konsumiert (und ob überhaupt natürlich). Hier kann man die gleiche Argumentation anbringen. Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Aber auch hier wird schnell das Gegenargument formuliert- es ist ein Eingreifen in die Privatsphäre. Natürlich ist es das. Doch wenden wir den Blick wieder zurück zur Polizei. Denn als weiteres Argument in der Debatte um die Kontrolle der Polizei kann angeführt werden, dass die Polizei als Exekutivorgan aber öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Die Polizei ja, aber nicht die Polizisten nach Feierabend. Wer also das Gut der Unantastbarkeit der Privatsphäre hochhält, der sollte es universell hochhalten, ansonsten droht ein Abstieg in die Heuchelei.

Wenn Polizeikommissionen und unabhängige Instanzen nicht greifen, weil sie die Struktur zu sehr einengen und nicht haltbar sind, muss man wohl etwas kleiner anfangen.

Insgesamt 98% der Ermittlungen in Sachen Polizeigewalt in Hamburg werden eingestellt. Laut der Polizei liegt es daran, dass den Polizisten mehr Glauben geschenkt wird, als dem vermeintlichen Opfer. Diese Glaubwürdigkeit hat sich die Polizei, nach Aussagen der D.I.E. auch hart erarbeiten müssen.

Natürlich ist die Verhältnismäßigkeit relevant. Es verlangt immer das Abwägen von Maßnahmen im öffentlichen Interesse gegenüber den dadurch entstehenden Einschnitten in private Interessen und Grundrechte. Aber was eigentlich bedeutsam ist, ist eine vollkommen andere Sache. Es geht um Transparenz.

Warum werden 98% der Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt? Welche Beweggründe gab es dafür? Nicht alles kann auf Glauben beruhen. Dem Bürger transparent die Gründe darlegen um die Nachvollziehbarkeit hinter der Einstellung des Falles rekonstruieren zu können. Transparent auch dann zu bleiben wenn es zur Anklage kommt und dem Bürger immer den Nachweis bringen, dass er nicht in einer Zwei-Klassen Gesellschaft lebt, in der die Polizisten Straftaten begehen können, ohne dafür belangt zu werden. Dass die Polizei teilweise versucht sich vor der Öffentlichkeit zu hüten bringt Werner Lehne nochmals auf den Punkt:

„Weiter kommt noch ein Phänomen hinzu, das unter dem Schlagwort “Mauer des Schweigens” oder auch “Korpsgeist” diskutiert wird: In einer Institution wie der Polizei besteht leicht die Gefahr, daß sich eine kollektive Haltung herausbildet, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die eigene Institution vor Angriffen aus der “Umwelt” zu schützen ist, indem die einzelnen Beamten sich wechselseitig aufeinander verlassen können und keine Informationen nach außen geben, die gegen Kollegen verwendet werden könnten. Dieser Mechanismus führt nicht nur zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aufdeckung und Aufklärung von Fehlverhalten, er macht es einzelnen Polizeibeamten auch nahezu unmöglich, innerhalb der Bahnen der internen Verarbeitung von Mißständen ihr Wissen konstruktiv einzubringen, ohne dadurch Nachteile zu erleiden und unter erheblichen sozialen Druck zu geraten.“

Hier ist noch ein weiterer Punkt relevant. Polizisten sind als keine besseren Menschen zu sehen. Sie machen Fehler. Wenn sie bewusst Fehlverhalten bejahen, dann haben sie den falschen Arbeitgeber gewählt. Wenn es aber unbewusst passiert, dann müssen sie dazu stehen und auch mit den Konsequenzen leben. Vollkommene Transparenz hierbei würde das Misstrauen auf beiden Seiten (Täter und Opfer) verkleinern und wäre ein wichtiger Schritt zum Abbau von Frustration, Wut und Disharmonie auf beiden Seiten. Wenn die Polizei nicht damit aufhört ihr Fehlverhalten „unter sich“ ausmachen zu wollen, ohne den Bürger zumindest zu erklären, was passiert ist und wie es gelöst werden kann, dann werden in Zukunft  noch viel mehr YouTube-Videos zum Thema Polizeigewalt im Internet auftauchen.


Empfohlene Zitierweise:
Goździelewska, Agnieszka (2012): Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

Bibliographie:

Chancer, Lynn S.: High-profile crimes: when legal cases become social causes.
[u.a.]: Univ. of Chicago Press, Chicago 2005.

Friedrichs, Hauke: Schläger in Uniform [aus:] Zeit Online vom 08.07.2010 URL: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty [Abrufdatum: 15.01.2012]

Hagen, Kevin: Das große Schweigen. [aus:] Spiegel Online vom 08.07.2010 URL: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,705422,00.html [Abrufdatum: 15.01.2012]

Jefferson, Andrew M.: State violence and human rights: state officials in the South., Routledge-Cavendish, 2009.

Patalong Frank: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you [aus:] Spiegel Online vom 21.09.2007 URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,506937,00.html [Abrufdatum: 17.01.2012].

Report of the Independent Commission on the Los Angeles Police Department: Chapter 1: The Rodney King Beating. : S. 7. 1991. Als Download unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-20Chistopher%20Commision.pdf [Abrufdatum: 15.01.2012]

 
Weitere interessante Links:

http://polizeigewalt.org/

http://www.polizeigewalt.de/

http://www.amnesty.de/themenbericht/polizeigewalt-im-brennpunkt

  1. Weitere Informationen zu der Verhaftung Kings unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-%20Chistopher%20Commision.pdf (Abrufdatum: 17.01.2012)
  2. Anm.: Man hatte den Prozess auf Antrag der Verteidigung in das benachbarte Venturra County verlagert. Dort war der Bevölkerungsanteil von Afroamerikanern sehr gering, weswegen keiner in die Jury einberufen werden musste
  3. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty  (Abrufdatum: 15.01.2012)
  4. Siehe http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/IKS/quellenundlinks/ki-21.html(Abrufdatum: 11.02.2012)
  5. Anm.: In einem Schulprojekt habe ich insgesamt vier Polizisten und einen Polizeiausbilder interviewt und zwei Polizisten haben damals das immer größer werdende Misstrauen der Bevölkerung in der Polizei kritisiert. Dies würde sich vor allem bei Polizisten in diesem Maße äußern, das der Einwohner selber besser wisse, wie der Polizist sich zu verhalten habe. Bei einem Interview kam dann die Kritik des Polizisten, dass es ihm nicht einfallen würde einem Bäcker zu sagen, wie man Brötchen backen muss.
  6. http://www.amnestypolizei.de/aktuell/taxonomy/term/20 (Abrufdatum: 15.01.12)
  7. Hierbei könnte man nach der Sublimierungstheorie von Sigmund Freud behaupten, dass Polizisten ihre Position ausnutzen und sich der Sublimation mächtiger Triebe, wie den Sexual- und Aggressionstrieb, bedienen und somit ihre Triebe ausleben. Sublimierung ist charakterisiert durch Umwandlung sexueller Triebenergie in nicht-sexuelle Energien. (Vgl. Stein 1984, S.32).
  8. Aus einem Interview mit einem Polizisten. Das Interview vom 28.12.2011 liegt der Autorin vor
  9. Einsehbar unter: www.copwatchla.org
  10. Frank Patalong: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you (aus:) Spiegel.de vom 21.09.2007 (Stand: 17.01.2012)
  11. Wobei dennoch die Kritik angebracht wäre, dass Elektroschocks als sinnlose Polizeigewalt klassifiziert werden können, gleichgültig ob jemand provoziert oder nicht.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/12/vertrauen-ist-gut-kontrolle-ist-besser-uber-rechtswidrige-polizeigewalt/

Weiterlesen

James Bonds Kollegen: Der deutsch-deutsche Spionagefilm ist ein unbekanntes Kapitel der Popgeschichte

Daniel Craig als James Bond in “Skyfall”. (Foto: Sony Pictures 2012) Mit dem Erfolg des jüngsten James-Bond-Film “Skyfall” scheint die “Bonditis” wieder ausgebrochen, die vor 50 Jahren mit dem ersten Bond-Film begann. In den Sixties kämpften auf den Leinwänden auch deutsche Spionagehelden – gegen fiktive Superschurken, aber auch gegen höchst reale Zensoren auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Ein unbekanntes Kapitel deutscher Popgeschichte.   Seine Armbanduhr verbirgt ein Tonbandgerät, sein Koffer ein Schlauchboot und er verfügt über ein Mini-Tauchgerät. Seine Pistole trifft immer ihr Ziel, aber seine Gegner erledigt er lieber mit einem betäubenden Handkantenschlag, stets lächelnd und im tadellos sitzenden Anzug. Er raucht ausschließlich Zigarillos der Marke Monte Christo mit goldenem Mundstück. Frauen sind ebenso machtlos gegen seinen Charme wie Superschurken gegen seine Fäuste. Sein Spitzname: Mister Dynamit. Auf den ersten Blick sieht der Mann mit dem explosiven Faustschlag und der ungewöhnlichen Begabung des Bauchredners einem bekannten britischen Spionagefilm-Helden zum Verwechseln ähnlich. Wären da nicht die Details. Etwa die geheime Dienstnummer: Es ist nicht die 007 sondern die 18. Mister Dynamit ist auch nicht in London verbeamtet sondern in Pullach. Und sein Name ist nicht Bond, sondern Urban. Robert Urban. Der wichtigste Unterschied ist jedoch, dass James Bond ein Weltstar ist, Robert Urban jedoch weitgehend vergessen. Dabei war er einst nichts weniger als der deutsche 007. Mitte der Sechzigerjahre für eine Groschenromanreihe konzipiert, hätte der deutsche Held eine ähnlich erfolgreiche Karriere machen sollen wie sein ungleich bekannterer Kollege vom britischen Auslandsgeheimdienst MI6.   “Dr. No” (1962) James Bond feiert dieser Tage sein 50. Leinwandjubiläum. Noch immer ist er ein „Agent des Zeitgeistes“, wie ihn sein Chronist, der bekennende Fan Werner Greve in einer gerade erschienenen analytischen Hommage genannt hat (Werner Greve: James Bond 007. Agent des Zeitgeistes, Vandenhoeck & Ruprecht 2012). Noch immer schreiben lizensierte Nachfolger die Romanabenteuer fort und noch immer entsteht alle paar Jahre ein Kinofilm. Bonds deutsche Kollegen sind unterdessen weitgehend vergessen. Die „Mister Dynamit“-Hefte erscheinen schon seit Jahren nicht mehr und auch andere harte Männer wie „Kommissar X“ oder „Jerry Cotton“ sind in der Krise. Dabei haben deutsche fiktionale Agenten eine mindestens ebenso brisante Geschichte wie ihr weltbekanntes britisches Vorbild. In den sechziger Jahren kämpften sie auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs — ein weitgehend unbekanntes Kapitel deutsch-deutscher Popgeschichte. Es beginnt in der Zeit des Kalten Krieges, dessen Frontlinie mitten durch das besiegte Deutschland schneidet. Der Kalte Krieg ist eine symbolische Auseinandersetzung, die nicht nur mit dem taktischen Arsenal der Raketen, Panzersperren und dem Marschtritt der Paradestiefel ausgetragen wurde. In weiten Zügen war er ein Konflikt der Kultur, der die Grenzen zwischen „harten“ und „weichen“ Faktoren aufweichte: Als Bedrohung stationierte Raketen waren of nur Theaterkulissen während Filme und Romane als reale Waffen wirken konnten, deren ideologische Botschaften mitten im Feindesland zündeten. Niemand nahm dies so ernst wie die Zensoren. Die Abenteuer des James Bond waren in der DDR verboten. Im Westen hingegen wurden sie ähnlich populär wie zuvor die aus Großbritannien schwappende Beat-Welle, die so genannte Beatlemania. Die zwischen in den Jahren 1953 bis 1965 erscheinenden Romane des Ex-Spions und Erfolgsschriftstellers Ian Lancaster Fleming verbreiteten sich zunächst in Buchform, dann als täglicher Comicstrip in Zeitungen, schließlich als Filme, die hunderte Millionen Pfund einspielten. Der „Spy Craze“ umfasste bald viel mehr als nur Romane und Kinofilme. Die Modewelle erstreckte sich auf Armbanduhren, Autos, Herrendüfte und Wodkasorten, die in einem bislang einzigartigen product placement mit dem Namen James Bond verbunden waren. Tatsächlich aber war der von Fleming geschaffene Charakter weder der einzige, noch der erste fiktive Spionageheld mit Dienstwaffe und Codenummer. In Frankreich etwa veröffentlichte seit 1949 der Autor Jean Bruce die Abenteuer des Geheimagenten OSS 117,  erst kürzlich parodistisch neuverfilmt mit Jean Dujardin. Sammler zählen mehr als 200 Agentenfilme allein im Verlaufe der Sechzigerjahre. Die meisten von ihnen zeigten starke Ähnlichkeit mit der Fleming’schen Welt. So entkam 1965 Geheimagent 505 der „Todesfalle Beirut“ und auch die Amerikaner zog es in „Geheimauftrag CIA – Istanbul 777“ in die Türkei. Dazu kamen Fernsehserien wie „Get Smart“, „I Spy“, „The Saint“ oder „Amos Burke – Secret Agent“. Refugium des Herrenwitzes: Humor aus der prä-feministischen Ära In den USA spielt Dean Martin die Rolle des Geheimagenten Matt Helm und James Coburn den Agenten Derek Flint, der sich während seiner Anstrengungen zur Rettung der Welt stets mit leicht bekleideten jungen Frauen umgibt. Die meisten westlichen Spionagehelden tragen weniger zur Interpretation des Kalten Krieges als vielmehr zur populären Ausgestaltung des Playboys bei und tragen einen altbackenen Herrenwitz und ausgewachsene Macho-Allüren zur Schau. Die Deutschen tun zunächst schwer mit dem Anschluss an die angloamerikanisch geprägte „Spy Fiction“. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich das Konzept des deutschen Nationalhelden ohnehin in der Krise. Die militaristischen Flieger-Asse, Frontkämpfer und Kolonialoffiziere hatten als Helden ausgedient. Ein erfolgreicher Versuch das neue Genre zu beerben war neben „Mister Dynamit“ die Verfilmung der „Kommissar X“-Groschenromane, deren rund 500 Titel im Rastatter Pabel-Verlag erschienen waren und es in den Sechzigern auf eine Gesamtauflage von 60 Millionen gebracht hatten. Allein im Jahr 1966 werden drei davon für die Leinwand verfilmt. Kommisar X – der bundesdeutsche James Bond ist ein Versicherungsagent. Tom Walker alias Kommissar X kämpft darin gegen geheime Killerorganisationen wie die „Gelben Katzen“, die ihre Opfer mit Karateschlägen töten, doch ist der Titelheld kein Geheimagent, sondern als Versicherungsdetektiv tätig: eine sehr deutsche Variante.  Produzent T.M. Werner zufolge unterschieden sich Bond und Walker „beruflich wie ein Sprengmeister von einem Jagdflieger.“ Zuerst noch im Einsatz gegen die weltbedrohende Laserwaffe eines Atomphysikers, zeigt sich Kommissar X auf seinen weiteren Missionen dem Zeitgeist gegenüber äußerst anpassungsfähig und kämpft in den psychedelischen Sixties gegen die Modedroge LSD. Mit der experimentierten nach eigenen Angaben auch seine Schöpfer – was man den Filmen gelegentlich anmerkt. Einen der aussichtsreichsten Versuche zum internationalisierten Genre aufzuschließen unternimmt eine europäische Co-Produktion, die den Deutschen Horst Buchholz in geheimer Mission nach Istanbul entsendet um dort einen Atom-Physiker aus den Händen einer verbrecherischen Organisation zu befreien. Der ehemalige Halbstarke bewegt sich stilsicher zwischen Spielcasinos, türkischen Bädern und Hafenschlägereien, doch trotz Star-Besetzung mit etablierten deutschen Bösewichten wie Klaus Kinski und Mario Adorf und malerischen Drehorten ist „Estambul 65“ („Unser Mann aus Istanbul“) keine Fortsetzung vergönnt. “Tpoas” (1969) Den westdeutschen Beiträgen zum „Spy Craze“ ist mit ihrem Vorbild gemeinsam, dass der Kalte Krieg in der Handlung nur mittelbar eine Rolle spielt. Während Filme von Alfred Hitchcock („The Torn Curtain“, “Topas”) oder John Frankenheimer (“Seven Days in May”) auf den Realismus setzten, der später zum Markenzeichen der spy novels eines John Le Carré werden wird, setzt die popkulturelle Ausgestaltung der „Bonditis“ auf grellbunten Konsum. Mehr noch als Kalte Krieger sind die Geheimagenten, die aus der Popkultur kamen, Snobs und Playboys, die dem Hedonismus weit stärker anhängen als einem platten Antikommunismus. Für den Ostblock macht sie das umso gefährlicher. Die Angriffe der westlichen Popkultur spürt niemand so deutlich wie die Kulturbehörden der DDR. Die Freie Deutschen Jugend leitet immer wieder Dokumente an die Staatssicherheit weiter, in denen Jugendliche anonym die Vorführung westlicher Agentenfilme fordern. Schließlich entschließt man sich zum cineastischen Gegenschlag. Im Jahr 1963, zwei Jahre nach Bau der Berliner Mauer, kreiert die ostdeutsche Filmproduktion DEFA ein neues Genre: den so genannten Kundschafter-Film. In dem sozialistischen Beitrag zum Spionagegenre tritt der Kundschafter als ideologisch gefestigter Agent des Sozialismus auf. Seine Mission: die  Demontage des dekadenten Westens. “Der Kundschafterfilm: eine Waffe gegen den Imperialismus” Als Mutter des Genres gilt der Film “For Eyes Only”, den der Regisseur János Veiczi 1963 für die DEFA dreht. Der Schauspieler Alfred Müller spielt darin den DDR-Spion Hansen, der als vermeintlicher Republikflüchtling den Bundesnachrichtendienst unterwandert und einen Plan zur Invasion der DDR verhindert. Wichtiger noch als diese grob gestrickte Rahmenhandlung ist die Darstellung der westlichen Popkultur. Musteragent Hansen ist der westliche Lebensstil zuwider: Er trinkt lieber Milch statt Alkohol, verabscheut obszöne Modetänze wie den Twist und ist ein treu sorgender Familienvater. Nebenbei bietet der Film eine für DDR-Produktionen ungewöhnliche Portion Action. Am Ende kommt es zu einer spektakulären Flucht über die deutsch-deutsche Grenze: von West nach Ost. DEFA-Presseinformation zu “Eyes Only” (1963) „For Eyes Only“ wird zum Erfolg. Das Programmheft führte das „außerordentliche Interesse“ bei den Zuschauern auch auf das gewählte Genre zurück: „Der Kundschafterfilm erfreut sich seit jeher besonderer Aufmerksamkeit, vor allem bei einem jugendlichen Publikum.“ Vom westlichen Vorbild man grenzt sich bewusst ab: der Film führe „seinen Helden nicht als einen Supermann vor, wie er bei ähnlichen Filmen aus der bürgerlichen Produktion hinreichend bekannt ist. Die Schwere der Kundschaftertätigkeit wird deutlich, weil er es mit hochqualifizierten Gegnern zu tun hat, die auch über entsprechende technische Möglichkeiten verfügen. So lösen sich die für ihn auftauchenden Probleme nicht mit einer charmanten Handbewegung, sondern nur durch hohen persönlichen Einsatz, durch entsprechend kluge Reaktionen.“ Dieser Realismus mache ihn zu einem Instrument sozialistischer Erziehung, der „auf hervorragende Weise geeignet ist, an seinem Beispiel über Fragen der patriotischen Erziehung zu sprechen, über die Abwehr imperialistischer Machenschaften gegen die DDR und die sozialistische Staatengemeinschaft“. Die Serie „Das unsichtbare Visier“ beerbt das Genre erfolgreich im DDR-Fernsehen. Die popkulturellen Waffen des Ostens werden auch im Westen gefürchtet. Eines der dunkelsten Kapitel der Kulturgeschichte des Kalten Krieges ist die Zensur. Nicht nur im Osten, auch im vermeintlich freien Westen werden die fiktionalen Unterhaltungswerke des politischen Gegners unterdrückt. Dafür ist der „Interministeriellen Ausschusses für Ost/West Filmfragen“ zuständig. Die Aufgabe dieser ominösen, im Verborgenen agierenden Kommission war nichts anderes als die Zensur kommunistischer Filme. In dem 1953 auf Initiative des Innenministeriums der Bundesrepublik gegründeten Gremium, das bis 1966 in Kraft war, saßen neben Vertretern der Ministerien auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz: Reale Geheimdienstler verhandelten hier die fiktionalen Agenten. Es ist schwer vorstellbar, dass man die Leinwandabenteuer eines Mister Dynamit, eines Kommissar X oder eines sozialistischen Saubermannes einst so ernst nehmen konnte, dass sich Behörden mit ihrem Verbot befassten. Diese kulturellen Kämpfe aber nur als Nebenschauplätze der politischen Auseinandersetzung zu begreifen, hieße den Kalten Krieg zu verkennen. Ein Konflikt, der auf der Ebene von Symbolen geführt wurde und im Kern ideologisch war, musste Ideen und Kulturprodukte als reale Waffen betrachten. So antiquiert uns heute die Helden aus jenen Jahren vorkommen mögen: Sie haben zeithistorische Bedeutung. Schließlich waren es keine Minikameras, Abhörprotokolle, Überläufer oder Strategieinformationen aus dem Arsenal der geheimen Dienste, die den Kalten Krieg am Ende entschieden. Den realen Sozialismus besiegten vielmehr die hedonistischen Verheißungen des Kapitalismus: Wohlstand, Konsum und grenzenlose Freizügigkeit. Selten dürften diese Verlockungen besser geschüttelt und schöner gerührt worden sein, als in der Popkultur des 20. Jahrhunderts und die hatte mehr Agenten als nur einen James Bond. Dieser Essay ist eine gekürzte und überarbeitete Version eines Vortrages, den Bodo Mrozek auf der Konferenz „Cold War Culture. The Global Conflict and its Legacies in Germany since 1945“ der School of History des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und der University of Cambridge am 20. September 2012 hielt. Er wurde gedruckt in der Literaturbeilage der Wochenzeitung Die Zeit (Nr. 45, November 2012, S. 16-17) und erscheint hier erstmals online.

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/449

Weiterlesen

“Für die Kisten produziert” – künstlerische Fotografie in der DDR

Mit der Ausstellung “Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1949 – 1989″ zeigt die Berlinische Galerie erstmals eine umfangreiche Sammlung von DDR-Künstlern, die – ausgehend von Werken über die Nachkriegszeit – vielfältige Spuren des ehemaligen Staates sichtbar machen. Ohne die Geschichte der DDR in den Mittelpunkt zu stellen, widmet sich die Ausstellung ganz den Künstlern – Arno Fischer, Sibylle Bergemann und Christian Borchert u.a. – und ihren Werken.

Wie gelang es den Künstlern, unabhängig von staatlicher Repression zu arbeiten? Zeichnen sich künstlerische Linien ab, die parallel zu westlichen Entwicklungen verlaufen? Und können künstlerische Fotografien aus der DDR gezeigt werden, ohne sich gleichzeitig mit der DDR als historischem Gegenstand zu beschäftigen?

Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” in der Berlinischen Galerie sprechen wir mit Direktor Thomas Köhler über die Fotografie als künstlerisches Medium, die Bedeutung der Fotografie in der DDR und den Vermittlungsauftrag von Museen und Galerien.

Und hier noch die Timeline zum Gespräch

0:41 Berlinische Galerie als gesamt-Berliner Galerie

2:08 DDR-Geschichte steht nicht im Vordergrund, das Werk soll an sich wirken

6:03 die Rolle der Fotografie in der DDR

9:05 eine Liberalisierung über die Jahre ist erkennbar

11:58 es fand ein kreativer Austausch der Fotografen von Ost und West statt

15:08 die Aufarbeitung von Kunst in der DDR ist noch nicht abgeschlossen

18:05 kann es künstlerische Fotografie in der Diktatur geben?

21:00 auch Schulklassen kommen in die Ausstellung

23:00 Montagsradio Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/11/29/fur-die-kisten-produziert-%E2%80%93-fotografie-in-der-ddr/

Weiterlesen

Individuelles Lebensgefühl oder ideologische Bildpropaganda?

In der DDR wurde die Fotografie als Kunstform erst in der zweiten Hälfte der 70er Jahre anerkannt. Die Ausstellung “Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1949 – 1989″ in der Berlinischen Galerie zeigt nun Arbeiten, die den Zeitgeist mehrerer Generationen widerspiegeln. Im kommenden MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen wir mit dem Direktor der Berlinischen Galerie, Dr. Thomas Köhler, über Fotografie als künstlerisches Medium und die Rolle der Fotografie in der DDR.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/11/26/individuelles-lebensgefuhl-oder-ideologische-bildpropaganda/

Weiterlesen

Der Ursprung des Anti-Amerikanismus

Von Stefan Sasse

Typische anti-amerikanische Darstellung
Der Anti-Amerikanismus ist in Deutschland tief verwurzelt. Wir schleppen ihn bereits seit langer Zeit in unserer historischen DNA mit herum. Man begegnet ihm in verschiedenen Formen, ob es in der pauschalen Aburteilung der Amerikaner als ein "kulturloses" Volk ist - Stichwort Hollywood - oder ob es die oftmals blutigen Interventionen in anderen Staaten ist. Obwohl die Deutschen bereits im 19. Jahrhundert eine Meinung zu den Amerikanern hatten (Friedrich Daniel Bassermann etwa zog die USA in seinem Aufruf zur Wahl einer Nationalversammlung 1848 ausführlich und explizit als Vorbild heran), entwickelte sich das eigentliche, spannungsgeladene Verhältnis zu Amerika erst in den 1920er Jahren. Die Amerikaner waren für Deutschland vorher keine echte Größe. Das ausgehende "lange 19. Jahrhundert" (1789-1914/18) war so eurozentristisch gewesen, dass der langsame Aufstieg der USA zur Großmacht eher unbemerkt vonstatten ging, noch dazu, da die Amerikaner dem Kolonialismus offen abschworen. Ihr entscheidender Eintritt in den Ersten Weltkrieg, ihr demokratisch-liberales Versprechen der "14 Punkte" und der von den Deutschen als Verrat empfundene Gang der Friedensverhandlungen in Versailles schleuderten die USA mit einem Mal jäh in die deutsche Aufmerksamkeit.

Der Anti-Amerikanismus der 1920er Jahre war vornehmlich eine konservative Erscheinung. Nicht nur verübelten die Rechten den USA ihre Teilnahme am Weltkrieg gegen Deutschland. Der wirtschaftliche Erfolg Amerikas und seine wichtige Rolle für die Finanzierung Deutschlands, das mit amerikanischen Krediten die Reparationen aus dem Versailler Vertrag bediente, sorgten ebenfalls für Animositäten. Zum Teil aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus, zum Teil auch einfach aus Chauvinismus entwickelten die Rechten einen Anti-Amerikanismus, der sich vor allem durch seinen konstruierten Gegensatz von Zivilisation und Kultur auszeichnete. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert hatten deutsche Vordenker gerne einen solchen Gegensatz zwischen Deutschland und England gezeichnet, der nun nahtlos auf die USA übertragen wurde, wo er auf deutlich furchtbareren Boden fiel. 
Man beachte die Sprache.

Dieser Lesart zufolge habe Deutschland "Kultur" - man muss sich im Geiste dazu Goethe, Mozart und Hegel denken - während die USA zwar die Annehmlichkeiten der "Zivilisation" besitzen - also Kühlschränke, Autos und Telefone - aber eben jegliche geistige Entwicklung vermissen ließen. Verstärkt wurden diese Vorurteile durch Reiseberichte, die im Tenor negativ die neuen Entwicklungen und Trends aus den USA in den Fokus rückten, vor allem den Jazz, Radio und den aufkommenden Massenkonsum. Da diese Entwicklungen zeitverzögert auch in Deutschland ankamen und im konservativ und völkisch geprägten Rechts-Milieu auf Ablehnung stießen, konnte der Anti-Amerikanismus massentauglich werden, war man doch mit dem "amerikanischen Sittenverfall" bereits vor der eigenen Haustüre konfrontiert. Zusätzlich eigneten sich die USA mit ihrer schwarzen Bevölkerung und der vergleichsweise geringen Diskriminierung von Juden als Projektionsfläche für rassistische Ressentiments. Diese Entwicklung verstärkte sich in der Nazi-Diktatur natürlicherweise noch und fand ihren Höhepunkt während des Krieges.

Nach dem Krieg jedoch war Anti-Amerikanismus auf Seiten der Rechten ein Randphänomen der Extremisten, vor allem der Neo-Nazis. Die Konservativen und Bürgerlichen warfen sich dem neuen Freund, der ihren bürgerlichen Staat gegen den drohenden Kommunismus zu garantieren schien, um den Hals. Zwar lebten die Ressentiments gegen die "Zivilisation" fort, blieben jedoch auf die heimischen Wohnzimmer begrenzt, wo man den Nachwuchs möglichst lange von der aufkommenden amerikanischen Popkultur von James Dean bis Elvis fernzuhalten gedachte. Da die deutsche Kulturszene aber kein eigenständiges Angebot machen konnte, war der Siegeszug der amerikanischen Unterhaltungsindustrie nicht aufzuhalten, und das Meckern verkam zu einer reinen Symbolgeste, mit der man seine eigene Intellektualität unterstrich. 

Anti-amerikanische Demo 1984
Stattdessen entwickelte sich auf der Linken in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein gänzlich anderer Strang deutschen Anti-Amerikanismus. Für sie war Amerika bisher weder Urquell alles Bösen noch großer Magnet der Hoffnungen gewesen. Der Ost-West-Konflikt aber schleuderte sich als links begreifende Menschen fast automatisch in eine antagonistische Position zu den USA (und eine freundliche zur Sowjetunion). Die sowjetische Propaganda verstand dies geschickt auszunutzen, indem sie den USA einen neo-kolonialen "Imperialismus" vorwarf (der sich nicht von ungefähr noch heute im linken Standardrepertoire findet) und sich selbst quasi per sozialistischer Selbstzuschreibung für immun erklärte. Dies ist, nebenbei bemerkt, praktisch eine Umkehrung der amerikanischen Position aus dem 19. Jahrhundert, in der man wohlfeil den europäischen Mächten Kolonialismus vorwarf, während man sich selbst im Pazifik ein Kolonialreich zusammeneroberte und dies mit Verweis auf seine demokratische Verfassung heftig bestritt. 

Diese Frontstellung der Linken gegen die USA zog sich durch die gesamte Zeit des Ost-West-Konflikts hindurch. Sie ist auch die Hauptwurzel des linken Anti-Israelismus, der praktisch nichts mit Anti-Semitismus zu tun hat, wie es seine rechte Spielart tut. Auch die Frontstellung gegen Israel ist ein eher zufälliges Produkt des Ost-West-Konflikts, denn die USA unterstützten Israel, die Sowjetunion seine Gegner. Dieser Frontstellung konnte sich praktisch niemand entziehen, weder auf der einen Seite (wo Kritik an den USA lange Zeit Vaterlandsverrat fast gleichgestellt war) noch auf der anderen Seite (wo die USA spätestens seit Vietnam der Feind Nr. 1 waren). 

Anti-amerikanisches Graffiti in Venezuela
Der konservative Anti-Amerikanismus hat sich im Gedächtnis der Bevölkerung besser gehalten, weil er unpolitisch ist. Ein Verweis auf die mangelnde Bildung und Kultur der Amerikaner ist schnell gemacht, wird praktisch überall goutiert und verlangt keine tiefer gehende Beschäftigung mit dem Gegenstand. Der linke Anti-Amerikanismus dagegen ist zutiefst politisch und stigmatisiert die USA als Inbegriff des verhassten radikal-kapitalistischen Systems und des "Imperialismus". Er erfordert einen größeren Grad an politischem Bewusstsein, ist aber in diesen Kreisen dafür umso wirkmächtiger. Seine oftmals radikale und ultimative Ablehnung der USA korrespondiert mit der gleichermaßen emphatischen Ablehnung der USA durch die extreme Rechte, die in alter Tradition ebenfalls den Radikallapitalismus ablehnt (der freilich so auch an der Wallstreet nicht existiert), die "Vernegerung" des Landes beschreit und die USA als "Besatzungsmacht" ablehnt. Die Kritikflächen scheinen zwischen linkem und rechtsradikalem Anti-Amerikanismus ähnlich, insbesondere in der Ablehnung der Unterstützung für Israel und der Ablehnung des Kapitalismus, aber das ist reiner Zufall. Linke und Rechte werden fundamental unterschiedlichen Motivationen in ihre Ablehnung gegen die USA getrieben. Trotzdem oder gerade deshalb ist es ihren Gegnern aber ein leichtes, sie in denselben Topf zu werfen und damit in der breiten Bevölkerungsmehrheit zu disavouieren, damals wie heute.

Bildnachweise:
Teheran - Bertil Videt (GNU 1.2)
Demo -  Bundesarchiv, Bild 183-1984-0909-406 / Schindler, Karl-Heinz / CC-BY-SA
Venezuela -  Erik Cleves Kristensen (CC-BY-SA 2.0)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/11/der-ursprung-des-anti-amerikanismus.html

Weiterlesen

(H-Soz-u-Kult): 0,5 Wiss. Mitarb. “Neuere Geschichte, Zeitgeschichte” (FU Berlin) // 0,5 Assistent/in “Geschichte des Spätmittelalters und der Renaissance” (Univ. Basel)

Institution: FU Berlin, Berlin Datum: 01.01.2013-31.12.2016 Bewerbungsschluss: 22.10.2012 0,5 Wiss. Mitarb. "Neuere Geschichte, Zeitgeschichte" (FU Berlin) http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/chancen/id=7827&type=stellen :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Institution: Universität Basel, Basel Datum: 01.02.2013-31.01.2017 Bewerbungsschluss: 31.10.2012 0,5 Assistent/in "Geschichte des Spätmittelalters und der Renaissance" (Univ. Basel) http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/chancen/id=7815&type=stellen :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Weitere Job- und Stipendienangebote finden Sie unter: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/chancen Copyright (c) 2012 by H-Net and Clio-online, all rights […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/10/3371/

Weiterlesen

Die deutsche Einheit, Teil 1

Von Stefan Sasse

Brandeburger Tor, Dezember 1989
Als die DDR 1989 den 40. Jahrestag ihres Bestehens feierte, knirschte es bereits heftig im Gebälk. Der sowjetische Staatschef Gorbatschow, der anlässlich der Feiern in Berlin weilte, kündigte dem Land de facto die Gefolgschaft auf – und ohne die Unterstützung der Sowjetunion war die DDR in ihrer damaligen Form nicht zu halten, das musste allen klar sein, selbst Erich Honecker. Die frenetischen Reformversuche der SED nach Honeckers Entmachtung und dem Mauerfall zeigen, dass die Parteiführung das auch erkannt hatte – sie kam jedoch wesentlich zu spät und musste mit einer Konkursmasse arbeiten, die kaum mehr Handlungsspielraum bot. Dazu kam noch die erdrückende Umarmung aus dem Westen, denn auch wenn er rhetorisch noch etwas anderes behauptete, so hatte Bundeskanzler Helmut Kohl längst die Weichen auf die deutsche Einheit gestellt – nach Artikel 23GG, was ein substantielles Mitspracherecht der SED effektiv ausschloss. Im Folgenden sollen die Schritte, die zur deutschen Einheit führten, besprochen werden, ehe der Blick auf eine Bewertung dieser Vorgänge gerichtet werden kann.

Selbst die größten Verteidiger der DDR können nicht verleugnen, dass das Land sich 1989 in ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Bereits 1983 hatte nur die Vermittlung von Franz Josef Strauß – ausgerechnet! – über einen Milliardenkredit den drohenden Bankrott des Landes abgewendet. Dieser Kredit zeigt, dass die Bundesrepublik kein grundsätzliches Interesse am Untergang der DDR haben konnte. Der Grund dafür ist leicht zu erraten: ein Bankrott der DDR würde nicht ohne schwere innenpolitische Verwerfungen abgehen. Solche Verwerfungen aber gefährdeten den damals von der UdSSR keinesfalls in Frage gestellten Verbleib des Landes im Ostblock und mussten daher sowjetische Reaktionen hervorrufen. Die Gefahren, die aus einer solchen Situation resultieren konnten waren in der damals wieder aufgeheizten Situation (man denke an den NATO-Doppelbeschluss) kaum zu unterschätzen. Die wichtigste Frage ist also, was 1989 anders war als 1983, warum die BRD plötzlich bereit war, aggressive Schritte zur Auflösung und Integration der DDR zu gehen, die in dem eher zurückhaltenden Regime der Bonner Außenpolitik sonst undenkbar gewesen wären. 

Michail Gorbatschow, 1986
Diese Ursache liegt in der Situation der Sowjetunion begründet. In der deutsch-deutschen Politik war seit 1949 nichts ohne die Zustimmung der großen Blockvormächte USA und UdSSR zu machen gewesen. Die BRD besaß zwar seit 1955 formell außenpolitische Souveränität durch das Ende des Besatzungsstatus; da aber innerdeutsche Angelegenheiten bis zum Abschluss eines Friedensvertrags den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs unterlagen und diese sich im Konsens einigen mussten, war unter der Situation des Kalten Krieges hier nicht viel zu gewinnen – die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition stellte hier eher die Ausnahme als die Regel dar und vollzog eher einen Schwenk, den die Siegermächte sich bereits länger gewünscht hatten. Als 1985 Michail Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU wurde, änderte sich die Situation in der Sowjetunion aber grundsätzlich. Nicht nur wollte Gorbatschow mit Glasnost („Offenheit“) Reformen im eigenen Land einleiten (die er implizit auch für die Blockstaaten forderte), sondern im Rahmen der Perestroika („Umbau“) auch die Außenpolitik auf eine andere, etwas kooperativere Grundlage stellen. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig jegliche Legendenbildung zurückzuweisen, nach der Gorbatschow die Sowjetunion und den Ostblock generell in Richtung Westen hätte umbauen wollen – die vorherrschende Rolle der KPs in den jeweiligen Ländern und der Sowjetunion in der Region stand für ihn nie zur Debatte; er wollte sie lediglich modernisieren. 

Während die Sowjetunion eine zaghafte Öffnung begann, sah die Führung der DDR auf eine bestimmte Weise klarer als Gorbatschow: Honecker und seine Verbündeten im Politbüro waren sich sicher, dass eine Öffnung unter Glasnost und Perestroika ihr Ende bedeuten würde und lehnten sie entschieden ab. Sie waren sich der Gefährdung ihrer Herrschaft nur zu bewusst, denn die DDR hatte 1953 selbst einen Aufstand erlebt, der nur durch sowjetische Panzer unterdrückt werden konnte (was Gorbatschow 1989 explizit ausschloss und die SED damit fallen ließ) und war durch die Revolutionen in Ungarn 1956, der Tschechoslowakei 1968 und Polen seit 1980 jedes Mal selbst gefährdet gewesen und hatte die Grenzen schließen müssen. Als die Glasnost und Perestroika in diesen sozialistischen Nachbarländern in den späten 1980er Jahren erneut für Unruhen sorgte und Ungarn seine berühmte Grenzöffnung nach Österreich vollzog, schloss die DDR erneut die Grenzen und machte sich effektiv zu einer Insel inmitten Europas – eine unhaltbare Position. 

Khomeinis Rückkehr 1979 löste die 2. Ölkrise aus
Die prekäre Lage der DDR entsprang zwei Hauptursachen. Die eine war eine der politischen Mentalität, die andere war wirtschaftlich. Die politisch-mentale war eine beinahe bleierne Schwere, die über dem Geistesleben des Landes lag. Selbst sozialistische Denker, die den Westen verachteten und alternative Wege des Sozialismus suchten, wurden aus Sorge um das Machtmonopol der SED unterdrückt. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns etwa kann nur pars pro toto stehen. Noch schwerwiegender für das Regime aber war die wirtschaftliche Lage. Die DDR und ihre Produkte waren nicht wettbewerbsfähig, es kam zu Engpässen, an Konsumgütern herrschte Dauermangel und die Lage auf dem Wohnungsmarkt blieb dauerhaft angespannt. Dazu kam, dass die Ölkrisen der 1970er Jahre die DDR wegen ihrer starken Importabhängigkeit schwer getroffen hatten, denn die UdSSR, von der sie ihr Öl bezog, hatte im Umfeld der Ölkrisen ihre Preise stark erhöht. Ohne neue Kredite konnte sich die DDR mittelfristig nicht mehr refinanzieren, und aus dem gebeutelten Ostblock waren solche Kredite nicht zu haben, während Investoren das Land kaum attraktiv finden konnten. 

Um das zu ändern, musste das Land eine ganze Reihe tiefgreifender Reformen unternehmen, die alle auf eine stärkere marktwirtschaftlichere Orientierung hinausliefen. Das bedeutet nicht, dass das Land eine zweite BRD hätte werden müssen – es sind genügend alternative Wirtschaftsideen vorhanden, an denen man sich hätte versuchen können, ohne gleich eine radikale Transformation in den Kapitalismus zu übernehmen, wie dies dann geschah. Das Problem mit all diesen Varianten war aber eben, dass sie tiefgreifend waren und die Interessen- und Machtgeflechte der Partei wenn nicht in Frage stellten so doch zumindest erschüttern und verändern würden. Von den staatlichen Banken über die großen Unternehmenskonglomerate und die landwirtschaftlichen Produktionseinheiten der LPGs hing alles irgendwie an der Partei, war der Aufstieg unmittelbar mit der Linientreue verknüpft. Reformen würden das ändern und diese Machtbasis entfernen – eine Gefahr, die Honecker wesentlich deutlicher sah als Gorbatschow und sich deswegen dem auch entgegenstemmte.

Abzeichen der Friedensbewegung, einer starken opp. Strömung
Im Frühsommer 1989 kam zu diesen wirtschaftlichen Problembedingungen allerdings die politische Dimension hinzu. Trotz der gängigen Unterdrückungspraktiken des Regimes begann sich eine immer stärker wahrnehmbare Opposition zu formieren, die Freiräume geschickt auszunutzen wusste – etwa unter dem Dach der evangelischen Kirche. Vermehrt kam es zu Treffen und Unmutsbekundungen, begannen sich DDR-Bürger zu formieren und über Alternativen nachzudenken und sie auch zu fordern. Als Gorbatschow die Feiern zum 40. Jahrestag besuchte, war diese Bewegung bereits so weit fortgeschritten, dass sie sich traute, die Feierlichkeiten mit Protesten zu überschatten. Sie ging dabei auch insoweit sehr geschickt vor, als dass die Gorbatschow und seine Glasnost&Perestroika-Reformen als Vorbild erklärte und von der DDR-Führung „nur“ einforderte, dem Vorbild des großen Bruders aus dem Osten zu folgen – etwas, das die SED fast 40 Jahre lang unter dem Slogan „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“ praktiziert hatte. Die 180-Grad-Wende, die die SED nun zu beschreiben gezwungen war, entbehrte jeglicher Glaubwürdigkeit („Würden Sie ihre Wohnung tapezieren, nur weil Ihr Nachbar das tut?“). Der Druck auf Honecker stieg immer weiter. 

Der erste große politische Protest in der DDR aber fand bereits im Mai 1989 statt. Der Anlass waren die Kommunalwahlen. Wie üblich fälschte die SED großzügig die Wahlscheine, um auf die üblichen Werte im hohen 90%-Bereich zu kommen, aber die reine Zahl der oppositionellen Stimmen ging weit über das Gewohnte hinaus. Da die Auszählungen offen waren – Teil der demokratischen Legitimationsstrategie der SED – konnte diese Fälschung nur funktionieren, indem Gegenstimmen als ungültig gezählt wurden. Zum ersten Mal beobachteten aber viele Bürger den Prozess und protestierten lautstark gegen dieses Vorgehen – eine für das Regime ungewohnte Situation, mit der sie nicht umzugehen wusste und auf die es hauptsächlich mit Repression reagierte. Die Protestdemonstrationen, besonders auf dem Alexanderplatz, begannen sich schnell zu verfestigen und zu Dauerinstitutionen zu werden. 

Grenzbefestigung in Tschechien
Den nächsten Schlag erlitt die SED, als Ungarn und die Tschechoslowakei im Rahmen der von Gorbatschow betriebenen Auflösung der Breschnew-Doktrin (die eine Unterordnung der Außenpolitik unter Moskau gefordert hatte) ihre Grenzen zum Westen öffneten. Die DDR reagierte schnell und schloss ihrerseits die Grenzen zu diesen Ländern; viele Urlauber, die sich zur Zeit dort befanden, nutzten allerdings die Gelegenheit und flüchteten in die BRD, was für das Regime verheerende Fernsehbilder erzeugte. Nennenswert ist hier besonders die Besetzung der bundesdeutschen Botschaft in Prag, wo Flüchtlinge tagelang kampierten, ehe die DDR der Ausreise zustimmte – in einem Sonderzeug über das Territorium der DDR. Was sich die SED davon versprochen hatte ist nicht ganz klar, denn die Fahrt geriet zu einem regelrechten Triumphzug und führte die Probleme des Landes einmal mehr der ganzen Welt vor Augen. 

Das nächste große politische Signal war die Gründung des „Neuen Forums“ am 9./10. September 1989. Gedacht war es als eine Art basisdemokratische Organisation zur Formulierung oppositioneller Ideen und Ausübung von Druck auf die SED. Entgegen heutiger BRD-Folklore war es keine Vorstufe zur Einigung; die Auflösung der DDR stand nicht auf der Agenda. Den Initiatoren ging es darum, eine bessere DDR zu schaffen, nicht, sie abzuschaffen. Die Initiatoren des Forums hatten selbst nicht damit gerechnet, wie populär es innerhalb kürzester Zeit werden sollte. 

Der Platz des Himmlischen Friedens
Ein herber Rückschlag für die Oppositionellen war das Schicksal der zeitgleich stattfindenden Proteste in China auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Die Niederschlagung dieser Proteste durch die chinesische KP war, obwohl anders als in den westlichen Medien berichtet gar nicht auf dem Platz selbst, eine blutige Angelegenheit. Die entsprechenden Fernsehbilder entsetzten die Zuschauer auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, aber während sie für den Westen nur eine Bestätigung der postulierten Unmenschlichkeit des Ostens waren nutzte das Staatsfernsehen der SED sie, um die eigenen Bürger zu verunsichern und in Angst zu halten und kommentierte sie schonungslos. Der Eindruck, dass die DDR zu ähnlichen Maßnahmen greifen würde, wurde bewusst geschürt und verließ die Einwohner des Landes bis zum Mauerfall auch nicht mehr. Die SED nutzte diese Furcht massiv aus, um die Menschen vom Protestieren abzuhalten. Das Schlagwort von der „chinesischen Lösung“ machte alsbald die Runde. Anfang Oktober wurde zudem die NVA in „erhöhte Alarmbereitschaft“ versetzt. Gestoppt wurden die Proteste dadurch allerdings nicht. Noch immer protestierten wöchentlich hunderte und tausende von Oppositionellen gegen die SED und ihre Herrschaft über die DDR, und die Proteste ebbten auch zu den 40. Jahrestagsfeierlichkeiten nicht ab.

Bildnachweise: 
Brandenburger Tor - DoD photo, USA (gemeinfrei)
Gorbatschow - RIA Novosti archive, image #359290 / Yuryi Abramochkin (CC-BY-SA 3.0)
Khomeini - sajed.ir (GNU 1.2)
Logo - unbekannt (gemeinfrei)
Grenze - Ladin (GNU 1.2)
Platz - LuxTonerre (CC-BY-SA 2.0)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/10/die-deutsche-einheit-teil-1.html

Weiterlesen

ViFa Geschichte Nr. 09 (2012): Neue Artikel auf Docupedia-Zeitgeschichte

Timothy S. Brown, 1968. Transnational and Global Perspectives, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.6.2012, URL: docupedia.de/zg/1968?oldid=82351. Timothy S. Brown stellt in seinem Beitrag für Docupedia heraus, dass das Jahr „1968“ als eine Chiffre für den politischen und sozialen Wandel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu verstehen ist. Brown fragt nach dem generationellen Zusammenhang und […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/09/3323/

Weiterlesen

Zeitgeschichte und Digital Humanities

Hinweis: Dieser Text erschien zuerst bei den Kollegen von Docupedia Zeitgeschichte. Ist Facebook eine zeithistorische Quelle, und wer archiviert die Tweets der Politiker? Wie nutzt man digitale Quellen, und wie verändert sich die Quellenkritik, wenn die Kopie sich vom Original nicht mehr unterscheiden lässt? Mit dem digitalen Wandel der letzten Jahre stellen sich einige grundlegende [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6426

Weiterlesen

Kurzer Prozess: Die Verfolgung von Jugendkulturen als “Rowdies” hat eine lange Geschichte

Das drakonische Urteil gegen die Musikerinnen der russischen Punk-Band Pussy Riot vom 17. August 2012 hat eine lange Vorgeschichte. Schon im Zarenreich und im Staatssozialismus diente der Vorwurf des “Rowdytums” der Unterdrückung von Jugendkulturen. 


Politische Urteile gibt es viele in Russland. Die Verurteilung der drei jungen Frauen des russischen Punk-Kollektivs Pussy Riot aber erregt weltweit Empörung. Menschen fühlen sich angesprochen, weil die Musik auch ihre eigene ist, das macht das Urteil für viele zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Das Moskauer Urteil gegen die Musikerinnen wird nicht nur Geschichte machen, es hat auch eine. Die Entscheidung der Richterin steht in einer langen und unrühmlichen rechtshistorischen Tradition autoritären und antiliberalen staatlichen Handelns. Dies belegt schon der Tatbestand des „Rowdytums“, unter dem die Anklage stand. Der Vorwurf des „Chuliganstvo“ hat eine lange Vorgeschichte.

Bereits im Kommunismus spielte er eine wichtige Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner, wie der Regensburger Rechtswissenschaftler und Osteuropa-Experte Friedrich-Christian Schroeder schon in den sechziger Jahren herausarbeitete. Schroeder fand Ursprünge in revolutionärer Zeit, etwa im Aufruf „An die Bevölkerung“ vom November 1917: „Errichtet strengste, revolutionäre Ordnung, unterdrückt gnadenlos die Versuche zur Anarchie von Seiten der Säufer, Rowdys, konterrevolutionären Junker, Kornilow-Leute und dergleichen“, hieß es da in revolutionärem Duktus. Der Autor des Manifestes war Wladimir Iljitsch Lenin.

Ein Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür

Dass Lenins Formulierungen nicht nur Revolutionsrhetorik waren, bewies er zwei Monate darauf, als er sie in einer Schrift über den Wettbewerb wiederholte. Dort gelten die „Rowdys“ gemeinsam mit den Reichen, Gaunern und Schmarotzern als „Auswurf der Menschheit“, als „rettungslos verfaulte und verkommene Elemente“. Die „Seuche, diese Pest, diese Eiterbeule“ sei eine Hinterlassenschaft des Kapitalismus, die beseitigt werden müsse.

Ein Dekret vom Februar 1918 setzte die expressive Prosa in konkrete Handlungsanweisungen um: Danach waren Rowdys ebenso wie feindliche Agenten und deutsche Spione „am Ort des Verbrechens zu erschießen“. Worin genau das Rowdytum bestand, definierten immer neue Erlasse immer wieder neu. Dabei ging es nicht nur um den Kampf gegen Zerstörungen und Schlägereien unter Alkoholeinfluss, die traditionell als Problem galten. „Chuliganen“ waren nicht nur Gewalttäter. Eine Verordnung von 1923 definierte als Rowdytum jene „Handlungen, die von einer offensichtlichen Missachtung der Gesellschaft begleitet sind, insbesondere Unfug jeder Art, Ausschreitungen, grobes Schimpfen“. Für die Revolutionstribunale der jungen Sowjetmacht hatten derart dehnbare Definitionen die wichtige Funktion, kurzen Prozess mit all jenen machen zu können, die nicht ins gängige Raster staatlicher Verfolgung passten.

Schon Lenin verstand „Rowdys“ als „Auswurf der Menschheit“Auch in der postrevolutionären Phase der Stabilisierung des Sowjetsystems blieb der Rowdy-Paragraph ein wirksames Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür. Zwar wurden tatsächliche oder vermeintliche Rowdys nun nicht mehr erschossen, sondern mit Geld- und Freiheitsstrafen oder mit Verbannung bestraft. Doch sieht der Sowjetrechtsexperte Schroeder in der unter Stalin vollzogenen Konsolidierung eine „frostige Erstarrung unter Beibehaltung fast aller kriegsbedingten Verschärfungen der Repression“. Nach Stalins Tod wurde 1956 unter Chruschtschow das Rowdytum in schwere und minderschwere Delikte unterteilt und letztere mit leichten Strafen, etwa kurzer Haft, belegt. Was wie eine Entschärfung aussah, war tatsächlich ein Mittel für massenhafte Einschüchterung.

„Liquidierung des Rowdytums“

Wie der Historiker Brian Lapierre vor einigen Jahren in den „Cahiers du Monde Russe“ analysierte, war die Kampagne gegen Rowdys nun nicht mehr ein Instrument, um vermeintliche Staatsfeinde mit schweren Strafen aus dem Verkehr zu ziehen. Nun konnten Menschen wegen minderschwerer Vergehen mit kurzen Strafen belegt werden, dies aber in großem Ausmaß. Die Verurteilungen überschritten in den fünfziger Jahren die Millionengrenze. Eine „minderschwere Strafe“ konnte etwa in zwei Wochen Arbeitslager bestehen. Die vage Beschreibung des Rowdytums umfasste auch Verstöße gegen Ruhe und Ordnung, „respektloses Verhalten gegenüber anderen Bürgern“ sowie „Obszönitäten und Ungehörigkeiten“ aller Art.

Diese Gummiparagraphen waren keineswegs neu. Zwar betonten die Gesetzgeber der Sowjetunion gern den radikalen Bruch zur Justiz des Zarenreiches, doch kannte bereits das zaristische Recht „Vergehen wider die Wohlanständigkeit, Ordnung und Ruhe“, das sich allerdings vom sowjetischen Recht durch minder drastische Strafen unterschied. Der Rowdyparagraph war nicht auf die Sowjetunion allein beschränkt. Jüngere Wissenschaftler wie der Prager Historiker Matej Kotalik erforschen derzeit, inwieweit sowjetisches Strafrecht auch die Bestimmungen anderer sozialistischer Staaten prägte.

In der DDR etwa galten die Anstrengungen der Volkspolizei um 1960 ebenfalls verstärkt der „Liquidierung des Rowdytums“ und der „Zersetzung“ jugendlicher Gruppen mit nachrichtendienstlichen Methoden. Gemeint waren damit jugendliche Fans amerikanischer Musik, die sich zu Clubs und Bands zusammengeschlossen hatten. Brigaden des SED-Zentralkomitees, zu denen lokale Partei- und FDJ-Funktionäre gehörten, gingen seit 1960 gegen Fanclubs und „halbstarke Verhaltensweisen“ vor, zu denen auch das Praktizieren westlicher Tänze oder Verstöße gegen die Bestuhlungsvorschriften auf Konzerten gehören konnten. Einen Höhepunkt hatten diese Restriktionen in der Zwangsauflösung von Gitarrenbands 1965, gegen die Jugendliche in Leipzig demonstrierten und darum zu teils drakonischen Strafen verurteilt wurden. Als Tatbestand ging das Rowdytum 1968 in das Strafgesetzbuch der DDR ein. Der Paragraph 215 ahndete Vergehen wie nächtliche Ruhestörung, Verstoß gegen die Veranstaltungsordnung und „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Er wurde als sogenannter Rowdy-Paragraph berüchtigt.

Wachsendes Unverständnis

Immer wieder wurde er zur Unterdrückung unerwünschter kultureller Aktivitäten genutzt. In den fünfziger Jahren waren es die Halbstarken, in den Sechzigern und Siebzigern jugendliche „Gammler“, die auch dann als „Arbeitsbummelanten“ verfolgt wurden, wenn sie über ein einträgliches Einkommen etwa als Musiker oder Gelegenheitsarbeiter verfügten. In der Sowjetunion ging man ähnlich vor, in Ungarn und Tschechien war die Jugendpolitik etwas toleranter. Doch auch im Westen erklang der Ruf nach „Arbeitslagern für Langhaarige“ nicht nur aus dem Volksmund der Nachkriegsgesellschaft. Ein Gutachten der Weltgesundheitsorganisation erwog um 1960 militärische Trainingscamps für „antisoziale“ Jugendliche, die rauchen und trinken.

Hier weiterlesen.

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/389

Weiterlesen