Ein Anfang fast von Null für das DHI Moskau

Im Gespräch mit Michail Bojcov und Nikolaus Katzer

In der Nacht zum 31. Januar 2015 wurde das Deutsche Historische Institut (DHI) Moskau durch einen Großbrand schwer beschädigt. Es gab keine Personenschäden, große Teile des Gebäudes, in dem auch die Bibliothek für Gesellschaftswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften (INION) untergebracht war, wurden jedoch zerstört.

Amtsübergabe des Präsidenten der Max Weber Stiftung Foto: © Jennifer Zumbusch

Nikolaus Katzer und Michail Bojcov am 27. Februar in Bonn.

Wie ist die Situation des DHI Moskau vor Ort, welche Auswirkungen hat der Brand auf den laufenden Betrieb und die aktuellen Forschungsschwerpunkte des Instituts? Und wie sehen Ihre weiteren Planungen für das DHI aus?

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Quelle: http://mws.hypotheses.org/27459

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“Wer nicht mehr befreit werden konnte”

Ansprache von Katrin Stoll anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Niemandsorte” am DHI Warschau.

“Schritte –

In welchen Grotten der Echos
seid ihr bewahrt
den ihr den Ohren einst weissagtet
kommenden Tod?

[…]
Schritte –
Urzeitspiel von Henker und Opfer,
Verfolger und Verfolgten,
Jäger und Gejagt –
[…]”

Katrin Stoll, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DHI Warschau.

Katrin Stoll, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DHI Warschau.

Nelly Sachs‘ Werk gehörte nicht zur Pflichtlektüre des Deutschunterrichts des Gymnasiums in Ost-Westfalen, an dem ich vor 20 Jahren mein Abitur ablegte. Damals, 50 Jahre nach Kriegsende, hielt der leitende Lehrer meines Jahrgangs auf unserer Abschlussfeier eine bewegende, emotionale Rede, in deren Mittelpunkt er die von Deutschen verübten Verbrechen in ganz Europa stellte und uns unsere politische Verantwortung vor Augen führte.

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Quelle: https://mws.hypotheses.org/27404

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scienceblogs: Aberglaube und Alternativmedizin in Dachau heute

http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2015/05/16/aberglaube-und-alternativmedizin-in-dachau-heute/ Dachau kennt man heute insbesondere als Ort des ersten Konzentrationslagers in Deutschland. Dabei stand es einmal für Kunst und Kultur, für gute Seiten menschlichen Daseins. Kürzlich gab es eine tolle Kunstaktion in Dachau – die vierte „Late Night Dachau“, eine “Shuttle-Lesung“. Auch zur Alternativmedizon gab es eine Lesung von Jaromir Konecny, einem Münchner Autor […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/05/5841/

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Befreiung? Sieg? Niederlage? Interviews zum Kriegsende (1): Frankreich

Im Rahmen des 70. Jahrestags des Kriegsendes in Europa eröffnet die Max Weber Stiftung einen Einblick in die Erinnerungskultur der Gastländer ihrer Institute. Neben einer Auseinandersetzung mit dem Gedenken an 1945 geben wir auch einen kurzen Einblick in die jeweiligen Forschungstendenzen zum Zweiten Weltkrieg. Den Anfang macht Stefan Martens, Stellvertretender Direktor des Deutschen Historischen Institut in Paris. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und des Widerstandes, die Geschichte der französischen Dritten Republik und des Vichy-Regime sowie die Geschichte der Internationalen Beziehungen.

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Stefan Martens, Stellvertretender Direktor des DHI Paris.

Herr Martens, wie wichtig ist der 8.

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Quelle: http://mws.hypotheses.org/26843

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Die unwahrscheinlichen Weltkriege

Von Stefan Sasse

Hitler in Paris, 1940
Aus der Retrospektive betrachtet wirkt es häufig so, als ob die zwei Weltkriege, die im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgingen, unvermeidbar und gewissermaßen in vorbestimmt gewesen waren. Diese Sicht täuscht jedoch. Weder der erste noch der zweite Weltkrieg waren unvermeidliche Ereignisse, nicht einmal bis kurz vor (oder nach) ihrem jeweiligen Beginn. Dies mag zuerst etwas merkwürdig erscheinen. Es soll hier auch kein Revisionismus betrieben werden; vielmehr geht es darum, einige Mythen zu entzaubern, die einem unverstellten Blick auf die Geschehnisse entgegenstehen. Zu diesem Zweck sollen im Folgenden beide Weltkriege auf die Wahrscheinlichkeit hin untersucht werden, dass sie sich zu der Katastrophe entwickeln, die sie schlussendlich darstellten.


Der Erste Weltkrieg entstand letztlich aus der Kette von Ereignissen, die sich nach dem Attentat auf den habsburgischen Thronfolger in Sarajevo herausbildete. Die untereinander verbundenen Großmächte und entstehenden Zwänge sind hinreichend bekannt und brauchen hier nicht wiederholt werden; Furcht vor dem Verlust der Initiative, dem Verlust der strategischen Lage (etwa durch Statusverlust gegenüber Bündnispartnern oder Bruch eines Bündnisses) und die Unmöglichkeit, die gegnerischen Intentionen akkurat einzuschätzen sorgten bis zum August für den Beginn eines blutigen Reigens, der vier Jahre lang andauern sollte. Oftmals hört man auch heute noch, dass die waffenstarrenden, stets kriegsbereiten Bündnisse einen Konflikt zu irgendeinem Zeitpunkt praktisch unvermeidlich machten. Dass dies nicht zutreffend ist, habe ich bereits an anderer Stelle im Essay "Blick in den Abgrund" deutlich gemacht.

Alfred von Schlieffen
Die Reaktionen der verschiedenen Diplomaten und Außenpolitiker während der Juli-Krise besitzen selbst keinen Automatismus. Bis zu den Mobilmachungen und den mit ihnen verbundenen Kriegserklärungen gab es zahlreiche Möglichkeiten, die Krise zu entschärfen. Aber was, wenn die Julikrise gar nicht erst ausgebrochen wäre, etwa weil Franz Ferdinand nicht noch ins Krankenhaus fährt? Wäre dann schlicht irgendwann später ein Ereignis eingetreten, das den Waffengang doch unvermeidlich gemacht hätte? An dieser Stelle lohnt es sich, die Fixierung besonders der deutschen Militärs auf die sich strategisch verschlechternde Lage Deutschlands einzugehen. Die russische Armee steigerte zwischen 1913 und (dem 1914 noch hypothetischen) 1916 ihre Kampfbereitschaft deutlich, sowohl durch technische Modernisierungen als auch durch mit französischem Kapital gebaute strategische Eisenbahnlinien. Die offensive deutsche Kriegsplanung aber sah vor, wegen der praktischen Unmöglichkeit einen Abnutzungskrieg gegen die Entente zu gewinnen einen schnellen Schlag vor der russischen Mobilmachung gegen Frankreich zu führen. Die die Militärs nicht müde wurden zu betonen wäre diese Strategie ab 1916 nicht mehr möglich gewesen, ja, hätte sich hier das Zeitfenster für jeden ernsthaften Offensivplan geschlossen. 

Angenommen, es hätte nun bis 1916 (oder, um das Argument sogar noch deutlicher zu machen, 1920) keinen bewaffneten Konflikt gegeben. Für Deutschland konnte die Konsequenz nur sein, den Krieg nicht mehr als Option zu betrachten, so wie es in den 1920er Jahren praktisch alle Großmächte auch taten. Wenn aber Krieg keine Option mehr ist, muss dem eine diplomatische Umgewichtung entgegenstehen. Abrüstungsinitiativen wie etwa die amerikanischen zu Beginn der 1920er Jahre (wie ich sie in "Aufstieg und Fall der liberalen Weltordnung" beschrieben habe) wären hier eine Möglichkeit. Das Szenario ist nicht so absurd, wie es auf den ersten Blick scheint. In der Haager Konferenz, aus der schließlich die Haager Landkriegsordnung von 1907 hervorging, hatte Russland ähnliche Vorschläge gemacht, weil es sich damals in einer ähnlich unterlegenen Position sah wie Deutschland zehn Jahre später. Der Unterschied aber wäre, dass der Rüstungswettlauf gerade in den Jahren zwischen 1900 und 1914 immer gewaltigere Kosten verursachte, die kaum mehr zu stemmen waren, was die Anreize für alle Beteiligten gegenüber 1907 erhöhte. 

Abzeichen der französischen Maginot-Besatzung
Gleichzeitig ist es denkbar, dass sich die Einsicht durchgesetzt hätte, dass die Unmöglichkeit eines Offensivkriegs eine Defensivstrategie notwendig macht. Wenn auf allen Seiten die korrekte Analyse gezogen worden wäre, dass mit dem damals aktuellen Waffenarsenal die Defensive die Oberhand über die Offensive hatte (eine Lektion, die 1915 erst blutig gelernt werden musste) wäre ein weiterer Anreiz für das Suchen nichtmilitärischer Lösungen gefunden gewesen. Der Erste Weltkrieg erscheint unter diesem Gesichtspunkt als ein Unfall, eine Anomalie, und nicht als ein unabwendbares Ereignis. Dies sollte gerade im Hinblick auf Krisen der heutigen Zeit hoffnungsvoll stimmen und uns eine bessere Performance von unseren eigenen Außenpolitikern erwarten lassen. 

Mit dem Zweiten Weltkrieg ist die Sache anders gelagert. Wenn ich sage, dass der Zweite Weltkrieg ein unwahrscheinliches Ereignis war, so will ich nicht den rechtsradikalen Revisionisten das Wort reden die glauben, dass Hitler eigentlich Frieden wollte und nur durch ein kriegslüsternes Albion auf den Kriegspfad getrieben wurde. Ab 1934 war ein deutscher Krieg in Europa unvermeidlich, solange Hitler die Macht in Händen hielt. Er arbeitete auf ihn hin, er wollte ihn von Anfang an und er ließ sich von Realitäten und Fakten nicht abhalten. 

Ebenso möglich wie Pearl Harbor: ein Rückzug aus China
Unwahrscheinlich ist vielmehr etwas anderes: dass Hitlers Krieg sich zu dem mörderischen Weltkrieg ausweitet, der er denn dann wurde. An mindestens fünf Punkten bis 1941 alleine wäre für Nazideutschland ein ziemlich schnelles und unvorteilhaftes Kriegsende das wesentlich wahrscheinlichere Ergebnis gewesen, und der japanische Angriff auf Pearl Harbor, der den Krieg überhaupt erst zum Weltkrieg machte, indem er die Kriegsschauplätze über die Klammer der mächtigen USA verband, war keine feste, sondern vielmehr gegenüber anderen Szenarien unwahrscheinlichere Entwicklung, wie Eri Hotta in seinem Buch "Japan 1941: Countdown to Infamy" dargelegt hat. 

Hätte Hitler seinen Willen bekommen, hätte die Wehrmacht bereits 1938 die Tschechoslowakei angegriffen, ein Unternehmen, dessen Ausgang selbst gegen die Tschechen alleine keineswegs sicher war und das aller Wahrscheinlichkeit nach die Alliierten zur Internvention gebracht hätte - sofern die deutschen Generäle nicht ohnehin die Courage besessen hätten, aus ihren Plänen Ernst zu machen und Hitler in diesem Falle zu putschen. Mit dem Angriff auf Polen 1939 exponierte Deutschland seine Westflanke ungeheuer. Hätten die Franzosen damals nicht den "Sitzkrieg" geführt ohne Deutschland ernsthaft anzugreifen sondern wären, notfalls mit improvisierten Plänen und unzureichender Ausrüstung, mit ihrer Million Mann im deutschen Südwesten einmarschiert, hätte das Dritte Reich einen Überlebenskampf führen müssen, dessen Chancen kaum vorteilhaft waren, besonders wenn man zunehmende Unterstützung durch Großbritannien hinzunimmt. Ein solcher Kriegsverlauf hätte vielleicht sogar Stalin zum Bruch des Pakts bewogen, so dass Polen ein wesentlich größerer militärischer Faktor gewesen wäre. 

Der "Sitzkrieg" im Westen gab Deutschland Zeit
Als Hitler dann 1940 den Angriff auf den Westen befahl, standen die Chancen eigentlich völlig gegen ihn. Die deutsche Armee war den Westmächten zahlenmäßig gerade ebenbürtig. Die Alliierten hatten wesentlich mehr Panzer, Flugzeuge und Artillerie als die Deutschen, besaßen extrem starke Festungsanlagen und eine leistungsfähigere Wirtschaft. Wie Adam Tooze in seiner Betrachtung der deutschen Wirtschaft im Dritten Reich "Wages of Destruction" nahelegt erlaubte der Stand der damaligen deutschen Kriegswirtschaft kaum, den Krieg länger als ein Dreivierteljahr zu führen bevor der Nachschub vor allem an Munition zur Neige ging. Die alliierte Strategie, sich an der französischen Grenze auf die Maginotlinie und das undurchdringliche, schlecht erschlossene Terrain der Ardennen zu verlassen und die deutschen Truppen bei ihrem unvermeidlichen Vormarsch durch Belgien und die Niederlande aufzufangen ist sehr solide. Sie hielten viele Reserven zurück, die nach Bestimmung der deutschen Stoßrichtung analog zu 1914 den Vormarsch zum Halt bringen konnten und entweder sofort das Rückgrat der technisch unterlegenene Wehrmacht brechen oder den dann entstehenden Abnutzungskrieg klar gewinnen würden. 

Und ohne einen absurden Zufall wäre es vermutlich auch so gekommen; nicht umsonst waren die deutschen Generäle sehr pessimistisch was ihre Chancen gegen die Westalliierten anging, die von der ungleich besseren deutschen Armee des Ersten Weltkriegs schon nicht hatten geschlagen werden können. Der deutsche Angriffsplan sah im Wesentlichen so aus wie die Alliierten ihn vorhersahen. Die Wahrscheinlichkeit, dass "Fall Rot" in einem Desaster geendet und der Krieg 1940 mit einer Niederlage Hitlers geendet hätte war hoch. Der absurde Zufall jedoch änderte die Gleichung: ein deutscher Offizier verflog sich im Nebel, landete in Belgien, wurde verhaftet und hatte in seiner Tasche die deutschen Angriffspläne. Dies zwang die Deutschen zu einer hastigen Änderung der Pläne und zu einem gewaltigen Risiko: einem Angriff durch die Ardennen. Die Idee war deswegen so unglaubwürdig für die Alliierten, weil auf den wenigen Straßen durch die Ardennen Panzerkolonnen zwangsläufig zum "größten Verkehrsstau der Geschichte" aufstauen würden und leichte Beute für die überlegene alliierte Luftwaffe wären. Der Krieg wäre in diesem Fall in zwei Wochen entschieden gewesen. Zum gewaltigsten Verkehrsstau aller Zeiten kam es. Zu einer Entdeckung durch die alliierte Luftaufklärung nicht. Der Rest ist Geschichte. 

Deutsche Soldaten im Winter 1941
Noch einmal begann Deutschland einen Feldzug mit einem ähnlichen Glücksspiel: das "Unternehmen Barbarossa", der Angriff auf die Sowjetunion, basierte auf halsbrecherisch optimistischen Annahmen. Ohne die aktive Mitwirkung von Hitlers bestem Verbündeten, Stalin, hätten wesentlich größere Teile der Roten Armee den Kesselschlachten von 1941 entkommen und eine wesentlich frühere Verteidigungsstellung als Moskau aufbauen können, die den Krieg deutlich verkürzt hätte. Noch wesentlich bedeutsamer aber ist die Schlacht von Moskau im Winter 1941/42 selbst, in der die Wehrmacht nur äußerst knapp einem sowjetischen Durchbruch und der Vernichtung der Heeresgruppe Mitte entkam (ein Ereignis, das so bis Juni 1944 auf sich warten lassen sollte). In all diesen fünf Situationen wäre ein rascher militärischer Zusammenbruch des Dritten Reichs oder zumindest seine Einhegung in Zentraleuropa ein nicht unwahrscheinliches Ergebnis gewesen, das gegenüber dem tatsächlichen, weltumspannenden Gemetzel um ein vielfaches kleiner ausgefallen wäre. Und in keinem dieser Szenarien kommt das Deutsche Reich auch nur annähernd in die Situation, den Holocaust durchführen zu können. 

Was aber sind die Schlüsse, die wir heute aus diesen Geschehnissen ziehen können? Es ist wichtig, nicht den Propagandamythen des Dritten Reichs auf den Leim zu gehen. Die deutsche Wehrmacht war keine unüberwindbare Super-Armee, sondern profitierte extrem von Zufall, massiven Fehlern ihrer Gegner und deren schlechter Moral. Als dem Dritten Reich in USA und Sowjetunion ab 1943/44 ernsthafte Gegner erwuchsen, war sein Zusammenbruch ein nicht mehr aufzuhaltendes Faktum. Wir sollten uns daher nicht vom scheinbaren Determinismus der Ereignisse mitreißen lassen. Die Frage, ob Deutschland den Krieg nicht hätte doch gewinnen können oder wo der entscheidende Fehler lag, die man so oft hört, ist falsch gestellt. Vernünftigerweise müsste man fragen, welche Aneinanderreihung von Faktoren notwendig war, um es überhaupt so weit kommen zu lassen.

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2015/04/die-unwahrscheinlichen-weltkriege.html

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WAKE UP THE SOULS!

Runde Jahrestage eignen sich dazu, dass Menschen sich an besondere Ereignisse erinnern. Auch wenn das Ereignis kein positives ist. Zum hundertsten Mal jährt sich am 24.04.2015 der Armenische Völkermord.

Aus diesem Anlass hat die Band System Of A Down (in der alle Mitglieder armenischer Abstammung sind) ihre Tour begonnen, die an dieses Ereignis, welches von der Türkei1 immer noch nicht als Genozid anerkannt wurde, erinnern soll. Unter dem Motto: „Wake Up The Souls“ soll die Tour aber nicht nur erinnern, sondern auch mahnen. Dazu der Sänger der Band, Serj Tankian:

“Part of it is bringing attention to the fact that genocides are still happening, whether you use the word ‘genocide,’ ‘holocaust’ or ‘humanitarian catastrophe (…) none of that is changing.”2

In insgesamt drei Einheiten werden während der SOAD-Tourkonzerte kurze Comic-Videos zum Armenischen Völkermord und zum Völkermord im Allgemeinen gezeigt. Die Videos stammen von Josh Blaylock, der das Comicbuch „Operation Nemesis: A Story of Genocide & Revenge“ herausgebracht hat.3

Bei jedem Konzert werden die System-Bandmitglieder zudem von der Initiative „March to Justice“4 begleitet, die sich für die Anerkennung und den Schutz von Armeniern einsetzt. Vor und nach jedem Konzert werden Unterschriften gesammelt, die später in den USA politischen Entscheidungsträgern vorgelegt werden. Dabei erhofft sich die Initative, dass auch die Vereinigten Staaten den Völkermord an den Armeniern von 1915 anerkennen.

Beenden wird die Band ihre Tour in ihrem Heimatland, in Jerewan, Armenien. Zum ersten Mal werden sie dort zusammen als Band auftreten. Bislang hatte lediglich Sänger Serj Tankian einen Soloauftritt in Armenien. Die Show am 23.04.2015 in Jerewan war für jeden Besucher kostenlos und wurde sogar auf einem Live-Stream im Internet übertragen.5

Warum es wichtig ist vergangene Völkermorde anzuerkennen und sie zu analysieren, um aufkeimende Völkermorde zu verhindern, erklärt Serj Tankian:

“We want the recognition of the first genocide of the 20th century to be a renewal of confidence that humanity can stop killing itself.”6

 

Blümel, Jonathan (2015): WAKE UP THE SOULS In: JBS History Blog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

  1. Auch Länder wie Deutschland oder die USA haben den Völkermord an den Armeniern als solchen noch nicht offiziell anerkannt.
  2. URL: http://www.rollingstone.com/music/videos/system-of-a-down-armenia-live-stream-20150423 aufgerufen am: 22.04.2015.
  3. Siehe http://jbshistoryblog.de/2009/12/operation-nemesis-teil-1/
  4. Weitere Infos unter: http://www.marchtojustice.org.
  5. http://www.rollingstone.com/music/videos/system-of-a-down-armenia-live-stream-20150423 aufgerufen am: 22.04.2015.
  6. http://www.rollingstone.com/music/videos/system-of-a-down-armenia-live-stream-20150423 aufgerufen am: 22.04.2015.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2015/04/wake-up-the-souls/

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Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg (I)

So wie der Italienisch-Abessinische Krieg von Oktober 1935 bis Mai 1936, führte auch der Spanische Bürgerkrieg von Juli 1936 bis April 1939 zu erhöhtem Tonnagebedarf, den kleinere und mittlere deutsche Reedereien kompensierten.1

Die praktische Zusammenarbeit der deutschen Kriegsmarine mit der deutschen Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg kam nicht auf staatliche Anordnung zustande, sondern durch eine Anfrage der deutschen Kriegsmarine an deutsche Reedereien im Juli 1936. 2 Eine gemeinsame Interessenslage für die Zusammenarbeit war schnell gefunden: Die deutsche Kriegsmarine benötigte ab dem Juli 1936 für die Transporte nach Spanien und die Rückführungstransporte ins Deutsche Reich zusätzliche Tonnage, die die deutschen Reedereien bereitstellten.3

Am 26. Juli 1936 wurde im Reichsluftfahrtsministerium (RLM) in Berlin der Sonderstab W unter der Führung von Hermann Göring einberufen. Grund für die Einberufung des Sonderstabs war der am selben Tag erlassene Führerentscheid, nach dem General Franco auf dessen Bitte hin materielle und personelle Hilfe geleistet werden sollte.4 Im Sonderstab war die Kriegsmarine durch den Leiter der Schifffahrtsabteilung Karl Coupette (zugleich Verbindungsoffizier vom RVM) vertreten. Dieser sollte die Versorgung bzw. den Aufbau des Transportdienstes durch Sonderdampfer koordinieren.5

Transportrouten der deutschen Handelsschifffahrt

Bereits am 5. August 1936 wurde der erste Sonderdampfer der Afrika-Linien USARAMO nach Cádiz geschickt. Der zweite Sonderdampfer KAMERUN wurde jedoch vor Cádiz von republikanischen Seestreitkräften aufgehalten und musste nach Lissabon zurückkehren.6 Bis September 1936 mussten die Frachten der Sonderdampfer nach Lissabon verschifft und über Landweg nach Spanien gebracht werden. Nach September 1936 konnten Sevilla und El Ferrol direkt von den Sonderdampfern angesteuert werden, da diese nicht mehr von republikanischen Seestreitkräften bedroht waren. Die Heimreise nach deutschen Häfen erfolgte zur Übernahme der Erzladung über Huelva und Melilla. Auch von Stettin wurden am 25. September 1936 in zwei Großeinsätzen Nachschubtransporte an Flak, Wasserbomben, Munition, Nachrichtengeräte, Kampfwagen, Kraftfahrzeuge und Mannschaften verschifft. Diese Transporte wurden aus Geheimhaltungsgründen über Stettin geleitet, da vom Stettiner Hafen alljährlich umfangreiche Truppentransporte nach Königsberg in Ostpreußen gingen.

Deutsches Abkommen mit Franco

Bis März 1937 wurden weitere Sonderdampfer von Hamburg mit Lieferungen nach Spanien abgefertigt. Zwischen November 1936 und März 1938 wurden zudem vier kleinere deutsche Kriegsschiffe (Schnellboote) mittels größerer Sonderdampfer nach Spanien transportiert und in die franquistische Flotte eingereiht.7 Als Sonderdampfer wurden im Jahre 1936 auch spanische Beuteschiffe eingesetzt, die zur Hälfte mit deutscher Besatzung der Reederei Rob Sloman jr. und zur anderen Hälfte mit spanischer Besatzung unter Beaufsichtigung eines franquistischen Militärkommandos besetzt wurden. Diese Schiffe liefen auf ihrer Heimreise nach Hamburg bereits unter deutscher Flagge. Der für diese Angelegenheit im Dezember 1936 abgeschlossene Vertrag von Burgos zwischen der franquistischen Handelsmarine und der deutschen Regierung sah die Eigentumsübertragung von vier spanischen Beuteschiffen an die Reederei Rob Sloman jr. im Mai/Juni 1938 vor.8

Die aus Hamburg verschifften Freiwilligenkontingente, darunter Einheiten der Legion Condor, wurden ab Ende 1936 als „Reisegemeinschaft Union“ getarnt. Diese ähnelten den Kraft-durch-Freude-Fahrten (KdF-Fahrten).9 Für die Verschiffung der Legion Condor stellte die Hapag ab 1936 Schiffseinheiten „als Wohn- und Transportschiffe zur Verfügung.“10 Noch im Dezember 1936 wurden durch die deutsche Reederei Hansagesellschaft Aschpurwis & Veltjens 417 irische Freiwillige von Irland nach El Ferrol verschifft.11

Abwicklung der deutschen Schiffstransporte

Das Hamburger Speditionsunternehmen Mathias Rohde & Co Frachtkontor wickelte die geheim gehaltenen Transporte der Sonderdampfer, auf denen Wehrmachtsbestände und Zulieferungen von Privatfirmen verschifft wurden, kaufmännisch ab.12 Die Charterung der Sonderdampfer war wegen der guten Auslastung der deutschen Schiffe auf dem Weltfrachtmarkt und der besonderen Versicherungen für Schiff und Ladung bei Geheimhaltungspflicht ein äußerst schwieriges Unterfangen. Die Transportstücke wie Geschütze und Flugzeuglieferungen wurden in unscheinbar wirkenden Transportkisten verpackt und waren meist ohne Angaben von Absender und Empfänger markiert. Erst im späteren Verlauf wurden die Empfänger mit Farben und Zeichen markiert. Auch Sprengstoff und Munition wurde von Hamburger Hafenbehörden als normales Stückgut verpackt, während Dynamitlieferungen mit der frei erfundenen Bezeichnung „Astralit“ unerkennbar wurden. Ausgestattet mit einer zusätz-lichen Kurzwellenstation, besonderen Funkbeamten und einem Supercargo fuhren die deutschen Sonderdampfer auf der Hinreise unter Decknamen deutscher Schiffe, die sich sonst in Ostasien und Australien aufhielten. Auf der Heimreise entfiel der Deckname und die Schiffe galten dann als „Normaldampfer“.13

Der Eingang und Empfang der Lieferungen in Spanien wurde durch die im August 1936 neugegründete Compañía Hispano-Marroquí de Transportes Limitada (HISMA) kaufmän-nisch abgefertigt. Ihr Geschäftsführer wurde der deutsche Geschäftsmann Johannes Bernhardt. Die HISMA regelte als „Söldner-, Waffen- und Rohstofflieferant[…]“14 auch die Rückfracht, die fast ausschließlich aus Erztransporten bestand.15 Die im Oktober 1936 neugegründete ROWAK (Rohstoff- und Wareneinkauf Handelsgesellschaft m.b.H., Berlin) regelte den Eingang der spanischen Erzlieferungen in deutschen Häfen und vergab weitere Aufträge für Nachschubgüter, die aus Spanien angefordert wurden und die aus Wehrmachtsbeständen nicht geliefert werden konnten.16

weiter zu Teil II

 

  1. Vgl. Schmelzkopf, Reinhart: Die deutsche Handelsschifffahrt, 1919-1939. Oldenburg 1974/1975. S. 201.; Anm.: Neben den ersten Effekten von der Entflechtung der deutschen Großschifffahrt waren der kriegsbedingt erhöhte Tonnagebedarf mit entscheidend dafür, dass ausgegliederte deutsche Klein- und Mittelreedereien um 1935/1936 größtenteils in Gewinnzonen zurückkehrten konnten. (Vgl. Rübner, Hartmut: Konzentration und Krise der deutschen Schiffahrt: maritime Wirtschaft und Politik im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Bremen 2005. S. 329).
  2. Vgl. Jung, Dieter: Der Einsatz der deutschen Handelsschiffahrt während des Spanienkrieges 1936-1939, in: Marine-Rundschau 76 (1979), Nr. 5, S. 322-329. Hier S. 323.
  3. Vgl. Rübner 2005. S. 386.
  4. Anm.: Hintergrund der Unterstützung Francos seitens des Deutschen Reiches waren Zugriff auf rüstungswichtige Rohstoffen wie Eisenerz, Schwefelkies und Pyrites, die Erprobung neuer Waffensysteme, „strategische Bündnisüberlegungen (Einkreisung Frankreichs)“, „antikommunistische Grundeinstellung“. (Siehe Bernecker, Walther L./ Brinkmann, Sören: Kampf der Erinnerungen : der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft 1936 – 2006. Nettersheim 2006. S. 35).
  5. Vgl. Jung 1979. S. 322.; Seidel, Carlos Collado: Der Spanische Bürgerkrieg: Geschichte eines europäischen Konflikts. München 2010. S. 91.
  6. Vgl. Jung 1979. S. 323.; Schmelzkopf 1974/1975. S. 193.
  7. Vgl. Jung 1979. S. 324-328.
  8. Vgl. Jung 1979 S. 328.; Rübner 2005. S. 387.
  9. Vgl. Jung 1979 S. 323.
  10. Siehe Witthöft, Hans-Jürgen: HAPAG : Hamburg-Amerika-Linie. Herford 1973. S. 80.; Roth, Karl-Heinz: Ökonomie und politische Macht: Die „Firma Hamburg“ 1930-1945., in: Ebbinghaus, Angelika/Linne, Karsten: Kein abgeschlossenes Kapitel: Hamburg im „Dritten Reich“. Hamburg 1997. S. 15-177. Hier S. 48 u. 152.
  11. Vgl. Jung 1979. S. 328.
  12. Vgl. Jung 1979. S. 322.; Anm.: Die Spedition charterte Schiffe, schloss Verträge ab, erstellte Abrechnungen auch für Vorfrachten (Reichsbahn) und übernahm die Heranführung, Lagerung und Verteilung des Transportgutes.
  13. Vgl. Jung 1979. S. 323.
  14. Siehe Roth in: Ebbinghaus/Linne 1997. S. 48.
  15. Vgl. Jung 1979. S. 323.; Roth in: Ebbinghaus/Linne 1997. S. 48 u. 152.
  16. Vgl. Jung 1979. S. 323.

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DIJ Tokyo: Moderne Frauen in Japan


Den diesjährigen “Women’s History Month“ möchte die Max Weber Stiftung zum Anlass nehmen aktuelle Forschungsprojekte zur Frauengeschichte aus den Instituten der Stiftung vorzustellen.

 

Auch am Deutsche Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo wird zu Themen unter dem Aspekt soziologischen Aspekt “Gender” geforscht. Im Gegensatz zu den Projekten an den anderen Instituten der Max Weber Stiftung orientieren sich die Projekte am DIJ stärker am aktuellen Zeitgeschehen. Gerade die Spezialisierung des Instituts auf politische und soziologische Fragestellungen, lassen einen anderen Blick auf den “Gender”-Aspekt zu, als es vielleicht historische Arbeit tun würde.

Japanische Mütter und politische Partizipation nach 3/11 

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Nach der Katastrophe vom 11. März 2011 gründeten über 300 besorgte Eltern in ganz Japan landesweite, soziale Organisationen, die sich für den Schutz von Kindern vor der von Fukushima ausgehenden, radioaktiven Strahlung einsetzten.  Insbesondere Mütter wurden in diesen Organisationsnetzwerken politisch aktiv.  Für viele von ihnen eine völlig neue Erfahrung. Ihr Einsatz stand im krassen Gegensatz zum dem sonst in der japanischen Öffentlichkeit vorherrschenden, idealisierten Bild von der  Mutter als “stillen Beschützerin der Famile”. Mutterschaft und politischer Aktivismus sind zwei Konzepte, die einander nach der Logik der japanischen Gesellschaft eigentlich ausschließen sollten, aber dennoch untrennbar miteinander verbunden sind.

Phoebe Stella Holdegrün und Barbara Holthus forschten über zwei Jahre hinweg in Feldarbeit die Partizipationsstrategien japanischer Mütter unter den Mitgliedern der tokioter Zivilgesellschaftsorganisationen. Sie untersuchten welche Bedeutung Geschlechterrollen und ihr Verständnis für die Mütter und ihre “Widersacher”, allesamt männliche Repräsentanten von “Vater Staat” hatten. Sozialkapital und Interessenvertretung wurden bei der Auswertung der Befunde ebenfalls berücksichtigt.

Letztendlich zeigte die Studie, dass Gruppenmitglieder auf ein starkes Sozialkapital zurückgreifen konnten, die Einforderung ihrer Interessen in Interaktion mit den Lokalbehörden jedoch dünn ausfiel. Dieser, auf den ersten Blick schwache Stand, sei aber eine ganz bewusste gewählte Strategie von Müttern innerhalb der Bewegung, die mit kleinen Schritten langfristige Änderung anstreben.

 

Japanische Lebensläufe im Wandel

Noch vor dem einschneidenden Erdbeben untersuchte Hiromi Tanaka in ihrem Forschungsprojekt die Lebensläufen lediger, berufstätiger Frauen in Tokyo. Die Studie war Teil eines international-vergleichenden Forschungsprojekts zu ledigen, berufstätigen Frauen in ökonomisch entwickelten Territorien, in denen ein Ehe- und Geburtenrückgangstrend zu beobachten ist.

Women wearing kimonos in Tokyo, Japan | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Bild: Frauen in Kimonos | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Im Japan der Nachkriegszeit und der darauffolgenden Phase des Wirtschaftswachstums erfuhren die Lebensläufe von Männern und Frauen eine “Standardisierung”. Anstatt sich individuell von einander abzugrenzen, stellten die neue Art von Lebenslauf die Projektion eines idealisierten Bild von Familien- und Berufsleben in der japanischen Gesellschaft dar. Konkret hieß das, dass von Männern eine lebenslange Anstellung und die Rolle als Ernährer der Familie erwartet wurde. Frauen dagegen sollten in erster Linie als Ehefrauen und Mütter von zwei bis drei Kindern für den Haushalt sorgen sein. Diese Vorstellungen von de Rollenverteilung der Geschlechter spiegelten eine gesellschaftlich konstruierte und in der japanischen Mittelschichtgesellschaft breit akzeptierte Vorstellung eines “glücklichen Lebens”.

In ihrer soziologischen Studie stellte Tanaka fest, dass diese standardisierten Lebensläufe in den letzten Dekaden zunehmend verschwinden. Ihr Projekt beschäftigt sich mit eben diesem Wandel der standardisierten modernen Lebensläufe in Japan, wobei der Fokus ihrer empirischen Arbeit auf ledigen, berufstätigen Frauen in Tokyo in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren lag. Die Werdegänge dieser Gruppe von Frauen zeigte in Hinsicht auf die Aspekte Ehe, Mutterschaft und Erwerbstätigkeit eine drastische Verschiebung im Vergleich zu den Lebensläufen älterer Generationen. Mit Hilfe qualitativer Interviews versuchte Tanka den Ursachen für diesen Wandel in den Entscheidungen lediger, berufstätiger Frauen auf den Grund zu gehen, führte Tanaka qualitative Interviews. Hierbei ging sie unter anderem folgenden Fragen nach welche gesellschaftlichen Faktoren einen Eherückgang unter berufstätigen Frauen in Japan – insbesondere in Tokyo – beeinflussen, wie diese Frauen ihr Leben bzw. ihren gesellschaftlichen Status als unverheiratete Frau wahrnehmen, welche Wünsche oder Erwartungen sie bezüglich Ehe, Elternschaft und Arbeit haben, und wie sie Arbeits-, Partner- und Elternschafts-bezogene Entscheidungen treffen.

Die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte kann man in den bereits veröffentlichten Studien Beyond a Standardized Life Course und Gender and Political Participation in post-3/11 Japan nachlesen.

Quelle: http://mws.hypotheses.org/26006

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Aufstieg und Fall der ersten liberalen Weltordnung

Von Stefan Sasse

Woodrow Wilson 1919
Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbrach und in der Folgezeit in den Schützengräben der Westfront zu einem erstickenden Abnutzungskrieg wurde, war dies für viele der Anlass, zu Friedensverhandlungen und dem Schmieden einer neuen Weltordnung aufzurufen. Besonders in liberalen und sozialistischen Kreisen sah man in Imperialismus und Militarismus die treibenden Kräfte hinter dem Ausbruch des Krieges, auch wenn man daraus unterschiedliche Schlüsse zog. Während die Sozialisten für die Revolution und die Überwerfung der Herrschaft von Bourgeoisie und Adel agitierten, sprachen sich die Liberalen für eine neue Weltordnung internationaler Organisationen, der Abrüstung und der gemeinsamen Sicherheitskontrollen aus. In den kriegführenden Staaten selbst war diese Ansicht naturgemäß nicht sonderlich weit verbreitet - dafür war man dem Krieg wesentlich zu nah. Ein gewichtiger Vertreter dieser Überzeugung aber regierte damals eine Nation, die in den Jahren des Ersten Weltkriegs mit ungeheurer Macht an die Spitze der Welt rücken sollte: Woodrow Wilson, der 28. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 

Im Gegensatz zu Franklin D. Roosevelt im Zweiten Weltkrieg verspürte Wilson keine Verbundenheit mit Großbritannien oder Frankreich und noch viel weniger mit Russland. Auch Deutschland und Österreich-Ungarn schätzte er nicht gerade sonderlich. Ihm schwebte eine neue globale Sicherheitsarchitektur vor, in der die USA tonangebend sein würden - aber nicht durch die relative Stärke ihrer Armeen (die US-Armee war zum Kriegseintritt von 1917 schwächer als die Portugals) sondern durch ein dichtes System gegenseitiger Verträge und internationaler Institutionen, überwacht durch gegenseitige Kontrolle und, vor allem, das unerbittliche Diktat der Finanzmärkte. 

Wilson (rechts) in Versailles, 1919
Mit dieser Konzeption im Kopf schrieb Wilson seine berühmten 14 Punkte auf. In der Geschichtsschreibung und populären Erinnerung werden diese zumeist mit den Gedanken vom "Selbstbestimmungsrecht der Völker" in Verbindung gebracht, gerne mit dem Hinweis garniert, dass Wilson in idealistischer Verblendung die Konsequenzen für Deutschland - das die im Versailler Vertrag verlorenen Gebiete mit dieser Argumentation zurückfordern konnte - nicht bedachte. Dabei werden aber zwei Dinge vergessen. Erstens waren Wilsons Punkte zu einem Zeitpunkt gemacht worden, als sich das Deutsche Reich noch eher auf der Siegerstraße sah (eine Einschätzung, die die Alliierten und Amerikaner teilten) und hätten diesem eher geschadet, weswegen die Reichsregierung einen Friedensschluss unter amerikanischer Vermittlung auch ablehnte und erst im Herbst 1918 im Angesicht der Niederlage hervorkramte. Und zweitens hatte Wilson Deutschland nicht im Sinn. Seine 14 Punkte richteten sich gegen England und Frankreich und ihre vom freien Weltmarkt abgeschotteten Kolonialreiche. Dass Deutschland nach dem verlorenen Krieg würde zahlen müssen, stand für Wilson schon immer fest. Die Zähmung Deutschlands war für ihn eine ausgemachte Sache. Sein Fokus lag auf den Alliierten, zu denen nicht zu gehören Wilson stets sicherstellte (die USA galten als "assoziierte Macht"). 

Wie also sah die neue Weltordnung aus, die Wilson in Versailles zu installieren gedachte? In ihrem Kern sollte sie den Völkerbund besitzen. Dieser Vorläufer der heutigen UNO sollte als Schiedsrichter für zwischenstaatliche Streitigkeiten bereitstehen und im Falle eines Angriffs auf einen Mitgliedsstaat Truppen aller Mitglieder zu dessen Verteidigung bereitstellen: eine Garantie, dass niemand den Aggressionen von Kriegstreibern ausgesetzt sein würde. Diese Bedingung war vor allem für Frankreich wichtig, das einen Schutz vor Deutschland brauchte, dessen Zerschlagung ihm in Versailles nicht gestattet wurde. Gleichzeitig sollte der Völkerbund über das nächste Kernstück wachen, die Abrüstung. In den Waffenarsenalen der Großmächte vor dem Ausbruch des Ersten Weltriegs sahen viele die Ursache von dessen zerstörerischem Potential. Der Abbau der Waffenarsenale und die Begrenzung der Rüstung musste daher Priorität haben und gleichzeitig Mittel für die Friedenswirtschaft lösen, die Wohlstand für alle bringen und Kriege damit ohnehin überflüssig machen würde. 

Granatenproduktion im Ersten Weltkrieg
Es ist einfach zu sehen, warum Deutschland in Wilsons Überlegungen keine große Rolle spielte: der Völkerbund war wie die UNO nicht als universale Organisation angelegt, sondern als Organisation der Sieger. Deutschland hatte darin genausowenig einen Platz wie die Sowjetunion. Gleichzeitig war Deutschland durch den Versailler Vertrag ohnehin zur Abrüstung gezwungen. Es musste daher in das neue internationale System überhaupt nicht integriert werden. Relevanter waren Frankreich und Großbritannien. Beide wehrten sich gegen Wilsons Ideen. Ihre Kolonialreiche waren von den Ideen der 14 Punkte direkt bedroht, und Frankreichs Sicherheitsinteresse gegen Deutschland wie Großbritanniens Rolle als globale Handelsmacht durch Rüstungsbeschränkungen von Armee und Flotte aktiv bedroht. Zum Zuckerbrot der Sicherheitsgarantien durch den Völkerbund gebrauchte Wilson daher auch die Peitsche der Finanzpolitik. 

Besonders ab 1916 zeigte sich, dass die Alliierten amerikanische Hilfe benötigten, um Deutschland die Stirn bieten zu können. Sie kauften daher immer mehr in den USA ein, um Kapazitäten in der eigenen Kriegswirtschaft zu schaffen (die US-Rüstungsindustrie war damals noch nicht das "arsenal of democracy", die Alliierten kauften eher Rohstoffe und Investitionsgüter und produzierten die Waffen damit selbst). Zu finanzieren waren diese letztlich kriegsentscheidenden Warenströme nur mit amerikanischem Kredit - und dessen Fluss setzte Wilson aktiv als Waffe ein, drohte mehrmals mit seinem Versiegen zwang Frankreich und Großbritannien somit dazu, viele amerikanische Forderungen als Grundlage der Friedensverhandlungen zu akzeptieren. Wilsons erklärtes Ziel war ein "Frieden ohne Sieger", der vermutlich für Deutschland vorteilhaft gewesen wäre (zumindest verglichen mit Versailles). Ironischerweise war es Deutschland mit seiner Politik des unbegrenzten U-Boot-Kriegs, das Wilson zu dem Schritt zwang, den er eigentlich hatte vermeiden wollen: dem direkten Eintritt in den Krieg. 

Plenarsaal des Reichstags 1906
Denn dieser schwächte sofort die amerikanische Position gegenüber den Alliierten. Die amerikanische Hilfe hatten sie nun, so oder so. Sie waren daher auch nicht mehr gezwungen, Wilson so weit entgegenzukommen wie noch 1916, wo sie es Deutschland überlassen hatten, den schweren diplomatischen Fehler zu begehen und Wilsons Friedensangebote abzulehnen. Selbst leisten konnten sie sich diesen Schritt, den sie heimlich sehr begrüßten, nicht. Der Vertrag von Versailles enthielt daher am Ende zwar viele, aber längst nicht alle Vorstellungen des Präsidenten über die Nachkriegsordnung. So waren etwa die englischen und französischen Kolonialreiche effektiv ausgenommen und wurden durch die Völkerbundmandate über die ehemaligen deutschen und osmanischen Gebiete sogar effektiv erweitert. 

Gleichwohl wurde die Friedensordnung in den Folgejahren schnell weiter gefestigt. Die gewaltigen Schulden der Alliierten bei den Amerikanern zwangen diese weiterhin zu einer kooperativen Grundhaltung, gleichwohl sie sich auch dagegen aufzubäumen versuchten. Die Briten akzeptierten die neue amerikanische Vormachtsstellung schneller als die Franzosen, schon allein, weil sie sich nicht durch die Deutschen gefährdet sahen und mit der neuen, im Ersten Weltkrieg geschaffenen und stark weltweit agierenden US Navy ihre eigenen Verpflichtungen bei der Sicherung der Handelsrouten herunterfahren konnten. Auch die Franzosen reduzierten ihre Flotten letztlich auf das Niveau einer Regionalmacht und entlasteten so ihren Haushalt. Die Franzosen jedoch waren zur Bezahlung der amerikanischen Kredite massiv auf die deutschen Reparationszahlungen angewiesen, denn der Aufbau der im Krieg zerstörten französischen Gebiete verschlang Unsummen, die aktuell aus amerikanischen Krediten gespeist wurden - denn die Deutschen verzögerten die Reparationen, wo sie konnten. Für die Franzosen entstand ein Dilemma, denn sie bezahlten doppelt - einmal für den Wiederaufbau selbst, und dann noch einmal für die Zinsen an die USA. Der Versuch, den gordischen Knoten 1923 mit der Besetzung des Ruhrgebiets zu zerschlagen, endete für die Franzosen in einem außenpolitischen und für die Deutschen in einem innenpolitischen Desaster. 

Calvin Coolidge, Präsident ab 1923
In der Zwischenzeit hatte die internationale Ordnung jedoch einen schweren Schlag erhalten: Wilson, gesundheitlich ohnehin angeschlagen, verlor den innenpolitischen Machtkampf gegen seine Gegner. Deren Ablehnung des Völkerbundes und des Versailler Vertrags im Senat entzog der Institution ihren wichtigsten Unterstützer. Die Gegner Wilsons hatten jedoch einige Schwächen zielstrebig erkannt: effektiv zwang der Völkerbund nämlich seine Mitglieder, im Falle eines Angriffs eigene Truppen in ferne Kriege zu schicken. Taten sie dies nicht, würde der Völkerbund zusammenbrechen - was in den Dreißiger Jahren dann ja auch tatsächlich geschehen würde. Vorerst jedoch blieb die amerikanische Abstinenz folgenlos. Das eine Bein der amerikanischen Nachkriegsordnung, das institutionelle, war damit zwar geschwächt. Aber das andere stand dafür umso fester: die Kontrolle der Allliierten und Mittelmächte durch die internationalen Finanzmärkte. 

Unter Präsident Calvin Coolidge, dem Vizepräsidenten des 1923 überraschend verstorbenen Warren G. Harding, zogen sich die USA aus den letzten Verpflichtungen der Weltkriegszeit zurück. Mit Deutschland, dem Osmanischen Reich und Österreich hatte man separate Friedensverträge geschlossen, die letztlich den diplomatischen status quo ante wiederherstellten. Dies wird zwar weithin als "Isolationismus" gesehen, aber dies trifft nur insofern zu, als dass man auf militärische und diplomatische Engagements der USA blickt. Wirtschaftlich und finanzpolitisch ist davon wenig zu sehen, denn diesen Kurs Wilsons setzte Coolidge wie auch Harding vor ihm entschieden fort. Als gläubige Jünger der neoklassischen "Laissez-Faire"-Politik ließen sie der Wirtschaft und der Wallstreet viele Freiheiten, die diese auch weidlich nutzten (und die sich bis 1929 zu einer gewaltigen Blase verdichteten). Gleichzeitig steuerte das Weiße Haus den Zugang der europäischen Staaten zu den Krediten der US-Banken. Ohne Garantien und Empfehlungen der US-Politik war hier nichts zu machen, und ohne diese Kredite musste Europa in wirtschaftlichem Chaos versinken (wie es es dann ab 1929 auch tat). 

Wahlkampf mit Goldstandard 1900
Entsprechend folgten mit Frankreich und Deutschland auch die beiden anderen großen europäischen Staaten Großbritannien in dessen Akzeptanz der neuen Weltordnung. Ihre sichtbarste Grundlage war der Goldstandard, dem Folge zu leisten hieß, sich den Gesetzen der Wallstreet zu unterwerfen. Diese lauteten vor allem: Liberalisierung der Märkte und Beschneidung der öffentlichen Ausgaben. Beides vertrug sich überhaupt nicht mit der Idee starker Armeen und einzelstaatlicher Prestigekämpfe, wie sie im Imperialismus üblich gewesen waren. Länder, die gegen diese Gesetze verstießen, verloren den Zugang zum Geld, und damit die Möglichkeit, den Goldstandard zu halten - die Eintrittskarte in die neue liberale Weltordnung. Der Goldstandard war daher nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine zutiefst politische Idee. Unter Kanzler Gustav Stresemann (und später Außenminister) steuerte Deutschland auf einen Kurs der Versöhnung mit Großbritannien und Frankreich, jedoch vor allem auf eine Umarmung der USA. Stresemanns Kalkül war es, Deutschland ganz bewusst in die völlige finanzielle Abhängigkeit von den USA zu bringen. Dies führte zu einem für die USA sehr profitablen Kreisverkehr: amerikanische Kredite finanzierten die deutschen Reparationszahlungen, die wiederum zur Rückzahlung amerikanischer Kredite dienten. Ein Perpetuum Mobile, das eine neue Festigkeit in die liberale Weltordnung brachte, so lange niemand auf die Idee kam, den Kreislauf gewaltsam zu durchbrechen, wie es Hoover 1931 tun würde. Deutschland auf der anderen Seite zwang damit die USA indirekt in die Rolle eines Sicherheitsgaranten: Frankreich war es fortan unmöglich, wie 1923 aggressiv gegen Deutschland vorzugehen, weil es für die USA nun elementates Selbstinteresse war, einen Zusammenbruch Deutschlands zu verhindern. Die Öffnung der Kreditschleusen bewirkte somit eine Bindung Deutschlands an die USA - gegen Frankreich und England. 

Unter diesem Druck brauch auch Frankreich, das am längsten Widerstand gegen die neue liberale Weltordnung geleistet hatte, schließlich ein und akzeptierte 1926 die neuen Spielregeln der Wallstreet. Es zeigte sich jedoch bereits in den Vorjahren, das - wie bereits Wilson erfahren musste - keiner dieser klugen Pläne den Kontakt mit der Innenpolitik unbeschadet überstand. Besonders in Deutschland wurde Stresemanns Politik von Anfang an von der anderen Neigung der deutschen Außenpolitik konterkariert, sich vom Westen zu emanzipieren und im Osten ein Gegengewicht zu finden. Der Vertrag von Rapallo 1924, in dem Deutschland ein freundschaftliches Verhältnis zur Sowjetunion aufbaute, zerstöre die Glaubwürdigkeit Berlins auf Jahre hinaus und belastete das Verhältnis zwischen den USA und den Alliierten auf der einen und Deutschland auf der anderen Seite schwer. Es war klar, dass das Deutsche Reich kein wirklich verlässlicher Baustein der liberalen Weltordnung war, selbst wenn es 1928 in einer amerikanisch-deutsch-französischen Trias, der sich auch Großbritannien anschloss, im Briand-Kellog-Pakt den Krieg als Mittel der Politik verdammte und sich damit eher zu liberalen Grundsätzen bekannte. 

Das japanische Flaggschiff Akashi, 1917
Für die Amerikaner war Europa jedoch stets nur ein Schauplatz. Ein anderer, fast wichtigerer, war Asien. Im russisch-japanischen Krieg von 1905 hatte Japan mit einem Knall die Weltbühne als Macht betreten und seither dazu angesetzt, die Region zu dominieren. Seine Mittel waren dabei denen der Amerikaner sehr ähnlich: auf liberale Prinzipien berufend und von einer starken Flotte unterstützt sorgte es für ein Zurückdrängen der Kolonialmächte und für Wachstumsperspektiven der eigenen Wirtschaft. Wir müssen sehr vorsichtig sein und das Bild des Japans der Dreißiger und Vierziger Jahre von dem der Zehner und Zwanziger Jahre trennen. In dieser Zeit war Japan ein liberaler Musterstaat. Es war eine der entscheidenden Stützen des Völkerbundes, setzte alle Regeln der neuen liberalen Weltordnung (sprich: Goldstandard und Liberalisierung) mustergültig um und gewährte eine große innenpolitische Freiheit. Paradoxerweise geriet es gerade dadurch in eine Konkurrenzstellung zu den USA, die ein großes Interesse am ungehinderten Zugang zu den sich entwickelnden chinesischen Märkten und keinerlei Interesse an einem Flottenwettrüsten im Pazifik hatten - genausowenig wie Japan.

Um einen solchen Antagonismus zu verhindern, riefen die USA 1922 zu einer großen Konferenz in Washington, der Ersten Flottenkonferenz. Die Amerikaner überraschten hierbei mit einer ungeheuer ambitionierten Antrittsrede, die nichts weniger als eine Abrüstung der weltweiten Flotten und ihre künftige Begrenzung forderte, und schafften es, diese Forderung zur Grundlage der Verhandlungen zu machen. Da Japan und Großbritannien grundsätzlich kooperationswillig waren und Frankreich und Italien flottenmäßig ohnehin allenfalls drittrangig war, ging es vor allem um die Details. Die Konferenz legte schließlich die Parität der beteiligten Mächte USA, GB, Japan, Frankreich und Italien auf 10:10:6:3:3 fest. Gleichzeitig wurde der Bau der teuren Schlachtschiffe effektiv verboten, die restlichen Flotten deutlich reduziert. Die Konferenz, die noch drei Nachfolgekonferenzen 1927, 1930 und 1935 haben sollte, war ein gewaltiger Erfolg der neuen liberalen Weltordnung, die nun dezidiert nicht auf militärischer Machtprojektion beruhte. 

Mussolinis "Marsch auf Rom" 1922
Gegen diese neue liberale Weltordnung jedoch regte sich erbitterter Widerstand. Während in den USA weitgehender Konsens über die neuen Methoden herrschte, dem sich Großbritannien aus Neigung und Frankreich aus Resignation weitgehend anschloss, verweigerte sich Russland weiterhin vollständig und wirkte innerhalb dieser Ordnung wie ein Schwarzes Loch, was durch die pro-zaristischen Interventionen der Alliierten 1918-1921, die in Moskau nicht vergessen worden waren, noch befeuert wurde. Gleichzeitig lehnte die Rechte in Italien, Deutschland und Japan die liberale Weltordnung entschieden ab und setzte ihr eine eigene, nationalstaatlich organisierte entgegen: die Idee wirtschaftlicher Autarkie, abgesichert durch militärische Stärke, versprach Unabhängigkeit von den Zwängen des finanzpolitischen Korsetts, das die Grundlage der liberalen Ordnung bildete. Seit Mussolinis Machtübernahme in Italien 1922, die sich im Verlauf des Jahrzehnts immer mehr festigte und das Land auf einen Gegenkurs steuerte, gab es in Europa ein klar sichtbares Gegenkonzept zum Liberalismus. 

In Deutschland gewannen die Exponenten dieser Politik temporär immer wieder die Oberhand. 1925 siegte der von ihnen unterstützte Hindenburg in den Präsidentschaftswahlen und sorgte für einen scharfen Rechtsruck in der Innenpolitik. Die Außenpolitik Deutschlands blieb eine stetige schaukelige: zähneknirschender Ausgleich mit dem Westen bei gleichzeitig maximaler, gerade auch militärischer, Bewegungsfreiheit im Osten im Verbund mit dem anderen Pariah der liberalen Weltordnung, der Sowjetunion. In den Augen dieser Politiker war die liberale Ordnung ein Instrument der Unterdrückung unter das angelsächsische Diktat, unnatürlich und auferlegt, das nur durch innere und äußere Stärke abgeworfen werden konnte. Auch in Japan war eine Minderheit in diesen Jahren wütend über den Kurs der Regierung, den sie als ehrabschneidend betrachtete. In beiden Ländern war das Militär eine Inkubationskammer des neuen Kurses - nachvollziehbar, gehörte es doch zu den größten Verlierern dieser neuen Ordnung. 

Menschenauflauf auf der Wallstreet, 1929
Es brauchte jedoch den externen Schock der Weltwirtschaftskrise ab 1929, um die Ordnung ins Wanken zu bringen. Außerhalb Großbritanniens und der USA betrachteten große Mehrheiten die Krise als Beweis für das Scheitern der liberalen Wirtschaftsordnung. Dieses Gefühl wurde durch die desaströse Politik der USA verstärkt: die Regierung Hoover verweigerte praktisch sämtliche Staatseingriffe, sowohl im Inneren (was die ungeheure Not von 25% Arbeitslosigkeit bedingte) als auch im Äußeren. Die amerikanischen Banken, von Bank Runs und Insolvenz bedroht, riefen ihre europäischen Kredite ab. Damit versiegte der komplette Finanzfluss, auf dem die Weltwirtschaft seit 1919 basiert hatte. Europa wurde damit vollständig in den Strudel der Krise gerissen, während sämtliche Bande, die die europäische Nachkriegsordnung mit ökonomisch mit den USA verbunden hatten, zerrissen wurden. Institutionelle Bande hatte es seit der Ablehnung von Völkerbund und Versailler Vertrag ohnehin nicht gegeben. Deutschland nutzte die Gelegenheit und stellte die Zahlung der Reparationen endgültig ein, ein Zustand, den Herbert Hoover unter dem Druck der Ereignisse im Hoover-Moratorium von 1931 sanktionierte. 

Das Hoover-Moratorium erklärte effektiv unilateral einen völligen Stopp von sowohl Kriegs- als auch Reparationsschulden. Diesem späten Versuch, den Schaden der letzten zwei Jahre zu begrenzen, war jedoch kein Erfolg beschieden. Besonders Frankreich fühlte sich von USA und Deutschland verraten (und mauerte sich in der Folgezeit hinter der Maginot-Linie sprichwörtlich ein), die Briten ebenfalls von beiden, wenngleich nicht mit der Intensität der Franzosen, und die Deutschen machten sich international wieder zu Pariahs, indem sie die Nachkriegsordnung offen attackierten. Nachdem Deutschland sich so aus dem institutionellen und ökonomischen Gewebe der liberalen Ordnung gewunden hatte, versuchte Reichskanzler Brühning mit dem bekannten Erfolg, auch die politisch liberale Ordnung zu beseitigen und durch eine autoritäre zu ersetzen, die dann im Geiste autarker, auf militärischer Stärke beruhender Außenpolitik die deutsche Stellung sichern werde. 

Chinesische Soldaten im Häuserkampf in Shanghai, 1937
In Japan vollzog sich zeitgleich ebenfalls ein scharfer Rechtsruck. In einer Welle von politischer Gewalt und mehreren Morden wurden die liberalen Regierungen aus dem Amt gespült und auf einen nationalistischen Kurs gezwungen, während das Militär "Zwischenfälle" mit China provozierte und einen Krieg heraufbeschwor, der eine Aufrüstung unabdingbar machte. Bis Mitte der Dreißiger Jahre hatte sich der japanische Flottenetat fast verfünffacht, und als das Land 1937 den Krieg mit China und den endgültigen Bruch mit den USA beschwor, wurde es bereits von einer autoritären Militärjunta regiert. Als Italien 1936 offen Äthiopien angriff, das Mitglied des Völkerbunds war, ohne dass die Weltgemeinschaft diesem zu Hilfe kommen würde, war auch das letzte institutionelle Standbein der liberalen Weltordnung zerschlagen.

Sie brach ab 1929 unter den Schlägen ihres Gegners, einer autoritären und auf militärischer Stärke angelegten nationalstaatlichen Ordnung vollständig zusammen. Ihre Schwäche gegenüber dem Ansturm dieser Feinde lag vor allem in zwei Faktoren begründet. Der eine Faktor war die institutionelle Schwäche. Die USA hatten sich nie verlässlich in das internationale System einbinden lassen und waren weder für Großbritannien und Frankreich auf der einen noch für Deutschland auf der anderen Seite ein verlässlicher Sicherheitsgarant. Der Völkerbund war daher stets ein tönerner Gigant, und die Wirtschaftsordnung zeigte sich angesichts des amerikanischen Egoismus 1929-1931 als genau die Würgeschlinge, als die ihre Gegner von rechts und links sie immer porträtiert hatten. 

Wahlplakat der NSDAP 1932
Der andere Faktor aber war die innenpolitische Folge der finanzpolitischen Ordnung. Das Einhalten des Goldstandards erforderte deflationäre Austeritätsmaßnahmen in allen Ländern (Japan, Deutschland und Frankreich mussten bei ihrer Annahme des Goldstandards jeweils herbe wirtschaftliche Einbußen in Kauf nehmen). Während dies für die Finanzwirtschaft ein Segen war, die daraufhin planmäßig die Budgetkontrolle übernahm und überwiegend Abrüstung erzwang, war es für die Realwirtschaft und die Masse der Bevölkerung mehr Fluch als Segen, die mit hoher Sockelarbeitslosigkeit und stagnierenden oder sinkenden Reallöhnen leben musste, was ihre Unterstützung der liberalen Weltordnung in engen Grenzen hielt. Solange keine glaubhafte Alternative dazu bereit stand, war dies kein ernsthaftes Problem (in Deutschland etwa konnten weder die KPD noch die DNVP diese bieten). Als jedoch mit den gut organisierten und ideologisch flexiblen autoritären Kräften ein Gegenangebot gemacht wurde, stiegen die Spannungen im Inneren fast ins Unerträgliche - und brachten das Gebilde unter dem Druck äußerer Ereignisse krachend zum Einsturz.

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2014/12/aufstieg-und-fall-der-ersten-liberalen.html

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Staatliche Subvention der deutschen Schifffahrt in der NS-Zeit (Teil I)

Die sogenannten „Goldenen Zwanziger“ waren insbesondere für die internationale Schifffahrt gezeichnet von zahlreichen einschneidenden Krisen. In den Jahren 1920 bis 1923 manifestierte sich zunächst eine weltweite Schifffahrtskrise, die mit den Krisen der Weltwirtschaft wie der Wirtschaftsdepression 1920/1921 und der Hyperinflation 1922/1923 einherging.1

Zum Ende der 192oer-Jahre kam dann für die internationale Schifffahrtsbranche ein weiterer herber Tiefschlag. Die unmittelbaren Auswirkungen des Börsen-Kollaps vom 29. Oktobers 1929 schlugen sich in der internationalen Schifffahrt im stark stagnierenden Import-Export-Warenverkehr nieder, der wiederum zu Folge hatte, dass die Preise auf nahezu allen Rohstoffmärkten fielen und Waren unter Wert exportiert werden konnten. Dies wiederum veranlasste einige Länder dazu Schutzzölle einzurichten, die den Strom billiger ausländischer Exportwaren eindämmen sollten. Der Rückgang der Investitionen und der damit einhergehende verminderte Produktionsausstoß waren weitere Resultate der Krise in der internationalen Schifffahrt ab 1929.2

Staatliche Subventionen der deutschen Schifffahrt ab 1933

Nach ersten staatlichen Subventionsmaßnahmen in der Weimarer Zeit, sollte die deutsche Schifffahrt durch die ab 1933 ins Leben gerufenen Wirtschaftspläne und wirtschaftspolitischen Maßnahmen saniert und reorganisiert werden. Trotz mancher Kontinuitäten mit den staatlichen Maßnahmen aus der Weimarer Zeit griffen die Subventions- und Interventionsmaßnahmen ab 1933 weit tiefer in das gesamtwirtschaftliche Geschehen ein. Die deutsche Schifffahrt musste daher als devisenträchtiger Wirtschaftszweig mit den Lenkungs- und Interventionsinstrumenten der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik interagieren und ihre verbliebenen Handlungsfreiräume neu definieren.

Obwohl der deutsche Großschifffahrtsblock seine privatwirtschaftliche Form mit der Verstaatlichung 1933/1934 de facto aufgab, sollte die „unternehmerische Privatinitiative als Garant für die Realisierung der anvisierten wirtschaftspolitischen Expansionskonzepte“3 weiterhin hochgehalten werden. Doch der Dienst am nationalsozialistischen Staat gelang nur mit einer entschuldeten und strukturell angepassten deutschen Schifffahrt, die bei staatlich regulierten Marktbedingungen, jedoch in „unternehmerischer Selbstverantwortung und Mitverantwortung“4 agieren sollte.

Im Deutschen Reich nahm die staatliche Unterstützungspraxis erstmals konkretere Züge im Reinhardt-Programm an, das vom Staatssekretär des RFM, Fritz Reinhardt, am 31. Mai 1933 verabschiedet wurde.5 Das Subventionspaket mit jährlich 30-35 Mio. RM diente als Valuta-ausgleich und sollte die entstandenen Verluste der Schifffahrtsunternehmen verringern. Die deutsche Schifffahrt erlebte insbesondere in den Jahren 1920 bis 1923 schwere Zeiten. In besagten Jahren tobte eine internationale Schifffahrtskrise, die mit den Krisen der Weltwirtschaft wie der Wirtschaftsdepression 1920/1921 und der Hyperinflation 1922/1923 einherging.

Offiziell galt das ab Mai 1933 verabschiedete Reinhardt-Programm als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im Sinne der Förderung der nationalen Arbeit (Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich) und war Teil der nationalsozialistischen Autarkie- und Rüstungspolitik. Zunächst waren die Zahlungen ausdrücklich vorübergehend und als Präzedenzfall vorgesehen und sollten keine Ansprüche anderer Wirtschaftskreise nach sich ziehen.6

Im Rahmen des Reinhardt-Programms7 ordnete das Reichskabinett am 26. Mai 1933 die Förderung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Schifffahrtsbranche (zunächst vor allem die der Hapag-Lloyd-Union) durch die Reichshilfe zugunsten der Seeschiffahrt an. Das Subventionspaket war vom 1. Mai 1933 bis 31. Oktober 1933 mit einem Budget von 20 Mio. RM vorgesehen. Jede fahrende BRT und 20 % der auf den Fahrten gezahlten Gehälter bzw. Löhne deutscher Seeleute, konnten bei einer geforderten Besatzungsstärke von 90 % bezuschusst werden.8 Gewisse Höchstsätze sollten die Auszahlung der Reichshilfe in Maßen halten bzw. regulieren. Die Reedereien mussten den Antrag auf Reichshilfe bei den Seeämtern einreichen. Diese beauftragten nach der Annahme des Antrags die dazu befugten Behörden (meist regionale Reedervereine), welche wiederum die vom RVM an die Landesregierung zugewiesenen Schatzanweisungen bzw. die Reichshilfe an die Reedereien ausbezahlten.9

Zeitgenössische Publikationen von Nübel und Schulz-Kiesow weisen mit allem Nachdruck daraufhin, dass die Reichshilfe nicht als staatliche Subvention zu bezeichnen sei. Vielmehr sei es nur ein

„Ausgleich des Kostenvorsprunges der ausländischen Schiffahrt [,denn] „Deutschland [werde] nach Rückkehr geordneter Währungs- und Wirtschaftsverhältnisse in der Welt auf jede Unterstützung seiner Schifffahrt durch den Staat verzichten.“10

Um die Verluste, die auf deutscher Seite durch die Aufwertung des amerikanischen Dollars und des britischen Pfunds entstanden waren, auszugleichen, verwendeten die deutschen Reedereien als Währungsausgleichmittel sogenannte Scrips. Diese Scrips waren Schuldscheine, die eigentlich zur Tilgung der seit Juni 1933 auf den Sperrmarkkonten eingefrorenen deutschen Auslandsschulden dienten. So konnte ein ausländischer Importeur deutsche Exportwaren mit Scrips bezahlen, die er zuvor mit Disagio von deutschen Auslandsgläubigern erworben hatte. Diese Bilateralisierung des Außenhandels sollte die deutsche Exportrate steigern und die Preise für deutsche Waren im Ausland senken, ohne auf Devisen zurückgreifen zu müssen.11 Dieses Verfahren wurde von den ausländischen Handelspartnern mit „vertragswidrigen Sonderrabatten“12 gleichgesetzt und wurde von internationalen Schiedsgerichten mit Konventionalstrafen belegt. Daher griff die Reichsregierung auf verdeckte Subventionsmaßnahmen wie die Reichshilfe zurück.13

weiter zu Teil II

 

Bibliographie:

  1. Vgl. Rübner, Hartmut: Konzentration und Krise der deutschen Schiffahrt: maritime Wirtschaft und Politik im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Bremen 2005. S. 114 u. 129.; Schmelzkopf, Reinhart: Die deutsche Handelsschifffahrt, 1919-1939. Oldenburg. S. 59ff.
  2. Vgl. Lindner, Jörn: Schifffahrt und Schiffbau in einer Hand. Die Firmen der Familie Rickmers 1918 – 2000. Bremen 2009. S. 56.; Rübner 2005. S. 276.; Schmelzkopf 1974/1975. S. 141-142.
  3. Siehe Rübner, Hartmut: Rettungsanker in der Flaute: das Verhältnis von Staat und Unternehmen beim Krisenmanagement der deutschen Großreedereien 1931-1942, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 95. 2008.S. 292.
  4. Ebenda S. 292.
  5. Vgl. Schneider, Michael: Unterm Hakenkreuz. Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933 bis 1939. Bonn 1999. S. 259ff.; Lindner 2009. S.71.
  6. Vgl. Rübner 2005. S. 306-307. ; Rübner 2008. S. 305.
  7. Anm.: Aus dem Reinhardt-Programm erließ das RVM ab dem 5. Dezember 1933 die Maßnahme Reichzuschüsse für die Instandsetzung von Seeschiffen und gewährte für die Binnen- und Seeschifffahrt Zuschüsse sowie Zinsvergütungen für Umbau-, Ergänzungs-, und Instandsetzungsarbeiten an Schiffen. Auch verhandelte der VDR mit dem RVM seit dem Herbst 1933 über das Programm Reichszuschüsse für den Neubau von Seeschiffen, das weitere staatlich geförderte Neubauprogramme bis Ende der 1930er Jahre hervorbrachte. (Vgl. Rübner 2005. S. 311-314).
  8. Vgl. Lindner 2009. S. 74.; Rübner 2005. S. 306-308.
  9. Vgl. Rübner 2005. S. 307 u. 411 fn 233.
  10. Siehe Schulz-Kiesow, Paul in: Nübel, Otto: Probleme der Trampschiffahrt unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Trampschiffahrt. Hamburg 1936. S. 90.
  11. Vgl. Spoerer, Mark/Streb, Jochen: Neue deutsche Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. München 2013. S. 111.
  12. Siehe Rübner 2005. S. 373.
  13. Siehe Rübner 2005. S. 373.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2014/11/staatliche-subvention-der-deutschen-schifffahrt-in-der-ns-zeit-teil-i/

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