Das Problem mit europäischer Identität und warum europaweite Solidarität ein Ausweg sein könnte

Gastbeitrag von Stefanie Börner

Paradoxerweise hat europäische Identität Hochkonjunktur. Dabei scheint es in diesen Tagen angemessener von Verhängnisgemeinschaft zu sprechen, statt von Schicksalsgemeinschaft. Der Grund für mein Unbehagen mit Forderungen nach einer europäischen Identität, ist jedoch nicht die Tagespolitik, sondern die folgenden Beobachtung. Zum einen, suggerieren solche Forderungen, überspitzt gesagt, eine vermeintliche Fortschrittlichkeit – nationale Identität war gestern – , die aber ebenso Gefahr läuft in die Essentialisierungsfalle zu tappen wie einst (und heute immer noch) Verfechter_innen nationaler Identitäten. Zweitens stehen Rufe nach einem europäischen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Elitenverdacht, denn meistens handelt es sich um Appelle von „Europas Größten und Besten“. Das elitäre Denken weiß, was gut für Europa ist und dementsprechend soll europäische Identität möglichst als neue, aber natürlich keineswegs exklusive Form politischer Zugehörigkeit top-down implementiert werde.

Ist den Europäer_innen wirklich so wenig über den Weg zu trauen, wie es diese bevormundende Haltung nahe legt? Zuspitzend könnte man von einer Kolonialisierung identitärer Lebenswelten sprechen.

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Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/861

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Der gereifte homo ludens spielt Videogames

Hat eine Nation in Sid Meier’s Civilization IV die Epoche der Klassik erreicht und die Technologie Drama erforscht, kann sie Theater bauen und „Kultur produzieren“. Das fördert nicht nur das Wachstum der Städte, sondern ermöglicht der Spielerin ebenso, sich auf den kulturellen Sektor ihres Reichs zu fokussieren, was schließlich zum Sieg führen kann. Diese möglicherweise spielentscheidende Errungenschaft begleitet ein Sprecher mit dem berühmten Zitat der fiktiven Figur Jacques aus Shakespeares Theaterstück „Wie es euch gefällt“:

„Die ganze Welt ist Bühne/Und alle Fraun und Männer bloße Spieler./
Sie treten auf und geben wieder ab,/Sein Leben lang spielt einer manche Rollen.“

Der Ausspruch ist geschickt gewählt, funktioniert er doch auf mehreren Ebenen: Intradiegetisch untermalt er die Erforschung der Technologie und unterstreicht ihren Impetus auf die Kultur der gespielten Zivilisation. Auf einer Metaebene schneidet er das Thema Spiel im Spiel an – ein Gegenstand, der besonders dazu angetan ist, die Spielerin vor dem Bildschirm anzusprechen. Ihr führt das Zitat die Allgegenwärtigkeit und Bedeutung vom Spielen auch außerhalb der Welt von Civilization vor Augen, vor allem im kulturellen Leben des Menschen bzw. des homo ludens.

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Quelle: http://gamalyzed.hypotheses.org/45

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So ein Theater

Wer viel fotografiert und sammelt, blickt nach einiger Zeit völlig neu auf die Dinge, erkennt wiederkehrende Motive. So erging es mir mit den antiken Theatern, von denen ich während des Lehrkurses im Sommer 2014 und der Exkursion der Katholisch-Theologischen Fakultät im März 2015 einige Fotos gemacht habe. Warum mich diese Gebäude so fasziniert haben? Vielleicht, weil sich die Architektur im Prinzip in den letzten Jahrhunderten kaum verändert hat (man schaue sich nur moderne Fußballstadien an). Vielleicht, weil die Akustik dort heute noch genauso funktioniert … So ein Theater weiterlesen

Quelle: http://grammata.hypotheses.org/1442

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Individuelle Körperspur und kollektives Siegel

Bei der Bildlichkeit mittelalterlicher Siegel denken wir vorrangig an eine Darstellung der siegelführenden Person oder Instanz. Dies konnte auf einem personengebundenen Siegel das Motiv einer thronende Äbtissin in Ordenstracht oder das eines in voller Rüstung auf einem Pferd reitenden Grafen sein, mit dem der oder die Siegelführer(in) ihren gesellschaftlichen Status anzeigte. Bei Körperschaften wie einer städtischen Bürgerschaft war die Repräsentation der eigenen Identität dagegen komplexer. In Speyer entschied man sich im frühen 13. Jahrhundert für die Darstellung des dortigen Doms und der darin erscheinenden Stadtpatronin Maria mit dem Christuskind auf dem Arm auf der Vorderseite des Stadtsiegels. Ein solches Bild, das in der Regel von einer identifizierenden Umschrift gefasst ist (Speyer: + SIGILLVM CIVIVM SPIRENSIVM), wurde mittels eines Stempels (Typar) in das weiche Wachs des Siegelkörpers geprägt. Kaum Beachtung haben dagegen – selbst in der einschlägigen Forschung – die oft tief eingeprägten Fingerabdrücke auf den Rückseiten vieler mittelalterlicher Siegel gefunden. Auch auf der Rückseite vieler Hundert erhaltener Prägungen des Speyerer Stadtsiegels, die in der Zeit zwischen 1231 und 1792 entstanden sind, sind zumeist drei tiefe Fingerabdrücke in einer vertikalen Anordnung eingeprägt. Nachdem das Typar in die Vorderseite des Wachskorpus gedrückt worden war, wurde auf dessen Rückseite sorgsam einen vertikaler Grat geformt, ehe vermutlich mit dem Zeigefinger der rechten Hand drei bis zu einem Zentimeter tiefe Eindrücke hinterlassen wurden. Auf deren Grund sind häufig die Papillarlinien der Fingerkuppen bis heute deutlich sichtbar.

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Quelle: http://siegel.hypotheses.org/114

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Videos: 75. Südwestdeutscher Archivtag

Die Vorträge des 75. Südwestdeutschen Archivtags (Rottenburg, 19. Juni) sind online (Videos: Robert Reiter/ICARUS). Hier die Links zu den einzelnen Sequenzen:

Eröffnung des Fachprogramms und Grußworte
Dr. Sebastian Gießmann – Universität Siegen (Keynote) Wissenszukünfte und Wissensnetzwerke – von der Gelehrtenrepublik zur Gemeingüterbewegung
Dr. Gerhard Hetzer – Bayerisches Hauptstaatsarchiv Netzwerkbildung klassisch – Praktikant(inn)en aus europäischen Nachbarstaaten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv
Dr. Thomas Aigner – ICARUS – Wien Die ICARUS-Erfahrung: Grenzenlosigkeit, Innovation, Gemeinschaft
Christoph Stuehn – MEMORIAV – Bern Memoriav und sein Informationsportal Memobase – ein “kollaboratives Netzwerk” zugunsten des audiovisuellen Kulturerbes der Schweiz
Georg Büchler – KOST – Bern So funktioniert archivische Kollaboration – und so nicht. Erfahrungen aus 10 Jahren KOST (Koordinierungsstelle für die dauerhafte Archivierung elektronischer Unterlagen in der Schweiz)
Andreas Kellerhals – Schweizerisches Bundesarchiv Bern Lasst Daten sprechen: open, big, smart, soft …
Dr. Wolfgang Sannwald – Kreisarchiv Tübingen Kommunaler Aktenplan, Archivschnittstellen und digitales Langzeitarchiv – Vernetzungen und Grenzüberschreitungen aus kommunaler Perspektive
Jörg Fischer – Stadtarchiv Amberg Der Trucker im Archiv – Die interaktive Wahrnehmung kommunaler Archivarbeit und die Nebenwirkungen einer Existenz im Web 2.

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Quelle: http://archive20.hypotheses.org/2503

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Werbung mit Wissenschaft (1873): ‘Wundermittel’ Ginseng

Die Wurzel des Ginseng (Panax ginseng)[1] – chinesisch rénshēn 人参 [wörtlich “Menschen[förmige] Wurzel”]) –  war seit Jahrhunderten ein hochgeschätztes Heilmittel in der traditionellen chinesischen Medizin.[2] Die Wurzel galt (und gilt) als Symbol für Gesundheit und Langlebigkeit, sie war Herrschern und hohen Adeligen vorbehalten und somit wertvoll wie Gold.

In österreichischen Zeitungen finden sich in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts immer wieder Inserate für allerlei ‘Wundermittel’, darunter auch für Ginseng – wie das hier gezeigte von “S. Saxl aus Wien, Frankenstein in Schlesien”.[3]

Beilage zu Nr. 13. des Figaro (22.3.1873) 6 [Ausschnitt]
Beilage zu Nr. 13. des Figaro (22.3.

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Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2155

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Der Hof – Definitionsversuche durch die Jahrhunderte

Der Hof ist vielschichtig, er besteht aus einer Unzahl von Menschen und er bildet das Zentrum dieser Menschen und das Zentrum eines Territoriums.
So weit so gut oder auch eben nicht. Dieser erste hier geschriebene Satz ist nicht wirklich eine Neuigkeit, er ist auch nicht besonders originell und in tausenden von Abwandlungen in annähernd jedem Buch zu lesen, das sich – und wenn auch nur am Rande – mit Höfen beschäftigt. Offenbar bekommen wir Historiker dieses wabernde ‚Etwas‘ nicht zu fassen; egal aus welcher Richtung und mit welcher Forschungsmethodik wir uns diesem ‚Etwas‘ auch widmen.
Wirklich bewusst wurde mir dieses Dilemma als ich im Zuge meiner Dissertation den völlig verzweifelten Versuch unternahm den ‚Hof‘ zu fassen zu bekommen und das anhand der Forschungsgeschichte der letzten Jahrzehnte und unter Zuhilfenahme diverser Autoren des 9. bis 19. Jahrhunderts.
Wer jetzt lacht kennt das Problem, hat sich selbst wahrscheinlich schon durch unzählige Bücher und Aufsätze zum Thema ‚gefressen‘ und hält mich für ein klein wenig wahnsinnig. (Dazu kann ich nur sagen, wer sich dem Thema Hofordnungen vom Mittelalter bis zur Neuzeit stellt muss ein klein wenig wahnsinnig sein.)
Auf jeden Fall hatte dieser Versuch meinerseits zumindest ein Ergebnis zur Folge, dass ich an dieser Stelle mit der hoffentlich geneigten Öffentlichkeit teilen möchte: Es ist eine Liste diverser Definitionen und Definitionsversuche, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte bzgl.

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Quelle: http://hofordnung.hypotheses.org/70

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Der Hof – Definitionsversuche durch die Jahrhunderte

Der Hof ist vielschichtig, er besteht aus einer Unzahl von Menschen und er bildet das Zentrum dieser Menschen und das Zentrum eines Territoriums.
So weit so gut oder auch eben nicht. Dieser erste hier geschriebene Satz ist nicht wirklich eine Neuigkeit, er ist auch nicht besonders originell und in tausenden von Abwandlungen in annähernd jedem Buch zu lesen, das sich – und wenn auch nur am Rande – mit Höfen beschäftigt. Offenbar bekommen wir Historiker dieses wabernde ‚Etwas‘ nicht zu fassen; egal aus welcher Richtung und mit welcher Forschungsmethodik wir uns diesem ‚Etwas‘ auch widmen.
Wirklich bewusst wurde mir dieses Dilemma als ich im Zuge meiner Dissertation den völlig verzweifelten Versuch unternahm den ‚Hof‘ zu fassen zu bekommen und das anhand der Forschungsgeschichte der letzten Jahrzehnte und unter Zuhilfenahme diverser Autoren des 9. bis 19. Jahrhunderts.
Wer jetzt lacht kennt das Problem, hat sich selbst wahrscheinlich schon durch unzählige Bücher und Aufsätze zum Thema ‚gefressen‘ und hält mich für ein klein wenig wahnsinnig. (Dazu kann ich nur sagen, wer sich dem Thema Hofordnungen vom Mittelalter bis zur Neuzeit stellt muss ein klein wenig wahnsinnig sein.)
Auf jeden Fall hatte dieser Versuch meinerseits zumindest ein Ergebnis zur Folge, dass ich an dieser Stelle mit der hoffentlich geneigten Öffentlichkeit teilen möchte: Es ist eine Liste diverser Definitionen und Definitionsversuche, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte bzgl.

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Quelle: http://hofordnung.hypotheses.org/70

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Der Hof – Definitionsversuche durch die Jahrhunderte

Der Hof ist vielschichtig, er besteht aus einer Unzahl von Menschen und er bildet das Zentrum dieser Menschen und das Zentrum eines Territoriums.
So weit so gut oder auch eben nicht. Dieser erste hier geschriebene Satz ist nicht wirklich eine Neuigkeit, er ist auch nicht besonders originell und in tausenden von Abwandlungen in annähernd jedem Buch zu lesen, das sich – und wenn auch nur am Rande – mit Höfen beschäftigt. Offenbar bekommen wir Historiker dieses wabernde ‚Etwas‘ nicht zu fassen; egal aus welcher Richtung und mit welcher Forschungsmethodik wir uns diesem ‚Etwas‘ auch widmen.
Wirklich bewusst wurde mir dieses Dilemma als ich im Zuge meiner Dissertation den völlig verzweifelten Versuch unternahm den ‚Hof‘ zu fassen zu bekommen und das anhand der Forschungsgeschichte der letzten Jahrzehnte und unter Zuhilfenahme diverser Autoren des 9. bis 19. Jahrhunderts.
Wer jetzt lacht kennt das Problem, hat sich selbst wahrscheinlich schon durch unzählige Bücher und Aufsätze zum Thema ‚gefressen‘ und hält mich für ein klein wenig wahnsinnig. (Dazu kann ich nur sagen, wer sich dem Thema Hofordnungen vom Mittelalter bis zur Neuzeit stellt muss ein klein wenig wahnsinnig sein.)
Auf jeden Fall hatte dieser Versuch meinerseits zumindest ein Ergebnis zur Folge, dass ich an dieser Stelle mit der hoffentlich geneigten Öffentlichkeit teilen möchte: Es ist eine Liste diverser Definitionen und Definitionsversuche, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte bzgl.

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Quelle: http://hofordnung.hypotheses.org/70

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Historikerperformanzen als Quellenkritik live – die Dokumentartheater-Projekte des HISTORIKERLABORS

Von Olaf Löschke Die Arbeit des Historikers, der Historikerin findet üblicherweise in Archiven, Bibliotheken, Museen, bei der Feldforschung oder in universitären Lehrtätigkeiten statt. Neue Quellenfunde und Ergebnisse werden als Publikation in gedruckter Form veröffentlicht, auf Tagungen und Workshops einem Fachpublikum vorgestellt. Einher gehen oft auch kontroverse Diskussionen um die Deutung neuerschlossener oder neubewerteter Quellen. Außerhalb des Fachpublikums erfährt die interessierte Öffentlichkeit von solchen Kontroversen und Quellenfunden gelegentlich durch öffentlich ausgetragene Debatten um die „richtige“ Deutung eines historischen Ereignisses. Gleichwohl kommen insbesondere an Jahrestagen (z.B. … Historikerperformanzen als Quellenkritik live – die Dokumentartheater-Projekte des HISTORIKERLABORS weiterlesen

Quelle: http://erinnern.hypotheses.org/417

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