Immer wieder, immer wieder: Torlinientechnologie!!!

Kaum ist im Fußball wieder einmal ein Tor geschossen worden, das aber nicht gewertet wurde (Bundesliga, 1.Spieltag, TSG Hoffenheim, K. Volland, siehe u.a. focus.de) kommt der Schrei nach dem Einsatz von Torlinientechnologie erneut auf.

tor volland

Dass die benachteiligte TSG Hoffenheim mit der Entscheidung unglücklich ist mag nicht verwundern. Doch wie es scheint sind sehr viele andere Akteure ebenfalls für den sofortigen Einsatz von Torlinientechnologie. Auf faz.net wird z.B. der beteiligte Schiedsrichter zitiert:

Schiedsrichter Kinhöfer gab die Unnahbarkeit auf, die seine Zunft so oft umweht, und forderte technische Hilfe an: „Wir Schiedsrichter würden es begrüßen, wenn diese Geschichte uns abgenommen wird. Aber das ist halt nicht so. Dementsprechend müssen wir die Entscheidung treffen – und die war heute leider falsch“, sagte Kinhöfer.

Die Einzigen, die sich dem Heilsbringer Torlinientechnologie (wobei hier anzumerken ist, dass unterschiedliche Versionen herumschwirren, was genau für eine Art von Torlinientechnologie eingesetzt werden soll; von Torkameras bis Chip im Ball) widersetzen zu scheinen sind die Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL). Auf sportal.de wird Andreas Rettig, der Geschäftsführer der DFL zitiert:

“Dass die Entscheidung in Hoffenheim die Diskussion über die Torlinien-Technologie neu entfacht, ist verständlich. Derzeit gibt es nach unserer Einschätzung jedoch noch kein perfekt ausgereiftes System, welches diese tiefgreifende und möglicherweise dann endgültige Entscheidung einer sofortigen Einführung rechtfertigt. So lässt die FIFA derzeit noch eine Fehlertoleranzgrenze von drei Zentimetern zu”, sagte Rettig.

In Bezug auf meinen Beitrag zum Thema Torlinientechnologie im Februar unterstütze ich diese kritische, abwartende und beobachtende Haltung der DFL. Denn im Gegensatz zu der weit verbreiteten “technological fix” Meinung, dass Torlinientechnologie die endgültige und einzig wahre Lösung des Problems ist, ist das Problem zum jetzigen Zeitpunkt noch lange nicht gelöst. Auch Torlinientechnologie, die selbstständig entscheidet, kann Fehler machen. Dies sollte man sich insbesondere auch dann vor Augen führen, wenn es tatsächlich einmal zu einer Einführung kommen sollte: Denn die Entscheidung einer visuellen Torlinientechnologie basiert wie auch der menschliche (Schiedsrichter-) Blick ebenso auf einer gesellschaftlich situierten, subjektiven und partikularen Sichtweise. Die Entscheidung einer Torlinientechnologie ist deshalb nicht zwangsläufig besser. Im Gegenteil könnte es sogar zu einem Gefühl von “falscher Transparenz” (vgl. Collins & Evans 2012: 907)1 kommen: D.h. duch den Einsatz der Technologie denkt man, dass es jetzt gerechter zugeht (weil alle Situationen richtig erkannt werden würden), obwohl auch die Technologie Fehler machen kann, das aber in der öffentlichen Wahrnehmung nicht verankert ist.

Ich würde es wegen der bereits vorhandenen Fernsehkameras in den oberen Ligen deshalb nach wie vor für sinnvoll halten (auch um dem endlosen Schrei nach Torlinientechnologie entgegenzukommen), die Einführung eines einfachen Video Reviews zu überlegen: Falls es zu einer strittigen Torlinienszene kommt (wie oft passiert das tatsächlich in Relation zu den absolut gespielten Minuten?2 ) kann das dreiköpfige Schiedsrichterteam unter dem Vorsitz des sog. vierten Offiziellen ein-zwei- oder dreimalig pro Spiel eine Unterbrechung des Spiels vornehmen und sich die Szene auf den zur Verfügung stehenden Fernsehbildern anschauen. Die einfache Mehrheit der drei vor-Ort Begutachtungen entscheidet. So wäre gewährleistet, dass die Schiedsrichter auf genau der selben Basis entscheiden können, wie das milionenfache, diskutierende Fernsehpublikum. Die Entscheidung wäre für jeden nachvollziehbar und gerecht. Wenn man die letzten strittigen Szenen (Volland Tor, Lampard Tor WM 2010) als Beispiel nimmt, waren sich bei der Betrachtung der TV Bilder im Nachhinein ja auch alle einig, dass es sich um reguläre Tore gehandelt hat.

Ein Problem bleibt natürlich bei allen Arten von Entscheidungstechnologien im Fußball bestehen: Wie kann die Integrität des Fußballs bis hin zur untersten Spielklasse gewährleistet werden? Wie kann man argumentieren, dass zwar in den oberen Klassen Technologien wie der Video Review eingesetzt werden, wenn sich die unteren Klassen einen solchen Einsatz nicht leisten können? Das Argument, dass es in den oberen Klassen um viel Geld geht lasse ich dabei aber nicht zählen.

  1. Collins, Harry & Evans, Robert (2012): Sport-decision aids and the ”CSI-effect”: Why cricket uses Hawk-Eye well and tennis uses it badly. Public Understanding of Science 2012, 21, 904-921.
  2. Bei einem normalen Bundesligaspieltag werden bei neun Spielen z.B. schon insgesamt mehr als 810 Minuten gespielt.

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=5536

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Broumovské nástěnné malby od středověku do baroka/Braunauer Deckenmalereien vom Mittelalter zum Barock

Der Braunauer Kulturverband Omnium veranstaltet vom 22. bis zum 23. August 2013 in Braunau ein öffentliches Seminar zum Thema „Braunauer Deckenmalereien vom Mittelalter bis zum Barock“. Das Seminar stellt die Ergebnisse der Restaurierung und der kunsthistorischen Erforschung des mittelalterlichen Freskos des Jüngsten Gerichts, das sich im Untergeschoß des Pfarrhauses in Braunau befindet, sowie der barocken Ausmalung der Pfarrkirche in Martinkovice des bayerischen Malers Felix Anton Scheffler (1701-1760) dar. Das Seminar ist ein Teil der Initiative des Verbandes Omnium „Für das Leben der Braunauer Kirchen“, der zusammen mit wissenschaftlichen Institutionen (wie z. B. dem Institut für Kunstgeschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik und dem Nationalen Amt für Denkmalpflege) die Erforschung, Sanierung sowie kulturelle Rehabilitation der Gruppe der barocken Kirchen im Braunauer Land fordert. Sie stellen ein einzigartiges Ensemble der Baudenkmäler, die mit der Wirkung der Benediktiner im Kloster Braunau zusammenhängen und einen bedeutenden Teil des europäischen Kulturerbes darstellen.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/5209

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Berufsbezeichnung „Ingenieur”: Bescheinigung auf Vorstoß der Hochschule Ost-Westfalen-Lippe an allen NRW-Hochschulen

http://idw-online.de/pages/de/news546989 Der deutsche „Ingenieur“ hat weltweit einen guten Ruf. Mit der Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen und der Abschaffung des Abschlussgrades „Diplom-Ingenieurin/Ingenieur“ wurde die automatische Berufsbezeichnung durch den Studienabschluss jedoch hinfällig. Bereits vor einem Jahr hatte der Senat der Hochschule OWL daher eine Ordnung beschlossen, die eine Bescheinigung der Berufsbezeichnung „Ingenieurin/Ingenieur“ für Absolventinnen und Absolventen […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/08/4646/

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Köln: “Le[ ]re als Denkmal”. Führungen und Aktionen zum “Tag des offenen Denkmals” am 8. September

Der diesjährige Tag des offenen Denkmals steht unter dem Motto “Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?” Eines der unbequemsten Denkmale in Köln ist der Ort des Historischen Archivs in der Severinstraße. Hier wirkt allein der Raum, der nach dem Einsturz und der folgenden Räumung des Archivgutes als riesiger Krater zurückbleibt: Leere als Denkmal, oder hintersinniger:

Le[ ]re als Denkmal

Die Initiative ArchivKomplex ist am “Tag des offenen Denkmals” (8. September 2013) von 11 bis 17 Uhr am Ort des Geschehens präsent. In drei Führungen (11.30, 13.30 und 15.30 Uhr) gehen Mitglieder der Initiative erläuternd auf die Ereignisse ein. Es findet eine künstlerische Aktion zum Thema statt, an der das Publikum sich beteiligen kann. Um 13.58 Uhr, zur Zeit des Einsturzes, wird ein “Denkmal des unbekannten Bauarbeiters” enthüllt.

Wir laden Sie ein, am Sonntag, 8. September, zwischen 11 und 17 Uhr zum Treffpunkt vor dem Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (Severinstraße 241, 50676 Köln) zu kommen und teilzunehmen!

Damit setzt die Initiative ArchivKomplex die Serie von temporären Aktionen und Interventionen fort, um die Auswirkungen der Katastrophe vom 3. März 2009 auf die Stadt-Gesellschaft in Erinnerung zu halten – als “Denkmal im Prozess”. Dass das nötig ist, zeigt die Entscheidung der Stadtratsmehrheit vom 18. Juli, den Archiv-Neubau zu verkleinern: In der städtischen Politik lässt die Sensibilität für die Ereignisse offensichtlich bereits nach.

Dabei gibt es noch immer keine Antwort auf die Fragen: Wie konnte der Einsturz passieren? Wer trägt die Verantwortung? Der Bau des Erkundungsschachtes hat sich mehrfach verzögert, die Ermittlungen ziehen sich hin, der Rechtsstreit hat noch nicht einmal begonnen … So bleibt das Loch das nachdrückliche Denkmal menschlichen Versagens, das Tote, viele Traumatisierte, den Verlust von Gebäuden und einen immensen Schaden an unersetzlichen Kulturgütern hinterließ.

ArchivKomplex hat sich seit seiner Gründung Ende 2011 immer wieder zu Themen, die mit dem Einsturz zusammenhängen, geäußert, zum Beispiel in:

  • einer Erklärung zum Neubau des Stadtarchivs und zur Zukunft der Kunst- und Museumsbibliothek (23. Mai 2013),
  • einer Erklärung zum Planungsstopp für den Neubau des Stadtarchivs (12. April 2013),
  • einer Diskussionsveranstaltung zum Wettbewerbsergebnis “Erweiterung des Gymnasiums Kaiserin-Augusta-Schule und städtebauliche Entwicklung des Georgsviertels” (14. Januar 2013),
  • einer Erklärung dazu (4. Dezember 2012), die von vielen Bürgern der Stadt unterstützt wird, 
  • der Beteiligung an der “plan12″ Architektur Biennale Köln (21. – 28. September 2012), 
  • der Arbeit »24 Sätze zu 8 Minuten« am Bauzaun um den Archivkrater (seit 3. März 2012).

 

Ausführliche Dokumentationen, Texte und Presseberichte dazu finden Sie unter www.archivkomplex.de.

ArchivKomplex
c/o Dorothee Joachim, T 0221 37 82 45 / Reinhard Matz, T 0221 550 52 83[
Information und Kontakt: http://www.archivkomplex.de 

Quelle: Pressemitteilung ArchivKomplex vom 8.8.2013
http://www.archivkomplex.de/index.php/presse/presse-von-akx

via http://archiv.twoday.net/stories/453140241/

Quelle: http://kulturgut.hypotheses.org/261

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Hausarbeit angefertigt, abgegeben und korrigiert. Nächster Schritt: Wikipedia-Artikel ? Bericht einer experimentalen Wikipedianerin.

 

Setzt man sich an den Computer, um einen Wikipedia-Artikel anzulegen oder zu ergänzen, so muss eine überzeugte Motivation die treibende Kraft eines solchen Unternehmens sein. In meinem Fall liegt Letztere bereits in den ausklingenden Jahren der Sekundarstufe vor.

Mit dem starken Appell der Lehrer an die fortgeschrittenen Schüler, sich vor allem bei der Referatsvorbereitung eines wissenschaftlich basierten Recherchierens anzueignen, ging der Hauptkritik-Punkt gegen Wikipedia einher; nämlich der auf die Frage der Autorität bezogene: Der Inhalt der jeweiligen Artikel sei höchst unzuverlässig, denn jedermann könne ohne Sanktion alles Mögliche veröffentlichen. Diese allgegenwärtige Sentenz gegen die Online-Enzyklopädie nahm ich schon damals nicht so einfach hin.

Die Tatsache, dass jedermann bei Wikipedia mitwirken könnte, weckte mein Interesse, wirkte sogar verlockend auf mich ein. Somit würde die Vorstellung, irgendwann in der Zukunft, einen eigenen Wikipedia-Artikel zu schreiben, bei mir als Hintergedanke bleiben. Ich spielte von nun an mit der Idee, mich zu einer Art Expertin in einem Thema zu entwickeln und dazu meinen Beitrag für Wikipedia zu leisten. Zur Herangehensweise eines solchen ambitionierten Planes wusste ich als Neuntklässlerin nichts Weiteres.

Erst, als ich mich in den einleitenden Universitätssemestern mit einer tiefgreifenden, kritisch-reflektierten Form der Recherche konfrontiert sah, erschloss sich mir die Methode zur Erlangung wissenschaftlicher Expertise: in der Form der Planung und Verfertigung von Hausarbeiten. So geschah es, dass meinem ersten Beitrag für die Online-Enzyklopädie das Thema einer wissenschaftlichen Hausarbeit zugrundelag.

Bevor ich mich mit der englischen Schriftstellerin Anna Barbauld im Rahmen ihrer theoretischen Schriften zur literarischen Ästhetik im 18. Jh. beschäftigte, war mir der Name vollkommen unbekannt. Der ganze Prozess zur Gestaltung der Arbeit, die Sichtung von Bibliographien, Quellenauswahl und die darin investierte Einlesezeit, ergänzt durch meine eigenen Auslegungen zum Thema, bildeten nicht nur die Grundlage meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung, sondern rüsteten mich mit einer beträchtlichen Menge an biographischen Informationen zu der Autorin aus, welche ich nun für den besagten ersten Wiki-Artikel gut gebrauchen konnte.

Abgesehen von der Tatsache, dass ich diesen Erkenntniszuwachs zum Leben Barbaulds erlangt hatte, waren mir die unterschiedlichen Meinungen und Interpretationen der in der Sekundärliteratur vertretenen Autoren geläufig geworden. Ich konnte sie alle als Referenzen heranziehen und dies verlieh mir das Sicherheitsgefühl, das beim eigenen Wikipedia-Debüt – besonders in Bezug auf das Einhalten vom Grundprinzip der Überprüfbarkeit – so entscheidend ist.

Nichtsdestotrotz bestanden noch gewisse Vorbehalte und Sorgen im Zusammenhang mit dem Schreiben.

Das Erste war die Frage nach der Relevanz des Themas für die deutsche Version der Wikipedia. Zwar lag bereits ein kleiner Eintrag zu Barbauld auf Deutsch vor, ich konnte mir allerdings nicht sicher sein, ob sie als für die deutsche Literatur ausreichend relevant betrachtet werden würde. Die kargen Bemerkungen, die einen knappen Lebenslauf Barbaulds wiedergaben, schienen bereits dafür eine Antwort parat zu haben. Eindeutig fehlten Verweise im Text und die Quelle des einzigen Bildes im Artikel wurde nicht angegeben. Ich fragte mich sogar, warum dieser Artikel wegen der fehlenden Relevanz nicht bereits gelöscht worden war.

Verbunden mit diesen Defiziten war mein Zögern, den bereits vorhandenen Text zu ändern bzw. zu korrigieren. Ich hatte nämlich den Eindruck, ich würde aggressiv wirken oder den Autor des Artikels beleidigen, wenn ich in seinen Text eingreifen würde. Dabei schwirrte immer noch die Frage um mich herum: Hatte ich überhaupt einen wissenschaftlich fundierten Anspruch, der mich dazu berechtigte, inhaltliche Änderungen vorzunehmen?

Dazu kam noch der sprachliche Aspekt zum Tragen. Da Deutsch nicht meine Muttersprache ist, und ich mich meines allzu komplizierten Ausdrucks bewusst bin, war ich mir nicht sicher, inwiefern mein Text den enzyklopädischen Kriterien der Verständlichkeit und Sachlichkeit  entsprechen würde.

In Anbetracht der aufgelisteten Aspekte entschied ich mich dazu, meinen ersten Wikipedia-Artikel als ein Experiment zu betrachten. Unabhängig davon, wie er in die Wiki-Community ankam, ob er gelöscht werden würde oder nicht, alles mögliche Feedback würde für mich produktiv sein, denn ich würde so oder so die Funktionsweise der Online-Enzyklopädie aus der Perspektive eines Mitwirkenden kennenlernen. Daran lag es mir am meisten.

Die Motivation, mich endlich an das Schreiben zu machen, nahm beim Gedanken, ich könnte nicht bloß meine Kenntnisse im Bereich auf die Probe stellen, sondern auch mit Experten und anderen Interessenten am Thema in Kontakt treten, deutlich zu. Außerdem bedeutete diese Aufgabe eine praktische Umsetzung des sonst theoriebehafteten akademischen Arbeitens. Es handelte sich hier nicht mehr um eine persönliche Leistungserbringung, welche nach der Benotung ihre Bedeutung einbüßte, sondern um eine Möglichkeit, langhaltende, qualitative Informationen für eine breite Leserschaft zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne stellte ich mir einige Ansprüche, nach denen ich mich für einen pflichtbewussten Umgang beim Schreiben richten wollte.

Ich hatte bereits festgestellt, dass die spanische Version des Artikels, welcher, wie der  englische auch, ausgezeichnet wurde, eine direkte Übersetzung des englischen ist. In dem Moment überlegte ich, dasselbe für den deutschen Artikel zu versuchen, entschied mich aber dagegen. Es würde mir wenig bringen, eine reine Übersetzung zu schreiben, wenn ich mich eigentlich als unabhängige Verfasserin versuchen wollte.

Mit dieser Entscheidung musste ich eine Komplikation in Kauf nehmen: den dadurch erhöhten Zeitaufwand. Obwohl ich die thematischen Unterkategorien des englischen Artikels übernahm, legte ich den eigentlichen Inhalt fest. Dies bedeutete, dass ich mir zuerst der Informationssammlung widmen und eine Auswahl treffen sollte, bevor ich zum eigentlichen Schreiben kommen konnte. Zwar hatte ich mit der Hausarbeit gewisse Vorarbeiten geleistet, es bestand aber, wie eigentlich zu erwarten war, keine direkte Entsprechung zwischen beiden Texten, denn die jeweiligen Ansprüche waren völlig andere.

Wenn ich dem Grundprinzip der NOR (Keine Theoriefindung) folgen sollte, so musste ich den ganzen argumentativen Teil meiner Hausarbeit ausschließen. Nur die Absätze, welche mit der historischen Einbettung und mit dem allgemeinen Kontext zu tun hatten, konnte ich teilweise übernehmen. Im Grunde erwies sich mein Artikel als ein völlig neu konzipierter Text, der nur das Thema mit der Hausarbeit gemeinsam hatte. In diesem Sinne fungierte Letztere als eine Zwischenhaltestelle auf dem Weg zur Expertise in meinem Themenbereich.

Die Tatsache, dass ich das Recherchieren fortsetzen musste, entpuppte sich bald als ein Vorteil, denn bald konnte ich auf wichtige Bezüge auf die deutsche Literatur verweisen, die in der englischen Version nicht vorhanden waren und die zur Relevanz des deutschen Artikels beitrugen. So zum Beispiel konnte ich die These von einem Kritiker aufführen, der in Nietzsches Werk Also sprach Zarathustra Parallelen zu Barbaulds erfolgreichem Kinderbuch Hymns in Prose for Children vermutet.

Was die technischen Aspekte der Textgestaltung angeht, so fand ich die Formatierung etwas gewöhnungsbedürftig. Oft war es mir nicht klar, wie einige Absätze – zum Beispiel, wo ein langes Zitat aufgeführt werden sollte – genau zu gestalten waren, oder ob die Übersetzung vom Zitierten einer besonderen Markierung bedurfte. In solchen Fällen habe ich aus anderen Beispielartikeln die Formatierung übernommen oder wenn ich keine Beispiele fand, richtete ich mich nach eigenem Urteil.

Wenn es um das Übersetzen der Gedichte ging, so musste ich es selber übernehmen, denn ich fand keine deutsche Übersetzungen vor. Hier musste ich mich fragen, ob es in solchen Fällen Regelungen gibt, oder ob man einfach die volle Übersetzungsfreiheit hat.

Auch wusste ich manchmal nicht, welche Begriffe zu verlinken waren und welche als eindeutig genug galten. Dies war beim Begriff  „Vernunft“ der Fall. „Vernunft“ hat bei Wikipedia einen eigenen Artikel, aber der Terminus schien mir so selbstverständlich zu sein, dass ich auf die Verlinkung verzichten wollte. Wiederum ergaben sich mehrmals Fälle, in denen ein Verweis nötig und verständnisfördernd gewesen wäre, wo aber der deutsche Artikel dazu nicht vorhanden war.

Ich fürchte, hier bin ich etwas willkürlich vorgegangen und habe oft „leere“ Begriffe verlinkt, die dann in der veröffentlichten Version mit der roten Markierung gekennzeichnet wurden. An dieser Stelle nahm ich mir vor, die betreffenden Artikel zu ergänzen, sobald der Hauptartikel veröffentlicht und frei zugänglich war.

Zu meiner Enttäuschung musste ich feststellen, dass bis mein Beitrag freigeschaltet wird, es noch etwas länger dauern kann. Bei der Einsicht in die Versionsgeschichte merkte ich, dass mehr als ein Jahr vergangen war, bevor der angelegte Artikel gesichtet und freigeschaltet wurde. Im Nachhinein würde ich erfahren, dass dies dadurch zu erklären war, dass zur Zeit der Erstellung des Artikels in der deutschen Wikipedia keine Sichtung bzw. Freischaltung nötig war und dass viele der ersten Beiträge erst nachträglich freigeschaltet wurden.

Hier fragte ich mich, woran es liegen kann, dass manche Artikel deutlich schneller als andere freigeschaltet werden, ob es nur auf den Umfang zurückzuführen ist oder ob gewisse Themen von den dafür Zuständigen bevorzugt werden. Dies würde in dem Sinne weitere Fragen zur Relevanz und Autorität aufwerfen.

Sehr schnell war allerdings das Feedback von Amygdala77, einer Expertin im Themenbereich Geburtshilfe, die auch viele Übersetzungen aus dem Englischen unternommen hat. Sie änderte knapp 21 Stunden nach Veröffentlichung den Begriff „Großbritannien“ in „Vereinigtes Königreich und Irland“ um, ergänzte die Verlinkung zu dem Namen William Congreve mit der Bezeichnung „Autor“, damit eine volle Entsprechung zu dem deutschen Artikel zu Congreve besteht und korrigierte einen Rechtschreibsfehler.

Obwohl ich für diese Korrekturen sehr dankbar war und davon lernen konnte, dachte ich in meinem experimentellen Vorhaben mit Wikipedia nicht so weit gekommen zu sein wie ich mir es gewünscht hatte. Da Vieles davon abhängig war, ob mein Beitrag zugelassen wurde oder nicht, ließ die anstehende Sichtung die meisten Fragen, die ich am Anfang hatte, offen.

Dies würde sich mit der Hilfe von Wikipedia-Administrator Marcus Cyron ändern. Nachdem er meinen Erfahrungsbericht zum Artikelschreiben gehört hatte, beschäftigte er sich mit meinem Beitrag und erklärte mir, welche Aspekte ich noch beachten sollte – darunter der Nachimport der englischen Versionsgeschichte, da ich den ersten Absatz im Artikel direkt aus dem Englischen übersetzt hatte, und weitere Details wie die Jahreslinks für deutschsprachige Literaturseiten.

Eine besonders schöne Überraschung war es, als ich in der Woche nach meinem Vortrag meinen Artikel freigeschaltet fand. Ohne Zweifel hatte ich das Herrn Cyron zu verdanken, der mich in der Korrekturphase meines Artikels so stark unterstützt hatte. Sobald ich auf ein Hindernis kam, oder meine Arbeit am Verlinken unterbrechen musste, stellte ich fest, dass Herr Cyron bereits bescheid wusste und selbst weitermachte, wo ich aufgehört hatte. Eine bessere Betreuung als Wikipedia-Debütant kann man sich gar nicht wünschen. Er machte uns allen im Seminar Mut, weitere Artikel bei Wikipedia zu schreiben und erinnerte uns daran, wie nützlich solche Beiträge selbst für andere Artikelverfasser im selben Themenbereich sein können. Damit wurde meine anfängliche Angst, in bereits verfasste Texte einzugreifen, erheblich gemindert.

Nach dem aufwendigen Verfassen des Artikels ist mir auch klar geworden, dass diese Leistung keineswegs zu Ende geführt wurde, denn der Artikel selbst ist Teil eines langen Projektes, eines sogenannten „work in progress“, bei dem ich mir die Beteiligung von anderen Interessenten erhoffe, um zu einem virtuellen Gespräch zum Thema kommen zu können. Da ich mich in der Zukunft mit Barbaulds Wirken in der Literatur zu beschäftigen beabsichtige, fände ich einen regen Austausch anhand der Änderungsvorschläge an dem Artikel äußerst hilfreich.

Ich arbeite jetzt an meinem Artikel weiter und versuche die „leeren“ Links mit neuen Einträgen zu füllen. Ganz eindeutig fehlt mir noch Übung, aber dafür habe ich die Unterstützung vom Team der Wikipedianer, deren schnelles Reaktionstempo, umfassende Expertise und Hilfsbereitschaft den Aufwand erleichtern und Mut zum Weiterschreiben machen.

 


 

Quelle: http://wppluslw.hypotheses.org/448

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FES: Helmut-Schmidt-Archiv im Archiv der Sozialen Demokratie

http://wp.ub.hsu-hh.de/3950 Der ständig wachsende Bestand enthält Korrespondenz, Sachakten und Sammelgut vor allem zu folgenden Bereichen: Zeit im SDS, Arbeit als Bundestagsabgeordneter, als Innensenator, als Minister und Bundeskanzler, Unterlagen als Mitglied im SPD-Parteivorstand und -präsidium, als stellvertretender Vorsitzender der SPD und aus der Arbeit im InterAction Council sowie privat-politische Korrespondenz. Text: http://wp.ub.hsu-hh.de/3950

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/08/4643/

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Call4Papers “HiStories 2013: Geschichte, Form & Sinnfunktion in Computerspielen” (bis 15.08.13)

Die Darstellung von Geschichte im Computerspiel hat eine lange Tradition. Egal ob Ego-Shooter, Strategiespiel oder ‚Simulation‘ – in nahezu jedem Genre finden sich unzählige Beispiele. Insbesondere Spiele mit kriegerischem Hintergrund wurden schon immer auch kritisch hinterfragt („Killerspiel“-Debatte). Seit einigen Jahren … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5085

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Ausschreibung Pro Niedersachsen fördert Forschungsvorhaben und Veranstaltungen in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften

14701 Mit Mitteln von bis zu 200.000 € fördert auch im nächsten Jahr das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) Forschungsvorhaben in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Die Antragsfrist endet am 10. Oktober 2013 (Achtung, vorverlegte Frist).

Ausschreibung
Antragsformular
Kostenkalkulation

In einer zweiten Förderlinie werden mit bis zu 20.000 € außerdem wissenschaftliche Veranstaltungen gefördert, an denen ein besonderes niedersächsisches forschungspolitisches Interesse gegeben ist. Antragsfrist ist der 13. September 2013.

Ausschreibung
Antragsformular
Kostenkalkulation

Alle Ausschreibungen des MWK im Netz:
http://www.mwk.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=6258&article_id=18914&_psmand=19

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2071

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Das Bild vom Anderen: ‘Gelbe Gefahr’ − ‘Weiße Gefahr’

Das Schlagwort von der ‘Gelben Gefahr’ ist (vor allem im deutschen Sprachraum) fest mit dem Bild Völker Europas, wahr(e)t eure heiligsten Güter verknüpft, so fest, dass  das Bild als Illustration des Schlagworts gesehen wird – was sich bei genauerer Betrachtung als Konstrukt späterer Generationen erweist – denn die diffuse Angst vor einer Bedrohung aus dem Osten war lange vor Knackfuß’ Federlithographie und vor der Prägung des Begriffs ‘Gelbe Gefahr’ weit verbreitet.

Der Begriff ‘Gelbe Gefahr’ (‘Yellow Peril’, ‘Yellow Terror’, ‘le péril jaune’) sollte Ressentiments gegen asiatische Völker, speziell gegen ‘die Chinesen’ und China schüren. In den amerikanischen Medien waren anti-chinesische Stimmen seit der Diskussion um den ‘Chinese Exclusion Act’, der die Einwanderung von Chinesinnen und Chinesen massiv einschränkte[1] in den 1880ern häufig zu lesen, in Europa dauerte es bis zum Ende des Jahrhunderts. 1897 veröffentlichte der russische Soziologe Jacque Novikow (Yakov Aleksandrovič Novikov, 1849-1912) Le péril jaune[2]. Matthew Phipps Shiel (1865-1947) veröffentlichte 1898 die Serie The Empress Earth, der wenig später als Roman unter dem Titel The Yellow Danger ((M. P. Shiel: The Yellow Danger (London: Grant Richards 1898): Online: Internet Archive.)). Spätere Editionen erschienen unter dem Titel The Yellow Peril. Im Deutschen wurde der Begriff vermutlich durch Die Gelbe Gefahr (1900), einen Roman des ‘Kolonialschriftstellers’ Stefan von Kotze (1869-1909), geprägt.[3]

Das Bild Völker Europas, wahr(e)t Eure heiligsten Güter schuf der Historienmaler Hermann Knackfuß (1848-1915)[4] im Jahr 1895 nach einem Entwurf von Kaiser Wilhelm II.;; es war ein Geschenk des deutschen Kaisers an Zar Nikolaus II.

Das Bild zeigt unter einem schwebenden Kreuz eine Gruppe von walküren-ähnlichen weiblichen Figuren und den Erzengel Michael. Der Engel deutet auf einen auf dunklen Gewitterwolken über eine europäischenLandschaft schwebenden Buddha deutet.che und christliche Missionare getötet wurden. Die weiblichen Figuren sind Allegorien der Völker Europas – sie verkörpern (von rechts) Frankreich (“Marianne”), das Deutsche Reich (“Germania”), Russland, Österreich (“Austria”), Italien (“Italia”) und Großbritannien (“Britannia” mit dem ‘Union Jack’ auf dem Schild), die Figur ganz links ist nicht eindeutig identifiziert. Die Darstellung gilt als Versuch, die Aufmerksamkeit der europäischen Mächte auf die potenziellen Gefahren aus dem Osten zu lenken …

Als 1896 Li Hongzhang durch die USA und einige Staaten Europas reiste, ändert sich das Bild: China wird als Markt interessant – was auch in der Karikatur durch Verfremdung eines allgemein bekannten Bildes verarbeitet wird: “Der Feind aus dem Osten naht, rüstet euch zum Lossschalgen! Völker Europas, verkauft eure theuersten Güter!”[5].

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Beiblatt zum Kladderadatsch Nf. 27 (5.7.1896)
Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg (Creative Commons-Lizenz cc-BY-NC-SA)

Diesmal steht an der Stelle des Erzengels Michael Hermes (oder Merkur), der ‘Götterbote’. Die ‘Walküren’ haben ihre Waffen fallen gelassen und alle Hände voll mit Waren, die sie anpreisen wollen – Schiffe, Waffen, Munition.  Anstelle des Kreuzes schwebt über ihnen ein praller Geldbeutel. Und in den Rauchwolken, die aus Fabriksschloten aufsteigen, schwebt Li Hongzhang 李鴻章 im Sonnenglanz mit einem ganzen Berg von Geldsäcken.[6]

Im Sommer 1900 tauchte das Bild wieder auf, um die deutsche Kriegstreiberei im Kontext der militärischen Intervention zur Unterdrückung der Yihetuan 義和團-Bewegung (des so genannten ‘Boxeraufstandes) zu untermauern. Eine Karikatur von Johan Braakensiek[7] zeigt “une nouvelle interprétation du tableau connu de l’emperuer Guillaume”[8]: “Confucius: ‘Volkeren van Azië, verdedigt uwe heilige goederen.” ["Confucius: Völker Asiens, verteidigt eure heiligen Güter].

braakensiek_1900

“Confucius: ‘Peuple d’Asie, protégez votre biens sacrés.’”
Reproziert in: Chinois d’Europe et Chinois d’Asie | Quelle: gallica[Ausschnitt]Bildunterschrift im Original: “Confucius: “Volkeren van Azie, verdedigt uwe heilige goederen!
Abb. (zoombar)De Amsterdammer. Weekblad voor Nederland Nr. 1200 (24.6.1900) S. 10A

Brakensiek verlagert in der Karikatur, die am 24. Juni 1900 in De Amsterdammer.[9] erschien, die Szene auf eine Klippe am Meer. Auf der Klippe steht unter einem schwebenden Drachen ein chinesischer Beamter mit geflügelten Kappe und Mantel vor einer Gruppe von Asiatinnen und Asiaten und deutet auf ein Schlachtschiff, das sich der Küste nähert. Auf der Brücke des Schiffes sind Europäer bzw. Ausländer schemenhaft zu erkennen – die Figur ganz links trägt Zylinder und Kinnbart (und steht für die USA), die anderen Figuren sind nicht so klar zu erkennen, über dem Schiff schwebt ein Kreuz im Strahlenkranz.

Die Karikatur wurde Wochen vor der so genannten “Hunnenrede”[10] veröffentlicht – und lange bevor Anatole France in seinem Roman Sur la pierre blance (1905)[11]- allerdings vor dem Hintergrund des Russisch-Japanischen Krieges auf Japan bezogen – davon sprach, dass man nicht von einer ‘gelben Gefahr’, sondern viel eher von einer ‘weißen Gefahr’ sprechen müsste:

[...] Les Japonais passent le Yalu et battent avec précision les Russes en Mandchourie. Leurs marins détruisent élégamment une flotte européenne. Aussitôt nous discernons un danger qui nous menace. S’il existe, qui l’a créé ? Ce ne sont pas les Japonais qui sont venus chercher les Russes. Ce ne sont pas les Jaunes qui sont venus chercher les Blancs. Nous découvrons, à cette heure, le péril jaune. Il y a bien des années que les Asiatiques connaissent le péril blanc. [..] Nous avons créé le péril blanc. Le péril blanc a créé le péril jaune. [...].[12]

 

  1. An act to execute certain treaty stipulations relating to the Chinese, May 6, 1882; Enrolled Acts and Resolutions of Congress, 1789-1996; General Records of the United States Government; Record Group 11; National Archives. (Online: http://www.ourdocuments.gov/doc.php?flash=true&doc=47#); Materialsammlung: Harvard University | Open Collections Program
  2. Jacques Novicow: Le péril jaune (Paris : V. Giard et E. Brière 1897) http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k68266m
  3. S. dazu http://stefan-von-kotze-gesellschaft.de/html/html/das_werk.html.
  4. Zur Biographie: Brigitte Lohkamp: „Knackfuß, Hermann“, in: Neue Deutsche Biographie 12 (1979), S. 149 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118563599.html
  5. Beiblatt zum Kladderadatsch, Nr. 27 (5. Juli 1896) [1].
  6. Ein ähnliches Sujet findet sich nach Grand-Carteret auch in den Lustigen Blättern im August 1896, dort stehen anstelle der Nationalallegorien Minister – und Li Hongzhang schwebt auf einem Drachen, s. [John Grand-Carteret:] Chinois d’Europe et Chinois d’Asie, documents illustrés pour servir à l’histoire des chinoiseries de la politique européenne de 1842 à 1900, recueillis… par John Grand-Carteret,… (s.l. s.d. [um 1900]) 8.
  7. Johan Coenraad Braakensiek (1858-1940) war Maler, Illustrator und Karikaturist – und arbeitete immer wieder für De Amsterdammer. Zur Biographie: J.L. Heldring, ‘Braakensiek, Johan Coenraad (1858-1940)’, in Biografisch Woordenboek van Nederland. URL: http://www.historici.nl/Onderzoek/Projecten/BWN/lemmata/bwn3/braakensiek [10-02-2012].
  8. [John Grand-Carteret:] Chinois d’Europe et Chinois d’Asie, documents illustrés pour servir à l’histoire des chinoiseries de la politique européenne de 1842 à 1900, recueillis… par John Grand-Carteret,… (s.l. s.d. [um 1900]) 34.
  9. Die politische Wochenzeitschrift wurde 1877 gegründet – der volle Name war De Amsterdammer – weekblad voor Handel, Industrie en Kunst. 1925 erhielt das Blatt den Namen De Groene Amsterdammer. Mit der Ausgabe vom 12. 10. 1940 wurde De Groene Amsterdammer eingestellt, am 16. Juni 1945 erschien das Blatt wieder. Die Ausgaben von 1877 bis 1940 wurden vollständig digitalisiert und sind über das Archief frei zugänglich.
  10. Ansprache Wilhelms II. bei der Veranbschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps am 27. Juli 1900 in Bremerhaven – Bernd Sösemann: “Die sog. Hunnenrede Wilhelms II. Textkritische und interpretatorische Bemerkungen zur Ansprache des Kaisers vom 27. Juli 1900 in Bremerhaven”. In: Historische Zeitschrift 222 (1976),  342–358 (mit der maßgeblichen Textversion).
  11. Anatole France: Sur la pierre blanche (Paris: Calmann-Levy 1905) – Online: gallica.
  12. Anatole France: Sur la pierre blanche (Paris: Calmann-Levy 1905), S. 212.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/873

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Eine Einführung in die Begriffsgeschichte der Demut

Zweifellos. Der Begriff Demut hat seine Ursprünge in der alttestamentlich-jüdischen, der griechisch-römischen sowie in der urchristlichen Tradition.

In der griechisch-römischen Tradition  standen die Begriffe humilis oder ταπεινóς im sozialen und politischen Kontext: „sozial Hochgestellte“ standen über den „sozial Niedriggestellte[n]“1, das heißt den Unterschichten (humiliores) der Plebejer war die herrschende Oberschicht der Patriziern übergeordnet. Die Demütigen waren somit die Beherrschten und Niedergedrückten, die in bescheidenen Verhältnissen lebten. Gemäß dem damaligen Denken führte eine „niedrige Stellung“ aber auch „zu niedriger Gesinnung“ (Wengst 1987, S. 17). So muss der niedrig Gestellte niedere Arbeiten ausführen, die seinen Körper, sein Denken sowie seine Seele „unnütz“2 machen. Auch wird der Charakter der Demütigen in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung negativ beschrieben.

Aus der Demut konnte man im griechisch-römischen Verständnis nur durch den sozialen Aufstieg entfliehen. Ein sozialer Abstieg in die Demut bedeutete aber für Plutarch, einen Angehörigen der römischen Oberschicht, nicht seine ursprüngliche Gesinnung zu verlieren und einen demütigen und verwerflichen Charakter anzunehmen3 . So ist die lobenswerte Tugend der Tüchtigkeit (virtus) „nicht an äußere Vorgaben gebunden“4 und kann selbst unter widrigen Umständen wie Armut und Niedrigkeit (humilitas) gelebt werden.

Obwohl eine Haltung der Selbstlosigkeit im Sinne des Altruismus der damaligen Ordnung der Ständegesellschaft widersprach, wird die Tugend der Bescheidenheit in der antiken Literatur mitunter auch positiv beschrieben: So kann jemand von seiner Gier nach Reichtum und Ruhm abkehren und zur Bescheidenheit gelangen. Oder aber er wird, wie Plutarch deutlich macht, von Gott korrigiert und zur Bescheidenheit zurückgeführt.5

Kontrastierend zur griechisch-römischen Tradition wird in den jüdischen Schriften häufig Partei ergriffen für die Gedemütigten und die zu Unrecht erniedrigten. Dabei wird auch der Missstand angeprangert, dass die herrschende Oberschicht häufig nicht das tut was recht ist, sondern die Unterschicht mit Gewalt unterdrückt und sich auf ihre Kosten bereichert. Gott stellt sich selbst auf die Seite der Gedemütigten und Entrechteten und die Erniedrigten sollen bei ihm ihre Zuflucht suchen und die Hoffnung erhalten, dass Gott der Unterdrückung ein Ende setzen wird.6 In diesem Licht erscheinen auch die Prophezeiungen über den kommenden Messias, der für Gerechtigkeit sorgen wird.

Im jüdischen Verständnis konnte eine erlebte Demütigung und ein Leben in bescheidenen (demütigen) Verhältnissen zu einer Tugend der Demut führen, die in einer Solidargemeinschaft praktiziert wird, in der man auf die Demütigung anderer verzichtet.7 So wird in den Qumran-Texten die Demut als „willige Einordnung in die Gruppe unter Zurücksetzung individueller Interessen“ bezeichnet, das heißt es besteht eine „Loyalität gegenüber der Gemeinschaft“ 8 , weshalb Demut nicht erniedrigend und erdrückend von oben herab erfolgen kann.

Das Verständnis der Demut in der urchristlichen Tradition ist wiederum stark vom jüdischen Verständnis geprägt, aber es zeigen sich auch griechisch-hellenistische Einflüsse.9 So ist zu konstatieren, dass auch in den christlichen Schriften die Demütigung durch die unterschiedlichen sozialen Stellungen und dem Unterschied von Arm und Reich bekannt ist.10 Am deutlichsten wird das Verständnis von Demut an der Person des Jesus, der nach den christlichen Schriften, als Sohn Gottes auf die Erde ins das Niedrige gekommen ist und als Mensch den Geringsten solidarisch geworden ist. Im Evangelium des Matthäus (11, 28-30) spricht Jesus davon, dass alle Mühseligen und Beladenen zu ihm kommen sollen, denn er bietet ihnen einen Ort der Ruhe an, weil er demütig ist und solidarisch und daher den Beladenen und Gedemütigten zugehörig. Auch Jesus lebt die Solidargemeinschaft vor, in der die Demut nicht den eigenen Vorteil sucht, sondern den des Nächsten.11 So könne Jesus, der im Zusammenhang mit seiner Auferstehung erklärt, dass ihm „alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist“12 als demütiger Herrscher „seine Herrschaft […] in einer solidarischen Praxis der von ihm Beherrschten“13 vollziehen.

Während Paulus dieses Verständnis der Demut in seinen Schriften aufgreift und erläutert, finden sich bereits im 1. Clemensbrief Anzeichen für den Wandel des Verständnisses der Demut im christlichen Verständnis. So wird in 1. Clemensbrief 63,1 die Demut als eine Einordung in eine hierarische Ordnung verstanden bzw. als gehorsame Untertänigkeit und ein sich fügen unter die Gemeindeleitung, was sich vom Verständnis nicht mit der Lehre von Jesus und Paulus verträgt, sondern sich eher in die Tradition griechisch-römischen Denkens einordnen lässt (14. Dieses im 1. Clemensbrief dargelegte Verständnis der Demut als Untertänigkeit hat sich laut Wengst aber im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte am stärksten ausgebildet.

Literaturtipp: Wengst, Klaus: Demut – Solidarität der Gedemütigten. München 1987.

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2013): Eine Einführung in die Begriffsgeschichte der Demut. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

  1. Siehe Wengst, Klaus: Demut – Solidarität der Gedemütigten. München 1987. S. 15.
  2. Siehe Wengst. München 1987. S. 18.
  3. Siehe Wengst. München 1987. S. 22-29.
  4. Siehe Wengst. München 1987. S. 30.
  5. Siehe Wengst. München 1987. S. 32f.
  6. Siehe Wengst. München 1987. S. 42.
  7. Vgl. Wengst. München 1987. S. 45.
  8. Siehe Wengst. München 1987. S. 66f.
  9. Siehe Wengst. München 1987. S. 69.
  10. Siehe Wengst. München 1987. S. 79-84.
  11. Vgl. Wengst. München 1987. S. 90.
  12. Siehe (Matthäus 28,18).
  13. Siehe Wengst. München 1987. S. 95.
  14. Siehe Wengst. München 1987. S. 97-102

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2013/08/eine-einfuhrung-in-die-begriffsgeschichte-der-demut/

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