Weihnachtpost: The Other Room

Ich habe einen Raum, in dem ich meine Gespräche führe. Wie ich finde, ist dieser Raum exzellent ausgestattet, es gibt eine Couch, auf der man es sich gemütlich machen kann, eine Art von Konferenztisch und wenn ich will, kann mich ich einfach auf dem gemütlichen Drehsessel hinter meinem Schreibtisch zurücklehnen und Besuch empfangen. In meinem Rücken steht eine ansehnliche Bibliothek, in der ich mich so gut auskenne, dass ich dort in Sekundenschnelle Diverses nachschlagen kann, wenn ich es im Gespräch brauche. Eigentlich finde ich dort alles, was ich brauche, seien es Büromaterialien oder technisches Equipment. Manchmal meine ich sogar, dass eine Kaffeemaschine in diesem Raum stünde. Ich glaube, die meisten Gäste, die ich dort empfange, fühlen sich komfortabel aufgehoben und einigermaßen gut unterhalten.

Es gibt da allerdings noch diesen anderen Raum, dessen Ausstattung sehr viel karger ausfällt. Auf dem Stuhl dort kann ich nicht richtig sitzen, ich meine, dass er bedenklich wackelt. Manchmal bleibe ich deswegen lieber stehen.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1578

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Geinterviewt (III)

Per Mail erreichte mich eine Anfrage, ob ich dazu bereit wäre, kurz Auskunft über meine Meinung zum Voynich-Manuskript zu geben (Klaus Schmeh hatte auf mich verwiesen). Was ich natürlich immer gerne mache. Die beiden Anfragenden wollen gerne hier anonym bleiben, ich darf aber verraten, dass sie eine Ausbildung im Bereich Betreuung absolvieren und an einer Vertiefungsarbeit im Fach Allgemeinbildung schreiben. Das Interview fand per Mail statt und sollte unterschrieben zurückgesendet werden, offenbar, um die Authentizität meiner Antworten zu gewährleisten. Weil ich die Fragen sehr interessant gestellt fand, schlug ich vor, dass ich sie mitsamt der Antworten auch auf meinem Blog veröffentlichen kann (der ja für seine Authentizität berüchtigt sein soll). Hier also das Interview:

Wie lange arbeiten Sie schon als Linguist und wie sind Sie auf den Beruf gekommen?

Ich hoffe, ich enttäusche euch nicht, muss ich doch zugeben, dass ich gar kein richtiger Linguist bin. Ich habe meinen Dr.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1544

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Aus dem Leben eines Postdocs

Das Los eines Postdocs scheint zu sein, dass man sich nicht mehr nur einem Projekt (eben der Dissertation) widmen kann, sondern eine Vielzahl von teilweise sehr unterschiedlichen Vorhaben bearbeitet. Natürlich verkläre ich nun meine Promotionszeit, da war es nämlich längst nicht so, dass ich mich während meiner gesamten Arbeitszeit darum hätte kümmern können. Genaugenommen sollte ich aber sehr froh sein, dass ich zumindest teilweise für die Anfertigung einer Doktorarbeit bezahlt wurde, denn das ist ja längst nicht überall der Fall.

Der Umfang der Arbeiten, die ich für Lehre, Studienberatung und Lehrstuhlorganisation übernehme, dürfte ungefähr konstant geblieben sein. Bei der Verfassung von Forschungsanträgen war ich auch schon vorher eingebunden, mein Part ist dabei aber sukzessive größer geworden, bis hin zu Anträgen, bei denen ich jetzt auch offiziell die Feder führen darf und wo ich – sofern den Anträgen stattgegeben wird – auch die Projektleitung übernehme. Längst nicht alle wissenschaftliche Arbeit, die ich gerne noch gebündelt dokumentieren würde (ja, in einer Habilitation, falls es so etwas demnächst noch geben sollte), wird tatsächlich extern gefördert. Dabei gilt natürlich, dass das, was nicht ist, durchaus noch werden kann. Tatsächlich versuche ich meine Themen in beide Richtungen zu denken: Wissenschaftlich (wie und wo könnte das veröffentlicht werden) und finanziell (wie und wo könnte für zukünftige Schritte eine Förderung beantragt werden).



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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1529

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Jenseits des Gags – Ein Abend mit @NeinQuarterly

Am Ende ließ ich Eric* mit seinem Kölsch und der Kulturindustrie** allein. Und hatte ein wenig ein schlechtes Gewissen dabei. Aber was soll man machen, wenn man sich dabei erwischt, wie man versucht, einem Celebrity Ratschläge zu geben, die letztlich darauf hinauslaufen, die Dinge einfach zynischer zu betrachten? Wo sollte das alles enden, wenn ich noch versuchen würde, einen der 12 reservierten Plätze im Brauhaus zu ergattern? Nein, erst musste ich das Gespräch sacken lassen und die Flucht ergreifen.

Im Grunde hätte ich noch ewig den Selbstzweifeln lauschen können, die Eric hinsichtlich dem hat, was er so treibt. Wie traurig es ihn macht, dass er mit den Leuten auf Twitter nicht mehr so umgehen kann, wie das noch in seinem ersten Jahr als #FailedIntellectual hinbekam. Wie peinlich ihm die Werbung der Kulturindustrie für sein Buch und seine Lesereise sind. Wie tief es ihn trifft, wenn er auf Twitter für beides angefeindet wird.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1490

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Krypto-Workshop

Nicht nur auf Seiten der Forschung kann man über Tellerränder blicken, auch in der Lehre gewinnt man Erkenntnisse hinzu, wenn man mal statt interessierter (oder zumindest anwesenheitsverpflichteter) Studierender oder statt eines Tagungspublikums Kinder zwischen 11 und 13 als Zuhörer hat. Mehr oder weniger zufällig bin ich gefragt worden (von einem Hörer des Podcastes, in dem Holger Klein zum Voynich Manuskript interviewte), ob ich nicht Lust hätte, einen Kryptologie-Workshop der SK-Stiftung Jugend und Medien zu leiten. Da ich aus zwei Kinderuni-Auftritten (zu Zahlbegriffen in verschiedenen Sprachen und eben zur Kryptologie) bereits gute Erfahrung mit ähnlichen Lehrangeboten gesammelt hatte, sagte ich natürlich bereitwillig zu.

Als geschwätziger Blogger muss ich hier natürlich direkt davon erzählen, vor allem aber nutze ich hier die Gelegenheit, die Materialien zu bündeln, die ich im Workshop nutzte, so dass sie den Kursteilnehmenden (und damit den Lesenden hier) auch außerhalb des Workshop-Multimediaraums zur Verfügung stehen.

Im Vorfeld fand ich es schwer, den Kenntnisstand und die Potentiale der Teilnehmenden einzuordnen, weswegen ich nicht die gesamte Veranstaltung durchplante, sondern sie eher modular organisierte. Die einzelnen Module konnten wir dann – je nach Wünschen und Fähigkeiten der Teilnehmenden – mit unterschiedlicher Intensität behandeln. Modularität kommt auch der Verwendung von Prezi entgegen, weil unterschiedliche Aspekte tatsächlich unterschiedliche Präsentationsdesigns erfordern. Prezi nutze ich inzwischen wirklich gerne als Präsentationssoftware – auch wenn ich eigens dafür wieder den Flash Player aktivieren musste.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1473

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Reminiszenzen #dhiha6

Genau 24 Stunden, nachdem die #dhiha6-Konferenz begonnen hatte, wurde sie letzten Freitag um 18:00 Uhr offiziell beendet. Wer weiß, wie lange es danach noch mit Champagnerunterstützung weiterging, ich wäre gerne geblieben, hatte aber ein schönes Alternativprogramm vor mir (24 weitere Stunden Paris, von dem ich bis dahin nur die Rue Malher und das DHI gesehen hatte, welches beides allerdings allerliebst anzuschauen ist). Eigentlich dachte ich, dass sich jede|r zweite der Partizipant|inn|en umgehend an einen Blogpost zu den Ereignissen dieser Konferenz setzen würde, jetzt ist es aber doch mir vorbehalten, den ersten Rückblick zu schreiben (auf den hoffentlich weitere folgen, da ich lediglich meine hoffnungslos subjektiven und durch eine Woche Uni-Alltag gefilterten Eindrücke hier unterbringen kann). 

Nobel Game

Kaum war ich in Paris angekommen, startete schon am Donnerstag Abend die Konferenz mit einem Vortrag zum “Social game behind science – The collective dynamics of science: Publish or perish, is that all?” von David Chavalarias, der an einer Einrichtung mit dem illustren Namen “INSTITUT DES SYSTÈMES COMPLEXES DE PARIS ÎLE-DE-FRANCE” forscht. Obwohl David kurzfristig eingesprungen war für die eigentliche Referentin Julianne Nyhan (vom University College London), hätte ich mir keinen besseren Einstieg in die Konferenz vorstellen können.

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Der Außenhof vom DHI.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1440

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Jenseits des Tellerrands – #stringsandstructures

In der letzten Woche fand bei uns ein von meinem Lehrstuhl co-organisierter Workshop zum Thema “Strings and  Structures – Computational Biology and Lingustics” statt. Das Ziel war, Wissenschaftler|innen mit unterschiedlichen Ansätzen zu Problemstellungen der Sprach- und Genomanalyse zusammenzubringen. Ich selbst durfte auch einen Vortrag (zum Thema Text Mining, Präsentation gibt es hier) beisteuern und empfand den Workshop als durchaus bereicherndes Ereignis.

Der Workshop ist ein zentraler Bestandteil des Projekts “Strings and Stuctures: Codes of Sense and Function in Genomics and Linguistics” das von unserem Lehrstuhl (Prof. Rolshoven Institut für Linguistik – Sprachliche Informationsverarbeitung) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Bioinformatik & Populationsgenetik (Prof. Wiehe, Department für Biologie | sic!) durchgeführt und von der Exzellenzinitiative der Uni Köln gefördert wird. Ein vorrangiges Ziel dieses Projekts ist es, die schon vor langer Zeit gestellten, aber nie wirklich beantworteten Fragen zur Berechenbarkeit von Bedeutung und Funktion neu zu adressieren und potentielle Synergien zwischen den Feldern Bioinformatik und Linguistik aufzudecken bzw. auszubauen.

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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1386

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Experimente im Textlabor #dhiha6

Dieser Blogpost entstand in Vorbereitung auf den Studientag “dhiha6 – Experimente in den Digital Humanities” und es dürfte nicht viele Mottos für Studientage geben, die besser zum Untertitel meines Blogs und dem von mir mit verantworteten System Tesla (Text Engineering Software Laboratory) passen dürften, ist es doch konzipiert als virtuelles Labor, um Experimente auf Texten durchzuführen. Texte sind darüber hinaus u.a. Studienobjekte der Digital Humanties (manche würden wohl gar behaupten, Texte wären die Untersuchungsobjekte der DH schlechthin). Tatsächlich wurde Tesla als eines von vier virtuellen Laboren ausgewählt, die auf dem Studientag am 12.06.2015 in Paris vorgestellt werden dürfen.

Da ganze 90 Minuten für eine Präsentation und das Experimentieren und im Anschluss daran noch einmal die gleiche Zeit für die Klärung von Fragen zur Verfügung stehen, muss ich mir also einiges an Programm einfallen lassen, was ich dort alles vorführen kann. Das hieß erst einmal Gedanken sortieren und eine Mindmap anlegen (was mir schon des Öfteren geholfen hat, Dinge zu planen). (...)

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1344

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DH-Kolloquium II – Clash of Concepts: Text

Während die erste Sitzung des Kolloquiums im Zeichen eines allgemeinen Überblicks zu den Digital Humanities stand (TexperimenTales berichtete), war für die zweite Sitzung mehr Detailarbeit vorgesehen. So können Forschungsfragen, die innerhalb des DH-Bereichs behandelt werden, Objekte ganz unterschiedlicher Art untersuchen: Bilder, 3D-Objekte, Audioaufnahmen, Videos usw. Wenn man aber Leute auf der Straße fragen würde, was Geisteswissenschaftler vorrangig behandeln, würde wohl die häufigste Antwort “Texte” sein. Doch was ist das überhaupt – “Text”?

Lustigerweise haben Patrick Sahle und ich ungefähr zur gleichen Zeit und ohne miteinander Rücksprache zu halten, uns in unseren Dissertationen an einer Definition des Textbegriffs versucht. Während ich der Sache in meinem ersten Kapitel ein paar wenige Seiten Platz einräumte (hier), widmete Patrick den gesamten dritten Band seines Dissertationswerks* (der für sich allein genommen den Umfang meiner Arbeit übersteigt) dem Textbegriff und der (Re)Codierung. Trotzdem wir uns ansonsten gut verstehen, waren wir bisher noch nicht mal darüber übereingekommen, ob wir überhaupt über das gleiche sprechen, wenn mir “Text” sagen. Ein gemeinsames Kolloquium, so dachten wir uns da, ist da vielleicht eine gute Möglichkeit, auszuloten, ob unsere beiden Ansätze synthetisierbar sind. Oder auch eine Gelegenheit, uns kräftig die Köpfe einzuschlagen, welcher Begriff denn den anderen sich unterzuordnen vermag.

Um es vorwegzunehmen: Wir haben es in der uns zur Verfügung stehenden Zeit nicht geschafft, zu einer endgültigen Klärung zu kommen. Das lag einerseits daran, dass Patrick zur Erläuterung seines pluralistischen Textbegriffs, der versucht, alle möglichen Textarten zu subsummieren, eine Menge Zeit brauchte. Und das ich auf der anderen Seite meine Gegenthese, Texte seien im Grunde nichts anderes als Sequenzen diskreter Einheiten, nicht aus dem Stegreif gegen alle von Patrick abgeschossenen Gegenargumente in Stellung bringen konnte. Inwiefern es uns in einer der nächsten Sitzungen gelingen wird, doch noch auf einen Nenner zu kommen, vermag ich im Moment nicht zu sagen. Aber ich kann hier versuchen zu skizzieren, aus welcher Ecke wir eine mögliche Lösung hervorkramen könnten, die uns beide zufrieden zurücklässt.

Patricks (wie oben angemerkt pluralistischer) Textbegriff fußt auf den vielgestaltigen Anwendungsfeldern, mit denen er jeden Tag als Geschäftsführer des CCeH konfrontiert ist und manifestiert sich in einem – wie er es nennt – Textrad:

Das Textrad. Entwurf und Umsetzung aus Sahle (2013).

Der pluralistische Textbegriff als Rad nach Sahle (2013).

Patrick gelingt es, wie er im Laufe seines Vortrags zeigen konnte, alle Textwissenschaftler, ihre theoretischen Überlegungen, die Entwicklung von Standards und praktischen Anwendungen auf einen Punkt oder einen Verlauf auf der Felge dieses Rades zu lokalisieren. Meine Frage ist aber: Ist ein Rad stabil, das keine Nabe hat? Rückübertragen aus der Metapher: Gibt es nicht etwas, das allen Texten in allen Betrachtungsweisen zugrunde liegt? In meinem Ansatz müssen Texte nicht notwendigerweise in Schrift gefasste Sprache sein, sie können auch Abstraktionen über andere Dinge der Welt repräsentieren (wie ich das z.B. mal in meinem Gastbeitrag auf den Scilogs erläutert habe). Wo passt die DNA auf dieses Rad, wo Maschinencode? Oder gehören sie auf ein anderes Rad? Aber hätte dieses andere dann nicht vielleicht die gleiche Nabe wie das von Patrick?

Ich werde versuchen, diese Gedanken noch einmal in einer späteren Sitzung auszuführen, in der ich das Text Engineering Software Laboratory vorstellen will. Bis dahin rede ich mir ein, dass Patrick und ich auf der gleichen Grundlage stehen, aber an unterschiedlichen Positionen.

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Betrachten wir das gleiche Ding von verschiedenen Enden her? Und an wen erinnern mich die beiden nur?

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Literatur:

Hermes, Jürgen (2012) Textprozessierung – Design und Applikation. [Online-Fassung] Dissertation, Universität zu Köln.

Sahle, Patrick (2013) Digitale Editionsformen. Zum Umgang mit der Überlieferung unter den Bedingungen des Medienwandels. Teil 3: Textbegriffe und Recodierung. [Preprint-Fassung]. Dissertation, Universität zu Köln.

* Beides Open Access Publikationen – Könnt ihr euch mal ein Beispiel dran nehmen!

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1318

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DH-Kolloquium I – Onkel Rick erzählt vom Krieg

“Wie stehst du zu den Digital Humanities?” ist eine Frage geworden, um die man als Geisteswissenschaftler, vor allem als einer, der irgendwie auch mit der Erstellung und Nutzung von Software zu tun hat, nicht mehr herumkommt.

Von außen mag es ja so aussehen, als wenn ich zwangsläufig DHer bin, schließlich bin ich mit für einen Studiengang verantwortlich, der als einer der ersten tatsächlich ein DH-Curriculum anbot (auch wenn “Informationsverarbeitung” draufsteht) – und stellvertretender Sprecher eines Zentrums, welches die DH in Köln vertritt (auch wenn es Cologne Center for e-Humanities / CCeH heißt). Dazu sind die beiden den Studiengang Informationsverarbeitung in Zukunft tragenden Lehrstühle momentan neu explizit als DH-Professuren ausgeschrieben. Zeit also, um darüber nachzudenken, meinen Status als Computerlinguist zu überdenken und mich als DHer neu zu erfinden?

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Einzelwissenschaften und ihre Ausrichtung auf die Digital Humanities. Oder umgekehrt? (aus Sahle 2013)1

Durch meine (mir irgendwie zugefallene Funktion) im CCeH erhielt ich tatsächlich einmal einen Einblick in die Arbeitswelt von Wissenschaftler|inne|n jenseits der maschinellen Analyse von Textdaten. Und konnte auf der anderen Seite dort Ideen in Forschungsanträgen unterbringen, die eher aus dem von mir gemeinhin bearbeiteten Bereich stammen. Alles in allem entwickelte sich ein durchaus fruchtbarer Austausch, den die Beteiligten weiter verfestigen wollten – was liegt da an einer Uni näher als eine gemeinsame Lehrveranstaltung? Also startete ich mit Patrick Sahle (Geschäftsführer des CCeH), Franz Fischer (Projektmanager DiXiT) und Claes Neuefeind (Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sprachliche Informationsverarbeitung, wie ich) die Planung für ein gemeinsames Kolloquium, das wir nutzen wollen, uns gegenseitig, aber auch interessierten Studierenden Einblick in unser Verständnis von DH zu geben.

Den Anfang machte gestern mein geschätzter und im DH-Umfeld weithin bekannter Kollege Patrick Sahle, indem er die Frage aufwarf, was denn die Digital Humanities überhaupt seien. Als (noch, gefühlter) DH-periphärer Wissenschaftler scheint mir diese Frage innerhalb diese Forschungszweiges die meistdiskutierte überhaupt zu sein. Wahrscheinlich gilt aber für alle Forschungsfelder, die im Begriff sind, ein Fach (also quasi institutionalisiert) zu werden, dass sie zunächst einen langen Kampf gegen bestehende Strukturen führen müssen, ehe sie selbst als eine etablierte anerkannt werden. Auf dem wissenschaftlichen Schlachtfeld geht es natürlich oft einfach um die Verteidigung von Pfründen – Planstellen, Fördergelder, Deutungshoheit. Um sich da durchzusetzen, muss man als Unterstützer|in einer neuen Fachrichtung lange, zähe Kämpfe bestehen und sich durchzusetzen wissen.

Patrick führte nun ein paar Belege dafür an, dass die Institutionalisierung der DH (deren Definition nicht so ganz scharf gefasst werden kann – hier findet man aber mehr als 800 Versuche, das zu tun) schon relativ weit fortgeschritten ist und uns möglicherweise auch erhalten bleiben wird. Zu diesen Belegen zählen die Organisationsstruktur in weltweite, kontinentale, ländereigene und lokale DH-Verbände, die Ausbildung von Zentren (wie z.B. dem Kölner CCeH), eine Vielzahl von Tagungen und Zeitschriften zum Thema sowie – noch recht spärlich gesät, aber immerhin schon vorhanden – DH-Studiengänge, wie wir in Köln eben auch einen haben.2

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Sind DH eine Schnittmenge oder die Klammer zwischen zwei Schnittmengen? (aus Sahle 2013)

Relativ unstrittig ist die Frage, dass es eine Schnittmenge zwischen den einzelnen Geisteswissenschaften und der Informatik gibt und das man diese als Digital Humanities bezeichnen kann. Die Frage ist allerdings, ob die DH vollständig in dieser Schnittmenge aufgehen oder ob es einen wesenhaften DH-Kern gibt, der weder Fachwissenschaft noch Informatik ist. Patrick ist der Meinung, dass sich dort tatsächlich etwas befindet, und da kann ich tatsächlich zustimmen. Was sich aber genau da befindet, darüber kriegen wir uns gegenwärtig sicher noch in die Haare, so wie wir das bezüglich unser unterschiedlichen Textbegriffe spaßeshalber fast immer tun, wenn wir uns sehen. Das Scharmützel bezüglich Text versuchen wir in der nächsten Sitzung des Kolloquiums im Boxring zu klären. Wenn es mein Zustand danach erlaubt, werde ich berichten. :)

1 Beide Grafiken sind mir dankenswerterweise von Patrick zur Verfügung gestellt worden  – und zwar ohne dass er wusste, was ich hier denn so schreibe. Sie sind entnommen aus: Patrick Sahle (2013): DH Studieren! Auf dem Weg zu einem Kern- und Referenzcurriculum der Digital Humanities. DARIAH-DE Working Papers Nr. 1. Göttingen: DARIAH-DE, 2013. URN: urn:nbn:de:gbv:7-dariah-2013-1-5

2 Patrick erwähnte auch DH-Blogs, die aber seiner Meinung nach oft zu bloßen Pressemitteilungs-Veröffentlichungs-Plattformen verkommen wären – diese Bemerkung ist nicht ganz unschuldig daran, dass ich mich heute hier an den Beitrag gesetzt habe.

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1297

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