Wie finde ich Themen für mein Wissenschaftsblog?

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Ein Blog zu eröffnen, bedeutet die Initiierung eines kontinuierlichen Schreibprozesses. Fragen, wie “Schaffe ich es, regelmäßig ein Thema zu finden?” sind durchaus verständlich. Als ersten Schritt für eine gewisse Regelmäßigkeit habe ich mir vorgenommen 1x wöchentlich einen Blogpost zu veröffentlichen. Für das Bloggen wird das allgemein als unteres Limit angesehen. Bisher ist mir das meistens gelungen. Ob das in der Zukunft so bleiben wird, weiß ich nicht, denn die Einarbeitung ins Thema ist soweit abgeschlossen und ich fange jetzt mit der “richtigen” Arbeit an der Dissertation an. Deshalb hier die Frage, was Blogger, die über mehr Erfahrung verfügen, dazu sagen können?

In der Anfangszeit ist es nicht immer leicht, ein Thema zu finden und in dieser Phase ist wichtig, nicht aufzugeben, sondern mit gewisser Hartnäckigkeit nach Themen zu bohren. Hilfreich können in dieser Phase Kreativtechniken sein, wie die ABC-Liste oder eine Mind-Map. Nur über das Tun kommt man auf Ideen. Darüber lassen sich Erfahrungen sammeln, die in zukünftige Handlungen einfließen können. Denn wir handeln aufgrund unserer Erfahrungen, nicht aufgrund unseres Wissens.

Ist diese Anfangszeit überstanden, erhält man leichteren Zugang zu Themen, weil die eigene Wahrnehmung darauf ausgerichtet ist. Mit der selbstgesetzten Deadline für die Veröffentlichung eines Posts hat man sein Blog quasi “im Gepäck” immer dabei. Der Termin mag manchmal etwas drücken, aber das ist gut so. Dieser leichte Druck ist nötig, sich ein wenig anzustrengen und nach einem Thema zu suchen. Mit zunehmender Erfahrung ist dieser Druck bei mir gewichen und die Themen “begegnen” mir inzwischen. Sicherlich auch, weil ich durch das Blog bewusst wahrnehme, was ich sehe, lese und erlebe.

Für die Erarbeitung von Themen können folgende Punkte hilfreich sein:

  • Worüber schreiben andere Blogger?
    Schauen, was andere machen. Was schreiben sie? Stellen Sie sich Fragen wie: “Was spricht mich daran an?” oder ” Wie könnte ich das für mich umsetzen?”
  • Wissen, dass man für seine eigene Arbeit erwerben muss, kann in einem Blogpost verwertet werden.
    Es muss nicht die perfekte Rezension nach der Lektüre einer Fachliteratur sein. Meist sind aber interessante Gedanken enthalten, die man aufgreifen und darüber schreiben kann. Auf einem Post dürfen Sie das mit Ihrem Thema, Ihrer eigenen Erfahrung und/oder eigenem Erleben verbinden.  Das führt zu einer neuen Art der Reflektion Ihres Themas.
  • Berichte über laufende Entwicklungen Ihres fachlichen Bereichs, aktuelle Forschungsstände, Veranstaltungsberichte, je nach thematischer Ausrichtung Ihres Blogs können es auch Tipps oder Problemlösungen sein. Ideal ist es, die eigene Motivation für ein Blog mit Lesernutzen zu verbinden. Gelingt z.B. das Zusammenfassen von Fachliteratur, Studien etc., so dass der Leser die Information ohne große Mühe aufnehmen kann,  werden Ihre Artikel eine Leserschaft finden.
  • Twitter ist eine gute Nachrichtenquelle. Hier erhalten Sie ebenfalls zahlreiche Anregungen für Themen. Der Leitfaden von Mareike König ist nicht nur für Historiker sehr hilfreich.

Das dürften aber längst nicht alle Anregungen für Themen sein. Ich bin gespannt auf Ihre Gedanken.

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Abbildung: Farbkombinationen suchen by zutaten, CC BY-NC-ND 2.0

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Artikelreihe: Wissenschaftliches Bloggen in der Praxis

  1. Gedanklicher Warm-Up: Aller Anfang ist schwer – auch beim Bloggen
  2. Warum sollte ich als Wissenschaftler/in bloggen?
  3. Mein erster wissenschaftlicher Blogartikel – was schreibe ich bloß?
  4. Wie finde ich Themen für mein Wissenschaftsblog?
  5. Texte für das Wissenschaftsblog schreiben, wie?

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1217

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Forschungsbedingungen und Digital Humanities: Welche Perspektiven hat der Nachwuchs?

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Vom 10.–11. Juni 2013 organisieren das Deutsche Historische Institut Paris und L.I.S.A. – das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung unter Mitarbeit des Centre pour l’édition électronique ouvert eine Tagung am DHI Paris zum Thema „Forschungsbedingungen und Digital Humanities: Welche Perspektiven hat der Nachwuchs?“

Im Zentrum der Tagung steht die Frage, welche Auswirkungen die digitalen Veränderungen auf die Forschungsbedingungen haben und welche Konsequenzen sich daraus für die Nachwuchsforscher ergeben. Welche neuen Kompetenzen gilt es zu erwerben? Welchen Platz haben sie in der Ausbildung? Wie können wissenschaftliche Leistungen im Bereich des Aufbaus von Forschungsinfrastrukturen, Datenbanken, Online-Publikationen aber auch in den sozialen Medien Anerkennung finden? Wie wird evaluiert, und wie wird Qualität gesichert?

In den Räumen des Deutschen Historischen Instituts Paris, 8 rue du Parc-Royal, 75003 Paris planen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei keine bloße Bestandsaufnahme, sondern die Herausarbeitung von Perspektiven und gezielten Maßnahmen im Umgang mit den digitalen Herausforderungen.

Um der Sicht der Nachwuchswissenschaftler gebührend Rechnung zu tragen, wurde am 18. April 2013 ein Call for Papers auf dem Blog Digital Humanities am DHIP veröffentlicht. Alle eingehenden Beiträge werden dort gesammelt und sind frei zugänglich.

Für die Tagung werden die eingereichten Beiträge von einer Gruppe junger deutsch-französischer Wissenschaftler – Aurélien Berra, André Donk, Marten Düring, Sascha Foerster, Sebastian Gießmann, Franziska Heimburger, Lilian Landes, Anika Meier, Michael Schmalenstroer, Bertram Triebel – aufbereitet und zu Beginn der jeweils vier vorgesehenen Panels zusammengefasst. Internationale Experten nehmen im Anschluss dazu Stellung.

 

Panel I: Wie verändert sich derzeit unsere Forschungs- und Wissenschaftskultur?

Dominique Bouiller, Centre d’études européennes de Sciences Po

Arianna Ciula, Wissenschaftlerin

Panel II: Universitäre Ausbildung: Welche neuen Kompetenzen sind erforderlich?

Malte Rehbein, Universität Passau

Jean-Michel Salaün, Collegium de Lyon

Panel III: Evaluierung und Qualitätssicherung in den Digital Humanities

Milena Žic-Fuchs, European Science Foundation Denise Pumain, P.A.R.I.S

Panel IV: Karriere, Finanzierung und akademische Anerkennung der Leistungen in den Digital Humanities

Claudine Moulin, Universität Trier

Pascal Arnaud, Agence nationale de la recherche

 

Die Tagung wird am 10. Juni 2013, um 18 Uhr, mit einem Vortrag von Christian Jacob eröffnet. Christian Jacob ist Professor an der École des hautes études en sciences sociales, an der er unter anderem für den Masterstudiengang „Histoire des sciences, des savoirs et des techniques“ verantwortlich ist. Er ist Autor des Blogs „Lieux de savoir“.

Tagungssprachen sind Englisch und Französisch; die Tagung wird durchgängig in Englisch und Französisch simultanübersetzt.

Gerne nimmt das Deutsche Historische Institut Paris Ihre Teilnahme- bzw. Interviewwünsche entgegen. Kontakt:

Dunja Houelleu

E-Mail: dhouelleu@dhi-paris.fr

Tel: +33 1 44 54 24 16

Das DHI Paris gehört zur Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland und ist eine Schnittstelle zwischen deutscher und französischer Geschichtswissenschaft. Zu seinen Aufgaben gehört die Durchführung und Veröffentlichung von Forschungen zur französischen, deutsch-französischen und westeuropäischen Geschichte.

Das Institut verfügt über eine mit ca. 110 000 Medieneinheiten ausgestattete Spezialbibliothek und veranstaltet Vorträge, Seminare und Tagungen. Das DHI Paris gibt die Fachzeitschrift Francia sowie mehrere Buchreihen heraus. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im Bereich des elektronischen Publizierens in Form von e-Journals, auf Publikationsplattformen und durch andere Online-Projekte. Von großer Bedeutung für die Vernetzung von deutscher und französischer Wissenschaft ist auch die Nachwuchs- und Forschungsförderung des Instituts durch verschiedene Fellow- und Förderprogramme.

Mit dem interaktiven und multimedialen Wissenschaftsportal L.I.S.A. bietet die Gerda Henkel Stiftung ein Fachangebot für Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler sowie ein Kommunikationsnetzwerk für ihre Stipendiaten und Förderpartner an. Das Akronym L.I.S.A. nimmt die zentralen Möglichkeiten des Portals auf: Lesen, Informieren, Schreiben und Austauschen. Nicht zuletzt erinnert L.I.S.A. an die Gründerin der Gerda Henkel Stiftung, Frau Lisa Maskell. Ziel der Initiative ist es, sachrelevante Beiträge aus allen Bereichen der Geschichtswissenschaften sowie aus Archäologie und Kunstgeschichte zur Verfügung zu stellen und damit dem Bedarf an fächerübergreifenden Informationen in den Historischen Geisteswissenschaften Rechnung zu tragen.

Quelle: http://gab.hypotheses.org/750

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APEx – Building infrastructures for archives in a digital world

Vom 26. bis 28. Juni 2013 findet in Dublin die erste Konferenz des APEx-Projekts zum Thema ”Building infrastructures for archives in a digital world” statt. Im Mittelpunkt der Tagung stehen Erfahrungen und aktuelle wie voraussichtlich zukünftige Herausforderungen, die Archive mit den Möglichkeiten der digitalen Präsentation und Vernetzung verbinden.

Das Tagungsprogramm und die Abstracts zu den einzelnen Vorträgen stehen auf der internationalen APEx-Projektwebseite zur Ansicht und zum Download zur Verfügung.

Die Anmeldung zur Konferenz kann bis zum 31. Mai 2013 auf der Seite: http://dublinconferences2013.eu elektronisch vorgenommen werden.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1754

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LMU: Zusätzlicher Sitz für Studierende im Hochschulrat

http://www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_voe/0900/921-grdo-fue-aesatz.pdf Nachdem das Bayerische Wissenschaftsministerium bereits im März durch eine Änderung der für die LMU München geltenden Abweichungsverordnung den juristischen Weg für eine entsprechende Anpassung der Grundordnung der LMU München freigemacht hatte, ist es nun amtlich: Mit den nächsten Hochschulwahlen verfügen die Studierenden an der LMU München über zwei Sitze im Hochschulrat, während die Gruppen […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/05/4435/

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Auf der Suche nach Grillparzer

Der im Vormärz durch den späteren Burgtheaterdirektor Heinrich Laube angestellte Vergleich von Wiener und Berliner Adressierungsmöglichkeiten fällt zu Ungunsten ersterer aus:

Es ist in Wien sehr schwer, Leute zu finden. Man darf dort nicht etwa an jene Viertelabtheilung, an die bequemen Hausnummern, an den stets hilfreichen Adreßkalender, an das ganze zum Nachschlagen so bequeme Büreauwesen Berlins denken; nein, durch eitel Romantik hindurch geht der Weg. Grillparzer, wo bin ich überall hingerathen, um Dich zu finden! — erster Hof, zweite Stiege, dritter Stock, vierte Thür! Es wirbeln mir noch die Beschreibungen im Kopfe. Nach einer vormittäglichen Suchjagd stand ich endlich in einer schmalen, öden Gasse vor einem großen schweigsamen Hause; meine Tritte hallten wieder auf der steinernen Treppe, an der gewölbten Decke. Klosterstille und Kühle umgab mich, draußen lag ein heißer Tag, ich dachte an das Schloß des alten Borotin in der Ahnfrau; an die ganze schauerliche Einsamkeit dieses Stückes. Es trat auch so schauerlich einsam in der Literatur auf, nur in den sterbenden Augen trug es etwas von jener poetischen Lebenswärme, die es noch eine Zeitlang vor dem Vergessen schützen wird; sonst war es kalt wie eine Leiche.
Ein eisernes Gitter hemmte meine Schritte, die Thüre war verschlossen, nirgends ein Mensch zu sehen oder zu hören; — der alte Borotin liegt im Sterben, dachte ich. Eine schwere, rostige Klingel gab einen schrillen, gespenstigen Ton. — Niemand regte sich, noch einmal schellte ich; wieder umsonst.
So stand ich wohl eine Viertelstunde, und hatte Zeit zu überlegen, was Grillparzer.für ein Dichter sei. Vor der Klingel fürchtete ich mich, machte aber doch einen letzten Versuch. Nach einer Weile hörte ich einen langsamen Frauentritt schlürfen, eine Gestalt mit fast ganz verhülltem Kopfe näherte sich — die Ahnfrau, wie sie leibt' und lebte, fragte nach meinem Begehre und Namen.
Jaromir von Eschen, heiß ich, und wünschte Herrn Grillparzer zu sprechen.
Er ist nicht zu Hause. — Ich mache hier keine Geschichte, sondern es fügte sich wunderlich genug in der That so, wie ich erzähle, die arme Ahnfrau mochte Zahnschmerzen haben.
Kaum hatte ich den Muth, dieser mittelalterlichen Wehgestalt eine moderne Karte anzubieten.
Nun blieb noch der „Stern“ übrig, eine tief in den Winkel gekauerte Wiener Kneipe, wo sich die Poeten des Abends zusammenfinden sollten. Früher geschah dieß in der sogenannten „Ludlamshöhle," aber die poetischen Possen und das Bundesartige, was sich dort herausgestellt hat, sind dem Gubernio mißfällig geworden, und man hat die Höhle verschüttet. Freie Künste, Bund und Höhle sind bedenkliche Ingredienzien, und „hoher Sinn liegt oft im kind'schen Spiele,“ man darf den Teufel nicht an die Wand malen tc. kurz, man hat Gründe gehabt, die uns nichts angehen, und ich mußte nach dem „Stern" fragen, einem kleinen Filial der untergegangenen Ludlamshöhle.
Nach einigen unerschrockenen Versuchen fanden wir ihn, Gutzkow, und der Starost waren mit auf dieser Expedition.


Laube, Heinrich: Reisenovellen. Band 3, Mannheim: Hoff, 1836, S.135-138. (GBS)

Dank an Andreas Kloners Radiofeature Feuerfest und Donauwalzer. Eine Lange Nacht in Alt-Wien, dem ich diesen Hinweis entnommen habe!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/410259906/

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Gegen die McDonaldisierung der Forschung! #dhiha5

Slow science ALL

Schnell, Schnellll, Schnelllll, Du MUSST veröffentlichen, veröffentlichen und nochmals veröffentlichen!!! Der Run auf die Veröffentlichungen! Natürlich lassen die perversen Folgen nicht lange auf sich warten “[Ich werde] als Maschine missbraucht, die Veröffentlichungen produzieren soll, ohne sich um die persönliche Entwicklung zu kümmern! (Doktorantin, 4. Jahr, Werkstofftechnik), “Verlangt werden hohe Zahlen (an Artikeln), und nicht (unbedingt) Qualität. Es ist üblich, einen guten Artikel in zwei oder drei schlechte aufzuteilen, um eine höhere Artikelanzahl zu erreichen. Zahlenpolitik ist das, und kontraproduktiv.” (Doktorandin, 3. Jahr, Informatik). Genau wie bei Fastfood-Restaurants muss man schnell und in großer Quantität produzieren, auf Kosten der Entfaltung des Forschers und der Qualität seiner Arbeiten. Die Slow-Science Bewegung kämpft für eine Rückkehr zu einer langsameren, aber qualitativeren Wissenschaft, “einfach Zeit nehmen, um zu Forschen”.

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Text und Zeichnung von Tis, aus dem Französischen übersetzt von Anne Baillot und Mareike König. Der Originalbeitrag ist auf dem Blog PHDelirium von Tis veröffentlicht.

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1722

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Pommersche Gravamina, Teil IV – Kommunikationsprobleme

Ein weiteres Mal zu der Flugschrift, in der die pommersche Gesandtschaft ihre Beschwerden auf dem Regensburger Kurfürstentag schriftlich fixiert hatte. An dieser Stelle möchte ich aus der Masse der vorgetragenen Ausschreitungen, die das Land infolge der Quartiernahme durch Wallensteins Truppen zu ertragen hatte, einen Punkt herausgreifen. Das Gravamen Nr. 43 erwähnt, daß das Oberkommando über die einquartierten Truppen „nun ein geraume Zeit her frembden vnd außländischen Personen“ anvertraut worden sei. Nun sei es aber schwierig, in Pommern jemanden zu finden, der der italienischen Sprache mächtig sei, und so könne man die Beschwerden nicht wirklich vorbringen.

Nicht explizit genannt, aber gemeint war hier Torquato Conti, der als Feldmarschall das Oberkommando innehatte. Er war Italiener, und sicherlich waren auch weitere Offiziere in seinem engeren Umfeld Italiener. Für die kaiserliche Armee war dies nicht ungewöhnlich, wie die Karrieren von Piccolomini, Gallas und Montecuccoli zeigen. Ob Conti nur Italienisch konnte und nicht auch zumindest ein wenig Deutsch verstand, sei an der Stelle einmal dahingestellt. (Natürlich gab es in seiner Feldkanzlei Sekretäre, die den Schriftverkehr auf Deutsch erledigten; am Ende der Flugschrift ist ja ein solches Schreiben von Conti mitabgedruckt.) Das pommersche Gravamen verweist jedoch auf den Umstand, daß der Krieg Angehörige vieler europäischer Nationen ins Reich brachte – und damit die direkte Verständigung nicht nur unter den Militärs, sondern eben auch zwischen fremdsprachigen Militärs und der einheimischen Bevölkerung schwierig wurde.

Tatsächlich gibt es vielfache (Selbst-)Zeugnisse, in denen man sich über die fremdartigen Nationen wunderte. Dies betraf Italiener, Spanier und Franzosen genauso wie Iren, Engländer und Schotten und nicht zuletzt die als sehr fremdartig wahrgenommenen Finnen und Lappländer; hinzu kamen auch „Croaten“ und „Pollacken“, wobei diese Begriffe nicht nur eine Volkszugehörigkeit, sondern vielfach auch die Waffengattung der leichten Reiterei bezeichneten. Dieses Aufeinandertreffen war nicht zwangsläufig von Konflikten geprägt, aber wie die pommersche Flugschrift verdeutlicht, konnte es doch Kommunikationsstörungen geben, die den Umgang miteinander deutlich erschwerten.

Gerade die Situation, in der Vertreter einer Landschaft ihre Suppliken vor einem Kommandeur vortragen wollten und merkten, daß sie mit ihrer geübten Rhetorik einfach aufgrund der Sprachbarriere nicht weiterkamen und die üblichen Mechanismen von Supplik und Gnadenerweis nicht mehr greifen konnten, läßt erkennen, wie hilflos und ausgeliefert man sich womöglich den Militärs gegenüber empfand. Daß diese Hilflosigkeit in der Sprachlosigkeit begründet war, zeigt im Weiteren, wie gefährlich diese Konstellation war: Wenn man gar nicht mehr miteinander reden konnte und die Kommunikation in einem totalen Desaster endete, war der Schritt von der Sprachlosigkeit hin zur Sprache der Gewalt nicht mehr weit. Dies ist der Kern des Problems, der in Gravamen Nr. 43 angesprochen wird.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/155

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Warum Vergangenheitsbewältigung so wichtig ist

Von Stefan Sasse

Die Forderung, endlich einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und mit der fast obsessionshaften Beschäftigung mit der "Vergangenheit, die nicht vergehen will" aufzuhören, kommt in Deutschland mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder hoch. Bislang hat die Forderung, obwohl grundsätzlich populär, jedoch keinen bleibenden Einfluss erwirken können. Weder die Totalitarismusdiskussion des Historikerstreits in den 1980er Jahren, noch die Forderung nach der Historifizierung des Nationalsozialismus, noch die Wiedervereinigung konnten dem grundsätzlichen deutschen Konsens etwas anhaben, dass Deutschland eine furchtbare Schuld auf sich geladen hat, die es nicht einfach wird abschütteln können und der es sich stets aufs Neue zu stellen hat. Was passiert, wenn ein solcher Konsens nicht existiert, lässt sich immer wieder in Japan beobachten. 


Die Beziehungen Japans mit China und Korea bleiben wegen des ungeklärten Verhältnisses zur Vergangenheit des Zweiten Weltkriegs noch immer gespannt. Sowohl Korea als auch China litten unter japanischer Besatzung und besonders im Fall Chinas der Verübung brutaler Kriegsverbrechen, etwa im Nanking-Massaker (siehe auch im Beitrag "Das blutige 20. Jahrhundert"). Offiziell entschuldigt hat sich Japan nie, und noch heute stehen Schreine für die Kriegsgefallenen, inklusive der Kamikazepiloten, ohne Unterscheidung überall in Japan. Der Besuch dieser Schreine gehört vor allem für konservative Politiker noch zur politischen Routine und belastet die Beziehungen zu den Opfern japanischer Aggression bis heute. Für die Japaner ist es undenkbar, einen Vergangenheitsbewältigungskurs wie Deutschland einzuschlagen. Für sie ist der verlorene Krieg eben ein verlorener Krieg, ein falscher Krieg vielleicht, aber nichts, das eine ernsthafte Auseinandersetzung erfordern würde. Angesichts des Ausmaßes japanischer Verbrechen im Krieg selbst ist diese Haltung kaum nachvollziehbar, doch das Beharren auf der "nationalen Ehre" macht eine Umkehr dieses Kurses extrem schwierig. 

Aus dieser Geisteshaltung ist es auch zu erklären, wie der konservative Bürgermeister von Osaka, Toru Hashimoto, auf die Idee kommt, die Einrichtung des Systems der "Trostfrauen" als notwendig zu verteidigen. Die "Trostfrauen" waren vor allem chinesische und koreanische Frauen, die im Krieg zur Zwangsprostitution an japanischen Soldaten gezwungen worden waren, denen sie "Trost" spenden sollten. Auch bei ihnen hat Japan sich bis heute nicht entschuldigt. Hashimoto erklärte, die "Trostfrauen" seien notwendig gewesen, um die Disziplin aufrechtzuerhalten und den Soldaten, die "ihr Leben riskierten eine Pause zu ermöglichen". Warum über 200.000 Frauen für die Pause der japanischen Aggressoren leiden mussten, erklärt Hashimoto leider nicht.

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/05/warum-vergangenheitsbewaltigung-so.html

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Vortrag: Ministerien aus dem Nichts. Die Einrichtung der Provisorischen Zentralgewalt 1848

Im Rahmen zweier Vortragsabende Ende Juni werden die Projektmitarbeiter Thomas Stockinger und Tobias Hirschmüller aus ihrer Forschungstätigkeit im Rahmen des Projekts „Edition der Akten der Provisorischen Zentralgewalt“ referieren. Der erste dieser Abende wird von der Hambach-Gesellschaft veranstaltet und findet am 26. Juni ab 19 Uhr im Stadtarchiv Speyer statt. Der zweite Abend ist für den 27. Juni ab 18.30 Uhr an der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Rastätter Schloss vorgesehen. Bei beiden Gelegenheiten werden dieselben zwei Vorträge gehalten.

Das folgende Abstract betrifft den Vortrag von Thomas Stockinger; eine entsprechende Ankündigung zu jenem von Tobias Hirschmüller erfolgt in Kürze.

Ministerien aus dem Nichts: Die Einrichtung der Provisorischen Zentralgewalt 1848

Am 28. Juni 1848 wurde nach intensiven Debatten in der Frankfurter Nationalversammlung das Gesetz zur Einsetzung einer vorläufigen Exekutive für den – real noch nicht existierenden – deutschen Bundesstaat beschlossen; der am folgenden Tag gewählte Reichsverweser Erzherzog Johann konnte am 12. Juli angelobt werden, etwa einen Monat später kam das erste vollständige „Reichsministerium“ zustande. Dieses konnte sich zunächst auf eine solide Mehrheit in der Versammlung stützen, vor allem auf das sogenannte „rechte Zentrum“. Die Stellung der Provisorischen Zentralgewalt zwischen dem Paulskirchenparlament, den Regierungen der deutschen Einzelstaaten und den auswärtigen Mächten war trotzdem nie eine einfache, und ihre Versuche, faktische Regierungstätigkeit zu entfalten, stießen rasch an Grenzen. Dennoch sollte die Bedeutung dieser Institution im Revolutionsgeschehen nicht unterschätzt werden.

Auf der politischen Ebene kann das Handeln der Zentralgewalt zumindest in seinen groben Zügen als bekannt gelten; hingegen ist ihrer Verwaltungsgeschichte noch kaum Aufmerksamkeit gewidmet worden. Dies erweist sich allerdings als durchaus interessant, zumal es darum ging, in kürzester Zeit funktionierende Behörden ins Leben zu rufen, wozu die Dienststellen des bisherigen Bundestages nur ganz unzureichende Anknüpfungspunkte boten. Qualifiziertes Personal musste rekrutiert, der gesamte Geschäftsgang geregelt, selbst die elementarsten Ressourcen – bis hin zum Büromaterial – mussten erst beschafft werden. Eine zeitgenössische Karikatur zeigte den neuen Reichsjustizminister Mohl bei seiner ersten „Amtshandlung“: dem Gang zu einem Papierhändler, um Schreibpapier und eine Stange Siegelwachs zu erstehen.

Dass die Ministerialbehörden der Zentralgewalt überhaupt ins Leben treten und eine geregelte Tätigkeit entfalten konnten, erscheint unter diesem Gesichtspunkt bereits als beträchtliche Leistung. Überreste dieser Tätigkeit sind nicht zuletzt die in beachtlicher Zahl angelegten und aufbewahrten Akten der Ministerien, heute im Bundesarchiv Berlin. Auf deren Grundlage soll im Vortrag versucht werden, nachzuzeichnen, welche Probleme bei der Bildung dieser Dienststellen gleichsam „aus dem Nichts“ auftraten und welche Lösungen dafür gefunden oder zumindest angestrebt wurden.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/249

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Konzeption des RAT 2013

Der alljährlich vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum (AFZ) organisierte Rheinische Archivtag befasst sich 2013 mit der künftigen Finanzierung von Archiven und nimmt damit auch die Zukunft der Archivaufgaben grundsätzlich in den Blick.

Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen in den Archiven treibt die Thematik um; vielmehr wecken gerade jüngere Probleme um die Dokumentation des Verwaltungshandelns (Skandale um abhanden gekommene Unterlagen etc.) auch das Interesse der Öffentlichkeit an der Funktionsfähigkeit von Archiven aller Sparten.

Grundvoraussetzung hierfür ist die Sicherstellung der materiellen und personellen Ausstattung sowie des Betriebs der Archivinstitutionen. Zahlreiche Einsparungswellen der Vergangenheit und Optimierungsmodelle haben die Archive nicht nur effizienter werden lassen, sondern teils auch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt.

Wohin geht die Entwicklung? Wird die Bereitstellung eines Sockelbetrags durch die Unterhaltsträger künftig noch im bisherigen Umfang gewährleistet sein?

Der diesjährige Rheinische Archivtag möchte in seinen Beiträgen den jetzigen Zustand beschreiben und einen Blick in die Zukunft werfen. Welche alternativen Modelle werden bereits heute angewendet, zum Beispiel beim Einwerben von Drittmitteln. Kann eine Abhängigkeit von Sponsoren zu neuen Problemen führen, etwa durch die Bevorzugung bestimmter Aufgaben? Sind archivische Routineaufgaben für Sponsoren attraktiv genug? Würden zum Beispiel laufender Betrieb und befristete Projekte gegeneinander ausgespielt?

Die Referate des ersten Tages (13. Juni 2013) beschäftigen sich mit der derzeitigen Situation und der konventionellen Finanzplanung der Archive, ferner mit bereits erprobten Förderungsmodellen.

Die Vorträge des zweiten Tages (14. Juni 2013) bieten einigen Förderinstitutionen ein Forum, um sich selbst, ihre Angebote und ihre Förderkriterien darzustellen.

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/608

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